Friedrich Bodenstedt
Gräfin Helene
Friedrich Bodenstedt

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Fünftes Kapitel.

Ernstes Streben, ausdauernder Fleiß und die Gunst der Umstände hatten sich vereinigt, alle Hoffnungen und guten Vorsätze, mit welchen Helene nach Paris gegangen war, auf das Glänzendste zu erfüllen. Im Hause des englischen Gesandten, Sir Arthur W . . ., fühlte sie sich so glücklich, wie ein Kind fern von der Heimath nur sein kann. Sir Arthur übertrieb nicht, wenn er sagte, daß er sie wie seine eigene Tochter liebe, denn er hätte für diese, bei gleichen Bestrebungen, nicht mehr thun können, als er für Helene that, der zur Ausbildung ihrer reichen Anlagen Alles zu Gebote stand was Paris zu bieten vermochte. Die besten Meister waren ihre Lehrer und die beste Gesellschaft ihr Umgang; denn Sir Arthur, der auf reine Hausluft hielt und wußte, daß gute Beispiele besser wirken als gute Sprüche, war in seinen Einladungen sehr wählerisch. Bei seiner treuen Theilnahme an Allem was Helene betraf und bei seinen häufigen Ermahnungen, sich nicht zu überarbeiten, da sie die Kunst doch nur zum Vergnügen betreibe, konnte sie im Laufe der Zeit nicht wohl umhin ihn in's Vertrauen zu ziehen und von ihren eigentlichen Zwecken in Kenntniß zu setzen. Dies bewog ihn länger in Paris zu bleiben, als eigentlich seine Absicht gewesen war, und er ließ es sich nun doppelt angelegen sein, ihre Zwecke in jeder Weise zu fördern. Als er sie hinlänglich vorbereitet glaubte, ließ er sie in größeren musikalischen Soiréen bei sich singen und der Umstand, daß sie durch die Plaudereien eines begeisterten Feuilletonisten, der ihren Namen mit romanischem Ohre gehört, zum Erstenmale »als aufgehender Stern hellsten Glanzes am Himmel des Gesangs« unter dem Namen »Mademoiselle Leonardi« in die Zeitungen kam, ward Veranlassung, daß sie auf den Rath Sir Arthurs auch bei ihrem öffentlichen Auftreten diesen Kunstnamen beibehielt. Die Pariser Blätter waren ihres Ruhmes voll, und Sir Arthur sorgte dafür, einen langathmigen Wiederhall davon in London zu erwecken, wohin er nun mit ihr ging, um sie eine reiche Goldernte halten zu lassen. Sie wurde, bis in die höchsten Kreise hinauf, in einer Weise gefeiert, daß sie oft nicht wußte wo ihr der Kopf stand bei all den Huldigungen, aber glücklicher als das, machte es sie, ihren Vater jetzt von allen Geldsorgen erlösen zu können. Eine ansehnliche Sendung erhielt er schon von London aus, und da die Sehnsucht nach ihm sie trieb, auf ein paar Wochen in die Heimath zurückzukehren, so rieth ihr Sir Arthur, die Reise auf einträglichen Umwegen zu machen, wozu er sie mit allen möglichen Empfehlungsschreiben versorgte. Auch gab er ihr die mit guter Pension in Ruhe versetzte Gouvernante seiner Tochter als Gesellschafterin mit, und einen andern, sehr nützlichen und angenehmen Reisebegleiter fand sie in Mr. Glynn, einem weniger glänzenden als gediegenen Pianisten und vielseitig gebildeten Manne, der ihr accompagnirte und alles Geschäftliche für sie besorgte. Er hatte schon seit einer Reihe von Jahren in London eine gesicherte Stellung, benutzte aber gern seine Ferien, um mit der von ihm hochbewunderten Leonardi einen Ausflug nach Deutschland zu machen. So war das Reise-Kleeblatt über Paris zuerst nach Baden-Baden gekommen und hatte sich über Mangel an freundlicher Aufnahme nicht zu beklagen gehabt.

Als Graf Bender bei Helene eintrat, fand er sie mit Mademoiselle Renard, einer gesetzten Schweizerin, und Mr. Glynn, in dessen dunkle Haare sich schon graue mischten, beim Abendessen. Das ganze Zimmer duftete von den vielen Blumensträußen, welche überall umherlagen. Sie empfing ihn auf das Freundlichste, stellte ihn ihren Reisegefährten vor, lud ihn ein sich an ihre Seite zu setzen und bestellte beim Kellner noch ein Couvert. Doch er wollte weder essen noch trinken, sondern sich gegen Helene aussprechen, und dazu waren ihm zwei Personen zu viel im Zimmer. Diese mochten das aus seinem wenig entgegenkommenden Benehmen merken, und zogen sich bald nach beendigter Abendmahlzeit zurück.

Graf Bender schüttete nun Helenen sein ganzes Herz aus. Ihr Gesicht nahm einen immer ernsteren Ausdruck an, und als er zu Ende war, sagte sie: »Aber wie soll ich das reimen? Heute Morgen erfuhr ich im Salon der Herzogin von Hamilton, und zwar durch Ihren eigenen Vater, daß Sie schon so gut wie verlobt mit Ihrer Cousine seien.«

Er konnte unter ihrem scharf auf ihn gerichteten Blick einen Ausdruck peinlicher Verlegenheit nicht verbergen; doch bald faßte er sich wieder und suchte ihr zu erklären, wie sich Alles gleichsam von selbst so gemacht habe, daß er in nähere Beziehungen zu seiner Cousine getreten sei, ohne sich ihr gegenüber seiner Freiheit zu begeben.

»Sie müssen mich nicht mißverstehen, lieber Graf,« sagte sie; »auch ohne von dem Zwischenspiel mit Ihrer Cousine zu wissen, würde ich Ihnen gestanden haben, daß meine Gefühle für Sie genau dieselben geblieben sind, die sie bei unserm Abschiede waren; hätte ich mich sonst über die Nachricht von Ihrer Verlobung freuen und heute im Concert singen können? Ich freute mich, zu hören, daß Sie eine Herzens-Verbindung zu schließen im Begriff stehen, denn ich wünsche Ihnen von Herzen Glück und war oft selbst recht unglücklich darüber, Ihre Gefühle nicht mit gleicher Glut erwidern zu können. Ihren zweiten Brief ließ ich unbeantwortet, weil ich nicht mehr darauf zu sagen wußte, als auf den ersten. Auf der Reise in die Heimath dacht' ich Sie demnächst im Hause meines Vaters wiederzusehen und Alles mündlich zu erörtern. Der Zufall hat uns nun hier zusammengeführt und ich bin Ihnen die Beantwortung der Frage schuldig, warum ich mich erst nach Jahresfrist gegen Sie aussprechen konnte. Ein finanzielles Mißgeschick, das meinen Vater getroffen und ihn gezwungen hatte, einen Theil seiner Bequemlichkeiten zu opfern, trieb mich zu dem ernsten Versuch, mein Talent durch höhere Ausbildung zu einer Quelle ehrenvollen Erwerbs zu machen. Wäre der Versuch mißglückt, so würde ich mein Schicksal in ihre Hand gelegt haben: da er aber über altes Erwarten glücklich ausgefallen ist und der Kunst mein ganzes Herz gewonnen hat: was könnte ich Ihnen noch sein?«

»Alles!« rief er tiefbewegt: »Ich kann nicht ohne Sie leben, und ich weiß, daß meine Liebe zu Ihnen im Stande sein wird, auch in Ihnen Liebe für mich zu erwecken. Die Zustimmung Ihrer Eltern hab' ich im Voraus, und die Zustimmung meines Vaters wird nicht fehlen nach der Begeisterung, mit welcher er mir von Ihnen gesprochen; also sagen Sie nicht nein, wenn Sie mich nicht ganz unglücklich machen wollen!«

Er bat so flehentlich, vor ihr niederknieend und ihre Hand, die sie ihm nicht mehr entzog, mit glühenden Küssen bedeckend, daß Thränen des Mitleids ihre Wangen feuchteten und sie mit bewegter Stimme sagte: »Ich will Sie nicht unglücklich machen.«

»So lassen Sie uns gleich hier die Verlobung feiern!«

»Das kann nur im Hause meiner Eltern geschehen und nur mit ausdrücklicher Einwilligung Ihres Vaters. Bitte, verlassen Sie mich jetzt; ich bin zu aufgeregt, um mehr sprechen zu können.«

* * *

Der junge Graf hielt es für klug, ehe er seinem Vater von der Sache redete, Ida in's Vertrauen zu ziehen und mit ihr Alles in's Reine zu bringen. Er fand sich am nächsten Morgen zu gewohnter früher Stunde bei ihr ein, um sie zu einem Spaziergange durch die Anlagen abzuholen, und sie hörte seine Bekenntnisse ruhiger an, als er geglaubt hatte. »Wir haben,« sagte sie, »keine Leidenschaft für einander gefühlt und wohlgethan, uns auch keine vorzuheucheln. Unsere Verbindung würde, wenn sie zu Stande gekommen wäre, eine reine Vernunftheirath geworden sein, und zu einer solchen wird sich für mich auch wohl noch eine andere Gelegenheit finden. Daß Du Helene liebst, begreife ich vollkommen, denn ich liebe sie auch; sie ist ganz dazu geschaffen, Begeisterung zu erwecken. Aber ob Du der rechte Mann für sie bist, ist eine andere Frage, die sie nur selbst beantworten kann. Bist Du überzeugt mit ihr glücklich werden und sie glücklich machen zu können, so soll es an meiner Mitwirkung zur Begründung Eures Glücks nicht fehlen. Die Zustimmung Deines Vaters wird, wie ich ihn kenne, nur durch Ueberraschung zu gewinnen sein, denn so begeistert er für die schöne Sängerin ist, so wird ihm doch der Name Bender, selbst aus der rauhesten Kehle hervorgeschnarrt, klangvoller erscheinen als ihre Stimme, wenn es sich darum handelt sie unter ihrem ehrlichen deutschen Namen in seine Familie aufzunehmen.«

»Da kommt sie selbst, mit ihrer Gesellschafterin,« rief Graf Bender; »gehen wir ihr entgegen; Du mußt sie kennen lernen.«

Die Freundlichkeit, mit welcher Helene Graf Bender's Begrüßung erwiderte und sich, nach geschehener Vorstellung, mit seiner Cousine unterhielt, hatte einen ernsten Hintergrund; sie sah keineswegs aus, wie eine von Glück strahlende Braut. Ida fühlte sich mächtig zu ihr hingezogen und, um ungestört mit ihr plaudern zu können, gab sie dem Grafen einen Wink mit Mademoiselle Renard voranzugehen, während sie mit Helene in einiger Entfernung folgte. Das offene, natürliche Wesen der kleinen, munteren Dame sprach Helene sehr an und die Beiden standen bald auf dem besten Fuße miteinander. Graf Bender that indessen auch sein Möglichstes, sich bei Mademoiselle Renard in Gunst zu setzen, um an ihr eine gute Fürsprecherin bei Helene zu gewinnen. So mochten die zwei Paare wohl schon eine Stunde lang auf und ab spaziert sein, als sich noch der Obersthofmeister mit Ida's Mutter zu ihnen gesellte. Er begrüßte Helene mit großer Ehrerbietung, sagte ihr, mit welcher Begeisterung die höchsten Herrschaften noch gestern Abend beim Souper von ihrem Gesange gesprochen und fragte sie, ob sie sich nicht noch einmal hören lassen werde. Sie erwiderte, ihre nahe bevorstehende Abreise mache ihr das unmöglich, was Alle mit lebhaften Ausdrücken des Bedauerns vernahmen. Ida flüsterte ihrer Mutter etwas in's Ohr und diese fragte Helene, ob sie ihr nicht die Freude machen wolle, um drei Uhr ein bescheidenes Diner bei ihr einzunehmen. Ida vereinte ihre Bitten mit denen ihrer Mutter, bis Helene zusagte.

»Das ist ein prächtiger Einfall!« rief der Obersthofmeister: »ich hoffe, ich werde auch eingeladen, ich bin heute frei.«

Er begleitete Helene nach dem Hotel und bat sich die Ehre aus, sie zum Diner abholen zu dürfen.

So ließ sich für den jungen Grafen Alles auf das Beste an. Ida setzte ihre Mutter von dem Stand der Dinge in Kenntniß, und diese wurde von ihr dermaßen beherrscht, daß sie bald auf ihre Pläne einging.

Beim Diner erhielt Helene ihren Platz zwischen Vater und Sohn, wurde aber mehr von jenem, als von diesem in Anspruch genommen, der zufrieden war an ihrer Seite zu sitzen und seinen Vater so unter ihrem Zauber zu sehen, daß der alte Herr für gar nichts Anderes Auge und Ohr zu haben schien. Die Unterhaltung stockte keinen Augenblick; Ida ließ es an munteren Zwischenbemerkungen nicht fehlen und Alles befand sich in der behaglichsten Stimmung. Der Obersthofmeister wurde nicht müde Helenen zu wiederholen, was sein hoher Gebieter ihm Schönes über ihren Gesang gesagt und wie oft er den Wunsch ausgedrückt, sie bald in seiner Residenz zu sehen.

Sie nahm Alles, was er sagte, so freundlich auf, daß er ganz sentimental wurde und behauptete, sich in den Gedanken ihrer baldigen Abreise gar nicht finden zu können. »Welch' ein Glück müßte es sein,« sagte er, »immer in Ihrer Nähe weilen zu können!«

»Diesen geistvollen Gedanken hat Otto auch schon gehabt, wie er mir heute Morgen anvertraute,« fiel Ida ein, »und ich gestehe, daß mein Denken die gleiche Richtung nimmt. Ich kann es ihm daher auch nicht übel nehmen, daß er mich seiner holden Nachbarin opfert. Denk' Dir nur, er hat ihr schon gestern, gleich nach dem Concert, eine glühende Liebeserklärung gemacht.«

»Und Du bist nicht eifersüchtig geworden?« fragte der alte Herr, die Sache für einen Scherz nehmend.

»Durchaus nicht; ich habe mir nie eingebildet, ihn auf die Dauer fesseln zu können. Ich bin daher die Erste, die darauf trinkt, daß diese Beiden ein glückliches Paar werden, und so stoß mit uns an, lieber Onkel!«

Der Obersthofmeister wußte nicht wie ihm geschah; doch es blieb ihm nichts übrig, als mit anzustoßen und gute Miene zum bösen Spiele zu machen. Er erlaubte sich sogar einen väterlichen Kuß auf Helenens Stirne und nahm, als er fort mußte, mit einer Zärtlichkeit Abschied von ihr, als ob er der glücklichste Mensch unter der Sonne geworden sei, durch die ihm beim Champagner bereitete Ueberraschung.

Der Rückschlag ließ freilich nicht lange auf sich warten, und bei der Ernüchterung, welche nach Helenens Abreise eintrat, kam es noch zu heftigen Auftritten zwischen Vater und Sohn. Dieser aber zeigte sich so unbeugsam und fand in Ida eine so energische Bundesgenossin, daß dem Vater nichts Anderes übrigblieb, als nachzugeben.

Die wirkliche Verlobung in Helenens väterlichem Hause fand nach vierzehn Tagen statt, und schon drei Monate später wurde die Hochzeit gefeiert, hauptsächlich auf Graf Otto's Drängen, welcher Grund hatte zu fürchten, daß sein Vater, beredet durch andere nahe Verwandte, die mit der neuen Verbindung nicht zufrieden waren, ihm bei längerem Zögern wieder einen Querstrich durch seine Pläne machen werde. Im Grunde genommen war auch Sir Arthur, Helenens väterlicher Freund, von ihrer Verbindung mit Graf Otto nicht sonderlich erbaut, aber aus ganz anderen Gründen als die Bender'sche Familie; er glaubte, daß Graf Otto nicht der rechte Mann für Helene sei. Doch ließ er sich's nicht nehmen, mit seiner Tochter Mary von England zur Hochzeit herüberzukommen; und er brachte sinnig ausgewählte Geschenke mit, die auch an Werth alle andern übertrafen. Von der Bender'schen Familie kam nur der alte Obersthofmeister mit seinem ältesten Sohne, den Helene erst bei dieser Gelegenheit kennen lernte, und Baroneß Ida mit ihrer Mutter. Graf Otto's älterer Bruder hatte es, obgleich er erst ein angehender Dreißiger war, als Adjutant eines kleinen Fürsten schon bis zum Range eines Oberstlieutenants und zu vielen Orden gebracht, auch früh eine sehr vorteilhafte Verbindung geschlossen mit einer jungen Dame von mütterlicherseits dunkler, aber väterlicherseits fürstlicher Herkunft, so daß er durch sie eine große Rolle an dem kleinen Hofe spielte und den Ausdruck seiner persönlichen Wichtigkeit nirgends verleugnen konnte. Was ihm die Natur an Stattlichkeit der Erscheinung versagt hatte, suchte er durch vornehme Haltung zu ersetzen, die in etwas gestreckter und gespreizter Weise zum Vorschein kam. Er sah aus, als ob er mit Sporen, Epauletten und Orden auf die Welt gekommen wäre. Auf Helenens Mutter und Isabella machte er einen bedeutenden Eindruck; weniger gefiel er Helenen, und noch weniger dem in seiner schlichten Natürlichkeit wirklich vornehm aussehenden Sir Arthur, der ihn mit sehr kühler Höflichkeit behandelte. Ein etwas freundlicheres Verhältniß gestaltete sich zu dem Obersthofmeister, obgleich auch dieser kein Mann nach Sir Arthur's Herzen war. Einige kleine Verstimmungen wurden rasch wieder ausgeglichen durch Helenens Gesang, der Alles bezauberte, und außerdem trug die belebende Unterhaltung der immer muntern Baroneß Ida viel dazu bei, die Gesellschaft in guter Laune zu erhalten.

Ida war von vorneherein der Gegenstand besonderer Aufmerksamkeit von Sir Arthur's Nachfolger, einem noch ziemlich jungen, aber schon weitgereisten und vielerfahrenen Manne geworden, der auch ihr gar nicht übel zu gefallen schien. Die Beiden verständigten sich auf einem längeren Spaziergange durch den Park so gut, daß Ida auf die Neckereien des Obersthofmeisters, der seine Spürnase überall hatte, gelassen erwidern konnte: »Du hast Recht, lieber Onkel, ich bin schon so gut wie verlobt.«

Der alte Herr that, als ob er sich sehr darüber freute, aber im Grunde war's ihm doch ein trüber Gedanke, daß Ida's großes Erbgut nicht bei der Bender'schen Familie bleiben sollte.

Im Uebrigen rauschte die Hochzeit zu allseitiger Befriedigung vorüber und das junge Paar reiste ab, um seine Flitterwochen in Italien zu verleben. Von diesem denkwürdigen Tage an hieß die Neuvermählte in der kleinen Stadt, für welche das glänzende Fest kein kleines Ereigniß gewesen war, »Gräfin Helene«, und die ganze Stadt that sich nicht wenig darauf zugute, daß eine lebendige Gräfin aus ihrem bürgerlichen Schooße hervorgegangen war.

Damit wäre nach herkömmlichem romanhaften und novellistischen Brauche die Geschichte nun eigentlich zu Ende; denn was bleibt noch zu erzählen übrig, wenn die Dialektik des Herzens und die Weihe des Priesters das Ich und Du in eine höhere Einheit aufgelöst haben? Allein Helene war keine gewöhnliche Romanheldin, wie diejenigen, von denen Alles gesagt ist, wenn man sie glücklich unter die Haube gebracht hat, und wir möchten daher die Geduld der Leser noch für ein besonderes Schlußkapitel in Anspruch nehmen.


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