Clara Blüthgen
Dilettanten des Lasters
Clara Blüthgen

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

I.

»Wollen wir nicht das Fenster ein bischen aufmachen? Ich finde es zum Ersticken heiß.«

Ein lebhaftes Für und Wider: Es wird ziehen, wir sind alle so erhitzt – o gewiß – wenigstens etwas. Trotzdem ging Lotte Rienacker und öffnete.

Es war in der That unerträglich warm in den beiden ineinandergehenden Zimmern. In dem ersten größeren, das tagsüber als Atelier benutzt wurde, aber auch, wenn die Gelegenheit es fügte, als Empfangsraum diente, strahlte das Auerlicht von einem dreiarmigen Kronleuchter hernieder, das andere Zimmer, Lottes Arbeitsstube, wurde durch rosa Wachskerzen erhellt, die in einem Kranze aus einer alten Bronzeampel aufwuchsen. In beiden Räumen waren die Kachelöfen gut geheizt.

Fünf oder sechs Damen waren hier versammelt, zum Teil noch jung und zum Teil hübsch, aber alle mit jenem undefinierbaren, und doch untrügerischen Stempel des Unverheiratetseins auf den Gesichtern, eine gewisse Spannung in den Augenbrauen, eine leise 2 Senkung der Mundwinkel, eine ganz leichte Erschlaffung der Haut, die die Vorstellung von künftigen Falten und Runzeln erweckt.

Unter all diesen Damen ein einziger Herr. Ein gutes, junges, rundliches Gesicht unter artig gescheiteltem Blondhaar, das straff und fest, ohne Glanz dem kräftigen Schädel auflag, die blaugrauen Augen, die etwas unsicher blickten, von einer Brille bedeckt. Die mittelgroße, gedrungene Gestalt steckte in einem nicht gerade neuen schwarzen Anzuge, der dennoch so aussah, als habe sein Träger sich noch nicht in ihn hineingewachsen. Der junge Mann machte den Eindruck eines Lehrers oder Kandidaten der Theologie, der seine Examensorgen unter einer unbefangenen Miene zu verbergen trachtet.

Er saß auf einem Stuhle mit gepunztem Lederbezug, neu zwar, aber eine geschickte Altimitation, auf der Lehne eine Sonne mit lachendrundem Gesicht über einer steifen Landschaft. Die Beine hatte er so weit wie möglich von sich gestreckt und rauchte eine Cigarette nach der andern.

»Mit noch 'ner Tasse Thee darf ich Ihnen natürlich nicht kommen, Herr Beyer-Waldau? Ich lasse sowieso jetzt abräumen«, sagte Martha Ihring, die zweite Hausfrau neben Lotte Rienacker. Martha war Kunststickerin, Lotte Schriftstellerin, beide führten schon seit Jahren in Berlin gemeinschaftlichen Haushalt und hätten es sich gar nicht anders vorstellen können. Nach und nach hatten sie sich ihre Wirtschaft 3 zusammengetragen, jedes besonders hübsche Stück war die Erinnerung an eine Extraeinnahme: die alte geschnitzte Truhe dort im Atelier mit dem stumpfvioletten Sammetkissen, mit dem, allerdings sehr abgenutzten Gebetsteppich an der Wand als Hintergrund entstammte dem Verkauf eines gestickten Wandschirms; das absonderliche, dunkle Bücherregal mit der gelbroten, golddurchschossenen Gardine erinnert daran, daß einmal gleichzeitig zehn Schülerinnen im Atelier gearbeitet hatten, und der steife Schreibtisch aus rotem Mahagoniholz mit Messingleisten und Beschlägen war nach Lottes erster größerer, gutbezahlter Novelle angeschafft worden. Diese Einrichtung, von der jedes Stück selbst erworben, als ein Beweis der künstlerischen Kraft der Besitzerin gelten konnte, war der Stolz der beiden Mädchen. Glücklicherweise hatte sie bei Anschaffung der gleiche Geschmack geleitet: die Neigung für das Alte oder auch künstlich Alte, die sich in Berlin immer mehr zum höchsten Chik ausbildet.

»Nett ist's aber von Ihnen, Herr Beyer-Waldau, daß Sie an unsern Donnerstag gedacht haben. Sagen Sie, wie fangen Sie es nur an, überall zu sein – können Sie sich verdoppeln, an verschiedenen Stellen gleichzeitig sein?«

»Na, na, das arrangiert sich schon«, meinte er phlegmatisch.

»Lenkt es Sie nicht sehr von der Arbeit ab? Was schreiben Sie jetzt?«

4 »Schreiben? Im Augenblick nichts.«

»Aber Sie sollten doch arbeiten – bei Ihrem Talent.«

»Man arbeitet ja doch nicht allein, wenn man die Feder in der Hand hat – die Studien, die Vertiefung in das, was man will, sind doch schließlich die Hauptsache. Da trägt man zusammen, speichert auf und schließlich braucht man nur hineinzugreifen, um aus dem Vollen zu wirtschaften.« Dabei machte er eine Handbewegung, als wenn er aus irgend einem imaginären Schatz etwas hervorhole. – – –

»Martha, wo steckt denn der kleine Knut heute? der stellt sich doch sonst immer regelmäßig ein«, fragte es über den Tisch hinüber.

»Schon wieder Sehnsucht nach Ihrem Hätschelkind, Mia? Ich möchte wetten, daß Sie ihn gestern erst gesehen haben, daß er bei Ihnen war. Ich weiß nichts, aber so etwas verrät sich, man sieht's Ihnen an.«

»Miachen, Sie werden sich noch gründlich kompromittieren, wenn wir nicht auf Sie achten. Es ist schon in ganz Berlin W. herum, wie unser kleiner Knut Sie anbetet.«

»Aber ich bitte Sie, Lotte, das ist doch so harmlos.«

»Hm, das sagen die Betreffenden stets, aber die böse Welt urteilt anders. Wirklich Mia, Sie als die – die, wie sage ich? die Gereiftere sollten ihn etwas im Schach halten, es ist ja zu auffällig, wie er 5 mit den Augen immer an Ihnen hängt. Bremsen Sie, Mia, um seinetwillen – sonst giebt's noch ein Unglück.«

»Gott, diese jungen Leute haben nun einmal das Bedürfnis, ein bischen zu schwärmen, da ist doch weiter nichts dabei«, sagte Mia verschämt. Sie war Malerin und mochte mit ihrem reichen schwarzen Haar und den fest gemeißelten Zügen einer römischen Kaiserin früher eine Schönheit gewesen sein, ehe die Jahre die bösen Züge um die Augen eingegraben und die Wangen in dem Uebergang zur Halspartie zu schlaffen Fettmassen aufgelockert hatten. Frühere Triumphe hatten ihr in ihren eigenen Augen eine Art Gewohnheitsrecht auf Eroberungen gegeben, sie glaubte noch immer, was sie wünschte, und war überzeugt, daß der junge Klavierspieler Knut Erikson für sie eine tiefe, schwärmerische Neigung im Busen trage. Natürlich amüsierten sich die andern darüber himmlisch und ließen keine Möglichkeit vorübergehen, sie mit dieser Eroberung zu uzen.

Da wurde an der Thür, die von Lottes Arbeitszimmer in ein winziges Stübchen führte, wo man allerlei Geräte, Plättbretter, Einmachgläser u. s. w. aufbewahrte, ein schüchternes Klopfen hörbar. Die beiden Hausherrinnen warfen sich einen Blick lächelnden Einverständnisses zu: Endlich, lange genug hat's gedauert! Dann schritten sie auf die Thür zu und öffneten: »Ah, mein liebes Fräulein Vohberg – spät, aber sicher! Wie liebenswürdig, daß Sie unsere 6 Gesellschaft nicht verschmähen. Meine Herrschaften, wir haben Ihnen eine angenehme Ueberraschung aufgehoben, die berühmte und gefeierte Sängerin Lulu Vohberg, die, wie Sie wissen, jetzt ganz Berlin in Aufregung versetzt, macht uns die Freude ihrer Gesellschaft.«

Lulu Vohberg gehörte in der That zu den Tagesberühmtheiten, ihre Konzerte waren ausverkauft, die Kritik sang ihr Lob in allen Tonarten. Eine Aufregung bemächtigte sich des Damenkreises, selbst der einzige Herr fand es angemessen, sich etwas aus seiner trägen Stellung aufzuraffen.

Herein schritt ein mäßig großes Dämchen, bei dem Ober- und Unterkörper nicht richtiges Verhältnis hielten, indem der erstere viel zu lang erschien, was noch mehr hervortrat, da die Dame übel korsettiert war. Unter einem Blusenkleidchen aus weißem Musselin mit blauen Pünktchen guckten ein Paar reichlich großer Füße in sehr neuen Lackschuhen hervor. Auf dem Haupte schwankte, trotzdem es Winter war, ein riesengroßer weißer Strohhut mit übermäßigem Federschmuck. Ein ziemlich dichter weißer Schleier umwand das Haupt, vermochte aber nicht, das Feuer der großen rabenschwarzen Augen, die unter starken Brauen lagen, zu dämpfen.

Mit berechneter Grazie trippelte Lulu Vohberg mitten in das Zimmer, verbeugte sich tief, lächelte verbindlich, sagte aber kein Wort.

»Bitte, liebes Fräulein, setzen Sie sich hier – 7 Fräulein Mia Bernhardt, eine ebenbürtige Künstlerin, wenn auch auf anderem Gebiet.«

Die Neuangekommene ließ sich geziert auf einem Sessel neben der Malerin nieder, wobei sie ihr etwas kurzes Kleid in ordnungsmäßige Falten strich. Sie hielt den Kopf gesenkt, so daß der große Hut das Gesicht vollständig beschattete. »Ich bin sähr glücklich«, sagte sie mit hoher Fistelstimme, mit einem fremdländischen Accent.

»Gott! Erikson – Knut!« schrie die Malerin auf, »Menschenkind, wie kommen Sie denn in die Verkleidung!«

»Ich bin Lulu Vohberg, und ich bin sähr glücklich, unter so schöne und liebenswürdige Damen zu sein«, beharrte Erikson in seiner Rolle und verbeugte sich gegen seine Nachbarin, als wenn sie den Begriff der Schönheit und Liebenswürdigkeit für ihn repräsentiere.

»Aber so legen Sie doch den Schleier ab, Sie müssen ja ersticken.«

»Ich enthülle mich nur für Eine, mein Herz und mein Angesicht.«

»Sieht er nicht reizend aus?« – »Wahrhaftig, ganz wie eine Dame, er ist zum Verlieben.« – »Man glaubt es gar nicht, daß er es ist«, schwirrte es um ihn. »Knut, mein Söhnchen, wie haben Sie es denn fertig gebracht, so echt auszusehen?«

»Talent, meine schönen Damen. Nur hier ist das noch nicht richtig. Das Dings da, Gürtel oder 8 was es ist, quetscht mich«, und die Pseudo-Sängerin zog und schob an den Falten ihrer Bluse.

Sie wurde auf das Sofa gesetzt, zwischen Mia Bernhardt und Martha Ihring. Die anderen Mädchen räckelten sich auf ihren Stühlen und sahen sie staunend an; eine befühlte sie, als wenn sie eine Puppe wäre.

»Lulu« warf hinter dem Schleier hervor ihre schönsten Feuerblicke und kokettierte bald mit der einen, bald mit der anderen. Dazwischen bemächtigte sie sich Mias Hand und drückte sie zärtlich. Das alte Mädchen ließ es geschehen! was war dabei? Es war ja doch eine Dame, die da neben ihr saß. Ein seltsam süßes Gefühl stieg in ihr auf, als aus dieser jungen Hand, die die ihre hielt, ein Strom fremden, kräftigen Lebens in sie überging. Das war wohlig und angenehm, und es war erlaubt.

Auch auf Martha Ihring, die auf Eriksons anderer Seite saß, ging etwas von dem gefährlichen Fluidum über. Sie, die sonst, wenn sie nicht durch die anderen mit fortgerissen wurde, fast von altjüngferlicher Zurückhaltung war, überraschte plötzlich sich selbst damit, daß sie die bräunliche Pfirsichwange des Jünglings leise durch den gestickten Tüllschleier streichelte: »Meine süße, kleine Lulu, du bezauberst doch gewiß alle.«

»O, nicht so sähr, nicht so sähr«, wehrte Lulu schämig, »es giebt schönere Damen, als Lulu Vohberg.«

9 »Wir wollen auch schön sein, wenigstens so weit wir können«, rief Martha Ihring aufspringend, »komm, Lotte, wir wollen unsere Kostüme anziehen, die vom Sezessionsfest.«

»Ach, Unsinn, wie sollen wir dazu kommen!«

»Um festlich auszusehen, wie es sich für diesen holden Gast ziemt. Ich ziehe meins an, wenn du nicht willst, so borge deins der Hanna Lietzow, es paßt ihr ja.«

»Meinetwegen.«

»Schnell, Hanna, kommen Sie, wir wollen uns beeilen.«

Nach kaum zehn Minuten, in denen die Komödie Lulu Vohberg weiter gespielt wurde, erschienen die beiden Mädchen wieder in der Thür. Beide waren in gleiche, unendlich weite und faltige mattviolette Kleider aus leichter, knitteriger Seide gehüllt, tief ausgeschnitten, mit lang herabhängenden Faltenärmeln, die die Arme frei ließen, die Kleiderfalten, ohne eine Taille anzudeuten, vom Ausschnitt an unter Goldstickerei hervor fallend, auf dem Kopfe eine weit zurückgesetzte phantastische Haube aus Goldstoff, die das Gesicht wie ein steifer Heiligenschein auf alten byzantinischen Kirchenbildern umgab. Auf den ersten Blick erschienen beide fast gleich. Beide waren groß, kräftig gewachsen, blond, doch lag über Marthas Gesicht ein fahler Hauch, und vom Munde zur Nase zog sich, wenn auch nur angedeutet, ein 10 bitterer Zug, der in zehn Jahren, wenn er sich verschärfte, das Gesicht unfehlbar entstellen mußte.

Hanna von Lietzow dagegen prangte in der gesunden Frische ihrer vierundzwanzig Jahre und des unverdorbenen Blutes des pommerschen Landadels. Ihr Gesicht war auf weißem Untergrunde lebhaft gerötet, in den Wangen etwas breit, in der Kinnpartie überkräftig gebildet. Ueber den blauen Augen lagen die dichten blonden Wimpern wie ein goldenes Band, die Brauen erschienen durch ihre Fülle fast dunkel. Und doch ruhte auch auf ihr, trotz aller blendender Jugend, jenes Undefinierbare: Kein Mensch würde sie für eine junge Frau gehalten haben.

»Nun wollen wir aber lustig sein. Ich bitte, sich zwanglos zu gruppieren.«

Sich zwanglos gruppieren, war in der Vereinigung Rienacker-Ihring ein geflügeltes Wort, das jeder kannte, und das meist wörtlich genommen wurde.

»Bitte, meine Damen, ich setze mich auf den Teppich. der ist bequemer, als alle unsere anachronistischen Sitzgeräte. Wer thut es mir nach?« Martha Ihring saß schon auf dem Boden, den Rücken gegen einen Stuhl gestützt, die Beine lang vor sich hin gestreckt, die übrigen folgten ihrem Beispiele. »Na, Herr Beyer-Waldau, sind Sie zu vornehm dafür?«

»Ich ziehe es vor, das reizende Bild aus erhabener Position, d. h. von meinem Stuhle aus zu bewundern.«

11 »Wie Sie wollen, hier wird niemand beschränkt. Emma mag aber erst fertig abräumen.«

Das Mädchen kam, räumte die letzten Teller und Abendbrotreste über die Seite und brachte frische Weinflaschen und Gläser. Mit ihrem knappsitzenden schwarzen Kleide, der weißen Schürze und dem weißen Häubchen über dem glatten Haar, erschien sie als das einzig Natürliche, weil Anständige, in dieser künstlich inszenierten Bohème.

»Wer will eine Cigarette?« Alle wollten eine, und bald pafften sie drauf los wie die Hausknechte.

»Knut, mein Kleiner, erzählen Sie uns etwas, was Sie erlebt haben.«

»O, so junge Mädchen, wie ich, erleben nichts, die sind zu gut erzogen«, sagte der Jüngling und senkte züchtig die Wimpern.

»Es brauchen ja nicht gerade Bilder aus Ihrem Mädchenleben zu sein, seien Sie ein bischen indiskret aus einer früheren Phase Ihrer Entwickelung.«

»O, meine Damen – Sie bestürmen mich so – ich geniere mich – –«

»Seien Sie gut – erzählen Sie wenigstens, wie die Probe bei der Frau Hoffmann-Knauer abgelaufen ist. Sie haben uns das versprochen.«

»O, gut, sehr gut.«

»Das ist nichts – also erzählen Sie.«

»Da ist nicht viel zu erzählen. Zuerst mußte ich ihr allein vorspielen, und sie war sehr zufrieden 12 mit meinem Spiel, dann stellte sie mich verschiedenen jungen Sängerinnen vor, die ich vielleicht hätte begleiten sollen. Nun, denen spielte ich dann auch vor – –«

»Und – –?«

»Die fanden auch, daß ich ein sehr guter Begleiter sei und waren sehr liebenswürdig gegen mich.«

»Ja – aber was thaten sie denn?«

»Aber gar nichts.«

»Nun, sie müssen doch irgend etwas gesagt haben?«

»Nichts besonderes. Sie duzten mich und nannten mich: ›Mein süßer Knut‹.«

»Aber das ist doch geradezu empörend!«

»Hm, wie man's nimmt – die eine klopfte mich dann auf die Schulter: ›Daran müssen Sie sich gewöhnen, Kleiner, wir sind eben Gemütsmenschen.‹ Und diese habe ich dann auch andern Tages in ihre Wohnung begleitet.«

»Darüber müssen Sie uns ausführlicher berichten. Wie war sie? Was hatte sie an?«

»Ich bitte Sie! Wie kann ein Mann Toiletten beschreiben! Es war so eine Matinée, hellblau, unten herum mit etwas Krausem und überall viel Spitzen. Im ganzen etwas – etwas transparent.«

»Nun, und was wurde dann? – So erzählen Sie doch – –«

»Ja, was sollte da werden? Sie sang und 13 ich begleitete, und wenn sie in Berlin bleibt, so werde ich sie eben begleiten, wenn sie öffentlich singt – –«

»Gehen Sie – Sie sind abscheulich, das Interessanteste behalten Sie natürlich für sich.«

»Aber ich versichere Sie, es war da gar nichts Interessantes – –«

Alle diese Mädchen, die sich fleißig und tüchtig durch das Leben schlagen, deren Intelligenz geschärft, deren Arbeitskraft geschult ist, Mädchen, die rechtschaffen arbeiten mit der Kraft und Ausdauer von Männern, die nicht einen Fuß breit von der geraden Straße abgewichen sind – sie hängen mit hungernden Augen an den Lippen dieses zwanzigjährigen Burschen und gieren nach Aufschlüssen aus einer Sphäre, die weitab von ihnen liegt. Würde sie in Wirklichkeit nur ein Tropfen aus diesem Sumpfe treffen, so würden sie ihr Kleid zusammenraffen und sich vor Abscheu schütteln. Sie sind nicht schlecht, nicht verdorben – aber sie sind neugierig. Das gährt in ihnen, das prickelt und brennt wie ein heimliches Geschwür. Sie möchten den Schleier lüften von dem, was ihnen noch verborgen ist, und jede Hand, die dabei hilft, ist ihnen recht.

»Erikson ist heute ungenießbar, wir müssen uns auf eigne Hand unterhalten.«

»Ja, was sprechen wir dann?«

Eine lange, lange Pause. Es scheint wirklich, als ob die ganze Versammlung auf die anrüchigen 14 Chansonetten-Mitteilungen des jungen Schweden angewiesen sei.

»Habt ihr in der Zeitung gelesen von der kleinen Handarbeitslehrerin, die den Vater ihres Kindes niederzuknallen versuchte und nachher von ihm mit dem Stocke gemißhandelt wurde?«

»Gewiß, er hatte ihr die Ehe versprochen und verlobte sich trotzdem mit einem reichen Mädchen.«

»Da war sie in ihrem vollen Rechte. So müßte jede in einem solchen Falle handeln, dann würden diese Fälle seltener werden. Selbsthilfe, das ist das einzig Richtige, da doch kein Ritter für uns aufsteht.«

»Sie vergessen aber, meine Damen, daß dieser »Bräutigam« nicht der erste war«, mischte sich Beyer-Waldau ein.

»So! Erlauben Sie, wird sie denn für ihn die erste gewesen sein?« gab Mia Bernhardt mit ihrer hergebrachten, altjüngferlichen Logik zurück.

»Aber so laßt doch, Kinder! Danken wir doch Gott, daß diese Sachen uns nichts angehen. Wir arbeiten und schlagen uns rechtschaffen durch die Welt, damit ist es für uns genug«, rief Hanna von Lietzow im Bestreben, das Thema abzuschneiden.

»Ist das wirklich für uns genug? Dann muß ich sagen, daß wir sehr, sehr bescheiden sind«, knüpfte Martha Ihring den Faden wieder an. »Was ist das für ein Elend! Arbeiten, arbeiten wie ein Mann, und wenn es dann ans Genießen geht, bescheiden 15 beiseite stehen. Nein, ich verübele es dem armen Wurm nicht, wenn sie auch ihr Teil Erdenglück haben wollte.«

»Sie war aber doch kein Kind mehr, sie wußte, was kommen würde.«

»Aber sie hat es vergessen, wie jede liebende Frau. Es ist kein Grund, um sie zu verdammen.«

»Nein – aber diese Rache ist nicht schön. Lieber hätte sie sühnen sollen.«

Es war ein blasses, schlankes Mädchen, das die letzten Worte gesprochen hatte. Sie war erst spät gekommen und hatte sich bisher müde zurückgehalten. Ihr Ausspruch entfesselte nun einen Sturm der Entrüstung. »Sühnen? Warum sollte sie sühnen? Ist denn immer nur die Frau dazu da? Wo giebt es denn ein Gesetz, das sagt, daß die Frau zuerst leiden und hinterher sühnen soll? Nein, Vilma, mit dieser Auffassung machen Sie bei uns kein Glück.«

»Es mag kein geschriebenes Gesetz sein, aber als Frau trägt man es innerlich. Es ist ein unverrückbares Gefühl, dieses Bedürfnis nach Sühne«, meinte das blasse Mädchen nachdenklich.

»Wie denkst du dir diese Sühne, Vilma?« fragte Lotte Rienacker. »Wäre es dir Sühne genug, wenn Käthe Berkau für ihr Kind gelebt, es tüchtig erzogen, es zu einem ordentlichen Menschen gemacht hätte, oder hätte sie selbst in den Tod gehen sollen?«

»Vielleicht das«, meinte Vilma leise.

»Aber gnädiges Fräulein«, sagte nun Herr Beyer-Waldau gewichtig, »wenn Sie dies als Gesetz 16 aufstellen, werden auch wir bald keine Gelegenheit zum Sündigen haben.«

Sie sah ihn groß an: »Das wäre ja gut. Aber wieso denn?«

»Einfach, weil es an Material fehlen würde. Die Erde würde bald frauenlos sein.«

Vilma wandte sich kalt ab, ohne ein Wort zu erwidern. Sie hatte eine großartige Manier, etwas zu überhören, was ihr nicht paßte, und über jemand fortzusehen, als wenn er Luft wäre. Dann konnte sie durch ein mit Menschen gefülltes Zimmer schreiten, als ginge sie allein im Freien, immer weiter ins Unbegrenzte; unwillkürlich traten, die in ihrer Nähe standen, zurück, sodaß sich eine freie Gasse bildete.

Lotte folgte ihr in ihr eigenes Arbeitszimmer, das gerade leer war, und setzte sich zu ihr auf die Chaiselongue.

»Du darfst es ihm nicht zu schwer anrechnen, Beyer-Waldau ist nun einmal der Mann der ungeheuren Laster, wenn sie ihm auch kein Mensch glaubt. Es ist das sein Sport, er sündigt in seiner Einbildung ungemessen. Wenn er an seinem Schreibtisch sitzt und die herrlichen Verse auf das Papier wirft, so glaubt er sich ein Nero an königlichen Ausschweifungen. Wieviel davon wahr ist, werden wir ja nicht ergründen, jedenfalls hilft seine Phantasie stark mit.«

»Ist denn das, was er schreibt, wirklich etwas 17 wert? Man traut ihm gar nichts zu, wenn man ihn in seiner blonden Unbedeutendheit dasitzen sieht.«

»Seine Gedichte sind einfach wundervoll. Es ist, als wenn man das Schicksal darin einherschreiten sieht – er soll eine traurige und wilde Vergangenheit haben. Ich wüßte kein größeres Talent unter unseren Jüngern. Als Mensch hat er ja seine Lächerlichkeiten, vor seinem Talent aber möchte man auf den Knieen liegen. Wie schwach und ärmlich kommt man selbst sich dagegen vor.«

Vilma streichelte Lottes Hand: »Das mag ich so gern an dir, wie du fremdes Können achtest. Du, die selbst soviel kann.«

»Was ist es denn mit mir? Immer leichte Ware für den Tagesbedarf. Was ich vielleicht kann, weiß ich selbst noch nicht und komme vielleicht nie dahinter. O Gott, was könnte doch vielleicht aus einem werden, wenn man nicht immer arbeiten müßte, müßte!«

»Wir alle, Lotte, es ist immer dieselbe Tragödie. Meinst du, daß es meiner Seele eine besondere Genugthuung bereitet, tagaus, tagein Klavierstunden zu geben?«

»Du hast aber doch Unterbrechungen, die dich erheben und dich wieder zu dir selbst machen. Eben jetzt deine Konzerttournee. Erzähle mir schnell davon, ich habe dich während des ganzen Abends noch nicht richtig gesprochen. Hast du Erfolg gehabt? Aber natürlich!«

18 »Ja, großen sogar. Besonders in Magdeburg waren sie wie verrückt, da stehe ich noch vom vorigen Jahre her im guten Andenken. Aber auch anderswo war es zufriedenstellend. Es ist entschieden meine erfolgreichste Reise gewesen, ich glaube, ich bin jetzt eine gemachte Pianistin.«

»Aber so freue dich doch, sei doch vergnügt. Ich bin es jedenfalls für dich.«

Ein gequälter Zug legte sich über Vilmas Gesicht. »Wäre nur nicht so vieles, was daranhängt und einem die Freude vergällt. Diese Besuche bei den Kritikern, ohne die es nun doch einmal nicht abgeht, und dieses Lächelnmüssen und Sichverbeugen auf dem Podium. Ich bin nun mal kein Mensch, der andern gern Zugeständnisse macht, wenn ich die Leute anlächeln muß, hasse ich sie fast, und doch muß man jedem dankbar sein, der seine drei oder vier Mark daran gewendet hat, um einen zu hören. Lotte, ist es nicht eigentlich ein Wahnsinn, das für mich auszugeben? Manchmal schäme ich mich auch geradezu, ich möchte den Leuten dann zurufen: Kinder, seid ihr denn verrückt? Ich kann ja nichts, nichts, nichts!«

»Du bist eine große Künstlerin, Vilma«, sagte Lotte ernst, »du solltest dich aber hüten, an deiner Begabung herumzutasten. Du kannst nur etwas leisten, wenn du an dich glaubst, die kleinste Konfliktsstimmung bringt dich um den Erfolg. Du siehst gar nicht gut aus, der Erfolg hätte dich doch über 19 die Reisestrapazen hinwegtragen sollen – aber du hast sicher wieder gegrübelt, dich absichtlich in den Zweifel hineingeredet?«

»Es ist wohl körperlich. Ich habe wieder ein bischen mit dem Herzen zu thun gehabt. Es meldet sich immer abends und läßt mich nicht schlafen – ein ganz fataler Zustand. Aber das geht vorüber.«

»Gewiß, wenn du etwas für dich thust. Du solltest mit dem Arzt sprechen. Wende dich doch mal an Dr. Jentsch.«

»Auf keinen Fall!« sagte Vilma rasch und ihr Gesicht färbte sich.

»Warum denn nicht? Er ist doch ein so tüchtiger Arzt. Oder hast du etwas gegen ihn?«

»Aber durchaus nicht. Ich finde es nur richtiger, sich mit einer solchen Konsultation an einen ganz Fremden zu wenden. Bei einem Bekannten ist es zu peinlich. Man sieht sich dann wieder in Gesellschaft – da ist die Erinnerung nicht hübsch. Ueberhaupt – ich glaube, ich lasse es ganz, es ist mir lieber, gar nicht zu wissen, was mir fehlt. – Aber um des Himmelswillen, was geht denn nebenan vor?«

»Ich glaube gar, sie wollen tanzen!« rief Lotte ängstlich. »Um diese Stunde – der Wirt wird mir die Wohnung kündigen. Kinder, was fällt euch denn ein, das ist ja nicht erlaubt!«

»Ach was, wir fragen niemanden, dies ist ja einmal ein Musikhaus – oben das Pensionat, 20 unten der Klavierspieler, da sind die Mieter nicht mit Ruhe verwöhnt. Herr Beyer, fassen Sie einmal den Tisch mit an und setzen ihn zur Seite.«

Die Stühle waren schon längs der Wände gestellt, die Teppiche aufgeschlagen. Am Klavier saß Knut Erikson, der sich nun wieder als Mann zurückverkleidet hatte und sich als ein auffallend hübscher, nur leider allzu kleiner Jüngling im geleckt modischen Anzug präsentierte. Er spielte einen Walzer in der harten, scharfaccentuierten Art, wie sie in öffentlichen Lokalen untergeordneter Art Mode ist, und hob noch dazu den Takt auffällig stark hervor. Das Instrument dröhnte unter seinen Händen, es mußte eine höllische Musik für die Unterwohner sein.

Da das Zimmer, obgleich ziemlich groß, doch mit Möbeln, Staffeleien, Stickrahmen mit angefangenen Arbeiten vollgestellt war, blieb wenig Raum zum Tanzen. Waren nur zwei Paare in Bewegung, so mußten sie sich beständig anstoßen. Mia Bernhardt tanzte mit dem Manne der großen Laster, Alfred Beyer Waldau, die beiden kostümierten Mädchen mit einander. Zuerst war es ein anmutiges, eigenartiges Schreiten, ein Vor- und Rückwärtsgehen, ein Neigen und Zurücklehnen des Oberkörpers, wie es für das Fest der Sezession eingeübt worden war. Die Hände faßten die Zipfel der weiten Faltenärmel und rafften sie wie Flügel in die Höhe, wobei die nackten Arme sich schimmernd von dem seidenen Untergrunde abhoben. Die Gewänder wogten, die steifen 21 Heiligenscheine blitzten über den Köpfen, es war ein hübsches Bild voller Charme und Grazie.

Nach und nach wurden die Bewegungen der Tänzerinnen hastiger, das Blut stieg ihnen in die Schläfen: »Schneller, Erikson, schneller!«

Das andere Paar hatte sich längst auf dem Sopha zur Ruhe gesetzt, die beiden Mädchen hatten das Feld für sich frei. Nach dem rasenden Tempo der Musik wirbelten sie dahin, die Beugung des Körpers wurde tiefer, das Zurückschnellen energischer, sie lösten sich voneinander und fanden sich wieder, wie einem leidenschaftlichen Impulse gehorchend. Die Gewänder flatterten ausgebreitet wie eine Wolke um sie, die Arme wölbten sich über den Köpfen, schlugen wild durch die Luft oder faßten sich von neuem verlangend. Es war, als wenn das Temperament beider, das bisher durch die Konvention im Schach gehalten worden, nun begierig die Gelegenheit ergreife, um auszubrechen. Vielleicht spielten auch Reminiszenzen mit, Erzählungen, die sie gehört, Serpentintänzerinnen, die sie im Wintergarten gesehen – genug, es war der Tanz zweier Mänaden. Wie die leidenschaftlich bewegten, von faltigen Gewändern umwogten Figuren auf sezessionistischen Bildern erschienen sie.

Plötzlich ließen sie sich los, taumelten und sanken auf den Boden nieder, ihre Kleider stauten sich in tausend Knittern und Brüchen um sie, daß sie wie in dem Kelch einer Riesenblüte zu sitzen schienen.

22 »Trinken! – Nein, keinen Wein, etwas Kühles; Selters.«

Es wurde ihnen gebracht; sie saßen da und fächerten sich Kühlung zu, die eine mit ihrem Faltenärmel, die andere mit dem Zipfel ihres Rockes.

Da schrillte der langgezogene Ton der Flurklingel und gleich darauf verhandelte eine Männerstimme im Korridor mit dem Dienstmädchen.

»Mein Gott, wer kann uns denn um diese Zeit noch in unsere Orgie hineinschneien? Es ist elf vorüber. Martha, geh wenigstens mit Fräulein von Lietzow in das Schlafzimmer«, drängte Lotte Rienacker.

Die beiden erhoben sich umständlich, aber es war zu spät. Das Mädchen schlug von außen den Thürflügel breit zurück und ein eleganter Herr schritt über die Schwelle.

»Dr. Jentsch! Sie! Vor kaum einer Viertelstunde habe ich noch mit Vilma Sommer über Sie gesprochen. Wo kommen Sie her?« empfing ihn Lotte in peinlicher Verlegenheit über die Verfassung, in der sich die Gesellschaft zeigte.

»Ich nutze Ihre Güte eben aus, gnädiges Fräulein. Ich gehöre nun mal zu denen, die die ganze Hand nehmen, wenn man ihnen den kleinen Finger reicht. Sie haben mich ein für allemal zu Ihren Donnerstagabenden eingeladen – –« Dabei beugte er sich über ihre Hand und hauchte einen Kuß darauf.

»Pfui – einer unverheirateten Dame küßt man doch nicht die Hand, man müßte ihr sonst sagen wollen, 23 daß man sie für uralt hält. – Wie sind Sie aber hereingekommen?«

»Auch Künstlerinnen, gnädiges Fräulein, und Damen von selbständiger Bedeutung. Wie ich hereingekommen? Sehr einfach, ich habe gewartet, bis jemand aus der Hausthür kam, da habe ich mich gestellt, als gehöre ich ins Haus und bin seelenruhig hineingegangen bis in Ihr hübsches Gartenhaus. In diesen großen Häusern des Westens ist ja abends ein beständiges Kommen und Gehen. Wo ist denn aber die andere Hausfrau, auf daß ich ihr meine Huldigung entbiete?«

Martha Ihring faßte ihr Kleid mit beiden Händen und führte einen wundervollen tiefen Hofknix aus, so tief, daß es schien, als müsse sie wieder auf den Boden zu sitzen kommen. Aber sie erhob sich glücklich wieder:

»Ew. Herrlichkeit! – – Eigentlich sollte man Sie so spät gar nicht mehr empfangen. Das ist ja, als müßten wir beide mit dem letzten Rest fürlieb nehmen.«

»Verzeihung, Gnädige, mein Beruf! Was das heißt, in Berlin ein gesuchter Arzt zu sein – ich darf es ja ohne Eitelkeit von mir behaupten – kann so leicht niemand ermessen. Was für Ansprüche das an Nerven und Kräfte stellt – und dazu noch diese unglückliche Klinik, die gerade wieder ganz überfüllt ist, keinen Augenblick gehört man sich selbst an, es ist wirklich manchmal zum Verzweifeln.«

»Aber Sie sind doch mit Passion Arzt?«

24 »Aber gewiß, gewiß, bei keinem Beruf ist eben die Passion so unerläßlich wie bei diesem. Ich bin mit Leib und Seele Arzt«, sagte er warm und es war soviel echter Klang in seiner Stimme, daß man ihm glauben mußte. »Zuweilen aber, und vielleicht gerade deshalb, weil man sich so ganz hingiebt, packt es einen dann, daß man ausspannen muß, wenn auch nur auf eine Stunde. So ging es mir vorhin, als ich nächtlich aus der Klinik kam – ein schwerer Fall, der sich aber jetzt zum Bessern wendet – ich hatte das Bedürfnis, noch einmal durch etwas konzentriertes Leben die Atmosphäre von Karbol und Krankheit von mir abzuspülen. Nehmen Sie diese Entschuldigung an und lassen Sie mich hier noch ein bischen zu mir selbst kommen.«

Er hatte mit großer Liebenswürdigkeit gesprochen, aber seine Augen irrten dabei von Martha ab, wie suchend durch das Zimmer.

Eine Weile war Dr. Jentsch der Mittelpunkt. Beyer-Waldau und Erikson erinnerten ihn daran, daß sie ihn schon früher hier kennen gelernt, was er, der Vielbeschäftigte, total vergessen hatte. Ihm gegenüber fiel ihr überlegenes Wesen wie eine Maske, sie wurden zu ein paar einfachen, bescheidenen jungen Männern. Die Mädchen drängten sich an ihn heran und wollten allerlei über seine Patientinnen erfahren, und er that ihnen den Gefallen, sie mit allen möglichen, frei erfundenen Krankengeschichten zu unterhalten, die sie für bare Münze nahmen. Geschickt 25 und liebenswürdig wußte er mit einer nach der anderen fertig zu werden, ohne daß sie die Absicht gewahr wurden. Endlich hatte er sich bis zu jener geschlängelt, die er von Anfang an gesucht hatte. Sie stand an die Balkonthür gelehnt, die Arme hinter dem Rücken verschränkt und blickte vor sich hin, als wenn sie von dem ganzen Treiben nichts sehe.

»Daß ich doch nichts im Leben so schwer lerne, wie Geduld! Diese letzten zehn Minuten sind mir eine Qual gewesen, Fräulein Vilma. Da stehen Sie und verstecken sich in ihre Fensterecke, und ich kann nicht zu Ihnen kommen, weil fünf oder sechs langweilige Menschen sich dazwischen drängen.«

»Ja, warum sind Sie denn eigentlich hergekommen?«

»Sie sind nun glücklich die dritte, die mir das sagt«, erwiderte er nervös. »Sie sollten doch wenigstens nicht fragen, Sie nicht.«

»Ja, warum denn nicht?«

»Weil Sie es ganz genau wissen. Aber lassen wir das. Ich bin nun einmal hier, ob gewünscht oder ungewünscht, soll mich im Augenblick nicht kümmern. Wenn Sie mich übrigens noch einmal deshalb fragen sollten: nun gut, es schwebte mir vor, ich könne Ihnen möglicherweise einen Dienst leisten, für Ihr glückliches Nachhausekommen sorgen.«

»Ich danke«, sagte sie kühl. »Das Mädchen aus meiner Pension holt mich ab. Vermutlich wartet sie längst draußen in der Küche.«

26 »Das ist aber für Berlin spät abends kaum genügend. Wenn Sie gestatten wollten – –?«

»Wirklich nicht, es ist überflüssig. – Wie geht es aber Ihrer Frau?« setzte sie das halbleise geführte Gespräch laut fort, als sie merkte, daß Lotte Rienacker sich ihnen näherte.

»Ach, Ihre Frau – verzeihen Sie, bester Doktor, daß wir auf diese nächstliegende Erkundigung noch nicht gekommen sind. Hat sie sich wieder ganz erholt? Ich hätte längst einmal nachgefragt, wenn ich gedacht hätte, daß man angenommen würde«, griff Lotte das Thema auf.

»Thun Sie es, Sie thun damit ein gutes Werk; Ella isoliert sich in einer Weise, die ganz unverständlich ist und durch nichts Berechtigung hat. Sie spinnt sich immer mehr in die Kinderstube und deren Interessensphäre ein, es ist nicht mehr möglich, ein vernünftiges Wort mit ihr zu reden, denn die Außenwelt existiert gar nicht für sie. Da giebt es nur eins, was hier wert ist, daß man davon spricht, das ist das Wunderkind Wölfchen.«

»Sie Rabenvater! Kinder, seht euch diesen Mann an: ein berühmter Arzt, ein Mann, der also auch Gemüt haben muß, denn ohne Gemüt wird nun mal keiner ein guter Arzt, und spricht so von seinem Letztgeborenen. Gott, wenn ich mir vorstelle, daß ich Kinder gehabt hätte – –« rief Mia Bernhardt.

Der Gedanke, die ältliche Malerin könne Kinder gehabt haben, wirkte sehr lustig. »Na, Miachen, 27 die wären natürlich zur Welt gekommen, in einer Hand eine Tube Krapplack, in der anderen eine mit Kobaltblau, und in Ihrem Malkasten würden sie geschlafen haben, anstatt in der Wiege. Die Künstlerwirtschaft bei Ihnen möchte ich gesehen haben.«

»Meine Kinder würden es sehr gut bei mir gehabt haben, ich würde eine treffliche Mutter geworden sein«, meinte Mia sehr ernst.

»So – wissen Sie das so genau?«

»Ja, das weiß ich genau. So etwas fühlt man. Gerade wir erwerbenden Mädchen, denen man es am wenigsten zutraut, würden die besten Mütter geworden sein. Warum? Weil wir unseren Verstand gebrauchen gelernt haben. Weil bei uns Kindererziehen nicht nur heißen würde, Süppchen kochen und Windeln waschen. Weil wir neben der Pflege des äußeren Menschen uns auch um den inneren bekümmert haben würden.«

»Gott, Fräulein Mia, da ist es ja eigentlich eine Tragödie, daß Sie kein Kind haben«, rief Hanna von Lietzow und schüttelte sich vor Lachen.

»Ist es auch, ist es auch, die schwerste, die sich denken läßt, für euch alle aber ebenso. Warum sind wir denn alle so, wie wir sind – so fahrig, so – unser ganzes Weh und Ach ist aus diesem einen Punkte zu kurieren.«

»Sollen wir lieber hinausgehen, Fräulein Bernhardt? Die Sache scheint jetzt brenzlich zu werden«, fragte Beyer-Waldau, und seine gutes, rundes 28 Theologengesicht, auf dem seine unerhörten Laster keinen Reflex hinterlassen hatten, nahm den Ausdruck sittlicher Bestürzung an.

Dr. Jentsch hatte sich zu der Malerin gesetzt, schlang die Arme um die Kniee und sah dem alten Mädchen von unten her dreist ins Gesicht. »Ich bewundere Ihren Mut, mein Fräulein.«

»Keine Ursache. Ich bin ja alt genug, um nicht noch immer ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen.«

»Warum sind Sie denn aber nicht noch mutiger, als Sie sind?«

»Wieso?«

»Nun, warum kranken Sie denn an dem einen gewissen Punkt, während Sie doch gesund sein könnten?«

Nun sah sie dem Manne voll ins Gesicht: »Ich will es Ihnen sagen: Weil ich feige bin. Weil ich nicht meine gut bezahlten Malstunden in Berlin W einbüßen will. Talent genug, um verkäufliche Bilder zu malen, habe ich nicht, da bleibt das Stundengeben mein einziges. Sogar so feige bin ich, daß mir an dem bischen gesellschaftlicher Achtung, die ich genieße, gelegen ist, obgleich ich mir innerlich nicht so viel daraus mache. Dieser überlieferte Begriff der Wohlanständigkeit ist nun mal der Ballast, der uns immer am Boden hält.«

Lotte Rienacker saß wie auf Nadeln. Sie schämte sich des Tones, der bei ihr herrschte, und sie 29 empfand das Ungewöhnliche desselben doppelt scharf, seitdem mit Dr. Jentsch ein fremdes Element in ihren Kreis getreten war. Sie sah mit seinen Augen, hörte mit seinen Ohren – und was das Schlimmste: sie traute seiner Diskretion nicht. Als Arzt war er verschwiegen, weil nach dem Codex seines Standes Verschwiegenheit Ehrensache war, außerhalb seines Berufes traute sie ihm nicht über den Weg. Sie sah ihn vor sich, wie er in irgend einem Salon, irgend einem Weinlokal das zum besten gab, was er hier beobachtet hatte. Warum war er eigentlich gekommen? So spät noch? Die Einladung, die sie, die mit seiner Frau oberflächlich bekannt war, nicht gewagt haben würde, die er selbst ihr gelegentlich einmal abgetrotzt hatte, verpflichtete ihn zu nichts. War er nur hier, um sich zu belustigen? Studien zu machen? Er gebrauchte die Feder doch nur, um Fachwissenschaftliches zu schreiben. Sollte er etwa auch dafür hier Studien – –

Das Blut stieg ihr heiß ins Gesicht. Was war es nur, daß das Gespräch immer wieder auf den einen Punkt hintrieb, wie ein aufgezogenes Uhrwerk? Gab es in der Welt nichts weiter, was verlohnte, besprochen zu werden? Es war das Natürliche, gewiß, und Wissen war vielleicht Recht für eine jede – und dennoch, dennoch – – Diese Blicke, diese Art zu sitzen, die Asche der Cigarette abzustreifen, vorhin der Tanz und noch früher die Verkleidungsscene des kleinen Erikson, zu der sie selbst die Hand 30 gereicht hatte – – Wenn es sich nur um das kühle Wissen handelte, so gab es wohl eine andere Form, es zu erreichen. Dies hier hieß erfahren wollen am eigenen Leibe – kosten – kosten. Aber nur nichts Ernstes, um Gottes willen nicht. Nur ein Spielen mit dem Feuer.

»Vom medizinischen Standpunkt aus ist es ja hochinteressant, mein Fräulein – –« hörte sie Dr. Jentschs Stimme, nun ein wenig gedämpft – –

»Vilma, wie wäre es, wenn du uns was spieltest?« rief Lotte plötzlich über das Zimmer hinüber.

»Welche Idee! Wie wird sie denn? Eine so verwöhnte Künstlerin wird sich doch hüten, für uns hier ›umsonstig‹ zu spielen«, protestierte Mia schnell, der es schmeichelte, daß Dr. Jentsch sie noch immer im Gespräch festhielt, und die deshalb nicht gern unterbrochen werden wollte.

»Spiele, Vilma!«

Das junge Mädchen erhob sich mit einer Nachgiebigkeit, die sonst an ihr fremd war, und schritt zum Klavier, das schräg in die Stube gerückt dastand.

Sie sah auffallend blaß aus unter all den erhitzten Gesichtern, aber diese Blässe stand ihr natürlich, man hätte sich dieses Gesichtchen gar nicht in den Farben blühender Gesundheit vorstellen können. Wie sie dasaß und der Kopf sich hell von der einfarbigen, fahlgrünen Tapete abhob, erschien sie wie ein Porträt von Botticelli. Das Gesicht überschritt die Schönheitslinie nach der Länge zu auffällig, das 31 Kinn spitzte sich allzusehr zu, die im Rücken sehr schmale Nase senkte sich stark zum Munde, die Backenknochen traten etwas hervor. Aber über diese hart herausgearbeiteten Züge legte sich ein jugendliches Fleisch von außerordentlicher Zartheit und Weiche. Das bewegte, leicht nervöse Spiel der Muskeln ließ den Eindruck der Härte und Männlichkeit nicht aufkommen, den dieses Angesicht seines Schnittes wegen eigentlich hätte machen sollen. Mildernd wirkte zudem noch das Haar, reiches, weiches Haar von einem dunklen, wenn auch glanzlosen Blond. Es legte sich in tiefen Wellen von einer Anmut, wie das Brenneisen des Friseurs sie vergeblich anstrebt, um den schmalen Kopf, war in kühnem Zuge von der Stirn hochgenommen und ziemlich hoch am Hinterkopfe zu einem Knoten geknüpft. Die ganze Frisur wurde nur durch ein paar Haarnadeln gehalten, an den Schläfen ringelte sich das Haar von der übrigen Masse los und hing lockig über das Ohr, bis tief auf die Wangen. Diese Frisur, die mit keiner Mode etwas gemein hatte, trug Vilma unverändert seit Jahren, weil sie ihr bequem war, und auch für den Konzertsaal ließ sie sich zu keinem komplizierten Arrangement bewegen.

»Spiele, Vilma!« wiederholte Lotte Rienacker bittend.

Vilma begann die B-moll-Sonate von Chopin. Den ersten, heiteren Satz nahm sie in etwas zu schnellem Tempo. Dort, wo ihr eigenes 32 Temperament nicht mit der Komposition übereinstimmte, wo sie nicht innerlich interessiert war, erlaubte sie sich leicht kleine Willkürlichkeiten; erst dort, wo sie ganz gepackt wurde, bot sie auch etwas Ganzes. Aber schon in der süßen getragenen Melodie, die den ersten Satz unterbricht, begann ihr eigenes Wesen zu sprechen. Das Instrument schien sich unter ihren Händen zu verändern, es schmeichelte und lockte wie eine zärtliche Menschenstimme, es ging von den Tönen etwas aus, das über alle diese unzufriedenen, zerrissenen Menschenherzen wie mit linden Fingern hinstrich.

Eine leichte nervöse Röte war in die Wangen der Spielerin gestiegen, aber dennoch brütete über ihren Zügen derselbe unveränderliche schwere Ernst; die breiten Lider lagen gesenkt über den Augen, sodaß die Wimpern tiefe Schattenstriche zeichneten.

Das Ende des ersten Satzes, das dieser schmelzenden Melodie folgt, wie auch das Scherzo, spielte sie im überhasteten Tempo, als wolle sie die Stimmung zerreißen, vielleicht auch, um durch den Kontrast das Kommende noch mehr hervorzuheben. Dann drangen die gedämpften Akkorde des Trauermarsches durch den Raum.

Von fern her kommt es heran – es ist kaum ein Ton, den das Ohr wahrnimmt, mehr eine rhythmische Erschütterung des Bodens unter hunderten von schweren Tritten, die Erde scheint im Mitgefühl zu zittern, der Himmel sich bleiern zu verfinstern. Und näher kommt es. Von dem Geräusch der Schritte löst 33 es sich melodisch ab, die Trommeln wirbeln, die Posaunen dröhnen, weiter, immer weiter schiebt sich der entsetzliche Zug. Ein Gedicht des Todes, voll erhabener Trauer, eine Schilderung der Majestät des Scheidens, die einem den Atem versetzt. Wie ein Bahrtuch senkt es sich hernieder – Luft! Luft!

Und nun das Adagio. Die Erde hat wieder, was ihr gehört, aber die Seele lebt, sie schwebt frei im Aether, erlöst von aller irdischen Schwere. In himmlischer Süße, in der noch ein Atom vom Erdenschmerz bebt, zieht die Melodie dahin – –

Ein nervöser Schauder lief über Vilmas Gestalt. Sie schlug die Hände vor das Gesicht und verharrte so einen Augenblick ganz still, dann sprang sie auf.

»Weiter spielen! – Bitte! – Nun auch den Schluß.«

»Ich – ich kann nicht. Laßt mich – mein Gedächtnis hat mich im Stich gelassen. Da ist nichts zu machen. Mein Gott, was bin ich für eine Stümperin! Lieber auf dem Seil tanzen möchte ich, als weiter Klavier spielen.«

»Sie haben wundervoll gespielt, aber man kann nichts darüber sagen, jedes Wort wird hier zur Banalität«, flüsterte Dr. Jentsch.

»Nach guter Musik erscheint es immer so«, sagte Mia Bernhardt. »Aber gepackt haben Sie uns wirklich, Vilma. Ich bin gestorben und wieder auferstanden, während Sie spielten.«

Lotte Rienacker zog Vilma beiseite. »Ist es 34 dir denn so ganz unmöglich, dich zu beherrschen? Diesen Schluß hättest du uns ersparen können. Habe doch Achtung vor deinem Talent. Wem es gegeben ist, eine solche Stimmung zu erwecken, sollte sie doch nicht leichtsinnig wieder zerreißen.«

»Ach laß mich. Die Stimmung ist's ja eben. Ich kann sie nicht meistern, sie hat mich.«

Sie trat durch die Balkonthür, die nur angelehnt war, ins Freie; die eisige Winterluft schlug ihr entgegen, sie sog sie mit geöffnetem Munde in ihre erhitzten Lungen, als mache es ihr Freude, sich einen Schaden zuzufügen. Dr. Jentsch war ihr gefolgt und trat neben sie an das gußeiserne Geländer: »Welch unverantwortlicher Leichtsinn! Wollen Sie es denn durchaus darauf anlegen, sich krank zu machen?« Er hatte eine tiefe, weiche, beruhigende Stimme, eine Stimme, die an den Betten seiner Kranken Wunder wirkte; einen Sterbenden hätte er damit überzeugen können, daß er leben werde.

»Kommen Sie hinein, ich will nicht, daß Sie sich erkälten.« Dabei hatte er den Arm um ihre schmächtige Schulter gelegt, um sie mit sanftem Zwange gefügig zu machen, wie es wohl der Arzt mit seiner Patientin thun darf. Mit einer ablehnenden Bewegung entzog sie sich ihm, seine Hand glitt ab, blieb aber auf ihrem Unterarm liegen und sie duldete es. »O, Gott, wie häßlich, wie häßlich ist doch alles«, sagte sie. »Manchmal kommt es über mich wie eine große Sehnsucht nach irgend einem stillen 35 Zauberlande mit grünen Rasenflächen und ruhigen Gewässern. Menschen mit weißen Kleidern und mit Lilien in den Händen müßten dort wandern – – Aber das verstehen Sie natürlich nicht?«

»Doch, das verstehe ich«, erwiderte er leise. »Aber kommen Sie hinein.«

Drinnen rüstete man sich zum Aufbruch. Geräuschvoll wie der Abend verlaufen war, ging auch der Abschied vor sich. Wirklich hatte Vilma Sommers Mädchen schon lange in der Küche gewartet, Mia Bernhardt und Fräulein von Lietzow hatten denselben Weg und Knut Erikson schloß sich ihnen an, um sie sicher zu geleiten. Vorher war ein Schleier und ein Paar Handschuhe verlegt worden, die gesucht werden mußten, Fräulein von Lietzow behauptete, zu viel getrunken zu haben und sich nicht fest auf den Beinen halten zu können, die drei Herren stellten ihre Unterstützung in Aussicht. Das alles ging mit großer Umständlichkeit und sehr viel Geräusch vor sich.

Endlich waren alle glücklich expediert und das Mädchen, das ihnen die Hausthür aufgeschlossen hatte, erschien, um das letzte Geschirr fortzuräumen. Auf ihrem übermüdeten Gesicht lag ein ausgesprochener Zug der Mißbilligung.

»Lassen Sie nur alles stehen und liegen, Emma. Es hat Zeit bis morgen. Am Freitag kommen ja keine Schülerinnen«, begütigte Martha Ihring. »Machen Sie, daß Sie ins Bett kommen und schlafen Sie doppelt.«

36 Lotte stand in der Verbindungsthür beider Zimmer, blaß und übernächtig und sah sich rings um: »Nun, wie gefällt dir das jetzt bei uns?«

Die Stühle standen im wüsten Durcheinander, auf dem noch immer hochgeschlagenen Teppich lagen zertretene Apfelsinenschalen, ein Rotweinglas lag in einer Ecke zerbrochen am Boden und hatte seinen Inhalt über die gestrichenen Dielen ergossen, wo er zu einem häßlichen, dunklen, klebrigen Rand aufgetrocknet war. Ueberall Teller, Gläser mit Weinresten, Obstmesser, Cigarrenasche und Cigarettenstümpfe. »Das ist nun das Heim zweier Damen!«

»Man darf das nicht tragisch nehmen, Lotte. Sie haben sich amüsiert und darauf kommt es doch schließlich an. Man kann nicht sagen, daß irgend etwas Schlimmes passiert wäre.« Vor dem Spiegel genoß sie noch einmal den Anblick ihrer kostümierten Person und nestelte an der Goldstickerei des Ausschnittes. »Ich glaube, daß es noch hübscher aussehen würde, wenn die Schulter mehr heraus käme. Das giebt entschieden eine bessere Linie. Sieh mal, Lotte.«

Die überhörte die Worte: »Hast du gar nicht die Empfindung, daß wir uns durch all das heruntersetzen? Wir imitieren eine Bohème, die im Grunde unserem Wesen so fremd ist, wie irgend etwas – –«

»Ach was, wir arbeiten, wir haben auch des Recht zu leben – – – Laß uns nun endlich zu Bett gehen, ich bin müde.«


 << zurück weiter >>