Vicente Blasco Ibañez
Die blutige Arena
Vicente Blasco Ibañez

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IX

In diesen Tagen empfing Gallardo zahlreiche Karten von Don José und Carmen.

Der Vertreter wollte seinem Torero Mut machen, wenn er ihm riet, den Stier wie immer gerade anzugehen. Doch trotz seiner Zuversicht zeigte sich eine gewisse Zaghaftigkeit, als würde sein Glauben ins Wanken kommen und Gallardo nicht mehr »der einzige Torero seiner Zunft« sein.

Er war von der Unzufriedenheit und der feindseligen Stimmung des Publikums Gallardo gegenüber unterrichtet. Die letzte Corrida hatte Don José entmutigt. Gallardo war nicht einer jener Stierkämpfer, welche unter den Pfiffen der Zuschauer ihre Arbeit verrichten und zufrieden sind, ihr Geld zu verdienen. Er hielt auf Ehre und konnte sich nur in der Arena zeigen, wenn ihn Applaus empfing. Mittelmäßig zu sein bedeutete für ihn den Abstieg. Die Leute waren gewohnt, ihn wegen seiner Tollkühnheiten zu bewundern, und wenn er in dieser Beurteilung Einbuße erlitt, würde er erledigt sein.

Don José schrieb, er wisse wohl, was Gallardo fehle. Mangel an Mut? Nein, keineswegs. Er ließe sich eher töten, als bei seinem Helden so einen Defekt vorauszusetzen. Er fühle sich noch müde, er sei von seiner Verletzung noch nicht hergestellt. »Und deshalb«, riet er in allen seinen Briefen, »ist es besser, noch eine Zeitlang auszuspannen und Erholung zu suchen. Dann fange wieder an und du wirst der alte sein.« Er versprach, ihm alles zu regeln. Ein ärztliches Zeugnis würde seine momentane Berufsunfähigkeit bestätigen und er würde die noch schwebenden Kontrakte dadurch lösen, indem er statt Gallardo einen anderen Torero zur Stelle schaffte.

Carmen war in ihren Forderungen um vieles heftiger, da sie die schonenden Umschreibungen des Vertreters nicht zu beobachten brauchte. Er sollte sich doch endlich zurückziehen und »sich den Stierfechterzopf abschneiden lassen«, wie die Toreros sagten, um sein Leben ruhig auf La Rinconada oder im Schoße seiner Familie zu verbringen, denn hier fände er die einzigen Personen, die ihn wirklich um seiner selbst willen liebten. Sie konnte kaum schlafen und hatte mehr Furcht, als in den ersten Jahren ihrer Ehe, wo die Stiergefechte gewissermaßen Stücke ihres Lebens waren, die Angst und zitterndes Warten aus ihrem friedlichen Dasein herausrissen. Ihre Ahnung sagte ihr mit dem Instinkte der Frau, die in ihren Befürchtungen selten fehl geht, daß ihm etwas Gefährliches zustoßen werde. Sie konnte nicht mehr schlafen, sie dachte mit Grauen an die durch schreckliche Vorstellungen verschärften ruhelosen Nachtstunden.

Dann zog Gallardos Frau in ihren Briefen auf das Publikum los. Welch undankbare Menge, die sich nicht mehr daran erinnerte, was er früher geleistet hatte, als er sich stärker fühlte. Es waren Bösewichte, die ihn nur zu ihrem Vergnügen in den Tod hetzen wollten, als ob sie überhaupt nicht auf der Welt wäre und er keine Mutter hätte. »Juan, ich und die Mutter bitten dich darum, zieh dich zurück. Wozu noch weiter auftreten? Wir haben genug zum Leben und es tut mir weh, daß diese Leute, die dir alle nicht gleichkommen, dich beschimpfen. Wenn dir wieder etwas passieren sollte, ich glaube, daß ich wahnsinnig würde.«

Gallardo dachte nach diesen Briefen lange hin und her. Er sollte aufhören? Welche Torheit! Weiberreden! So etwas konnte man unter dem Impuls der Liebe zwar leicht sagen, die Ausführung war aber unmöglich. Sich mit 30 Jahren zurückzuziehen! Wie würden seine Feinde lachen. Er hatte kein Recht auszuspringen, solange er noch gerade Glieder besaß und seine Hand den Degen führen konnte. So einen Vorschlag hatte man auch nie gehört. Das Geld war nicht allein alles. Ruhm und Berufsstolz sprachen auch ein gewichtiges Wort. Was würden seine vielen Tausend Parteigänger sagen, die ihn alle bewunderten? Was sollten sie den Feinden entgegnen, wenn ihnen diese ins Gesicht sagten, daß Gallardo sich aus Furcht zurückgezogen habe?

Außerdem mußte sich der Torero überlegen, ob ihm sein Vermögen diesen Schritt erlaubte. Er war reich und auch nicht. Seine soziale Stellung hatte sich nicht gefestigt. Was er besaß, stammte aus den ersten Jahren seiner Ehe, als er sein größtes Vergnügen darin fand, Carmen und seine Mutter mit der Nachricht neuer Erwerbungen zu überraschen. Später hatte er viel Geld verdient, doch seine neue Existenz hatte große Summen verschlungen. Er spielte viel und führte ein kostspieliges Leben. Einige Grundstücke, die er an La Rinconada angekauft hatte, um den Besitz abzurunden, waren mit dem von Don José und anderen Freunden entliehenen Gelde angekauft worden. Infolge seiner Spielverluste hatte er bei vielen Anhängern in der Provinz Schulden. Er war reich, wenn er sich aber zurückzog und so das Einkommen aus den Stierkämpfen – die ihm zwölf- bis dreizehntausend Pesetas jährlich eintrugen – verlor, dann mußte er sich darauf beschränken, um seine Schulden zu bezahlen, als Gutsbesitzer von dem Ertrag von La Rinconada zu leben, zu sparen und selbst alle Arbeiten zu überwachen, da der Hof unter der Verwaltung fremder Hände kaum einen Nutzen abgeworfen hatte!

Die Aussicht als Bauer zu leben, sich einzuschränken und mit dem Mangel zu kämpfen, ließ Gallardo, der selbstbewußt, prunkliebend und verschwenderisch war, dem der Beifall der großen Menge ein Lebensbedürfnis schien, zurückschaudern. Der Reichtum war für ihn etwas Dehnbares und in dem Maße gewachsen, als er in seiner Laufbahn vorwärts kam, ohne sich aber je mit der Grenze seiner Bedürfnisse zu decken. Unter anderen Voraussetzungen hätte er sich mit einem kleinen Teile seines jetzigen Besitzes für reich halten können ... Doch jetzt war er fast arm, wenn er seinen Beruf aufgab ... In diesem Falle müßte er dann auf seine Havannazigarren, die er so großmütig verteilte, und auf die teueren andalusischen Weine verzichten. Er müßte seine Freigebigkeit einschränken und könnte dann nicht mehr seine Freunde in den Kaffeehäusern und Schenken bewirten. Dann hieß es, auf den Schwarm der Parasiten und Schmeichler verzichten, die sich um ihn drängten und ihn mit ihren weinerlichen Bitten oft zum Lachen brachten. Und wenn eine hübsche Frau aus dem Volke zu ihm käme – es geschah manchmal, daß sich ein solcher Besuch verstohlen zu ihm schlich – würde er nicht mehr im Stande sein, sie mit einem Paar Ohrgehänge aus Gold und Silber zu überraschen, noch könnte er sich den Spaß machen, ihr Halstuch mit Wein zu beschütten, um sie dann mit einem besseren zu beschenken. So hatte er gelebt und so mußte er weiterleben, wollte er der traditionelle Vertreter seines Standes bleiben, wie sich die Leute einen Stierfechter vorstellten, prunkliebend, prahlerisch, mit seiner Verschwendung den Neid und das Gerede der Mitwelt erregend, bereit, den Unglücklichen mit fürstlichen Geschenken zu helfen, wenn sie sein rauhes Gemüt bewegen konnten.

Dann dachte er an die Bedürfnisse seines eigenen Hauses, wo alle an das sorglose, unbekümmerte Leben der reichen Familie, die sich nicht mit Geldfragen abzugeben braucht, gewöhnt waren. Neben seiner Mutter und seiner Frau mußte er noch für andere den Lebensunterhalt bestreiten. Denn sein geschwätziger Schwager verdiente nichts, als wenn ihm seine Verwandtschaft mit dem berühmten Manne das Recht gäbe, zu feiern. Dann waren noch die Kleinen da, die heranwuchsen und immer mehr Geld kosteten. Und er wollte diesen Leuten, die gewohnt waren, auf seine Kosten sorglos zu leben, Sparsamkeit und Einschränkung predigen? Würde er seinen Beruf aufgeben, dann müßten alle, sogar der arme Garabato, auf den Hof kommen, sich in der Sonne braten lassen und wie Bauern arbeiten. Die alte Mutter könnte sich nicht mehr ihre letzten Tage mit den gewohnten Spenden an kranke, arme Frauen verschönern und wie ein verlegenes Mädchen Ausreden ersinnen, wenn ihr Sohn mit scheinbarem Zorn konstatierte, daß sie nichts mehr von den 100 Duros besaß, die er ihr vor zwei Wochen gegeben hatte. Und Carmen, welche sparsamer als die übrigen war, müßte als erste durch persönliche Opfer die Ausgaben einschränken und sich manches versagen, was sie für ihre eigenen Bedürfnisse brauchte.

Zum Teufel mit diesen Gedanken! Sie bedeuteten eine Degradation für die Familie, eine traurige Zukunft für die Seinigen. Gallardo schämte sich darüber, daß so etwas eintreten könnte. Es war ein Verbrechen, sie dessen zu berauben, was sie hatten, nachdem er sie so an das Wohlleben gewöhnt hatte. Und was mußte er tun, um all das zu vermeiden? Nichts weiter, als sich den Stieren zu nähern. Nun gut, er wollte es tun. Er beantwortete die Briefe seines Vertreters und seiner Frau mit kurzen Erklärungen, die seine feste Absicht kundgaben, sich nicht zurückzuziehen.

Er wollte wieder der alte werden, er schwor es Don José. Er versprach, seinem Rat zu folgen: Ein Stoß und der Stier ist erledigt. Der Mut schwoll ihm und in dieser Stimmung war er fähig, es mit allen Stieren, ob großen oder kleinen, aufzunehmen.

Seiner Frau schrieb er freundlich, obwohl mit dem Ton gekränkter Eigenliebe, da sie an seiner Kraft zu zweifeln schien. Sie würde von der nächsten Veranstaltung schon andere Nachrichten vernehmen. Er wollte das Publikum in Erstaunen setzen, damit es ihm sein ungerechtes Verhalten abbitte. Wenn er entsprechende Stiere fände, würde er alle anderen Toreros übertreffen. Die entsprechenden Stiere! Das war jetzt die Sorge Gallardos. Früher war es sein Stolz, sich um sie nicht zu kümmern, er war niemals vor dem Auftreten in den Zirkus gekommen, um sie zu sehen. »Ich erlege jeden, den man mir entgegenstellt«, sagte er anmaßend.

Und er lernte die Stiere erst kennen, wenn sie in die Arena sprangen.

Jetzt aber suchte er sie früher zu beobachten, sie auszuwählen und sich durch ein genaues Studium ihres Wesens auf den Kampf vorzubereiten.

Der Himmel hatte sich aufgeheitert, die Sonne schien wieder. Am nächsten Tage sollte die zweite Veranstaltung stattfinden.

Gallardo ging gegen Abend allein in den Zirkus, der sich mit seinem roten Ziegelbau, seinen arabischen Fenstern von dem Hintergrund grüner Hügel abhob.

Als der Torero durch den Eingang schritt, bemerkte er im Hofe eine Gruppe von Herren, die den Proben der Lanzenreiter zusahen. Potaje, der große Sporen an seinen Füßen trug, schickte sich an, mit einer Picke in den Sattel zu steigen. Die Stallburschen hörten dem Eigentümer der Pferde zu. Es war ein fettleibiger, wortkarger Mann, der die überstürzten und beleidigenden Zurufe der Lanzenreiter mit ruhiger Stimme beantwortete.

Die Stallburschen zogen die armseligen Klepper aus den Ställen, damit die Reiter sie ausprobieren sollten. Seit einigen Tagen gaben sie sich schon mit diesen armseligen Tieren ab, welche in ihren Flanken die roten Spuren der Sporen trugen. Man trieb sie in der nächsten Umgebung des Zirkus mit Peitsche und Sporen zu einer Energie an, die eigentlich nicht mehr vorhanden war, und riß sie hier- und dorthin, um sie an das Tempo in der Arena zu gewöhnen. Mit blutenden Flanken kehrten sie in die Ställe zurück, wo sie mit einigen Kübeln Wasser begossen wurden, das dann in rotbraunen, mit Blut vermischten Lachen neben dem Brunnen ablief.

Die Pferde, die an der Corrida der nächsten Tage teilnehmen sollten, zogen an den prüfenden Augen der Lanzenreiter vorbei.

Es waren blutende, elende Tiere, die mit ihrem schleppenden Schritt und zerfleischten Flanken die Melancholie und die Schwäche des Alters, die menschliche Undankbarkeit und Vergeßlichkeit geleisteten Diensten gegenüber erkennen ließen. Man sah Pferde, die eher Schatten glichen und deren Rippen unter der Haut hervorstanden. Andere dagegen kamen stolz und kraftvoll wiehernd daher, ihr Fell war frisch, und das Auge voll Feuer. Es waren prächtige Tiere und man wunderte sich, sie unter den anderen, schon äußerlich dem Tode verfallenen Opfern zu sehen. Doch das waren eben die gefährlichsten, da sie sich nicht abrichten ließen und den Reiter immer abwarfen. Unter diesen traurigen Zeugen des Elends und der Schwäche schritten auch die Invaliden der Arbeit einher, Kutschpferde, Tiere, die in Fabriken und am Lande ihre Lasten gezogen hatten, alle unglückliche Parias ihrer Art, die bis zum letzten Augenblicke ausgebeutet wurden und den Leuten mit ihren Zuckungen und Sprüngen, wenn sie die Hörner der Stiere in ihren Leibern spürten, noch Vergnügen bereiten mußten.

Mit müden, traurigen Augen, schlaffem Hals, auf dem sich Wolken blutrünstiger Fliegen niedergelassen hatten, mit eckigen Flanken und räudigem Fell, mit schmaler Brust, die ein hohles Wiehern erschütterte, auf schwachen Füßen, die mit jedem Schritte einzuknicken drohten, so zogen die Opfer des morgigen Tages vorbei. Um auf diese Pferde zu steigen, die vor Angst zitterten und jeden Augenblick vor Erschöpfung zusammenzubrechen drohten, brauchte man ebensoviel Mut, wie um dem Stiere entgegenzutreten. Es gab Tiere, die unter dem Drucke des Sattels beinahe auf die Knie sanken. Potaje verhandelte mit deutlich zur Schau getragenem Selbstgefühle mit dem Impresario dieses Marstalls. Er sprach auch im Namen seiner Kameraden und seine Bemerkungen riefen oft das Gelächter der Zuhörer hervor. Die anderen Picadors sollten nur ihm die Verhandlungen mit dem Pferdehändler überlassen. Keiner kannte besser die Art und Weise, mit diesen Leuten umzugehen. Doch der Pferdehändler näherte sich dem Potaje mit der Ruhe eines Mannes, der an solche Geschäfte gewohnt ist, und sagte ihm einige Worte ins Ohr, worauf der Picador sogleich geneigt war, auf alle Vorschläge des anderen einzugehen.

Gallardo trennte sich von den Zuschauern und ging mit einem Stallburschen zu den Stieren. Sie befanden sich hinter einer Mauer, auf welcher über starken Holzbalken eine Plattform ruhte, die um den Hof führte, in den enge Türen Einlaß gewährten. Im Innern befanden sich acht Stiere, einige lagen auf dem Boden, andere standen und beschnupperten das Bündel Heu, das man ihnen zugeworfen hatte.

Der Torero ging auf die Plattform und schaute von oben auf die Stiere herab. Er bewegte die Arme und stieß wilde Schreie aus, welche die Stiere aus ihrer Unbeweglichkeit aufschreckten. Einige sprangen gereizt auf und gingen mit gesenkten Hörnern gegen den Mann los, der ihre Ruhe störte. Andere blieben mit erhobenem Haupte stehen und warteten mit feindlichem Ausdruck, ob dieser Störenfried sich zu ihnen hinunterwage. Gallardo beobachtete das Aussehen und das Gehaben der Stiere, ohne sich entscheiden zu können, welche zwei er für sich beanspruchen solle. Der Wärter der Tiere stand neben ihm und half dem Torero durch seine Angaben, sich die zwei Stiere auszuwählen.

Die Veranstaltungen des nächsten Tages setzten gleich mit unglücklichem Beginn ein. Der erste Stier sprang wie toll unter die Reiter und schleuderte in einem Augenblicke drei Picadors samt ihren Pferden zu Boden. Zwei der Tiere blieben sofort tot liegen und das Blut, das aus ihrer durchbohrten Brust strömte, bildete dunkle Lachen. Das dritte sprang, von Schmerz und Schreck wild gemacht, mit offenem Bauche und nachhängendem Sattel durch die Arena, während seine Eingeweide hervorquollen und auf dem Boden nachschleiften. Der Stier lief hinter her, senkte sein gewaltiges Haupt unter den Leib des Pferdes und hob es auf seine Hörner. Als es verendend und zuckend auf dem Boden lag, näherte sich der Stallbursche und gab ihm den Genickstoß. Andere eilten mit großen Behältern voll Sand durch die Arena und bedeckten damit die Blutlachen.

Die Zuschauer waren schreiend und gestikulierend aufgesprungen. Die Wildheit des Tieres hatte ihre Begeisterung geweckt, und sie wurden unwillig, da sich kein Lanzenreiter im Rondell zeigte. Sie riefen nach neuen Pferden.

Alle waren überzeugt, daß ihrem Rufe sofort Folge geleistet würde, und ärgerten sich, daß einige Minuten ohne neue Opfer verstrichen. Der Stier stand allein im Rondell des Zirkus, die blutigen Hörner wie zum Angriff vorstreckend und die in seinem Halse haftenden bebänderten Lanzen hin und her schüttelnd. Neue Reiter drangen auf ihn ein und das widerwärtige Spiel begann von neuem. Kaum näherte sich der Picador mit seiner Lanze von vorne, wobei er das Pferd zur Seite lenkte, um den durch Scheuklappen beengten Blick nicht auf den Stier fallen zu lassen, so stürzte das Pferd auch schon unter dem Zusammenprall nieder. Die Lanzen zerbrachen mit dem Krachen zersplitternden Holzes, das Pferd sprang, von den gewaltigen Hörnern durchbohrt, auf, Blut, Exkremente und Fleischfetzen fielen zu Boden und der Picador lief wie eine Puppe mit roten Füßen durch die Arena, während hinter ihm die Mäntel der Stallburschen den Stier nach einer andern Seite abzogen.

Das Publikum begleitete die Stürze der Picadors mit Lachen und Zurufen. Der Zirkus erdröhnte unter dem schweren Aufschlag ihrer Körper und der mit Eisenschienen geschützten Beine. Einige fielen wie Säcke in den Sand, und wenn ihr Kopf gegen die Planken der Barriere schlug, hörte man ein dumpfes Echo.

»Der steht nicht mehr auf,« riefen die Zuschauer, »er muß sich den Kopf zerschlagen haben.«

Doch im nächsten Augenblicke war der Totgeglaubte auf den Beinen, streckte die Arme aus, kratzte sich den Kopf, hob den Biberhut auf und bestieg sein Pferd, welches er mit heraushängenden Gedärmen, die bei jedem Schritt weiterrissen, gegen den Stier trieb.

Und kaum war er vor den Hörnern und hatte seine Lanze in den Hals gestoßen, so flogen Roß und Mann wieder in die Höhe und rollten dann, getrennt durch die Wucht des Stoßes, in den Sand. Ein andermal wieder riefen Torero und Zuschauer ehe der Picador sein wankendes Pferd in Bewegung setzen konnte, dem Reiter zu: »Abspringen!« Doch ehe er mit seinen ungelenken Füßen dem Rate folgen konnte, fiel das Pferd tot zusammen und der Picador stürzte, schwer mit seinem Kopfe aufschlagend, über den Hals des Tieres in den Sand.

Die Reiter entgingen immer den Hörnern der Stiere. Einige Picadors aber blieben wie leblos auf dem Boden liegen und man mußte sie in das Spital bringen, um einen Knochenbruch oder einen Nervenschock zu heilen.

Gallardo, der eifrig bemüht war, die Gunst des Publikums zu erringen, ging von einer Seite des Zirkus zur anderen und erntete reichen Beifall, da er einen Stier beim Schweife zog und ihn veranlaßte, von einem Picador abzulassen, der in größter Gefahr schwebte, aufgespießt zu werden.

Während die Banderillos den Stier neckten, betrachtete Gallardo, auf die Barriere gestützt, die Loge, in der Doña Sol sitzen mußte. Endlich sah er sie, aber nicht mehr in der spanischen Nationaltracht, sondern wie eine elegante Ausländerin gekleidet, welche das erstemal einem Stierkampf zusieht. Neben ihr saß ihr Freund, jener Mann, von dem sie mit einer gewissen Bewunderung gesprochen hatte und dem sie die interessanten Einzelheiten des Landes zeigte. Ah, Doña Sol. Sie sollte in kurzem sehen, wen sie da aufgegeben hatte, denn sie würde ihm applaudieren und in die Begeisterung der übrigen Zuschauer einstimmen müssen.

Als für Gallardo der Augenblick kam, seinem Stier, es war der zweite, entgegenzutreten, bereitete ihm das Publikum einen freundlichen Empfang, als hätte es seine Haltung bei dem letzten Stiergefechte vergessen. Das zweiwöchentliche, durch den Regen erzwungene Warten schien die Leute milde gestimmt zu haben. Außerdem hatte die Wildheit der Stiere und die große Zahl der getöteten Pferde das Publikum in gute Laune versetzt.

Gallardo ging bis zu dem Tiere, hob die Mütze zum Gruße, wobei er die Muleta nach vorne hielt und den Degen wie einen Stock hin und her schwang. Hinter ihm gingen in einiger Entfernung der Nacional und ein anderer Torero. Einige Zuschauer protestierten dagegen. Das war wie bei einem Begräbnis.

»Alles weg!« rief Gallardo.

Und die zwei Helfer blieben zurück, denn seine Aufforderung hatte diesmal den Klang der Wahrheit.

Er ging beinahe an den Stier heran, entfaltete die Muleta und machte, wie in seinen guten Tagen, noch einige Schritte, um das rote Tuch vor das schäumende Maul zu halten. Ein Schritt, bravo ... Und ein aufmunterndes Murmeln ging durch die Reihen der Zuschauer. Der Sohn Sevillas war auf seinen Namen bedacht, er wollte, wie in seinen besten Zeiten, wieder seine Tollkühnheit beweisen. Und sein Spiel mit der Muleta wurde von rauschenden Beifallskundgebungen begleitet.

Denn diesmal wollte er. Als er den Stier so unbeweglich stehen sah, trieb ihn das Publikum durch seine Ratschläge an »Jetzt. Los«. Und Gallardo sprang mit vorgestrecktem Degen auf sein Ziel los, wobei er sich durch eine schnelle Bewegung aus dem drohenden Bereiche der Hörner brachte.

Ein Beifallsklatschen ertönte, doch war es nur ganz kurz und machte einem drohenden Gemurmel Platz, in welches sich gellende Pfiffe mischten. Gallardos Anhänger wandten ihre Blicke in das Publikum zurück. Welche Ungerechtigkeit! Welcher Mangel an Einsicht! Er hatte seinen Stoß ganz tadellos angebracht.

Aber die anderen wiesen, ohne sich in ihren Protesten unterbrechen zu lassen, auf den Stier hin und der ganze Zirkus fiel mit einem plötzlichen Ausbruch der Wut in das Geschrei ein, das durch Pfiffe verstärkt wurde.

Der Degen hatte sich gedreht, den Körper durchbohrt und war durch die Rippen bei dem Vorderfuß herausgetreten.

Alle schrieen und bewegten voll Unwillen ihre Arme. Welcher Skandal! Das hatte sich nicht einmal ein Anfänger geleistet!

Der Stier, dem der Degengriff in dem Halse steckte, während die Spitze oberhalb des Fußes sichtbar war, begann zu hinken und sein gewaltiger Körper schwankte dabei hin und her. Dies erregte allgemeine Entrüstung. Armer Stier, er war so brav, so tapfer ... Einige beugten sich beim Schreien so weit vorwärts, daß es schien, als wollten sie sich in die Arena stürzen. Er regnete Schimpfworte. Wie konnte er nur ein Tier, das mehr wert war als er selbst, so martern. Und alle schrien voll Anteil über den Schmerz der Bestie durcheinander, als hätten sie nicht ihr Eintrittsgeld bezahlt, um den Tod des Stieres mitanzusehen.

Ganz bestürzt über seine Tat, senkte Gallardo den Kopf unter dem Hagel von Beschimpfungen und Drohungen, die auf ihn niederprasselten. Zum Teufel mit seinem Pech! Er war seinem Feinde so wie früher entgegengetreten und hatte seine nervöse Furcht, die ihn das Antlitz vor dem Stiere abwenden ließ, überwunden. Doch der Wunsch, die Gefahr zu vermeiden, so schnell als möglich aus den Hörnern herauszukommen, hatte seinen Degenstoß so schmählich ausfallen lassen.

Auf den Tribünen standen die Zuschauer in einem erregten Gespräche miteinander. »Das ist unbegreiflich. Er sieht weg. Er kann nichts mehr.« Doch seine Anhänger verteidigten ihn nicht weniger erregt. »Das kann jedem passieren, ein unglücklicher Zufall. Das Wichtigste ist, unerschrocken anzugehen, wie er es tut.«

Der Stier, der inzwischen mühsam weitergehinkt war und die Leute zu unwilligen Ausrufen veranlaßt hatte, blieb unbeweglich stehen, um seine Schmerzen nicht zu vergrößern.

Gallardo nahm einen anderen Degen und stellte sich vor ihm hin. Das Publikum erriet seine Absicht. Er wollte den Stier durch einen Genickstoß zu Boden bringen, das Einzige, was er nach solchem Vorgehen tun konnte.

Er setzte die Degenspitze zwischen die Hörner ein, während er mit der anderen Hand die Muleta schwenkte, um den Stier zu veranlassen, sich nach dem roten Tuche zu bücken. Er drückte an, und der Stier, der den Stich spürte schleuderte die Waffe zurück.

»Eins«, schrie die Menge in spöttischer Gleichgiltigkeit.

Zweimal wiederholte der Torero seinen Versuch, ohne mehr zu erreichen, als ein klagendes Brüllen des gepeinigten Stieres.

Endlich gelang es ihm mit der Degenspitze den Rückenmarkswirbel zu durchbohren und der Stier stürzte mit einem Schlage zusammen.

Gallardo wischte sich den Schweiß ab und ging langsamen Schrittes und schwer keuchend zur Präsidentenloge. Endlich hatte er dieses Tier weg. Er glaubte schon, zu keinem Ende mehr zu kommen. Die Zuschauer begleiteten seine Schritte mit spöttischen Bemerkungen oder einem verachtungsvollen Schweigen. Niemand applaudierte. Er grüßte den Präsidenten inmitten dieses eisigen Schweigens und flüchtete sich dann hinter die Barriere. Während ihm Garabato ein Glas Wasser anbot, schaute der Stierfechter auf die Logen und sah in die Augen der Doña Sol, welche ihm bis in das Versteck gefolgt waren. Was mußte sie von ihm denken? Wie würde sie in Gesellschaft ihres Freundes über ihn lachen, da sie ihn so verhöhnt sah. Was war das für eine unglückliche Idee von ihr gewesen, in den Zirkus zu kommen!

Er blieb ruhig hinter der Barriere und wartete auf seinen zweiten Stier. Das Bein schmerzte ihn nach den Anstrengungen des Kampfes. Er war nicht mehr der alte, er spürte es selbst. Sein selbstbewußtes Benehmen und alle seine Gesten täuschten darüber nicht hinweg. Die Füße waren nicht mehr so leicht und fest wie früher, sein rechter Arm besaß nicht mehr die alte Unerschrockenheit, die ihn bis vor die Hörner des Stieres geführt hatte. Er zog sich vielmehr ganz gegen seinen Willen zurück, als beherrschte ihn der Instinkt gewisser Tiere, die sich verstecken und dadurch der Gefahr zu entgehen glauben. Die alten abergläubischen Vorstellungen waren wieder über ihn gekommen.

»Das Glück hat mich verlassen,« dachte er, »ich habe eine Ahnung, daß mich der fünfte Stier noch mitnimmt.«

Als der fünfte Stier in die Arena sprang, umflatterte ihn sofort der Mantel Gallardos. Doch was war das für ein Tier, es schien ganz anders zu sein als Tags vorher im Stall. Man hatte sicher die Reihenfolge vertauscht. Die Furcht sang ihr Lied in die Ohren des Torero. »Du hast kein Glück mehr. Heut wird man dich tot aus dem Zirkus tragen.«

Trotzdem griff er den Stier an und blieb an der Seite der Lanzenreiter, denen er in gefährlichen Augenblicken dadurch Hilfe brachte, daß er den Stier auf sich abzog. Das Publikum applaudierte ihm schwach, nachdem es sich anfangs ganz still verhalten hatte.

Als der entscheidende Augenblick kam, der den Todesstoß bringen sollte, und Gallardo sich vor den Stier hinstellte, schienen alle den Widerstreit seiner Gedanken zu erraten. Er zeigte Unentschlossenheit. Eine leise Bewegung des Stieres genügte, daß der Torero, der diese Bewegung schon für den beginnenden Angriff hielt, mit weiten Sprüngen nach rückwärts auswich, während das Publikum diese Fluchtversuche mit lautem Spott begleitete.

Da sprang er, als wollte er um jeden Preis ein Ende machen, auf den Stier los, jedoch von der Seite, um so schnell als möglich der Gefahr zu entgehen. Eine Explosion von Beschimpfungen und gellenden Pfiffen begleitete diesen Angriff. Der Degen war nur einige Zentimeter eingedrungen und wurde von dem Stiere weit in die Arena geschleudert. Gallardo hob ihn auf und näherte sich wieder dem Tiere, das ihn im selben Augenblicke ansprang, als er zustoßen wollte. Er versuchte zu fliehen, doch seine Beine hatten nicht mehr die frühere Gelenkigkeit. Er wurde eingeholt und durch den Anprall hingeschleudert. Man lief zu seiner Hilfe herbei und Gallardo stand staubbedeckt auf. Durch einen Riß seiner Hose sah man die Unterkleidung und ein Schuh war ihm vom Fuße gefallen. Er, der das Publikum durch seine Eleganz immer für sich eingenommen hatte, stand nun in lächerlichem Aufzug da.

Rings um ihn flatterten zahlreiche Mäntel, welche mitleidige Hände ausstreckten, um ihm Hilfe zu bringen, und sogar die anderen Toreros trieben ihm den Stier zu, damit er ihn rasch erledige. Doch Gallardo schien blind und taub. Er sah nur nach dem Stiere, um bei jeder Bewegung nach rückwärts zu springen, er hörte nicht, was ihm seine Kameraden sagten und bleichen Gesichtes stammelte er, während er die Augen zusammenkniff, wie um seine Aufmerksamkeit zu konzentrieren: »Alles weg.« Gleichzeitig aber hörte er in seinen Ohren eine Stimme, die ihm zuflüsterte: »Heute stirbst du. Das ist dein letzter Stierkampf.«

Die Zuschauer errieten aus den ziellosen Bewegungen des Toreros, wie es um ihn stand.

»Er traut sich nicht an den Stier heran, er hat Angst.«

Und die feurigsten Anhänger Gallardos blieben ruhig und konnten sich diesen unerhörten Vorfall nicht erklären.

Gallardo benützte die Hilfe der anderen Stierfechter, um den Stier mit dem Degen zu verwunden, ohne auf das Geschrei und die Einsprache des Publikums zu achten. Das Tier konnte diese Stiche kaum spüren, denn die Angst, von den Hörnern getroffen zu werden, lähmte den Arm des Torero, so daß er den Degen kaum über die Spitze in den Körper des Stieres trieb. Dieser lief längs der Barriere und stieß, als wollte er gegen diese zwecklose Marter protestieren, ein dumpfes Gebrüll aus. Ihm folgte Gallardo, der ihm den Todesstoß geben wollte und dabei bedacht war, sich keiner Gefahr auszusetzen, während hinter ihm die Schar der Helfer ihre Mäntel flattern ließ, wie um dem Tier die Überzeugung beizubringen, es bleibe ihm nichts anderes übrig, als stehen zu bleiben. Dieser Lauf des Stieres, aus dessen Maul der Schaum quoll, während das Blut vom Hals herunterrann, entfachte einen neuen Sturm von Entrüstung und Beschimpfungen gegen Gallardo.

Dieses Spiel dauerte schon längere Zeit und ein Teil des Publikums, das seine Wut an anderen auslassen wollte, wandte sich gegen die Präsidentenloge.

»Herr Präsident, wie lange soll dieser Skandal noch dauern?«

Der Präsident machte eine Bewegung, welche die Protestierenden zum Schweigen brachte und gab einen Befehl. Man sah einen Polizisten hinter der Barriere bis zur Stelle laufen, wo der Stier gerade stand. Dort hob er die geschlossene Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger in die Höhe und schritt so gegen Gallardo. Das Publikum applaudierte. Das war das erste Zeichen. Wenn Gallardo bis zum dritten Male nicht den Stier getötet hatte, würde das Tier in den Stall geführt werden und der Torero mit dem Makel der größten Schande behaftet bleiben.

Gallardo, der aus seiner Betäubung zu erwachen schien, hob, über diese Drohung erschreckt, den Degen hoch und stürzte sich auf den Stier. Doch auch dieser Stoß drang nicht tief in den Körper ein.

Der Torero ließ die Arme mutlos sinken. Dieses Tier war unsterblich. Kein Degenstoß richtete etwas aus und es hatte das Aussehen, als ob es überhaupt nicht stürzen würde.

Die Vergeblichkeit des letzten Angriffes hatte das Publikum in neue Wut versetzt. Alle sprangen auf, das Pfeifen war ohrenzerreißend und die Frauen hielten sich die Hände an den Kopf. Orangen, Brotstücke, Sitzpolster flogen in die Arena. Sie waren alle Gallardo zugedacht. Von der Sonnenseite her, wo das gewöhnliche Publikum saß, hörte man ein rauhes Gebrüll, das den Stößen einer Dampfmaschine glich und kaum mehr aus einer menschlichen Kehle kommen konnte.

Viele blickten nach der Präsidentenloge. Wann kam das zweite Zeichen? Gallardo wischte sich den Schweiß ab und blickte sich nach allen Seiten um, als wäre er über die Ungerechtigkeit des Publikums ganz erstaunt und wie um den Stier für all das verantwortlich zu machen, was geschah. In diesem Augenblicke erblickte er Doña Sol. Sie hatte sich von der Arena abgewandt, um nicht zusehen zu müssen. So sehr verachtete sie ihn und schämte sich ihrer vergangenen Vertraulichkeit.

Wieder stürzte er sich auf den Stier und nur einige konnten infolge der unaufhörlich flatternden Mäntel sehen, was er tat. Doch der Stier fiel zu Boden und ein Blutstrom quoll aus seinen Nüstern.

Endlich. Das Publikum wurde ruhiger, wenn man auch noch immer Pfeifen und ein höhnisches Zurufen hörte. Das Tier wurde herausgeschleift und Gallardo, der sich vor dem Unwillen, den seine Gegenwart erregte, hinter der Barriere versteckte, blieb dort müde und mit schmerzendem Bein, im Gefühle der Genugtuung, der Gefahr entgangen zu sein. Er war, dank seiner Vorsicht, nicht unter den Hörnern des Stieres geblieben. Ah, das Publikum, was war das für eine Bande von Mördern, welche den Tod eines Menschen wünschten, als wenn sie allein ein Recht hätten zu leben.

Es war eine traurige Rückfahrt durch die Menge, welche die Umgebung des Zirkus besetzt hielt, durch die Wagen und Automobile und die langen Reihen der Straßenbahnen.

Der Wagen Gallardos fuhr langsam durch die Gruppen der Zuschauer, welche dem Gespann bereitwilligst Platz machten, doch als sie den Torero erkannten, schienen sie ihre Bereitwilligkeit zu bereuen.

Gallardo erriet aus den Bewegungen ihrer Lippen die beleidigenden Schimpfworte, die sie ihm zuriefen. Dann fuhren sie an einem Wagen vorbei, in dem schöne Frauen in weißen Mantillas saßen. Einige wendeten den Kopf ab, um den Torero nicht zu sehen, andere betrachteten ihn mit einer fast beleidigenden Teilnahme.

Der Torero machte sich kleiner, wie um unbemerkt vorbeizukommen. Er versteckte sich hinter dem breiten Rücken des Nacional, der mürrisch und still dasaß.

Eine Gruppe Straßenjungen umgab plötzlich mit lauten Pfiffen den Wagen Gallardos. Andere, welche auf dem Gehsteig waren, machten es ihnen nach. Sie glaubten, sich so dafür rächen zu können, daß sie infolge ihrer Armut draußen vor dem Zirkus bleiben mußten. Die Nachricht von dem Verhalten des Toreros hatte sich unter ihnen verbreitet und sie beschimpften ihn, zufrieden, einen Mann zu demütigen, der solche Reichtümer besaß.

Dieser Protest weckte den Torero aus seinem Hinbrüten.

»Zum Teufel, was pfeifen sie? Sind sie vielleicht im Zirkus gewesen? Haben sie etwas bezahlt?«

Ein Stein flog gegen ein Rad. Die Straßenjungen heulten schon vor dem Wagenschlag. Doch da kamen zwei berittene Polizisten und zerstreuten die Schreier, blieben aber die ganze Länge der Alcalastraße an der Seite Gallardos, »des wackersten aller Toreros«.


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