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I. Aus einem alten Dokument

1. »Das Gut« und seine Bewohner

Das Gut war vermutlich entstanden wie die meisten großen Besitztümer aller Zeiten und aller Länder, nämlich durch das Recht des Stärkeren. Vielleicht durch mehr oder minder erpreßte Abgaben und ehrliche Käufe; vielleicht auch durch Überlistung, Betrug und andere Niederträchtigkeiten; wer kann das heute noch wissen?

Vor zweihundert Jahren war es ein ungeheuer großer Besitz. Das Hauptgutsgebäude lag damals wie auch jetzt noch an der waldigen Berghalde über der Stadt. Von da kann man die ganze Stadt überschauen, sowohl die Altstadt diesseits des Hafens wie die Neustadt drüben an der Landzunge – Tangen – die den Hafen gegen das Meer schützt. Doch auch die Landzunge liegt nicht nach dem Meere offen, Inseln und Schären sind ihr vorgelagert, und zwischen diesen liegen zwei Einfahrtsunde, der nördliche und der westliche Einlauf genannt. Alles das kann man vom Gut aus überschauen, und auch das Meer bis weit hinaus. Weiter sieht man rechts den Elb, wie er sich schäumend zwischen den Lehmhügeln weiter hinten ins Meer ergießt. Einst waren der Elb und sämtliche Werke an seiner Mündung Eigentum des Gutes, ebenso wie der Grund und Boden, auf dem die Stadt liegt, und Inseln und Strand zu beiden Seiten. Ferner den Fluß hinauf die nächstliegenden Bygden und Waldungen. So war es vor zweihundert Jahren.

Das Hauptgebäude des Gutes ist ein massives Steinhaus, von dem ein kurzer, plumper Turm aufragt. Rechts hat das Haus einen langen Flügel, links merkwürdigerweise keinen. Hinter dem Hause liegt eine Menge alter, massiver Gebäude zu Wirtschaftszwecken, Pferdeställe, Kuhställe, Leutehaus usw. Die Haupttreppe des Hauses – ein wahrer Steinkoloß an Größe – ist halbrund, und von ihr aus führt eine ehrwürdige Allee bis auf den Marktplatz hinunter. An jeder Seite der Allee läuft eine hohe Mauer fast bis zum Markt; denn diese Mauern fassen den Garten ein, den die Allee in zwei Teile zerschnitten hat. Zu beiden Seiten des Gartens und auch zwischen Garten und Marktplatz ist freies Feld. Oberhalb des Hauses ist die Berghalde mit Laubwald bewachsen, in dem jedoch die Nadelbäume schon wieder ihren stillen Eroberungskrieg begonnen haben. Einst ist nämlich der Nadelwald Alleinbesitzer des Berges gewesen.

Wer hat nun diese mächtige Anlage gemacht, wer diese kolossalen Gebäude errichtet? fragt man, wenn man zum erstenmal die Häuser und Gärten des Gutes sieht.

Mehr als zweihundert Jahre ist es her, etwa um 1660 herum geschah es, daß eines Tages ein deutscher Schiffer, der sich Kurt nannte (damals Curt), im Hafen einlief, wo er sein Schiff neu streichen und takeln ließ, vermutlich, um es unkenntlich zu machen. Wir wissen jetzt, daß er damals schon seit lange wegen Gewalttätigkeiten, die er verübt hatte, aus seinem Vaterland vertrieben war, und daß er einem mächtigen deutschen Fürstengeschlecht entstammte, das noch heute einen berühmten Namen trägt; diesen hier zu nennen, hat keinen Zweck. Er nannte sich mit seinem Vornamen Curt. Er war noch nicht lange da, als er sich um die Erbtochter vom »Gute« bewarb, und zwar, wie man aus dem folgendem ersehen kann, mit ziemlicher Freimütigkeit.

»Das war das hochgeborene Jungfräulein Ingeborg Claustochter« (ich folge von jetzt an wortgetreu einer Chronik der Stadt und besonders des Gutes, die zu Anfang des achtzehnten Jahrhunderts von einem alten Küster und Kantor an »Sanct Marien« selbigen Ortes verfaßt worden ist. Die Rechtschreibung ist nicht einheitlich). »Sie versteckete sich wohl aller Orten, auf dem Dunkelboden und im Keller, im Viehstall und bei den Rossen, lief auch wohl hinaus in Wald unt Felt, sobald der starkmechtige fremde Schiffsmann Curt um sie zu werben kam. Denn alsdann war er gemeiniglich betrunken. Der hochwohlgeborene Herr Claus Mathiasson mußte aus seinem Keller herauf Bier holen, und was sonst noch dem Herrn Curt behagete zu begehren, und wofern Herr Claus dem Fremden nicht die gewünschte Zwiesprach mit dem Fräulein zu verschaffen wußte, prügelte selbiger ihn rein zu Schanden unt lief hinter allem Lebendigen im Schloßhof in voller Raserey einher. Unt er tat einen Schwur, jedwedem, der sich erkühnete, das Fräulein zum Ehegespons zu begehren, den Hals auf dem Flecke umbzudrehen, in eben der gleichen Weise auch ihr selbst als wie ihrer ganzen Sippe Mores zu lehren, wofern sie andren Sinnes sey denn er. Unt den Hans Fürst am Markt gen Sanct Mariae über, von welchem die Rede der Leute sagete, er gienge auf Freiersfüßen dort oben, suchte Herr Curt am heiligen Charfreitag in der Fruh, dieweilen Hans noch in seinem Bette lag, heim unt prügelte ihn dergestalt mit einer mechtigen Rutte, daß Hans noch geraume Zeit nachher einer blutigen Masse glich. Hans Fürst getraute sich nimmer nach der Stadt, sobalt der Schiffer Curt mit seinen Schiffen sich zeigete, wie er anjetzt des öfteren that. Desselbigengleichen auch der Voigt, Herr Bernhard von Klüwer, wo ihn zum Rechten ermanen wollte. Diesem schwor Curt Rache und er ließ seine Schiffe dicht an dem Hause des Vogten anfahren, mit Kanonen und Mannsleuten besezet. Und der Vogt getrauete sich nimmer alleinigen auszugehen und seines Amtes zu verrichten, sondern reisete von dannen und kam nimmermehr zurück. Und es währete wohl ein Jahr, bis das Amt wieder besezet ward, aber itzt war es ein Teutscher, der Herrn Curt in allem zu Willen war. Der vorige Vogt erhielt ein Amt an einem anderen Ort.

Man sagte gemeiniglich von Curt, er habe sein erstes Schiff durch Räuberey in der Nordsee gewonnen, später fuhr er mit zweyen und man munkelte, auch dieses habe er geraubt. Aber seine eigenen Leute waren verschwiegen, und keiner wagete, ihn zu behelligen. Doch solchermaßen gieng es zu, das er das Fräulein zum Ehgespons erhilt: Es kam ein Schreiber von seiner hohen Excellenz dem Statthalter Ulrich Friedrich Güldenlöwe mit einem Befehl Seiner Allerhöchsten allergnädigsten Majestät, dem nunmehro hochselig im Herrn ruhenden König Friedrich dem Dritten, an den hochgeborenen Herrn Claus Mathiasson auf dem Gute und an die ehrsamen Bürger und Ratsleute der Statt, das sie alles Gute an dem Schiffer Curt verüben möchten, sintemalen selbiger von hochadeligem Geschlecht in Teutschland sey, sowie auch Sorge zu tragen, daß Herr Kurt das hochwohlgeborene, wohlersame Jungfräulein Ingeborg Claustochter zum Ehegemal erhalte, indem er seine königliche Huld und absonderliche Gewogenheit gelobete allen denen, so sonder Säumen Herrn Curt hierbey zu Diensten seyen. Also geschah des Königs Wille. Der königliche Schreyber war gekommen mit Sören Rasmussens Yacht von Oslo Oslo = das alte Christiania. unt war ein Teutscher so nur mäßiglich der dänischen Sprache mechtig war. Er verlangte große Aufwartung, wo ihm auch zu Theil ward, denn er wurde einquartiert auf dem Rathause und eingeladen, bis über die Hochzeit zu verbleiben sowie bei etlichen von den Bürgern der Statt in dieser Zeit fürlieb zu nehmen.

Die Hochzeit ward gefeiert mit großem Gepränge, jedoch unter vielen heißen Zähren des Fräuleins, als wie auch des Herrn Claus Mathiasson, welcher sich bewußt war, das seine guten Tage anjetzo vorbey seyen. Aber am Hochzeitstage war Curt betrunken und da fiel er über des Königs Schreiber her mit Schlägen unt Stößen und er jagete ihn von der Tafel. Denn er sey nicht würdig, zusammen mit ehrsamen Männern und deren Ehefrauen an einem Tisch zu sitzen, alldieweilen er garkein Schreiber sey sondern nur ein hergelaufener Bader, der bei Herrn Curts Schwägern im Pommerschen Knappe gewesen sey. Aber der Bader ergriff die Flucht nach Tangen hinüber, wo er sich an ein vorbeisegelndes Schiff heranschrie; doch um alles das scheerete sich Herr Curt gar wenig, denn die Braut war ihm nunmero sicher.

Doch also hatte es sich in Richtigkeit zugetragen: Schiffer Curt war in Oslo gewesen und hatte daselbst einen Holsteiner Georg von Bregentvedt getroffen, der Rittmeister war und dem Statthalter im Kriegshandwerk beystand. Aber Georg von Bregentvedt und Curt kannten einander von Teutschland her unt dieser Georg war ein rechter Spitzbube mit unterschiedlichen lustigen Einfällen und dieser hatte Curt zu besagtem Schelmenstreich verholfen. Aber den Bader überredeten sie dazu, daß er ihn ausführe.

Der alte Claus Matthiasson zog alsobald hinüber nach Kopenhagen, um vor seinem König Klage zu führen wider Curt, allwo er auch zu dreyen Malen audience erhielt und der König gerieth bei jedem Male in außerordentlichen Zorn. Aber er scheint es wohl über andern Dingen wieder vergessen zu haben; sintemalen auch Herr Curt mechtige Landsleute bei Hofe hatte. Indessen gingen die Gelder, mit welchen Claus Matthiasson sich versehen hatte, zur Neige, und Curt hatte »das Gut« an sich genommen und verweigerte ihm des weiteren Geld zu senden, wie er auch allen denen drohete, so ihm beistehen würden. Und da Claus Matthiasson obendrein noch einen Brief von seiner Tochter erhielt, heimlicherweise mit einem Yachtschiffer gesandt, worin zu lesen stand, daß sie ein Kind unter dem Herzen trüge, während Curt sich mit anderen Weibern auf dem Gut und in der Stadt herumtriebe, da meinte Claus, es lohne sich nimmer, daß er heymkehre. Und niemand hat mehr nach ihm gefraget. Aber Claus Matthiasson war von dänischer Herkunft und ein edler Mann.

Dazumalen war das Gut ein unermeßlich großes Rittergut mit vielen Gerechtsamen und Herrlichkeiten, so wie dem Eigentumsrecht am Elb etliche Meilen stromaufwärts. Denn sämbtliche Waldungen und Gehöfte gehörten dazumal dem Gute. Und ein großes Ziegelwerk legte Curt am Ufer des Flusses an und ließ dazu viele Holländer herbeykommen. Auch eine Schiffswerft hat er in späterer Zeit angelegt, die der Stadt zu großem Gewinn gewesen. Er errichtete auch ein ungemein kunstreiches Sägewerk, desgleichen man nie zuvor gesehen.

Sodann zog Herr Curt an den dänischen Hof zum König, welcher dazumal der allergroßmächtigste Erbfürst und Herr, der jetzt hochselige König Christian V. war, um mit Hülfe seiner mechtig fürnehmen Landsleute bei Hofe die königliche Huld und Gewogenheit zu erlangen. Auch er erhielt zu verschiedentlichen Malen audience und belustigte den König durch seine große Leibesstärke und durch seine ganze Persönlichkeit. Er sagte dem König in aller Unterthänigkeit, es sei von Alters her Brauch gewesen, daß der König, wo falls er einmal die Gegend mit seinem hohen Besuche zu beehren geruhe, auf dem Gute Herberg nähme. Schon zweyen Königen habe das Gut als Schlafstätte gedienet, hochseligem König Christian IV. sogar zwey Mal. Und erwarte er in aller Unterthänigkeit dieselbe Gnade. Der König schlug solche Bitte nicht ab. Doch hatte Curt bey all diesem den Hintergedanken, dadurch wieder in seine adeligen Rechte, die sein Vaterland ihm abgesprochen, eingesetzt zu werden. Und er zog wieder heym und beschloß in seinem Übermut, das das alte Haus auf dem Gut, trotzdem es in jeglicher Hinsicht ein ausgezeichnetes Haus war, geräumig und köstlich ausgestattet, doch abgerissen werden müsse und an dessen Statt ein Schloß erbauet würde, zu Ehren des Königs, so selbiger käme.

Und sothane Absicht führte er alsobald aus. Und da es ihn gelüstete, das Haus Hans Fürst, gen Sanct Marien über, am Marktplatz, zur Wohnstatt zu haben, dieweilen das Schloß im Bau befindlich war, so verjagte er ohne Umschweife besagten Hans Fürst daraus, bis daß sein eygen Schloß unter Dach und Fach war. Doch also ging dieses zu: Er untersagte allen Seeleuten und Handwerksmännern und Fischern, auch nur eine Elle oder ein Litermaß oder einen Schoppen daselbst zu kaufen. Denn der gemeine Mann war stets auf Seiten Curts gewesen, solange er in der Statt geweilet hatte. Liederliche Seeleute und ihre Spießgesellen sind nicht dem Landmann gleich. Sie beten jeden an, der Macht über sie hat. Sie sowohl wie auch ihre Vorväter haben sich zu aller Zeit zu Wasser wie zu Land hunzen lassen. Sie fühlen sich nicht wohl, ohne commandieret, geschimpfet und geprügelt zu werden und das Lotterleben des Schiffers zu führen.

Aber gleichzeitig überließ Curt ihnen zu jener Zeit den Berg als freie Wohnstätte, desgleichen billiges Bauholz zum Bauen, also daß jetzt dorten am Berge eine ganze Stadt weit sichtbarlich ist, die von jedwedem einfahrenden Schiffe erschauet werden muß. Zuoberst auf dem Berge hatten die Lootsen sich einen Luginsland erbaut.

Man darf getrost sagen, daß ohne diese Volksgunst die er bei dem gemeinen Mann genoß, Curt und seine Sippe nimmer also herrschen und rumoren hätte können, so wie sie bis auf den heutigen Tag gethan haben. Je größere Gewalttätigkeiten sie begiengen, je höher stiegen sie in den Augen des gemeinen Mannes. Denn also ist dessen Art.

Auch konnte Curt darumb getrost alle Verbrechen verüben, ohne jemals Reugeld zu zahlen. Überhaubt hat er in seinem ganzen Leben niemals etwas bezahlt! Noch heute ist im Leumund das Sprichwort gebräuchlich, das er brauchte, so jemand von ihm Buße forderte: Jeg give dick bot i min rew, du verdammte Bauern-bonde (ich gebe dir Buße in meinem Hintern, du vermaledeiter Bauerntölpel). Denn er redete niemals unsere Sprache richtiglich und nannte Bauern-bonde jedweden Mann, auf den er wüthend war. Denn in seinem Heimatlande soll der Bauer sehr verachtet sein und nicht viel besser als ein Thier; weder Haus noch Feld gehöret ihm zu eigen, sondern er muß für die Herrschaft arbeiten mit seiner ganzen Familie. Davon kann nichts als der Todt ihn befreien; ganz wie in Dänemark.

Aber anbelangend jenen besagten Hans Fürst, so hatte selbiger nichts als seinen Handel und darumb mußte er ausziehen und nach der andern Seite des Marktes ziehen, in Siegfried Brandenburgs altes Haus, das zur Linken, denn er hatte zwei. Und mußte selbigen Ortes verbleiben, bis Herr Curt auf sein Schloß ziehen konnte.

So wie sothanes Schloß anjetzo ist, hat Curt es jedoch nicht erbaut. Er hat nicht den großen rechten Flügel und nicht die großen Nebengebäude errichtet. Auch hat er mit nichten die große Gartenmauer zu beiden Seiten bar en lassen; das hat sein Sohn gethan. Aber das große Haus mit der Treppe und dem Thurm, das hat er gebaut und die Allee zwischen den beiden Mauern, die hat Herr Curt angelegt; denn vordem war da nur ein Weg, und dieser führte nicht gerade hinunter, sondern rechts umb den Garten herum, wie noch heutigen Tages zu sehen. Gleichenfalls sind die Bäume zu beiden Seiten der großen Allee samt und sonders von Curt selbst gepflanzet; denn in solchen Dingen hatte er eine glückliche Hand, wessen er sich wohl bewußt war. Denn auch der größeste Teil des Gartens zu beiden Seiten, also wie er noch heute ist, ist von ihm gepflanzet worden und er ließ viele neue und werthvolle Baumsorten und köstliche Kräuter und Blumen aus Holland kommen, an welchen seine geisteskranke Ehefrau, wenn sie sich einmal ein weniges frey bewegen durfte, ihre Freude hatte; denn sie war blumenlieb.

Das Innere des Schlosses ist zum allergrößesten Theil auch nicht von Curt; denn was er dort einrichten ließ, das hat der Sohn, Herr Adler, in späterer Zeit umgeändert; denn also hieß dieser gleich dem mechtigen Seehelden Cort Adler. Es war eine Art Scherz von Curt, daß er seinen Sohn Adler nannte, sintemalen er sich selbst Curt genannt hatte und solcherart den Namen des Admirals umdrehte. Das Königsbett und die übrigen Meubel in der Königskammer, sowie selbige noch heute vorgezeigt werden, sind auch nicht von Curt. Was Herr Curt hierzu angeschaffet hat, das steht itzt in dem andern Raum links von der Diele; in dem Bette schlief Herr Adler selbst, und dort standen auch die Meubel. Aber für die Königskammer schaffete Herr Adler alles neu von Holland, indem er selbst mit seinen Schiffen von Kopenhagen dorthin fuhr und alles auswählete. Das war dasselbige Mal, als er auch die Tapeten kaufte, so jetzt das Zimmer des Königs neben dem Schlafraum zieren, sowie auch die große Carosse, von welcher später mehr. Dahingegen stammen alle Schildereyen in güldenen Rahmen aus Curts Zeit. Diejenigen im Rittersaal sind Copieen von den Bildern in seiner Väter Schlosse und stellen seine Ahnherren und Ahnfrauen dar.

Noch habe ich vergessen, vom Thurm zu berichten, welcher nicht fertiggestellt wurde, und auch von der Ursache hierzu. Der Bauherr, der den Bau von Anfang an geleitet hatte, war ein Meister aus der Statt Lübeck. Er ward der Sache überdrüssig, sintemalen er stets um Geld bitten mußte und reiste in aller Heymlichkeit von dannen. Herr Curt sezte ihm nach in einem Schnellsegler, der einem Dänen gehörte und gerade im Hafen vor Anker lag; doch erwischte er ihn mit nichten. Der zweite war von Holstein oder da so her. Curt hatte zu jener Zeit bei sich ein Weib von großer Lieblichkeit. Sie war eines flämischen Schiffers Eheweib und Curt hatte sie zu sich gelocket und lieferte sie ohne weiteres nimmer aus, also daß der Schiffer ohne sie fahren mußte. Den Baumeister ergriff eine heftige Liebe zu ihr, und sie zu ihm. Da aber mißhandelte Herr Kurt die beiden in grauenvoller Weise, und ließ sie gänzlich nackt auf den Markt herunterjagen. Später entflohen sie in einem Boot. Der Baumeister war jedoch halb todt geschlagen. Was aus ihnen geworden, weiß ich nicht.

Da verzichtete Curt auf den Thurm, welcher außerordentlich schwierig zu bauen war. Und es verlautete, das der König im selbigen Sommer zu kommen gedenke, da ließ Curt ein breites Dach darüberlegen und belegte dasselbe mit Ziegelsteinen auf übliche Weise. Und also steht der Thurm noch heutiges Tages, dieweil niemand jemalen wieder daran gerühret.

Herr Curt jedoch hatte sich in ganz außerordentliche Unkosten gestürzt um der großen Ehre willen, den König unter seinem Dache beherbergen zu dürfen. Dazumalen war das Gut annoch gesammelt. Zu jener Zeit waren die Höhen zu beiden Ufern des Elven und das Thal soweit als das Auge reichet, bedeckt mit mechtigem Tannenwald. Desselbigen gleichen auch die Inseln. Doch wurde dieses alles anders, als die Kaufleute in speterer Zeit den Wald mit Pfand belegten. Aber diese Pfandnahme begann bereits zu Herrn Curts Lebezeiten.

Nunmero stet zu vermelden von Curts übrigem Leben. Zuerst, daß seine Ehefrau von sehr früh an geisteskrank war. Sie war gar zart und fein anzuschauen und ihr war sein wildes Wesen zuwider, also daß sie es nimmer ertragen konnte. Da ließ er sie einsperren. Wir können noch heutiges Tages in ihrer Kammer an der linken Want die Merkmale und Fußspuren sehen vor der Thüre, allwo sie hinauswollte und nicht konnte. Ebenso können wir noch die Spuren der eisernen Stangen sehen vor dem Fenster, so Curt hatte einsezen lassen, einst da sie in den Garten hinabgesprungen war und sich arg zu Schanden gefallen hatte. Damals als nach Curts Todt seine Söhne in der Fremde verweileten, da konnten wir sehen, was sie auf die Wände ringsumher geschrieben hatte; denn Curt achtete dessen nicht und auch nicht die, so das Gut während der Minderjährigkeit und Abwesenheit der Knaben zu verwalten hatten. Jedoch die Söhne ließen die Schrift abwaschen. Auch ich sah die Inschriften, als ich zum ersten Mal als Studiosus aus der Statt hier heraufkam. Zumeist waren es Kirchenlieder aus dem Gesangbuch; aber auch Klagen und andre artige Einfälle, die mich von wegen ihrer Treuherzigkeit rührten. Solcherart von einer Multebeere so erfroren war. »Dieses ist das lieblichste Bild der Natur,« schrieb sie, und wahrlich habe ich speter oft so denken müssen. Denn besonders wenn das Eis an der Wurzel sizt und aufthaut, dann ist es wahr.

Aber eine Historie muß ich erzählen, so sich ereignete, da sie einmal helleren Geistes war und mit Sieur van Geelmnyden zur Tafel saß, Curts specieller Freund und ein launiger Herr. Plötzlich kam der Wahnsinn über sie bei Tische und sie warf mit ihrem Messer nach Curt, rufend, daß heutigen Tages Einer ihr erzählt habe, es liefen hundert Kinder von Curt in der Statt herum. Da äußerte Sieur van Geelmnyden schelmisch: »Hochehrsame Ingeborg Curt, niemand soll mehr als die Hälfte von dem was böse Zungen erzählen, glauben.« Da lachten Curt und seine Gäste über die Maßen und um dieses Wortes willen beschenkte Curt Herrn van Geelmnyden, zu welchem er auch im übrigen großes fiduce hegte, mit dem Hause am Bommen, so noch heutigentages zu sehen ist, dessen zweites Stockwerk fast zwey Ellen vor dem ersten vorspringt, und das dicht neben dem des Vogten gelegen ist. Das Haus wurde zum Gedächtnis an jenes piquante Wort » bon mot« benennet, welches der Volksmund in »bommen« verwandelt hat, und so heißet anjetzt die ganze Gasse.

Kaum einen Frühling leerten sie auf dem Gute die Mistkuhlen, oder fuhren den Müll fort, ohne Kinderleichen darin zu finden. Denn er lebte ein liederlich Leben mit seinen Mägden und anderen Weibern die er zu sich herauflockete. Da einst der nunmero selig im HErren ruhende Bischof von Christiansand, Seine Hochwürden der Herr Magister Jersin seine Visitatio in der Statt verrichten sollte, kurze Zeit vor Curts Todt und Curt selbiges zu Ohren kam, bat er sich die Gnade aus, den Herrn Bischof beherbergen und bewirthen zu dürfen, solange selbiger sich in der Statt aufhielt, worauf der Bischof nicht nein antwortete. Da fuhr Curt ihm entgegen mit allen den Schiffen, so er zu Hause hatte und nahm den Pastor und den Rath der Statt und alle treuen Diener des Königs und viele Bürger mit sich und es ward ein großes Gastmahl auf dem Schiffe abgehalten für den Bischof, den sie bei dem Pastor der Nachbargemeinde abholten und selbigen auch mitnahmen. Und sie kamen alle in einem derartigen Zustande an Land, das es ein absonderlich Spectaculum war. Curt geleytete selbst den Bischof und da sie an die große Gutstreppe gelangt waren und hinaufschreiten wollten, da wandte der Bischof sich um und sagte, so daß alle es hören konnten, daß sei die größeste Treppe, die er im Lande gesehen. Da antwortete Curt: »Diese Treppe, Ew. Hochwürden, besitzet auch noch eine andere Eigenschaft; nemligen daß hinauf mehr Jungfrauen gegangen sind denn hinab.« Er sagte das in seiner teutschen Sprache, aber solches war der Sinn seiner Worte. Ich habe es von Einem, der dazumalen noch jungk war und an jenem Tage auf der Treppe stand mit dem Willekummsbier, welches Herr Curt nahm, dem Herrn Bischof credenzete und ihm überreichte. Doch der auf der Treppe stand, war der spetere Ratsherr Niels Ingebrechtson, dazumal Schreiber bei Curt. Dieser hat es erzählt.

Nun noch von Curts Ende. Das hat sich folgendermaßen zugetragen: Es war ein Bauer zur Statt gekommen mit seinem Eheweib und seiner Tochter, und wenngleich eine große Bauernversammlung um diese Zeit hierselbst stattfand, so waren doch diese die schönsten Frauenzimmer, die man je gesehen zu haben meinte und hiervon rühmte man bei einem Gastmahl auf dem Schlosse. Sonderlich preisete man die Schönheit des Mädchens. Und so geschah es, daß andern Tages der Bauer, sein Eheweib und seine Tochter auf dem Schlosse waren, geladen daselbst von Herrn Curt. Dort wurden sie wie hochfürnehme Gäste tractieret und in allen Räumen des Schlosses umhergewiesen. Doch das Ende davon war, daß etliche von Curts Spießgesellen sich dazu mischten und dadurch das Mädchen vom Vater abgetrennt und vergewaltigt wurde. Sie war über die Maßen beleidigt und bat den Vater, eine schwere Buße zu fordern. Und also that der Vater. Aber Curt scheerte sich um garnichts. Da führte der Bauer Klage wider Curt bei dem Vogte des Königs und dieser gab ihm den Rath, es sich ruhig gefallen zu lassen, sintemalen es noch keinem gelungen sey, von Curt je eine Buße zu erlangen; denn er habe die ganze hohe Obrigkeit auf seiner Seite, sowohl die geistliche, als auch die militairische und die weltliche, desgleichen auch viele Patrone bei Hofe. Auch auf den gemeinen Mann in der Stadt könne Curt mit Sicherheit rechnen.

Da aber gieng der Bauer allein zu Curt hinauf und er traf ihn auf dem Hof hinter dem Pferdestall, zwischen diesem und dem Kuhstall. Und daselbst forderte er seine Buße. » Jeg give dick Bot i min Rew, du verdammte Bauer-Bonde,« antwortete Curt. Es waren dieses seine gewöhnlichen Worte. Da packte der Bauer Herrn Curt und riß ihn von der Erde hoch. Sodann knöpfte er in aller Gemächlichkeit Herrn Curts Hosen auf und also nahm er sich seine Buße da wo Herr Curt ihn aufgefordert hatte, sie zu nehmen, in der Nähe davon. Und er nahm sie sich mit dem Messer. Es war niemand auf dem Hof als ein paar Weiber sambt einem alten Stallburschen. Der stand daneben und schaute zu. Curt wurde mit dem was ihm zugehörte, auf den Düngerhaufen geworfen. Daselbst endete Curt sein Leben.

Die Leute wollten es anfangs nicht glauben, sondern kamen selbst herauf, um zu sehen. Noch nie vordem hatte Curt gegen irgendwelchen Mann verloren, und nun war er wie ein kleines Kind in seiner Hilflosigkeit genommen worden. Und es wurde ein Gerücht laut, der leibhaftige Gottseibeiuns sei selbst gekommen, um das Strafgericht über ihn zu verhängen. Und das Gerücht bestätigte sich dadurch, dass der Bauer nirgend zu finden war, auch sein Name verschollen blieb und keiner der Bauern, die in der Statt anwesend waren, ihn kannten. Aber Bauern wissen zu schweigen; sicher ist es also nicht.

Wer es nun immerhin gewesen, so hatte doch GOttes des Allmechtigen Hand selbst ihn getroffen. Denn ohne Seinen Willen fällt kein Sperling vom Dache. Er hat sich Seine eigenen Wege von vorne herein vorgezeichnet, und darum sollte auch dieser große Sünder dort auf dem Düngerhaufen bei all seinen Kinderleichen enden. Gottes Name sei hochgepriesen in Ewigkeit, Amen!

2. Wie es sich des Weiteren zugetragen

Curts Söhne waren zu jener Zeit in Kopenhagen unter dem Magister Ove Gude. Mit ihm fuhren sie auch späterhin in fremde Lande, wo sie sich in Sonderheit lange bei Curts fürnehmer Sippe aufhielten. Adler kam dann später zurück, um das Gut zu übernehmen. Dahingegen blieb Max draußen und studierete die Gottesgelehrheit um seiner großen Rednergaben willen.

Herr Adler ließ sich selten in der Stadt blicken und niemalen promenierte er daselbst, anders als getragen in einer Portechaise mit Dienern in großer Liverey. Desgleichen auch auf dem Schlosse. Dort stand der eine Diener dem anderen im Wege und alle waren sie gekleidet wie zu fürstlichem Gastgelage. Herr Adler lebte ganz allein und ohne Umgang mit den ehrsamen Bürgern der Stadt zu pflegen, deren er geringe achtete. Herr Adler wurde mit der Zeit über die Maßen dick und hatte viele absonderliche Gewohnheiten und Faxen. So redete er nie mit den Leuten, sondern hörte nur zu.

Als er etliche Jahre auf dem Gute gelebt hatte und da seine mannigfachen Geschäfte, die von Thorbjörn Christophersen tüchtig geführt wurden, recht gut gegangen waren, reisete auch Herr Adler gen Copenhagen. Denn zu jener Zeit war Christian V., hochseligen Angedenkens, nicht mehr am Leben; aber sein Sohn, unser hoher Erbfürst und Herr, unser großmechtigster allergnädigster König Friedrich IV. (den GOtt der HErr mit Tugend zieren und lange erhalten mögen) war dazumalen unser Herrscher. Und vor Ihm that Herr Adler mit großer Beschwerlichkeit einen Kniefall und flehete ihn an, Seines hochseligen königlichen Herrn Vaters allergnädigstes Versprechen an seine eignen seligen Vater itzt zu erfüllen und unsere Stadt zu besuchen und alsdann unter seinem bescheidenen Dache zu weilen, wenn er Norwegen zum ersten Mal mit seiner hohen Person gastete, denn jeder Mann harre dort seiner. Doch unter all diesem lag die Absicht verborgen, wovon auch der König Kenntnis hatte, daß Herr Adler gern seinen hohen Adel, dessen sein Vater einst in seiner Jugend verlustig gegangen war, wieder erhalten wollte. Und der König geruhte allergnädigst ihm Gehör zu leihen.

Da reisete Herr Adler unverzüglich gen Holland; denn nun war nichts gut genug, von dem was der Vater herbeygeschaffet hatte. Von dieser Reise brachte er auch die große Carosse mit heym, die hier zum ersten Mal zu sehen war. Doch der Kriegscommissarius Herr von Synnestwedt meinte, es schicke sich nicht für Herrn Adler, in einer Carosse auszufahren, sintemalen er doch keine Standesperson sei, derohalben eine Klage eingereicht wurde. So geschah es, daß zum ersten Male von Copenhagen her anerkannt wurde, daß die Curte von sehr hohem Adel seyen. Seit jener Zeit fuhr er nie anders als mit Vorreiter und Jäger sowie Kutscher sambt zweyen Liverey-Dienern hinten auf. Weshalb er auch um der vielen Steigungen willen vierspännig fahren mußte. Doch die Stadt rechnete es sich zur Ehre an, einen Mann mit derartigen Gerechtsamen zu den ihren zählen zu dürfen. Herr Adler jedoch hatte in Copenhagen bemerkt, daß in dem Schloß, so der König alldort bewohnte, keiner von seinem Gefolge oder seinen Dienern hausete, sondern, wie ja recht und billig war, ganz allein Er und Seine hohe Familie. Wohingegen die königliche Bedienung und das königliche Gefolge in einem Flügel für sich selbst wohnten. So geschah es, daß Herr Adler den großen rechten Flügel an das neue Haus anbauen ließ, wie noch heute ersichtlich. Dort sollte des Königs Gefolge und Dienerschaft sich aufhalten, wenn der König kam. Doch Thorbjörn Christophersen, sein Vertrauensmann, weigerte sich auf das Bestimmteste, den linken Flügel auch noch hinzubauen zu lassen, und drohete, ihn zu verlassen. Darum steht noch heute der rechte Flügel allein. Auch durfte Herr Adler nicht den Thurm vollenden lassen. Denn um dieser großen Pracht willen waren noch mehr Pfänder auf dem Gute aufgenommen und Thorbjörn Christophersen vermochte keineswegs alle die Zinsen zusammenzubringen, so daß einige der kostbarsten Pfänder mit großem Verluste veräußert werden mußten. Ebenso wurden die Bauplätze in der Stadt an ihre jeweiligen Pächter verkauft, sobald diese sie einlösen konnten. So geschah es, daß das Gut zerstückelt wurde.

Herr Adlers jüngerer Bruder, Herr Max, der Pastor, war in Geschäften ein außerordentlich kundiger Mann und er half Thorbjörn Christophersen. Und wenn ich jetzt dazu übergehe, eine Schilderung des Herrn Max zu geben, so bitte ich GOtt verhüten zu wollen, daß ich nicht den Schild der Mißgunst gegen einen Verstorbenen erhebe, der mir in vielen Stücken Leides angethan. Denn ich war im selbigen Jahre in meiner Geringheit Küster und Kantor von Sanct Marien Hierselbst geworden; doch will ich nicht die kostbaren Blätter füllen mit all unseren Streitigkeiten anbelangend den Krug, der auf der Versteigerung nach Herrn Curts Tode gekauft worden und mir erbmäßig zugegangen war oder mit dem Zwist, so entstand, als ich an Herrn Maxens Stelle, der sich an jenem Tage durch Trunk unpäßlich fühlte, die Predigt aus des Doktor Martinus' Buch lesen sollte und Herr Max auf die Kanzel kam und mich zu Boden warf. Dies alles soll nunmero für mich mit dem Schleyer der Vergessenheit bedeckt sein, sintemalen er jetzt unter der Erde ruhet. Also nicht darum geschieht es, daß ich jetzt hier die Wahrheit über ihn niederzeichne. Sondern darum auf daß die kommenden Geschlechter erfahren sollten, wie wurderbarlich des HErren Wege sind gewesen mit diesem Geschlecht. Auch daß es klar ersichtlich und offenbarlich wäre, wie unserer Statt mehr denn andere unter Gottes schirmender Hand gestanden, da er sie so sichtbarlich mit seiner Huld bedacht, indem er ihre Plagegeister vernichtete.

Von jenem Tage an, da Herr Max hierher kam, dominierete und regierete er seinen leiplichen Bruder sambt alle auf dem Gute, desgleichen auch die Kirche und alles was dazu gehörte und auch die gantze Statt. Er war noch weit schlimmer denn sein Vater, Herr Curt, sintemalen er ein gelahrter Herre war und mit großer Klugheit und vieler Geschicklichkeit sowohl Personen als wie auch Dinge nach seinem Belieben drehen und wenden konnte. Er war auch ein gar gewaltiger Mann auf der Kantzel. Damalen als das grauenvolle Unglück geschehen, daß Sanct Marien niederbrannte, entzündet durch des Himmels Blitz, uns allen zur Mahnungk, wie andrerorten in diesem meinem Manu scriptum berichtet worden, da predigete Herr Max den gantzen Sommer jeglichen Sonntag auf dem Markte von einer Erhöhung auf das Volk herab. Und da kunnte mann ihn vernehmen über die gantze Statt; ja sie stunden selbst draußen im Haafen und hörten ihn und in den Fenstern auf Tangen allwo sie jedoch nur die Stimme, nicht aber die Worte vernahmen. Ja ein Schiff wurde hereinbuxieret und hat mir der Schiffer selbst erzählt, wie sie alle draußen vom nördlichen Sund aus der Statt her ein Geschrey vernommen wie von einem Weib in Kindesnöten und sie wußten nicht was es sey. Denn Mannesstimme klingt aus großer Entfernung gleich der des Weibes. Darum sey es zu Herr Maxens Ruhme gesagt, daß es zu seiner Zeit allen einen heilsamen Schrecken gab, in die Kirche zu gehen und das er auch nimmer duldete, das man von dorten ausblieb. Alsdann nemlich fragte er von der Kantzel herab nach demjenigen so ausgeblieben war, oder suchte sie in ihren eigenen Häusern auf, weshalb die Kirche auch zu keiner Zeit so besucht gewesen wie zu der seinigen. Der gemeine Mann hing sonderbarerweise an ihm wie einst an seinem Vater. Denn er würdigete sie des öfteren, ihren Hochziten und Begräbnissen beyzuwohnen und ihr Bier zu kosten als wie auch ihnen nützliche Ratschläge in allen ihren Angelegenheiten zu erteilen; denn er war ein hochverständiger Mann und kannte sie alle bey Namen, Männer wie Weiber. Er unterwarf sich mit der Zeit die gantze Statt, also daß niemand in jenen Tagen etwas zu eigen bekam ohne dem Pastor davon das ihm Gebührende zu erstatten; auch durfte nirgend geschlachtet oder gebrauet werden, ohne daß der Pastor seinen Segen dazu gab. Und war da ein Armer, der ihn mit nichts anderem zu beschenken wußte, so war es doch Fisch zum Wenigsten. Auch durfte in jener Zeit niemand, ob hoch oder niedrig, seine Tochter vermehlen oder sich in anderer Weise verändern, ohne vorerst Herrn Maxens Rat zu erbitten. Und sofern gute Gaben und andre dunkle Vergünstigungen insgeheim zur Stelle geschafft wurden, konnte gar mancher durch Herrn Max erreichen, was auf andre Weise zu erreichen unmöglich war. Das weiß ich; denn ich erzehle was ich weiß und nicht was ich nicht weiß. Wo einer wider seinen Willen war, den konnte er verfolgen und Plagen bey Tag und bey Nacht, ihn sambt seinem Hause und seiner gantzen Sippe, sowohl durch Obrigkeit, weltliche und militairische, als wie auch durch Freunde und Freundes Freunde, ja sogar herab bis nach Kopenhagen. Wie es beyspielsweise dem Carl Brandenburg am Markte ergangen. Der hatte eine Tochter, Christiane, welche stolz von Sinn war, aber wunderschön. Da Herrn Maxens erstes Ehegemahl gestorben war, begehrete er sofort der hulden Christiane als Eheweib; doch sie wollte mit nichten, und der Vater gab ihr nach, ob er gleich voll großer Ängste war. Da ward Carl Brandenburg geziehen des Handels mit gesetzlich verbotenen Dingen; später ward er verklaget, falsche Maaße zu brauchen und endlich der Gotteslästerung. Von dem Letzteren erlösete ihn der Todt. Darauf kam der Sohn von Frankreich nach Hause; er ward alsobald in Kriegsdienste gesandt und niemand hat seitdem je etwas von ihm erfahren. Zu der Zeit, als die Obrigkeit mit ihren Verfolgungen wider Carl Brandenburg begann, da war er der reichste Mann der Statt. Doch da er starb, war der Tochter nur noch so viel geblieben, das sie sich zu einem Bauern auf dem Lande verdingen konnte. Dort lebt sie noch heutiges Tages. Viele ähnliche Dinge ereigneten sich, also das niemand ihm zuwider sein durfte. Doch mitunter kam es auch der Statt zu Gute, so zum Beyspiel daß niemand zu jener Zeit einen Proceß anlegen durfte, sondern seine Sache dem Pastor vorführen mußte, worauf dieser sie dann selbst entschied. Desgleichen auch da die neue Kirche von Sanct Marien erbauet werden sollte, so jetzt gemeiniglich die Kreuzkirche genannt wird, da geschah das in allen Stücken nach seinen Angaben und unter seiner Leitung, also das er als der wahre Baumeister muß genannt werden, weshalb auch dieses Prachtwerk der Statt zur Ehre und ihm zum ewigen Andenken stehen möge. Die Kosten waren freylich über die Maaßen groß und alle kamen sie seinem Bruder zu Statten; alldieweil vom Gute alle Materialia in Stein und Holz sowie auch alles andre auf dem Handelswege herbeygeschaffet wurde. Aber Herr Max samblete Gelder und that dieses so als ob die Statt vom Feinde occupieret sey und gebrandschatzet werden solle. Denn ich alleine – wenn ich bedenke und überrechne, mit was ich alles herausrucken gemußt, so verstehe ich nicht, wie ich mich herausgefunden. Denn er war fürwahr ein schrecklicher Mann. Er paßte jedwedes Schiff ab, indem daß sein erster Gang jeden Morgen nach der Herberge war, um nachzusehen wer gekommen und also viele Male des Tages und da mußten sie pflichten. Jedweder Fahrende, ob Mann oder Weib, so er erfragt, mußte zur Kirche beysteuern. Einmal auf der Herberge der Sarah Andersens, der Witwe, welche eine Wirtshaus für seefahrende Leute hielt, wäre er fast übel davongekommen. Denn sie verwarnete ihre Logierenden sobald sie ihn kommen sah, und sie krochen auf den Speycher oder hinab in den Keller auf daß sie sich verbärgen. Denn keiner konnte seiner Überredungskunst sowie seinen Drohungen zuwider sein. So auch der reiche Heinrich Arendt aus der Statt Lübeck. Selbiger war hier von wegen des Schiffes, das ihm seeräuberisch genommen und sodann allhier verkauft worden war. Er kannte sehr wohl Herrn Maxen von früherer Zeit her und verkroch sich auf dem Dunkelboden. Jedoch Herr Max war bereits gewöhnet an derley Praxis und kroch ihm nach. Doch sintemalen und alldieweil er über die Maßen gewichtig war, so brach die Stiege unter ihm entzwey und er glitt hinab und blieb feststecken in der Stiege. Da aber fuhr ein groß Donnerwetter über Sarah her und mußte selbige mit einer großmechtigen Summa zu der neuen Kirche herausrücken, anstatt des reichen Herrn Arendt. Dieser wollte ihr nichts ersetzen, sondern hielt sie lange Zeit hin mit allerley Geschwätze, also daß sie nichts bekam, welches sie mir oftmalen unter strömenden Thränen repetiret hat.

Bemeldete Sarah Andersens, die Witwe starb übrigens am selbigen Tage und zur selbigen Stunde wie Herr Max. Ich habe des öfteren und gründlich spintisiret und meditiret, um herauszufinden, welches wohl GOttes tiefe Absicht hiermit gewesen sey und andere desgleichen. Aber es wäre uns Menschen nicht gut, so alles von uns schwachen geringen Sterblichen verstanden würde.

Doch also trug es sich zu mit Herrn Maxens Tode. Im Anfang da er hier war, da vermochte er alles, was er trank, bey sich zu behalten. Das aber that er speter mit nichten. Und wenn er vull war, dann war er gefährlich für die Frauenzimmer und diese mußten sich wohl zu hüten verstehen vor ihm. Und so war es einmal auf dem Schlosse, daß er seinen Bruder gezwungen hatte zu einem großen Gastgelage, wie er ihn gemeiniglich zweymal im Jahre zu einem solchen zu zwingen wußte, eines zu Neujahr und eines gegen Sanct Johanni. Und dieses war zu St. Johanni. Doch ehe ich berichte was dabey sich zugetragen, muß ich erzählen, daß es auf dem Gute sehr finster ist in dem Gange hinter der großen Treppe, zumal wenn die Doppelthüren beyde geschlossen sind. Und damals waren sie geschlossen wegen eines Sturzregens mit Sturm, wie er des öfteren an unseren Küsten haust. Da griff Herr Max in der Dunkelheit fehl und konnte die Ane Trulstochter, des Carstens am Bommen seine nicht von der Nille Mänstochter, des Ratsherren Pawel seine unterscheiden, dieweilen beide gleiche rote Kleider von Druckkattun trugen. Das war im Gang im Halbdunkel. Aber der, so die beyden kannte, der kann es wohl verstehen. Denn mit der Ratsherrentochter war nicht zu spaßen, ja sie erdreistete sich sogar, ein groß Geschrey zu erheben, und es entstand großer Lärm und Aufsehen. Der Ratsherr gieng zum Hausherrn und dieser kam und redete mit seinem Bruder und sagte, das ihm dieses Treiben in die Seele zuwider sey und das Max nicht eher aufhören würde, bis er sie noch alle ruinieret habe. Nie hatte jemand früher so viele Worte von Herrn Adler gehört; aber alle fanden sie wohl erwogen und passend. Doch Herr Max ließ sich das nicht gefallen, sintemalen er im Priestergewand dastand, da es kurz nach Mittag war. Und darum stürtzte er sich auf seinen Bruder, also daß Herr Adler, welcher übermäßig schwer war, die Balance verlor, und erst gegen die Wand, sodann aber zu Boden fiel, indem er beide Male mit dem Haupte schwer aufschlug. Von dem Tage an war Herr Adler nicht mehr bey Verstande und es währte nicht lange, so war er todt.

Da nahm Herr Max das Gut zu Eigen für sich und seine Erben. Aber als er dortselbst einzog, war er von Stund an wie besessen. Er glaubte sich von Geistern verfolget. Er sagte, es sey der Geist seines Bruders und der seines Vaters und seiner Mutter und unterschiedliche andre Geister. Er fant keinen Nachtschlaf vor ihnen und zog daher von Zimmer zu Zimmer das ganze Haus herum und schrie und predigte gegen sie mit großer Gewalt. Auch duldete er nicht daß die Fenster geschlossen seyen; denn dort sollten die Geister hinausgetrieben werden. Doch man mußte am Fenster zur Wache stehen, auf daß er sich nicht selbst hinausstürze. Die Leute konnten ihn bis unten in die Stadt lärmen und schwadroniren hören, als wäre er in heftiger Prügeley begriffen. So entstand das Gerücht, daß Herr Max mit dem Bösen kämpfe und daß selbiger alle die Geister auf ihn gehetzet habe. Ja es wurde allerorten gesagt, Herr Max habe all sein Lebtag in allen seinen glücklichen Unternehmungen den Teufel zum Diener gehabt. Nun wollte der Teufel dafür seine Seele haben; denn die Zeit war um. Doch Herr Max wollte dem Bösen ein Schnippchen schlagen mit Hülfe der allgewaltigen Kraft seines Wortes und durch allerley Pfaffenkünste überhaubt. Also kämpften sie mitsammen aus allen Leibeskräften bey Tag und bey Nacht; denn Herr Max mußte allezeit auf dem Posten sein, auf daß er nicht überlistet werde. Die ganze Statt lief auf dem Markt zusammen und noch näher heran, um zu hören. Groß Entsetzen hatte alle gepackt, doch in aller Stille. Auch war es nicht möglich, einen Geistlichen aufzutreiben, trotzdem jedweden Tag nach beiden Seiten nach einem solchen geschicket wurde. Sie waren wie weggeblasen. Also war da niemand, so Herrn Max wider den Teufel hätte beyspringen können durch des Wortes Macht.

Da leuchtete es eines Abends mit übermäßig hellem Schein aus allen Fenstern des gantzen Hauses, so als stünde es in Flammen. Aber Anders vom Rathause, auch Anders Rotnase genannt, wollte gerade hinauf mit einem Schreiben und kam von der Statt her gegangen. Er hörte in der Allee schon den armen Mann schreyen mit heiserer Stimme; denn itzt hatte er keinen anderen. Und Anders sah Feuerflammen über dem gantzen Haus und mitten darin sah er den Bösen quer über dem gantzen Hause liegen bis auf Herrn Maxens Fenster herab und sagen: »Jetzt mußt du mit, Max!«

Anders ging nicht weiter, sondern lief eilends nach der Statt zurück. Als er schreyend auf dem Markt ankam, erzählte er, was er gesehen und gehört. Und er ward besessen gleich Herrn Max selbst und er mußte ebenfalls eingesperrt und festgebunden werden.

Nun wurde allen ersichtlich, wer am letzten Ende doch gewonnen habe. Und alle harreten des Ausganges. Am Tage darauf starb auch gantz richtig Herr Max; doch ruhig und klaren Geistes, welches viele baß verwundene. Ja, er gab durch Zeichen zu verstehen, daß er in seiner Mutter Kammer wollte, um daselbst zu sterben. Und kaum war er dort hineingebracht, so kam auch gantz unerwartet der Pastor Thomasius unt er betete für Herrn Max unt bedienete ihn mit dem heil. Sacrament des Abendmahls dort im selbigen Raum. Und er sang für ihn und betete so inniglich und Herr Max vermochte nun auch zu beten, doch nicht mit lauter Stimme. Da starb er in demselben Bett, in welchem seine selige Mutter einst entschlafen war. Die, so um ihn waren in der letzten Stunde, hörten, wie in selbiger Stunde die Glocken der von ihm erbaueten Kirche zu läuten begannen. Also daß man doch noch im Zweyfel sein mag, wer von ihnen beiden schließlich die Überhand gewonnen, er oder der Teufel.

Ich möchte wünschen, ich besäße die Gabe eines großen Scribenten, also daß ich diesen Mann in all seiner Stärke so zu schildern vermöchte, wie er war. Denn so wie er in seinem lebendigen Leben gewesen, das kann keiner sich vorstellen, der nicht unter ihm gelebet, und zwar durch viele Jahre, als wie ich. Noch heute träume ich oftmalen des Nachts von ihm. Und dann erwacht meine Ehefrau von meiner großen Angst und Klage und erweckt mich unter der Versicherung, daß er ja todt sey. Aber dann bin ich gemeiniglich in Transpiration gebadet von oben bis unten. Er war zu dreyen Malen verehelicht und wollte sich gerade zum vierten Male beweiben, als er starb. Ich habe mit allen dreyen geredet, denn ich war ja von Amtes wegen des öfteren in jenem Hause. Da klageten sie mir ihre bittre Noth, die Eine nach der Andern. Denn er wollte alles gemacht haben und alles auf einmal. Ich brauche hier nicht meine eigenen Worte, sondern Aadel Knutstochters ihre, die sein zweites Ehegemahl war. Sie verstarb um Mariä Verkündigung. Doch kurz zuvor saß sie in dem großen Stuhl in der Grünen Kammer und berief mich zu sich hinein; denn sie hatte mich in der Küche gehört. Sie war sehr schwach und ihre Hände bebeten. Ich fragte, was ihr denn fehle. »Mir fehlt das,« sagte sie, »daß Er, der mein Eheherr ist, mich Zeit meines Lebens durch Kindergebären und andre Plagen geschunden und verbraucht hat gleichwie das Kleidungsstück, das seinem Leibe zunächst sitzt, also daß es jetzt aus ist mit mir. Gott weiß, wer die Nächste ist. Doch vielleicht weiß er es selbst schon.« Also sprach sie. Und kurze Zeit darauf starb sie. Doch die nächste war Birgitte Mogenstochter, des Apothekers seine. Und das war am dritten Mondstag nachdem Aadel selig in die Erde gebettet war, da ward schon die Hochzeyt gefeyert. Ob Birgitte gleich ein großes kräftiges Frauensbild war, so ward ihr doch so Angst, da sie vernahm, sie solle Herrn Max sein Eheweib werden, daß sie sich mit starken Getränken füllte, mit denen ihr Vater, der Apotheker handelte, sobald sie nur dazu gelangen konnte. Sie hat mir selber erzählt, wieso sie an den Trunk geraten und das war der Grund. Aber sie prügelte sich mit ihm, wenn sie betrunken war und machte ihrem Leben durch Gift ein Ende. Dieses hat mir der Doctore Mogens Mauritius später selber erzählt. Sie starb nicht am Trunke, wie dazumalen gesagt ward. Sie war drey Jahre mit ihm vermählt und gebar ihm in der Zeit zwey Söhne. Im Gantzen hatte er dreyzehn Kinder, ob er gleich nicht alt war, da er starb. Den Ältesten, Adler, schlug er taub auf beiden Ohren, so daß er wie ein Schwachsinniger umhergeht.

Selbst wenn ich mit meinen geringen Gaben schildern könnte, wie er gegen seine Gattinnen, Diener, Kinder und andre war, wenn die Wut über ihn kam, so würde ich es doch nicht tun. Denn wir sehen durch sein Hinscheiden, wie GOtt in Seiner unerforschlichen Gnade (ja wahrlich sie ist sehr groß) ihm vergeben hat. Und so sollten wir Menschenkinder, gegen welche er viel, unendlich viel weniger gesündiget hat, ihm nicht vergeben wollen? Alswie auch der Herr Bischof sagte in seiner herrlichen Gedächtnisrede. Denn sein Leichenbegengnis ward mit Pomp und Pracht gehalten. Ich habe dergleichen nie erschauet. Ich könnte etliche Pagina füllen, wollte ich alle die Standespersonen, so zugegen waren, aufzählen, sowie berichten, was bei dieser Gelegenheit im Laufe von dreyen Tagen geredet, getrunken und geschmauset worden. Er war eben auch bei seinen Lebezeiten mechtiger denn irgend ein anderer Mann, so in dieser Zeit existiret hat. Niemand außer dem König hatte etwas über ihn und andre zu sagen, solange er noch bei voller Kraft war. Auch war er kunstverständig; in der Weise nemligen, daß er den Leuten bei den schwierigsten Dingen, in Sonderheit bei ihren Rechenschaften und Bauereyen half. Ich habe von der Kirche erzählt aber ich habe vergessen zu erzählen daß er auch ein großmechtiger Schiffs Bauer zu gleicher Zeit war. Das konnte er schon seit der Zeit da er sich als kleiner Knabe auf der Werfft und später in Copenhagen auf den Inseln herumtrieb, wo er immer zusah, ebenso wie er auch im Auslande genau auf alle diese Stücke Acht gab. Das habe ich von ihm selbst gehört. Die Schiffe welche hier auf seines Bruders Werft zu seiner Zeit gebaut wurden, waren sämbtlich von ihm und etliche derselben wurden im Ausland mit großem Ruhm und Gewinst veräußert. Doch nun sey es genug von ihm.

Aus dieser Historie ist nun GOttes Führung deutlich ersichtlich, nemligen daß Curt, der Vater, die Mutter und sich selbst zu Grunde gerichtet, und Herr Max sowohl seinen Bruder als auch sich selbst sowie zum größesten Teile einen ältesten Sohn zu Grunde gerichtet hat. Es gereichete ihnen gar wenig zum Segen, was sie geraubet hatten von Claus Matthiasson und auch sonst von vielen anderen. Wie auch ihres Leibes Stärke sie nur zu Fall gebracht. Demnächst müssen wir bedenken, daß des Königs hoher und geheiligter Name in Eitelkeit und List gebraucht ward, um sich des Gutes allmeligen zu bemechtigen; doch daß zur Strafe es in demselben hochheiligen Namen wieder ist verscherzet worden.

Viele andre außer mir Unwürdigem sind da, so dieses bemerket haben. Denn da der Ratsherr Niels Ingebrechtson, der vorhin benannte, in Copenhagen war, um sich um das Zollverwalteramt allhier zu bewerben, da sagte er es zu dem Beichtvater des Königs, den er kannte. Und da Niels beim König zur Audience vorgelassen worden, da folgte der königliche Beichtvater ihm und bat ihn, vor dem König freimütiglich zu repetiren, was er ihm ehestens erzählet. Und da nun der König in aller Richtigkeit vernahm, wie es zugegangen, daß das Gut in Curts Hände gekommen und was dessen Ruin verursachet, nemligen daß zu beiden Theilen des Königs hoher Name unschuldiglich Gevatter gestanden, da geruhte der König in Gnaden dem Erzähler sein Ohr zu leihen und nach etlichem Bedenken die Worte zu äußern: »Unser HErrgott ist listiger denn alle Schelme zusammen.«

Und dieses königliche Wort mache ich nun in aller Unterthenigkeit zu dem Meinigen, indem daß ich die Curt'sche Geschichte hinterlasse und mich auf andere Territoria begebe.«

* * *

Soweit der Chronist.

Um 1830 herum gehörten zum »Gute« noch folgende Teile: der Berg mit dem Laubwald, in dem die Nadelbäume sich wieder breit zu machen anfingen, die großen baufälligen Häuser, die ungeheuren Gärten mit der Mauer zu beiden Seiten der Allee, etwas unbebautes Feld zwischen den Gärten und der Stadt, sowie auch zu beiden Seiten. Ferner besaß das Gut irgendwo noch einige abgeholzte Triften.

Der damalige Besitzer, ein langer, dunkler Mensch in einer grünen Schürze bis auf die Füße herab, war Gärtner in seinen eigenen Gärten. Diese und ein paar Kühe waren seine einzige Erwerbsquelle.

Er war auch der einzige Überlebende des ganzen hierzulande ansässigen Geschlechtes der Kurte, und zudem war er Junggeselle.


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