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Vorwort

Schon von Jugend an hatte ich besondere Vorliebe für Jagd und Fischerei. Älter werdend, dehnte ich meine Jagdfahrten immer mehr aus. Freilich dauerte es lange, bis ich den Sprung von Siebenbürgens Bären und Hirschen auf afrikanisches Großwild wagte. Staunend stand ich 1925 im Wildparadies an der abessinischen Grenze zum erstenmal Hunderten von Antilopen gegenüber, die friedlich neben Giraffen und nicht weit von Büffeln und Krokodilen ästen. Was ich nicht für möglich gehalten hätte, traf ein: ich verlor die Freude am Schießen. Die Büchse brachte ich bald kaum mehr in Anschlag, immer seltener störte ich die afrikanischen Idyllen. Dafür fand ich bald Ersatz in der Arbeit mit Kino- und Bildkamera. Und wieviel schwieriger es ist, zu photographieren, als zu schießen, wird jedem Laien bei einiger Überlegung einleuchten. Mindestens zehnmal ist Gelegenheit zu einem guten Schuß gegeben, bevor es einmal gelingt, ein zufriedenstellendes Bild auf die Platte zu bannen, und Entfernung, Belichtung, Hintergrund, Bildausschnitt eine Aufnahme ermöglichen.

In Afrika lernte ich auch herrliche schwarze Menschen kennen, die dort, wo sie die Europäer noch mit dem Segen der Zivilisation verschont haben, ohne Hast ein glückliches und zufriedenes Dasein führen. Ein Leben, das dem Untergang geweiht ist, da es zu viele Edelmetalle und Diamanten in Afrika gibt und der Boden dieses Landes zu fruchtbar ist. Wir Europäer müssen daher die Eingeborenen »schützen«! Diesen Schutz halten aber die wenigsten aus. Was nützen die Bestrebungen der oft mit den Eingeborenen fühlenden Kolonisationsbeamten? Alle Eingeborenenkulturen sind dem Untergang geweiht, und in wenigen Jahrzehnten werden auch im Sudan die heute noch so selbstbewußten herrlichen Volksstämme zugrunde gegangen oder zu dienenden Sklaven der europäischen Beglücker geworden sein.

Als mein Plan, im Jahre 1927 Wildaufnahmen in der Gegend des Rudolfsees zu machen, vereitelt wurde, weil dieses Gebiet infolge von Eingeborenenunruhen durch die Engländer gesperrt worden war, entschloß ich mich kurzerhand, meine bereits sorgfältig ausgerüstete Expedition den Eingeborenen zu widmen, ohne Rücksicht auf ein sensationslüsternes Publikum naturwahre ungestellte Bilder des sterbenden Afrikas zu machen und Szenen aus dem Leben primitiver Menschen auf Film und Platte festzuhalten, die wahrscheinlich in wenigen Jahren nur mehr in Erinnerungen bestehen werden. So ist es mir vergönnt gewesen, elf verschiedene Volksstämme zu besuchen, 10 000 Meter Film und 1400 Photographien zurückzubringen, darunter Erstaufnahmen von drei Volksstämmen. Fast immer gelang es mir, zu photographieren, ohne die schwarzen Kinder merken zu lassen, daß sie beobachtet wurden, und man sieht es den meist lachenden lustigen Naturmenschen an, wie wohl sie sich fühlen. Einige wenige Tieraufnahmen – unter denen sich immerhin eine Reihe von Erstaufnahmen befindet – habe ich nur gemacht, wenn sich Zeit erübrigen ließ; mit Jagd befaßte ich mich selten. Eine Serie gefährlicher Tropenkrankheiten ließ mich manchmal an dem Gelingen meiner Aufgabe fast verzweifeln.

Bedrich Machulka aus Prag hatte es übernommen, meine Expedition zu führen, und hat diese schwierige Arbeit in vorbildlicher Weise durchgeführt. Ich selbst war, da mich weder ein Kinooperateur noch ein Chauffeur begleitete, mit Filmen, Photographieren, Chauffieren, Segeln und Aufzeichnen des Erlebten vollauf beschäftigt.

Dem außerordentlichen Entgegenkommen der englischen Behörden endlich habe ich nicht zuletzt das erfolgreiche Gelingen meiner Expedition zu verdanken.

Januar 1930.
Hugo Adolf Bernatzik


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