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Kobold

 

I

Die Krüge auf dem Kopfe kehrten die Mädchen von der Quelle ins Dorf zurück. Und dabei sangen sie und lachten und machten einen solchen Spektakel, daß man unwillkürlich an das frohe Gezwitscher der Schwalben denken mußte, wenn sie in hageldichtem Schwarm um die Wetterfahne eines Glockenturms flattern!

In der offenen Vorhalle der Kirche saß unter einem Wacholderstrauch der alte Gregor, der Älteste im ganzen Orte. Er zählte wohl schon an die neunzig Winter, hatte schneeweißes Haar, einen stets lachenden Mund, lustige Augen und etwas zittrige Hände. Als Kind hatte er Ziegen gehütet, als Bursche war er Soldat gewesen. Später hatte er das kleine väterliche Erbe übernommen und so lange den Acker bestellt, als die Kräfte dazu ausreichten. Dann hatte er sich zur Ruhe gesetzt und erwartete nun den Tod, ohne sich vor ihm zu fürchten, aber auch ohne sich nach ihm zu sehnen. Denn er verstand noch immer Witze zu erzählen wie kein zweiter. Und niemand kannte so wunderbare Geschichten und wußte Sprichwörter, Betrachtungen und fromme Lehren so geschickt anzubringen als der alte Gregor!

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Als daher die Mädchen seiner ansichtig wurden, eilten sie auf ihn zu, um ihn zum Sprechen zu bewegen; und in der Vorhalle der Kirche angekommen, fingen alle an, ihn zu bestürmen, er möge ihnen eine Geschichte erzählen ... eine kurze Geschichte nur, um die Zeit bis zum Dunkelwerden auszufüllen. – Die Sonne stand nämlich schon ziemlich tief, und die langen Schlagschatten der Berge krochen mit jedem Augenblick weiter in die Ebene hinab.

Der alte Gregor hörte die Mädchen lächelnd an. Sie nahmen sein Lächeln als Zustimmung, setzten die Krüge ab und hockten sich im Kreis um ihn nieder, so daß der Alte den Mittelpunkt bildete.

Er aber sagte zu ihnen:

»Ich werde euch keine Geschichte erzählen, obwohl ich mich gerade an einige erinnere. Sie sind nämlich für euch Irrwische viel zu ernst; ihr würdet doch nur mit halbem Ohr zuhören. Auch ist es schon viel zu spät; die Zeit würde nicht mehr ausreichen. Ich will euch aber dafür einen guten Rat geben.«

»Einen Rat?« riefen die Mädchen sichtlich mißgestimmt. »Ach, um Ratschläge anzuhören, sind wir wirklich nicht hergekommen! wenn wir danach Bedürfnis spüren, gehen wir zum Herrn Pfarrer!«

»Es könnte aber sein,« versetzte der Greis mit seinem gewöhnlichen Lächeln und mit seiner schwachen zitternden Stimme, »daß der Herr Pfarrer euch in diesem Falle keinen so passenden Rat zu geben imstande ist wie der alte Gregor. Er har soviel mit seinen Gebeten und Litaneien zu tun und wird wohl kaum bemerkt haben, was ich bemerkt habe: daß ihr mit jedem Tag frühzeitiger mit euren Krügen zur Quelle geht und mit jedem Tag später heimkehrt ...«

Die Mädchen sahen einander verwundert an; ein leiser Spott zuckte um ihre Lippen. Und ein paar, die hinter dem Alten standen, führten mit einer bezeichnenden Gebärde den Zeigefinger an die Stirn.

»Und was findet Ihr Böses dabei, wenn wir dort ein Weilchen mit unseren Freundinnen und Nachbarinnen plaudern?« fragte eins der Mädchen. »Oder hält man sich etwa im Ort darüber auf, weil sich die Burschen am Wege aufstellen, um uns Schmeicheleien zu sagen, oder sich anbieten, uns die Krüge bis zum Eingang ins Dorf zu tragen?«

»Gewiß hält man sich über all das auf!« gab der Alte dem Mädchen zur Antwort, das ihm im Namen aller die Frage gestellt hatte. »Eure Mütter und Großmütter wundern sich, daß heute die Mädchen nach derselben Quelle zum Scherzen und Schwatzen gehen, woher sie mit Zittern und Zagen und in größter Hast Wasser holten – und auch nur, weil man es ja anderswoher nicht holen konnte. Und ich halte es nicht für gut, daß ihr allmählich die Scheu verliert, die der Ort, wo die Quelle ist, allen Leuten einflößt; denn es könnte einmal geschehen, daß ihr dort vom Dunkelwerden überrascht werdet ...«

Der alte Gregor sprach die letzten Worte in einem so geheimnisvollen Ton, daß die Mädchen erschreckt die Augen aufrissen und ihn groß ansahen. Und halb belustigt, halb neugierig warfen sie ein:

»Vom Dunkelwerden! Ja, was geht denn dort im Dunkeln vor, daß Ihr so wichtig tut und so ängstlich und geheimnisvoll von etwas redet, das uns dort zustoßen könnte? Meint Ihr, daß uns dort die Wölfe auffressen werden?«

»Wenn sich der Moncayo mit Schnee bedeckt, treibt Hunger die Wölfe aus ihren Schlupfwinkeln, und dann kommen sie in Rudeln ins Tal. Mehr als einmal haben wir ihr scheußliches Geheul nicht nur in der Nähe der Quell, sondern sogar hier in der Dorfstraße gehört. Aber nicht die Wölfe sind die schrecklichsten Gäste des Moncayo: in seinen tiefen Schluchten, oben auf seinen einsamen, rauhen Gipfeln, in seinen Höhlen hausen teuflische Geister, die des Nachts an den Hängen in Scharen herabkommen und sich in leerstehenden Häusern einnisten, in den Tälern umherschwärmen und von Fels zu Fels springen, in den Bächen sich tummeln und auf den kahlen Zweigen der Bäume sich schaukeln. Sie sind es, die in den Felsspalten heulen, die jene ungeheuren Schneemassen zusammenballen und von den höchsten Klippen hinabrollen, so daß alles, was ihnen in den Weg kommt, zerschmettert wird. Sie sind es auch, die in regnerischen Nächten Hagelkörner gegen unsere Fensterscheiben werfen und als blaue Irrlichter über die Sümpfe huschen.

Beschwörungssprüche und das segensreiche wirken der Kirche haben diese Geister aus der Ebene vertrieben, so daß sie auf die unzugänglichen Kämme des Gebirges haben flüchten müssen. Unter ihnen gibt es sehr verschieden geartete Wesen, und sie nehmen die mannigfaltigste Gestalt an, um sich unseren Augen zu entziehen. Die gefährlichsten sind die, welche sich mit süßen Worten ins Herz der jungen Mädchen einschmeicheln und sie mit herrlichen Versprechungen betören. Man nennt sie: Kobolde.

Die Kobolde leben im Innern des Berges. Sie kennen alle unterirdischen Gänge; sie sind die ewigen Schatzhüter der Erde und bewachen Tag und Nacht die edlen Metalle und kostbaren Steine.«

Der Alte wies mit seinem Krückstock auf den Gipfel des Moncayo, der sich zu seiner Rechten düster und gigantisch vom violetten, dunstig verdämmernden Himmel abhob.

»Seht ihr?« fuhr er fort, »seht ihr jene gewaltige Masse, die noch immer vom Schnee gekrönt ist? In ihrem Innern also haben diese teuflischen Geister ihre Behausung. Das Schloß, das sie bewohnen, ist prächtig und schauervoll zugleich.

In eine jener Höhlen, deren Eingänge von dichtem Gestrüpp verdeckt sind und deren Gänge noch niemand bis ans Ende verfolgt hat, hat sich einmal vor vielen Jahren ein Hirte hineingewagt, der ein verirrtes Stück Vieh suchte. Als er wieder ins Dorf zurückkam, war er bleich wie der Tod; er hatte die Kobolde bei ihrem geheimnisvollen Wirken überrascht, hatte die giftige Höhlenluft eingeatmet und mußte seine Keckheit mit dem Leben bezahlen. Aber bevor er starb, erzählte er ganz erstaunliche Dinge ...

Wie er immer tiefer in die Höhle hineinging, geriet er schließlich in eine unterirdische Halle von riesiger Ausdehnung. Tausendfach verschiedene und höchst wunderlich geformte Felsgebilde, die großen Kristallen glichen, strömten ein phosphorisches Leuchten aus, wodurch die Räume von einem eigenartig trüben, phantastischen Licht erhellt wurden. Estrich, Deckenwölbung und Wände dieser weiten, von der Natur geschaffenen Hallen wiesen eine Zeichnung auf, wie sie nur der schönste Marmor hat, aber die Adern, die sie durchzogen, waren aus Silber und Gold, und, gleichsam von diesen glänzenden Adern eingefaßt, war dort eine Menge der kostbarsten Steine in allen Größen und Farben zu sehen. Dort gab es haufenweise Hyazinthe und Smaragde, Diamanten, Rubine und Saphire und was weiß ich, und viele andere unbekannte Steine, die auch er nicht zu benennen vermochte. Aber alle waren so groß und so schön, daß ihm vom Betrachten die Augen übergingen. Kein Laut von außen drang in die Tiefe der phantastischen Höhle; nur bisweilen hörte er das langgezogene traurige Klagen des Windes, der jenes Zauberlabyrinth durchwehte, ein verworrenes Geprassel der im Innern der Erde eingepreßten Flammen und das ferne Gemurmel von fließendem Wasser, das von irgendwoher schallte.

Allein und verloren in jener Unermeßlichkeit lief der Hirte, ich weiß nicht wieviele Stunden umher, ohne den Ausgang zu finden, bis er schließlich auf den Ursprung der Quelle stieß, deren Gemurmel er gehört hatte. Diese sprudelte aus dem Boden wie ein wunderbarer Springbrunnen, mit einem schaumgekrönten Wasserstrahl, der in prächtigen Kaskaden herabfiel und mit lieblichem Geplätscher durch die Felsspalten dahinrieselte. Um den Quell herum wuchsen nie gesehene Pflanzen, die einen mit breiten und dicken, die andern mit dünnen und langen Blättern, die wie flatternde Bänder aussahen. Halb verborgen unter dem feuchten Laub liefen seltsame Wesen umher, teils Menschen, teils Molche oder beides zu gleicher Zeit, denn sie verwandelten sich fortwährend. Bald sahen sie aus wie kleine, ungestalte menschliche Geschöpfe, bald wie feurige Salamander oder flüchtige Flammen, die über dem Wasserstrahl einen Reigen tanzten. Nach allen Richtungen sich hin und her bewegend, liefen sie als abstoßend häßliche Zwerge über den Boden, kletterten die Wände hinauf, wobei sie sich geifernd krümmten wie Echsen, oder tanzten wie Irrlichter über die Wasser dahin. Das waren die Kobolde, die Herren in jenen Hallen, die ihre fabelhaften Reichtümer zählten und versteckten ...

Sie nämlich wissen von allen Schätzen, welche von Habgierigen vergraben worden sind und nach ihrem Tode von den Erben vergeblich gesucht werden. Sie kennen den Ort, wo die Mauren vor ihrer Flucht ihre Kleinodien verbargen. Sie sind es, die nach jedem Schmuckstück fahnden, das verloren geht, nach dem Geld, das abhanden kommt – sie finden und rauben es, um es in ihre Höhlen zu schaffen, denn sie wandern auf unterirdischen Gängen, auf geheimen, unbekannten Wegen durch die ganze Welt. Und so haben sie alle Arten seltsamer und kostbarer Gegenstände bei sich aufgehäuft. Da gibt es Juwelen von unschätzbarem Wert, Perlenketten und Halsbänder aus den kostbarsten Steinen; goldene, mit Rubinen besetzte Krüge von antiker Form, ziselierte Kelche, kostbare Waffen, Münzen mit unbekannten Brustbildern und unentzifferbaren Inschriften – Reichtümer in so fabelhafter Menge, daß man sich davon kaum eine Vorstellung machen kann. Und all das funkelt und sprüht in tausend Farben und wirft einen so lebendigen Widerschein, daß man schier glauben muß, alles brennt, zittert und bewegt sich – wenigstens hat uns der Hirte das so geschildert!«

Hier machte der Alte eine Pause. Die Mädchen hatten anfangs die Erzählung des alten Gregors mit spöttischem Lächeln aufgenommen, dann aber still und andächtig gelauscht und warteten nun mit großen erstaunten Augen, halbgeöffneten Lippen und einem Gesicht, in dem Neugier und Teilnahme zu lesen stand, auf die Fortsetzung der Geschichte. Als es ihnen zu lange dauerte, unterbrach eine von ihnen die Stille und, unfähig sich noch zu beherrschen – so sehr war sie von der Beschreibung der fabelhaften Schätze begeistert, die der Hirte gesehen haben sollte – fragte sie:

»Na, und ... hat er sich denn nichts davon mitgenommen?«

»Gar nichts!« antwortete der alte Gregor.

»So ein Dummkopf!« riefen alle Mädchen einstimmig.

»Der Himmel war mit ihm im Augenblick der höchsten Gefahr,« fuhr der Alte fort. »Denn im selben Augenblick, als die Habsucht, die einen jeden in ihren Bann schlägt, seine Furcht zu zerstreuen begann, und der Hirte, verblendet durch den Anblick jener Juwelen, von denen ein einziger genügt hätte, ihn reich zu machen, schon die Hand nach einigen ausstreckte, da habe er, sagt er – und nun staunt über das Wunder! – in jener Tiefe und trotz des Lachens und Singend der Kobolde, trotz des Prasselns des unterirdischen Feuers, des Murmelns der Wasser und des Heulens der Winde – da habe er klar und deutlich das Läuten der Glocke vernommen, die in der Einsiedelei zu Unserer Lieben Frau vom Moncayo hängt – so deutlich, wie wenn er am Fuß des Hügels gestanden wäre, auf dem sie sich befindet!

Als der Hirte hörte, daß die Glocke das Avemaria läutete, fiel er zu Boden und rief die Mutter unseres Herrn Jesus Christus an. Und ohne zu wissen wie, fand er sich plötzlich außerhalb der Höhle, hingestreckt auf einem Wege, der ins Dorf führt, und so betäubt, als wenn er aus schwerem Traum erwacht sei.

Seit jener Zeit ist es einem jeden klar, warum die Quelle vor dem Dorfe in ihrem Wasser bisweilen etwas wie ganz feinen Goldstaub mit sich führt, und warum man spät abends in ihrem Gemurmel verworrene Laute hört – verführerische Worte, womit die Kobolde, die die Quelle schon an ihrem Ursprung bezaubern, arglose Zuhörer zu verführen trachten, indem sie ihnen Reichtümer und Schätze versprechen, um sie der ewigen Verdammnis zu überliefern.«

Als der alte Gregor soweit erzählt hatte, war es dunkel geworden und die Kirchenglocke läutete das Angelus. Die Mädchen bekreuzten sich ehrfürchtig, wobei sie leise ein Avemaria murmelten, und verabschiedeten sich dann vom alten Gregor, der ihnen nochmals den Rat gab, sie möchten ihre Zeit nicht mehr bei der Quelle verlieren. Eine jede nahm darauf ihren Krug, und still und nachdenklich verließen alle die Vorhalle der Kirche. Als sie schon ferne von der Stelle waren, wo sie den Alten getroffen hatten, und auf dem Dorfplatz standen, um sich zu trennen, sagte die Dreisteste und Entschlossenste von ihnen:

»Und ihr glaubt etwas von den Dummheiten, die uns der alte Gregor erzählt hat?«

»Ich nicht!« sagte eine.

»Ich ebensowenig!« rief eine andere.

»Ich auch nicht! Ich auch nicht!« fielen die anderen ein und lachten sich selbst wegen ihrer Leichtgläubigkeit aus.

Dann nahmen die Mädchen voneinander Abschied, gingen nach allen Richtungen des Platzes davon und verschwanden in den verschiedenen Straßen, die in den Platz einmünden.

Zwei von ihnen gingen langsam, wie zerstreute Personen zu gehen pflegen, miteinander durch eine dunkle enge Gasse. Sie waren die einzigen, die nicht den Mund aufgetan hatten, um die Glaubhaftigkeit des alten Gregor anzuzweifeln und zu verlachen. Denn die wunderbare Erzählung hatte einen solchen Eindruck auf sie gemacht, daß sie noch immer ganz verträumt dahinschritten.

Die Ältere der beiden, die ungefähr zwanzig Jahre alt sein mochte, hieß Martha und die Kleinere, die noch nicht das sechzehnte Jahr vollendet hatte, Magdalena.

Den ganzen Weg über sagte keine von ihnen ein Wort. Als sie aber vor ihrem Elternhause angekommen waren und die Krüge auf die steinerne Bank vor der Tür gesetzt hatten, sagte Martha zu Magdalena:

»Und du glaubst an die Wunder des Moncayo und an die Geister der Quelle?«

»Ja»,« gab Magdalena einfach zur Antwort, »ich glaube alles. Zweifelst du etwa daran?«

»O nein,« beeilte sich Martha zu entgegnen, »auch ich glaube alles, glaube alles, was ich nur zu wünschen glaube.«

 

II

Martha und Magdalena waren Schwestern. Seit frühester Kindheit Waisen, führten sie ein erbärmliches Leben bei einer Verwandten mütterlicherseits, die sie aus Gnade und Barmherzigkeit aufgenommen hatte und sie auf Schritt und Tritt mit ihrem Schimpfen und ihren demütigenden Worten das Joch empfangener Wohltaten fühlen ließ. Alles schien dazu beizutragen, das Band der Liebe zwischen den beiden Schwestern enger zu knüpfen, nicht nur durch die Fesseln des Blutes, sondern auch durch die des gemeinsamen Elends und Leidens. Und trotzdem bestand zwischen Martha und Magdalena eine dumpfe Eifersucht, eine heimliche Abneigung – verständlich nur dem, der ihre Charaktere vergleicht, die nämlich einander genau so entgegengesetzt waren wie ihre äußeren Erscheinungen.

Martha war groß von Gestalt, heftig in ihren Neigungen und von einer etwas tölpelhaften Wildheit im Ausdruck ihrer Empfindungen. Sie hatte noch niemals geweint und noch niemals gelacht – sie konnte überhaupt nicht lachen und weinen. Magdalena dagegen war stets bescheiden, liebevoll und gutmütig, und oft genug sah man sie wie ein Kind gleichzeitig lachen und weinen.

Martha hatte Augen – noch schwärzer als die Nacht, und zwischen den dunklen Wimpern sprühten bisweilen feurige Funken wie von glühenden Kohlen. Magdalenas blaue Augen, im goldenen Kranz ihrer blonden Wimpern, schwammen dagegen in einer Flut von Licht ... Und alles an ihnen stand im Einklang mit dem verschiedenen Ausdruck ihrer Augen. Marthas magerer, schlanker Körper, ihre eckigen Bewegungen, ihre blasse Gesichtsfarbe und ihr krauses, schwarzes Haar, das die Stirn beschattete und wie ein Samtmantel auf die Schultern herabfiel, bildeten einen eigenartigen Gegensatz zu dem kindlichen Gesichtsausdruck der kleinen weißen und rosigen Magdalena, deren blonde Zöpfe die Schläfen umrahmten, wie der goldene Nimbus den Kopf eines Engels ...

Trotz der unerklärlichen gegenseitigen Abneigung hatten die beiden Schwestern bisher in einer Art Gleichgültigkeit nebeneinander gelebt, die mit Eintracht und Liebe beinahe verwechselt werden konnte. Keine von ihnen hatte irgendwelche Zärtlichkeiten noch Bevorzugungen erfahren, um die sie die andere hätte beneiden können. Gleich groß war ihr Leid, gleich bedauernswert ihre Lage. Martha hatte sich in sich selbst verschlossen und ertrug alles in einem selbstsüchtigen, hochmütigen Schweigen. Und Magdalena, da ihr das Herz der Schwester nicht warm entgegenschlug, weinte still für sich hin, sooft ihr die Tränen ungewollt in die Augen traten.

Es gab kein Gefühl, das ihnen gemeinsam gewesen wäre. Niemals vertrauten sie sich ihre Leiden und Freuden – und trotzdem hatten sie das einzige Geheimnis, das sie im tiefsten Herzen zu verbergen suchten, gegenseitig erraten – mit dem wunderfeinen Instinkt des liebenden und eifersüchtigen Weibes ... Martha und Magdalena hatten nämlich ihre Augen auf einen und denselben Mann geworfen.

Die Leidenschaft der Älteren war ein hartnäckiges Begehren, wie es einem unbändigen, eigenwilligen Charakter eigen ist. Die Liebe der anderen glich jenem natürlichen, unbestimmten Bedürfnis nach Zärtlichkeit, nach irgendeinem Gegenstand zum Liebhaben, wie man es bei Mädchen in solchem Alter häufig findet, sie wenden daher ihre Liebe oft dem ersten besten zu, der ihnen in den Weg läuft.

Beide hielten ihre Liebe geheim, weil der Mann, dem sie galt, sich vielleicht über eine Neigung lustig gemacht hätte, die man bei solchen einfachen armen Mädchen nur als lächerliche Anmaßung auslegen konnte. –

In der Nähe des Städtchens stand auf einer Anhöhe, die die ganze Gegend beherrschte, eine alte, von all ihren Insassen verlassene Burg. An den langen Winterabenden erzählten die alten Mütterchen eine wundersame Geschichte von ihrer Gründung. Sie erzählten, daß eines Tages vor dem König von Aragonien, als er mit seinem Nachbarn im Kriege lag, sich schon aller seiner Hilfsmittel beraubt sah und, von seinen Anhängern im Stich gelassen, nahe daran war, den Thron zu verlieren, ein Hirtenmädchen aus der Gegend erschienen wäre und ihm das Vorhandensein unterirdischer Gänge verraten hätte, durch die man den Moncayo durchschreiten könnte, ohne von den Feinden bemerkt zu werden. Auch soll sie ihm zu einem Schatz schönster Perlen, kostbarer Edelsteine und Gold- und Silberbarren verholfen haben, mit denen der König seine Reiterscharen bezahlte und ein mächtiges Heer anwarb. Während einer ganzen Nacht marschierte er dann unter der Erde dahin, überfiel am nächsten Tage seine Gegner und vernichtete ihr Heer vollständig, wodurch er sich die Krone sicherte.

Nachdem er so einen bedeutenden Sieg errungen hatte, soll der König zu dem Hirtenmädchen gesagt haben:

»Bitte mich um was du willst! Ich schwöre, daß ich es dir unverzüglich geben werde – und sollte es auch die Hälfte meines Königreichs sein!«

»Ich habe keinen anderen Wunsch, als wieder meine Schafe zu hüten,« antwortete das Mädchen.

»Nein,« versetzte der König, »du sollst fortan meine Grenzen hüten!«

Und er gab ihr die ganze Grenzmark zu Lehen und ließ ihr in dem der kastilischen Grenze zunächst liegenden Dorf eine Burg erbauen, welche die Hirtin als ihren Wohnsitz bezog. Vorher schon hatte sie sich mit einem Günstling des Königs verheiratet, einem edlen, höfischen und tapferen Ritter, der selbst viele Burgen und Lehnsgüter sein eigen nannte ...

Des alten Gregors erstaunliche Geschichte von den Kobolden des Moncayo, von deren Geheimnissen die Quelle des Ortes murmelte, rief aufs neue die phantastischen Träumereien der beiden verliebten Schwestern wach und vervollständigte gewissermaßen die alte Geschichte von dem Schatz, den das Hirtenmädchen der Sage zufolge gefunden haben sollte. – Und dieser Schatz, der ihnen schon so manche schwere, schlaflose Nacht eingebracht hatte, tauchte nun wieder vor ihnen auf als ein Strahl einer neuen Hoffnung.

Am Abend nach der Begegnung mit dem alten Gregor plauderten alle Mädchen des Dorfes daheim von der wunderbaren Geschichte, die sie gehört hatten. Nur Martha und Magdalena bewahrten darüber tiefes Schweigen. Und auch unter sich tauschten sie weder an diesem Abend, noch am ganzen folgenden Tage ein einziges Wort über die Angelegenheit aus – über einen Gegenstand, der ihren Nachbarinnen so reichen Gesprächsstoff bot und auf alle mögliche Weise gedeutet wurde.

Als dann die übliche Stunde kam, wo die Mädchen Wasser zu holen pflegten, nahm Magdalena ihren Krug und sagte zu ihrer Schwester:

»Gehen wir zur Quelle?«

Martha gab keine Antwort, und Magdalena fragte noch einmal:

»Wollen wir denn nicht zur Quelle gehen? Schau, wenn wir uns nicht beeilen, geht die Sonne unter, bevor wir zurück sind!«

Schließlich rief Martha in kurzem, rauhem Ton:

»Ich mag heute nicht!«

»Dann gehe ich auch nicht!« versetzte Magdalena nach kurzem Schweigen und nachdem sie ihrer Schwester prüfend in die Augen geschaut hatte, wie um in ihnen die Ursache der Unlust zu erraten.

 

III

Seit einer Stunde ungefähr mochte die Schar der Mädchen bereits wieder zu Hause sein. Das letzte Leuchten der Dämmerung war am Horizont erloschen, und als es schon anfing, dunkel zu werden und immer dunkler, verließen Martha und Magdalena das Dorf, auf verschiedenen Wegen und ohne voneinander zu wissen, und schlugen beide die Richtung nach der geheimnisvollen Quelle ein ...

Allmählich erstarben des Tages Geräusche. Schon vernahm man nicht mehr die fernen Stimmen der Bauern, die, lustig singend zum Takt des Pflugbaums, der nachschleifend auf den Boden klappte, gleich vornehmen Herren auf ihren Gäulen nach Hause ritten. Bald verstummte auch das eintönige Schellengeläute der Schafherden und das Rufen der Hirten und das Bellen der Hunde, die das Vieh zusammentrieben, und vom Turm der Kirche verhallte der letzte Klang des Avemaria.

Nun herrschte das zwiefach erhabene Schweigen der Nacht und der Einsamkeit – jenes Schweigen, das mit allerlei leisen, seltsamen Geräuschen gefüllt ist, durch die es erst so recht fühlbar wird. –

Die Quelle sprudelte am Ende eines langen Pappelweges aus moosbedeckten Felsen hervor. Martha und Magdalena schlichen sich durch das Gewirr der Bäume und näherten sich der Quelle unter dem Schutze der Dunkelheit, ohne einander gewahr zu werden. Martha kannte keine Furcht; ihr Schritt war fest und sicher. Magdalena aber zitterte schon beim bloßen Rascheln der welken Blätter, die den Boden bedeckten und die sie beim Gehen aufwühlte ...

Als die beiden Schwestern vor der Quelle standen, begann der Nachtwind in den Kronen der Pappeln zu rauschen, und auf sein stoßweises Säuseln und Raunen schien das Wasser der Quelle mit gleichmäßigem, eintönigem Plätschern zu antworten.

Martha lauschte, ebenso wie Magdalena, aufmerksam dem beständigen Murmeln zu ihren Füßen und dem Wehklagen über sich, das leise anschwoll und erstarb und wieder stärker wurde und im Laubwerk verhallte. Je später es wurde, desto mehr begann dies Klingen und Singen in der Luft und im Wasser eine seltsame Erregung in den beiden Mädchen zu erzeugen, eine Art Schwindel, die ihren Blick verwirrte, ihr Ohr mit Sausen und Summen erfüllte und ihnen die Sinne völlig zu benehmen drohte.

Wie man im Schlaf bisweilen aus weiter Ferne verworrene Laute vernimmt, so war auch ihnen, als hörten sie zwischen jenen nicht zu bezeichnenden Geräuschen etwas wie das Lallen eines Kindes, das nach der Mutter verlangt und sie noch nicht nennen kann ... Anfangs klang es wie Worte, die sich mehrmals wiederholten und immer die gleichen blieben ... Dann folgten zusammenhanglose, wirre Sätze ohne Sinn und Verstand ... Schließlich begannen der Wind in den Bäumen und das von Stein zu Stein hüpfende Wasser klar und deutlich zu reden.

Und sie sprachen also:

Das Wasser

Weib! ... Weib! ... höre mich an ... höre mich an, komm näher, um mir zu lauschen! Ich will dir die Füße küssen, während ich zitternd dein Bild auf dem dunklen Grunde meiner Wasser spiegele. Weib! ... höre mich an, denn mein Plätschern und Murmeln sind Worte.

Der Wind

Mädchen! ... reizendes Mädchen, hebe den Kopf und laß deine Stirne mich küssen, während ich spielend dein Haar zerzause. Reizendes Mädchen, lausche mir, denn auch ich kann sprechen und will dir zärtliche Worte zuraunen!

Martha

O sprich, sprich! Ich werde dich verstehen, denn wie deine dunklen Worte schwebt auch mein Geist in süßem Taumel ... Sprich, geheimnisvoller Bach!

Magdalena

Ich fürchte mich ... Nachtwind, du Duftgeschwellter, kühle mir die brennende Stirn! Sage mir etwas, das mir Mut einflößt, denn mein Geist ist schwankend!

Das Wasser

Ich bin durch den finstern Schoß der Erde geflossen, hab' das Geheimnis ihrer wundersamen Fruchtbarkeit ergründet und kenne nun alle die Erscheinungen ihres Innern, wo die künftigen Schöpfungen keimen. – Mein Plätschern wirkt auf den einen einschläfernd, auf den andern aber erweckend. Dich wird es erwecken, da du es verstehst!

Der Wind

Ich bin die Luft, welche die Engel mit ihren gewaltigen Flügeln aufwirbeln, wenn sie die Himmelsräume durchfliegen. Ich balle im Westen die Wolken zusammen, die der Sonne ein purpurnes Bett bereiten, und treibe bei Tagesanbruch die dichten Nebel zuhauf, die in Tropfen zergehen, die Blumen mit Perlenregen besprengend. Meine Seufzer sind Balsam; öffne dein Herz, auf daß ich es fülle mit seliger Wonne!

Martha

Als ich zum ersten Male einen unterirdischen Bach murmeln hörte, war es nicht vergeblich, daß ich mein Ohr auf die Erde legte und lauschte. In ihr rauschte ein Geheimnis, das ich endlich sollte begreifen lernen!

Magdalena

Ihr Seufzer des Windes, ihr seid mir bekannt! wenn ich in den Tagen der Kindheit mich in den Schlaf geweint hatte, wart ihr es, die mich liebkosten, und euer Rauschen klang mir wie die Stimme einer Mutter, die ihr Kind in den Schlummer wiegt.

*

Das Wasser verstummte für einige Augenblicke, und nichts war vernehmbar als zwischen Felsen dahinfließendes Wasser. Auch der Wind schwieg, und sein Rauschen war nichts anderes als Rauschen bewegter Blätter. So verging eine Weile, und danach begannen sie wieder zu sprechen.

Und sie sprachen also:

Das Wasser

Wenn ich mich Tropfen um Tropfen durch die Goldader einer unerschöpflichen Erzgrube geseiht und ein Bett aus Silber durchlaufen habe; wenn ich, wie über Kieselsteine hinweg, über eine unzählige Menge Saphire und Amethyste gehüpft bin, statt Erde und Sand, Diamanten und Rubine mitschleppend: so bin ich mit einem Geist eine geheimnisvolle Ehe eingegangen. Bereichert durch seine Macht und durch die verborgenen Eigenschaften der Edelsteine und Metalle, von dessen Atomen ich gesättigt bin, vermag ich dir zu verschaffen, was du auch immer begehrst. Ich besitze die Kraft eines Zauberspruches, die Macht eines Talismans und die Eigenschaften der sieben Steine und der sieben Farben.

Der Wind

Über die Felder komm' ich gestrichen, wie die Biene, die mit ihrer Beute duftenden Honigs in den Stock zurückkehrt, so führe ich Mädchenseufzer mit mir und Kindergebete, Worte der keuschen Liebe und Wohlgerüche der Narden und der weißen Waldlilien. Ich habe auf meinem Fluge nur Düfte aufgelesen und nur die Klänge von Harmonien. Meine Schätze sind nicht mit der Hand zu erfassen, doch geben sie Frieden der Seele und das wunschlose Glück der heiteren Träume.

*

Unwillkürlich entfernte sich Magdalena mehr und mehr von dem Felsgestein, aus dem das Wasser hervorsprudelte, während ihre Schwester sich wie verzaubert über den Rand der Quelle neigte, um besser lauschen zu können.

Beide hatten die Augen weit aufgerissen; die eine sah hinab ins Wasser, die andere zum Himmel empor.

Und wie Magdalena die hellen Sterne über sich blinken sah, rief sie aus:

»Das sind die Strahlenkränze der unsichtbaren Engel, die über uns wachen!«

Währenddessen sah Martha den zitternden Widerschein der Sterne im Wasser und sagte:

»Das sind die Goldteilchen, die das Wasser in seinem geheimnisvollen Laufe mit sich reißt!«

Die Quelle und der Wind, die zum anderen Male auf eine Weile verstummt waren, fingen abermals an zu sprechen und sagten:

Das Wasser

Folge meinem Laufe aufwärts bis zum Ursprung; wirf die Furcht von dir ab wie ein grobes Gewand und wage die Schwelle des Unbekannten zu überschreiten! Ich habe erraten, daß dein Geist von dem Wesen der höheren Geister ist. Vielleicht haben Neider dich einst aus dem Himmel gestoßen und dich dem Rot des Elends überliefert. Ich aber sehe auf deiner düsteren Stirn das Siegel eines edlen Stolzes, der dich unser würdig macht, des Kreises der starken und freien Geister ...

Komm, ich will dich Zauberworte lehren von solcher Kraft, daß sich die Felsen vor dir öffnen, wenn du die Worte sprichst, und dich mit den Diamanten beschenken, die in ihrem Schoße liegen wie die Perlen in den Muscheln, welche die Fischer aus dem Grunde des Meeres holen ...

Komm, ich werde dir Schätze bescheren, auf daß du ein glückliches Leben führen kannst! Und später dann, wenn der Kerker zerbricht, der dich gefangen hält, wird dein Geist dem unseren gleichwerden; denn auch sie sind nur Geister von Menschen ... Und alle vereint werden wir sein die treibende Kraft, der Schöpfung lebendiger Strahl, der sie durchpulst wie ein Strom in unterirdischen Adern!

Der Wind

Das Wasser leckt Erde und lebt im Schlamm; ich aber streife durch luftige Himmelsräume und fliege im unendlichen Weltenraum umher. Folge den Regungen deines Herzens; laß deine Seele gleich einer Flamme aufsteigen, gleich des Rauches blauen Spiralen! Weh dem, der Flügel hat zu fliegen und in die Tiefen hinabsteigt, um Gold zu suchen, – er, der sich aufschwingen könnte zur Höhe, um Liebe zu ernten und edle Empfindungen!

Lebe du verborgen wie das Veilchen! In einem befruchtenden Kuß werde ich dir den Lebenskeim einer Schwesterseele bringen, werde den Nebelschleier zerreißen, damit dir niemals ein Sonnenstrahl fehle, deiner Freude zu leuchten. Lebe verborgen und bleibe unbekannt! Wenn dein Geist sich vom Körper löst, werde ich ihn in roter Wolke den Gefilden des Lichtes zuführen!

*

Es schwiegen der Wind und das Wasser, und der Kobold erschien.

Der Kobold war ein ganz winziges, durchsichtiges Kerlchen, eine Art Lichtzwerg, einem Irrlicht vergleichbar. Er lachte aus vollem Halse – aber so leise, daß es kaum zu hören war. Von Fels zu Fels hüpfte er, und das mit einer Geschwindigkeit, daß man schwindelig wurde vom Hinsehen. Bald tauchte er ins Wasser, in der Tiefe funkelnd wie ein tausendfarbiger Edelstein. Bald kam er wieder an die Oberfläche, strampelte mit den Beinen und reckte die Arme und wackelte mit dem Kopf mit einer geradezu fabelhaften Schnelligkeit.

Martha sah den Kobold und folgte mit wirrem Blick all seinen sonderbaren Bewegungen. Und als sich schließlich der teuflische Geist wie eine tanzende Flamme, mit flatterndem, funkensprühendem Haar, in die schluchtenreiche Wildnis des Moncayo stürzte, fühlte sie sich mit unwiderstehlicher Macht angezogen und rannte hinter ihm drein in rasender Jagd ...

Währenddes rief der Wind, sich langsam entfernend: Magdalena! Magdalena! ... Und Schritt für Schritt, wie eine Nachtwandlerin, die im Schlaf von einer Freundesstimme geleitet wird, folgte Magdalena dem Winde, der seufzend über die Felder dahinstrich.

Danach wurde alles wieder still in dem dunklen Pappelweg, und Wind und Wasser rauschten und plätscherten wieder wie alle Tage.

 

IV

Bleich vor Erregung kehrte Magdalena ins Dorf zurück. Auf Martha wartete man die ganze Nacht vergeblich.

Am Nachmittag des nächsten Tages fanden die Mädchen am Rande der Quelle einen zerbrochenen Krug. Es war Marthas Krug ... von ihr aber hat man nie wieder etwas erfahren.

Seitdem gehen die Mädchen des Dorfes so zeitig Wasser holen, daß sie mit der Sonne aufstehen. Einige haben mir erzählt, daß man Marthas Geist, der gefangen in der Quelle lebt, des Nachts schon öfters habe weinen hören. Ich weiß nicht, wie weit man diesem letzten Teil der Geschichte Glauben schenken darf ... denn es muß gesagt werden, daß seit jenem Tage niemand mehr gewagt hat, nach dem Angelusläuten den Pappelweg zu betreten.


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