Ludwig Bechstein
Rheinsagen
Ludwig Bechstein

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Wormser Wahrzeichen

Am westlichen Portal des uralten Domes Unser lieben Frauen zu Worms ist als ein steinern Bildwerk ein Weib mit einer Mauerkrone zu erblicken, reitend auf einem seltsamen vierfüßigen Tiere. Das wird eines der Wahrzeichen der Stadt Worms genannt und ist vielfach ausgedeutet worden. Manche meinen, das Frauenbild stelle die triumphierende Kirche dar; andere meinen, es sei Brunhild, die Gemahlin des Austrasierkönigs Siegbert, über welche, nachdem sie bereits 80 Jahre alt geworden, ein furchtbares Strafgericht, ihrer Herrschsucht wegen, gehalten ward. Drei Tage lang wurde Brunhild gemartert, alsdann auf ein Kamel gesetzt und allem Volke zur Verspottung darauf umhergeführt, endlich an eines wilden Hengstes Schweif gebunden und dahingeschleift über Stock und Stein.

Weiter zeigt sich auf freier Straße westlich vom Dom nach St. Andreaspforte zu ein Felsstück; das warf vom Rosengarten, einer Insel im Rhein, ein Recke bis herein in die Stadt. Ohnweit davon ward eine Stange aufbewahrt, die war groß wie ein Weberbaum, war spitz und 23 Werkschuh lang. Das soll, wie die Sage geht, der Weberbaum gewesen sein, mit welchem der Hörnerne Siegfried den Drachen erschlug, wie im Volksbuche zu lesen ist. Eine andere Riesenstange, 66 Werkschuh lang, ward vordem im Dome aufbewahrt. Auch hat man lange Jahre hindurch bis zum großen Brande zu Worms des Hörnernen Siegfrieds Grab gezeigt.


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