Ludwig Bechstein
Rheinsagen
Ludwig Bechstein

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Des Schweizervolkes Ursprung

In alten Zeiten, bevor noch das Schweizerland bevölkert und bebauet war, saß ein starkes und zahlreiches Volk in Ost- und Westfriesland und im Lande Schweden. Einst kam über dieses Volk große Hungersnot und leidiger Mangel. Da beschlossen die Gemeinden, weil der Menschen bei ihnen zu viel waren, daß von Monat zu Monat eine Schar auswandern sollte; wen das Los treffe, der müsse fort, bei Strafe Leibes und Lebens. Als dies immer noch nicht fruchtete und dem Mangel steuerte, ward ferner beschlossen, daß jede Woche der zehnte Mann ausgelost werden und hinwegziehen solle. So geschah es, und es zogen an die 6000 Schweden fort und 1200 Friesen mit ihnen. Sie ernannten sich Führer, deren Namen waren Suiter, Swei und Hasius, ferner Restius, Rumo und Ladislaus.

Sie fuhren auf Schiffen den Rhein hinauf und hatten unterwegs manchen Kampf zu bestehen. Endlich kamen sie in ein Land voll hoher Gebirge, allda bescherte ihnen Gott Wonne und Weide, und sie bauten sich an, wirkten und schafften. Ein Teil zog ins BrünigBrunegg (Aargau), ein anderer an die Aar. Ein Teil Schweden, die aus der Stadt Hasleauf Bornholm (gehört jetzt den Dänen) stammten, erbauten Hasliin Luzern und wohnten darin unter ihrem Führer Hasius. Restius erbaute die Burg Resty bei Meiringenin Bern und wohnte allda. Swei und Suiter gaben der Schweiz und dem Volke den Gesamtnamen. Auch das Bernerland gewannen sie. Sie waren ein treu und gehorsam Volk, trugen zwilcheneGewebe mit zweiteiligen Fäden Kleider, nährten sich von Fleisch, Milch und Käse, denn des Obstes war damals noch nicht viel im Lande. Sie waren stark wie die Riesen, und Wälder auszureuten war ihnen so leicht wie einem Fiedler sein Geigenspiel. Alte Lieder sagen aus, wie ihrer ein Teil unter den Führern Ladislaus und Suiter gen Rom gezogen und dem römischen Kaiser tapfer beigestanden gegen hereingebrochenes Heidenvolk und wie beide Führer vom Kaiser Feldzeichen empfangen, Adler und Bären, ein rotes Kreuz und ein weißes, und wie sie dann diese Zeichen nach der neuen Heimat getragen.

Immer noch erzählen sich auf ihren Bergen die Alpenhirten, wie die Vorfahren ins Land gezogen und wie die Berge eher bewohnt gewesen seien als die Täler. Erst ein späteres, jüngeres Geschlecht habe die Talgründe bebaut, wie das auch in andern Bergländern geschehen ist.


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