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Zweiter Aufzug

1

Venedig. Ärmliches Zimmer im Hause des Galeratus. Ritter Plesse, in der Rüstung des alten Herrn Hug, liegt auf dem Bette ausgestreckt. Galeratus kramt hinter des Ritters Sachen an der Seite des Bettes, Galerata kommt mit Wein und Früchten auf einem Teller.

Galerata: Was suchst du, zartes Männchen?

Galeratus: Halt's Maul, altes Hackebrett, der eiserne Kerl wacht sonst auf.

Galerata:: Ich glaube, du willst stehlen, wo der Kaiser sein Recht verloren hat.

Galeratus: Er hat, was mir fehlt, und darum ist es mein, will mir seinen Dolch leihen, der hat eine schöne, scharfe Klinge, meiner wird mir schon ein bissel schartig.

Galerata: Was hast du heut zu schneiden, gibt's guten Tagelohn?

Galeratus: Freilich, und dabei geht nichts von der Seligkeit verloren, es sind ein paar Türkenkehlen; eine gehört zu einem Halbtürken, einem deutschen Grafen von Gleichen, die zweite einer egyptischen Braut, einer reichen Sultanstochter aus Egypten; erst heute sind sie hier angekommen und suchen Wohnung. Mein Kamrad, der Lazi, wird sie mit Kanarienvögeln, die schön singen, in unser Sackgäßchen locken, da laure ich, bis er pfeift.

Galerata:: Ich will für dich beten, daß du gut triffst.

Galeratus: Gib mir lieber einen Schluck da aus der schöngeschliffenen Flasche, wo kommt die her?

Galerata: Eine Gabe von der Markesa Spira, der reichen Witfrau, an den Eisernen da; die soll er beim Aufwachen finden, damit er in Liebe an sie denkt.

Galeratus: Ich will auch an sie denken!

(Er nimmt die Flasche und trinkt sie aus.)

Galerata: Beim heiligen Markus, was machst du, mein Männchen? Das ist gewiß ein Liebestränklein gewesen, hab gestern die alte Petronella bei der Markesa gesehen, auch lächelte sie so schelmisch, als sie den Trank mir übergab. Männchen, Männchen, was wird aus dir werden, wie ist dir, wohin laufen deine Beine? zur Markesa? Mit einem Brotmesser schneide ich dein Herz aus und laß es am Licht platzen wie ein Kramtsvogelherz, wenn du mir ungetreu wirst; du kennst mich, Männchen, daß ich nicht lange spaße.

Galeratus: Wie kann ich wissen, du Sadrach, was in dem Tranke steckt; der Teufel sitzt drin, das merke ich deutlich, aber von der Markese merke ich noch nichts, nein, wahrhaftig, aber ganz sakrisch wird mir zumute; ist mir doch, als ob du nur einen dürren Mohnkopf auf deinem langen Hals zu sitzen hättest.

Galerata: Es sind feine Körner in dem Mohnkopf, gute Kniffe, hab oft für dich denken müssen, du Dummkopf. Und schrei nur nicht so, der Ritter wacht auf.

Galeratus: Mag er aufwachen, will ihn mit seinem eignen Dolche zur Ruhe legen. Was du nur vorhast mit dem Büffel? Er ist uns schon viel schuldig.

Galerata: Sei nur ruhig, die Markesa hat alles doppelt für ihn bezahlt, er weiß es aber nicht; wenn sie ihn sonst nicht fangen kann, läßt sie ihn in den Schuldturm bringen.

Galeratus: Was der Mann ihr für Umstände macht; ich glaube, er ist klüger, als wir meinen, er will, daß sie ihn heiratet, darum macht er sich so rar.

Galerata: Nein, ich glaube, er hat eine andere Liebschaft hier, aber der Teufel weiß mit wem; alle Nacht geht er aus, wenn der andre junge Herr kommt und sich zu Bette legt, und dann muß er nicht viel schlafen, denn am Morgen schläft er so fest, daß ihn nichts erwecket.

Galeratus: Der Harnisch ist ein schönes, weiches Nachtröcklein, der muß eine Haut haben wie Pergament, um das auszuhalten.

Galerata:Er hat nichts anders anzuziehen, die Kleider hat er schon alle heimlich verkauft, ich seh alles. Aber es pfeift – geh – und wenn du bei der Arbeit heut nicht geschickt bist, so kratz ich dir die Augen aus und koche dir Schierling in der Suppe.

Galeratus: Du wärst der Haare, ich glaub's; dem Teufel schnitte ich heute den Schwanz ab, solch ein Feuer ist mir aus dem Wein in die Knochen gefunkelt. (ab.)

Galerata: (brummelt ein Gebet und spricht zwischen): Wecken muß ich ihn doch wohl. – Wer weiß, was in den Früchten für Liebesaffären stecken? – Möchte auch wohl so was kosten, aber mein grober Mann ist der Mühe nicht wert, daß ich mich in ihn verliebe. – Edler Ritter, wacht auf und feiert den St. Nikolaustag, ich bring Euch schöne Gaben!

Plesse: Laß mich, wo ich jetzt bin, – doch nun ist's aus.

Galerata: Seht nur, die schönen Früchte schickt Euch wieder die schöne Frau Markesa, und heute sollet Ihr zu ihr kommen, sie hätte Euch viel zu sagen.

Plesse: Ich mag das freche Weib nicht sehen, ich mag nichts von ihr nehmen, geh, wirf's in die Lagune, sie will mich wie den heiligen Antonius versuchen.

Galerata: Seid Ihr ein Heiliger, so tut Wunder, schafft Geld für Wohnung, Kost, Bedienung. Eure Boten kommen nicht, guten Rat verschmäht Ihr, die liebe Frau kränkt Ihr, – sie ist die reichste Witwe in Venedig, hat einen Palast hier und große Güter auf dem festen Lande. Sie hat so viele seidne Kleider noch vom sel'gen Mann in ihren großen Schränken, sie hat sie mir gewiesen, Ihr brauchtet nicht mehr im Harnisch zu schlafen.

Plesse: Fort, Kupplerin! – verhungern will ich lieber, als meinen Leib verkaufen.

Galerata: Der Teufel setzt auf armer Leute Stolz den harten Pferdehuf: so hungert denn, ich bring Euch heute nichts zu essen, wenn Ihr die schönen Früchte so verschmäht. (ab.)

Plesse: Fremdartige Gewalt des Geldes, gleich
Dem Tode lähmst du edle Unternehmung,
Und wie des Sarges Bretter fühlen wir
An Haupt und Fuß des Erdenlebens Schranken.
Wenn mich der Gräfin Ehre nicht betrübte,
Mich führte diese Prüfung zu dem Himmel.
Ich höre Tritte auf der Straße, ja,
Sie kommen schon, die Teufel, die mich quälen,
Die Krämer mit den Rechnungen ins Haus.
Es war ihr Namenstag, ich mußt' ihn feiern,
Die kleine Schuld drückt mich so schwer; – sie nahn,
Gewissensbissen gleich, wenn's kaum vollbracht, –
Der Lärm wird größer, ganz gewiß, sie kommen,
Die Schergen, ins Gefängnis mich zu schleppen.
Ein Sprung vom Fenster in den Wasserspiegel,
Und jede Erdennot erstickt in mir,
Doch sie, der Leiden und der Wonnen höchste,
Sie nährt den Mut, sie lehrt mit Sorgen kämpfen
Und still die eigene Natur zu beugen,
Wenn wild in jeder Sehne schwillt Gewalt!
Fort durch die Hintertür und durch den Hof!
Vielleicht, daß ich den Kaufmann überzeuge,
Ich sei derselbe, den er einst gastiert,
Als er im kaiserlichen Zuge kam!
Vielleicht ist's Ängstlichkeit, nicht böser Wille,
Daß er mir nicht wie damals Geld erbietet.
Es naht der Lärm! Wo ist mein guter Dolch?
Die Scheide leer! – nahm ihn die Gräfin mit?
Der Arme ist in dieser Mordstadt sicher. (ab.)

Galerata: (ringt ängstlich die Hände): Beten soll ich – dem Tölpel, meinem Manne, muß ich fluchen – der Wein, der Hexenwein, der ist an allem Unheil schuld – den Kopf so rot wie ein Hahn, den Mund beschäumt wie ein Rasender, so ging er auf den Türken ein, da mußte wohl der Stich ihn fehlen – und doch hätte er ihn noch erwürgt – da kommt das junge Herrchen, unser Ritterchen Bernhard, und macht ganz keck ihn mit dem Degen los – hier soll das Bürschchen sich wälzen! o ich habe noch Rattengift für solchen naseweisen Knaben! – Sie kommen, ich muß doch lauern, ob er meinen zweibeinigen Esel erkannt hat.

(Die Gräfin von Gleichen, in dem Harnisch des Ritters Plesse, führt den Grafen von Gleichen, der noch als vornehmer Egypter gekleidet ist, in das Zimmer.)

Gräfin: Hier seid Ihr sicher, setzet Euch, Ihr seid
Vom langen Ringen mit dem Mordknecht ganz erschöpft.
(Vor sich) Ein schwerer Ringen übt wohl meine Seele,
Nicht länger zweifle ich, es ist mein Graf;
Im fremden Kleid erkenn ich seine Züge
Und in den deutschen Worten seine Stimme.
Das Unerwartete, das ich mir suchte
Und nimmermehr zu finden hoffen durfte,
Es übereilt mich mit Entscheidung heut:
Darf ich des Bruders Namen noch gebrauchen,
Soll ich mich gleich ihm zu erkennen geben?
(Laut) Wird Euch jetzt besser? mühsam atmet Ihr.
(Vor sich) Ich muß ihn schonen, noch ist er zu schwach.

Graf: Fast steht mein Leben still, das ich Euch danke,
Mir wär' gesünder, trüg' ich eine Wunde.

Gräfin: Es schien ein Rasender, es schien kein Mörder.

Graf: Doch wollte er mich morden, seht, hier steckt
Der Dolch im Pelz, der Pelz hat mich geschützt,
Der ungeschickte Mörder ließ ihn stecken,
Dann suchte seine Wut mich zu ersticken,
Ich fand mich von dem Stärkern überrungen,
Da brachte Euer Degen mir die Luft.

Gräfin: (Vor sich): Die Wunderstunde! meines Ritters Dolch!
Hat Liebe ihn zu solcher Tat verführt,
Wer möchte dann der Liebe noch vertrauen!
In dieser Stunde pflegt' er sonst zu schlafen.
Hat er des Grafen Ankunft schon gewußt?
Er war schon gestern abend so bedenklich!
Wär' nicht der Dolch in meine Hand gegeben,
Ich möchte schwören, daß er schuldlos sei.
(Laut) Ihr seufzet tief, was fehlt Euch, teurer Herr?

Graf: Ich denk an die Geliebte, die mein harrt,
Sie wird erschrecken, höret sie die Botschaft,
Sie wartet mein gewiß mit Ungeduld.

Gräfin: Wo meint Ihr, daß die Treue Eurer wartet?
(Vor sich.) Ich darf mich nicht enthüllen, wie es scheint,
Wohl mag auch ihn die Zeit bezwungen haben.

Graf: Beim Dogen wartet die geliebte Amra,
Er hat als Seltenheit uns aufgenommen,
Der lästigen Beschauung war ich müde
Und suchte mir ein still vertraulich Haus.

Gräfin: Wenn Ihr gestärkt, so eile ich zu ihr,
Doch sagt mir Euren Namen, daß sie Euch
Erkennt in meiner Nachricht und mir traut.

Graf: Sagt ihr, der Graf von Gleichen sei nicht krank
Und würde unverletzt zu ihr heimkehren.

Gräfin: Der Graf von Gleichen! Graf von Gleichen! wirklich?

Graf: Ihr nennt mit Freuden meinen Namen, Ritter;
Wie neu, wie überschwenglich selig ist's,
Dem ersten Menschen wieder zu begegnen,
Der meines würd'gen Namens Kunde trägt:
Erlaubt mir diese freudige Umarmung.

Gräfin: Mein teurer Graf von Gleichen, seid Ihr's wirklich?
O daß wir uns zum Heile wiedersehen.

Graf: Ihr sprecht mich an aus vielgeliebten Zügen,
Seid Ihr verwandt der edlen Frauen mein?

Gräfin: Ich bin ihr nah verwandt, erkennt Ihr mich?
Euch aufzusuchen hatt' ich ihr geschworen,
Zum Himmel muß ich meine Blicke wenden,
Ich bin schon heut am Ziele meiner Reise.

Graf: So seid Ihr Bernhard wohl, mein lieber Schwager,
Den ich als Kind so oft aufs Streitroß setzte,
Das er mit seinen Beinchen kaum umspannte?
Ihr nickt mir zu, ich hätt' Euch gleich erkannt,
Wenn die Erschöpfung mich nicht niederbeugte.
Ach, wären's noch die alten guten Zeiten,
Wo ich verging in ganz geheimer Liebe,
Weil ich den Plesse vorgezogen sah
Von Eurer Schwester, bis sie sich entzweiten;
Es war ein seltsam Wesen um die beiden.

Gräfin: Ein seltsam Wesen mag ich es auch nennen,
Mein teurer Schwager, nichts ist ganz umsonst;
Denn ohne ihn, der mich hierher begleitet,
Nicht ohne diesen tapfern Ritter Plesse
Hätt' ich wohl diesen Mut in mir gefunden,
Euch in dem fernen Orient zu suchen.

Graf: So danke ich auch ihm mein trostlos Leben;
Und welche Schickung hat ihn mir gewonnen?

Gräfin: Er nahm das Kreuz in einem heil'gen Mute,
Und Euch zu suchen ward ihm aufgegeben,
Als er vorüberzog beim Schlosse Gleichen,
Von Eurer Hausfrau, meiner lieben Schwester.

Graf: Sie sah ihn wieder, liebt sie ihn auch wieder?

Gräfin: Gott kennt das Herz und kann es nicht regieren,
Doch seines Tuns ist jeder Herr und Meister.
Nie sah ich Unanständiges von ihr,
Und zehen Jahre sind wohl lange Prüfung.

Graf: Verzeiht den Zweifel, Ihr seid schuldlos, Bernhard,
Ich kenne mich und spreche mich nicht frei;
(Vor sich) O, welche Qual umnebelt meine Sinne,
O wäre Hartmann hier, mich zu beraten,
O hätte ich ihn nicht nach Rom gesandt,
Unmögliches, die Doppeleh', zu fordern.

Gräfin: Ihr seid so gut, was liegt so schwer auf Euch?
Ich bin noch jung, doch hülfe ich Euch gern.

Graf: (Vor sich): Verschweigen läßt sich nichts, die Klugheit endet,
Und Wahrheit kann allein den Frieden geben.
(Laut) Mein lieber Bernhard, wähnt nur nicht, daß Ihr
Am Ziele seid, mich aus den Ketten zu
Befrein: ich bin gefangen von der Schuld,
Ihr müßt mich ganz erhalten Eurer Schwester.

Gräfin: Gleich kann ich Euch nicht helfen, aber bald
Hoff ich der Boten Rückkehr, die wir heimgesandt
Auf unsrer Heimfahrt vom gelobten Lande,
Nachdem wir ganz umsonst Euch nachgeforscht
Und Waffenstillstand jede Bahn verschloß.
Unfern von hier wir wurden von dem Wirte
Im sichern Schlaf den Räubern übergeben,
Erschlagen wurden unsre meisten Diener,
Mit Mühe schlugen wir uns durch,
Und nichts erstritten wir als unsre Waffen,
Und unsre Notdurft weiß jetzt nichts zu bieten.

Graf: Ihr habt mich mißverstanden, andre Schuld
Hält mich gefangen, die mich reich gemacht,
Und jede Not kann ich von Euch abwenden,
Nie war ich reicher. Wißt, des Sultans Tochter,
Dem ich als Sklave in Egypten diente,
Die schöne Amra ist mit mir gelandet,
Nachdem mich ihre Kühnheit hat befreit.

Gräfin: Noch find ich keine Schuld in Euren Worten,
Mit tausend Liebe wird die Gräfin sie
Empfangen, die das Leben Euch errettet.

Graf: Ihr solltet doch erraten, was mich quält,
Dem ältern Freund die Beichte zu ersparen.

Gräfin: Habt Ihr Euch frei gewähnt und Euch vermählt,
So kann das geistliche Gericht nur raten.

Graf: So groß ist nicht die Schuld, nun wird's
Mir leicht, Euch alles zu erzählen. Nein,
Noch ist es nicht erfüllt, was ich gelobte,
Sie von dem Taufstein zum Altar zu führen;
Sie ist getauft zu Akkon, hier erwart ich
Den treuen Hartmann, der in Rom Erlaubnis
Zur Doppelehe soll erflehn, erkaufen.

Gräfin: Unmögliches kann nicht der Papst gewähren,
Auch wenn er das Geschicke schonend achtet.

Graf: Das ward mir klar, seit ich Euch wiedersah
Und Eurer Schwester ganz lebendig dachte.
Hartmann, der mich zur Heirat ohne Willen
Fortriß, der mich den Wellen kühn enthob,
In denen ich den teuren Kaiser suchte,
Um der Gefangenschaft mich hinzugeben,
Er, der wie weiches Wachs mich hat umformt,
Seit früher Jugend schon mein einz'ger Meister,
Ich hörte ihn zu viel, ich glaubte ihm,
Als er mir einen Weg zur Freiheit zeigte,
Wenn ich mit Amra mich verloben wollte.
Und Amra prangte in dem Herrscherreiz,
Wie hätt' ich beiden widerstehen können! –
Er hat sich an dem Heiligsten vergriffen,
Die eigne Überzeugung untergraben,
Da steh ich schwankend wie ein Kind vor Euch! –
Gezogen fühl ich mich von zweien Seiten,
Ich überlaß mich Euch, so jung Ihr seid,
Ihr könnet mir besonnen ruhig raten,
Doch darauf gebt mir Eure Hand als Ritter,
Der Schwester sagt Ihr nie, was wir verhandelt.

Gräfin: Hier meine Hand, nie kommt's aus meinem Munde,
Was Ihr im blinden Zutraun mir gesagt,
Doch raten kann ich Euch hier nur mit Zögern,
Und Euer Zweifel hat auch mich ergriffen.
Ein heilig Recht verbindet Euch der Schwester,
Doch jener Graf, dem sie verbunden war,
Er lebet noch als Sklave in der Fremde,
Der Graf von Gleichen, der hier wiederkehrt,
Er ist ein Eigentum der schönen Amra,
Durch sie nur lebt er wieder im Gesetz
Der vaterländ'schen Heimat und der Ehe.

Graf: So wollet Ihr der Schwester mich entreißen,
Die zehen Jahre einsam treu mein harrte
Und auch den einz'gen nahverwandten Freund
In die Gefahr, mich zu befreien, sandte?
Ist eine andre ihr zuvorgekommen,
Der liebe Wille macht die beiden gleich,
Und Eurem Mut, und daß sie Euch gesandt,
Verdank ich's doch, daß ich hier leb und zweifle.

Gräfin: So suchet Amra von Euch loszubinden
Und übergebt sie an geweihte Stätte,
Daß sie für Eure Liebe ew'ge werbe.

Graf: Mir wär' geholfen, doch das wär' zu grausam!
O diese Glut der Morgenländerin,
Sie kennet nicht Geduld und haßt Entsagung,
Sie steht hier einsam in dem fremden Land;
Der Christenglaube ist ihr lieb, weil er
Der meine, weil er ewig mich ihr bindet,
Das hat sie von dem Glauben nur erkannt.
Die Gräfin, fest und ernst in ihrem Wesen,
Zu allem andern Guten hochbegeistert,
In mancher edlen Kunst schon früh geübt,
Ist ihrer Einsamkeit vielleicht gewöhnt,
An mich zu denken ward ihr fromme Pflicht,
Sie würde ebenso an mich gedenken,
Wenn sie von mir des Todes Kunde hörte;
Sie ist zu edel für die ird'sche Liebe,
Ihr könnt' ich wenig nur des Glücks gewähren:
Der andern bin ich Atem, Speise, Trank.

Gräfin: Für Amra hat die Liebe Euch entschieden,
Sucht Euch ein glücklich Tal, wo ungekannt
Des Lebens heitre Tage Euch verfließen;
Ich ziehe heim und bring der Schwester Kunde,
Daß man im Morgenland Euch totgesagt.

Graf: Ihr irret, Bernhard, und Ihr wühlet grausam
Hier in der tiefsten Wunde meines Herzens,
Wo die Verzweifelung es schier zerreißt.
Umsonst frag ich mich selbst in langen Nächten,
Ob mir die eine lieber als die andre,
Ist Amra nahe, da erkenn ich erst,
Ich kann nicht ohne Eure Schwester leben.

Gräfin: Ihr seid erfinderisch in eigner Qual,
Das Spiel der Laune wird vorübergehen.

Graf: Ihr kennt mich nicht, ich quäle nie mich selbst,
Ich habe eine Sehnsucht nach der Ruhe.
Und alles quält mich, weil's die Ruhe stört,
Und diese Stunde bleibt mir unvergeßlich,
Weil ich seit Jahren nicht so ruhig war;
Und wie mein schlimm Geschick mich stets verfolgt,
So hör ich schon ein Toben in dem Hause,
Das diese kurze Ruhe mir verletzt.

(Ein Venezianer Hauptmann mit einer zahlreichen Wache führt den Ritter Plesse gefesselt ein. Galerata folgt mit Lärmen.)

Hauptmann: Seht, Herr, den Mörder, der Euch angegriffen,
Wir fingen ihn hier an der Hintertür.
Zeigt her den Dolch, der Euch im Pelze steckte,
Ob er in seine Scheide wirklich paßt.

Gräfin: Ist's möglich, Plesse? zweifeln möchte ich,
Ich möchte lieber an mir selber zweifeln,
Nicht trau ich mehr der Sonne, daß sie steige,
Wenn sie sich heute in den Abend senkt.

Galerata: Er war's gewiß, es war gewiß sein Dolch.

Plesse: Dies ist mein Dolch, ich fordre ihn zurück,
Wer ihn mir heut geraubt, mißbrauchte ihn.
Euch, Herr, hat er verletzt, seht mich scharf an,
War ich es, der Euch angefallen hat?

Graf: Der Angriff war so unerwartet mir,
Und bald erlosch mir die Besinnung ganz.
Doch wie ich Euch jetzt nah und näher sehe,
In Euch den Ritter Plesse wiederkenne,
Der mich zu suchen in die Fremde zog,
So werf ich meinen Handschuh jedem hin,
Will ritterlich für Eure Unschuld fechten.

Hauptmann: Um heimliches Verbrechen läßt sich fechten,
Doch Straßenmord, von Zeugen hier beschworen,
Bedarf der öffentlichen Untersuchung,
Der Ritter ist des hohen Rats Gefangner.

Galerata: Er war der Mörder, ich hab's hier gesehn,
Es spricht der Dolch so deutlich gegen ihn.

Plesse: Kalt staunend, ohne Schrecken, ungewiß
Des Ausgangs, jener höhern Hand ergeben,
Die mich so sichtbar wunderbar geführt,
So seh ich dort, wenn hier nicht alles trügt,
Den edlen Grafen, den wir ferne wähnten.
Erfüllt ist meiner Kreuzfahrt schönster Ruf;
Was meine Seele schmeichelnd sonst umtönte,
Das ist nun alles fern und sinkt in Stille,
Die beste Seele blickt mich zweifelnd an,
Es schreit der Haufe mich schon an als Mörder.
Ich fühl mich schuldlos, wie ich je gewesen,
Als mich die Welt vor vielen hochgeehrt.
Was unsichtbar, ist dieses Lebens Kern.

Gräfin: Der Schein war gegen Euch, aus Euch spricht Wahrheit.

Graf: So spricht kein Mörder, laßt ihn frei, Herr Hauptmann!

Hauptmann: Ich kenne das Gesetz, das ungerührt
Von Mitleid und von Zorn, mit fester Hand,
Auch wenn die Erde bebt, die Wage hält;
Ich darf nicht richten, nur der Rat spricht Recht.

Plesse: Ich wünsche, daß ich Richter find wie Ihr.
Lebt wohl und denket mein in guter Stunde,
Ihr seid vereinigt, und was will ich mehr.

Graf: Ich gebe Euch mein Wort, Euch zu befreien.

Plesse: Versprecht mir nicht zu viel, es steht bei Gott,
Der besser weiß, ob mir die Freiheit taugt.

Gräfin: Ich sehe Euch, wir müssen uns noch sprechen.

Plesse: Das Wort gibt alles mir, was ich noch wünsche.

(Der Hauptmann führt ihn nach stummer Verbeugung fort.)

Graf: Sagt, Bernhard, mir die Kunst, so edler Seele
Vertraun und Freundschaft sich fest zuzueignen.
Wie löset Ihr das glatte Eis des Umgangs,
Das in den ritterlichen Sitten uns
Umzieht? – in solcher Freundschaft steht sich's fest,
Ich könnte Neid um solche Freundschaft fühlen.

Gräfin: Die Freundschaft gibt sich jedem, dem sie frommt.

Graf: So meinet Ihr, sie wäre mir nichts nütze?
Ihr sollt es sehn, wenn ich den Ritter rette,
Daß ich der Freundschaft mich erfreuen kann;
Ich liebe ihn mit einer Herzensglut,
Ich laß ihn nicht, und wenn's das Leben koste.
Wie hat ihn meine Frau verschmähen können,
Er ist viel besser, tausendfach als ich,
Er soll mein ew'ger Hausgenosse sein,
Das muß er schwören, wenn ich ihn befreie.

Gräfin: Die Freundschaft duldet nicht den Zwang der Schwüre.

Graf: Kann sein, – so kenn ich auch die Freundschaft nicht,
Die ganze Welt liegt mir noch eingehüllt!
Nun kommt mit mir und ratet mir getreulich,
Beim Dogen hoff ich seiner Freiheit Gnade,
Dort werdet Ihr auch Amra kennen lernen.

(Ab mit der Gräfin.)

Galerata: Du alter Kopf, das hat der Teufel dir heut eingegeben mit dem Ritter, der Galeratus ist am letzten Haar aus dem Wasser gezogen und ich – ich springe zur Markesa, sie kennt die Schleifwege, sie rettet den Ritter für sich, und das bringt mir Segen auf meine alten Tage. Wer nur in Ehren sein Stücklein Brot essen kann, der stiehlt nicht, es bringt keiner einen unschuldigen Menschen gern ums Leben, es ist nur, daß einer sich nicht immer auf andre Art helfen kann. (Galeratus kommt hastig gelaufen.) Nun kommst du, Tölpel, weil es Essenszeit, und hast doch nichts verdient den ganzen Morgen.

Galeratus: Sieh, Geld, du Drachennest, geh, eil dich, kauf Blumen, Früchte, flechte Kränze aus beiden, und bring's zur Markesa.

Galerata: Wie kommst denn du zu der Markesa?

Galeratus: Geh, lauf, mit uns ist's aus; doch will ich für dich sorgen, ich bin im Dienste der Markesa.

Galerata: Ich gönn dich ihr, schaffst du nur Geld, ei siehe, der Liebestrank war echt. (Ab.)

Galeratus: Beim Teufel, ja, der hat's mir angetan, es ist mein Glück, daß sie just einen brauchte. (Ab.)

2

(Ein Waldweg bei Altgleichen. Norbert und Gangolph lauern mit Jagdspießen.)

Norbert: Ist der Kerl noch nicht auf Grund und Boden von Altgleichen? Gangolph: Eben tritt er über den Graben, so leicht, als ob es ihm nichts kosten sollte, er singt, glaube ich gar, als hätte er gar nichts versehen, oder als ob kein Herr hier wäre.

(Ein Bote kommt singend an.)

Bote: Und bin ich auch schon matt und müd',
Ich seh mein kleines Haus,
Mein heißer Atem wird zum Lied,
Ein jeder Baum zum Strauß,
Das Vöglein pfeift vom Weihnachtsfest,
Was ist zu Hause mir beschert?
Wohl dem, der sich zu Hause nährt,
Der hält sich rein das Nest.

(Norbert faßt ihn.)

Norbert: Halt, du Dieb, was gehst du auf dem verbotnen Fußsteige durch unsern Forst?

Bote: Herr, ich bin kein Dieb, ich komme weit her und habe nichts von Eurem Verbot vernommen.

Gangolph: Hast du, unverschämter Raubgeselle, nicht den Graben gesehen, ist dir das nicht genug?

Bote: Es ist ja alles verschneit, Herr, ich habe nichts gesehen.

Norbert: Sperr ein andermal die Augen auf, jetzt sollst du sitzen, wo du nichts zu sehen hast.

Bote: Herr, erbarmt Euch meiner, ich war so lustig, als ich mein Häuschen vom Berge wiedersah, dachte schon, ich wäre bei Frau und Kindern, ich konnte vor lauter Freude gar nicht sehen.

Norbert: Das ist alles kahler Vorwand, Holz hast du mausen wollen; du bist's gewesen, der uns vor acht Tagen die schöne Eiche geholt hat und die Buchen, du zahlst für alle.

Bote: Ich will gewiß alles zahlen, Herr, ich heiße Andres; nur laßt mich jetzt los, ich bringe so wichtige Botschaft nach Neugleichen, daß mir der Weg von Venedig zehnfach bezahlt wird.

Gangolph: Bruder, hörst du, laß mich den Mann vornehmen, sei still. Was für Botschaft bringst du? Wollen sehen, ob du auch nicht lügst.

Bote: Es ist gar kein Geheimnis, Herr, Ihr mögt's wohl schon vernommen haben, wie unsre Gräfin und der Ritter Plesse im Schlafe nicht weit von Venedig und wir Dienerschaft alle in unsrer Ruhe von Räubern überfallen sind. Die haben uns alles genommen, und die Leute sind alle erschlagen, mich hat aber der Himmel recht geschützt.

Norbert: Also die Gräfin ist erschlagen, so bist du frei.

Bote: Nein, Gott sei gedankt, die hat sich mit dem Ritter und mit mir glücklich durchgeschlagen nach Venedig, aber alles schöne Gut und Geld ist zum Teufel; da leben sie in Venedig vom Hungertuche und haben mich nach Hause geschickt mit Briefen, um Geld und Leute zu holen, bin aber unterwegs, mag wohl noch vom Schreck in der Nacht gewesen sein, in schwere Krankheit verfallen, haben mich die Leute zu den barmherzigen Brüdern in Nürnberg gebracht, bin ich wieder frisch und gesund geworden und hab mich gleich auf den Weg gemacht.

Gangolph: Halt, Bruder, der Fang war gut.

Norbert: Ich versteh dich nicht.

Gangolph (leise): Bewahren wir den Boten; wer weiß, ob die Gräfin je wieder von sich hören läßt.

Norbert: Sie mag mit ihrem Ritter welsch lernen und welsche Nüsse knacken.

Bote: Kann ich jetzt gehen, liebe Herrn?

Norbert: Halt, du wolltest uns davonlaufen – zur Strafe kommst du ins Verließ – wollen dich an Gehorsam gewöhnen.

Bote: Aber meine arme Kinder und meine Briefe?

Norbert: Die Briefe gib her, will sie bestellen; nun marsch, soll ich dir Beine machen?

Bote: Barmherziger Gott, soll denn kein Mensch auf Erden froh sein, ist die Freude doch immer ein Unglückszeichen?

(Alle dreie fort.)

3

(Venedig. Ein Gefängnis, Ritter Plesse, in Ketten schlafend, Pietro, der Gefangenwärter, und Galeratus.)

Pietro: Er schläft ganz fest, jetzt ist es Zeit, mein Freund.

Galeratus: Du hast dein Geld, so mach dich an die Arbeit.

Pietro: Du mußt mir helfen, sieh, sonst schafft es nicht.

Galeratus: Da seh ich recht des Teufels Klauen dran,
Daß ich hier selbst für meinen Nebenbuhler
Den Feensitz zur Liebesnacht muß bauen,
Und kann mich gar nicht weigern, ich muß dienen.

Pietro: So lauf davon, wenn sie zu viel dir tut.

Galeratus: Sie hat mir's angetan, ich kann nicht laufen,
Das Herz dreht sich in mir, als wär' es närrisch.
O der verdammte Trank, den ich heut stahl,
Den sie für diesen hatte brauen lassen,
Ich trank ihn aus, ich hatte Durst, wer glaubte,
Daß solch ein Teufel in dem Tranke steckte;
Ja, Bruder, hüte dich vor Zaubereien,
Sonst war ich trotzig wie ein junger David,
Nun muß ich dienen wie der starke Simson,
Nachdem ihm Delila das Haar geschnitten.

Pietro: Denk nur einmal, es wäre gar nicht wahr.

Galeratus: Hast recht, ich will versuchen, so zu denken.
Au weh, das geht nicht, Freund, da sticht das Blut
Und drängt, und ich werd sonst ein ganzer Narr!
Ich muß schon tun, was mir die Frau befiehlt. –
Auf dieses Purpurbette leg den Ritter.

Pietro: Wart nur, ich muß ihm erst die Fesseln lösen.

Galeratus: Hier setz den Schenktisch mit den feinen Speisen,
Daß ihm der Wohlgeruch zur Nase duftet.

Pietro: Nun sind wir fertig, und der Zaubergarten
Gefällt mir so, daß ich drin wohnen möchte.
Wie wird der Herr sich freun, wenn er erwacht.

Galeratus: Und sie ihm dient, wie ich ihr dienen muß.
Nun kommt sie, und ich muß in Demut zusehn.

(Die Markesa Spira tritt durch den Gang ein, als Zauberin gekleidet, mit einem Zauberstabe, setzt sich auf das Bette, nimmt den Kopf des Ritters in ihren Schoß und spielt in seinen Locken.)

Markesa: Weil ich sein Haupt in meinen Armen wiege,
Dafür hat er im Schlafe mir gelacht,
Noch schließt er fest die Sterne meiner Nacht,
Daß ich in Seligkeit nicht ganz erliege.
Er weiß noch nichts von meiner Zaubermacht,
Und trüber Ernst umhüllt jetzt seine Züge;
Einst nahte Jupiter in kühner Lüge,
Und diese Lüge hat die Lieb' erdacht.
Wird Lüge in das reine Herz eindringen,
Sind diese Zauberpfeile nicht verloren,
Für die ich dunklen Mächten mich verschworen?
O weh mir, daß ich diesen Fels erkoren,
Zurück zu mir des Zaubers Pfeile springen,
Mit krankem Grame mich um Schönheit bringen.

(Die Gräfin in Rüstung tritt im Hintergunde mit Pietro ein.)

Gräfin: Ich will nicht sprechen, möchte ihn nur sehn
Und seines Lebens mich hier selbst versichern.
Doch was ist dies? Er ruht im Schoß des Weibes.

Pietro: Still, still, sonst dürft Ihr hier nicht lange weilen.

Markesa (ohne beide zu bemerken):
Doch welche Wonne, ihn mit Küssen wecken,
Der sich im Arm des Todes träumend wähnt;
Schon haucht der Frühling durch die Rosenhecken,
Von naher Lust mein freud'ges Auge tränt,
Ich mag ihn nicht mit meiner Glut erschrecken,
Und doch mein Mund sich nach dem Munde sehnt.

Gräfin (vor sich): Entsetzlich, kaum vermag ich mehr zu schauen;
Was habe ich für Recht, daß ich ihm fluche?
Er ist befreit, und mir ist er verloren.

Pietro: Fort, Herr, sonst blickt auf Euch die gnäd'ge Frau.

Gräfin: Es soll ihn meine Nähe nicht betrüben.

(Sie stützt sich auf Pietro und wankt in die Seitentüre, aus der sie hervorgetreten war.)

Plesse (erwachend): Das Fieber wütet schon in meinem Hirne,
Umsonst erwehre ich mich dieser Täuschung;
Ich sehe einen Garten rings gepflanzt,
Wie damals, als ich noch in ihrer Nähe
Auf weichem Lager der Genesung harrte.

Galeratus (der sich bisher die Hände zerbissen, vor sich):
Ich wollt', es wäre wahr, er läg' im Fieber,
Er läg' schon tot in ihren schönen Armen,
Da würde sie ihn nicht beküssen,
Und ich braucht' mir die Hand nicht zu zerbeißen,
Die jeden Augenblick ihn möcht' zerreißen.

(Plesse hat sich unterdessen verwundert vom Schoße erhoben und umgeblickt.)

Markesa: Kein Fieberwahn zerrüttet Eure Sinne,
Ihr seid im Reich der Feenkönigin,
Die in das Morgenland Euch hat getragen,
Wo süße Lust in tausend Wundern blüht.

Plesse: Mich drückt der Rausch der dumpfen Zauberwelt,
Und durch die Rosen seh ich Kerkerwände.

Markesa: Statt zu genießen, was Euch noch gegönnt,
Stört Ihr ja selbst der Liebe schöne Täuschung
Und werft die Blumenkette ab, die Euch
Der schweren Fesseln Eindruck hat gekühlet.

Plesse: Des Todes Schrecken hatt' ich überwunden,
Was mahnt Ihr mich durch falsche Lust ans Leben!

Markesa: Ich glaube, daß Ihr sterben könnt als Held,
Doch schöner ist es noch, als Held zu leben,
Die Schrecken einer Welt sich unterwerfen,
Von der wir wenig wissen, viel verlangen.

Plesse: Mit Rührung ehre ich den treuen Sinn,
Ihr habt mich nicht vergessen in der Not.

Markesa: Ich will nicht rühren, ich will Euch erfreuen
Und mich mit Euch in Frühlingslust zerstreuen.

Plesse: Verwandelt mich, wenn Ihr die mächt'ge Fee;
Wie ich jetzt lebe, dien ich einer andern.

Markesa: So liebe, wen du willst, nur lieb auch mich.

Plesse: Nie hab ich solche Worte denken können.

Markesa: So lern von mir. Du warst noch nicht vermählt,
Mich schied der Tod von zweien Männern schon,
In jedem schien mir alle Welt begraben:
Die Welt besteht, und ich, ich liebe dich.
Entzieh mir nicht die Hand, schlag ein in meine,
Und sei nur mein, solang ich dir noch schön.

Plesse: Es hat schon eine andre meine Treue.

Markesa: O ich verrate dich bei keiner andern,
Der du dich früher hast als mich verbunden.

Plesse: Seltsam, ein jedes Land hat andre Liebe.

Markesa: Das lernst du jetzt erst, warst so lange hier?
Zwingt dich die Sonne hier zu Ruhestunden,
Wenn dort die Tätigkeit sich frei bewegt,
So zwingt sie dich auch hier zu andrer Liebe.
Nun lebe hier, so wie wir Italiener,
Ganz hingegeben jeder guten Stunde;
Die deutsche Welt hat dein hier ganz vergessen.

Plesse: O dies Vergessen trifft mich freilich hart,
Die Welt hat mein vergessen, doch die Engel,
Die in des Menschen Innern prüfend schauen,
Sie sollen meine Treue einst beschwören.

Markesa: Ich bin dein Engel, der dich deiner Falschen
Einst wiedergibt, nur ich kann dich erlösen,
Ein Jahr nur bleib dafür als Dank bei mir.
Dein Urteil ist gesprochen, du bist tot,
Durch mich ist dir ein Weg zur Flucht eröffnet.

Plesse: Ihr glaubt mich schuldig, weil Ihr mir zur Flucht
Wollt raten, nein, ich harre ritterlich
Auf Gott und Recht, die über mich entscheiden.

Markesa: Hier gibt es andre Liebe, andres Recht,
Das Recht ist hier ein Gaukelspiel der Klugheit,
So wie des Staates Vorsicht es will wenden;
Die Fremden sind gefürchtet, nicht geschützt,
Und ohne Aufsehn werden sie gerichtet,
Daß sich kein fremdes Fürwort darin mische.
Glaub mir, dein Todesurteil ist gesprochen.

Plesse: Sie werden mich nicht ungehört verdammen.

Markesa: Bist du im Eigensinn erstarrt, ich flehe
Für die Geliebte, der du treu ergeben,
Ich flehe um den schönen Kopf, der ernst
Sich von mir wendet, in sich selbst zu schauen,
Wo keine Hilfe wohnt, nur stolzer Trotz.

Plesse: Gönnt mir den Frieden, der viel höher ist
Als aller Menschen Macht und böser Wille.

Pietro (kommt eilig gelaufen): Ach, gnäd'ge Frau.

Markesa: Was ist? du kannst nicht reden.

Pietro: Mein Kopf, mein armer Kopf, ich bin verloren.

Markesa: Was ist? du bist verwirrt!

Pietro: Sie kommen schon,
Zu solcher Zeit, das war noch nie erhört,
Sie wollen ihn schon richten, und wir alle,
Wir werden mitgeköpft, wenn sie uns finden.

Markesa: Verstecke mich, ich hab zu viele Sünden.

Galeratus: Ach, wieviel Sünden habe ich auf mir!

Markesa: Ach, hätt' ich nimmermehr geliebt den Ritter!

Plesse: Nun seht Ihr ein, daß ich wohl recht gehabt.

Markesa: Ich bin von Sinnen, sehe keinen Ausweg.

Galeratus: So muß ich hier um bloße Unschuld sterben,
Und kam heut morgen glücklich aus der Schuld,
Als ich den fremden Türken angestochen.

Plesse: Du bist hier meiner Unschuld bester Zeuge.

Pietro: Es hilft Euch nichts, denn Ihr seid schon verdammt,
Die hören heut nichts mehr, die richten's aus;
Ihr müsset sterben, wärt Ihr nicht verdammt,
Weil diese hier bei Euch gefunden werden
Und der Senat darin Verschwörung sieht;
Und ich muß sterben, weil ich gütig war,
Dem tollen Weibe seinen Willen tat.

Galeratus: Sprich noch ein Wort von Güte, denk ans Geld!

Plesse: Im Zank vergeudet ihr die Rettungszeit.
Seid ihr von Sinnen? – traget fort den Plunder,
Versteckt in einer Höhle diese Fremden.

Galeratus: Das gab der heil'ge Markus Euch hier ein,
Was ist hier leichter, als sich zu verstecken?
Nachher, da schiffen wir dort übers Meer
Und landen ein paar Meilen von der Stadt.

Markesa: So schiffen wir gleich fort mit unserm Plesse.

Pietro: Es ist unmöglich, denn der Ratsherrn Diener
Die harren ihrer Herren, die hier richten,
Bei jenen Kähnen, lassen niemand durch.
Hier aber geht's in meine Wächterkammer,
Die Feerei schlepp ich da auch hinein,
Ihr, Plesse, legt Euch schnell die Fesseln an;
Euch hülf es nichts, wenn Ihr uns all' verrietet.

Plesse: Wer gab euch denn den Rat zu eurer Rettung,
Als ihr in Feigheit euren Kopf verloren?

(Sie räumen auf, Galeratus führt die Markesa in das Zimmer, wohin auch die Gräfin abgegangen.)

Plesse: Wär' mir ein Wunsch in dieser Stunde frei,
Das Büchlein wünschte ich in meine Hände,
Das meine Gräfin betete am Morgen,
Der uns erklärte nach so langer Nacht.
Jetzt kann ich lesen, lernte es von ihr,
Da fänd' ich sicher ein Gebet für mich,
Damit ich ihrer nicht beständig denke,
Indessen sie mich längst vergessen hat.
Sie ist dem Grafen zugeführt, vollbracht
Ist meine Reise, ich bin überflüssig.
Sie hat mich nicht vergessen, darauf sterb ich;
O hätt' ich nur das Büchlein, daß ich nicht,
Statt des Gebets, nur ihrer denk im Tode:
Es mag Abgötterei wohl sein dies Wesen,
Der Herr der Welt mag mich dafür heut strafen.

(Diener mit Fackeln treten ein, dann Ratsherrn, endlich Pietro mit dem Schwerte.)

Ratsherr: Hier tretet näher mit den Fackeln,
Daß ich den Urteilsspruch vorlesen kann.
(Er liest.) »In Nummer Hundert sitzt auf Leben und Tod
Ein Deutscher, der heut einen andern anfiel.«
Seid Ihr's? kann Euren Namen nicht recht lesen.

Plesse: Ich bin ein Ritter, bin kein Meuchelmörder,
Das Leben ist mir wenig, viel die Ehre.

Ratsherr: He, Pietro, ist dies nicht der arme Sünder?

Pietro: Es ist der rechte, glaubt es meinem Worte,
Hier sagt ein jeder, daß er schuldlos sei.

Plesse: Ich bin wohl angeklagt, doch nicht gehört.

Ratsherr: Ihr könnt doch nicht in eigner Sache zeugen!
Ihr seid verdammt nach vieler Zeugen Schwur.

Plesse: Wer sind die Zeugen? – nennt sie mir, ihr Richter,
Daß ich vor einem höhern Richter euch
Der Falschheit und der Lüge nicht mag zeihen.

Ratsherr: Als Zeuge wider Euch schwor Galeratus,
Ein Bürger unsrer Stadt und Euer Wirt.

Plesse: Gewiß war er's, der mir den Dolch entwandte.

Ratsherr: Wenn Ihr uns Zeugen bringt, ist's gut, sonst schweigt.
Auch sind noch andre Zeugen gegen Euch:
Die Galerata, die den Angriff sah,
Ihr Schwager Lazi, der den Fremden führte,
Und dessen Ehefrau, die gute Mona,
Die ihren Mann aus Furcht gehalten,
Daß er dem Grafen nicht beispringen konnte.

Plesse: Sie sind verschworen alle miteinander
Zur Missetat gewesen, ja, das ahnd' ich,
Wie kann ihr Schwur Euch gegen mich bestimmen!
So viele Leute sehen einen morden
Und kommen ihm nicht in der Not zu Hilfe?

Ratsherr: Es war ein Fremder, was ging der sie an!
Und haben sie hier falschen Schwur geleistet,
So haben sie der Seele Seligkeit
Verschworen, doch Euch kostet's Euren Leib.
(Er liest) »Der Mörder ist durch Ratsschluß ganz einmütig
Zum Tod verdammt, und weil dem Rate durch
Den Löwenrachen ist verkündet worden,
Daß dieser Mörder durch den fremden Ritter
Dem röm'schen Kaiser soll empfohlen werden,
Daß viele ins Gefängnis zu ihm dringen,
So sei des Todes Urteil gleich vollzogen.«
Ich breche über Euch den weißen Stab
Und übergebe Euch in Henkers Hand.

(Die Ratsherren und Diener ziehen mit den Fackeln ab, Pietro bleibt mit dem Schwerte und einer Fackel.)

Pietro: Ein kurz Gebetlein darf ich Euch verstatten.

Plesse (vor sich, in der Stellung eines Betenden):
Wer sind die fremden Ritter, die für mich
Nach Rettung suchen und mich so verderben?
Der Graf, die Gräfin, ja, sie sind's die Treuen,
Sie sorgen wohl um mich, und ihr Versehen
Ist ihrer heft'gen Freundschaft schönstes Zeichen.
Sie wollen mich erretten, und ich wollte
Mich unterwerfen diesem falschen Trug,
Den die betörten Völker als ein Recht
Erdulden: nein, ich bin ein Ritter, frei,
Will stehn in meinem Lande dem Gericht,
Das heimlich richtet und doch hört.
Die Ketten sind gelöset durch die Frau,
Die wohl den Sinn der Richter kannte, frisch,
Ich will das Schwert, das die Gerechtigkeit
In falsche Hand gegeben, mir gewinnen;
Nicht ungerächt will ich hier untergehn.

Pietro: Habt Ihr gebetet, Herr, seid Ihr bereit,
So will ich auch mein breites Schwert bereiten.

Plesse (er wirft die Ketten weg und entreißt dem erschrockenen Pietro das Schwert, Pietro fällt vor ihm auf die Knie, er setzt ihm das Schwert an die Kehle.)

Gott steh mir bei, das Schwert – das Schwert ist mein,
Ein Ruf um Hilfe wär' dein letzter Hauch!
Hier geht ein Gang, sprich leis', wohin er führt!

Pietro: Mich friert entsetzlich, Herr, ich kann nicht reden,
Der Weg geht nach dem Wasser, er ist offen,
Denn die Markesa ist dahin entflohen.

Plesse: Ist dort ein Nachen, den ich führen kann?

Pietro: Ja Herr, gewiß, ein Nachen und zwei Ruder,
Schenkt mir das Leben für die gute Nachricht,
Errettet Euch, ich sag, daß ich mein Amt
Nach dem Gesetz an Euch verwaltete
Und Euren Leib ins Wasser warf wie andre.

Plesse: Du bist zu klug und ich ein dummer Deutscher,
Du führst mich an, wenn ich dich leben lasse.

Pietro: Ich habe eine Frau und auch fünf Kinder,
Ich hab noch nicht gebeichtet, kann nicht sterben.

Plesse: Du sollst mich rudern, dann bist du mir sicher.

Pietro: Ach Herr, wenn Ihr das Leben mir wollt schenken,
So nehmt mir nicht den Lebensunterhalt;
Ach wärt Ihr reich, ich folgte Euch so gern,
Ihr seid ein Herr von so gewalt'gem Mute;
In Euren Augen leuchtet mir ein Feuer,
Als wäret Ihr der Engel mit dem Schwerte,
Der alle Teufel in mir niederstürzt,
Ich bin wie ausgebrannt in meinem Herzen,
Ich bleib Euch treu, und wenn sie mich zerhacken.

Plesse: Ich bin wohl reich genug, dich zu ernähren,
Doch soll dein Hauch kein frommes Land vergiften;
Bleib bei dem Tisch, den du den Raben deckst,
Wenn du mir eines nur versprichst zu tun.

Pietro: Ich lauf für Euch durchs Feuer, bester Herr.

Plesse: Kein Höllenfeuer hast du zu bestehen,
Dein Lohn ist einer guten Seele Ruhe,
Nimm dieses Band, noch einmal will ich's küssen,
(Er schreibt etwas darauf.)
Wie damals, als sie's um den Hals mir hing,
Sie soll mich fälschlich nicht als tot betrauern,
Nicht unnütz sich bemühn zu meiner Rettung.

Pietro: Was soll ich tun, ich kann Euch nicht verstehen?

Plesse: Wo ich gewohnt beim Galeratus, frag
Nach meinem guten Freund, dem Ritter Bernhard,
Bring ihm dies seidne Band, er wird es kennen –
(Vor sich). Und meines Lebens Rettung darauf lesen.

Pietro: Ich kenn den Herrn, er sieht fast weibisch aus,
Er liebt Euch sehr und war um Euch betrübt;
Aus Mitleid ließ ich ihn in das Gefängnis,
Er müsse Euch noch sprechen, sagt' er.
Doch als er eintrat, war schon die Markesa
Bei Euch, der mußte ich mein Wort auch halten.

Plesse: O das verhaßte Weib nahm mir den Segen,
Der Lieben Nähe; sag, wo blieb der Ritter?

Pietro: Der Gram um Euer Leben brach sein Herz,
In Ohnmacht sank er dort in jener Kammer.

Plesse: Ohnmächtig? Fluch sei der Markesa! Wehe!
Ohnmächtig? Tot vielleicht! du gabst ihn auf!

(Er springt eilig nach der Kammer.)

Pietro: Du dummer Deutscher, läßt du so mich frei,
Will dir den Schreck eintränken, wart nur, wart!

(Plesse trägt die Gräfin aus der Kammer, ihm helfen die Markesa und Galeratus.)

Plesse: He, Pietro, hilf, bring starken Wein und Essig.

Pietro: Ich brauch die Stärkung selber nach dem Schrecken,
Euch will ich starke Männer holen, wartet! (Läuft fort.)

Markesa: Ihr seid verloren, und wir sind's mit Euch,
Er holt die Wache, und wir sind gefangen.

Plesse: Ihr tragt des Unglücks Schuld, Ihr sterbt mit mir,
Ist dieser tot, was hülfe mir die Rettung!

Markesa: Der junge Ritter atmet noch, ich sehe
Es an der Feder, die vom Hauch bewegt.

Plesse: Sie atmet noch, das Blut durchbebt die Glieder
Und prüft sich neu bewegt in ihrem Herzen.

Markesa: Der Ritter ist verloren wie wir alle,
Entfliehn wir nicht der Macht des tückischen Pietro.
Auf, rett uns, Galeratus, ich befehl's.

Plesse: Seid ruhig, wir entfliehen auf dem Meer,
Ich nehm Euch mit, und Galeratus rudert,
Nicht weigre dich, du Mörder, sieh mein Schwert.

Galeratus: Das fürcht ich nicht, wenn Ihr den Ritter tragt,
Doch ich muß dienen meiner Herrscherin,
Noch fühl ich ihren Trank in allen Adern.

Plesse: So eil dich, zeig den Weg, wir wollen
Auf schwachem Kahn dem mächt'gen Gott vertrauen,
Und wenn ihr Aug' im Wogenglanz den Tag
Begrüßt, wenn Licht aus Licht dann rein geboren,
O welch ein Glanz, der uns den Weg erhellt,
Den nächtlich uns der wilde Sturm getrieben.

(Er trägt sie fort, Galeratus geht voran, die Markesa folgt.)

(Der Graf, ein Ratsherr und mehrere Diener mit Fackeln.)

Graf: Beeilet Eure Schritte, Herr, daß nicht der Tod
Den Brief der Gnade meiner Hand entwinde.

Ratsherr: Wir sind in dem Gefängnis, wo er saß
Ihr Leute, ist der Diener des Gerichts
Noch nicht gefunden, dem er übergeben?

Ein Diener: Sie bringen ihn gefangen hergeschleppt.

(Pietro kommt, geführt von Dienern.)

Ratsherr: Was ist Euch, Pietro, seid Ihr denn verrückt,
Daß Ihr mir heute nicht wollt Rede stehen?

Pietro: Ach, gnäd'ger Herr, ich hab Euch nicht erkannt,
Und in der Nacht kommt mancher blinde Schrecken
Hier, wo so manches Blut vergossen ist.
Ich dachte einen Leichenzug zu sehen.
(Vor sich.) Das nenn ich gut gelogen, bis ich weiß,
Ob mir der Trotzkopf schon entflohen ist.
Bei Gott, er ist schon fort, das gilt mein Leben,
Wenn ich nicht dreist ihn totzulügen weiß.

Graf: Liegt hier der deutsche Ritter nicht gefangen?

Pietro: Er lag wohl hier, sein Rumpf liegt nun im Meer.

Ratsherr: Es war sein Urteil leider schon gesprochen.

Graf: O Gott, so schnell ward über ihn gerichtet,
Die Milde scheitert an der Eil' des Rechts.
So bleibt mir nichts von ihm als dieser Dolch,
Ich will ihn treu zum Angedenken tragen.

Ratsherr: Ihr trauert um den Feind von Eurem Leben.

Graf: Mein Herz spricht ihn von dem Verdachte frei.
Nun bleibt noch Bernhard meine einz'ge Sorge.

Ratsherr: Vergebens war die Mühe, ihn zu suchen;
Am Abend ging er aus und kam nicht wieder,
In einer Straße kämpften viele Männer,
Und deutsche Worte wurden da vernommen,
Des Rates Diener forschen überall.

Graf: Ach, über Plesse rollt das Meer die Wogen,
Und Bernhard deckt vielleicht ein frischer Sand;
Es will der Himmel seine Opfer haben,
Er holt die Liebsten sich und prüfet uns,
Ob wir auf ihn vertrauen und entsagen. (Ab.)

Pietro (vor sich): Habt Dank, ihr Heiligen, die mich befreit.

(Galerata kommt mit Dienern.)

Galerata: Gerechtigkeit will ich gleich gegen meinen Mann,
Ich hab's jetzt ausgeforscht, wo er versteckt
Gewesen, hier war er mit der Markesa,
Es haben's ihre Leute mir verraten,
Und Pietro hat für Geld sie eingelassen;
Mein Mann, der Dummkopf, ist von ihr behext
Mit einem Liebestrank, den er gestohlen.
Nun bleibt er aus, da es doch Nachtzeit ist,
Wie soll ich armes Weib allein bestehen?
Der Esel ist wohl keiner Träne wert,
Doch wie soll ich die Arbeit all' beschicken,
Ich kann die Gondel doch allein nicht fahren.
Der Rat soll ihn mir diese Nacht noch schaffen,
Sonst schrei ich Aufruhr durch die ganze Stadt
Und lege Feuer an bei der Markesa
Und lache noch dazu, wenn sie verbrennt.

Ratsherr: Das ist ein Satan, packt das böse Weib,
Und Pietro legt gefangen, denn es scheint,
Daß er sein Amt für Geld mißbraucht, ihm ist
Sein bös' Gewissen an die Stirn geschrieben.

Pietro: Es lügt das Weib, was weiß ich von dem Mann!

Galerata: Hast du von mir die Blumen nicht empfangen?
Dem fremden Ritter solltest du sie geben,
Ich seh sie noch in jener Ecke stehn,
Seht da, ihr Herrn, ein Prachtbett der Markesa.

Ratsherrn: Gleich legt ihn hier in diese Fesseln ein.

Pietro: So muß ich leiden um mein mildes Herz,
Und er ist frei, und ich muß um ihn sterben.

(Er wird gefesselt.)

Galerata: Siehst du, daß keiner mich des Lügens zeiht,
Und daß der ganze gnäd'ge Rat mich schützt?

Ratsherrg: Das Weib bringt in ein anderes Gefängnis. (Ab.)

Galerata: Wer mir was tut, den bete ich zu Tode.

Diener: Aha, bist du des leid'gen Satans Braut,
So wollen wir im Wasser dich versuchen,
Und schwimmst du gut, so kannst du auch gut brennen.

Galerata: Ich kann nicht schwimmen, denn ich scheu das Wasser,
Hab doch Erbarmen, bind mich nicht so hart.

Pietro: Mit uns hat keiner auf der Welt Erbarmen,
Wer weiß es, was wir jenseits finden werden.


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