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III. Kinder von heute

Ihr meint die Kinder von heute? ›Kinder habe ich großgezogen und erhöhet‹, wie der Prophet Jesaias sagt. Da soll man sie gebären, sich um ihretwegen abplagen und sich für sie aufopfern! Und wozu? Ein jeder erhofft für sie – je nach seinen Begriffen und seinem Vermögen – das Beste. Mit Brodskij will ich mich selbstverständlich nicht vergleichen, aber ich bin auch nicht verpflichtet, ganz tief zu sinken. Denn ich bin ja nicht der erste beste, und wir stammen, wie mein Weib, sie soll leben, sagt, weder aus einer Schneider- noch aus einer Schusterfamilie. Also, glaubte ich, daß ich mit meinen Töchtern Glück haben werde. Und warum? Erstens hat mich Gott mit schönen Töchtern gesegnet, und ein schönes Gesicht ist, wie man sagt, eine halbe Mitgift. Und zweitens bin ich heute mit Gottes Hilfe nicht mehr der Tewje von einst und darf also die beste Partie, selbst eine aus Jehupez beanspruchen. Wie meint Ihr? Nun gibt es aber den großen Gott auf der Welt, einen barmherzigen und gnädigen Gott, der große Wunder vollbringt, der mir einen Sommer und einen Winter schickt und mich einmal emporhebt und einmal hinunterwirft. Und er spricht zu mir: »Tewje, bilde dir keine Dummheiten ein und laß der Welt ihren Lauf!« ... Hört nur, was auf dieser großen Welt alles passieren kann. Und wer muß jedes Glück auskosten? Natürlich Tewje, der Pechvogel.

Kurz und gut, was soll ich Euch lange aufhalten? Ihr erinnert Euch wohl noch an die Geschichte, nicht auf heute gesagt, die mir mit meinem Verwandten Menachem-Mendel, ausgelöscht sei sein Name und sein Gedächtnis, passiert ist: wie schön wir in Jehupez mit den Halben Imperialen und den Putilower Aktien gehandelt haben, – mögen meine Feinde ein solches Jahr erleben! Ich war ja damals ganz außer mir und glaubte, daß es mein Ende sei, daß es aus sei mit Tewje und aus mit dem Milchhandel!

»Narr!« sagt mir einmal meine Alte: »Was grämst du dich noch immer? Du wirst damit nichts erreichen, denn der Gram verzehrt nur das Herz. Stelle dir lieber vor, daß uns Räuber überfallen und uns alles genommen haben ... Mache doch einmal einen Spaziergang«, sagt sie, »nach Anatewka zu Lejser-Wolf, dem Fleischer: er will dich dringend sprechen.« – »Was ist denn los? Was braucht er mich so dringend? Wenn er unsere braune Kuh meint«, sage ich, »so soll er einen Stock nehmen und sich diesen Gedanken aus dem Kopfe schlagen.« – »Warum denn?« sagt sie zu mir: »Ist denn die Milch, die man von ihr hat, noch der Rede wert?« – »Es ist mir nicht um die Milch zu tun«, sage ich, »sondern um die Kuh: erstens ist es wirklich eine Sünde, so eine Kuh zum Schlachten zu geben: das wäre einfach ein Verbrechen gegen ein lebendes Wesen. In unserer heiligen Thora steht geschrieben ...« – »Laß schon gut sein, Tewje! Die ganze Welt«, sagt sie, »weiß, daß du in der Thora bewandert bist! Folge deinem Weib und gehe einmal hinüber zu Lejser-Wolf. Jeden Donnerstag«, sagt sie, »wenn unsere Zeitel zu ihm in den Laden kommt, um Fleisch zu kaufen, läßt er ihr keine Ruhe: ›Sage dem Vater‹, sagt er, ›er möchte doch zu mir kommen, denn ich muß ihn dringend sprechen‹« ...

Kurz und gut, zuweilen muß man ja, wie es heißt, auch seinem Weibe folgen. Ich überlegte es mir und begab mich eines Tages zu Lejser-Wolf nach Anatewka, drei Werst von unserem Dorfe. Natürlich treffe ich ihn nicht zu Hause. – »Wo steckt er denn?« frage ich eine stubsnasige Frau, die in seiner Wohnung herumsteht. – »Er ist im Schlachthause«, sagt die Stubsnasige, »man schlachtet dort seit heute früh einen Ochsen, aber er muß jeden Augenblick kommen.« ... Ich bleibe also allein in der Wohnung und sehe mir Lejser-Wolfs Hausstand an: auf alle meine Freunde sei es, unberufen, gesagt! Ein Schrank voll Kupfergeschirr, wie man es auch für hundertundfünfzig Rubel nicht zu kaufen kriegt; ein Samowar und noch ein Samowar, und ein Messingtablett, und noch ein Warschauer Tablett, und ein Paar silberne Leuchter, und vergoldete Weinbecher und ganz kleine Becher, eine gegossene Chanuka-Lampe und noch allerlei schöne Dinge ohne Zahl. ›Schöpfer der Welt!‹ denke ich mir: ›Wann erlebe ich einmal die Freude, solche Dinge bei meinen Kindern, sie sollen gesund sein, zu sehen?! ... Dieser Glückspilz von einem Fleischer! Es genügt wohl nicht, daß er so reich ist, er muß auch noch bloß zwei Kinder haben, die beide verheiratet sind, und obendrein auch noch ein Witwer sein!‹ ...

Kurz und gut, Gott hat sich meiner erbarmt; die Türe geht auf, und Lejser-Wolf tritt in die Stube. Er ist voller Zorn und wütend auf den Schächter, der ihn unglücklich gemacht hat: er hat den Ochsen, der so mächtig wie eine Eiche war, trefe gemacht, obwohl die Verletzung an der Lunge kaum so groß wie ein Stecknadelkopf war. In die Erde möge er versinken!

Grüß Gott, Reb Tewje«, sagt er zu mir: »Warum kommt Ihr nicht, wenn man Euch ruft? Wie geht es Euch?« – »Wie soll es gehen?« sage ich: »Es geht, und es geht«, sage ich, »und man kommt doch nicht vom Fleck, wie es geschrieben steht: ›Weder von deinem Stachel noch von deinem Honig will ich was wissen‹, – man hat weder Geld noch Gesundheit, weder Leib noch Leben.« – »Ihr sündigt mit den Lippen, Reb Tewje«, sagt er zu mir: »Im Vergleich damit, wie es Euch, nicht auf heute gedacht, früher ging, seid Ihr heute doch, unberufen, ein reicher Mann!« – »Was mir dazu fehlt«, sage ich, »um so reich zu sein, wie Ihr es von mir glaubt, wünsche ich uns beiden zu verdienen ... Aber es macht nichts, ich muß auch so Gott danken, wie es im Talmud steht: ›Askekurdo demaskanto dekrarnuso defarsamchto!‹ Ganz sinnlose Worte, deren Klang jedoch an die Sprache des Talmuds erinnert. Und dabei denke ich mir: ›Du sollst so gesund sein, Fleischer, wie es im Talmud eine solche Stelle gibt!‹« ... – »Ihr kommt«, sagt er zu mir, »immer mit dem Talmud! Ihr habt es gut, Reb Tewje, daß Ihr Euch in den kleinen Buchstaben auskennt! Gemeint ist die eigentümliche Type, in der der Talmud gedruckt ist. Was nützt uns aber alles Klügeln?« sagt er: »Wollen wir lieber vom Geschäft sprechen. Setzt Euch, Reb Tewje!« sagt er zu mir und schreit plötzlich: »Man bringe Tee!« Die stubsnasige Frau erscheint wie aus dem Boden gestampft, packt den Samowar, wie der böse Geist einst den Melamed gepackt hat, und verschwindet mit ihm in der Küche.

»Jetzt«, sagt er zu mir, »wo wir allein und unter vier Augen geblieben sind, können wir vom Geschäft reden. Es handelt sich«, sagt er, »um folgendes: ich wollte schon längst mit Euch darüber sprechen, Reb Tewje, und habe Euch schon vielemal durch Eure Tochter sagen lassen, daß Ihr Euch zu mir bemühen möchtet. Ich habe, nämlich, ein Auge geworfen...« –

»Ich weiß«, sage ich, »daß Ihr ein Auge geworfen habt! Aber es ist vergebliche Mühe«, sage ich, »es wird nicht gehen, Reb Lejser-Wolf, es wird nicht gehen ...« – »Warum soll es nicht gehen?« sagt er zu mir und sieht mich erschrocken an. – »Um Sabbat herum«, sage ich. »Ich werde nicht zugrunde gehen, wenn ich noch ein wenig warte: der Fluß brennt noch nicht!« – »Warum«, sagt er, »sollt Ihr warten, wenn Ihr die Sache gleich machen könnt?« – »Das war erstens«, sage ich, »und zweitens tut sie mir leid, es wäre ja ein Verbrechen gegen ein lebendes Wesen!« – »Seh ihn nur einer an«, sagt er, »was er für Umstände macht! Man könnte meinen, daß sie Eure Einzige ist! Ich glaube aber, daß Ihr, unberufen, noch mehr von der Sorte habt, Reb Tewje!« – »Die möchte ich selbst behalten«, sage ich, »und wer sie mir nicht gönnt, der soll seinen Lebtag keine haben ...« – »Wer sie Euch nicht gönnt? Wer spricht von gönnen? Im Gegenteil«, sagt er, »weil Ihr lauter geratene habt, möchte ich eine von ihnen haben. Versteht Ihr mich jetzt? Vergeßt nur nicht, Reb Tewje, daß ich damit auch Euch eine Gefälligkeit tue!« – »Gewiß, gewiß«, sage ich, »von den Gefälligkeiten, die Ihr einem tut, kann der Kopf hart werden, und man braucht sie wie ein Stück Eis im Winter. Das weiß ich schon längst«, sage ich, »noch von früher her ...« – »Ach!« sagt er zu mir mit zuckersüßer Stimme: »Was vergleicht Ihr das, was früher war, mit dem, was jetzt ist? Früher war es so, und heute ist es so! Heute treten wir doch in verwandtschaftliche Beziehungen zueinander, nicht wahr?« – »In was für verwandtschaftliche Beziehungen?« sage ich. – »Wir wollen uns doch verschwägern!« – »Wovon reden wir denn eigentlich«, sage ich, »Reb Lejser-Wolf?« – »Das will ich eben Euch fragen«, sagt er, »wovon wir reden, Reb Tewje.« – »Was heißt?« sage ich: »Wir reden doch von meiner braunen Kuh, die Ihr mir abkaufen wollt!« – Da fängt er plötzlich wie verrückt zu lachen an und sagt: »Eine nette Kuh, und auch noch eine braune dazu! Ha-ha-ha!« – »Was habt Ihr denn im Sinn, Reb Lejser-Wolf?« sage ich, »sagt es mir, damit auch ich lachen kann!« – »Wir reden doch von Eurer Tochter«, sagt er zu mir, »von Eurer Zeitel! Ihr wißt doch, Reb Tewje, daß ich, nicht auf Euch gedacht, ein Witwer bin. Nun sage ich mir: was soll ich mein Glück in der Fremde suchen, was soll ich mit Schadchonim und allen bösen Geistern zu tun haben, wenn wir beide in der gleichen Gegend wohnen: Ihr kennt mich, ich kenne Euch, und das Mädel gefällt mir auch: sie ist gar nicht übel und scheint einen stillen Charakter zu haben. Und was mich betrifft, so bin ich, unberufen, nicht unvermögend: ich habe ein eigenes Haus, einige Läden und, wie Ihr seht, einen ganz netten Hausstand. Ich kann mich nicht beklagen: ich habe auch einen Vorrat Felle auf dem Dachboden liegen und etwas Bargeld im Koffer. Was brauchen wir, Reb Tewje, alle die Zigeunerkunststücke? Was sollen wir da viel klügeln? Wollen wir doch gleich handelseinig werden, eins, zwei, drei! Versteht Ihr mich oder nicht?« ...

Kurz und gut, als er diese Worte gesprochen hatte, war ich im ersten Augenblick stumm, wie einer, dem man eine plötzliche Todesnachricht überbracht hat. Zuerst ging mir der Gedanke durch den Sinn: ›Lejser-Wolf ... Zeitel ... Er hat ja Kinder, die so alt sind wie sie.‹ ... Aber bald darauf sagte ich mir: ›Gott, dieses Glück! Dieses Glück! Sie wird es doch gar gut haben! Und wenn er auch nicht sehr freigebig ist, so ist das heutzutage eher ein Vorzug: man sagt ja doch: ›Der Mensch ist sich selbst am nächsten‹ – wenn man gegen die anderen gut ist, so ist man schlecht gegen sich selbst. Leider ist er nur etwas gar zu ungebildet ... Aber, mein Gott, ein jeder kann doch nicht Gelehrter sein! Gibt es denn wenig reiche und vornehme Leute in Anatewka, in Masepowka und selbst in Jehupez, die den Aleph nicht von einem Kreuz unterscheiden können? Und doch möchte ich soviel gute Jahre erleben, wieviel Ehre diese Leute in der Welt genießen! Wie es auch in den Sprüchen der Väter steht: ›Wo kein Brot ist, da ist auch keine Thora‹, das heißt: die Thora liegt im Kasten und die Weisheit in der Tasche.‹ ...

»Nun, Reb Tewje«, sagt er zu mir, »was schweigt Ihr?« – »Was soll ich schreien?« sage ich und stelle mich so, als ob ich noch unentschlossen wäre. »Das ist doch eine Sache, Reb Lejser-Wolf, die gut überlegt sein will! Es ist wirklich kein Spaß«, sage ich, »denn sie ist ja das erste Kind, das ich verheirate!« – »Im Gegenteil: weil sie Euer erstes Kind ist«, sagt er, »werdet Ihr, so Gott will, auch die zweite Tochter gut verheiraten, und später, mit der Zeit, auch die dritte! Versteht Ihr mich oder nicht?« – »Amen«, sage ich, »dasselbe wünsche ich auch Euch! Eine Tochter verheiraten ist ja kein Kunststück, möchte nur der Herr«, sage ich, »einem jeden den richtigen Ehegenossen zuschicken ...« – »Nein«, sagt er, »ich meine etwas ganz anderes, Reb Tewje: Ihr braucht Eurer Zeitel, Gott sei Dank, keinen Pfennig Mitgift zu geben, und die Hochzeitskosten, die Kleider und alles, was ein Mädel braucht, nehme ich auf mich. Auch Euch selbst«, sagt er, »wird davon etwas in den Beutel abfallen ...« – »Pfui!« sage ich: »Ihr redet, nehmt es mir nicht übel, wie in Eurem Fleischladen! Was heißt, es wird mir etwas in den Beutel abfallen? Pfui! Meine Zeitel ist doch, Gott behüte, keine Ware, die ich um Geld verkaufe! Pfui!« – »Wenn Ihr sagt Pfui«, sagt er, »so soll es bleiben beim Pfui! Ich habe das Gegenteil gemeint. Wenn es Euch so lieb ist, so kann es mir recht sein. Die Hauptsache aber ist«, sagt er, »daß es schnell geht! Ich will sobald als möglich eine Hausfrau im Hause haben, versteht Ihr mich oder nicht?« ... – »Mir kann es recht sein«, sage ich, »ich will Euch keine Schwierigkeiten machen. Ich muß aber noch mit meiner Alten sprechen«, sage ich, »denn in solchen Dingen hat sie zu entscheiden. Es ist doch wirklich keine Kleinigkeit! Es steht geschrieben: ›Und Rahel erbarmte sich ihrer Söhne‹, – und Raschi übersetzt es: ›Eine Mutter ist wie ein Topfdeckel.‹ Man sollte auch«, sage ich, »auch sie selbst, ich meine Zeitel, fragen. Ihr kennt doch die Geschichte: die ganze Sippschaft hat man zur Hochzeit geladen und die Braut vergessen ...« – »Unsinn!« sagt er: »Fragen muß man sie auch noch? Erzählen müßt Ihr es ihr, Reb Tewje: Ihr kommt nach Hause, erzählt ihr die ganze Geschichte und stellt die Chuppe.« – »Sagt das nicht, Reb Lejser-Wolf! Ein Mädel ist doch, Gott behüte, keine Witwe!« – »Natürlich«, sagt er, »ist ein Mädel – ein Mädel und keine Witwe. Darum soll man auch«, sagt er, »beizeiten davon sprechen, weil man die Aussteuer und tausend andere Dinge besorgen muß. Indessen«, sagt er, »wollen wir, Reb Tewje, einen Schluck Branntwein nehmen! Ja oder nein?« ... – »Von mir aus«, sage ich, »warum auch nicht? Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Es heißt ja: Adam ist ein Mensch, und Branntwein ist Branntwein. Und im Talmud«, sage ich, »steht ...« Und ich haue ihm eine Talmudstelle um den Kopf, und noch eine, und eine dritte natürlich lauter Unsinn, ein Gemisch aus dem Hohelied und dem ›Chad-Gadjo‹.

Kurz und gut, wir nahmen einen ordentlichen Schluck, wie Gott es befohlen hat! Die Stubsnasige brachte inzwischen den Samowar, und wir machten uns einen Punsch. Wir unterhielten uns dabei gar freundlich, sprachen von der Partie, von dem und jenem, und wieder von der Partie. »Wißt Ihr auch, Reb Lejser-Wolf«, sage ich, »was für ein Edelstein sie ist?« – »Ich weiß«, sagt er, »glaubt es mir, daß ich es weiß! Wenn ich es nicht wüßte«, sagt er, »hätte ich doch von ihr gar nicht gesprochen!« Und so reden wir miteinander. Ich schreie: »Ein Edelstein, ein Diamant! Ihr sollt sie nur zu schätzen wissen und möglichst wenig den Fleischer herauskehren.« ... Und er darauf: »Habt keine Angst, Reb Tewje: was sie bei mir an Wochentagen zu essen bekommt, das hat sie bei Euch selbst an hohen Festtagen nicht gegessen ...« – »Ach«, sage ich, »spielt denn Essen auch eine Rolle? Der Reiche«, sage ich, »ißt keine Dukaten, und der Bettler keine Steine. Ihr seid ein einfacher Mensch«, sage ich, »und werdet ihre Tüchtigkeit gar nicht zu schätzen wissen«, sage ich, »wie sie die Challe bäckt, wie sie den Fisch bereitet, Reb Lejser-Wolf! Ach, wie sie den Fisch bereitet! Man muß dazu besonders begnadet sein.« ... Und er sagt wieder: »Reb Tewje, Ihr seid, nehmt es mir nicht übel, zu alt, Ihr habt keine Menschenkenntnis mehr, Reb Tewje, und Ihr kennt mich nicht!« ... Und ich sage darauf: »Auf die eine Waagschale soll man einen Haufen Gold aufschütten und auf die andere meine Zeitel hinstellen! Hört Ihr es, Reb Lejser-Wolf? Und selbst wenn Ihr zweimalhunderttausend Rubel besitzt, seid Ihr nicht ihre Ferse wert!« ... – Und er darauf: »Glaubt es mir, Reb Tewje, Ihr seid ein großer Narr, wenn Ihr auch älter seid als ich.« ...

Kurz und gut, wir unterhielten uns so wohl eine hübsche Weile und waren schließlich ziemlich bezecht. Denn als ich nach Hause kam, war es schon recht spät, und ich schwankte ordentlich auf den Beinen ... Mein Weib, sie soll gesund sein, merkte sofort meinen Zustand und machte mir einen ordentlichen Krach, wie ich ihn auch wirklich verdiente. – »Still«, sage ich, »rege dich nicht auf, Golde«, sage ich ihr gar fröhlich und habe Lust zu tanzen. »Schreie nicht so, meine teure Seele, uns gebührt ein Masel-tow!« – »Ein Masel-tow? Einen finstern Masel-tow wünsche ich dir!« sagt sie. »Du hast wohl schon die braune Kuh verschachert, hast sie dem Lejser-Wolf verkauft?« – »Noch viel ärger«, sage ich. – »Du hast sie«, sagt sie, »gegen eine andere vertauscht? Hast den Lejser-Wolf, nebbich, angeschwindelt?« – »Noch viel ärger«, sage ich. »Rede also«, sagt sie, »vernünftig! Wie wortkarg du plötzlich geworden bist!« – »Masel-tow, Golde«, sage ich wieder, »Masel-tow uns beiden, denn unsere Zeitel ist verlobt!« – »Ach so«, sagt sie, »dann bist du sicher betrunken! Du hast doch einen ordentlichen Schluck genommen?« – »Ich habe mit Lejser-Wolf wohl ein wenig getrunken«, sage ich, »und wir haben uns je ein Glas Punsch gemacht. Aber ich bin noch immer«, sage ich, »bei klarem Verstand. Wisse also, meine geliebte Golde, daß unsere Zeitel in einer guten und glücklichen Stunde Lejser-Wolfs Braut geworden ist!« Und ich erzähle ihr die ganze Geschichte vom Anfang bis zu Ende, wie und wann und warum, und was wir alles besprochen haben, ohne auch das geringste auszulassen.

»Höre einmal, Tewje«, sagt zu mir mein Weib, »so wahr mir Gott helfe«, sagt sie, »habe ich es schon im voraus gewußt, daß Lejser-Wolf dich nicht umsonst gerufen hat. Aber ich wollte daran nicht einmal denken, denn ich fürchtete, daß aus der Sache vielleicht doch nichts wird! Ich danke dir, Gott«, sagt sie, »ich danke dir, herzliebster Himmelsvater! Mag es nur zu einer guten und glücklichen Stunde geschehen sein, mag sie an seiner Seite in Reichtum und Ehren alt werden! Denn seine selige Frume-Ssore – es sei zwischen Lebenden und Toten wohl unterschieden – hat es bei ihm gar nicht gut gehabt! Sie war ja auch – sie möchte es mir vergeben, und ich sollte es lieber bei Nacht gar nicht aussprechen – eine böse und eigensinnige Frau und konnte sich mit keinem Menschen vertragen. Ganz anders war sie als unsere Zeitel – mögen die Jahre, die sie nicht erlebt hat, unserer Tochter zugute kommen! Ich danke dir, lieber Gott! Nun, Tewje«, sagt sie, »was habe ich dir gesagt, du Narr? Braucht noch der Mensch um etwas zu sorgen? Wenn es einem beschert ist«, sagt sie, »so kommt das Glück ganz von selbst ins Haus.« – »Das stimmt«, sage ich, »es steht sogar ausdrücklich in der Schrift ...« – »Was taugt mir die Schrift, wo man an die Hochzeit denken muß?! Von der Aussteuer«, sagt sie, »ist noch keine Spur da: sie hat noch nicht einen Faden Wäsche, und nicht einmal ein Paar Strümpfe. Nun braucht sie«, sagt sie, »ein seidenes Kleid für die Trauung, und ein wollenes für den Sommer, und noch eines für den Winter, und noch einige andere Kleider«, sagt sie. »Auch zwei Mäntel muß sie haben: den einen auf Katzenfell für die Wochentage und einen guten mit Schleifen für den Sabbat; dann braucht sie Schuhe mit Quasten, ein Korsett, Handschuhe, Taschentücher, einen Sonnenschirm und die übrigen Sachen, die ein Mädel heutzutage haben muß ...« – »Woher hast du«, sage ich, »liebe Golde, alle diese Kenntnisse?« – »Warum soll ich keine haben?« sagt sie. »Komme ich denn nicht mit Menschen zusammen? Habe ich nicht hier bei uns in Masepowka gesehen, wie sich anständige Leute kleiden? Überlasse es nur mir«, sagt sie, »ich werde mit ihm alles besprechen. Lejser-Wolf«, sagt sie, »ist gar kein schlechter Mensch! Er ist ein reicher Mann, und er wird es wohl auch selbst nicht haben wollen, daß die ganze Stadt auf ihn mit den Fingern zeigt. Und wenn man schon Schweinefleisch ißt, so soll doch wenigstens das Fett über den Bart rinnen.« ...

Kurz und gut, wir sprachen so bis zum Morgen. Als es zu tagen anfing, sagte ich: »Packe mir das bißchen Butter und Käse zusammen, mein Weib, und ich werde nach Bojberik fahren. Es ist zwar alles schön und gut, aber sein Geschäft«, sage ich, »soll man auch nicht vernachlässigen! Die Welt ist ja noch immer die gleiche!« In aller Frühe, wenn der Ochs auf die Weide geht, spannte ich mein Pferd vor den Wagen und fuhr nach Bojberik. Wie ich auf den Markt von Bojberik komme, da merke ich es schon: ist es denn möglich, vor Juden etwas zu verheimlichen? Alle wissen es schon, und man ruft mir von allen Seiten »Masel-tow!« zu: »Masel-tow, Reb Tewje! Wann ist, so Gott will, die Hochzeit?« – »Danke, gleichfalls«, sage ich: »Da sieht man es wieder: der Vater ist noch nicht geboren, und der Sohn ist schon über das Dach gewachsen ...« – »Unsinn!« sagen die Leute: »Es wird Euch nichts nützen, Reb Tewje, Ihr müßt uns schon ein Gläschen spendieren! So ein Glück, unberufen, eine wahre Schmalzgrube!« »Das Schmalz wird ausrinnen«, sage ich, »und nur die Grube wird übrig bleiben! Aber trotzdem«, sage ich, »will ich kein Schwein sein und mit euch gerne ein Gläschen trinken. Sobald ich mit allen meinen Jehupezer Kunden fertig bin«, sage ich, »spendiere ich euch Branntwein und etwas zum Beißen! Man lebt ja nur einmal, das heißt: jubele und frohlocke, du Bettler!« ...

Kurz und gut, als ich so schnell wie immer meine Ware abgesetzt hatte, trank ich mit der Gesellschaft ein paar Gläschen, und wir wünschten uns gegenseitig Glück, so wie es sich gehört. Dann setzte ich mich in den Wagen und fuhr lustig und guter Dinge davon. Ich fahre so durch den Wald, es ist ein herrlicher Sommertag, die Sonne brennt, aber ich fahre im Schatten der Bäume, und die Fichten duften herzerfrischend. Ich liege wie ein Graf in meinem Wägelchen, lasse die Zügel los und sage zu meinem Gefährten: »Sei so gut«, sage ich, »und laufe allein, den Weg sollst du ja schon kennen!« Und dann beginne ich laut zu singen. Es ist mir so festlich zumute, und darum singe ich Stücke aus den Gebeten für die hohen Feiertage und aus dem ›Hallel‹. Ich blicke zum Himmel hinauf, und meine Gedanken flattern über die Erde.

›Die Himmel – die Himmel sind Himmel für den Ewigen‹, und die Erde – denke ich mir – hat Er den Menschenkindern gegeben, damit sie sich die Köpfe an der Wand einrennen, sich wie die Katzen um die Güter dieser Welt balgen und sich wegen eines Ehrenamtes, wegen eines ›Schischi‹ oder eines ›Maftir‹ zanken ... ›Nicht die Toten rühmen Gott‹: – keine Ahnung haben die Leute, wie man Gott für die Wohltaten loben muß, die er uns erweist! ... Aber wir, arme Leute, wenn wir auch einen einzigen guten Tag erleben, so loben wir Gott und sagen: ›Ich liebe Ihn‹, ich liebe Gott, weil er meine Stimme und mein Gebet erhört hat, weil er mir sein Ohr geliehen hat, als mich die Bande des Todes umfingen, als mich Armut und Unglück erdrückten: Heute geht mir am hellichten Tag eine Kuh ein, und morgen schickt mir der Teufel einen Verwandten, einen Pechvogel, einen Menachem-Mendel aus Jehupez, auf den Hals, der mir meinen letzten Pfennig nimmt ... Und ich denke mir schon in meiner Übereilung, daß es mein Ende ist, daß die ganze Welt für mich zusammengestürzt ist ... Jeder Mensch ist ein Lügner, – es gibt keine Wahrheit auf der Welt! Was tut aber Gott? Er gibt Lejser-Wolf den Gedanken ein, daß er meine Zeitel, so wie sie steht und geht, nimmt; und darum sage ich zweimal: ›Ich danke Dir!‹ Ich will dich lobsingen, lieber Gott, weil du dich deines Tewjes erbarmt hast und ihm zu Hilfe gekommen bist! Nun werde ich Freude an meinem Kinde erleben! Wenn ich sie, so Gott will, besuche, werde ich sie als eine gut versorgte Hausfrau antreffen, deren Speisekammern angefüllt sind mit Schmalz und Eingemachtem für Pessach, und die Geflügelställe mit Hühnern, Gänsen und Enten ...

Plötzlich beginnt mein Pferd den Berg hinunter zu rennen, und ehe ich den Kopf heben und sehen kann, wo ich mich in der Welt befinde, liege ich schon auf der Erde mit allen meinen leeren Töpfen und Kannen, und der Wagen liegt auf mir! Ich erhebe mich mit großer Mühe, ganz zerschunden und zerschlagen vom Boden und lasse meinen ganzen Zorn an dem Pferdchen aus. »In die Erde sollst du versinken! Wer hat dich darum gebeten, du Elender, zu zeigen, wie tüchtig du bist, und daß du auch bergab laufen kannst? Du hast mich ja beinahe umgebracht«, sage ich, »du Asmodi!« Und ich gebe ihm soviel Peitschenschläge, wieviel es überhaupt fassen konnte. Der Kerl verstand wohl, daß er etwas Übles angestellt hatte, denn er stand mit gesenkter Schnauze da, so daß man ihn hätte melken können. »Daß dich der Teufel!« sage ich zu ihm. Dann bringe ich den Wagen in Ordnung, lese alle Töpfe und Kannen auf und fahre weiter.

»Es ist kein gutes Zeichen«, sage ich zu mir. »Ob bei mir zu Hause nicht irgendein Unglück geschehen ist?« ... So fahre ich noch an die zwei Werst, und wie ich schon nicht weit vom Hause bin, sehe ich, daß mir auf der Landstraße ein weibliches Wesen entgegenkommt. Ich fahre näher heran, schaue schärfer hin – es ist Zeitel! ... Ich weiß selbst nicht warum, das Herz blieb mir plötzlich stehen, als ich sie sah. Ich springe vom Wagen und rufe: »Zeitel bist du es? Was tust du hier?« Sie fällt mir um den Hals und fängt zu weinen an. »Gott sei mit dir«, sage ich, »meine Tochter! Was weinst du?« – »Ach«, sagt sie, »Vater, Vater!« ... und sie schwimmt in Tränen. Es wurde mir finster vor den Augen, und mein Herz krampfte sich zusammen. »Was ist denn, Tochter? Was ist denn geschehen?« sage ich zu ihr. Ich umarme sie, streichle ihr das Haar und küsse sie. Sie aber schreit: »Vater, herzliebster, teurer Vater«, sagt sie und bringt jedes Wort mit Mühe heraus. »Habe Erbarmen«, sagt sie, »mit meinen jungen Jahren!« ... Und dann schwimmt sie wieder in Tränen und kann kein Wort mehr aussprechen.

›Ach und weh ist mir!‹ denke ich mir. Und nun geht mir ein Licht auf. Was brauchte ich auch nach Bojberik fahren? »Warum mußt du gleich weinen?« sage ich zu ihr und streichle ihr den Kopf. »Närrchen«, sage ich, »warum mußt du gleich weinen? In jedem Falle«, sage ich, »nein ist nein! Man wird dir doch nicht mit Gewalt eine Lunge und eine Leber an die Nase hängen! Wir wollten«, sage ich, »nur dein Bestes! Aber wenn du es nicht willst, so nicht! Was soll man tun? Es ist wohl«, sage ich, »nicht beschert ...« – »Ich danke dir«, sagt sie, »liebster Vater, lange leben sollst du!« Und sie fällt mir wieder um den Hals, fängt mich zu küssen an und schwimmt wieder in Tränen. – »Genug schon zu weinen!« sage ich ihr. »Alles ist eitel, auch Krapfen können einem verleidet werden! Steige in den Wagen«, sage ich, »und wollen wir beide nach Hause fahren! Mutter«, sage ich, »wird sich wohl Gott weiß was denken!«

Kurz und gut, wir stiegen beide in den Wagen, und ich versuchte sie mit Worten zu beruhigen. »Du mußt wissen«, sage ich, »daß wir uns dabei nichts Schlimmes dachten! Gott kennt die Wahrheit und weiß, daß wir nichts anderes im Sinn hatten, als unser Kind beizeiten zu versorgen. Wenn aber das Kind nicht will, so will es wohl auch Gott nicht haben! Es ist dir nicht beschert«, sage ich, »meine Tochter, versorgt zu sein und eine reiche Hausfrau zu werden; auch uns ist es nicht bestimmt«, sage ich, »auf unsere alten Tage eine Freude zu erleben als Lohn für alle unsere Mühe! Denn wir waren«, sage ich, »Tag und Nacht an den Karren gespannt, haben keinen glücklichen Augenblick erlebt und wußten nichts als Armut, Bedrängnis und Pech von allen Seiten!« ... – »Ach, Vater«, sagt sie zu mir und fängt wieder zu weinen an. »Ich will mir eine Stelle als Magd suchen, ich will Lehm tragen, Erde graben!« ... – »Was weinst du, dummes Mädel?« sage ich zu ihr. »Sage ich dir denn etwas, du Närrchen? Mache ich dir Vorwürfe? Es ist mir nur«, sage ich, »so bitter und finster zumute. Darum versuche ich, mir das Herz zu erleichtern, und setze mich mit ihm, mit dem Schöpfer der Welt auseinander, wie er mich behandelt. Er ist doch«, sage ich, »ein barmherziger Vater und hat Mitleid mit mir; und doch verfolgt er mich – er soll mich nur für diese Worte nicht strafen! – und rechnet mir alles an; ich soll aber dabei noch schreien: Lebendiger und ewiger Gott! Aber es muß wohl so sein«, sage ich, »denn Er ist oben, und wir sind hier unten, tief in der Erde. Und darum müssen wir sagen, daß Er gerecht ist, und daß auch sein Urteil gerecht ist. Denn wenn ich es mir so überlege, so bin ich doch eigentlich ein Narr! Was schreie ich? Was lärme ich? Was heißt das«, sage ich, »daß ich kleiner Wurm, der ich auf der Erde herumkrieche, und den der leiseste Windhauch, wenn Gott will, in einem Augenblick vernichten kann, mich mit meinem närrischen Verstand hinstelle und Ihn belehren will, wie Er seine Welt regieren soll? Wenn Er es so haben will, so muß es wohl auch so sein! Was helfen da alle Klagen? Vierzig Tage«, sage ich, »so steht es in unseren heiligen Büchern geschrieben, – vierzig Tage vor der Erschaffung des Kindes im Mutterleibe kommt ein Engel vom Himmel und verkündet: ›Die Tochter von dem und dem ist als Frau für den und den bestimmt!‹ – Soll Tewjes Tochter von mir aus Getzel, den Sohn des Sorach, heiraten, und der Fleischer Lejser-Wolf möchte sich bemühen, irgendwo anders eine Braut von seinesgleichen zu suchen! Die ihm bestimmte Braut wird ihm nicht entgehen, und dir«, sage ich, »meine Tochter, möchte Gott recht bald den dir zugedachten Ehegenossen schicken! Amen! Gottes Wille geschehe!« sage ich. »Daß die Mutter nur nicht schreit! Ich werde wohl von ihr einen ordentlichen Krach bekommen!« ...

Kurz und gut, wir kommen nach Hause, ich spanne mein Pferd aus, setze mich ins Gras vor das Haus und grüble nach, was für ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht ich meiner Frau auftischen soll, um mich aus der Klemme zu retten. Der Tag geht zur Neige, die Sonne sinkt, die Kröten quaken in der Ferne, das Pferd ist angekoppelt und rupft Gras; die Kühe, die eben von der Weide heimgekommen sind, stehen bei den Eimern und warten, daß man sie melkt; das Gras duftet herzerquickend, – es ist ein wahres Paradies! So sitze ich da, überlege mir die ganze Sache und denke mir zugleich, wie klug doch Gott seine Welt eingerichtet hat: ein jedes Geschöpf, vom Menschen bis zum Vieh – es sei zwischen ihnen wohl unterschieden! – muß sich sein Brot verdienen: – umsonst gibt es nichts! Willst du fressen, Kuh? So lasse dich melken, gib Milch, ernähre einen Juden, sein Weib und seine Kinder! Willst du etwas kauen, Pferd? Laufe jeden Morgen mit den Milchkannen nach Bojberik! Und ebenso du, Mensch – es sei zwischen dir und dem Vieh wohl unterschieden! –, willst du ein Stück Brot, so rackere dich ab, melke die Kühe, schleppe die Milchkannen, schlage Butter, mache Käse, spanne dein Pferd ein und fahre jeden Morgen nach Bojberik zu den Sommerfrischlern, bücke dich vor den reichen Leuten aus Jehupez, schmeichle ihnen, krieche einem jeden von ihnen in die Seele hinein, gib dir Mühe, einen jeden zufriedenzustellen und niemand, Gott behüte, zu verletzen! ... Bleibt doch immer die Frage offen: Warum? Wo steht es geschrieben, daß Tewje sich um ihretwegen abplagen muß, daß er in aller Frühe, wenn sie noch schlafen, aufstehen muß, damit sie zu ihrem Morgenkaffee frische Butter und frischen Käse haben? Wo steht es geschrieben, daß ich mich abrackern muß, um mir die magere Suppe und etwas Graupen zu verdienen, während sie, die reichen Leute aus Jehupez, sich in der Sommerfrische ausruhen, den ganzen lieben Tag nichts tun und nichts als gebratene Enten, Pasteten und Pfannkuchen essen? Bin ich nicht ebenso Mensch wie sie alle? Wäre es nicht recht und billig, wenn sich auch Tewje in einer Sommerfrische ausruhen könnte? Wo wird man aber dann Käse und Butter hernehmen? Wer wird die Kühe melken? Natürlich werden sie es tun, die reichen Leute aus Jehupez! ... Und ich fange selbst über diesen verrückten Gedanken zu lachen an! Wie das Sprichwort sagt: Wenn Gott auf alle Narren hören wollte, so würde die Welt schön ausschauen ...

»Guten Abend, Reb Tewje!« höre ich plötzlich jemand sagen. Ich wende mich um und sehe – es ist mein Bekannter, Motel Kamisol, ein Schneidergeselle aus Anatewka. »Gesegnet sei, der da kommt!« sage ich. »Willkommen! Möge auch Messias ebenso bald kommen! Setze dich, Motel, auf Gottes Erde«, sage ich. »Wie kommst du plötzlich her?« – »Wie ich herkomme? Mit den Beinen«, sagt er zu mir. Er setzt sich neben mich aufs Gras und schaut immer dorthin, wo sich meine Töchter mit den Kannen und Krügen zu schaffen machen. »Ich wollte Euch schon längst besuchen, Reb Tewje«, sagt er zu mir, »aber ich hatte immer keine Zeit; sobald ich mit der einen Arbeit fertig werde, muß ich gleich wieder eine andere beginnen; ich bin jetzt selbständiger Schneider geworden und habe, gottlob, genug zu tun. Alle Schneider sind jetzt mit Arbeit versehen, denn diesen Sommer gibt es jeden Tag eine Hochzeit: Berel Fonfatsch macht Hochzeit, und Jossei Schejgez macht Hochzeit, und Mendel Sajika macht Hochzeit, und Jankel Piskatsch macht Hochzeit, und Moische Gorgel macht Hochzeit, und Mejer Kropiwa macht Hochzeit, und Chajim Loschek macht Hochzeit und sogar die Witwe Trigubicha macht Hochzeit!«

»Die ganze Welt«, sage ich, »macht Hochzeit, nur ich allein bin noch nicht so weit! Gott hält mich wohl für unwürdig ...« – »Nein«, sagt er mir und schaut immer zu den Mädeln hinüber. »Ihr seid im Irrtum, Reb Tewje! Wenn Ihr nur wolltet, so könntet auch Ihr ein Kind verheiraten, denn es hängt nur von Euch allein ab ...« – »Was willst du damit sagen?« sage ich. »Weißt du vielleicht eine Partie für meine Zeitel?« – »Ihr habt es erraten!« sagt er zu mir. – »Ist es wenigstens etwas Passendes?« sage ich und denke mir, daß er Lejser-Wolf, den Fleischer meint. – »Wie angegossen!« sagt er mir in seiner Schneidersprache und schaut immer zu meinen Töchtern hinüber. – »Wo ist denn die Partie, die du mir vorschlagen wirst?« frage ich ihn. »In welcher Gegend? Wenn sie nach einem Fleischladen riecht«, sage ich, »so will ich nichts von ihr hören!« – »Gott behüte!« sagt er, »sie hat mit einem Fleischerladen nichts zu tun! Ihr kennt den Betreffenden sehr gut, Reb Tewje!« – »Ist es wenigstens«, sage ich, »was Rechtes?« – »Und ob!« sagt er: »Es ist, wie man sagt, ich werde jubeln und frohlocken, – wie zugeschnitten und angenäht!« ... – »Wer ist denn der junge Mann?« sage ich, »laß es mich hören!« – »Wer der junge Mann ist?« sagt er und schaut immer zu den Mädeln hinüber. »Der junge Mann, versteht Ihr mich, Reb Tewje, das bin ich selbst ...«

Als er diese Worte sprach, sprang ich auf, wie wenn ich mich verbrüht hätte. Auch er sprang auf, und so standen wir einander gegenüber wie zwei Hähne. – »Bist du verrückt«, sage ich ihm, »oder bist du von Sinnen? Du bist selbst der Schadchen, bist selbst der Gegenschwäher und selbst der Bräutigam? Das heißt eine eigene Hochzeit mit eigenen Musikanten! Ich habe«, sage ich, »noch niemals gehört, daß ein Bursche sein eigener Schadchen ist!« – »Reb Tewje«, sagt er, »wenn Ihr meint, daß ich verrückt bin, so wünsche ich es allen unseren Feinden! Ich bin noch, Ihr könnt es mir glauben, bei gesundem Verstand. Und man braucht dazu gar nicht verrückt zu sein«, sagt er, »um Eure Zeitel heiraten zu wollen! Und wenn Ihr einen Beweis haben wollt, so erinnere ich Euch nur daran, daß Lejser-Wolf, der doch der reichste Mann in unserer Stadt ist, sie wie sie steht und geht nehmen will ... Ihr meint, es sei ein Geheimnis? Die ganze Stadt weiß es schon! ... Und wenn Ihr mir sagt, daß man so etwas nicht ohne Schadchen machen darf«, sagt er, »so muß ich mich über Euch wundern, Reb Tewje, Ihr seid doch selbst ein Mann, dem man keinen Finger in den Mund stecken darf, denn Ihr würdet ihn abbeißen ... Aber was taugen uns die langen Reden? Die Geschichte verhält sich so: ich und Eure Tochter Zeitel haben uns schon längst das Wort gegeben, daß wir uns heiraten werden.« ...

Wenn mir jemand ein Messer ins Herz gestoßen hätte, so wäre es mir viel lieber, als diese Worte zu hören: erstens, wie kommt er, Motel, der Schneider, dazu, Tewjes Schwiegersohn zu werden? Und zweitens, was sind das für Sachen: sie haben sich das Wort gegeben, daß sie sich heiraten werden? – »Und wo bin ich?« sage ich zu ihm. »Ich habe doch auch ein Wort mitzureden, oder werde ich gar nicht gefragt?« – »Gott behüte«, sagt er, »zu diesem Zweck bin ich hergekommen, um mit Euch darüber zu sprechen, denn ich hörte, daß Lejser-Wolf sich um Eure Tochter bewirbt, die ich schon seit mehr als einem Jahre liebe ...« – »Selbstverständlich«, sage ich, »wenn Tewje eine Tochter Zeitel hat, und du Motel Kamisol heißt und ein Schneider bist, was kannst du für einen Grund haben, sie zu hassen?« – »Nein«, sagt er, »nicht so meine ich es, ich meine es ganz anders: ich wollte Euch nur sagen, daß ich Eure Tochter liebe, daß Eure Tochter mich seit mehr als einem Jahr liebt, und daß wir uns das Wort gegeben haben, uns zu heiraten. Ich wollte«, sagt er, »schon einigemal mit Euch darüber sprechen, habe es aber immer aufgeschoben, bis ich mir einige Rubel zusammengespart hätte, um mir eine Nähmaschine anzuschaffen und mich dann so wie es sich gehört auszustaffieren. Denn ein junger Mann, der etwas auf sich hält, braucht heutzutage zwei Anzüge und einige Westen ...« – »In die Erde sollst du versinken«, sage ich ihm, »mit deinem Kinderverstand! Was wirst du nach der Hochzeit tun? Am Hungertuche nagen oder dein Weib mit deinen Westen ernähren?« – »Ach«, sagt er, »ich muß mich über Euch wundern, Reb Tewje, daß Ihr so etwas sagen könnt! Ich meine, daß auch Ihr noch kein eigenes Haus hattet, als Ihr heiratetet. Und es ist, wie Ihr seht, doch gegangen ... So oder so, was mit ganz Israel geschehen wird, das wird auch mit Reb Israel geschehen ... Außerdem bin ich ja auch Handwerker.« ...

Kurz und gut, was soll ich Euch lange erzählen? Er hatte mich überredet. Und warum? Wir wollen uns doch nicht betrügen: wie heiraten alle jüdischen Kinder? Wenn man auf solche Dinge schauen wollte, so würden Leute von unserem Stande niemals heiraten können. Aber eines hat mich geärgert, und ich konnte es unmöglich verstehen. Was heißt das: sie haben sich das Wort gegeben? Was ist das plötzlich für eine Welt? Ein Bursche begegnet einem Mädel und sagt: »Wollen wir uns das Wort geben, daß wir uns heiraten werden.« ... Das ist doch Unsinn! ... Als ich aber meinen Motel ansah, wie er mit gesenktem Kopfe wie ein Sünder dastand und es offenbar ganz ernst meinte, und gar keine Hintergedanken hatte, überlegte ich mir die Sache: »Wenn ich ordentlich nachdenke, was brauche ich mich so aufzuregen und solche Geschichten zu machen? Bin ich von einer so vornehmen Abstammung, oder gebe ich ihr eine so großartige Mitgift, oder so wunderbare Kleider zur Aussteuer? Motel Kamisol ist zwar ein Schneider, aber ein braver Bursche, ein Arbeiter, der sein Weib ernähren kann, und ein ordentlicher Mensch. Was kann ich gegen ihn haben? Tewje«, sage ich zu mir, »mache keine faulen Geschichten und sage ›Ja‹, wie es geschrieben steht: ›Ich habe es dir vergeben, nach deinen Worten‹ – daß es nur glücklich abläuft!« ...

Ja, was tue ich aber mit meiner Alten? Ich werde doch von ihr ein ordentliches Donnerwetter bekommen, wie man sagt, mit Pferden und Kamelen, – volle Schüsseln und Teller! Wie bringe ich ihr die Sache so bei, daß sie zu allem ja sagt?

»Weißt du was, Motel?« sage ich zu meinem Bräutigam: »Gehe nach Hause, und ich werde inzwischen alles Nötige erledigen, werde die Sache mit dem und jenem besprechen, wie es im Buche Esther heißt: ›Und man schrieb niemand vor, was er trinken sollte‹ – jede Sache will ordentlich überlegt sein! und morgen früh, so Gott will, wenn du es inzwischen nicht bereust, werden wir uns wiedersehen ...« – »Bereuen?« sagt er zu mir: »Ich soll die Sache bereuen? Mag ich hier auf der Stelle sterben, sollen von mir«, sagt er, »nichts als Knochen übrig bleiben, wenn ich je mein Wort zurücknehme!«. – »Was taugen alle deine Schwüre«, sage ich zu ihm, »wenn ich es dir auch so, ohne Schwüre glaube? Bleibe gesund«, sage ich, »schlafe wohl und habe lauter gute Träume.« ...

Wie er gegangen ist, lege ich mich zu Bett, kann aber keinen Schlaf finden. Der Kopf zerspringt mir beinahe vor Nachdenken, bis ich schließlich den richtigen Plan gefunden habe. Und was ist das für ein Plan? Ihr werdet gleich hören, was für Einfälle Tewje haben kann!

Kurz und gut, gegen Mitternacht, als das ganze Haus in tiefem Schlafe lag, und der eine schnarchte, der andere pfiff, fing ich plötzlich mit wilder Stimme zu schreien an: »Gewalt! Gewalt! Gewalt!« Selbstverständlich erwachte das ganze Haus, und Golde natürlich zuallererst. »Gott sei mit dir, Tewje«, sagt sie zu mir und schüttelt mich: »Wach auf! Was ist dir geschehen, daß du so schreist?« Ich öffne die Augen, sehe mich nach allen Seiten um und sage mit zitternder Stimme: »Wo ist sie hin?« – »Wer? Wen suchst du?« – »Frume-Ssore«, sage ich, »Frume-Ssore Lejser-Wolfs war eben hier ...« – »Du redest wie im Fieber«, sagt mir mein Weib: »Gott sei mit dir, Tewje! Frume-Ssore Lejser-Wolfs – es sei zwischen den Lebenden und den Toten wohl unterschieden, ist ja schon längst auf der wahren Welt.« – »Ich weiß«, sage ich, »daß sie gestorben ist, und doch war sie soeben hier, sie stand vor meinem Bett, redete mit mir und packte mich plötzlich«, sage ich, »bei der Gurgel und wollte mich erwürgen!« – »Gott sei mit dir, Tewje! Was redest du für Unsinn?« sagt zu mir mein Weib: »Du hast es wohl geträumt! Spucke dreimal aus, damit sich der Traum zum Guten wendet.«

»Lange leben sollst du, Golde«, sage ich zu ihr, »ich danke dir, daß du mich aufgeweckt hast! Hättest du mich nicht geweckt, so wäre ich wohl auf der Stelle gestorben. Gib mir«, sage ich, »einen Schluck Wasser! Dann werde ich dir den Traum erzählen, den ich gehabt habe. Aber ich muß dich bitten, daß du nicht erschrickst und dir nicht Gott weiß was denkst, denn es steht in unseren heiligen Büchern geschrieben, daß nur der dritte Teil eines Traumes in Erfüllung gehen kann und alles übrige Unsinn ist, eitel Lüge ... Vor allen Dingen«, sage ich, »träumte mir, daß bei uns im Hause irgendeine Feier sei; ich weiß nicht mehr, ob es ein Verlobungsmahl oder eine Hochzeit war. Viele Menschen waren versammelt, Männer und Weiber, der Row und der Schächter, und Spielleute ... Und plötzlich geht die Türe auf, und Großmutter Zeitel, sie ruhe in Frieden, tritt ein.« ...

Als mein Weib das Wort Großmutter Zeitel hörte, wurde sie blaß wie die Wand und sagte zu mir: »Wie sah sie aus und was hatte sie an?« – »Auf alle unsere Feinde sei es gesagt, wie sie aussah«, sage ich, »ihr Gesicht war gelb wie Wachs, und sie hatte natürlich ein weißes Gewand an, ein Totenhemd ... ›Maseltow!‹ sagte zu mir Großmutter Zeitel: ›Es freut mich, daß ihr für eure Zeitel, die nach mir benannt ist, einen so feinen und anständigen Bräutigam gefunden habt! Er heißt Motel Kamisol nach meinem Onkel Mordchaj, und ist zwar ein Schneider, aber ein sehr anständiger Mensch. ...‹« – »Wie kommt in unsere Familie«, sagt mir Golde, »ein Schneider? In unserer Familie«, sagt sie, »gab es Lehrer, Vorbeter, Schuldiener, Angestellte der Beerdigungsbrüderschaft und sonstige arme Leute, aber, Gott behüte, weder Schneider noch Schuster ...« – »Unterbreche mich nicht, Golde!« sage ich ihr: »Deine Großmutter Zeitel wird es wohl besser wissen. ... Als ich von der Großmutter Zeitel einen solchen Masel-tow hörte, sagte ich ihr: ›Warum sagt Ihr, Großmutter, daß Zeitels Bräutigam Motel heißt und ein Schneider ist? Er heißt doch Lejser-Wolf und ist ein Fleischer!‹ – ›Nein‹, sagte sie, ›nein, Tewje, der Bräutigam deiner Zeitel heißt wirklich Motel und ist ein Schneider, und an seiner Seite wird sie, so Gott will, in Reichtum und in Ehren alt werden.‹ – ‹Es ist recht, Großmutter, sage ich ihr wieder, ›was soll ich aber mit Lejser-Wolf machen? Ich habe ihm ja erst gestern das Wort gegeben!‹ – Wie ich dies gesagt habe, sehe ich hin: Großmutter Zeitel ist verschwunden! An ihrer Stelle steht Frume-Ssore Lejser-Wolfs und sagt zu mir: ›Reb Tewje! Ich hielt Euch stets für einen anständigen Menschen, für einen Mann der Thora! Wie könnt Ihr es nun wünschen, daß Eure Tochter mich beerbt, daß sie in meiner Stube sitzt, meine Schlüssel in die Hand nimmt, meinen Mantel, meinen Schmuck und meine Perlen trägt?‹ – ‹Was kann ich dafür?‹ sage ich zu ihr: ›Euer Lejser-Wolf hat es so gewollt ...‹ – ›Lejser-Wolf?‹ sagt sie zu mir: ›Lejser-Wolf wird ein böses Ende haben, und Eure Zeitel schade um sie, Reb Tewje! –, Eure Zeitel wird mit ihm nicht mehr als drei Wochen zusammen leben; wenn die drei Wochen ablaufen, werde ich zu ihr in der Nacht kommen und werde sie so bei der Gurgel packen ...‹ Und mit diesen Worten«, sage ich, »packte mich Frume-Ssore bei der Gurgel und begann mich zu würgen. Und wenn du mich nicht geweckt hättest, so wäre ich jetzt nicht mehr auf dieser Welt!« ...

Mein Weib spuckte dreimal aus und sagte: »In den Fluß soll es fallen, in die Erde soll es versinken, auf die Dachböden soll es klettern, im Walde soll es ruhen, aber uns und unseren Kindern soll es nicht schaden! Das war ein böser, ein finsterer, ein wüster Traum, er möge dem Fleischer auf den Kopf fallen, auf seine Arme und Beine! Soll er für Motels kleinsten Fingernagel zugrunde gehen, und wenn Motel auch nur ein Schneider ist: wenn er nach meinem Großonkel Mordchaj benannt ist, so ist er wohl kein geborener Schneider, und wenn Großmutter Zeitel sich selbst aus jener Welt herbemüht, um uns Maseltow zu sagen, so müssen wir sagen: Es geschehe in einer guten und glücklichen Stunde! Amen, sela!« ...

Kurz und gut, was soll ich Euch lange aufhalten? Ich hielt mich in jener Nacht unter meiner Bettdecke stärker als Eisen, um nicht vor Lachen zu zerspringen. ... ›Gelobt sei der Ewige, daß er mich nicht als Weib erschaffen hat.‹ ... Ein Weib bleibt doch immer ein Weib. ... Selbstverständlich wurde am nächsten Tage die Verlobung gefeiert und bald darauf auch die Hochzeit, wie es im Talmud heißt: ›Wie der Mann, so auch seine Ware.‹ Und das junge Paar lebt, gottlob, ganz zufrieden: er ist Schneider, geht in Bojberik von einer Sommerwohnung zur anderen und nimmt Bestellungen an; und sie ist Tag und Nacht im Joch: sie kocht und bäckt und wäscht und putzt und schleppt Wasser; und sie haben trotzdem kaum etwas zu essen. Wenn ich ihnen nicht ab und zu ein wenig Milchware oder ein paar Groschen bringen würde, so ginge es ihnen gar nicht gut. Wenn man aber mit ihr darüber spricht, so sagt sie, daß es ihr, unberufen, glänzend geht. Denn sie hat keinen anderen Wunsch, sagt sie, als daß ihr Motel immer gesund bleibt. Nun geh einer her und rede mit den Kindern von heute! Es ist so, wie ich es Euch am Anfang gesagt habe: Kinder habe ich großgezogen und erhöhet – plage dich für deine Kinder ab, renne mit dem Kopf die Wand ein, und sie sind von mir abgefallen. Sie sagen, daß sie es besser verstehen. Nein, Ihr könnt sagen, was ihr wollt, die Kinder von heute sind zu klug! Ich glaube aber, daß ich Euch heute den Kopf noch mehr als sonst vollgeredet habe, nehmt es mir nicht übel! Bleibt gesund und laßt es Euch immer gut gehen!


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