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Unsere Entschlüsse sind in viel höherem Maß von der Anpassung an Stand und Umgebung abhängig, als wir geneigt sind, uns einzugestehen. Ein beträchtlicher Teil unseres Denkens schaltet bloß längst übernommene Eindrücke und Einflüsse automatisch weiter, und besonders, wer im Drill soldatischer Disziplin von Kindheit an erzogen wurde, unterliegt der Psychose eines Befehls wie einem unwiderstehlichen Zwang. Jedes militärische Kommando hat über ihn eine logisch völlig unbegreifliche, willensauflösende Macht. In der Zwangsjacke der Uniform erfüllt er, selbst wenn er der Sinnlosigkeit eines Auftrags völlig gewahr ist, die Vorschrift wie ein Schlafwandler, widerstandslos und fast unbewußt.

Auch ich, der ich von meinen fünfundzwanzig Jahren die fünfzehn wahrhaft ausformenden in der Militärschule und in der Kaserne verbracht hatte, hörte von der Sekunde an, da ich den Befehl des Obersten entgegengenommen, sofort auf, selbständig zu denken oder zu handeln. Ich überlegte nicht mehr. Ich gehorchte nur noch. Mein Gehirn wußte nichts als das eine, daß ich um halb sechs Uhr marschbereit gestellt zu sein hätte und bis dahin alle Vorbereitungen klaglos treffen mußte. So weckte ich meinen Burschen, teilte ihm knapp mit, wir hätten infolge dringenden Befehls morgen nach Czaslau abzugehen, packte mit ihm meine Sachen Stück für Stück. Mit Mühe wurden wir fertig, und Schlag halb sechs stand ich befehlsgemäß im Zimmer des Obersten, um die dienstlichen Papiere entgegenzunehmen. Unbemerkt, wie er befohlen, verließ ich die Kaserne.

Freilich, diese hypnotische Willenslähmung hielt nur genau so lange an, als ich mich im Geviert des militärischen Machtbereichs befand und mein Auftrag noch nicht restlos erfüllt war. Mit dem ersten Ruck der Maschine, der den Zug in Bewegung setzte, fiel die Betäubung bereits von mir ab, und wie einer, der durch den Luftdruck eines einschlagenden Geschosses umgeschleudert wurde, auftaumelt und staunend entdeckt, daß er unversehrt ist, schrak ich auf. Mein erstes Erstaunen war: ich lebte noch. Mein zweites: ich saß in einem rollenden Zug, weggerissen von meiner täglichen, gewöhnlichen Existenz. Und kaum, daß ich mich zu erinnern begann, jagte es heran in fiebernder Eile. Ich hatte doch Schluß machen wollen und jemand hatte mir die Hand weggerissen vom Revolver. Der Oberst hatte gesagt, er wolle alles ordnen. Aber doch nur – konstatierte ich ganz verstört – soweit es das Regiment und meinen sogenannten »guten Ruf« als Offizier betraf. Jetzt vielleicht standen die Kameraden vor ihm in der Kaserne, und selbstverständlich versprachen sie ihm mit Ehre und Eid, kein Wort über den Vorfall verlauten zu lassen. Aber was sie innerlich denken, kann kein Befehl verhindern, alle müssen sie merken, daß ich feige abgepascht bin. Der Apotheker wird sich vielleicht zunächst noch beschwatzen lassen – aber Edith, der Vater, die andern? – Wer wird sie verständigen, wer ihnen alles erklären? Sieben Uhr morgens: jetzt wacht sie auf, und ihr erster Gedanke bin ich. Vielleicht blickt sie schon von der Terrasse – ah, die Terrasse, warum schauert's mich immer, wenn ich an das Geländer denke? – mit dem Teleskop zum Exerzierplatz hinüber, sieht unser Regiment traben und weiß nicht und ahnt nicht, daß dort einer fehlt. Aber nachmittags beginnt sie zu warten, und ich komme nicht, und niemand hat ihr etwas gesagt. Keine Zeile habe ich ihr geschrieben. Sie wird telephonieren, man wird ihr mitteilen, daß ich abkommandiert sei, und sie wird es nicht verstehen, wird es nicht fassen. Oder fürchterlicher noch: sie wird es begreifen, sofort begreifen und dann ... Plötzlich sehe ich Condors drohenden Blick hinter den blitzenden Gläsern, ich höre wieder, wie er mich anschreit: »Es wäre ein Verbrechen, ein Mord!« Und schon überschneidet ein anderes Bild das erste: wie sie sich damals aufstemmte aus dem Lehnstuhl und gegen die Brüstung der Terrasse warf, den Abgrund, den Selbstmord schon in den Blicken.

Ich muß etwas tun, sofort etwas tun! Gleich vom Bahnhof muß ich ihr telegraphieren, irgend etwas telegraphieren. Ich muß unbedingt verhindern, daß sie in ihrer Verzweiflung etwas Brüskes, etwas Unwiderrufliches tut. Nein, ich soll doch nichts Brüskes, nichts Unwiderrufliches tun, hat Condor gesagt, und wenn etwas Schlimmes passiert, ihn sofort verständigen. In die Hand habe ich es ihm versprochen, und Wort ist Ehrenwort. Gott sei Dank: in Wien habe ich dazu noch zwei Stunden Zeit. Erst mittags geht der Zug weiter. Vielleicht erreiche ich Condor noch. Ich muß ihn erreichen.

Sofort bei der Ankunft übergebe ich meinem Burschen das Gepäck. Er soll damit gleich auf die Nordwestbahn fahren und dort auf mich warten. Dann jage ich im Wagen hin zu Condor und bete (ich bin sonst nicht fromm): »Gott, laß ihn zu Hause sein, laß ihn zu Hause sein! Nur ihm kann ich's erklären, nur er kann mich verstehen, nur er kann helfen.«

Aber lässig schlurft mir das Dienstmädchen entgegen, das bunte Aufräumetuch um den Kopf, der Herr Doktor sei nicht zu Hause. Ob ich auf ihn warten könnte? »Na, vor Mittag kommt er net.« Ob sie wisse, wo er sei? »Na, waaß net. Er geht von einem zum andern.« Ob ich vielleicht Frau Doktor sprechen könnte? »Ich wer's fragen«, schupft sie die Achseln und geht hinein.

Ich warte. Dasselbe Zimmer, dasselbe Warten wie damals und – gottlob – jetzt von nebenan derselbe leise schleifende Schritt.

Die Tür öffnet sich, zaghaft, unsicher. Wie damals ist es, als ob ein Lufthauch sie aufgeweht hätte, nur kommt diesmal die Stimme gütig und herzlich mir entgegen.

»Sie sind es doch, Herr Leutnant?«

»Ja«, sage ich, während ich mich – immer die gleiche Torheit! – vor der Blinden verbeuge.

»Ach, das wird meinem Mann furchtbar leid tun! Ich weiß, er wird es sehr bedauern. Aber ich hoffe, Sie können doch warten. Spätestens um ein Uhr kommt er zurück.«

»Nein, leider – ich kann nicht warten. Aber ... aber es ist sehr wichtig ... könnte ich ihn nicht vielleicht telephonisch bei irgendeinem Patienten erreichen?«

Sie seufzt. »Nein, ich fürchte, das wird nicht möglich sein. Ich weiß nicht, wo er ist ... und dann, wissen Sie ... die Leute, die er am liebsten behandelt, haben gar kein Telephon. Aber vielleicht könnte ich selbst ...«

Sie tritt heran, ein scheuer Ausdruck huscht über ihr Gesicht. Sie möchte etwas sagen, aber ich sehe, sie schämt sich. Endlich versucht sie:

»Ich ... ich merke ... ich spüre schon, daß es sehr dringlich sein muß ... und wenn eine Möglichkeit bestünde, so würde ich Ihnen ... würde ich Ihnen natürlich sagen, wie man ihn erreichen kann. Aber ... aber ... vielleicht könnte ich ihm selbst Bescheid geben, sobald er zurückkommt ... es ist doch wahrscheinlich wegen des armen Mädchens draußen, zu dem Sie immer so gut sind ... Wenn Sie wollen, so übernehme ich es gern ...«

Und nun geschieht mir das Unsinnige, daß ich nicht wage, ihr in die blinden Augen zu schauen. Ich habe, ich weiß nicht wieso, das Gefühl, sie wüßte schon alles, sie hätte alles erraten. Eben darum schäme ich mich so sehr und stammle nur:

»Zu gütig von Ihnen, gnädige Frau, doch ... ich möchte Sie nicht bemühen. Wenn Sie gestatten, kann ich ihm auch schriftlich das Wesentliche mitteilen. Aber es ist doch sicher, nicht wahr, daß er vor zwei Uhr nach Hause kommt? Denn knapp nach zwei geht schon der Zug, und er muß hinaus, das heißt ... es ist unbedingt nötig, glauben Sie mir, daß er hinausfährt. Ich übertreibe wirklich nicht.«

Ich spüre, sie zweifelt nicht. Abermals tritt sie näher, und ich sehe ihre Hand, wie sie sich unbewußt zu einer Geste formt, als ob sie mich beruhigen und beschwichtigen wollte.

»Selbstverständlich glaube ich es, wenn Sie es sagen. Und haben Sie keine Sorge. Was er tun kann, wird er tun.«

»Und darf ich ihm schreiben?«

»Ja, schreiben Sie ihm nur ... dort bitte.«

Sie geht voraus mit der merkwürdigen Sicherheit eines, der in diesem Raum um jedes Ding weiß. Dutzende Male im Tag muß sie seinen Schreibtisch mit ihren wachsamen Fingern ordnen und betasten, denn sie nimmt aus der linken Lade mit dem genauen Griff eines Sehenden drei, vier Blätter und legt sie mir vollkommen gerade auf die Schreibunterlage hin. »Dort finden Sie Feder und Tinte« wieder weist sie präzis auf die richtige Stelle.

Ich schreibe in einem Ruck fünf Seiten. Ich beschwöre Condor, er müsse sofort hinaus, sofort – dreimal unterstreiche ich das Wort. Ich erzähle ihm alles, in flüchtigster und aufrichtigster Form. Ich hätte nicht standgehalten, ich hätte die Verlobung abgeleugnet vor den Kameraden – er allein habe gleich von Anfang an erkannt, daß die Furcht vor den andern, die erbärmliche Angst vor dem Geschwätz und Gerede meine Schwäche verschulde. Ich verschweige ihm nicht, daß ich mich selber richten wollte und daß der Oberst mich wider meinen Willen gerettet. Aber nur an mich hätte ich bis zu diesem Augenblick gedacht, jetzt erst begriffe ich, daß ich eine andere, eine Unschuldige mit mir reiße. Sofort, er werde doch verstehen, wie dringlich es sei, solle er hinausfahren – abermals unterstreiche ich das »sofort« – und ihnen die Wahrheit sagen, die ganze Wahrheit. Er solle nichts beschönigen. Er solle mich nicht als besser, als unschuldig hinstellen; wenn sie mir trotzdem meine Schwäche verzeihe, sei mir das Verlöbnis heiliger als je. Jetzt erst sei es mir wirklich heilig, und wenn sie es erlaube, käme ich gleich mit in die Schweiz, ich quittierte den Dienst, ich bliebe bei ihr, gleichgültig, ob sie bald geheilt würde oder später oder nie. Alles würde ich tun, um meine Feigheit, meine Lüge gutzumachen, nur den einen Wert habe mehr mein Leben: ihr zu beweisen, daß ich nicht sie, daß ich nur die andern betrogen hätte. Alles das solle er ihr ehrlich sagen, die volle Wahrheit, denn jetzt erst wisse ich, wie sehr ich ihr verpflichtet sei, mehr als allen andern Menschen, mehr als den Kameraden, als dem Militär. Nur sie solle mich richten, nur sie mir verzeihen. In ihren Händen sei jetzt die Entscheidung, ob sie mir vergeben könne, und er möge – es gehe doch um Tod und Leben – alles stehen und liegen lassen und hinausfahren mit dem Mittagszug. Unbedingt müsse er dort sein um halb fünf, nicht später, unbedingt noch zur Stunde, da sie mich sonst erwarte. Es sei meine letzte Bitte an ihn. Nur dies eine Mal solle er mir helfen und sofort – viermal unterstreiche ich dies jagende »sofort« – solle er hinaus, sonst sei alles verloren.

Als ich die Feder hinlegte, war mir sofort klar, daß ich mich nun zum erstenmal endgültig entschieden hatte. Im Schreiben erst war mir das Richtige bewußt geworden. Zum erstenmal war ich dem Obersten dankbar, der mich gerettet hatte. Ich wußte: nur einem Menschen, nur ihr, die mich liebte, war ich von nun ab mit meinem ganzen Leben verpflichtet.

In diesem Moment bemerkte ich auch, daß die Blinde völlig reglos neben mir gestanden hatte. Wieder kam über mich das Gefühl, das unsinnige, sie hätte jedes Wort des Briefes gelesen und sie wisse alles von mir.

»Verzeihen Sie meine Unhöflichkeit«, sprang ich sofort auf, »ich hatte ganz vergessen ... aber ... aber ... es war mir so wichtig, daß ich Ihren Herrn Gemahl gleich verständigte ...«

Sie lächelte mich an.

»Das macht doch nichts, daß ich ein bißchen gestanden bin. Wichtig war nur das andere. Mein Mann wird sicher tun, was immer Sie von ihm wollen ... ich habe gleich gefühlt – ich kenne doch in seiner Stimme jeden Ton – daß er Sie gern hat, besonders gern ... Und quälen Sie sich nicht« – ihre Stimme wurde immer wärmer – »ich bitte Sie, quälen Sie sich nicht ... es wird bestimmt alles wieder gut werden.«

»Gott gebe es!« sagte ich voll ehrlicher Hoffnung – wurde es denn nicht von den Blinden gesagt, daß sie der Weissagung mächtig seien?

Ich beugte mich nieder und küßte ihre Hand. Als ich aufsah, begriff ich nicht, daß mir diese Frau mit ihrem grauen Haar, ihrem herben Mund und der Bitternis ihrer blinden Augen zuerst häßlich erschienen war. Denn ihr Antlitz leuchtete von Liebe und menschlichem Mitgefühl. Mir war, als ob diese nur das Dunkel ewig spiegelnden Augen mehr vom Wirklichen des Lebens wüßten als all jene, die hell und strahlend in die Welt sehen.

Wie ein Genesener nahm ich Abschied. Daß ich in dieser Stunde einer andern Verstörten und Verstoßenen des Lebens mich neu und für immer versprochen hatte, dünkte mir mit einem Mal kein Opfer mehr. Nein, nicht die Gesunden, die Sicheren, die Stolzen, die Frohen, die Freudigen lieben – die brauchen es nicht! Die nehmen Liebe nur als gebotene Huldigung, als ihnen schuldige Pflicht hin, hochmütig und gleichgültig. Eine bloße Zutat, ein Schmuck im Haar, eine Spange an den Armen ist ihnen Hingabe eines andern, nicht ihres Lebens ganzer Sinn und Seligkeit. Einzig denen, die das Schicksal benachteiligt hat, einzig den Verstörten, den Zurückgesetzten, den Unsicheren, den Unschönen, den Gedemütigten kann man wahrhaft helfen durch Liebe. Wer ihnen sein Leben hingibt, entgilt, was das Leben ihnen genommen. Nur sie wissen zu lieben und geliebt zu werden, wie man lieben soll: dankbar und demütig.

 

Mein Bursche wartet getreulich in der Bahnhofshalle. »Komm«, lache ich ihn an. Mir ist mit einmal merkwürdig leicht geworden. Ich weiß mit einer noch nie gekannten Entlastung: endlich habe ich das Richtige getan. Ich habe mich gerettet, ich habe einen anderen Menschen gerettet. Und ich bereue nicht einmal mehr die unsinnige Feigheit der letzten Nacht. Im Gegenteil, ich sage mir: es ist besser so. Es ist besser, daß es so gekommen ist, daß jene, die mir vertrauten, jetzt wissen, daß ich kein Held, kein Heiliger bin, nicht ein Gott, der aus der Wolke gnädig ein armes krankes Wesen zu sich zu heben geruht. Wenn ich jetzt ihre Liebe an mich nehme, ist es kein Opfer mehr. Nein, an mir ist es jetzt, Verzeihung zu fordern, an ihr, sie zu gewähren. Es ist besser so.

Nie habe ich mich meiner derart sicher gefühlt; nur einmal wehte noch flüchtig ein Schatten von Angst heran, und das war, als in Lundenburg ein dicker Herr hereinstürzte ins Coupé und sich keuchend auf den Polstersitz fallen ließ: »Gott sei Dank, daß ich ihn noch erwischt habe. Ohne die sechs Minuten Verspätung hätte ich den Zug versäumt.«

Unwillkürlich stieß es in mich hinein. Wie, wenn Condor am Ende mittags nicht nach Hause gekommen wäre? Oder zu spät gekommen, um noch den Nachmittagszug zu erreichen? Dann war ja alles vergeblich! Dann wartet und wartet sie. Sofort blitzt das Schreckbild der Terrasse wieder auf: wie sie die Hände anklammert an das Geländer und hinunterstarrt und sich schon neigt über die Tiefe! Um Gottes willen, sie muß doch rechtzeitig erfahren, wie sehr ich meinen Verrat bereue! Rechtzeitig, ehe sie verzweifelt, ehe vielleicht das Entsetzliche geschieht! Am besten, ich telegraphiere von der ersten Station noch ein paar Worte, die sie zuversichtlich machen, für den Fall, daß Condor sie nicht benachrichtigt haben soll.

In Brunn, der nächsten Station, springe ich aus dem Zug und laufe zum Telegraphenamt des Bahnhofs. Aber was ist denn los? Vor der Tür drängt, dicht geknäult, eine schwarze, traubige Wabe, ein aufgeregter Haufen Menschen und liest einen Anschlag. Mit Gewalt und Grobheit muß ich mich, rücksichtslos die Ellbogen gebrauchend, zur kleinen Glastür in das Postamt durchstoßen. Rasch, rasch jetzt ein Formular! Was schreiben? Nur nicht zu viel! »Edith von Kekesfalva. Kekesfalva. Tausend Grüße von unterwegs und treues Gedenken. Dienstlicher Auftrag. Komme bald zurück. Condor berichtet alles Nähere. Schreibe sofort wie angelangt. Innigst Anton.«

Ich gebe das Telegramm auf. Wie langsam die Beamtin ist, wie viel sie herumfragt: Absender, Adresse, eine Formalität nach der andern. Und der Zug geht doch schon in zwei Minuten ab. Abermals muß ich ziemlich Gewalt anwenden, um mich durch den neugierigen Haufen vor dem Anschlag durchzudrücken, der sich inzwischen noch vergrößert hat. Was ist denn eigentlich los? will ich eben noch fragen. Aber da gellt bereits das Abfahrtssignal. Mir bleibt gerade noch Zeit, in den Waggon zu springen. Gott sei Dank, jetzt ist alles getan, jetzt kann sie nicht mißtrauisch, nicht unruhig werden. Nun erst spüre ich, wie abgemüdet ich bin von diesen zwei angespannten Tagen, diesen zwei schlaflosen Nächten. Und abends in Czaslau anlangend, muß ich alle Kraft zusammenraffen, um das eine Stockwerk zu meinem Hotelzimmer hinauf zutaumeln. Dann stürzte ich in den Schlaf wie in einen Abgrund hinein.

 


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