Albin Zollinger
Der Fröschlacher Kuckuck
Albin Zollinger

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Zwanzigstes und in diesem Buche letztes Abenteuer

worin die Narrheit ihren Zirkel auszieht, Fröschlach der Welt sein Gold, nebst einem Genie abliefert, der Mohr also gehen kann.

Ein Sieger gönnt seinem Soldaten gerne das Lied. Der Herzog von Lothringen lächelte an der Spitze seines Heerzuges, der den blauen Tag mit Scherz 128 und Gesang auszeichnete. Die Luft stand gleichsam voll von Karussellen und Fahnen, auch Moscheen und farbigen Völkern, klingelte mit Musiken, wehte in Drehorgeln hin, und das Korn aller kommenden Sommer atmete in wohliger Dünung. Wer ein Reich geschaffen hat, fühlt die ungeborenen Geschlechter mit ihren Sonntagen, ihren Glocken, Feierabenden, Gärten über sich als ein Glück, fühlt aber auch, überm Grab der Gefallenen, die dreifache Wonne, zu leben; daher singt er und sieht alles schön, das Silber des Staubes, die Wolkenparke.

Der Herzog hatte im Herzen alle Beruhigung aus dem Getanen, den sichern Besitz des Vollbrachten, freilich auch das Weiterträumen; indem seine Krieger sangen, entwarf er die neuen Schlachten, rüstete er ihren Tod wie eine Mutter die Betten.

Daher blieb er versonnen stehen, als im Moor eine Abordnung von Bauern entblößten Hauptes vortrat, ihm ein Geschenk anzubieten. Es war ihm ein Fröschlach bisher in seinem Leben nicht aufgestoßen; er fand aber die Huldigung bewegend und trug einem Marschall auf, den Fröschlachern mit einem Regiment das Ehrengeleite zu geben. Es widerfuhr ihnen also was dem Bäuerlein, das in die Stadt zinsen geht und bringt den hohen Herrn als 129 Gast nach Hause. Es hatte sich einmal mehr die weise Voraussicht der Sachverständigen und die Tunlichkeit staatsmännischer Ehrerbietung erwiesen; die Regierung besaß wieder die ganze Dankbarkeit ihres Volkes. Der Marschall besichtigte auch das Fröschlacher Pantheon, an dessen Heiligtum er einen Kranz niederlegte. Er beglückwünschte Fröschlach zu der Staatsmaxime, die es auf Stein eingegraben als mosaische Tafel sich immer vor Augen hielt; in der neuern Zeit sei es selten, meinte er lobend, daß ein Volk sich dazu bekannte, fiat justitia, pereat mundus, eher, die Welt als die Gerechtigkeit untergehen zu lassen; womit denn die Fröschlacher erstmals ihr Latein von niemand Geringerem als einem lothringischen Feldmarschall übertragen bekamen. Als nächstes erbat sich der gelehrte Kriegsherr die Auslieferung des gesamten Fröschlacher Staatsschatzes, mit so gewinnender Verbindlichkeit, daß es die Fröschlacher unmöglich als Feindschaft aufnehmen konnten, ungeachtet sie mit der Goldsumme so viel erfahrene Ehre und Freundlichkeit ungefähr quitt zu bezahlen glaubten. Sie verschmerzten denn fast ohne Anstrengung einen Besitz, um den sie sich vormals ein Uebermaß der Sorge und Mühen und Schrecken genug gemacht hatten.

130 Dafür ergriff sie ordentlich eine Reue, auch ihren Sohn Läublein verlieren zu müssen; so verkehren sich oft die Dinge in ihr Gegenteil. Dem Marschall war Läubleins Kinderwerk als eine Kuriosität der Familie vorgewiesen worden; er fand aber ein solches Gefallen an dem Plane, daß er die Hand auch auf seinen Schöpfer legte und ihn nach Lothringen mitbegehrte. Oft hängt der Mensch an einem vermuteten Werte inniger als am bekannten; die Fröschlacher erlebten das an ihrem Träumer Läublein, welchen sie weiß Gott einmal unbedenklich als Zugabe draufgelegt hätten, nun aber als ihr Bestes und Eigentlichstes sich vom Herzen schnitten. Es blieb ihnen nichts als der Trost in dem Vorsatz, dem großen Sohn dermaleinst, wenn sein Bau als ein Ruhm in der Welt stand, auch sein Denkmal im Pantheon aufzustellen. Für heute ehrten sie ihn mit der Meisterurkunde, verfaßt von ihrem Ratsschreiber Hirngewitter und durch den Stadtbaumeister überreicht. Läublein, in sein schmerzhaftes Glück erhoben, gelobte sich, die Kathedrale außer Gott auch ein wenig dem verewigten Jüngling Hähnchen zu Ehren schön zu bilden; so schied er in Tränen doch unaussprechlicher Entzückungen voll von der Vaterstadt, der seine kindliche Liebe gehörte.

 


 


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