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Zweite Szene

»Und Eva ward verwirrt von der Schlange Reden und sie aß von dem Baume und gab auch ihrem Manne davon zu essen, und er aß. Da wurden ihre Augen aufgetan, und sie erkannten, daß sie nackend waren, und bedeckten sich mit Feigenblättern.«

 

»Zur Stunde, da Eva vom Baume des Wissens aß, wurde das Gute mit dem Bösen durcheinandergemischt; aus dem Funken des Guten entstand Abel, Kain aber kam von dem Bösen.«

 

»Ähnlich sprach auch Kain vor dem Herrn: Wohl habe ich meinen Bruder erschlagen, aber du warst es, der den bösen Trieb in mir erschaffen hat.«

 

Der mächtige Felsbogen des Höhlenausgangs. Durch ihn der Blick in den weiten spätdämmerigen Abendhimmel, in dem ein großer blaßroter Mond aufsteigt. Der Boden ist unregelmäßig gegliedertes Felsgestein, im Vordergrunde eine schmale Szene bildend, die jenseits in die Tiefe abfällt. Nur an einer Stelle, ungefähr in der Mitte, verbindet eine natürliche Brücke die Vorderszene mit einem Felsblock, der diese um einiges überhöht. Im Vordergrund links auf einer Steinerhebung, mit ihr wie verwachsen, sitzt starr, regungslos: Eva. Nach einiger Stille erscheint auf dem Felsblock und kommt über die Brücke, gewaltiges Gerät geschultert, Adam. Er stellt das Werkzeug zu anderem rechts in den Schatten des Felsbogens, trocknet die Stirne und hebt zu sprechen an.

Adam

An heißem Tag gewaltig Werk getan.
Wildem Gewässer neuen Lauf gefurcht,
Daß es nun schäumt, wo's ihm der Mensch befiehlt.
Die Wiesen bald beströmen wird es uns
Und nah die Herden tränken im Geheg.
Am Ende schafft der Mensch durch seine Kraft
Den Garten neu, den ihm der Gott verbot.

Eva

Kaum neu die Lust, des Gartens sich zu freun.

Adam

Oft ehedem, wenn schweres Tun geglückt,
Gelingens Überschwang rief hell zu Bergen auf,
Und selbst der Stein erwiderte den Ruf!
Dies braucht der Mensch. – Wo bleibt mein Abel heut?
Die Hürden waren leer noch, da ich kam.
Der Knabe macht so manches Dunkel licht,
Und durch die Stille klingt er, eine Quelle.
Selbst Kain in dieser Stummheit wär' ein Laut.

Eva

Für Kain braucht's einer Falle wie für Wolf
Und Fuchs! So heimlich-scheu seit Tagen schon
Schleicht er zu seiner Lagerstatt des Nachts,
Und morgens, eh wir andern wach, davon.

Adam

Sohn, den die Schlange riet, hat Schlangenart.

Eva Doch weiß ich wen, der eben diesen Sohn,
Entwunden kaum den Wehen meines Leibs,
Mit beiden Händen hochhielt wider Gott
Und rief: Mich Adam schufest du aus Lehm!
Doch diesen da aus meinem Fleisch und Blut
Mit Eva, meinem Weib, erweckte ich!

Den Menschen ich, der Mensch! Und schwach ist dein
Gesetz an ihm, den ich gewann, dem Kain!

Adam nach einer Stille schwer

Stark ist's und – dunkel! Muß geduldet sein.

Sie erstarren beide zu steinernem Schweigen. – Von untenher nahend, anschwellend und ineinandertönend, viele metallische Klänge.

Eva sich erhebend, ungewiß

Was klingt da Niegehörtes? Fürcht' ich, freu'
Ich mich? – Sind's Engel?!

Adam der sich erhoben und tiefwärts späht

Nichts gewahr' ich!

Eva zwischen Bangen und Entzücken

Jetzt steigt's
Die Hänge immer höher, unsichtbar!
Nicht feindlich ist der Laut!

Adam

Doch ungewiß
In unerhörter Fremdheit! Beil zur Hand! Er nimmt ein Beil von rechts auf und steht bereit.

Eva

Schatten in Schatten, wogt es dunkel her!

Adam

Geheg knarrt auf! – Die Herden!

Eva erlöst, fast jubelnd

Abel!

Adam das Beil von sich werfend

Abel!

Eva

So Liebliches ist immer Abels Werk!

Adam

Da kommt er hergesprungen!

Abel von unten

Hoiahoh! Erscheint auf dem Felsblock und stürmt über die Brücke auf die Szene Ich hab's! Ich hab's! Hört ihr es klingen?! Horcht! Lauscht in die Tiefe hinunter

Eva

Du Kind, wozu denn dieses wieder hast
Du ausgedacht?

Abel in Entzücken abwesend

Wie's ineinanderfließt
Und schwillt und sich verliert: Helles in Tief,
Lautes in Zartestes! Wie Tropfenfall!
Als kläng' nur eins, und sind doch viele, viele!

Adam mit großer Milde

Der Knabe Abel wird nicht müd – des Spiels!

Abel in aller Versunkenheit eifrig

O, Vater, nicht nur Spiel ist dieser Wohllaut!
Nie wieder mehr verläuft sich mir ein Tier,
Und schweift es dennoch ab, so find' ich's leicht,
Eh's in den Abgrund stürzt, das Zitternde!
Ist's denn ein Fehler, wenn, was nützt, auch schön?

Adam

Schon besser weiß ich's jetzt und – lobe dich!

Abel wieder versunken

Verklungen ist's. –
Jetzt haben sie sich hingelegt und schlafen schon.
Doch morgen weckt mich wohl ihr erstes Regen auf,
Und mit den Mündern, die ich ihnen schuf,
Rufen die Tiere mich zur Hirtenpflicht.

Eva

Und wie du's fandst, verraten willst du's nicht?

Abel Erwacht hell lachend und wirft sich zu Evas Füßen auf die Erde

Wie ich es fand? O Mutter, leicht und schwer!
Der Einfall plötzlich, aber lang die Müh,
Ein Fieber Tag und Nacht, bis es gelang! –
Den erzenen Gefäßen lauscht' ich's ab,
Die du als Kind mir oft zum Spielen gabst!
Sie klangen, wenn ich sie mit Hartem stieß!
Dies merkt' ich bald und füllte Steine drein,
Sie schüttelnd hin und her! Gedenkst du noch,
Wie oft du mir dies laute Spielzeug nahmst
Und ich, doch nur bei rechtem Lärm vergnügt,
Erbärmlich schrie?! – Des nun entsann ich mich,
Weiß nicht, durch welche Gunst, und fertigte
Solcher Gefäße viele, klein und kleinst!
Jetzt noch ein Hartes, Schwingendes darein
Befestiget, und sich, es klang, es klang!
Wenn auch nicht gleich so klargestimmt! Das gab
Viel Arbeit, brauchte arg Geduld!
Doch, Mutter, dann, als es allmählich ward:
Erst eines, hell und rein, ein andres dann
Als Antwort auf das erste, und dann viele,
Gesammelt tönend wie in einem Laut,
Wie Wind und Wipfelsang, wie viele Quellen,
Und wie, ach Mutter, wie – wie nichts vorher –

Eva zu ihm geneigt, streichelt ihn

Dir glüht die Wange ja.

Abel

Ja, Mutter, heiß!

Eva

Willst du nicht trinken, essen?

Abel

O, ich aß
Den ganzen Tag: Beeren und wilde Früchte!
Und manches pralle Euter trank ich leer.

Adam

Er nimmt wohl das Gekling mit in den Traum!

Abel

O, gäb' es dieses! Doch mir träumt ja nicht
Bei Nacht! Da schlaf ich fest und find' mich kaum
Am Morgen!

Eva

Köstlich-kindliches Geschenk!

Abel

Und wäre anders doch noch köstlicher! –
Des Abends Abschiednehmen fällt oft schwer,
So sehr ist Tag und Welt in Lust verstrickt. –
Wenn ich vor Morgen aus dem Schattental
Die Herden treib' auf frühbeglänzte Höhn,
Schwirrt schon von Wonnelockgeruf der Wald.
Und dann, auf lichter Blöße, surrt und summt
Es durchs Geduft süß-tragenden Gesträuchs,
Taumelt auf bunten Flügeln, Blüten gleich,
Befiederten! Jagt, hascht sich in der Luft
Und hält einander fest! Fliegend zu Fliegend,
Kriechend zu Kriechendem gesellet sich!
Da werf' ich mich ins Gras, die Augen zu,
Hauch über mir, in Halmen knisternder,
Ästegerausch wie Muschelsang im Ohr!
Da ist's, als würden Stimmen wach um mich
Und redeten zu mir, was dunkel bleibt,
Und Hände, Mutter, Hände langten sanft
Aus heißer Erde, zögen mich an sie,
Und Wechselschauer, innig strömende,
Durchkreisen mich und sie mit einem Blut!

Eva in sich

Wie kenn' ich dich, verführerische Not,
Zu drängen sich und so gedrängt zu sein!

Abel

Da spring' ich auf, halb froh und halb in Angst,
Und späh' um mich und horche atembang,
Ob nicht wer in der Näh', der weder du noch ich,
Noch Kain, noch Vater – irgendein Geschöpf,
Ein anderes, am ähnlichsten vielleicht –
Noch dir! Doch nicht so, wie du jetzt bist, dir!
Nein, wie du warst, da ich noch Kind! Warst du
Nicht früher anders, Mutter? Größer, wie?

Eva

Das schien dir nur, weil selbst du damals klein.

Abel

Doch heller von Gesicht warst du gewiß!

Eva

Wohl, Schweiß und Sonne geben Dunkelheit.

Abel

Auch deine Augen waren anders! Wie
Der blaue Abglanz auf den Wässerlein,
Die nach dem Regen zwischen Gräsern stehn!

Eva

Kann sein.

Abel

Denn, Mutter, so – wer andrer, wenn
Nicht du? – erschienst du unlängst mir!
O, nicht im Traum, nein, leibhaft und am Tag!
Hoch im Geklüft, wohin der Hirt nur irrt,
Der suchende. Urplötzlich wuchst du auf.
Denn du, du warst's und – konntest es nicht sein!
Aus Rispenwogen wie aus grüner Flut
Leuchtend erhoben, du! Nicht du, ein Licht!
Umwallt von etwas, das wie Ähren war,
Gefieder und Gewand. Gold, lauter Gold,
Bis zu den Knien! Blumen hielten's auf,
Daß es nicht ganz hinabsank bis zum Fuß!
Aufrauschte Wind und, eine Wolke, schwoll
Es an, flog auf, gab Arm und Schultern frei!
Noch deckte es die Brust! Nun hob auch da
Gewalt es, wehende! Du warst's und warst es nicht!
Und weiß wie Birkenbast – o weißer noch! –
Den Blick gestirnwärts, Lippen wie von Durst
Leicht lechzend, daß in ihrem Purpurgrund
Die Zähne glitzerten, die Arme wie
Zum Flug entspannt – so stand es vor mir da!

Eva beklommen

Und du?

Abel

Aufspringen wollte ich und konnt'
Es nicht! Verstrickt in Schlinggewächs und Wurzeln
Schienen mir Arm und Bein! Dumpf Lastendes
Über der Brust beklomm den Atem mir.
Von innen aber Weh und Süßigkeit
Spannte die Haut mir prall, als müßt' es mich
Zersprengen! Und ich schrie! Schrie wie der Hirsch
Des Nachts. O, das befreite! Aber kaum
Befreit, war wieder Kehle voll von Schrei.
Und wie die Erde, derer ich ein Stück
Gebreitet lag, die Säfte aufwärtstreibt
In Kraut und Halme, also quoll auch ich:
Aus Augen Tränen, Schweiß, erlösenden,
Aus jedem Härchen meiner Haut! Und quoll –
Bis es sich legte wie nach Sturm und ich,
Der Glieder Bann gelockert fühlend, mich
Emporriß aus Betäubung. Und das Bild,
Das du schienst und nicht du, war fort, zu Nichts!

Adam

Aus Erdenfrühe eigener Versuchung
Verhängnisvoller Tag droht wieder her.

Eva

Noch immer nicht des Zornes Durst gestillt?!
Muß sich in reinem Blut die Not erneuen?

Abel

Seither, wenn ich den Tieren zuseh', wie sie
Einander jagen, locken, bis das Männliche,
Verstellter Weigrung müde, all Erwehren
In jähem Ansturm überrennt, ist mir
Der Sinn nicht leicht mehr, und es dauert mich
Der Mensch, der so allein mit seiner Lust. –
Vater und Mutter, sagt, wie werden – Menschen?

Eva verhüllt das Antlitz

Adam

Frag nicht!

Kain ist schon geraume Zeit vorher auf dem Felsblock erschienen und hat zusammengekauert das Gespräch belauscht. Gegen den Himmel, der jetzt gesättigt vom Lichte des Mondes ist, erscheint er wie ein drohender Schatten. Nun reckt er sich auf.

Kain

Gut fragt der Knabe!

Adam rasch nach ihm gewendet, zornig

Das ist Kain!

Kain grimmig auflachend

Wer sonst?!

Ich bleib' dabei; gut ist die Frage! Viel
Zu denken gibt sie!

Adam

Denke, wer da will!

Kain

Und wer da muß! Nie trieb ich Übermaß
In diesem Unfug, doch seit Tagen dreien
Jückt's mich zu denken! Und sieh da, die Kraft,
Die sonst in Schweiß verdunstete, stieg mir
Zu Kopf und tut verwegne Arbeit. Vom
Warum und Wie handgreiflichen Verlaufs
Klimmt sie hinauf, wo hinter Wolkenweben
Die große Spinne sitzt und Fliegen fängt,
Die Menschen heißen, grimmen Zeitvertreibs!

Adam

Welch eine Lästersprache wider Gott?!

Kain

Dieselbe, scheint mir, die er selbst verlieh!
Da alles doch von ihm, wenn auch nicht gleich
Verteilt! Vielmehr nach Laune eines Affen,
Der diesem grinst, jenem die Brauen runzelt,
Dem Früchte zuwirft, den mit Dreck beschmeißt,
Und wie dich's trifft, darnach bist du gesegnet,
Oder verflucht!

Adam

Was weiß von Fluch der Kain!

Kain

Nichts! Doch von Kain zu wissen scheint der Fluch!

Adam

Die Natter biß ihn! Darum Gift im Blut Und Zunge irr!

Kain

Ob es die Natter war,
Mir nicht bewußt! Doch ähnliches Geschmeiß
War wohl dabei, als mich der Gott – wozu?! –
Erschuf! Sonst nicht wie Räudiges verhaßt!

Eva

Geheimnis, furchtbares, reckt sich ans Licht!

Adam

Der Sonne Stich, gezielt auf bloß Genick,
Peitscht solches Fieber auf nach schwülem Tag!

Kain

Wohl auch der Mond bei Nacht! Sonst kreischten nicht
Schlafende auf: die Schlange, Schlange, hilf!

Adam

Giftblähung maßloß überfreßnen Tiers!

Kain aufbrüllend

Wohl eines Tiers! Lasttieres, dem das Joch
Verdammten Daseins das Genick zermalmt!
Wohl eines Tiers, zum Keuchen, Schleppen gut
Und gut für Worte, die wie Geißeln sind!
Ich aber frag': warum?! Und hau' mit dieser Faust
Verbißne Kiefer tückischer Rätsel auf!
Im weiten Umkreis atmenden Bereichs
Paart Gleiches sich mit Gleichem, Zahm mit Zahm,
Reißend mit Reißendem! Gesetz, das sanft
Die Blutigsten zu ihren Jungen macht!
Wie heißt der Unsinn, Ekel ohne Maß,
Der mich wie Auswurf aus dem Rachen spie,
Daß ich der Kain ward, dieses Tier, der Kain?! –

Wirft sich rechts vorne zur Erde und verharrt so. Dann richtet er sich allmählich wieder halb auf. Mit verstörtem Antlitz und wunder Stimme

Nichts! – Nichts? Kein Laut? Nicht Antwort? Schrie ich
Denn nicht, ich Tier, ich wundes Tier? – Ist taub,
Zu wem der Kain spricht? Oder fehlt dem Kain
Ein Sinn, der hört? – Da kauern sie gekrümmt,
Aus Stein Gesichter, der sich nur belebt,
Wenn Abel redet! – Abel! – Abel, mein
Bruder, sprich du zu mir ein Wort! – Dir sind
Sie freundlich, haben manches dir vertraut,
Geflüstertes. – Sprich du!

Abel beklommen.

Ich weiß nicht, was
Dir sagen.

Kain

Niemand weiß dies! – Bist du mir,
Noch gram, mein Bruder, wegen jenes – Spiels?

Abel

Ich nicht.

Kain lauernd

Meinst du: der Kain dem Abel?

Abel

Wenn es
Ein Spiel war, wüßt' ich nicht, warum.

Kain immer tückischer verhalten

Dies Wenn gefällt mir nicht, mein Bruder; denn
Es war ein Spiel! –

grimmig gesenkt

Sonst läg' ich wohl nicht da und du nicht dort,
Wenn du auch recht behend, fast schon ein Mann!

Da Abel leicht aufgelacht, einen Augenblick auffahrend, aber gleich zu gespielter Heiterkeit wieder bezwungen

Und kam von ungefähr mir nicht ein Stein
Zwischen die Beine, daß ich stolperte
Und lachen mußte, bis die Sinne schwanden –
Du lachtest wohl nicht mehr. So aber sag' ich:
Es war ein Spiel nur und – vergessen sei's!

Abel treuherzig

Es war vergessen, eh es Kain vergaß.

Kain kurz auflachend

Du machst mich sehr vergnügt, mein Bruder.
Fürwahr, ich lieb' dich mehr von Tag zu Tag,
Seit ich dich stark und nun auch klug erfand. –
So kann ich heut befriedet schlafengehn,
Doch nicht da drinnen im Gewölb am Herd,
Wo's wimmert, stöhnt und wirr aus Träumen schreit!
Im Walde lieber rüst' ich mir ein Bett.
Dort heult zwar auch und läßt sich keine Rast
Gekreuch der Nacht. Doch hat dies keinen Sinn,
Der mich beträfe. Nur, für alle Fälle,
Ein Beil tut not an solcher Lagerstatt.
Ich kam bloß, eins zu holen.

Er geht nach rechts und holt aus dem Schatten des Felsens ein Beil hervor. Er prüft es, indem er es in der Hand wiegt und einen Hieb führt.

Dies da scheint
Mir scharf genug, ein Hirn zu spalten. Welch
Ein Schädel es auch berge. Gutes Beil!

Er wendet sich zum Gehen. Bevor er die Felsbrücke betritt, kehrt er sich gegen Abel, sieht ihn lang an und spricht mit furchtbarer Freundlichkeit

Schliefst du noch niemals eine Nacht im Wald,
Mein Bruder Abel?

Abel

Auf freiem Hange bei den Herden oft,
Im Wald noch nie.

Kain

So komm, ich lehre dich
Im Walde schlafen, süß und tief. Willst du's
Versuchen, Bruder? Nie mehr andern Orts
Gemahnt dich Schlummerlust.

Abel mit einem Blick auf Eva

Gern käme ich.

Kain

Kämst gern und traust dich nicht?! Ist Abel denn
Ein Kind, das erst die Mutter fragen muß:

Darf ich? Der Abel, der den Kain gestürzt!
Wenn solcher Sturz auch – doch vergessen ist's
Mehr Mut bewiese eine Nacht im Wald!

Abel trotzig

Was Kain, wagt Abel auch.

Kain

Dies zeigte sich
Wohl erst am Ort.

Abel

Wie das!?

Kain

Geraune weckt
Jedweder Tritt dort. Schatten lockern sich
Von dunkleren und kreischen auf, daß Frost
Dir aus der Haut bricht, Kinn erschlafft.
Und immer ist's unfaßbar!

Abel immer erhitzter

Was?

Kain

Jetzt rührt
Es dich im Nacken an, jetzt im Gesicht!

Abel

Lebendiges?

Kain

Nun glimmen Lichter auf:
Ein Augenpaar! Dort flirren andere!
Da pfaucht's, dort raschelt's, schlägt an deinen Fuß,
Verwirrt, umwindet dich!

Abel

Gewürme?!

Kain

Auch!
Und plötzlich heißer Anhauch dicht vor dir!
Anprall an deine Brust! Im Rücken Zerren!
Du strauchelst, fällst, erhebst dich, schlägst um dich,
Als müßtest du die Nacht in Stücke hauen,
Und haust ins Leere! Fort ist's, und Gelächter,
Fernhin verknatternd, spottet deiner Angst! –
Was ist der Kampf mit Bestien am Tag?
Was selbst die plötzliche Begegnung mit
Dem Leuen in gedranger Kluft beim Mond?
Im Walde nur die Nacht peitscht Sinne auf
Und prüft den Mann, der dort sich schlafen legt!
Hast du noch Lust, so komm!

Abel

Ich komm'!

Eva die sich während Kains Erzählung zu ganzer Höhe erhoben, schreit auf

Geh nicht!

Kain wild, voll Haß

Warum?! Ist nicht der Kain bei ihm und schützt
Das Schoßkind?!

Eva

Fort, Versucher, fort!
Du wahrlich Sohn der Schlange!

Kain wild auflachend

Bin ich es,
So weiß mein Otternblick zu bannen auch,
Und ganz von selbst läuft mir der Knabe zu!
Ein andermal, mein Bruder! – Gute Nacht!
Er läuft hohnlachend ab.

Abel steht verwirrt

Eva ihn mächtig an sich ziehend, in jäher Angst und Inbrunst

Abel, mein Wohllaut! Kind der Sehnsucht du
Nach Sonnen, die verloren – Menschensohn!

Abel ungewiß, wie aus einem Traum heraus

Mutter–?

Adam verbirgt sein Antlitz in ahnungsvollem Grauen.

 

Ende der zweiten Szene


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