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Dritter Akt

Das Gemach der Komtesse. Rechts der Alkoven. Im Hintergrund ein breites Fenster. Rechts zwei Türen. Es ist Nacht.

Carlos
Zum erstenmal
Hab ich heut meinem Vater die Stirn geboten.
Und als mein Ingrimm glühend auflohte,
Erbebte sein Herz und wurde ganz schwach,
Denn als er hinter den drohenden Worten
Die Absicht fühlte, ihn zu ermorden,
Da wurde er zag und gab mir nach.

Zur Komtesse.

Wie unerhört! Er sprach von dir ganz ruhig mit freundlichen Worten, er lachte mich an, sprach von meiner Kaiserwürde, täuschte mich mit seinen Zärtlichkeiten ... Ach, Geliebte, was warst du nicht anwesend, wie ich ihn gezüchtigt habe!

Die Komtesse
Er wird das niemals ... niemals vergessen!

Carlos
Nein, er solls nicht vergessen,
Daß ich der einzige bin in seinem Palast,
Dessen Hand eine Macht, so unermessen
Wie die seine – und noch die der Zukunft umfaßt.
In ihm würde sonst unser Geschlecht aufhören,
Wäre nicht ich durch des Himmels Beschluß,
Dem einst seine Rechte und Reiche gehören,
Und keiner – auch er nicht – kann mir verwehren,
Was nach dem göttlichen Willen mir werden muß.

Ein Schweigen. Er faßt die Hände der Komtesse.

Sprich, was hast du dem Mönch gesagt?

Die Komtesse
Die Wahrheit. Man mißtraute meiner Aufrichtigkeit, und doch, ich war es bis zum letzten Augenblick – bis in mein Verderben. Sicherlich ist das Heilige Tribunal von meinem Vergehen schon benachrichtigt und hat mich verurteilt. Vielleicht werden gleich seine Boten mich hier suchen kommen. Der König weiß jetzt, daß ich die Marquise gerettet habe, daß ich allein ...

Carlos
Unglückselige! Warum hast du nicht mich lieber genannt?

Die Komtesse
Unter keinen Umständen darf sich sein Verdacht gegen den eigenen Sohn richten!

Carlos
Aber ich sage dir,
Er ist feig, er fürchtet sich jetzt vor mir,
Ich hab ihn bezwungen, ihn, Philipp den Zweiten,
Ich bog seinen harten Stolz in die Knie.
Noch niemals war ich so stolz und nie
Fühlt ich so seliges Vorbedeuten
Für meine Absicht, trotz aller Gefahren!

Die Komtesse
O wüßtest du, wie roh seine Schmähungen waren, mit wie niederm Verdacht er mich beschuldigt! Ich, ich, die Komtesse de Clermont, sei Spionin, überwache den Hof, den König, die Königin, ja sogar dich!

Carlos
Nie hast du dich um die Angelegenheiten Spaniens bekümmert. Einzig um die von Flandern ...

Die Komtesse
Ja, um diese und deinen Ruhm und all dein Leben!

Carlos indem er sie an sich preßt.
Doch der König mit all seinem Tun und Lassen,
Was kann er uns geben, was kann er uns nehmen,
Nun, da ich selbst die Zügel erfasse,
Und meine fiebernde Ungeduld
Die kurze Zeit im voraus verbrennt,
Die mich von der großen Minute trennt,
Da ich, von des Jubels wildem Tumult
Golden umbrandet,
Einziehe in meine flandrischen Lande!
Vertraue auf mich,
Ich will für dich streiten,
Ich bin dein Schirm, ich beschütze dich!
Und was du an Mut
In trüben Tagen in mich gebettet,
Das wallt nun auf und steht dir zur Seite,
Meine Dankbarkeit ruht
Nicht eher, als bis sie dich jauchzend errettet!

Carlos, ganz verloren in Begeisterung, lehnt sein Haupt auf die Schulter der Komtesse.

Die Komtesse mütterlich
Wiege, o wiege,
Mein König, in meinem Arm deine Siege
Und all deine wilden Triumphe ein!
Genieße, genieße
Deiner wilden Wünsche verlockende Süße,
Sei deiner feurigen Träume gewiß
Wie von Gott geschaffener Wirklichkeiten!
Vergiß, o vergiß
Die graue Trübsal vergangener Zeiten!
Ich liebe dich heute zu sehr, o zu sehr,
Um dich dem herrlichen Traum zu entraffen,
Der dich zum Helden in siegreichen Waffen
Jauchzend verklärt.
Ob er auch morgen als dämmernder Trug
Schon sinkt und verglänzt,
Es ist mir genug,
Daß er die eine Stunde gewährt
Und mit feuriger Freude dein Haupt dir umkränzt.

Sie führt ihn zur Bank am Fenster, damit Carlos ausruhen könne, der sich willig ihr hingibt.

Gib dich dem Traume hin, der alle Müden segnet,
Eh deine nackte Stirn dem Sturm begegnet!

Don Juan klopft an und tritt ohne Zwang ein, so daß Carlos kaum Zeit hat, sich aus der Umarmung der Komtesse zu lösen.
Carlos, hier bin ich! Ich halte mein Wort,
Mit lichten Schiffen führ ich dich fort
Nach Flandern. O denk, wie selig Frohlocken
Wird dich dort grüßen,
Mit jauchzenden Glocken
Sinken dir alle Städte zu Füßen,
Denen du ihre Freiheit erhalten.
Das herrliche Land, du sollst es verwalten,
Dies Land, den stolzen Kronherrn im Norden
Und Frankreichs unbezwungnen Rival.
Auf! Deine Stunde ist dir geworden!

Carlos
Wer gibt mir dies alles mit einem Mal?

Don Juan
Der König!

Die Komtesse
Ich habe Angst!

Carlos
Wie hab ich doch seinen Willen gelähmt,
Daß er sich plötzlich zu solcher Gabe bequemt!

Don Juan
Daß du so neubelebt warst, so kraftvoll, hat ihn bestimmt, deine Jugend, deine Verwegenheit, dein Mut. Gerade deine Ungeduld, zu herrschen, zu befehlen, hat auf ihn Eindruck gemacht. Ich habe ihm gesagt ...

Carlos
Du hast gut daran getan, es zu sagen!

Die Komtesse entsetzt.
Don Juan!

Don Juan
Madame, seid unbesorgt! Ich habe den König geprüft, ehe ich es wagte. Erst nachdem ich mich seiner versichert hatte, habe ich vorsichtig meine Tat ausgeführt.

Carlos
Das war unnötig. Er fürchtet mich und wird mir darum alles zugestehen.

Don Juan
Er hatte bereits dem Herzog von Alba sein Wort gegeben. Seine lombardischen Reiter, seine Truppen aus Neapel und Sizilien waren schon bereit, selbst seine Schwester hatte, nach tausenderlei Überlegungen, ihm zugestimmt und war bereit, den Herzog gut zu empfangen. Aber was tats? Es war ihm wichtiger, den Wünschen seiner Untertanen und seines Sohnes nachzugeben.

Die Komtesse
Und dieser Umschwung ist ganz plötzlich erfolgt?

Don Juan
Soeben!

Die Komtesse
Wie mir das seltsam scheint, ein Zweifel regt sich in mir. Ich kanns nicht glauben.

Don Juan
Aber Komtesse, warum beargwöhnt Ihr so sehr den König? Bin ich einer, den man zu betrügen wagt? Und hat mein Bruder Philipp nicht das Königsrecht der Aufrichtigkeit? Ich bin einer von denen, die zu viel bedeuten, als daß man sie mißbrauchte, ich bin ...

Carlos
Sag, Don Juan, wann werden wir in Flandern sein?

Don Juan
Der König wird es selbst bestimmen.

Carlos
Wann denn?

Don Juan
Das ist ja einerlei.

Carlos
Nein, nein, durchaus nicht, ich will nicht der Spielball des Königs sein!

Don Juan
Ich habe sein Versprechen.

Carlos
Und ich meine Verpflichtungen! Ich habe hundertfünfzigtausend Dukaten bereit und Geldanweisungen für Sevilla, meine Agenten geben sie weiter, und der Graf de Guelves und Juan Nunes sind meine Bürgen.

Don Juan
Aber du verlangst doch nicht, daß Philipp den Herzog von Alba sofort zurückberufe! So groß seine Macht und seine gute Absicht auch sein mögen, er kann doch nicht ...

Carlos
Dann handle ich allein!

Don Juan
Das wäre Wahnsinn, Carlos, du bist verpflichtet durch deine königliche Abkunft. Ich höre die Stimme deines großen Ahnen sich mahnend erheben!

Carlos
Ich will nichts hören. Ich reise allein!

Die Komtesse
Ja, tue es, Carlos, tue es!

Don Juan
Carlos, du wirst ein Unheil beschwören
Mit deiner tollen Halsstarrigkeit!
Laß dich betören
Vom Andenken unsrer Knabenzeit,
Der reinen Freundschaft, die uns umflicht,
Ich flehe dich an, du mußt mich jetzt hören:
Verschmähe die Güte des Königs nicht!
Du darfst ohne mich nicht fort von hier wollen,
Mein sicherer Schutz muß dich geleiten,
Wenn draußen des Lebens Fährlichkeiten
Dein Schicksal wie einen Würfel hinrollen.
Denk doch, der König wird alles gewähren,
Ihn mahnt seine Jugend, er ist seinem Kind
Freundlicher jetzt als jemals gesinnt!
Carlos, mein Carlos, laß dich beschwören,
Er selber ordnet dir all diese Dinge,
Und uns beiden, Carlos, wird alles gelingen!

Carlos herrisch.
Nun gut. Es sei! Ich gebe ihm zwei Tage Zeit.
Adieu, Don Juan!

Don Juan geht ab.

Die Komtesse
Carlos, ich bange!
Philipp ist voll von Falschheit und Tücke.
Wenn er dich diesmal mit seinen versteckten
Listen in falsche Hoffnung einwiegte
Und sein Arm sich drohend im Dunkel schon reckte?

Carlos
Sei sicher, daß er nichts Böses versucht,
Denn mit ihm oder nicht,
Mein ist der Sieg und die glorreiche Flucht!
Nun mach ich sie wahr, meine glühendsten Träume.
Don Juan als Feldherr an meiner Seite
Wird mich begleiten,
Er haßt den König, und mir ist er hold,
Sein Herz kann sich gegen das stürzende Schäumen
Meines erwachenden Glücks nicht länger mehr wehren,
Meine Seele ist strahlend von Purpur und Gold!

Er nähert sich der Komtesse.

O gib mir deine Hände, deine Stirn, schenk deine Blicke!
Tu auf den goldnen Garten deiner Haare!
O wie sie atmend und duftbeladen
Sich leuchtend im dämmernden Dunkel baden.

Er löst ihr Haar auf.

Gib deinen Mund, den Mund, der purpurn blinkt,
Daß meiner, selig wie ein Kind, sein süßes Feuer trinkt!

Er umarmt sie stürmisch, dann will er fort. Sie hält ihn mit aller Macht zurück.

Die Komtesse
O laß uns bleiben, bleiben, lange, lange,
Ich fühle es, wie ich im Tiefsten bange,
Und weiß doch nicht,
Warum mein Herz so zagt und so zittert!
Ist es das fahle, fremde Morgenlicht,
Das tückisch schon den Horizont umwittert?
Sag, daß du mein bist, ganz nur mir gegeben,
Mit all deinem Empfinden, Fühlen und Denken,
Sag, daß ich recht tat, mein ganzes Leben
Für ewig in deine Brust zu versenken!

Carlos wie wenn er beten würde.
Ich möchte in allen Ewigkeiten
Deiner Stimme nur immer lauschen und lauschen,
Ich möchte in allen Ewigkeiten
Nur in deine seligen Blicke hinein
Mit meinem Wünschen und Wollen hinrauschen,
Ich möchte in allen Ewigkeiten
Mit deiner glühenden Seele allein
Nicht die seligsten Wunder der Welt vertauschen.

Die Komtesse leidenschaftlich.
Mehr! Mehr! O sag mir mehr!

Carlos sie gieriger umschlingend.
Du bist meine Heilige, du bist die Madonne,
Zu der die Pilger seit Jahrtausenden wallen,
Vom Wald des Golds und der Kerzen umsponnen!
Du bist meine seligste Kraft, oh, in allen
Adern des Blutes fühl ich dich strömen,
Du bist meines Erdreichs beglückende Sonne!
Und ich muß mich schämen,
Daß ein Schicksal mich zwingt, das Liebste zu meiden:
Deine Hand vor Gottes Antlitz zu nehmen!
O Himmel, was möchte ich gerne erleiden,
Um sie mehr zu verdienen, diese unsäglichen Freuden!

Die Komtesse
Still, deine Träume sind rasend und toll!
Die Flammen in deiner Liebe entfachen
So stürmisch sich und so strahlenvoll,
Daß sie die Schatten des Todes verlachen!
Sind wir erst beide nach Flandern entflohen,
So werden andre Gedanken ihr Feuer auflohen
Und mit so reiner Glut unsre Herzen erfüllen,
Daß wir uns lieben nur um der Liebe willen!

Man hört draußen Lärmen.

Carlos
Geliebte, Mutter und Schwester zugleich
Warst du für mich.
Mit deinen Händen, feurig und weich,
Hast du meinen Willen zu Taten gewendet
Und dadurch meiner Seele die Heilung gespendet.
Geliebte, Geliebte, o freue dich,
Denn das Gold, das dort die Fernen umkränzt,
Es ist mein Ruhm, der die Welt überglänzt.
Mein Blut will stolz in mir überschwellen,
Mein Schicksal scheint hoch zu den Himmeln entrückt,
Aus allem fühle ich Stärke aufquellen,
Ich bin trunken von mir, berauscht und beglückt!

Heftige Schläge an der Tür.

Die Komtesse sehr erschreckt.
Hörst du? Hörst du?

Carlos plötzlich entschlossen.

Sie sollen herein!

Die Komtesse
Wahnsinn!

Carlos die Komtesse umfassend.
Ich bin dein Beschützer, ich schirme dich!
Meine Seele ist so deiner Trunkenheit voll,
Daß der Tod mich selbst nicht erschrecken soll!

Die Komtesse
Carlos! Du mein Geliebter ...

Carlos
Ich habe dein Schicksal in meine Hände genommen,
Ich halte es fest.

Die Komtesse
Carlos! Carlos!

Carlos
Nun denn, sie mögen kommen!

Carlos eilt hin, die Tür zu öffnen. Fray Bernardo und Soldaten dringen ins Gemach. Sie umringen rasch Don Carlos. Der Mönch tritt vor und liest.

Fray Bernardo
Im Namen des Heiligen Tribunals und des Heiligen Stuhles ...

Carlos die Komtesse beschützend.
Ich bin Carlos von Spanien, Mönch, und verbiete dir ...

Fray Bernardo
Verbietest du Gott? Er selbst ist es, der zu Euch spricht, sein Wille wird hier erfüllt.

Carlos
Ich bin dein König!

Fray Bernardo
Gott ist der Eure und er spricht zu Euch. Hört auf ihn, Don Carlos, und schweigt!

Eine Stille.

Der Tod in diesem Augenblick bannte Euch in die Hölle ...

Carlos erstaunt.
Die Hölle ...

Fray Bernardo
Ich kam hierher, um Euch die Möglichkeit eines christlichen Todes zu gewähren.

Carlos
Die Hölle bannen ... mich ... mich in die Hölle ...

Fray Bernardo
Fürst, keiner darf, so hoch er stehe, sich gegen Gottes Beschlüsse auflehnen.

Carlos zusammenbrechend.
Die Hölle ...

Fray Bernardo
Im Namen des Heiligen Tribunals und des Heiligen Stuhles seid Ihr, Carlos von Asturien, Sohn Philipps, des Zweiten dieses Namens, für schuldig befunden worden, durch Beistand und Hilfe die Marquise von Amboise, eine Ketzerin und Feindin Spaniens, der Gerechtigkeit Roms und des Königs entzogen zu haben. Wofür das Tribunal der Inquisition ihn zur vorgeschriebenen Strafe verurteilt hat, die ohne Verzug über ihn verhängt werden soll, nur daß in Anrechnung seiner Würde als Infant von der Strafe des Galgens und des Feuers Abstand genommen wird.

Carlos wie verblödet.
Die Hölle ... mich in die Hölle bannen ... Hölle Hölle ...

Fray Bernardo
Und nun denkt an die Buße, Carlos, Prinz von Spanien, daß Gott Euch Verzeihung gewähre! Kein Verbrechen ist so groß, daß Reue es nicht auslöschen könnte. Bereuet Ihr?

Carlos mechanisch.
Ja ... ja ...

Fray Bernardo
Aufrichtig?

Carlos
Ja.

Fray Bernardo
Ich geb Euch Zeit, zu beten.

Die Komtesse wie aus einem Traum erwachend.
So bin ich es nicht,
Den sich die Mörder zum Ziele steckten,
Den sie mördrisch umstellen, das bin nicht ich,
Sondern das Kind hier, das ich zum Leben erweckte?
O Himmel, ist denn eure Gerechtigkeit
Von den falschen Dienern in eurem Kleid
Ganz geknebelt und ganz vergewaltigt?
O ihr Himmel, die ihr in Flammen gleißt,
O ihr Helden, die ihr dort tausendgestaltig
Leuchtet und die ihr Könige heißt,
Hört ihr denn nicht von unten die grellen
Schreie der Qual und Verzweiflung aufgellen,
Die ein Philipp der christlichen Erde entreißt?

Sich zu Don Carlos neigend.

O armes, zitterndes Kind, mein Gebieter,
Der noch gestern von Stolz und Feuer geglüht
Und nun entgeistert, mit fiebernden Gliedern,
Vor einem elenden Priester kniet!

Carlos bleibt stumpfsinnig in seiner Stellung.

Die Komtesse
Mönch, ermorde mich so wie jenen,
Ich wußte von allem, was er begangen,
Ich hab ihn gereift zu diesem Verbrechen!
Mordet mich mit: das ist mein Verlangen,
Denn unsre Liebe ist eine von denen,
Die nicht vor Tod und dem Sterben bangen!

Fray Bernardo
Es ist des Königs, Euer Urteil zu sprechen!

Die Komtesse
Was muß ich denn tun, um Euch zu verfallen?
Denn dieses Verbrechen hab ich ja vollbracht,
Und jetzt noch, da von den Tausenden allen,
Die Ihr gerichtet, keiner mehr wacht,
Stehe ich aufrecht und trotz Euch allein!
Ich liebte Don Carlos. Mit meinen Armen
Riß ich ihn in das Verderben hinein.
Ich warf in sein Herz den glühenden Samen,
Die Liebe, den Haß und das große Erbarmen
Für alle die Armen,
Die durch Eure Wut an den Holzstoß kamen!

Fray Bernardo kalt.
Betet zu Gott! Betet zu Gott!

Die Komtesse
Nein, nein!
Euer heilig Gewand ist mit Blut besprengt,
Da kann ich nicht länger mehr gläubig sein!
Was einzig jetzt noch meine Seele bedrängt,
Ist dieses allein:
Daß mirs versagt ist, mit vollen Lungen
Vor allem Volk in die Welt zu schrein,
Sie schreit.
Daß ich voll Ekel mich Eurem Glauben entrungen!

Fray Bernardo aufschäumend, zu den Soldaten.
Packt sie! Sie ist verdammt!
Ein Teil der Soldaten bemächtigt sich der Komtesse.

Carlos sinnlos und stupide.
Die Hölle ... in die Hölle bannen ... Hölle ...

Fray Bernardo zu der andern Gruppe der Soldaten.
Faßt ihn und tut, was euch befohlen ist!

Die Soldaten fassen Don Carlos, der sich wehrt, und schleppen ihn in den Alkoven, aus dem man dann einen wilden Schrei hört. Sie erwürgen ihn. Während sie ihn hinter den vorgezogenen Vorhängen morden, spricht ihn Fray Bernardo betend los.

Fray Bernardo
Da Ihr Eure Sünden bereut habt, spreche ich Euch aller Sünden ledig, derer, die Ihr mit dieser Frau begangen habt,

Er deutet auf die Tür, durch welche die Komtesse weggeschleppt wurde.

und derer, die Ihr in diesem Augenblick des Zornes und der Verzweiflung vielleicht begeht. Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Die Soldaten treten wieder nach vorne zurück. Die Leiche Don Carlos' ist in wilder Verzerrung auf dem Bette ausgestreckt.

Fray Bernardo breitet den Toten der Länge nach hin und faltet ihm die Hände zum Kreuz über der Brust. Zum Führer der Soldaten.

Jetzt geht den König rufen!

Im Augenblicke, wo das Wort ›König‹ ausgesprochen ist, öffnet Philipp selbst die Seitentür und erscheint an der Schwelle. Er schreitet ganz langsam gegen das Bett hin und sinkt in die Knie, das Haupt in beiden Händen verborgen.


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