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[Moselwein]


Betrachtung der Moselweinberge

Fährst du mit einem der kleinen Moseldampfer von Koblenz hinauf bis nach Trarbach, d. h. bis zum Beginn der Obermosel, dann verlierst du von Anfang bis zum Ende der Fahrt die Weinberge nicht aus den Augen: ein Bergkessel folgt dem andern, in dem du bald auf der rechten, bald auf der linken Uferseite, wie gerade die günstigsten Sonnenseiten liegen, die Heere der Thyrusstäbe in Reih und Glied aufgepflanzt siehst! Bis auf unzugänglichsten Schründe und Gipfel der Schieferwände hinauf baut sich in den besseren Lagen – in denen, wie der Moselaner sagt, »die Morgensonne den ganzen Tag scheint« – Terrasse auf Terrasse, wölbt sich Bogen an Bogen, setzt sich Mäuerchen auf Mäuerchen, um dem Boden die wichtigste Abdachung gegen die Sonne zu geben und auch keinen Fußbreit dieser gottbegnadeten Erdenfleckchen unbenutzt liegen zu lassen. Wie zu Riesentreppen behauen oder wie unermeßlich große Mosaikfelder sehen diese ragenden Felsmassen aus, welche bestimmt sind, alljährlich die Glut von vielen tausend Billiarden himmlischer Sonnenstrahlen aufzusaugen und in irdischen Traubensaft umzusetzen!« –

Aus Dr. J. Blumbergers humorvollen Büchlein »Moselwein und Mosellied«
(Verlag von Gg. Balmer, Traben-Trarbach)

 

»Doktor« und Doktorberg

»Wo liegt der Doktor?« das ist die erste Frage, die aus des Moselwanderers Munde kommt, wenn er – etwa auf der Brücke zwischen Bernkastel und Cues stehend – das entzückende Landschaftsbild betrachtet, das sich vor ihm auftut. Zur Linken Cues, mit seinem prächtigen alten Hospital, in dessen weiten Gärten sich die alten Männer ergehen, die hier ihren Lebensabend friedlich beschließen. Zur Rechten Burg Landshut, auf stolzer Bergeshöh', und im Tal das reizende Bernkastel, eng zusammengedrückt am Fuß der Rebenberge, die sich in weich geschwungenen Linien stromabwärts ziehen, soweit das Auge reicht. Grade über der Mitte des Städtleins, da ist der Doktorberg, auf dem der vielgerühmte köstliche Trank wächst, den man den König der Moselweine nennt.

Sage und Geschichte ranken sich um den Berg und seinen Wein, die Sage romantisch reizend, die Geschichte eng verknüpft mit ernsten Zeiten, mit Kriegs- und Greueljahren.

Die Sage erzählt, daß im vierzehnten Jahrhundert Bischof Boemund von Trier gar krank und elend auf seiner Burg Landshut lag, und alle Kunst der Ärzte ihm nicht helfen konnte. Eines schönen Tages aber kam ein steinalter Winzer auf die Burg und verlangte, zum Bischof geführt zu werden.

»Jagt alle Doktoren zur Hölle, Hochwürden,« sagte er, »trinkt diesen meinen Wein, er ist der edelste, der da wächst, der macht Euch gesund, als bester Doktor.« Dem Bischof, den man weidlich mit Pillen, Mixturen und Latwergen traktiert hatte, leuchtete das wohl ein, er probierte, es schmeckte ihm köstlich, er trank, – trank wieder und zum dritten Male, – und kurz und gut, der Doktor half ihm von seiner Krankheit, er ward ein gesunder und fröhlicher Mann, der zeitlebens diesem »Doktor« vertraute.

Die Geschichte meldet Ernsteres. Unter anderem, daß im Jahre 1794 der Doktorberg von der französischen Republik als Nationaleigentum erklärt und an den » Maire de Bernkastle« erst verpachtet, dann verkauft wurde. Ein Dokument darüber meldet: » Etat des Biens nationaux, situés dans le Canton de Bernkastle. Une vigne, a Bernkastel, de 10,00 92 cepts, nommée le Docteur prov. du Comte von der Leyen ... Antoine Getto.« – – – –

Bis 1860 blieb dann der Doktorberg, der nun wieder ein Berg, keine » Vigne« mehr war, im Besitz der Familie Cetto, dann wurde er an Dr. Hugo Thanisch verkauft und zwar zum Preise von 18 Mark für den Stock. Wie man den köstlichen Trank aber bewertete, zeigte der Verkauf, denn die Firma Deinhard u. Co. in Koblenz zahlte 1900 den ungeheuren Preis von hundert Mark für den Stock, für die Parzelle 400 000 Mark! Man sieht, der König der Moselweine ist ein kostbarer Tropfen!

Interessant ist der Felsenkeller, der sich unter einem Teil des Berges hinzieht. Hier lagern in langen Reihen die Fässer, gefüllt mit dem edlen Trank. Und wahrlich, wer ihn gekostet, der stimmt aus vollem Herzen in sein Lob ein. Ungezählte Verse besingen ihn, gute und schlechte, geboren aus froher Laune, wie aus der Begeisterung, die aus dem Würztrank steigt.

Am allerschönsten hat ihn Georg Barthel Roth besungen, ein wackerer Notar an der Mosel, der ein echter Dichter war, als ihm diese Strophe gelang. Besser als er, kann keiner das Lob des Doktors singen, darum möge sein begeistertes Lied zum Schlüsse stehen:

Hoch auf dem Berg die ragenden Ruinen,
Bernkastels Burg grüßt aus dem Äthermeer.
Der Mosel Stolz soll meinen Träumen dienen
Bernkastler Doktor her!!
Geschmolzen Gold kann nicht so langsam tropfen
Wie dieser Wein so wunderseltner Art,
Mit Zaubermacht fühlst du's im Herzen klopfen
Und denkst der Heilung, die dem Bischof ward.

Ein schwerer Wein, nur echte Kenner dürfen
In sein gewaltig ragend Märchenschloß,
Du kannst in seinen Tropfen Wunder schlürfen,
Er ist fürwahr ein echter Königssproß.
Brokatgewänder hörst du machtvoll rauschen.
Der Lanzen Splittern und der Schwerter Schall.
Jedoch verstehst du meisterlich zu lauschen
Erklingt dir süß das Lied der Nachtigall! – – –

 

Eine Moselweinstudie

Als liebes Kind vieler Leute hat der Moselwein auch viele Namen: So ein »süffiges«, »rassiges«, »spritziges«, »kerniges«, »stahliges«, »glattes«, »göhriges«, »forderndes«, »lockelndes« Moselweinchen kann uns, wenn es nicht zu teuer ist, zu einem ungemein angenehmen täglichen Getränk werden. Wie sehr man sich über guten Moselwein freuen kann, das zeigt im höchsten Superlativ Herr Amtsgerichtsrat Bresgen in seinem fidelen »Moselspritzer«: »Als süffige, kitzlige, spritzige, mit jedem Schoppen energischer und wohliger zur Repetition mit flüchtigem Arom, früchtiger Edelsäure und elegant perlenden Kohlensäure-Prickel im olivweißlichen, über die Zunge flott und blumig hüpfenden Rieslingsblut mit unwiderstehlicher Liebenswürdigkeit einladenden Gesellschaftsweine zur Animierung der Lebenslust und zum fröhlichen Kneipen ohne Kater sind die gut kultivierten, duftigen und speziell auch kernigen Moselweine ein göttliches Gnadengeschenk, gleichsam prädestiniert und unersetzlich.« – Wenn uns »wie lauter Licht und Sonnenschein« so ein »duftiger«, »würziger«, »schmalziger«, »reintöniger«, »blumiger«, »edelfruchtiger« Moselwein im grünen Glase blinkt, dann geht uns das Herz auf: »Dann glaub' im Himmel ich zu sein, vor lauter Glück und Wonne.«

Aus: Der Sängerkrieg zu Trarbach von Johannes Trojan
(Verlag von Gg. Balmer, Traben-Trarbach)

 

Poesie und Prosa im Weinhandel

In den alten traulichen Weinnestern an der Mosel rüstet man sich um die Frühjahrszeit zu den großen Weinversteigerungen, die alljährlich in Bernkastel und Trier abgehalten werden. Diese Versteigerungen sollen dem Winzer den Gewinn aus aller Mühe und Arbeit bringen, die er das Jahr hindurch auf seinen Weinberg verwendet hat. Unter diesen Versteigerungen nehmen diejenigen des Trierer Vereins von Weingutsbesitzern der Mosel, Saar und Ruwer einen besonderen Rang ein, ja sie haben einen Weltruf. Weinhändler und Weinkenner kommen hier in der altehrwürdigen Augusta Trevirorum zusammen. Da zeigt es sich, was eine echte Weinzunge wert ist. Was bei dieser Gelegenheit öffentlich versteigert wird, ist zwar nur ein verhältnismäßig kleiner Teil des gesamten Wachstums an Mosel-, Saar- und Ruwerweinen, aber es sind die feinsten und teuersten Marken, wie Bernkasteler Doktor, Brauneberger, Zeltinger, Piesporter, Graacher, Josephshofer usw. Wer etwas auf seinen Weinkeller gibt, muß diese Weine haben, und so werden denn die Trierer Weinversteigerungen nicht nur von den Weinhändlern fleißig besucht, sondern auch von den Kommissionären der verschiedenen fürstlichen Kellereien. Auch die großen weltstädtischen Restaurants und die mit irdischen Glücksgütern besonders reich gesegneten Vertreter von Handel und Industrie in der alten und neuen Welt lassen sich die Gelegenheit selten entgehen, ihre Weinbedürfnisse hier an der Quelle zu decken. Aus diesem Grunde bieten die Trierer Weinversteigerungen immer ein buntbewegtes Bild, ein Bild, das in seiner Eigenart, auch den unbeteiligten Zuschauer zu fesseln vermag. Wein und Poesie sind nun einmal unzertrennlich und so hat selbst das nüchterne Geschäft der Weinversteigerung seine poetische Seite.

Mit den Weinen geht es wie mit den Menschen: ein schönes Äußere besticht, mag das Innere noch so hohl und nichtig sein. Der wahre Wert eines Weines ist für den Laien nicht leicht zu erkennen. Auch am Rheine und an der Mosel ist nicht jeder Sterbliche auch ein guter Weinkenner. Selbst in den Weingegenden sind die wirklichen Weinkenner dünn gesät; dafür gibt es aber auch Autoritäten, die mit verbundenen Augen und lediglich nach dem Geschmack einen Wein so sicher beurteilen, daß sie seine Herkunft genau angeben können, den Weinberg aus dem er stammt, den Jahrgang und manchmal sogar das Fuder. Bei den großen Weinproben und Versteigerungen, die im Weinbaugebiet stattfinden, hat jedermann reichlich Gelegenheit, die Weine der einzelnen Lagen und Jahrgänge kennen zu lernen. Denn der Zutritt steht jedem offen, und der Laie kann manches dabei lernen. Die erste Klassifizierung der Weine eines Jahrganges hat schon vorher in den einzelnen Kellereien am Fasse selbst stattgefunden. Nach wiederholten sorgsamen Proben werden die ersten, noch unbestimmten Urteile dann ergänzt und berichtigt. Bis endlich der große Tag der Versteigerung naht, bei dem der Wein seine endgültige Rang- und Wertbestimmung erhält.

Bei diesen Auktionen herrscht eine Ruhe und Zurückhaltung, wie man sie auf sonstigen Versteigerungen kaum wiederfinden wird. Vor Beginn einer Versteigerung werden auf langen weißgedeckten Tafeln die Proben der zur Versteigerung gelangenden Weine aufgestellt. Flasche reiht sich hier an Flasche zu einer schier unabsehbaren Reihe; jede Flasche trägt auf dem Etikett die genaue Angabe der Lage, des Fuders und der Produzenten. Vor jeder Flasche steht ein Weinglas mit einem Zettel, auf dem die Nummer der Flasche verzeichnet ist. Mit dem offiziellen, vom Winzerverein herausgegebenen Kataloge in der Hand gehen nun die Interessenten von Glas zu Glas, nehmen jeweils einen kleinen Schluck prüfend auf die Zunge und speien ihn dann aus, direkt auf den Fußboden, der zu diesem Zwecke vorsorglich mit Matten belegt ist. Von dem vielen ausgespienen Wein ist der Fußboden gegen Ende der jeweiligen Kostproben ganz feucht und eine süßlich-säuerliche Weinatmosphäre schlägt dem Eintretenden entgegen. Eine kurze Bemerkung im Katalog erzählt dann von dem »Befund«. Flasche auf Flasche wird gewissenhaft und bedächtig geprüft. Dann aber finden sich bald einzelne Gruppen im Saale zusammen, um ihre Meinungen über die durchgeprüften Weine auszutauschen; es entwickelt sich förmlich ein Börsentreiben.

Im großen Versteigerungssaale nebenan sind inzwischen die letzten Vorbereitungen beendet. Auch hier füllen lange Tischreihen den Saal, und sehr hübsch gruppieren sich auf ihnen die hellen Weingläser, die gehäuften Teller mit Semmeln und die Terrinen für die Weinreste. Alles nimmt Platz, die Versteigerungsbedingungen werden verlesen und flinke Küferburschen schenken jedem Anwesenden eine kleine Kostprobe ein. Auch bei diesen Proben wird der Wein nicht heruntergeschluckt, sondern ausgespien, während der im Glase verbleibende Rest in die bereitstehende Terrine geschüttet wird. Wer vermöchte es denn wohl auch, von den 90 bis 100 verschiedenen Weinen wirklich zu trinken, ohne kampfunfähig zu werden! Gespannte Aufmerksamkeit tut not, denn Schlag auf Schlag geht hier Fuder auf Fuder an den Meistbietenden.

Bei einer Dezemberversteigerung im Jahre 1912 in Trier wurden für ein Fuder Saarwein, es war der bekannte Wawerner Herrenberger, schon von vornherein 6190 Mark geboten. Dieses Fuder – es war der teuerste dieser ganzen Versteigerung – erzielte schließlich 7310 Mark. Das ist ein Wein, den der Durchschnittsweintrinker sich wohl schwerlich leisten wird, denn im Restaurant der Großstadt wird eine Flasche dieses edlen Saftes zu allermindest seine 15 Mark kosten. Und in Deutschland trinkt man ja bekanntlich immer noch lieber einen teuren französischen Champagner als einen ebenso teuren deutschen Wein. Die Weinzunge des Deutschen muß noch manches lernen, wenn sie den edlen Vorzügen deutscher Weine auch wirklich mit dem weihevollen Verständnis des Kenners gerecht werden will.

Ernst Anderson

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Alf und Bullay mit Blick ins Moseltal

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Bad Bertrich mit 32,5° C warmen schwefelsauren natronreichen Mineralquellen gegen Gicht, Rheumatismus, Nerven- und Leberleiden; schon den Römern bekannt und seit dem 15. Jahrhundert im Besitz der Kurfürsten von Trier. Im Kurgarten römische Altertümer, Säulenreste usw.

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Die Marienburg, ein Glanzpunkt der Mosel, mit Trümmern eines 1146 gegründeten Frauenklosters, von dem der Chor der Kirche noch erhalten. Die Mosel macht hier eine 12 km lange Schleife, von der Ausonius, der römische Konsul und Erzieher Kaiser Gratians, singt: »Oftmals bewunderst du selbst im Stromlauf die eigene Rückkehr«

Phot. H. Groß, Bonn
Zell, mit Resten der alten Befestigung

Phot. Aug. Rupp, Berlin
Zell, Bischofssitz, ehem. kurtrierisches Schloß, 1543 erbaut

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Zell

Phot. Nic. Lenz, Trier
Reil mit dem Reilerhals, bekannt auch als Versteck von Räuberbanden Ende des 18. Jahrhunderts, die mordend und plündernd die Gegend heimsuchten. Auch der »Schinderhannes«, 1803 in Mainz enthauptet, hatte hier oben sein Versteck

Phot. Nic. Lenz, Trier
Enkirch, mit malerischen Fachbauwerken. Der Stephansberg wird als beste Weinbergslage bezeichnet

Phot. H. Groß, Bonn
Cröv mit dem sehenswerten Erkerhaus im Fachwerkstil

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Traben-Trarbach mit der Gräfinburg, von der Gräfin Lauretta von Sponheim 1330 erbaut, 1734 von den Franzosen gänzlich zerstört

Neue photogr. Gesellschaft, Berlin
Traben-Trarbach, mit bedeutendem Weinhandel, beide Ortschaften sind nach verheerenden Feuersbrünsten 1857 und 1870 neu aufgebaut

Erdener Berg, bekannt durch die Weinmarke »Erdener Treppchen«

Phot. H. Groß, Berlin
Erden von der berühmten Weinbergslage »Erdener Treppchen« aus gesehen

Ürzig, seit alters her durch Weinbau bekannt

Phot. Nic. Lenz, Trier
Zeltingen, berühmter Weinort, ausgedehntestes Weinbergsgebiet der Mosel. Der Schloßberg gilt als beste Weinbergslage

Phot. H. Groß, Bonn
Das gräflich Kesselstattsche Majorat »Martins- oder Josefshof« bei Wehlen

 

Das Miseräbelchen

Als noch mit seiner Jünger Schar unser Herr Christus auf Erden war,
Wollt's ihnen, das ist weltbekannt, oft mißbehagen im gelobten Land,
Dieweil in Israel, wie es hieß, kein rechter Glaube sich spüren ließ,
Davon sie gedachten mehr zu gewahren bei Samaritern und Heidenscharen.

Huben sich also auf die Bein und zogen rüstig querfeldein
Über Berg und Tal, durch Nebel und Guß, bis sie kamen an den Moselfluß.
Da wohnt' ein Völklein derb und bieder, schlichte Herzen und starke Glieder,
Ging immer gradaus, niemals krumm, hatt' eine Art von Christentum.
Da fand der Herr nicht viel zu schaffen, weder Pharisäer noch Baalspfaffen,
Sie sagten ja, sie sagten nein und gleißten nicht mit Heuchelschein.

War aber ein gar bucklig Land: Zwischen Felsen, wo die Rebe stand,
Schien die Sonne so glühend heiß, Herr und Jünger troffen von Schweiß.
Sprach der Heiland: »Scherz oder Ernst: Sankt Peter, weil du doch nichts lernst,
So lauf einmal, hast lange Bein, ins Dorf und hol' einen Schoppen Wein.« –
Das ließ sich Peter nicht zweimal sagen, ein Schöppchen war so sein Behagen,

Doch schlug ihm nie ein Schlücklein an, das er nicht mit eignem Gaum' getan.
Drum lief er, was er mochte laufen, tat sich erst selbst ein Schöpplein kaufen, –
Denn der Weise nutzt die Gelegenheit – unten schmal und oben breit,
Humpengroß einen hölzernen Becher, leert' ihn mit einem Zuge der Zecher.

Doch auch des Herrn er nicht vergaß, er ließ ihm messen ein christlich Maß,
Den Becher hoch zum Rande voll, daß er im Geh'n ihm überschwoll.
Doch schade für den edlen Saft, versiegt' im Sande seine Kraft:
Besser den Schaum hinwegzunippen! Er hebt ihn an die durst'gen Lippen –
Nippt – trinkt und nippt und nippt und trinkt,
Bis der Wein nur halb noch im Humpen blinkt.
»Wer kann dafür?« – Der Durst ist schuld: Das Messer hab' ich ja: – Geduld!
Den hohlen Rand hinweggeschnitten, bleibt doch unmäßig viel inmitten. –
Nun aber läuft es wieder über und wird zunichte: – »trink' ich's lieber!« –
Und so mit Schnitt und Trunk und Schnitt
Wird es kleiner und kleiner Schritt vor Schritt.
Nun endlich ist der Herr erreicht. – Spricht Petrus: »Herr, du denkst vielleicht,
Ich brächte dir ein Fuseltröpfchen – so winzig klein ist hier das Schöppchen;
Doch scheint's ein trinkbar guter Wein, auch darf es uns nicht bange sein,
Da mit so wenigem, wenn du willst, du, Herr, uns Durst und Hunger stillst.«

Da spricht der Herr: »Du bist ein Schalk, was löschest du denn deinen Kalk?
Du wolltest wohl den Sichern spielen,
Falls heute nicht Tropfen vom Himmel fielen?
Behalte du dein Miseräbelchen, doch wische dir hernach das Schnäbelchen.
Ihr andern kommt: ihr sollt allein für diesmal meine Gäste sein.«

Noch heute wird im Moselland der Schoppen »Miseräbelchen« genannt,
So klein sie sind, laßt sie uns leeren, ihrem Erfinder, Sankt Peter, zu Ehren!

Karl Simrock


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