August Stramm
Gedichte
August Stramm

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Tanz

        Milchweiche Schultern!
Augen flirren, flackern!
Blond und schwarz und sonnengolden
Taumeln Haare, wirren, krampfen,
Schlingen Brücken,
Brücken!
Hin
Und rüber
Taumeln, Kitzel,
Bäumen, saugen,
Saugen, züngeln,
Schürfen
Blut
Schweres, lustgesträubtes
Blut!

In die Wunden
Hüpfen Töne,
Sielen, bohren,
Wühlen, quirlen,
Fallen kichernd,
Schwellen auf und fressen sich,
Gatten, gatten, schwängern sich,
Bären Schauer
Wahnengroß!

Hilflos surren um die Lichter
Mütterängste
Nach den Kindern,
Die sich winden,
Winden, huschen
Vor den Tritten,
Die sie packen,
Ihre glasen, sichten Leiber
Schinden, scharren,
Pressen, schleudern,
Tückisch abgemeßne Lüste
Jagen unter Brunstgestöhne,
Brunstgeächze
Und
Gekrächze!

Durch die Wirrnis
Durch die Flirrnis
Blitzt Verstummen!
Jäh zerflattern,
Drängen gellend
An die Decke
Sich die Töne,
Klammern, krallen
Scheu verwimmernd
Am Gebälk!
Glotzen nieder,
Wo mit Wuchten
Schlorrt das Keuchen,
Schlappet
Ringsum an den Wänden
Seinen ungefügen Leib,
Unzahlmäulig
Zuckt und schnauft!

An die angstzerglühten Herzen
Reißen flammend hoch die Lichter
Ihre hetzverstörten Kinder,
Die in Irren, Wirren
Zitternd
Ob der ungewohnten Ruhe
Ab sich tasten
Und sich streicheln
Gegenseitig
Hell von Staunen,
Daß sie leben noch,
Sie leben!
Zagig finden sie das Lächeln,
Fluten leise, fluten, fluten,
Reichen summend sich die Hände,
Werden warm
Und
Schwingen Reigen!

Da
In Peitschlust, Streitdurst, Quälsucht
Vollgesogen
Vom Gebälke
Stiebt das Gellen!
Schrillt unbändig,
Überschlägt sich,
Purzelt, flattert,
Springt und stöbert,
Federt, pumpelt auf
Das Untier,
Das
Mit tausend Füßen aufschreckt,
Trippelt, trappelt,
Trappelt, grappelt,
Gell gedrängelt
Von den Tönen,
Die zerrasseln,
Niederprasseln,
Peitschen, schlagen, fiebern, kosen
Und im Wirbel
Wringen, wiegen
Schwelles,
Blaßhellrotes Fleisch!

Milchweiche Schultern!
Augen...

 


 


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