Ernst Stadler
Der Aufbruch
Ernst Stadler

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Ernst Stadler

Gegen Morgen

1914

Tag will herauf. Nacht wehrt nicht mehr dem Licht.

O Morgenwinde, die den Geist in ungestüme Meere treiben!

Schon brechen Vorstadtbahnen fauchend in den Garten

Der Frühe. Bald sind Straßen, Brücken wieder von Gewühl und Lärm versperrt –

O jetzt ins Stille flüchten! Eng im Zug der Weiber, der sich übern Treppengang zur Messe zerrt,

In Kirchenwinkel knien! O, alles von sich tun, und nur in Demut auf das Wunder der Verheißung warten!

O Nacht der Kathedralen! Inbrunst eingelernter Kinderworte!

Gestammel unverstandner Litanein, indes die Seelen in die Sanftmut alter Heiligenbilder schauen . .

O Engelsgruß der Gnade . . ungenannt im Chor der Gläubigen stehn und harren, daß die Pforte

Aufspringe, und ein Schein uns kröne wie vom Haar von unsrer lieben Frauen.


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