William Shakespeare
Romeo und Juliette.
William Shakespeare

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Sechste Scene.

Verwandelt sich in das Kloster.

Bruder Lorenz und Romeo treten auf.

Bruder Lorenz. So lächle der Himmel auf diese heilige Handlung, daß keine nachfolgende Unglüks-Stunden uns zur Reue zwingen mögen!

Romeo. Amen, Amen! Doch komme was für ein Unglük auch will, es kan die Wonne nicht überwiegen, die mir eine einzige kurze Minute in ihrem Anblik giebt: Vereinige du nur mit heiligen Worten unsre Hände, und dann mag der Tod selbst sein ärgstes thun; es ist genug, wenn ich sie nur mein nennen kann.

Bruder Lorenz. Diese heftigen Entzükungen nehmen gemeiniglich ein plözliches Ende, und sterben in ihrem Triumph; wie Feuer und Pulver, die sich, indem sie sich begegnen, verzehren. Des süssesten Honigs wird man um seiner Süssigkeit willen zulezt überdrüssig. Liebe also mässig, damit du lange lieben könnest; zu schnell kommt eben so spät an, als zu langsam.

(Juliette zu den Vorigen.)

Hier kommt das Fräulein. Wie munter, wie leicht auf den Füssen sie ist! Ein Verliebter könnte das leichte Pflaum-Federchen besteigen, das in der üppigen Sommer-Luft herumflattert, und würde doch nicht fallen, so leicht ist Eitelkeit.

Juliette. Guten Abend, mein geistlicher Vater.

Bruder Lorenz. Romeo, meine Tochter, soll dir für uns beyde danken.

Juliette. Ich wünsche ihm eben so viel, sonst wäre sein Dank zu viel.

Romeo. Ah! Juliette, wenn das Maaß deiner Freude so aufgehäuft ist als das meinige, und du fähiger bist als ich, sie auszudrüken, o so versüsse durch deinen Athem diese umgebende Luft, und laß die zauberische Musik deiner Zunge die Glükseligkeit entfalten, die wir beyde von dieser frohen Zusammenkunft erhalten.

Juliette. Mein Herz ist zu voll von seinem Glük, als daß es sich in Worte ergiessen könnte – – Die sind nur arm, welche sagen können, wie reich sie sind – – Meine Zärtlichkeit ist zu einem solchen Uebermaaß gestiegen, daß ich nicht die Hälfte meines Reichthums anzugeben vermag.

Bruder Lorenz. Kommt, kommt mit mir, und wir wollen kurze Arbeit machen; denn, mit eurer Erlaubniß, sollt ihr nicht allein beysammen bleiben, bis die heilige Kirch aus beyden Einen Leib gemacht hat.

(Sie gehen ab.)


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