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Anhang.

Anhang Nr. 1.
Frau Emilie Merian-Genast an Hofkapellmeister Lassen.

Kösen, 10. August 1871.

... Liszt war auf das Tiefste von Tausigs Tod ergriffen und die ersten Tage wurden noch recht peinlich dadurch, daß eine große Ungewißheit darüber schwebte, ob die Leiche nach Berlin geschafft werden würde. Schließlich wurde es so und somit Liszt die traurige Pflicht erspart, bei der Beerdigung zu sein. Frau v. Mukhanoff kam auf zwei Tage nach Weimar, war aber so schwer von den traurigen Erlebnissen betroffen, daß ich mich der Besorgniß um sie nicht erwehren kann und Liszt erzählt mir auch aus einem seither von ihr erhaltenen Brief aus Bonn, daß es mit ihrer Gesundheit recht schlecht steht. Ich erzähle Ihnen in Weimar Ausführliches von Allem, was ich mit ihr durchsprach, sie ist eine ganz wunderbare Frau und mir so bedeutend, weil sie eine Abneigung gegen oberflächliche Beziehungen hat, die sie mit fabelhafter Konsequenz durchführt; dadurch erspart sie viel Zeitvergeudung und gewinnt von den Menschen, mit welchen sie verkehrt, das Wichtige und Beste; von Tausig hat sie mir Wunderbares erzählt. Am Abend, als ich mit Liszt und Frau v. Mukhanoff recht ernst und still beisammen saß, machte er plötzlich den Flügel auf und spielte – Ihr Lied »Das Leben draußen« – ich möchte Sie hätten den Eindruck theilen können, den wir davon empfingen, und ich meine es muß Ihnen Freude machen, daß dies die einzige Musik war, die er an jenem Abend ertragen konnte.

Ich habe denn endlich Liszts Portrait Dasselbe befindet sich im weimarischen Museum. bei Verlat gesehn und – bin höchst frappirt davon, aber im besten Sinne des Wortes. Der erste Eindruck ist befremdlich durch die etwas absichtliche Stellung mit welcher der Kopf sich vom Beschauer abwendet – aber je mehr man das Bild betrachtet, um so tiefer wird man von der durchgeistigten, höchst bedeutenden Auffassung ergriffen. Ich habe Liszt in den seltensten Augenblicken so aussehend gefunden, aber es waren die besten – er ist weder liebenswürdig, noch gewinnend, noch angeregt, noch begeistert – sondern der tiefste Seelenausdruck liegt in dem Auge; ich habe noch nie ein Bild gesehn, welches den Beschauer so gar nicht ansieht, während doch das Auge keine andere Richtung nimmt. Wer Liszt so nicht ähnlich findet, der soll sich nicht rühmen, ihn zu kennen und Liszt selbst sprach ein merkwürdiges Urtheil aus: »Sie werden viel tadelnde Urtheile über das Bild hören, die sich damit als oberflächlich dokumentiren, oder als sehr persönlich, das Bild aber ist ein historisches Portrait.« So sagte er zu Verlat und mir sagte er später, daß das Bild mit seiner Vollendung ungemein gewonnen habe – möglich, daß er es sich da erst recht angesehen hatte ...

Anhang Nr. 2.
Briefe des Großherzogs Karl Alexander an Frau Emilie v. Gleichen-Rußwurm, geb. v. Schiller.

Weimar den 30. Januar 47.

... Wie könnte man leben ohne diesen Glauben, wie dürfte man wagen zu denken das All' das geistig Errungene, all das durch die Seele Erstrebte und Erreichte umsonst errungen, umsonst erstrebt sey, daß man umsonst gelitten und geliebt, umsonst gehofft und geglaubt hätte. Wozu aber hätte die gütige Gottheit das Gefühl der Hoffnung und der Liebe und des Glücks in uns gelegt, welchen Allen das Leben auf Erden so oft widerspricht, gäbe es nicht einen Ort wo Wort gehalten wird. Ich komme unwillkührlich wieder auf das Gedicht Ihres großen Vaters ...

1. Mai 1861 ... Ich habe mich seit 14 Tagen sehr lebhaft mit Ihrer Familie beschäftigt, indem ich das Buch beendete, welches den Briefwechsel Ihrer Frau Mutter enthält. Mit welchem Interesse ich diese Beziehungen vorüberziehen ließ, aus denen ich das Bild meiner theuren Mutter, bald das meiner, von mir nie gesehenen Tante (Prinzeß Karoline) emporsteigen sah, von der ich so oft habe reden hören, können Sie sich ebenso leicht denken, wie es mir dieses zu schildern unmöglich ist. Sie werden deshalb es wohl eher natürlich als indiscret von mir finden, wenn ich, durch jenes Interesse gefesselt, bei einer Stelle noch besonders verweile, wo Sie selbst, denke ich, Seite 497 sagen, »daß die von Ihrer Frau Mutter gemachten Aufzeichnungen (über die) in den Abendcirkeln des Goethe'schen Hauses gehörten Unterhaltungen noch vorhanden sein« und an diese Stelle die Frage anreihe: ob Sie mir diese Aufzeichnungen wohl mittheilen könnten? Wie an das Gute das Gute sich reiht und das Schöne dem Schönen gern sich paart, so regt das Interesse immer neues auf. Dies ist die einzige Erklärung meiner bittenden Anfrage.

Soesdyk [Holland] 3. September 1861.

Aus einer Ihnen unbekannten Ferne, gnädige Frau, sende ich endlich die mir anvertrauten Manuskripte zurück: Die Aufzeichnungen Ihrer Frau Mutter, die »Dido« der Frau v. Stein. Mit großer Mühe habe ich – und auch nur theilweise – Ersteres entziffern können; die Handschrift ist leider mir ebenso unleserlich als der Inhalt lehrreich und merkwürdig erschienen. Die »Dido« ist ein sehr interessantes Bekenntniß einer tiefgeknickten Frauenseele, von welcher wir gern glauben wollen, können und wohl auch müssen, daß sie, weil sie in ihrer Liebe gekränkt war, ungerecht urtheilte. Daß übrigens Goethe-Orgon Manchem so erschien und noch erscheint, wie er in dem Stück uns entgegentritt, ist wahr; mir erschien er indessen nie in dieser Gestalt, und nicht nur weil die fernsten Berge die blauesten erscheinen.

Ich schreibe diese Zeilen nah dem Meer, im schönen Geldern, unter den mächtigen Bäumen Wilhelms III. des Oraniers und Könige von England, zu Soesdyk bei meiner Schwiegermutter ...

Im Juni 1865 schenkte Frau v. Gleichen aus dem Nachlaß ihrer Mutter, Schillers Witwe, dem freien deutschen Hochstift in Frankfurt a. M. das Manuskript des Stückes, über das Karl Alexander geschrieben: »Dido«, Trauerspiel in fünf Akten von Charlotte v. Stein, in dem diese ihre Freundschaft mit Goethe behandelt und verschiedene Personen des Hofkreises, sowie sich selbst, zeichnet. Frau v. Gleichen gab, mit der Ermächtigung der Steinschen Erben, die Erlaubnis zur Veröffentlichung.

Allstedt, 24. November 61.

... Man hat bisweilen im Leben Erinnerungen, zu denen man sich aus dem Gewirr des Lebens flüchtet, an dem einst genossenen Glück sich abermals zu laben. Ihr Schloß ist mir ein solcher Ort; die Erinnerung an die Zeit die ich in demselben verlebte, ist mir eine der liebsten meines Lebens. – Dies sage ich Ihnen, H. v. Gleichen herzlich grüßend und Ihnen beiden die Grüße der Großherzogin sendend, aus dem Schlosse von Allstedt wo Kaiser Otto der Große einst Hof hielt und in späten Tagen die Geschichte spielte, aus der Ihre Tante (Karoline von Wolzogen) die »Agnes von Lilien« schuf. So spricht es sich gut von Erinnerungen unter diesem Dach. Unter und über allen Dächern aber bleibe ich Ihr treuer Freund

Carl Alexander.

Weimar den 21. Januar 1862.

Sofort lassen Sie mich Ihnen mit der ganzen Energie der Dankbarkeit die Hände für den eben empfangenen Brief wie das ihn begleitende Bildniß küssen. Ersterer, gütigste Freundin, ist ebenso liebenswürdig wie letzteres Züge darstellt die ich mir als liebenswerth denken kann. Und sie müssen es gewesen sein denn wie trugen sie dazu bei einen Mann zu fesseln und wie lange und welchen Mann! Sie sagen mir, daß Sie Ihren Mann den ich herzlich grüße, nach Meiningen begleiten werden. Ach warum ist er nicht auch hier Landstand! Sie sagen Mir ferner daß Sie sich nach Weimar sehnen, ja Sie lassen sogar die Möglichkeit mir offen Sie hier zu sehen. Ich will Ihnen hierauf nicht mit meiner Freude antworten, weil Sie diese viel besser Selbst fühlen, als ich dieselbe schildere, aber glauben Sie nur ganz fest – das kann ich sagen, daß meine Freude eine große wäre. Ich hoffe daß bei Ankunft dieser Zeilen der Greifenstein ohne Schnupfen ist. Ich wünsche dieses aus unserm Thal voll Schnee, Grippe und Abendgesellschaften ...

Der Urenkel Schillers wurde am 6. November 1865 in dem Gleichenschen Schlosse Greifenstein ob Bonnland in Unterfranken geboren, wo Ludwig v. Gleichen und seine junge Frau, geb. v. Thienen-Adlerflycht, mit seinen Eltern zusammen lebten. Das Kind erhielt den Namen Karl Alexander nach seinem Taufpaten, dem Großherzog von Sachsen. Aber das Leben der Mutter fiel dieser Geburt zum Opfer, Elisabeth v. Gleichen starb nach großen Leiden am 19. Dezember. Schon am 20. schrieb Karl Alexander aus Weimar an seine alte Freundin:

Mit welcher Bestürzung wir, die Großherzogin wie ich – erfahren, welche ernste Prüfung Ihnen und Ihrer Familie auferlegt wurde, gnädige Frau, werden Sie am besten selbst ermessen. Sie auch erkennen am Richtigsten wie aufrichtig unser Antheil ist an Ihrem, an Ihres Gatten, Ihres armen Sohnes Schmerz. Uebernehmen Sie bitte, ihnen beiden gegenüber unserem Antheil Worte zu leihen. Stehe Ihnen, stehe Ihrem Sohn Gott mit seiner ganzen Kraft bei mitten in diesem Unglück sich aufzurichten und in der Pflege des theuren Enkels, des Sohnes Erleichterung zu finden. Gottes Wege sind unbegreiflich, doch immer ist das Gute, ist unser Bestes, das Ziel. So lassen Sie uns glauben wo wir auch nicht verstehen und auf den bauen, dessen Hand da am nächsten ist, wo sie am schwersten prüft. Endlich mögen Ihres eignen Vaters unsterbliche Worte Ihnen beistehen, in seinem Sinn die zeitliche Noth zu durchkämpfen, zu besiegen. Dies wünscht doppelt bei dieser Jahreswende Ihr

Ihnen aufrichtig ergebener
Carl Alexander.

19. 10. 67.

Endlich, gnädige Frau, endlich wieder einmal directe Nachrichten von Ihnen. Und dies durch Glück- und Segensworte (zur silbernen Hochzeit). Die Züge des geliebten Knaben begleitend, um den Sie schützend und erziehend ein neues Leben genießen! Sie kennen uns, die Großherzogin und mich – so wohl, daß es der Versicherung nicht bedarf, wenn ich zu Ihnen von unserer Dankbarkeit spreche. Doch um so mehr werden Sie mir glauben wenn ich sage daß Ihre Erinnerung, Ihr Brief, Ihre Sendung mir herzliche Freude gemacht hat und werden es am Ende auch natürlich finden, daß ich, nach Weise Liebender, Ihnen mein Bildniß sende. Mit dieser declaration verbinde ich meinen Gruß an das ganze Gleichensche Haus und bleibe unveränderlich

Weimar, den 16. Oktober 1867.

Ihr
ergebenster
Carl Alexander.

Anhang Nr. 3.
Frau Rosa v. Milde an Fräulein Helene v. Mangoldt.

Weimar, 30. Oktober 1889.

... Wir gehen ziemlich oft ins Theater, den heißblütigen jungen Kapellmeister Richard Strauß dirigiren zu sehen. Man muß sagen, er führt sich ganz vorzüglich ein. Die Zauberflöte erhielt durch sorgfältiges Abschattiren und lebhaftere Tempi neuen frischen Reiz. Die drei Damen konnten seiner Auffassung von Allegro und Presto kaum folgen. Gestern hat er das erste Concert dirigirt – das Programm war sehr zukünftig: die Ideale von Liszt in so vorzüglicher Wiedergabe, wie ich sie kaum gehört. Daß er auch seines Lehrers Bülow schmerzvollste Composition »Nirwana« wieder vorführte, kann man ihm nicht Dank wissen. Ich hoffte, diesen Ouvertürenartigen Orchestersatz dies Mal vielleicht besser zu verstehen, fand aber nichts als pessimistische Accorde und das tollste Wühlen schmerzzerrissener Tonfolgen. Die Ouvertüre zu »König Stephan« [Beethoven] wurde reizend gespielt. Halir entzückte durch herrliche Wiedergabe von Lalo's spanischem Concert ...

Fräulein Natalie v. Milde schrieb nach dem Tode ihrer Mutter an Fräulein Helene v. Mangoldt:

Weimar, den 12. 2. 1906.

Liebe Helene! Die Seele dieses Hauses ist entschwunden, Vergangenheit, was mein Leben wohlthuend, schirmend, verschönend einhüllte. Doch nein! Nur die irdischen Brücken sind abgebrochen, nur was ich ihr sagen und thun möchte, ist Unmöglichkeit geworden: ihr Sein und Wesen wird aber lebenslang jede Stunde durchdringen. Es ist wunderbarer Weise nach der schrecklichen Leidenszeit der drei letzten Wochen und nach der viele Monate lang vorhergehenden Abnahme der Kräfte, jetzt die frische, die leistungsfähigste Epoche ihres Lebens, welche vor mir steht. Mit liebeberedten Worten schildern Briefe von nah und fern, derer, die noch ihren Glanz, ihr Schönstes gesehen, das ihr eigene, so einzigartige Wesen, und die Wunder der Vergangenheit tauchen so eindrucksvoll wieder auf, wie mir etwa als junges, enthusiastisches Mädchen die Verklärung beider Eltern am Schluß des Holländers war. Es ist eine hohe Gnade, Eltern besessen zu haben, die der Welt ideale Güter schenkten; und eine unsagbare Beglückung gewährt es mir, zu erfahren, daß die Menschen wissen, was sie diesen selbstlosen, reinen Priestern der Kunst danken. Es sind nicht einmal nur die für volles Verständnis Befähigten, auch Minderbegabte, ja nüchterne Naturen fühlen eine höhere, vielleicht latente Saite durch sie angeregt ...

Eines ihrer letzten Worte war: »gebt mir ein wenig Musik!« Die hat sie zur Feier bekommen, so rein, so weihevoll, wie es ihrer reinsten Ohren würdig war. Alles war schön, ihr gemäß ...

N.(atalie) Milde.

Anhang Nr. 4.
Briefe an Baron August v. Loën.

Mein theuerster Freund und Gönner!

Sie haben mir durch Ihre abschiedslose Entfernung von Bayreuth Nach der Grundsteinlegung des Festspielhauses, 22. Mai 1872. einen wahrhaften Kummer gemacht. Rechnete ich vom Anfang herein mit Bestimmtheit auf ein trauliches persönliches Zusammensein mit Ihnen nach Ablauf der wilden Tage, so ward diese Annahme zum sehr herzlichen Verlangen gesteigert, nachdem Sie mir in der letzten geschäftlichen Versammlung durch Ihr so warmes und energisches Verhalten von Neuem den Werth Ihrer Freundschaft nahe gelegt hatten. Zugleich hatte ich dort aber auch den peinlichen Eindruck der Folgen einer Unachtsamkeit empfangen: da ich bei der Eröffnung nicht zugegen war, mußte mich, bei meiner verspäteten Ankunft darüber verwundert. Sie gerade hier nicht an dem Ehrenplatze anzutreffen, der Ihnen, der bisher der eigentliche Repräsentant des Gesamtpatronates für mich war, unbedingt gebührte. Auch hierüber, wie über so Vieles und Freundliches, hatte ich mich mit Ihnen zu verstehen, weshalb ich mich bei der Trennung im Rathhause an Ihr Versprechen, uns in der Fantaisie zu besuchen, sehr ernstlich hielt. Allein – Alles kam, nur Freund Loën nicht! Dieß betraf mich nicht minder hart, als das schlechte Wetter bei der Grundsteinlegung, welcher Sie dennoch mit so rührender Aufopferung Ihre freundliche Mithülfe angedeihen ließen! –

Was ist nun zu thun? –

Mir bleibt wohl nichts übrig, als jetzt schriftlich Ihnen das zu sagen, was ich so gern aus vollem Herzen Ihnen mündlich bezeugt hätte. Haben Sie Dank für Alles, was Sie mir seit einem Jahre waren, und was zu sein und zu bleiben Sie in diesen letzten erregten Tagen mir mit so liebenswürdiger Wärme bestätigten. Danken Sie eben so warm und herzlich den vortrefflichen Musikern der Großherzoglichen Kapelle, welche so gern gekommen zu sein schienen, und nun so wacker und bedeutend zu unserem Werke mitwirkten! Vor Allem aber auch ersuche ich Sie, Seiner königlichen Hoheit dem Großherzoge, meinem langjährigen Protector und Gönner, meine wahre und innige Dankbarkeit dafür auszudrücken, daß Er durch die allergnädigste Erlaubniß an Seine Hofkapelle, mir ein so deutliches Zeichen der ernstlichsten, meinem Unternehmen zugewendeten, Wohlgeneigtheit gab. Er ist der erste deutsche Fürst, der an der Seite meines großen königlichen Wohlthäters, die Bedeutung meines ungewissen Vorhabens huldvoll begriff, und auf das Bestimmteste Sich zum aufopferungsvollen Förderer desselben erklärte. Ich hoffe bestimmt darauf, daß es mir vergönnt sein wird, durch ein sinniges Zeugniß Ihm meine dankbarste Gesinnung kund zu geben.

Herzlich grüßt, mit mir, Sie meine theure Frau! Bleiben Sie mir wohlgeneigt, und seien Sie der steten Dankbarkeit versichert

Ihres
treu ergebenen
Richard Wagner.

Bayreuth, 26. Mai 1872.

Hochgeehrter Freiherr,

Des Großherzogs von Sachsen Königliche Hoheit, hat die Gnade gehabt, meinem Manne den Ausdruck der Empfindungen, welche die Aufführung von »Tristan und Isolde« erregt haben, kund thun zu wollen. Durch ein leichtes Unwohlsein an sein Lager gefesselt, muß es sich mein Mann, da er seinen Dank nicht länger unausgesprochen wissen möchte, versagen, selbst denselben Seiner Königlichen Hoheit, ehrfurchtsvoll entgegen zu bringen: er beauftragt mich damit. Sie, hochgeehrter Freiherr, zu ersuchen, der Vermittler und Darbieter seiner Gefühle bei Seiner Königlichen Hoheit, zu sein. Von hier an ist der Brief in der früher angeführten Schrift über v. Loën schon gedruckt. Die übrigen sind sämtlich ungedruckt. Es will ihm bedeutend und vielsagend erscheinen, daß sein Werk »Tristan und Isolde«, sonst nirgends als in München aufgeführt, in Weimar den Stempel seiner Bühnenthätigkeit erhielt, und dadurch auf's Neue seine Lebensfähigkeit bekundete; es theilt hierin ein gleiches Schicksal mit »Tannhäuser« welcher auch von Dresden aus zuerst einzig in Weimar seine Schutz- und Trutzstätte fand. Daß das Experiment der Aufführung eines, nach allen Seiten hin schwierigen Werkes, auch diesesmal wieder so geglückt ist, zeigt wieder, was dem nach Hohem gerichteten Willen bestimmt bleibt, und daß, vor dem festen Sinn wie dem ernsten Trachten sich die verwickeltsten Schwierigkeiten endlich beugen, wie nach hundertjähriger wilder Verschlingung, das Gestrüpp und die Hecken welche scheinbar undurchdringlich Dornröschens Heim umgaben, vor dem Fürstensohn sich schieden.

Indem mein Mann Sie durch mich ersucht. Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog, in seinem Namen unterthänig wissen zu lassen, wie er die Bedeutung eines solchen hohen Willens und festen Sinnes, für die Kunst, dankbar zu würdigen weiß, glaubt er am besten Ihnen, hochgeehrter Freiherr, seine Erkenntlichkeit für die Mühe und Sorge, welche Sie seinem Werke haben angedeihen lassen, ausgesprochen zu haben. Er trägt mir die freundlichsten Grüße an Sie auf, und indem ich Sie ersuche uns Ihrer Frau Gemahlin bestens zu empfehlen, zeichne ich

Hochachtungsvoll ergebenst
Cosima Wagner,
geb. Liszt.

Bayreuth 24. Juni 1874.

Briefe des Großherzogs an Baron v. Loën.

Der erste Brief des Großherzogs Karl Alexander vom 28. Februar 1861 an Baron v. Loën nach Dessau bezieht sich auf Briefe Karl Augusts an den Herzog Franz von Dessau, die Loën, damals Adjutant des regierenden Herzogs, für Karl Alexander hatte abschreiben lassen, wofür ihm dieser dankt.

Sie irren sich nicht, wenn Sie an den besonderen Werth glauben, welchen Ich den Erinnerungen an Meinen Großvater und an seine glorreiche Zeit beilege. Sie haben ferner sehr recht aus jenen Briefen gerade diejenigen Punkte hervor zu heben, welche meines Großvaters edele Gesinnungen wie deutschen Charakter beweisen. Diese Lichtpunkte sind doppelt wohlthuend in dieser ernsten Zeit.

Wie gern Ich aus den in Ihrem Brief befindlichen Nachrichten die näheren Beziehungen wahrgenommen habe, in welcher Ihre Familie zu dem Großherzog wie zu Goethe gestanden, ersehen Sie aus dem Gesagten. Ich freue Mich, diese Beziehungen auch jetzt fortgesetzt zu sehen ...

Mein lieber Herr von Loën!

Sie hatten die Stadt bereits verlassen als ich Sie aufsuchen ließ um mündlich Ihnen das zu sagen was ich nun der Feder anvertrauen will. Anerkennung und Dank gehört leider sehr oft im Leben zu den unvollkommensten Dingen. Zu meinen aufrichtigen Gesinnungen gehört Beides, aber ganz unbestritten Ihnen gegenüber. Deshalb handle ich demgemäß ganz consequent wenn ich den äußern Ausdruck, den bleibenden, solchen Empfindungen beifüge und Sie unter die Ritter meines Ordens aufnehme. Vigilando ascendimus ist seine Devise – Sie haben dieselbe durch Ihre Leistungen bereits zur Ihrigen gemacht. Daß sie es Ihnen forthin bleibe ist der aufrichtige Wunsch

Ihres
Ihnen aufrichtig zugethanen
Carl Alexander.

Im römischen Haus den 25. Mai 1869.

Heinrichau den 21. October 1869.

... Ich freue mich – richtiger gesagt: wir freuen uns mit steigender Ungeduld auf das Theater, von dem mir von allen Seiten das beste gemeldet wird in Briefen wie Zeitungen. Dieser Versicherungen bedarf es indeß nicht, weil ich längst fühle und daher weiß, wie sehr ich fortwährend und immer mehr Ihnen zu danken habe ...

Daß Sie meine Einladung zum Diner annehmen trotz des Geburtstages Ihrer Gattin, ist mir, als ich mich des Datums – leider zu spät – erinnert hatte, wie ein Alp auf die Seele gefallen. Künftighin bitte ich mir als eine Freundes Aufmerksamkeit Ihrerseits aus, mich nicht in die Möglichkeit zu versetzen, Sie um eine Freude zu bringen. Nicht wahr, das versprechen Sie Ihrem

Carl Alexander.

Nachdem die Mustervorstellungen der Werke von Richard Wagner beendet waren, schrieb der Großherzog an Baron v. Loën:

Schloß Belvedere, den 29. Juni 1870.

Ihrer erleuchteten und fortgesetzten thätigen Liebe zur Kunst, mein bester Herr von Loën, verdankt ein weit über die Grenzen Weimars reichendes Publikum dasjenige, was zu leisten die Pflicht der weimarischen Bühne ist: die Pflege des Guten und Schönen. Solcher Pflicht, solchen Leistungen entspricht der Titel des General Intendanten mehr als der, welchen Sie bisher führten. Deshalb verleihe ich denselben Ihnen; im Besonderen aber, weil er mehr dem sehr ausgedehnten und immer wachsenden Vertrauen entspricht mit welchem Ihnen dankt, mein lieber Herr v. Loën

Ihr ergebener
Carl Alexander.

Wilhelmsthal, den 20. July 1870.

Ihren gestrigen Brief, mein Lieber, beeile ich mich heute zu beantworten. Sie auch in dieser ernsten Zeit so zu erproben wie ich Sie bereits achten gelernt, ist mir eine wahre Freude, aber keine Ueberraschung. Ihr Wunsch macht Ihnen alle Ehre. Sie werden mir hierbei indeß gewiß Recht geben, wenn ich eben so wenig wie Sie Selbst diesem Nationalkampf blos zusehen will, um so mehr Sie Selbst, erst vor wenig Tagen, während der Reise mir den Wunsch aussprachen, mich zu begleiten, wenn ich persönlich an dem Krieg Theil nähme. Ich entspreche also nur Ihrem eigenen Wunsch wenn ich Sie ersuche vorläufig wenigstens zu meiner Disposition zu bleiben und sich für den Fall vorzubereiten, daß ich in's Feld zöge, wohin mein Sohn bereits voraus ist. Ließ würde gar nicht ausschließen, daß Sie Sich, ähnlich wie Graf Beust und die übrigen Johanniter meines Landes, Sich denjenigen Pflichten innerhalb der Landesgrenzen widmeten, die Ihr Orden Ihnen auferlegt.

Ich hoffe Sie in der Kürze wiederzusehen und bleibe wie immer

Ihr herzlich zugeneigter
Carl Alexander.

Versailles, 31. Oktober 1870.

Die Nachricht Ihrer glücklichen Rückkehr nach Weimar, wie Ihr gestern erhaltener Brief, bester Herr v. Loën, haben mir gleich große Freude gemacht; der Ausdruck desselben ist zugleich der richtigste für meinen Dank!

Daß die Kontraste Sie überraschen würden, begreift Niemand mehr denn ich, der so oft an dergleichen bald eine emporhebende Hülfe, öfters eine niederdrückende Macht, fast immer eine Ursache meist mühevollen Kampfes in mir selbst findet. Doch wenn das Dichterwort wahr ist – und wer wagte an seiner Wahrheit zu zweifeln:

Erquickung wirst du nie erringen –
Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt,

so wird Ihr Gemüth es bethätigen, denn aus seiner reichen Fülle schufen Sie bereits ehe Sie nach Weimar kamen – und wie viel mehr erst seitdem, so daß ich nur auf Sie Selbst hinzuweisen habe um den richtigsten Rath zu geben. – Daß ich mich aufrichtig sehne mich mit Ihnen an Ihrer Tätigkeit, so Gott will, wieder zu erfreuen und das bald, ist eine Versicherung an deren Wahrheit Sie nicht zweifeln werden. – Gott gebe uns einen baldigen, für Deutschland ehrenhaftesten, darum festesten Frieden! Wir nähern uns indessen diesem, wir nähern uns noch mehr dem Bundesverhältniß für das gesammte Vaterland! Gott wird schon helfen!

Ich küsse Ihrer Gemahlin die Hände. Schreiben Sie mir in Ihrem nächsten Brief auch über Ihre Irrfahrten, mein Lieber, seit unsrer Trennung in Pont à Mousson. Nur sehr verworrene Nachrichten drangen bis zu mir ...

Versailles, den 17. November 1870.

Um auf Ihren Brief von dem 8. d. M. richtig zu antworten, lassen Sie mich zunächst mit gedrängten Worten die Sachlage résumiren. – Zuerst hat vor drei Jahren, nach des Königs Maximilian von Bayern Tode, Professor Ranke aus Berlin sich an mich mit dem Ersuchen gewendet: mich für dasjenige Unternehmen jenes Monarchen zu interessiren das die Förderung deutscher Geschichtswissenschaft zum Zweck hatte. Alle deutschen Fürsten sollten aufgefordert werden sich dafür zu interessiren, zu betheiligen. Ich nahm die Sache auf, ich wendete mich an den König v. Preußen, zugleich an den König v. Sachsen. Von Ersterem erhielt ich keine, von Letzterem eine ausweichende Antwort. Die Sache blieb liegen. Das detail lassen Sie Sich vom Geh. Staatsrath Stichling geben, die Niederschreibungen inbegriffen. Seitdem ist Weimar wieder Vorort der Schillerstiftung geworden, Sitz der Shakespearegesellschaft geblieben und Ihre Thätigkeit hat Weimar die Aussicht auf eine fernere, wichtige Thätigkeit eröffnet, ich meine hiermit das was Sie selbst Akademie, – deutsche Akademie nennen und in Bezug auf welche Sie Selbst Weimar als natürlichen Sitz, als natürlichen Mittelpunkt bezeichnen. – In der ebenfalls in Weimar ihren Sitz habenden Goethestiftung ist ein anderweitiger Keim zur Entwickelung dieses Unternehmens vielleicht gegeben; in den mir zur Zeit eingesendeten Vorschlägen Müllers von Königswinter ein zu benutzendes Material in jedem Fall. – So ist die Sachlage, so das Material. – Beides ist durch ein bedeutungsvolles Kennzeichen bezeichnet: aus der Mitte der gebildeten Bevölkerung Deutschlands selbst sind die Vorschläge herangetreten und haben sich nach Weimar gewendet. Dieser Umstand – dies rathe ich – sey der Compaß für unsere Fahrt! Deshalb sey es unsere Aufgabe mit dem gebildeten Theil und durch denselben die Sache abzumachen und Weimar zu sichern. Gelingt dies, so brauchen wir Niemanden anzugehen sich dafür zu interessiren oder gar Weimar den Vortheil zuzulenken. Von den beiden Persönlichkeiten an welche Sie mir rathen mich zu wenden, würde die erste gar keine Aufmerksamkeit der Sache schenken, die zweite, die des Staatsmanns, aller Wahrscheinlichkeit nach die Aufmerksamkeit abwenden, nur um es so für Weimar zu verhindern. Wohingegen wenn der gebildete Theil der Nation selbst verlangt daß die Sache werde, daß sie in Weimar ihren Sitz habe, beide Persönlichkeiten nichts dagegen einwenden werden, weil sie es nicht können – nicht können, weil die öffentliche Meinung die wahre Großmacht geworden auf die man hören muß. Von innen heraus, aus der Nation heraus, also, muß die Sache werden; nicht von oben herab angeordnet. Aber wohl von oben, von Weimar her muß sie befördert werden. Dazu ermächtige ich Sie hiermit, mein Bester. Thun Sie demnach aus Ihrer Personen- und Sachkenntnis was Ihre Erfahrung und praktischer Sinn Ihnen eingeben wird. Den besten Erfolg wünsche ich uns, von Herzen helfe ich Ihnen, so Gott will ...

Donnerstag früh (74.)

... Liszt hat mich gebeten Ihnen für die Bühne zwei Opern zu empfehlen: »Rosamunde« von Metzdorf, »Simson« von Saint Saens. Dem Besten des Alten, dem Besten des Neuen die Thore unseres Thalien-Tempels zu öffnen ist ja seine Aufgabe, so nenne ich das mir Genannte, umsomehr Ihrem Eifer längst es Bekanntes sein wird ...

Biarritz den 2. Oktober 1876.

Vor meiner Abreise nach Frankreich, mein lieber Freund, schrieb ich an Sie die Bitte: H. Gottschall in Leipzig in meinem Namen zu ersuchen sich mit Abfassung der Statuten unserer Akademie zu befassen, damit wir, nach meiner Rückkehr, so Gott will, an die Ausführung gehen können. Ist Hofrath Gottschall mit jenem Auftrag beschäftigt? ist eine Frage, welche ich nunmehr jenem Aufträge beifügen will. Die Wichtigkeit der Angelegenheit (hat) mich auch in der Ferne beschäftigt. Diese Sache wieder mit Ihnen zu betreiben ist mir dabei schon im Voraus eine besondere Freude, weil ich mich von Ihnen, mein Lieber, so gut verstanden, mich in Ihren Händen so gut geleitet fühle. Unter Gottes Hülfe kann ich dann mit Ihnen die Sache zu einem guten Resultate bringen. Ich freue mich ferner schon jetzt auf die Premieren unseres Theaters – also Ihrer umfassenden und erleuchteten Thätigkeit. Von unsern Faustvorstellungen habe ich selbst in Frankreich, und par ricochet in Rußland, reden hören und habe dabei Ihnen als Ruhmes-Trompete gedient. In Paris sah ich mit großem Interesse das als Sittenbild nicht zu unterschätzende Stück: » les Danitcheff«. Hier ist ein Gebäude über dem der Name: Thêatre steht, aber im Innern ist nur ein skating-rink. Man hat auch zu solchen Genüssen kaum die Kräfte, denn die Bäder nehmen diese sehr in Anspruch da die Cur eine angreifende ist. Von dieser Wellenkraft und elektrischen Stärke des Wassers hat man in den nördlichen Seebädern keinen Begriff. Wir genießen noch Juliwärme dabei und sehen an der Vegetation kaum die Annäherung des Herbstes. Es ist nur russische und spanische Gesellschaft hier, unter der ersten eine Reihe meiner Bekannten.

Doch ich schreibe während ich nicht schreiben darf da das Wasser den Kopf einnimmt. Da aber das Herz davon nichts weiß, so wandte ich mich doch an Sie ...

Biarritz, den 19. Oktober 1876.

Ihr Brief vom 15. d. M., mein Lieber, den ich heute Morgen erhielt, berichtet zuerst von Freibillets welche Sie den Vertretern thüringischer Städte verabfolgen ließen und bittet um meine Billigung für die nicht vorher angezeigte Verordnung. Ich wüßte in der That nicht, wie Sie anders hätten handeln können. Sie der Sie mein Vertrauen besitzen und in diesem Fall überdieß rasch zu handeln – nicht also vorher anzufragen hatten. –

Daß Sie mein Vertrauen zu besitzen fühlen beweißen Sie mir ferner indem Sie mir Mittheilung derjenigen Vorschläge machen welche von Frankfurt a. M. an Sie ergangen sind. Dieses gegenseitige Vertrauen ist es aber auch das mich hierbei ruhig in der Ueberzeugung sein läßt, daß Sie mir treu bleiben werden. Ich würde es nicht sein, kennte ich Sie als eine spekulative Natur; so kenne ich Sie und liebe ich Sie dagegen als eine die nur immer das Edelste will und so denke ich läßt sich dieses von der Bühne Goethe's und Schiller's herab auch ferner für die gebildete Welt erstreben und erreichen wie es dem Strebenden bisher so gut gelungen. Wie vielen Werth ich dabei auf das Zusammenwirken mit Ihnen dankbar lege wissen Sie längst. Gönnen Sie indessen heute meinem Herzen, daß es dies bei dieser Gelegenheit wiederholt ...

Ihr Ihnen sehr angehörender
C. A.

den 26. März 77.

Ich habe, mein lieber Herr v. Loën, Ihr Abschiedsgesuch mit einem Kummer entgegen genommen, welcher Ihnen nicht entgangen sein wird. Er hatte seinen Grund theils in der Anerkennung Ihrer Verdienste um mein Theater – also um Weimar – theils in der persönlichen Gesinnung die uns allmälig verband. Diese Ursachen sind stärker geworden, je mehr ich die Sache mir überlegte; und endlich haben sie mich zu dem Entschluß gebracht von Ihnen die Entlassung nicht anzunehmen, welche Sie mir vorgelegt haben.

Entnehmen Sie aus dem Gesagten die aufrichtige wie dankbare Hochschätzung die ich für Sie hege.

Carl Alexander.

Wartburg 12. September 1884.

Bei der diesjährigen Versammlung der Schillerstiftung zu Weimar wo ihr 25jähriges Bestehen gefeiert werden soll, ist darauf hinzuwirken: daß künftig die Oberleitung, also der Vorort, nicht mehr seinen Aufenthalt wechsele sondern in Weimar bleibe. Da alle Zweigstiftungen dieses wünschen mit Ausnahme der sächsischen, so ist es nöthig, daß die gesammte Schillerstiftung die Bitte an die Königl. Sächsische Regierung richte: »einzustimmen in den allgemeinen Wunsch und mithin der Vorort künftig in Weimar bleibe.« Demgemäß setze ich diese Bestimmung als meine besondere persönliche Instruction für Herrn Generalintendanten von Loën nieder damit dieser ihr gemäß in meinem Auftrag handle.

Carl Alexander.

Wilhelmsthal den 13. August 1886.

Für zwei Ihrer Briefe, mein Lieber, habe ich zu danken, beide aus Wien Baron v. Loën war mit der Frau Großherzogin in Wien bei ihrer Tochter Marie Alexandrine, deren Gatte, Prinz Heinrich VII. Reuß, damals deutscher Botschafter war., der Erste Ihren Bericht über Bayreuth Von der Beerdigung Liszts., den Zweiten Ihre Entschuldigung wegen der Veröffentlichung meines an Sie gerichteten Briefes enthaltend. In diesem Zweiten sagen Sie mir, wovon ich bereits überzeugt war! daß nicht Sie die Indiscretion begingen. Dieselbe ist entweder das Ergebniß eines beneidenswerthen Gedächtnisses einer Ihrer Zuhörer, oder die Kunstfertigkeit eines unter diesen verborgenen Stenographen Daraus ersieht man, daß ein Brief des Großherzogs, den Baron v. Loën in Bayreuth erhalten und dort den Lisztschülern mitgeteilt hatte, von jemand ohne Erlaubnis veröffentlicht worden war. Leider fehlt der Brief in dem Nachlaß des Baron v. Loën. Wahrscheinlich entstammt der Brief des Großherzogs an Loën in dem schon früher genannten Göllerichschen Buche über Liszt (S. 194) dieser »Indiskretion«, denn man erkennt sofort, daß es nicht die Schreibweise des Großherzogs ist, und es fehlt jede Notiz über seine Herkunft.. Uebrigens sehe ich kein Unglück in jener Veröffentlichung – und – da sie nun einmal stattgefunden – müssen wir umsomehr vorgehen. – In dieser Beziehung war mir das Erscheinen, hier, des Herrn Stern aus Leipzig, also eines der Mitleiter des »allgemeinen deutschen Musikvereins« sehr willkommen. Er kam weil er jetzt in der Sommerfrische im Marienthal wohnt um mir seinen Antheil an Liszt's Abgang auszusprechen. Ich theilte ihm in großen Zügen mein Ihnen aufgetragenes Project mit; er fand es vortrefflich und benachrichtigte mich: daß eine ihm von einem Mitleiter jenes Vereins angekündigte Aufforderung wahrscheinlich denselben Gegenstand berühre. Ich bat ihn um Mittheilung. Sie ist in der Inlage enthalten. Ich bitte Sie mir dieselbe zurück zu senden, sobald Sie dieselbe nicht mehr gebrauchen.

Ich ersuche Sie nun förmlich die Angelegenheit der Stiftung des »Liszt-Vereins« in die Hand zu nehmen und sie kräftigst vorzutreiben, so daß sie in diesem Herbst, so Gott will, in's Leben trete. Die Stiftung ist als ein Ausfluß des »neuen deutschen Musikvereins« zu betrachten – nur als ein solcher – nicht etwa als ein Ausfluß der weimarischen Orchesterschule. Die Bestimmung der Verkeilung der Premien findet in Liszt's Wohnung zu Weimar statt, die öffentliche Vertheilung im großen Saal der Orchesterschule. Die Gelder für die Premien sind durch Concerte, theatralische Aufführungen pp. aufzubringen.

Mit sehr richtigem Tact haben Sie die Tactlosigkeit des Verlangens betreffs der Bestattung Liszt's neben Goethe und Schiller abgeschnitten. Joukowsky, der hier jetzt wohnt, ist von mir beauftragt sich in Bayreuth, wohin er morgen zurück kehrt, zu vergewissern: ob es wahr ist daß Cardinal Haynald und Fürstin Wittgenstein den Körper Liszt's verlangen. Ist das der Fall muß Weimar [nicht ich] ein Gleiches thun – und – für den Fall daß dieses Verlangen gelingt – in der ganzen Welt, bei den Anhängern Liszt's Geld gesammelt werden ihm in Weimar ein Mausoleum zu errichten zu dem ich den Platz schenke. Ich werde Ihnen Mittheilung der weiteren Entwickelung dieser, weite Kreise ziehenden Angelegenheiten machen.

Machen Sie mir indessen Mittheilung welche Fest-Oper Sie zu der Verheirathung meiner Tochter Vorschlägen. Ich erwarte diese Vorschläge bald, denn die Zeit drängt. Richten Sie Ihre Briefe an den » Comte de Berka à Scheveningen«. Nächsten Mittwoch, so Gott will, kommen wir daselbst an.

Leben Sie herzlich wohl, pflegen Sie Sich gewissenhaft und vale et me ama.

C. A.

Wilhelmsthal 16. August 86.

Mein lieber Freund!

Meinen besten Dank für Ihren gestern erhaltenen Brief sende ich Ihnen mit der Anlage – den ersten zu, die zweite zurück. Ich wünsche daß Sie Ihre Unterschrift nur für die Stiftung des Liszt-Vereins geben, wie Sie ihn von mir vorgezeichnet bekommen und in Bayreuth den dort versammelten Künstlern mitgetheilt haben. Es versteht sich von selbst, daß der Verein – wenn er auch nur als ein Ausfluß des »allgemeinen deutschen Musikvereins« zu betrachten ist – in Weimar sich zu constituiren, in Weimar seine Sitzungen zu halten habe. Für keine andere Stiftung pp. bitte ich Ihre Unterschrift zu geben. Herrn Stern habe ich Gestern mündlich gesagt: daß jener Liszt-Verein nur als Ausfluß des »allgem. deut. Musikvereins« zu betrachten sey, daß die entscheidenden Sitzungen behufs Prämirungen in Liszts Wohnung zu Weimar abzuhalten wären, daß die Aufführung der zu prämirenden Musikstücke in dem großen Saal der Orchesterschule abgehalten werden könnten. Er schien über das Alles im höchsten Grad erfreut. – Joukowsky telegraphirte mir gestern aus Bayreuth, daß von einer reclamation der Ueberreste Liszt's weder für Pesth noch für Rom etwas bekannt sey. Ich hoffe also daß das Natürlichste am Ende seyn wird: das Verbleiben in Bayreuth ...

Scheveningen den 24. August 1886.

... Daß mein Generalintendant ein praktischerer Mann ist als es die unmittelbaren Diener der Musen und Apollo's sind, wußte ich; daß dieser Umstand sich aufs Neue mir beweißt, ist mir eine um so größere Freude. Lassen Sie Sich, mein Lieber, mit dieser Versicherung danken, und pflegen und ziehen Sie weiter auf mein kaum geborenes, jüngstes Kind. Da es nicht eins der »bloßen Laune« ist, so werden Sie gewiß nicht diejenige meiner Absichten verkennen die ich ausspreche: daß ich durch Concerte und Vorstellungen – Erstere wie Letztere dem Sinn des »neuen deutschen Musikvereins« entsprechend – diejenigen Mittel jährlich aufzubringen gedenke um den Schülern und Aspiranten genannter Richtung abwechselnd Stipendien durch diejenige Vereinigung von Männern zukommen zu lassen, welche in der Wohnung Liszt's zu diesem Zweck zu tagen hat. Haben Sie wegen » Quentin Durward« (Oper eines Belgiers) aus Baden noch keine Nachricht? Ich möchte das Donnerwetter selbst seyn, was ich auf den verdammten Uebersetzer herabwünsche. Wenn alle Stricke reißen wäre vielleicht doch das beste pour être etendu entre thé et glaces? (Als Festoper zur Vermählung von Prinzeß Elisabeth.) Ich erwarte Ihre Vorschläge hier bei ewig rauschenden Wellen in dem Lande wo nichts Anderes zu wachsen scheint – doch stille Wasser sind tief, selbst wenn sie versumpft sind ...

Scheveningen, 4. September 1886.

... Mein eben an Sie nach Mauer bei Wien abgesandtes Telegramm antwortet auf Ihre Nachricht vom 31. August betreffs der Beerdigungsstätte Liszt's. Ich habe Ihre Vermittelung vorgezogen weil sie die Natürlichste ist und diese Angelegenheit in Ihren Händen am besten sich befinden wird. Was nun die Sache selbst betrifft, so bemerke ich daß nur dann eine Reclamation bezüglich der Ueberreste Liszt's zu machen ist, wenn man bestimmt wüßte daß sie für einen anderen Ort gemacht werden sollte. Für den Garten der Altenburg aber bin ich weil er dem Orte seiner bedeutungsvollsten und längsten Thätigkeit am nächsten ist und hiedurch jede andere Pretension Bezieht sich auf die Idee einiger Anhänger Liszt, ihn in der Fürstengruft, neben Goethe und Schiller, beizusetzen. ein für alle Mal abgeschnitten ist ...

Briefe und Karten ohne Datum:

Ihre eben erhaltene Antwort auf meine Zeilen von diesem Morgen bestimmen mich, mein Lieber, noch einmal Ihnen gegenüber dasjenige zu berühren welches schon heute Morgen den Hauptgegenstand meiner Beurtheilungen machte. Die Bescheidenheit ziert Jeden; nie aber schließt sie die Wahrheit aus. Sie würden letztere verletzen, wollten Sie im Ernste – also nicht wie jetzt: im Nachklange einer trüben Gemüthsstimmung, behaupten: »nie zu erreichen und zu vollbringen können was Sie gewollt haben.« Die Geschichte des weimarischen Theaters seit Sie es leiten widerspricht Ihnen auf das Bestimmteste. Ich apellire an unsere Künstler, an Männer wie Lassen, wie Liszt, ich apellire an das deutsche Publikum. Das ist das Publikum des Weimarischen Theaters; dem Publikum des Vaterlandes gegenüber hat das Theater Weimars seine Pflichten zu erfüllen – und Ihr wie mein Gewissen sagen uns daß wir das redlich gethan und thun. Im Erklimmen von hohen Bergesgipfeln muß der Emporstrebende oft in Wolken sich hüllen lassen. Sie sind das Zeichen des Steigens. Wie viele wahre Künstler sind der Bühne Weimars geblieben weil sie es in Wahrheit waren und also fühlten daß es eine Ehre ist, von hier aus der Kunst dem Vaterland gegenüber zu dienen! Dieses Factum wollen wir doch nicht vergessen, dann namentlich nicht, wenn das Gemeine: die Speculation, uns streift. Gestatten Sie diesen Freundesgruß und antworten Sie nicht Ihrem

C. A.

Donnerstag 6. Mai.

Den beigefügten Artikel: »Der arme Heinrich« Ihrer Aufmerksamkeit empfehlend, thue ich es um so mehr mit der Frage: ob nicht Schriftsteller zu veranlassen wären Volksthümliche Geschichten – wie jene – der Bevölkerung von der Bühne herab vorzuführen? Es könnte das zu einer Preisaufgabe der Goethestiftung gewählt werden. Vielleicht wären die Volksthümlichen Absichten der Jenaer Lutherbühne noch geeigneter als die Weimarer Hofbühne solch Wagniß zu begehen? Gelegentlich und mündlich erbitte ich mir Ihre Ansicht.

C. A.

Liebenswürdige Leute an seinem Tisch zu haben ist immer ein Vortheil, mit ihnen zu reisen immer eine Freude. Erlauben Sie daher Ihnen Morgen um 3 Uhr 53 Min. einen Platz in meinem Waggon anzubieten.

C. A.

Liebenswürdig zu geben heißt doppelt geben. Ihre Zeilen beweißen aufs Neue diese Wahrheit. Ich möchte einen Spruch kennen Ihnen, mein Lieber, meine Dankbarkeit doppelt zu beweisen. Ihr widerspricht indessen nicht die Bitte: daß Ihre Hand der Schenkung Werth durch ein weihendes Wort, auf dem ersten Blatt des »Festspiels« geschrieben, vervollständige. Ich sende deshalb das Büchlein zurück, mir es – geweiht – im Namen der Wartburg zurück erbittend als

Ihr dankbarer Freund
C. A.

Großherzogin Sophie an Baron v. Loën.

Montag Abend Ohne Datum. Kurz vor der Rückkehr des Großherzogs aus dem Kriege 1871. Alle Briefe der Großherzogin sind aus dem Französischen übersetzt.

Monsieur! Durch das Repertoir, welches mir durch Ihre Fürsorge gebracht wird, habe ich heute Abend erfahren, daß der Sonnabend für die Festvorstellung bestimmt ist. Ich glaube daß der Großherzog darauf halten wird, sich öffentlich zuerst nach der Kirche zu begeben, ehe er irgend ein Fest annimmt, das nicht zu den ersten Ueberraschungen, am Tage der Ankunft, gehört. Deßhalb bitte ich Sie gleich, diese Festvorstellung lieber auf Sonntag zu verlegen. Ich weiß, daß die Theaterkasse dadurch leiden wird und wenn sie eine zu große Einbuße hat, werde ich mich später mit Ihnen darüber verständigen. Es handelt sich hier um wichtigere Erwägungen, weil die ersten Schritte des Großherzogs aufmerksam verfolgt werden und ich genau weiß, wie sehr er die großen Wohlthaten der Vorsehung fühlt, mit denen sie uns überschüttet, indem sie uns die Hoffnung giebt uns wiederzusehen, uns Alle gesund wiederzusehen, nach allem Schrecklichen was die Zeit zwischen dem Monat Juli und dem heutigen Tage gebracht hat.

Da wir noch am Anfang der Woche stehen, so hoffe ich daß mein Verlangen keine zu großen Schwierigkeiten machen wird ...

Heinrichau, den 30. Oktober 1884.

Monsieur, ich möchte Sie nach den Namen der Personen fragen, die wegen der Schillerstiftung in Weimar erwartet werden. Außerdem bitte ich Sie mir zu sagen, ob man dabei auf meine Gegenwart rechnet und ob Sie glauben, daß sie nützlich oder nothwendig – im Interesse der Stellung Weimar's, gegenüber der Schillerstiftung – ist. Der Erbgroßherzog und die Erbgroßherzogin werden in jedem Fall die honneurs des Diner's im Palais machen, welches im Namen des Großherzogs gegeben wird. – Ich habe den Tag meiner Rückkehr noch nicht bestimmt, denn ich habe die ersten zehn Tage hier eine starke Erkältung gehabt und fühle mich davon noch recht mitgenommen. Wenn meine Gegenwart am 9. in Weimar wirklich und ernstlich wünschenswerth ist, so versteht es sich von selbst, daß ich am 8. komme, ohne andere Bedenken zu berücksichtigen. Aber wenn die Stellvertretung unserer Kinder genügt, möchte ich meinem Landaufenthalt noch einige Tage zusetzen, um mich noch etwas zu stärken, ehe das Leben des Winters beginnt. Der Großherzog wird nicht vor dem 11. oder 15. zurückkommen. Er kann den Tag noch nicht bestimmen, er soll sich dann noch ausruhen, so wünscht es Dr. Matthes.

Mittwoch Abend.

Monsieur! Ich habe Ihnen mein Bedauern und meine Entschuldigungen über die Nachlässigkeit auszusprechen, die zur Folge hatte, daß der Extrazug ohne Sie abfuhr. Ich begreife nicht wie das möglich war und wie mein Kammerdiener so ohne Aufmerksamkeit und Vorsorge handeln konnte. Es ist mir sehr peinlich, daß diese Reise mit einer Unannehmlichkeit für Sie geendet hat. Ich habe Ihnen so viel Dank zu sagen für alle Ihre Sorgfalt, für Ihre Zuvorkommenheit und Ihre liebenswürdige Art, sich meinen nautischen Passionen (in Helgoland) anzupassen. Es bleibt mir von dieser Zeit, in der ich Sie täglich sehen konnte, eine sehr schöne Erinnerung. Recevez Monsieur, l'expression de tous mes sentiments les plus distinguer.

Sophie.

Monsieur! Ich bitte Sie, das beifolgende Andenken an Herrn Knopp zu geben, als Beweiß meines Interesses an seinem Jubileum. (1876.) Ich wünsche daß Sie ihm meine aufrichtige Anerkennung seiner künstlerischen Laufbahn aussprechen, die wirklich ausgezeichnet ist, denn er hat es verstanden, die verschiedensten Rollen vortrefflich zu interpretieren. Um das zu können, muß man Künstler im wahrsten Sinne des Wortes sein. Ich hoffe daß wir noch lange die Genugthuung haben, daß Herr Knopp sein Talent unserer Bühne weiht ...

Monsieur! Ich danke Ihnen sehr für die gute Nachricht, die Sie mir geschrieben. Ich habe sie dem Großherzog mitgetheilt, der eine lebhafte Genugthuung darüber empfindet.

Ich möchte wissen, ob Herr Keil Rechtsanwalt Keil hier besaß den Nachlaß von Kreuter. Baron v. Loën hörte, daß er ihn verkaufen wolle, und benachrichtigte die Herrschaften. Die Großherzogin erstand die Sachen, die aus dem Goethe-Haus stammten. die beiden Kopien des endgültigen Kontraktes besorgen will, oder ob ich das thun muß; ganz wie Herr Keil das will. Ich bitte ihn am Sonntag ¼ nach 11 Uhr zu mir zu kommen.

Empfangen Sie noch meinen aufrichtigen Dank für alle Sorgfalt, mit der Sie die wichtige und stachlige Verhandlung mit Herrn Keil geführt haben. Man hat es Ihnen zu danken, daß diese Sammlung Weimar erhalten geblieben ist ...

Anhang Nr. 5.
Auszüge aus den Briefen Sie sind alle aus dem Französischen übersetzt und fast alle ohne Datum. der Großherzogin Sophie und des Großherzogs Karl Alexander an Herrn v. Palézieux.

Die Großherzogin schreibt bei Palézieux' Ernennung zum Oberstleutnant:

Monsieur, der Großherzog theilt mir eben mit, daß der Kaiser Sie zum Oberstleutnant ernannt hat. Ich spreche Ihnen meine ganze Zufriedenheit darüber aus, denn ich freue mich von Herzen über Alles was zu Ihrem Vortheil dienen oder Ihnen angenehm sein kann. Sie kennen die Aufrichtigkeit meiner Gefühle für Sie, ich bitte Sie die abermalige Versicherung derselben anzunehmen.

Sophie.

Karl Alexander schreibt bei derselben Gelegenheit:

Mein lieber Oberstleutnant! Ich umarme Sie zweimal, wie die Kardinäle es thun, nur mit dem Unterschied, daß es bei ihnen einfach eine Ceremonie ist, bei mir aber der Ausdruck der aufrichtigen guten Wünsche zu Ihrem Avancement, über welches ich das Dokument beilege ... Ihr Bewußtsein wird Ihnen sagen, daß Sie es wohl verdient haben. Jedenfalls ist das, nach gewissenhafter Ueberlegung, die Meinung Ihres sehr dankbaren

C. A.

Nach dem Tode des Erbgroßherzogs.

Ich danke Ihnen bewegten Herzens. Ihre Gegenwart erscheint mir notwendiger als jemals und sie ist ein Trost für mich, denn ich fühle, daß ich nicht mehr Allem gewachsen bin, wie sonst. Unveränderlich

C. A.

Weimar den 3. Januar 1892.

Meine besten Wünsche, mein lieber Herr v. Palézieux, antworten den Ihrigen und danken Ihnen dafür. Gott wolle die Einen und die Andern segnen. Ich freue mich zu hören, daß Sie Ihre Frau Mutter in besserer Gesundheit gefunden haben, als Sie erwarten durften. Sie hoffen von ihrer Energie noch weitere Besserung, und ich sehe ohne Erstaunen, aber mit Genugthung durch dieses Geständniß, daß sie ihres Sohnes und der Sohn der Mutter werth ist.

Wie ich aus Ihrem Brief ersehe, ist es nicht Ihre Energie, der die permanente Ausstellung die Erwerbung der Bank Das Gebäude der Weimarischen Bank am Alexanderplatz war von dem Direktor der »Permanenten Ausstellung«, Herrn Louis v. Ahlefeld, während der Abwesenheit Palézieux' für die Ausstellung angekauft worden. verdankt ... Für die »Permanente« würde ich ein neues und alleinstehendes Gebäude vorziehen. Die Wichtigkeit Ihrer Schöpfung verdient das erste, der Werth derselben räth zum zweiten. Ich werde in diesem Sinne mit Herrn v. Ahlefeld sprechen. Er hat mich gebeten, daß ich um die Erneuerung der Erlaubniß für die Lotterie bitte; ich habe ihm geantwortet, daß ich es mündlich in Berlin thun würde.

Ich war wieder in der Ausstellung und habe von Herzen Ihre neuen Meubel-Einkäufe gelobt ...

C. A.

19. November 1892.

Lassen Sie mich gleich bei Tagesanbruch auf die Theaterfrage zurückkommen, die Sie gestern Abend zu mir führte. Ich wähle diese Morgenstunde, damit mein Brief Ihrer Thätigkeit zuvorkommt. Es handelt sich darum, hier nicht ein gewöhnliches und auch nicht im Besondern ein Volkstheater zu errichten. Es handelt sich im Gegentheil darum, ein Theater zu bauen, welches die Pflicht hat, für Weimar im Ganzen und seinen Hof im Besonderen zu dienen. Ich brauche Ihnen die Pflichten nicht aufzuzählen, denn Sie kennen sie. Aber ich muß auf der Bedingung bestehen, daß es ein Hoftheater sein soll, ehe es ein Theater für das allgemeine Publikum ist. Diese Bedingung verlangt für das Äußere und das Innere Änderungen und Dispositionen, die mit dem Weimarischen Theater übereinstimmen. Vergessen wir nicht, daß, wenn wir die Hände an diese Aufgabe legen, wir dafür zu sorgen haben, daß sie so gelingt, wie die ganze gebildete Welt aus allen Landen das Recht hat, es von der Bühne Goethes und Schillers zu verlangen. Ich spreche in Bildern, wende mich aber an den Praktiker. Ich sage Ihnen im Voraus, daß ich diese Grenzen nie überschreiten werde, denn sie sind mir durch meine Pflichten bestimmt. Wenn die Wiener Architekten, deren Produkte wir in Wien bewunderten, diese Bedingungen respektiren wollen, werde ich mit Freuden ihre Talente benutzen. Heben Sie dieses Blatt auf, damit es der Kommission, zu der ich Sie berufen habe, als Instruktion dient ...

C. A.

1897, nach Vollendung der venetianischen Fassade an dem Gebäude der »Permanenten Ausstellung«:

Die Großherzogin bewundert Thüre und Fassade sehr und amüsiert sich über den Kontrast, den beides mit dem, was man »Kannerückchen« nennt, bilden wird ...

C. A.

Ich küsse Frau v. Palézieux die Hände und hoffe, daß sie es mir nicht verdenkt, daß ich von allen Seiten an die Gaben ihres Mannes apelliere. Man benutzt die Schätze wo man sie findet. Sie hat den ihrigen gefunden, ich behalte den meinigen, indem ich bleibe

Votre plus afféctioné ami
Charles Alexandre.

Es scheint, daß Dante den Schnupfen nicht gekannt hat, sonst hätte er ihn unter die Qualen der Hölle aufgenommen. Diese Betrachtung soll Ihnen meine wahrhafte Sympathie mit Ihrem Leiden versichern. Kommen Sie – aus Gnade – nicht zurück, ehe Sie ganz hergestellt sind. Ich drücke Ihnen herzlich die Hand.

C. A.

... Sie sprechen mir von der »permanenten Ausstellung«. Ich thue dasselbe, indem ich Ihnen mittheile, daß die Konzession für die Lotterie wieder ertheilt ist. Eine Depesche des Kaisers, meines Neffen, theilte es mir mit und ein Handschreiben bestätigte es später. Diese Sache wäre also geregelt. Zur Frage der Bank hebt Ahlefeld hervor, daß sie gut stehe, das Haus könne heute schon wieder mit Vortheil verkauft werden. Ich will, daß jedenfalls Ihre Rückkehr abgewartet wird. Der Kauf kann ein Irrthum sein – aber da er einmal gemacht ist, so handelt es sich darum, davon zu profitiren; ich glaube, daß man das kann, indem man die sehr anständigen Wohnungen – an denen Weimar nicht reich ist – vermiethet ...

Man soll die »Permanente« nicht in dem Lokal unterbringen, sie muß ein Haus haben, was ganz für sich allein steht und dessen Material womöglich nur aus Stein und Eisen besteht ...

C. A.

Anhang Nr. 6.
Stellen aus den Briefen des Großherzogs Karl Alexander an Hans v. Cranach:

Weimar, 8. 9. 1891.

Sehr neugierig bin ich dieses Buch (Drei Monate Fabrikarbeiter von Paul Göhre) kennen zu lernen, um so mehr sein Inhalt und Zweck meinem Bestreben entgegenkommt: möglichst klar in den wahren Nöthen und Bedürfnissen dieser Zeit zu sehen. Diese aber ist wichtig, so bedeutungsvoll, daß sie nicht genug beobachtet werden kann, um den Ueberblick über dieselbe zu erlangen, und die Höhe zu behaupten, die gehalten werden muß, um nicht durch das Einzelne erdrückt zu werden. – Hierzu gehört die Frage, ob Krieg ob Friede? Bunt durcheinander gehen die Anzeigen, gehen die Leidenschaften. Auf Schlimmes hat man sich vorzubereiten; noch aber glaube ich nicht an ein Schlimmes, wohl aber an die Nothwendigkeit ruhig weiter zu streben in der Vorbereitung wahrer Bildung. Sie schmiedet langsam zwar, aber sicher die unbesiegbare Waffe.

Heinrichau, 13. 10. 91.

Beiläufig gesagt ist jene Wohnung Lenbachs (in München) allein eine Reise werth. Diesseits der Alpen habe ich noch nie eine solche Harmonie der Proportionen, der Ausschmückung und des Gefühls gesehen. Nie, wie da, habe ich verstanden: daß es sich nicht blos in Worten dichten läßt.

Wilhelmsthal, 12. 7. 92.

Der englische Theil der Germanischen Nation ist der praktischere. Dieser National-Zug erklärt das meiste, was uns in England frappirt, die wir zu dem idealen Theil der Germanen gehören. Jener Zug erklärt auch die weit größere Selbständigkeit des Individuums in England, vom Kinde an.

Belvedere, 26. 5. 1893.

Wohl waren die Maientage schön auf der Wartburg. Ja ich könnte fast sagen, noch nie habe ich ein solches gleichmäßiges, herrliches Frühjahr erlebt; es war ein zauberhaftes gegenseitiges Einwirken von erwachender Natur auf die vielsagenden Mauern und von diesen auf jene zurück. Wunderbar ist es daneben wahrzunehmen, wie die Bedeutung dieses Ortes immer mehr verstanden und dieser dadurch immer mehr Besitz der gebildeten Welt wird, des Vaterlandes im besonderen. So geht es auch mir mit dem was Weimar enthält.

Weimar, 5. 4. 94.

Ich bin neugierig, wie sich Deine Individualität in Deiner Wohnung (auf der Wartburg) ausprägen wird. Je mehr jene einem festen Charakter angehört, desto mehr wird diese zu einem Bekenntniß, das um so interessanter meist ist, als der, welcher wohnt, am wenigsten sich eines solchen Bekenntnisses bewußt wird.

Belvedere, 21. Juni 94.

Ich kenne nichts unerträglicheres als das Herumführen (auf der Wartburg) von Leuten, die sehen aber nicht erkennen, und hören aber nicht verstehen. Es gehört allerdings dazu, daß die Herumzuführenden sind wie die Bilder und Häuser im Mittelalter, die von Innen nach Außen geschaffen wurden. Solche Leute sind aber immer Ausnahmen, und die begegnet man nicht jeden Tag, sonst wären sie eben nicht solche. –

Belvedere, 8. 7. 94.

(Antwort auf einige Verse zu Ehren der heiligen Elisabeth.)

Unsichtbar webt die Zeit feste Bande
Von Gestern zum Heut, vom Einst zu dem Jetzt,
So hat wohl der Heiligen Gebet ihrem Lande
Erneuert die Burg, in Treu unverletzt
Und lieh ihren Mauern geheimnißvoll Worte
Von Thun und Streben in höherem Sinn,
Daß nur dem Edlen sich aufthu' die Pforte
Und nur das Schöne strebe dahin. –

Scheveningen, 13. 8. 94.

Ich fand in meiner Wohnung ein schlecht gemaltes Bild der Wartburg, was mir aber doch Freude macht. Sie erscheint mir wie das Bildniß einer lieben Persönlichkeit, das man gern begrüßt, so mangelhaft es ist.

Venedig, 24. 9. 94.

Es wird wenig Orte in der Welt geben, die wie Venedig und wie die Wartburg, Erinnerung und lebende Gegenwart verbinden. In beiden lebt man mit und mitten in der Vergangenheit; in beiden dient selbst die geringste Einzelheit, selbst das Mobiliar, jener Verbindung. Und dazu kommen noch die durch die eigentümliche Lage entstandenen Sitten an beiden Orten: hier das Leben im Wasser, dort mit den Felsen und Bergen und Wäldern. An beiden Orten ist der Gesang Volksbedürfniß. Jetzt lockt der reizende Tenor eines Mannes aus dem Volke, Guglielmo Corcellen, alle Gondeln hinaus in die Nacht; an irgend einen Pallas singt er hin, von seiner Barke aus. Gondeln kommen allmählich von allen Seiten, bald hier bald dort, und gleiten unhörbar, wie Gedanken, und nehmen plötzlich Platz wie diese. Und hinaus tönen die langgetragenen Töne italienischer Gesangsweisen wie das Athmen dieses Ortes; alte Marmorpaläste mit alten Erinnerungen von Freud und Leid bilden den Hintergrund und wieder hallt der Gesang in der stillen, warmen Nacht von Marmorwänden wieder und über Lagunenwasser ... Der Zauber des Ortes liegt im Ganzen, er liegt in der Lage, seiner Eigenthümlichkeit, der Luft, der Beleuchtung. Seine Schönheit ist mehr im détail, und dieses erinnert mich immer wieder an den Pallas der Wartburg. Ich schließe hierbei die Verbindung mit dem Orient nicht aus, der hier sehr eingreift. – So wäre ich angekommen wieder, wo ich ausging, an der Wartburg.

Florenz, 24. 10. 94.

Mit großer Freude habe ich den Aufsatz bezüglich des Buches Bojanowskis gelesen, und danke Dir herzlich, sie mir gemacht zu haben. Er ist gut geschrieben. Das Buch wird es auch sein, denn der Autor ist ein achtungswerther Mann in jeder Hinsicht. So war es um so wichtiger, daß gerade er diesen Baustein zu der Biographie Carl Augusts einsenkte, in das letzterem zu errichtende Monument seiner Lebens-Geschichte.

Belvedere, 3. 6. 95.

Die Schiller-Stiftung gedenkt die Villa Reuter der Stadt Eisenach zu verkaufen, letztere wird schwerlich in diesen Handel eingehen. Einstweilen bleibt das Museum Wagner in den Lüften schweben, wie der Sarg Mahomets. Doch wird sich Alles gut lösen, wenn man der Vernunft Zeit läßt, das praktische zu erkennen, was bei Schriftstellern und Künstlern in Deutschland gewöhnlich das Zweite ist.

Belvedere, 29. 7. 95.

Wie schön muß es jetzt auf der Burg gewesen sein und noch sein. Die Einsamkeit hat wohl dabei gefehlt, denn es giebt keinen Ort, der weniger einsam ist als dieser; allein einsam kann man sich trotzdem dort machen, wenn man will ... Auch wir haben es hier bis zu 30° R. gebracht, worüber ich mich nicht beklage, denn für mich ist starke Wärme Lebensbedingung. Ich glaube, ich war schon einmal auf der Welt, und zwar wurde ich im Süden geboren und lebte in Italien, wo ich, sobald ich dort bin, immer das Gefühl habe, zu Haus auch da zu sein. Und doch: Osten oder Westen, zu Haus am besten.

(Fünfundzwanzigjähriges Gedenkfest des Krieges 1870.)

Scheveningen, 14. 8. 95.

Wir haben Tage der Treue zusammen gefeiert. Deshalb war auch der Name Cranach am richtigen Platz an der Seite des Sachsen. Es ist so schön, wenn sich im besten Sinne an eine erhebende Vergangenheit – und zwar in Wahrheit – im Leben und durch die That anknüpfen läßt. Dies sage ich für uns beide, dies sage ich für ganz Deutschland. Gott hat gewiß unser Nationalgefühl wieder heben wollen, seit dem Empörtsein gegen die Weigerung der Ovation für Bismarck fing es an, mit den Erinnerungsfeiern für 70/71 setzt es sich fort. Das Abtrumpfen unserer deutschen Blätter der unverschämten Urtheile über Deutschland in den englischen, begrüße ich als ein willkommenes Zeichen echter patriotischer Gesinnung.

Florenz, 3. 11. 95.

Ueber die wirkliche Verwirklichung des National-Theaters in Eisenach freue ich mich ebenso, als ich mich verwundere. Begreifen werde ich es erst, wenn ich die Statuten kenne, und meine Vernunft diese als praktisch anerkennen kann. Einstweilen wächst meine Neugierde wie eine Schlingpflanze in der Sonne.

Weimar, 12. 1. 96.

Zum ersten Male steht deutlich vor meinem Geiste die große Bedeutung des Theater-Unternehmens. Diese ist so gewaltig, daß es entweder gar nicht unternommen werden sollte, wenn man es nicht sehr ernst nehmen kann, oder zu nehmen weiß – oder in ihrer höchsten Bedeutung aufgefaßt, durchaus praktisch durchgeführt werden muß. Ich natürlich bin für Letzteres. Dich aber rufe ich als meine Hülfe auf: daß die Sache – aber nur in dem höchsten Sinne aufgefaßt – gelinge. Also eine deutsche Bühne für die alleredelsten Bestrebungen vaterländischer Kunst als Zweck und als Leistung! Der Vergleich mit Bayreuth macht die Sache deutlich. Bayreuth ist aber nur für einen Dichter und seine Schule unternommen worden. In dieser Gestaltung tritt also Deutschland an die Stelle Wagners. Wenn die Sache in ihrer höchsten Bedeutung aufgefaßt und festgehalten, demzufolge ausgeführt wird zur Ehre der vaterländischen Literatur, – ist die Sache von höchster Bedeutung.

Scheveningen, 9. 8. 96.

Mit wahrer Freude sehe ich aus demselben (einem Briefe Cranachs), daß ich Dir zu einer Zeit helfen konnte, wo Deine Seele voll Sorgen und Dein Gemüth gedrückt war. Solche Stimmungen, wie jeder Kummer, sind Prüfungen die uns geschickt werden und die sich zu Segen verwandeln jenachdem man sie verarbeitet, wie ich Dir es schon mündlich sagte. Im Leben geht es bisweilen, als wäre man in einem dichten Walde, so dicht, daß man nicht sieht, wie man vorwärts dringen kann. Nun aber muß doch dies geschehen, man will alsdann müssen und indem man vordringt weichen allmählich die Zweige unter der Gewalt des redlichen Wollens. – So wird auch Dir geschehen, verlaß Dich darauf und bitte Gott um Beistand.

Scheveningen, 22. 8. 96.

Hast Du diese Obliegenheiten (Begräbniß usw.) erfüllt, so sehe Dich nach dem alten bewährten Hausmittel um: nach einer Arbeit, die Dich interessirt; langsam aber sicher wird sie Dir gut thun. Die alte treue Burg wird auch das ihre thun, die Wogen der Seele zu glätten und diese wieder in Gleichgewicht zu bringen, wenn Du Gott darum bittest. Und nun zu guterletzt noch ein Wort von Goethe: »Das nenne ich noch einen Menschen an dem man Freude hat und der ohne zu klagen gleich wieder thätig ist, und immer auf den Füßen steht.«

Weimar, 3. 2. 1897.

Den Bericht, der Dir fehlen soll, werde ich aufsuchen. Papiere haben das mit Sünden gemein, daß wenn man nicht beständig auf Bekämpfung, also Ordnung hält, das Gegentheil immer überhand nimmt. Ich mache damit ein Selbstbekenntniß und verwünsche es zugleich.

Wilhelmsthal, 20. 7. 88.

Die Ausdehnung der Zerstörungs-Wissenschaft wie die Vermehrung der Armeen, verbunden mit allgemeiner Dienstpflicht, wird das sicherste Mittel sein, die Kriege zu verkürzen, und den Frieden zu sichern. Möchten die jetzigen Reisen, die der junge Kaiser unternimmt, auch dazu beitragen. Den guten Willen dazu garantire ich. Gott aber segnet gutes Wollen.

Belvedere, 13. 6. 99.

Zunächst nimm meinen herzlichsten Dank für die treuen Wünsche, welche Du an mich zum Geburtstag meines Enkels richtest. Die Treue ist immer ein doppelter Segen für den der sie beweist wie für den, welchem sie bewiesen wird. Gott laß sie auch zum Segen für meinen Enkel werden und bleiben.

Baden, 13. 11. 99.

Sich verstanden zu fühlen, gehört immer zu den Wohlthaten des Lebens. Dies läßt Du mich immer auf's Neue empfinden. Laß mich Dir durch dieses Bekenntniß danken für Alles was ich auf's Neue wiederfand und was Dein Brief berührt. Laß uns beide solch willkommenen Umstand pflegen und hegen. Es ist uns beiden schon zum Bedürfniß geworden und kann – gewissenhaft gehütet, zu viel Gutem führen, wie es unter Gottes Leitung schon geschehen.

Scheveningen, 14. 8. 1900.

Gottlob geht es mir gut. Nach fürchterlichen zwei Tagen hier ist das Wetter schön und ruhig die Luft. Ich schreibe dies bei weit geöffneten Fenstern und Thür aus einem kleinen auf Rollen stehenden Pavillon vom Meer umgeben, das auch unter mir rauscht; denn weit im Meer steht meine Hütte, errichtet auf einem weit ins Meer hinausragenden Peer, länger wie der in Ostende. Es herrscht vollständige Ruhe, nur hier und da durch das Hämmern fern arbeitender Leute gestört. Da ich hier der Ruhe pflegen soll, suche ich sie mir zu verschaffen, so gut es geht, bin nicht eben sehr höflich, schlafe viel und lese noch mehr. Mit dem Schreiben geht es nicht besonders. Ich fürchte, dieser Brief beweist es.


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