Hermann Harry Schmitz
Drei Gedichte
Hermann Harry Schmitz

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Anemonen

      Ein Strauß von Anemonen stand auf meinem Tisch.
Mit bunten Farben, fast zu laut,
sangen die Boten neuen Lebens
ihr jubelnd Lied vom Frühling,
von blauen Himmeln und von Sonnensiegen –
Das war der Morgen.

Der Mittag kam.
Und stürmischer und gellend wie Fanfarenklänge
umtost der Anemonen jauchzend Lied
von neuem Glück, von ewigen Seligkeiten
meine Seele.
Ich griff berauscht nach diesem Glück,
Das Glück – das größte Glück!
Und meine Seele sank ins Wunderbare.

Und als der Abend kam, da schrie es plötzlich auf.
Mit jähem Mißton brach der stolze Siegessang,
als schauerlich von unsichtbarer Hand berührt
Die Blüten starben und die bunten Blätter
wie tote Schmetterlinge niedersanken. –
Ein gräßliches Erwachen.
Vor öden Wüsten, schwarzen Einsamkeiten
stand die Seele.

Ein Strauß von Anemonen stand auf meinem Tisch.

 


 


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