Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

III. [Der Dualismus der Luftarten]

Allmählich mannigfaltiger und bestimmter entwickelt sich der allgemeine Dualismus der Natur .

1.

Wenn das positive Prinzip der Bewegung mit dem Licht zu uns strömt, und die negativen Prinzipien der Erde eigen sind, so ist zum voraus zu erwarten, daß das allgemeine Medium, das unsern Erdkörper umgibt, eine ursprüngliche Heterogeneität der Prinzipien andeuten werde.

Die Erfahrung kommt hier freiwillig gleichsam unsern Ideen entgegen. »Wenn man sieht, wie die Erfahrung freiwillig gleichsam unsern Ideen entgegenkommt, muß man aufhören in seinen Behauptungen furchtsam zu sein«. Erste Auflage. Daß in unserer Luft die entgegengesetzten Prinzipien des Lebens vereinigt seien, hat die Erfahrung gelehrt, noch ehe die wahren Prinzipien des allgemeinen Dualismus aufgestellt waren. Wie durch einen glücklichen Instinkt ist dieser allgemeine Gegensatz bereits in die Sprache der Chemie und Physik übergegangen, welche unsere atmosphärische Luft aus dem positiven und dem negativen Prinzip des Lebens – dem belebenden und dem azotischen Stoff zusammensetzt.

2.

Daß unsere Atmosphäre ein bloßes Gemenge zweier heterogener Luftarten (der Lebens- und Stickluft) sei, ist ein armseliger Behelf unserer Unwissenheit. (Vgl. die Ideen zur Philosophie der Natur S. 40 [oben S. 209].) Daß beide Luftarten beim Verbrennen sich scheiden, ist freilich gewiß; dies beweist aber nur, daß das eine Prinzip der atmosphärischen Luft beim Verbrennen aus ihr als eine Luftart abgeschieden wird, nicht aber daß beide Prinzipien ursprünglich als Luftarten vereinigt waren. Wie kommt es wenigstens, daß die azotische Luft nur beim Verbrennen ihrer eigentümlichen Leichtigkeit folgt (wenn Schwefelfaden von verschiedener Höhe unter der Glocke in gemeiner Luft angezündet werden, erlöschen die niedrigsten zuletzt); warum sondert sich diese Luftart nicht von selbst von der bei weitem schwereren Lebensluft ab und erhebt sich gleich dem entzündlichen Gas in höhere Regionen ? – Von den Winden, welche nach Herrn Girtanners Meinung (in den Anfangsgründen der antiphlogistischen Chemie S. 65) diese Mengung beider Luftarten befördern und unterhalten, könnte man eher das Gegenteil erwarten.

Wie kommt es wenigstens, daß die atmosphärische Luft in ganz verschiedenen Gegenden der Erde (die höchsten Berge etwa ausgenommen) sich so gleichförmig bleibt, und auch das Eudiometer hartnäckig und fast zu jeder Zeit dasselbe Verhältnis der beiden Luftarten anzeigt? oder welche Naturkraft verhindert es, daß unsere atmosphärische Luft nicht durch Verbindung beider heterogenen Grundstoffe in eine luftförmige Salpetersäure übergeht?

3.

Bisher haben wir nur Einen Hauptgegensatz gekannt zwischen der positiven und negativen Ursache des Verbrennens. In der atmosphärischen Luft scheint sich ein ganz neuer Gegensatz hervorzutun.

Die Stickluft kann nicht den sauren Luftarten beigezählt werden. Gleichwohl gehört sie auch nicht in die Klasse der brennbaren. Nur durch den elektrischen Funken gelingt es, die Basis beider Luftarten, aus welchen die atmosphärische Luft zusammengesetzt sein soll, zu einer schwachen Säure zu verbinden. Die Stickluft ist ein Wesen eigner Art. Man muß also zum voraus erwarten, daß zwischen beiden Luftarten ein weit höheres Verhältnis herrsche, als dasjenige, was beim Verbrennen stattfindet.


 << zurück weiter >>