Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Über die erste Kraft der Natur

Veniet tempus, quo ista, quae nunc latent, in lucem dies extrahat et longioris aevi diligentia. Ad inquisitionem tantorum una aetas non sufficit. – Itaque per successiones ista longas explicabuntur. Veniet tempus, quo posteri tarn aperta nos nesciisse mirentur.

Seneca Nat. Qu. VII.

Jede in sich selbst zurückkehrende Bewegung setzt, als Bedingung ihrer Möglichkeit, voraus eine positive Kraft, die (als Impuls) die Bewegung anfacht (gleichsam den Ansatz zur Linie macht), und eine negative, die (als Anziehung) die Bewegung in sich selbst zurücklenkt (oder sie verhindert in eine gerade Linie auszuschlagen).

In der Natur strebt alles kontinuierlich vorwärts; daß dies so ist, davon müssen wir den Grund in einem Prinzip suchen, das, eine unerschöpfliche Quelle positiver Kraft, die Bewegung immer von neuem anfacht und ununterbrochen unterhält. Dieses positive Prinzip ist die erste Kraft der Natur.

Aber eine unsichtbare Gewalt führt alle Erscheinungen in der Welt in den ewigen Kreislauf zurück. Daß dies so ist, davon müssen wir den letzten Grund in einer negativen Kraft suchen, die, indem sie die Wirkungen des positiven Prinzips kontinuierlich beschränkt, die allgemeine Bewegung in ihre Quelle zurückleitet. Dieses negative Prinzip ist die zweite Kraft der Natur.

Diese beiden streitenden Kräfte zugleich in der Einheit und im Konflikt vorgestellt, führen auf die Idee eines organisierenden, die Welt zum System bildenden Prinzips. Ein solches wollten vielleicht die Alten durch die Weltseele andeuten.

Die ursprünglich-positive Kraft, wenn sie unendlich wäre, fiele ganz außerhalb aller Schranken möglicher Wahrnehmung. Durch die entgegengesetzte beschränkt, wird sie eine endliche Größe – sie fängt an Objekt der Wahrnehmung zu sein, oder sie offenbart sich in Erscheinungen.

Das einzig- unmittelbare Objekt der Anschauung ist das Positive in jeder Erscheinung. Auf das Negative (als die Ursache des bloß Empfundenen) kann nur geschlossen werden.

Das unmittelbare Objekt der höheren Naturlehre ist daher nur das positive Prinzip aller Bewegung, oder die erste Kraft der Natur.

Sie selbst, die erste Kraft der Natur, verbirgt sich hinter den einzelnen Erscheinungen, in denen sie offenbar wird, vor dein begierigen Auge. In einzelnen Materien ergießt sie sich durch den ganzen Weltraum.

Um diesen Proteus der Natur, der unter immer veränderter Gestalt in zahllosen Erscheinungen immer wiederkehrt, zu fesseln, müssen wir die Netze weiter ausstellen. Unser Gang sei langsam, aber desto sicherer.

Die Materie, die in jedem System vom Zentrum gegen die Peripherie strömt, das Licht, bewegt sich mit solcher Kraft und Schnelligkeit, daß einige sogar an seiner Materialität gezweifelt haben, weil ihm der allgemeine Charakter der Materie, die Trägheit, abgehe. Aber allem Anschein nach kennen wir das Licht nur in seiner Entwicklung, höchstwahrscheinlich ist es auch nur in diesem Zustand ursprünglicher Bewegung fähig unser Auge als Licht zu rühren. Nun ist aber jede Entwicklung und jedes Werden einer Materie von eigentümlicher Bewegung begleitet. Wenn nun ein außerordentlich hoher, jedoch endlicher Grad der Elastizität augenblicklich erzeugt wird, so wird derselbe das Phänomen einer höchst elastischen Materie geben, die, weil das Wesen der Elastizität ausdehnende Kraft ist, in einem Raume sich verbreitet, der dem Grade dieser Kraft proportional ist. Dies wird den Schein einer freien Bewegung dieser Materie geben, gleichsam als ob sie vom allgemeinen Gesetze der Trägheit ausgenommen, in sich selbst die Ursache ihrer Bewegung hätte.

Allein diese Bewegung, so groß und schnell wir sie auch annehmen, unterscheidet sich doch von jeder andern, wodurch in irgend einer Materie ein Gleichgewicht der Kräfte entsteht, nur dem Grade nach. Denn lassen wir etwa jene elastische Materie ohne allen Widerstand, den ein minder elastischer Körper durch seine Undurchdringlichkeit oder durch seine Anziehungskraft ihrer Verbreitung entgegensetzen könnte, in einem völlig leeren Raum sich ausbreiten, so müßte sie, da der Grad ihrer Elastizität doch ein endlicher ist, und die Elastizität jeder Materie in demselben Verhältnis abnimmt, in welchem der Raum, durch den sie sich verbreitet, zunimmt, doch endlich einen Grad der Verbreitung erreichen, bei welchem ihre allmählich verminderte Elastizität in ein relatives Gleichgewicht mit ihrer Masse käme, und so Ruhe, d.h. einen permanenten Zustand der Materie, möglich machte.

Das Licht also, obgleich es sich mit wunderbarer Schnelligkeit bewegt, ist doch deswegen nicht mehr und nicht weniger träg, als jede andere Materie, deren Bewegung kein Gegenstand der Wahrnehmung ist. Denn daß ich es gleich anfangs sage, absolute Ruhe in der Welt – ist ein Unding, alle Ruhe in der Welt ist nur scheinbar, und eigentlich nur ein Minus, keineswegs aber ein gänzlicher Mangel der Bewegung (= 0). Die Bewegung des Lichts also ist eine ursprüngliche Bewegung; die jeder Materie, als solcher, zukommt, nur daß sie, sobald die Materie einen permanenten Zustand erreicht hat, mit einem Minimum von Geschwindigkeit geschieht, zu welchem das Licht gleichfalls gelangen würde, sobald seine ursprünglichen Kräfte ein gemeinschaftliches Moment erreicht hätten.

Denn jede Materie erfüllt ihren bestimmten Raum nur durch eine Wechselwirkung entgegengesetzter Kräfte; daß sie also denselben Raum permanent erfüllen, d.h. daß der Körper in seinem Zustand beharrt, kann man nicht erklären, ohne jene Kräfte als in jedem Moment gleich tätig anzunehmen, wodurch denn das Unding von absoluter Ruhe von selbst verschwindet. Jede Ruhe, also auch jedes Beharren eines Körpers ist lediglich relativ. Der Körper ruht in bezug auf diesen bestimmten Zustand der Materie; solange dieser Zustand fortdauert (solange z.B. der Körper fest oder flüssig ist), werden die bewegenden Kräfte den Raum mit gleicher Quantität, d.h. sie werden denselben Raum ausfüllen, und insofern wird der Körper zu ruhen scheinen, obgleich, daß dieser Raum kontinuierlich erfüllt wird, nur aus einer kontinuierlichen Bewegung erklärbar ist.

Daß also das Licht nach allen Seiten sich in Strahlen verbreitet, muß daraus erklärt werden, daß es in beständiger Entwicklung und in der ursprünglichen Verbreitung begriffen ist. Daß auch das Licht zu relativer Ruhe gelange, kann man schon daraus schließen, daß das Licht einer unendlichen Menge von Sternen seine Bewegung nicht bis zu uns fortpflanzt.

Das Interesse der Naturwissenschaft ist, nichts Schrankenloses zuzulassen, keine Kraft als absolut, sondern jede derselben immer nur nur als die negative ihrer Entgegengesetzten anzusehen (erste Aufl.) im Konflikt mit ihrer entgegengesetzten anzusehen. Nun mögen wir auch, welche von diesen Kräften wir wollen, zu dem höchstdenkbaren Grad anwachsen lassen, so werden wir es doch bis zur absoluten Negation ihrer entgegengesetzten nimmermehr bringen können. Daher das Bestreben derjenigen, welche die allgemeine Schwere von dem Stoß einer unbekannten Materie ableiten, die die Körper gegeneinander treibt, völlig eitel ist; denn diese Materie, da sie schwermachend ist, ohne doch selbst schwer zu sein, müßte man sich als eine absolute Negation der Attraktivkraft vorstellen; als solche aber würde sie aufhören ein Gegenstand möglicher Konstruktion zu sein, sie würde sich in der allgemeinen Repulsivkraft gleichsam verlieren, und ließe zur Erklärung der allgemeinen Schwere kein materielles Prinzip, sondern nur die dunkle Idee einer Kraft überhaupt übrig, was man doch eben durch jene Annahme vermeiden wollte.

Was das Licht in den Schranken der Materie zurückhält, was seine Bewegung endlich und zum Gegenstand der Wahrnehmung macht, ist ist seine Ponderabilität (erste Auflage). das, wodurch alle Materie endlich ist, die Attraktivkraft. Wenn einige Naturlehrer das Licht selbst oder einen Teil desselben als imponderabel annehmen, so sagen sie damit nichts, als daß im Licht eine große Expansivkraft (bei welcher, als einer ursprünglichen, zuletzt alle unsere Erklärungen stehen bleiben) wirksam sei. Allein da diese Expansivkraft niemals über die Schranken der Materie treten, d.h. niemals absolut werden kann, so kann die Schwere in einer Materie, wie im Licht, zwar als verschwindend, niemals aber als völlig verneint betrachtet werden.

Es ist insofern gar nicht widersinnig, eine negative Schwere des Lichts zu behaupten; denn da dieser aus der Mathematik entlehnte Ausdruck nicht eine bloße Negation, sondern immer eine wirkliche Entgegensetzung anzeigt, so ist negative Anziehung in der Tat nichts mehr und nichts weniger als reale Zurückstoßung, so daß jener Ausdruck weiter nichts sagt, als was man schon längst wußte, daß im Licht eine repulsive Kraft wirksam sei. Soll aber dadurch etwa eine Ursache angedeutet werden, durch welche das absolute (nicht das spezifische) Gewicht der Körper vermindert werden könne, so ist der Begriff einer solchen Ursache längst in das Reich der Hirngespinste verwiesen.

Wenn sonach kein Grad der Elastizität der höchstmögliche, und über jeden möglichen Grad höhere Grade, zwischen jedem gegebenen Grad aber und der gänzlichen Negation alles Grads unzählige Zwischengrade gedacht werden können, so kann auch jede noch so elastische Materie als das mittlere Verhältnis eines höheren und niedereren Grads, d.h. als zusammengesetzt aus beiden, angesehen werden. Ob wir gerade die Mittel haben eine solche Materie chemisch zu zerlegen, darauf kommt es nicht an; genug wenn eine solche Zerlegung möglich ist, und wenn die Natur Mittel haben kann sie zu bewirken. Wir würden also (auch wenn die Farben der Körper nicht eine Zerlegung des Lichts anzeigten) das Licht nicht als ein einfaches Element, sondern als Produkt aus zwei Prinzipien Materien. Erste Auflage. ansehen, davon das eine, elastischer als das Licht, die positive (nach de Luc das fluidum deferens), das andere, seiner Natur nach minder elastisch, die negative (ponderable), Zusatz der ersten Auflage. Materie des Lichts heißen kann.

Die positive Materie des Lichts ist in bezug auf das Licht der letzte Grund seiner Expansibilität und insofern absolutelastisch, obgleich wir sie gar nicht als Materie denken können, ohne auch ihre Elastizität wieder als endlich, d.h. sie selbst als zusammengesetzt anzusehen. Es ist erstes Prinzip der Naturlehre, kein Prinzip als absolut anzusehen, und als Vehikel jeder Kraft in der Natur ein materielles Prinzip anzunehmen. Die Naturlehre hat, wie durch einen glücklichen Instinkt, diese Maxime standhaft befolgt, und von jeher lieber unbekannte Materien zur Erklärung der Naturerscheinungen vorausgesetzt, ehe sie zu absoluten Kräften ihre Zuflucht nahm.

Dabei zeigt sich nun auffallend der Vorteil des Begriffs ursprünglicher Kräfte, den die dynamische Philosophie in die Naturwissenschaft eingeführt hat. Sie dienen nämlich ganz und gar nicht als Erklärungen, sondern nur als Grenzbegriffe der empirischen Naturlehre, wobei die Freiheit der letztern nicht nur nicht gefährdet, sondern sogar gesichert wird, weil der Begriff von Kräften, da jede derselben eine Unendlichkeit möglicher Grade zuläßt, deren keiner ein absoluter (der absolut-höchste oder niedrigste) ist, ihr einen unendlichen Spielraum eröffnet, innerhalb dessen sie alle Phänomene empirisch, d.h. aus der Wechselwirkung verschiedener Materien, erklären kann.

Zwar hat sich die Naturlehre dieser Freiheit der Erklärung von jeher bedient, ohne sich doch je gegen den Vorwurf des Willkürlichen derselben schützen zu können, welcher von nun an ganz wegfällt, da nach Prinzipien einer dynamischen Philosophie außerhalb der Sphäre bekannter Materien noch ein weiter Raum für andere, unbekannte, übrig bleibt, die man doch nicht für erdichtet ausgeben kann, sobald nur der Grad ihrer Energie als proportional mit wirklich beobachteten Erscheinungen angenommen wird.

Soviel zur Berichtigung der gewöhnlichen Vorstellungen.

Wenn ich die Materialität des Lichts behaupte, so schließe ich damit die entgegengesetzte Meinung nicht aus, diese nämlich, daß das Licht das Phänomen eines bewegten Mediums sei. Ich habe in den Ideen zu einer Philosophie der Natur die Frage aufgeworfen: Sollte sich das Licht von der Sonne bis zu uns nicht durch Zersetzung fortpflanzen? Ich meinte, ob man die Newtonsche und Eulersche Theorie vom Licht nicht vereinigen könnte. In der Tat, was wollen Newtons Anhänger? – Eine Materie, die eigentümlicher Verhältnisse zu den Körpern, also auch eigentümlicher Wirkungen fähig ist. Und was will dagegen Euler und wer ihm beistimmt? – Daß das Licht bloßes Phänomen eines bewegten, erschütterten Mediums sei. Muß nun aber die Erschütterung notwendig mechanisch sein, wie Euler will? Wer kann beweisen, daß nicht zwischen Erd' und Sonne eine Materie ausgegossen ist, die durch Wirkung der Sonne dekomponiert wird, und könnten nicht diese Dekompositionen bis in unsere Atmosphäre sich fortpflanzen, da in ihr selbst eine Quelle des Lichts ist?

Auf diese Art hätten wir, was Newton will, eine eigentümliche Lichtmaterie, die sogar chemischer Verhältnisse fähig ist, und was Euler will, eine Fortpflanzung des Lichts durch bloße Erschütterung eines zersetzbaren Mediums.

Soviel mir bekannt ist, gestehen beide, Newtons sowohl als Eulers Anhänger, daß jede dieser Theorien ihre eigentümlichen Schwierigkeiten hat, denen die entgegengesetzte ausweicht. Wäre es daher nicht besser getan, diese Meinungen, anstatt sie wie bisher einander entgegenzusetzen, lieber als wechselseitige Ergänzungen voneinander zu betrachten, um so die Vorteile beider in Einer Hypothese zu vereinigen?

Ein Hauptbeweis für diese neue Theorie ist, daß alles Licht, das wir kennen, doch nur Phänomen einer Entwicklung ist. Denn

1. Gesetzt auch, daß das Licht, das jetzt eben bei uns anlangt, dasselbe ist, das vor etwas weniger als acht Minuten von der Sonne ausstrahlte, so können wir, wie bereits gezeigt worden, die Verbreitung des Lichts nach allen Seiten nicht erklären, ohne diese Bewegung als eine ursprüngliche anzunehmen. Ursprüngliche Bewegung aber ist in einer Materie nur so lange, bis sie ein dynamisches Gleichgewicht erreicht hat, d.h. so lange, als sie noch im Werden begriffen ist. Also ist wohl alles Licht, das unser Organ rührt, ein solches, das noch im Zustand der Entwicklung ist.

2. Daß wirklich das Licht der Sonne bloßes Phänomen einer steten Dekomposition ihrer Atmosphäre ist, hat Herschel zu einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit gebracht (Philosoph. Transact. for the year 1795. Vol. I.). Der Einfachheit der Mittel nach, welche wir die Natur zu ihren größten und ausgebreitetsten Wirkungen anwenden sehen, können wir jene Vermutung um so eher auf alle selbstleuchtenden Körper des Weltsystems ausdehnen, als manche Phänomene ihres Lichts einen solchen Ursprung zu verraten scheinen, wovon späterhin ein Mehreres.

Da ich sah, daß Herr Herschel selbst, um seine Hypothese vom Ursprung des Sonnenlichts wahrscheinlicher zu machen, sich auf Lichtentwicklungen in unserer Erdatmosphäre (auf das Nordlicht, das oft so groß und glänzend ist, daß es wahrscheinlich vom Monde aus gesehen werden kann, auf das Licht, das oft in heitern mondlosen Nächten den Himmel überzieht usw.) berufen hatte, wurde ich in der Vermutung, daß wohl alles Licht durch Erschütterung eines leicht zersetzbaren Mediums sich fortpflanze, noch mehr bestärkt (s. die Ideen zu einer Phil. d. Natur S. 36 [S. 200 dieses Bandes]).

Ich habe seitdem Lichtenbergs Meteorologische Phantasien aus Gelegenheit der Herschelschen Hypothese gelesen, und auch durch diese schien mir eine solche Hypothese eher bestätigt als widerlegt zu werden.

3. Es ist jetzt ausgemacht, daß das Licht, das beim Verbrennen der Körper zum Vorschein kommt, aus der umgebenden Luft, und zwar aus demjenigen Teil derselben entwickelt wird, der von seiner Wirksamkeit zur Beförderung aller Lebensfunktionen den Namen Lebensluft (aër vitalis) erhalten hat. Schon zum voraus läßt sich vermuten, daß wohl alles Licht, das wir zu erregen imstande sind, aus der Lebensluft seinen Ursprung nimmt.

Ich habe in der angeführten Schrift behauptet, daß das System der neuern Chemie, sobald es die gehörige Ausdehnung erhalte, gar wohl zum allgemeinen Natursysteme heranwachsen könnte. Die gegenwärtige Schrift soll die Probe eines solchen ausgedehnteren Gebrauchs geben. Die Entdeckungen über die Eigenschaften des gaz oxygène hätten längst darauf aufmerksam machen sollen, daß das Oxygene, wenn es das ist, wofür man es schon jetzt ausgibt, wohl noch mehr als nur das sein werde. Auch hat man bereits dem ponderabeln Grundstoff der Lebensluft die wunderbarsten Wirkungen in der Natur zuzuschreiben angefangen. Dagegen ist eine, wie mir dünkt, sehr wahre Bemerkung gemacht worden, daß es widersinnig sei, einem an sich toten Körper, dergleichen das sogenannte Oxygene ist, solche Gewalt zuzutrauen. (Man s. z.B. was Brandis sagt in dem Versuch über die Lebenskraft S. 118). Was an jener Entdeckung der Chemie das Wichtigste ist, ist die stete Koexistenz jenes Grundstoffs mit der energischen Materie, die sich im Licht offenbart, so daß man vor jetzt wenigstens alles Recht hat, ihn eigentlich als diejenige Materie anzusehen, welche die Natur den steten Wirkungen eines ätherischen, überall verbreiteten Fluidums entgegensetzt.

Da die Lebensluft eine zusammengesetzte Materie ist, und da alle Flüssigkeiten angesehen werden müssen als zusammengesetzt aus einem ursprünglich-elastischen Fluidum und einer ponderabeln Materie, so können wir hier, da wir uns im Gebiete einer hohem Wissenschaft befinden, die Bildersprache der Chemie verlassen, und den sogenannten Sauerstoff als die negative Materie der Lebensluft ansehen, die sich beim Verbrennen mit dem Körper verbindet, während die positive unter der Gestalt des Lichts davongeht. – Der Kürze halber werden wir das Licht durch + O, das Oxygene selbst aber durch – O bezeichnen (vorausgesetzt jedoch, daß man dabei noch nicht an + E und – E denke).

Wenn sonach die Lebensluft die Quelle des Lichts, und das – O die ponderable Materie ist, wodurch ein frei zirkulierendes, um die Weltkörper ausgegossenes, höchst elastisches Fluidum in seinen Bewegungen beschränkt und an die gravitierenden Körper gleichsam gefesselt wird, so hört insofern die alte, von Des Cartes, Huygens, Euler neu hervorgesuchte Lehre von einem allgemein verbreiteten Äther zum Teil wenigstens auf hypothetisch zu sein, und was auch Newton am Ende seiner Optik nur zu vermuten wagte, wird vielleicht noch zur Evidenz gebracht werden.

Was wir Licht nennen, ist nun selbst: das Phänomen einer höhern Materie, die noch vielfacher anderer Verbindungen fähig ist, und mit jeder neuen Verbindung auch eine andere Wirkungsart annimmt. Im Licht, obgleich es das einfachste Element zu sein scheint, muß nichtsdestoweniger eine ursprüngliche Duplizität angenommen werden; wenigstens scheint das Licht der Sonne die einzige Ursache zu sein, die alle Duplizität auf Erden anfacht und unterhält.

Im Licht, so wie es von der Sonne ausströmt, scheint nur Eine Kraft zu herrschen, aber ohne Zweifel tritt es in der Nähe der Erde mit entgegengesetzten Materien zusammen, und bildet so, da es selbst einer Entzweiung fähig ist, mit ihnen zugleich die ersten Prinzipien des allgemeinen Dualismus der Natur.

Ein solcher Dualismus aber muß angenommen werden, weil ohne entgegengesetzte Kräfte keine lebendige Bewegung möglich ist Reelle Entgegensetzung aber ist nur da denkbar, wo die Entgegengesetzten dennoch zugleich in einem und demselben Subjekt gesetzt sind. »Reelle Entgegensetzung ist aber nur zwischen Größen Einer Art denkbar«. Erste Auflage.. Die ursprünglichen Kräfte (auf welche endlich alle Erklärungen zurückkommen) wären sich nicht entgegengesetzt, wenn sie nicht ursprünglich Tätigkeiten einer und derselben Natur wären, die nur in entgegengesetzten Richtungen wirken. »wenn sie nicht ursprünglich eine und dieselbe (positive) Kraft wären, die nur in entgegengesetzten Richtungen wirkt«. Erste Auflage. Eben deswegen ist es notwendig, alle Materie als der Substanz nach homogen zu denken; denn nur, insofern sie homogen ist mit sich selbst, ist sie einer Entzweiung, d.h. einer reellen Entgegensetzung, fähig. Jede Wirklichkeit aber setzt schon eine Entzweiung voraus.

Wo Erscheinungen sind, sind schon entgegengesetzte Kräfte. Die Naturlehre also setzt als unmittelbares Prinzip eine allgemeine Duplizität, und um diese begreifen zu können, eine allgemeine Identität Statt »Identität« und »Duplizität« oder »Differenz« hat hier und im unmittelbar Folgenden die erste Ausgabe: »Homogeneität« und »Heterogeneität«. der Materie voraus. Weder das Prinzip absoluter Differenz noch das absoluter Identität ist das wahre; die Wahrheit liegt in der Vereinigung beider.

Die Vor diesem Satz steht Auflage 1 noch der Satz: »Ohne ursprüngliche Heterogeneität würde keine partielle Bewegung in der Welt möglich sein. Denn«... entgegengesetzten Kräfte haben ein notwendiges Bestreben, sich ins Gleichgewicht, d.h. ins Verhältnis der mindesten Wechselwirkung, zu setzen; mithin würde, wenn nicht im Universum die Kräfte ungleich verteilt wären, oder wenn das Gleichgewicht nicht kontinuierlich gestört würde, zuletzt auf allen Weltkörpern alle partielle Bewegung erlöschen, und nur die allgemeine Bewegung fortdauern, bis endlich vielleicht auch diese toten unbelebten Massen der Weltkörper in Einen Klumpen zusammenfielen, und die ganze Welt in Trägheit versänke.

Damit in der Welt die Kräfte ungleich verteilt seien, muß eine ursprüngliche Heterogeneität der Weltkörper in jedem System postuliert werden. Es muß Ein Prinzip sein, das auf jedem untergeordneten Weltkörper den Konflikt einzelner Materien nicht nur anfacht, sondern auch durch kontinuierlichen Einfluß unterhält. Wäre dieses Prinzip gleichförmig im Universum verteilt, so würde es sich bald mit den entgegengesetzten Kräften ins Gleichgewicht setzen. Es muß also den einzelnen Weltkörpern anderwärts her und von außen zuströmen, es muß in jedem System nur Ein Körper sein, der dieses Prinzip immer neu erzeugt und allen übrigen zusendet.

Es ist gar kein Zweifel, daß die selbstleuchtenden Körper des Weltsystems diese Eigenschaft einer Qualität verdanken, die ihnen eigentümlich ist, und die sie gleich anfangs bei der allgemeinen Präzipitation aus dem gemeinschaftlichen Auflösungsmittel, die der Weltbildung voranging, erhielten.

Insofern hat die Meinung, daß das Licht der Sonnen aus ihrem Schöße selbst erzeugt werde, immer noch sehr viel für sich. Oder sollten die Sonnen nur die Lichtmagneten des Universum sein, und alles Licht, das die Natur erzeugt, aus allen Räumen um sich sammeln? – Sollte es außer Planeten und Sonnen eine dritte Klasse von Körpern geben, die ausdrücklich zu solchen Prozessen bestimmt sind, durch welche die Natur immer neue Lichtmaterie erzeugt (etwa die Kometen)? – Wenn man sich die Welt »einen Augenblick als endlich denkt, so muß man glauben, daß von dem Punkt aus, wo das gemeinschaftliche Zentrum hinfällt«. Erste Auflage. als in sich selbst geschlossen denkt, so muß man glauben, daß von jedem Punkt aus, wo ein Zentrum hinfällt, ein stets erneuerter, unerschöpflicher Strom positiver Materie ausgehe. – Lamberts Gründe, daß der Weltkörper, der im Zentrum des Weltsystems kreise, dunkel sein müsse, sind sie überzeugend? – Jener Stern, der im sechzehnten Jahrhundert plötzlich in der Cassiopeja erschien, einen Monat lang heller als der Sirius glänzte, und nachdem er auf Einmal, wie aus dem Nichts entstanden war, allmählich abnahm, immer schwächere Farben zeigte, und zuletzt ganz verschwand, oder jener Stern, den im Anfang des folgenden Jahrhunderts Kepler nahe den Fersen des Schlangenträgers sah, der einen beständigen Farbenwechsel (durch beinahe alle Farben des Regenbogens hindurch) zeigte, im Ganzen aber weiß war – nach Keplers Aussage das glänzendste Phänomen des Fixsternen-Himmels – waren es etwa, wie Kant vermutet, erloschene aus ihrem Schutt wieder auflebende Sonnen, oder waren sie der Schauplatz irgend eines andern großen Prozesses, durch welchen die Natur in den Tiefen des Universum neues Licht erzeugte?

Wenigstens, wenn (nach Herschel) die Lichtentwicklung in der Sonne nur ein atmosphärischer Prozeß ist, so muß sich ein Grund angeben lassen, warum nur die Sonnenatmosphären in Lichtentwicklungen ausbrechen. Müßte man annehmen, daß ursprünglich allein um die Sonnenkörper jenes elastische Wesen angehäuft war, aus welchem die Natur Licht entwickelt, und daß das Dasein dieser Materie in den Atmosphären untergeordneter Weltkörper nur dem langen Einfluß der Sonne zu verdanken ist? Wenigstens ist die Quelle des Lichts in unserer Atmosphäre nicht rein und unvermischt vorhanden.

Wer weiß, ob die Sonnen nicht von einer völlig reinen Luft umflossen sind, während ein eigentümliches Prinzip die Atmosphären der Planeten verhindert in Lichtentwicklungen auszubrechen? – Dort in der Nähe der Sonne würde ein unveränderlich-reines durch kein feindseliges Prinzip bedrohtes Licht leuchten. Würde es durch stete Zersetzungen aus einem luftartigen Wesen entwickelt, so müßte man sich dieses mit einem außerordentlich hohen Grad von Elastizität begabt denken, da die Sonnen als die größten Massen jedes Systems bei dem ursprünglichen Übergang von flüssigem in festen Zustand die größte Quantität elastischer Materien freigemacht haben. Dazu kommt ohne Zweifel die Wirkung der Schwere, welche diese Lufthülle der Sonne in einer großen Zusammendrückung erhält und ihre ursprüngliche Elastizität zu einem außerordentlich hohen Grade vermehrt.

Es ist bekannt, daß die Intensität des Lichts bei seiner Entwicklung dem Grad der Elastizität der Luft, aus der es sich entwickelt, gemäß ist, was man bei großer Kälte erfährt, wenn alle Feuer heller brennen, Entzündungen schneller sich verbreiten, durch die geringste Reibung elektrisches Licht entwickelt wird, und selbst die Erdatmosphäre gegen die Pole hin in elektrischen Strahlen ausströmt.

Wenn also um die Zentralkörper ein luftförmiges Wesen von so hohem Grade der Elastizität ausgegossen wäre, daß es von selbst in Lichtentwicklungen ausbräche, so würden beständige Lichtströme von ihnen aus nach allen Richtungen sich verbreiten, und ein ätherisches Meer die leeren Räume des ganzen Systems, dessen Mittelpunkt sie einnehmen, erfüllen, ja wohl gar in die Räume entfernterer Systeme sich ausbreiten. Denn, wenn das entwickelte Licht nicht eher zur Ruhe kommt, als bis seine allmählich abnehmende Elastizität seiner Masse das Gleichgewicht hält, so wird der Raum, den es bei seiner Ruhe einnimmt, seiner Elastizität proportional sein. Elastizität aber kann dem Grade nach ins Unendliche wachsen, und so groß angenommen werden, als es zu Erklärung der Erscheinungen notwendig ist. Die elastische Materie also, die aus dem Umkreis unserer Sonne sich entwickelt, kann in einem steten, ununterbrochenen Strom bis zu unserer Atmosphäre sich ausbreiten. Die tägliche Umwälzung der Erde wird zwar einen Wechsel von Tag und Nacht notwendig machen, aber nicht verhindern, daß nicht das Licht anderer, weit entfernterer Sonnen den Zusammenhang zwischen ihrer und unserer Atmosphäre unterhalte. So wie die Halbkugel, die wir bewohnen, sich gegen unsere Sonne kehrt, werden auch größere Lichtströme sie durchdringen und das Phänomen des Tages bewirken. Ein gemeinschaftliches Medium wird unser ganzes Planetensystem erfüllen; jeder einzelne Weltkörper wird sich von dem allgemeinen Licht so viel zueignen, als der Qualität seiner Materien nach möglich ist, nirgends aber im ganzen Planetensystem wird ein Hiatus, oder ein Raum sein, der nicht: von der gemeinschaftlichen Atmosphäre aller erfüllt wäre.

Wenn endlich auch die Fixsterne noch zu einem hohem System gehören, das von einem gemeinschaftlichen Zentralkörper regiert wird, so wird auch die Atmosphäre dieses Systems eine gemeinschaftliche sein. Also steht die Atmosphäre jeder Sonne wieder mit der Atmosphäre eines höhern Systems in Berührung, und das ganze Licht, das durch die Welt sich verbreitet, ist das gemeinschaftliche Licht einer allgemeinen Weltatmosphäre.

Wenn indes eine ursprüngliche Verschiedenheit zwischen den Weltkörpern stattfindet, so kann das allgemeine Licht nicht gleichförmig verteilt sein, es muß aus allen Räumen der Welt den Sonnen, und nur von diesen aus den Planeten zuströmen.

Ohne Zweifel aber sind es nicht einzelne, divergierende Strahlen nur, die von der Sonne zu uns gehen, es ist die zersetzte Sonnenatmosphäre selbst, die als ein stetiges Ganzes bis zu uns sich ausbreitet. Das Phänomen des Tages ist nicht durch eine zufällige Zerstreuung des Lichts begreiflich. Seitdem in der Nähe dunkler Körper selbst eine Quelle des Lichts sich gebildet hat, sollte nicht diese durch den Einfluß der Sonne zugleich in Bewegung gesetzt werden? Der Konflikt elastischer Materien in unserm Luftkreis kann erst dann eintreten, wenn unser Erdball durch fremden Einfluß in einen selbstleuchtenden Körper verwandelt, zugleich Sonne und Planet ist, und so heterogene Eigenschaften in sich vereinigt.

Es ist aber nicht genug, daß das positive Prinzip im einzelnen Planetensystem nur ungleich verbreitet ist. Wenn es einem untergeordneten Weltkörper gleichförmig zuströmte, würde auf ihm bald eine allgemeine Gleichförmigkeit entstehen, die zuletzt sich in einer allgemeinen Auflösung endigte.

Das Licht könnte auf die untergeordneten Weltkörper nicht wirken, wenn nicht auf ihnen eine Kraft verbreitet wäre, die, durch das Licht erregbar, ihm ursprünglich verwandt sein muß. Daß aber nicht ein fortdauerndes Übergewicht dieser Naturkraft durch den Einfluß des Sonnenlichts entstehe, dafür ist durch den Weltbau selbst, durch den Wechsel des Tags, der Nacht, der Jahreszeiten, ja selbst durch die Form der Planeten gesorgt, da, analogisch nach der Form unserer Erde zu urteilen, ohne Zweifel auf allen, wo die Lichtstrahlen am senkrechtesten auffallen (gegen den Äquator hin), die größte Masse angehäuft ist; während sie da, wo jene schiefer auffallen (gegen die Pole hin) allmählich sich abplatten.

Die positive Ursache aller Bewegung ist die Kraft, die den Raum erfüllt. Soll Bewegung unterhalten werden, so muß diese Kraft erregt werden. »Aber nur endliche Kräfte wirken aufeinander«. Zusatz der 1. Auflage. Das Phänomen jeder Kraft ist daher eine Materie. Das erste Phänomen der allgemeinen Naturkraft, durch welche Bewegung angefacht und unterhalten wird, ist das Licht. Was von der Sonne zu uns strömt (da es die Bewegung erhält) erscheint uns als das Positive, was unsere Erde (als bloß reagierend) jener Kraft entgegensetzt, erscheint uns als negativ. Ohne allen Zweifel ist, was auf der Erde den Charakter des Positiven trägt, ein Bestandteil des Lichts; zugleich mit ihm gelangen zu uns die positiven Elemente der Elektrizität und des Magnetismus. Das Positive an sich selbst ist absolut-Eines, daher die uralte, zu keiner Zeit erloschene Idee einer Urmaterie (des Äthers), die, wie in einem unendlichen Prisma gebrochen, in zahllose Materien (als einzelne Strahlen) sich ausbreitet. Alle Mannigfaltigkeit in der Welt entsteht erst durch die verschiedenen Schranken, innerhalb welcher das Positive wirkt. Die Faktoren der allgemeinen Bewegung auf Erden sind das Positive, was von außen uns zuströmt, und das Negative, was unserer Erde angehört. Dieses, durch positive Kraft entwickelt, ist einer unendlichen Mannigfaltigkeit fähig. Wo eine Naturkraft Widerstand findet, bildet sie sich eine eigentümliche Sphäre, das Produkt ihrer eignen Intensität und des Widerstands, den sie findet.

Die positive Kraft erst erweckt die negative. Daher in der ganzen Natur keine dieser Kräfte ohne die andere da ist. In unserer Erfahrung kommen so viel einzelne Dinge (gleichsam einzelne Sphären der allgemeinen Naturkräfte) vor, als es verschiedene Grade der Reaktion negativer Kräfte gibt. Was unserer Erde angehört, hat alles eine gemeinschaftliche Eigenschaft, diese, daß es dem positiven Prinzip, das von der Sonne uns zuströmt, entgegengesetzt ist. In dieser ursprünglichen Antithese liegt der Keim einer allgemeinen Weltorganisation.

Diese Antithese wird von der Naturlehre schlechthin postuliert. Sie ist keiner empirischen, sondern nur einer transzendentalen Ableitung fällig. Ihr Ursprung ist in der ursprünglichen Duplizität unsers Geistes zu suchen, der nur aus entgegengesetzten Tätigkeiten ein endliches Produkt konstruiert. Die, welche sich an das Experimentieren halten, wissen von jener Antithese nichts, obgleich sie nicht leugnen können, daß ihre Konstruktionen der Naturerscheinungen (z.B. des Verbrennens) ohne einen solchen – wenn nicht erfahrungsmäßig erweisbaren, doch notwendig zu postulierenden Konflikt ganz und gar unverständlich sind. Die, welche jene Antithese schlechthin aufstellen (z.B. in der Theorie des Verbrennens) setzen sich dem Vorwurf aus, daß sie hypothetische Elemente erdichten, wo sie experimentieren sollten. Dieser Widerspruch kann nur durch eine Philosophie der Natur ausgeglichen werden.

Die experimentierenden Physiker haben recht, sich bloß an das Positive zu halten, denn dieses allein ist unmittelbar-anschaulich und erkennbar. Die, welche einer größern Ansicht der Natur fähig sind, müssen sich nicht scheuen zu bekennen, daß sie das Negative erschlossen haben. Es ist deswegen um nichts weniger reell als das Positive. Denn wo das Positive ist, ist eben deswegen auch das Negative. Weder dieses noch jenes ist absolut und an sich da. Eine eigne, abgesonderte Existenz erhalten beide nur im Moment des Konflikts; wo dieser aufhört, verlieren sich beide ineinander. Auch das Positive ist nicht wahrnehmbar ohne Gegensatz; und indem man sich der unmittelbaren Anschauung des Positiven rühmt, setzt man selbst das Negative voraus.

So, als Newton das negative Prinzip der allgemeinen Weltbewegung, die Anziehungskraft, aufstellte, leugnete er nicht, sondern behauptete, daß es ein erschlossenes Prinzip sei. Er versuchte nicht, es in der Anschauung unmittelbar darzustellen, sondern postulierte es, weil ohne dasselbe auch das unmittelbar-angeschaute Positive nicht möglich wäre. Sogar gestand er, daß dieses Prinzip, wenn es anschaulich wäre, bloß scheinbar, und anstatt wirkliche Anziehungskraft zu sein, nur das täuschende Spiel einer stoßenden, schwermachenden Materie sein müßte, d.h. er zeigte, daß das Verlangen, in der Anziehungskraft etwas Positives zu erkennen, ein eitles und auf ungereimte Begriffe führendes Verlangen sei.

Lasset uns also gleich anfangs feierlich Verzicht tun auf eine physikalische Erklärung jenes allgemeinen Konfliktes negativer Prinzipien mit positiven, aus welchem allein ein System der Natur harmonisch sich entwickelt. Und damit unsere Philosophie in den Gründen ihrer Behauptungen auch nicht gegen die experimentierende Physik zurückstehe, lasset uns dieser durch eine vollständige, alle Phänomene umfassende Induktion beweisen, daß ihre einseitige Erklärungsart ohne innern Gegensatz (den Quell aller Lebendigkeit) zu tun hat, in der Tat zu nichts führt, »daß ihre einseitige Erklärungsart, da sie nicht wagt über das Gesehene oder mit Händen Gegriffene hinauszugehen, in der Tat zu nichts führt«. Erste Ausgabe. und keine Konstruktion der ersten Erscheinungen der Natur möglich macht.

  1. Daß das Licht die erste und positive Ursache der allgemeinen Polarität sei;
  2. daß kein Prinzip Polarität erregen könne, ohne in sich selbst eine ursprüngliche Duplizität zu haben;
  3. endlich, daß reelle Entgegensetzung nur zwischen Dingen Einer Art und gemeinschaftlichen Ursprungs möglich ist,

wird als erwiesen vorausgesetzt.


 << zurück weiter >>