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Fünfzehnte Vorlesung

Der Ausgangspunkt für die nunmehrige Entwicklung ist durch die bisherige gegeben. Dieser Ausgangspunkt ist die absolute Freiheit Gottes in der Weltschöpfung. Es stand, sagten wir, in seiner Macht, jenes Prinzip des Anfangs, das in ihm eine bloße Möglichkeit, und also ohne seinen Willen nichts ist, dieses Prinzip, das er an dem Tiefsten seines Wesens als bloße Möglichkeit ersieht, in der Verborgenheit zu erhalten oder es zur Wirklichkeit zu erheben. Dieser Gott, in dessen Freiheit es steht, das an sich Seiende seines Wesens als das Gegenteil, als von sich weg Seiendes (das Gegenteil des an-sich-Seins ist das von- sich-weg-Sein) oder außer sich Seiendes zu setzen – dieser Gott ist der ganze Gott, der Gott in der ganzen All-Einigkeit, nicht etwa bloß der an sich seiende, denn dieser für sich wäre nicht frei. Die Freiheit Gottes hat nur in seiner unauflöslichen All-Einigkeit ihren Grund; Gott ist nur darum frei, das nicht Seiende seines Wesens zum Sein zu erheben, weil er an dem ursprünglich Seienden seines Wesens – denn beide, das nicht Seiende und das Seiende sind durch ein unauflösliches Band aneinander geknüpft – weil er also an dem Seienden seines Wesens das hat, womit er das seiner Natur nach nicht Seiende, also auch nicht eigentlich sein Sollende und dennoch vermöge seines Willens, also um eines Zwecks willen Seiende, dieses wieder in sein An-sich und sein ursprüngliches nicht-Sein zu überwinden vermag. Wäre die All-Einigkeit Gottes eine bloß zufällige, die etwa nur auf der Latenz jenes von Natur nicht Seienden beruhte, so daß sie mit dieser Latenz verschwände und nicht mehr bestünde, so wäre er nicht frei, das nicht Seiende zum Sein zu erheben. Weil aber seine All- Einheit eine geistige, und demnach durch nichts aufzuhebende ist, und in der materiellen Nichteinheit ebensowohl besteht als in der materiellen Einheit, so ist er frei, jenes Kontrarium der Einheit zu setzen und nicht zu setzen. – Der Gott, in dessen Gewalt es steht, auch das außergöttliche Sein zu setzen oder nicht zu setzen, der Gott, in cujus potestate omnia sunt (nämlich omnia quae praeter ipsum existere possunt), dieser Gott ist also der ganze Gott, nicht bloß eine Gestalt Gottes, sondern Gott als absolute Persönlichkeit. Diese absolute Persönlichkeit nun, bei der alles steht, die allein etwas anfangen kann (ich bediene mich gern solcher populären Ausdrücke; man sagt von einem Menschen, der sich in seinen Unternehmungen wie immer gebunden fühlt, er kann nichts anfangen, zum Beweis, daß die absolute Freiheit eigentlich darin besteht, etwas anfangen zu können) diese absolute Persönlichkeit also, von der alles ausgeht, die die alles anfangen könnende ist, diese können wir eben, weil sie die alles anhebende, der eigentliche Urheber ist, auch philosophisch den Vater nennen. Aber sie ist nicht nur in diesem allgemeinen Sinn der Vater, sie ist der Vater noch in besonderem Sinn. Denn indem sie das an-sich-Seiende ihres Wesens herauswendet, schließt sie eben damit das rein Seiende ihres Wesens (die zweite Gestalt) von dem aus, was ihr das Subjekt war und dieses reine Sein ihr vermittelte. Die zweite Gestalt ist nur darum das über alles Können Erhobene und insofern unendlich Seiende, weil ihr die erste Gestalt das Können, die Potenz, das Subjekt ist. Wenn nun aber diese sich selbst in das Sein erhebt, so hebt sie zwar jenes rein Seiende nicht auf (denn dafür, daß dies nicht geschehe, ist gesorgt durch die Unzertrennlichkeit der göttlichen Einheit, welche die Potenzen in ihrem Anderssein, in ihrer alloiôsis, nicht weniger zusammenhält als in ihrer ursprünglich reinen Göttlichkeit), also das rein Seiende wird zwar nicht aufgehoben, aber doch in seinem reinen, potenzlosen Sein negiert, es tritt in sich selbst zurück, wird ein nicht Seiendes, und bekommt insofern eine Potenz in sich, es wird, wie ausführlich gezeigt wurde, gesetzt als das sein, als das wirken Müssende, als das jenes Kontrarium nun seinerseits notwendig Negierende, als das in einem notwendigen Aktus (welcher zugleich Aktus der Überwindung jenes Kontrariums ist) als das in einem notwendigen Aktus sich in das ursprünglich reine, potenzlose Sein Wiederherstellende. Nun kann aber die Handlung, in welcher irgend ein Wesen ein anderes sich Homogenes (Gleichartiges) außer sich, unabhängig von sich, nicht als unmittelbar wirklich, wohl aber so setzt, daß es in einem notwendigen und unablässigen Aktus sich selbst verwirklichen muß – eine Handlung dieser Art kann nur Zeugung genannt werden. Zeugung ist der wahre Ausdruck dieser Handlung, es ist nicht etwa nur ein uneigentlicher Ausdruck, denn vielmehr jeder andere für dieselbe gesuchte würde ein uneigentlicher sein. Die Handlung jener ersten alles anfangenden Persönlichkeit ist daher eine Zeugung zu nennen, sie selbst verhält sich in derselben als zeugende, d.h. eben als Vater, und dagegen die andere Gestalt, die auf solche Weise in Spannung, aber eben damit in Wirkung gesetzt ist, diese, wenn sie durch Überwindung des Entgegenstehenden sich selbst in ihr ursprüngliches Sein wiederhergestellt hat, wird sich als eine zweite, von der des Vaters verschiedene Persönlichkeit verhalten, die, als gezeugt vom Vater, keinen andern Namen erhalten kann als den des Sohns.

Sie sehen: wir haben von unsern Prinzipien aus den unmittelbaren und natürlichen Übergang zu einer Lehre gefunden, welche die Grundlehre des ganzen Christentums ist. Wenn ich in der Philosophie der Mythologie schon darauf aufmerksam gemacht habe, II, II, 78. A. d. O. daß die Lehre von der Dreieinigkeit Gottes ihrem Grunde, ihrer Wurzel nach keine speziell christliche sei, so zeigt sich dies in dem gegenwärtigen Vortrag, denn hier wird sich uns der in der All- Einheitsidee liegende Keim nun völlig, in der ganzen Entwicklung, deren er fähig ist, entfalten.

Wollte man die Idee von der Dreieinheit Gottes für eine speziell christliche halten, so müßte man darunter eine solche verstehen, die durch das Christentum erst eingesetzt und zu glauben geboten worden sei. Allein wie verkehrt dies sei, läßt sich auch dem Befangensten einleuchtend machen. Denn, nicht weil es ein Christentum gibt, darum existiert jene Idee, sondern umgekehrt vielmehr, weil diese Idee die ursprünglichste von allen ist, darum gibt es ein Christentum. Das Christentum ist ein Erzeugnis, eine Folge dieses ursprünglichen Verhältnisses. Die Idee dieses Verhältnisses selbst ist daher notwendig älter als das Christentum, ja, inwiefern das Christentum im Laufe der Zeit nicht erscheinen konnte, ohne daß jene Idee schon im Anfang war, so ist diese Idee so alt, ja älter als die Welt selbst. Diese Idee ist das Christentum im Keim, in der Anlage, das historische Christentum, d.h. das Christentum, wie es in der Zeit erscheint, ist also nur eine Entwicklung dieser Idee, ohne welche es ebensowenig eine Welt als ein Christentum geben würde. Daß die Idee der Dreieinheit keine speziell christliche ist, erhellt ja auch daraus, daß man so viele Spuren und Andeutungen derselben anderwärts hat finden wollen. Ist man doch in neuerer Zeit soweit gegangen zu behaupten, sie sei bloß eine aus dem Neuplatonismus in das Christentum übergetragene. Dies ist nun freilich ein völlig unhistorisches Vorgeben. Es findet sich zwar bei den Neuplatonikern eine Lehre, welche hê tôn triôn theôn paradosis (die Überlieferung der drei Götter) genannt wird, sie unterscheiden nämlich allerdings drei Götter, wie sie sagen, den ersten nennen sie den Ahnherrn, den zweiten den Sohn (soweit scheint eine Ähnlichkeit mit der christlichen Idee zu sein), den dritten nennen sie den Sohn des Sohns, also den Enkel des ersten, und wer ist dieser dritte? etwa der Geist? Keineswegs, sondern der kosmos, die Welt. Hier geht also die Genealogie abwärts, anstatt aufwärts. Es wäre immer noch wahrscheinlicher, diese neuplatonische Vorstellung von der schlechtverstandenen oder übelangewendeten christlichen Lehre abzuleiten, als umgekehrt. Dagegen hat man von jeher bemerkt, daß eine Spur dieser Idee in allen Religionen der Vorwelt sich findet; die Philosophie der Mythologie führt sogar den Beweis, daß materiell wenigstens eine Dreizahl göttlicher Potenzen die Wurzel bildet, aus welcher die religiösen Vorstellungen aller uns bekannten und nur einigermaßen bemerkenswerten Völker erwachsen sind. Man hat dies ehmals erklärt aus einer entstellten Kunde von der geoffenbarten Lehre, aus einer verwirrten historischen Überlieferung, welche die Heiden von einer Dreiheit in dem göttlichen Wesen etwa aus den Urzeiten der Offenbarung erhalten hätten. Allein weit eher wird man daraus zu schließen haben, daß jene Idee vielmehr eine allgemein menschliche, mit dem menschlichen Bewußtsein selbst verwachsene sei. Diese Erscheinung beweist also vielmehr, daß die Idee an sich und abgesehen von der Entwicklung, welche sie allerdings erst durch die Erscheinung Christi erhalten hat, älter als das historische Christentum ist. Seit den ersten Jahrhunderten übrigens, wo diese Idee als allgemeines christliches Dogma aufgestellt wurde, seit dieser Zeit hat sie den menschlichen Scharfsinn vielfach beschäftigt. Schon ein Teil der Kirchenväter versuchte philosophische Begriffe mit dieser Lehre zu verbinden. In neueren Zeiten haben die zwei universellsten Geister der Deutschen, die erst in Goethe wieder einen Mann ihresgleichen fanden, Leibniz und Lessing, den philosophischen Sinn dieser Lehre, der gleichsam jederzeit geahndet wurde, zu ergründen gesucht. In der neuesten Zeit, nachdem durch die Philosophie eine Dreiheit von Begriffen, gleichsam als notwendiger Typus der Vernunft, eingeführt worden, sind philosophische Deduktionen der Dreieinigkeitslehre, fast könnte man sagen, Mode geworden. Indes muß ich wiederholt bitten, die Ansicht, welche sich aus meinen philosophischen Entwicklungen ergibt, von jenen philosophischen Deduktionen wohl zu unterscheiden. Denn:

1. jeder, der mit diesen einigermaßen bekannt ist, sieht wohl, daß sie schon materiell von dieser sich wesentlich unterscheiden. Namentlich wenn die zweite Person oder der Sohn als das Reale der Natur bestimmt wird (etwa weil die Natur das Ansehen einer leidenden und sterbenden Gottheit darbietet), so ist dies nicht nur eine an sich unstatthafte, sondern auch eine von unserer Ansicht gänzlich abweichende Darstellung. Der Sohn ist nicht das unmittelbare Prinzip der Natur, sondern vielmehr die dieses unmittelbare Prinzip der Natur überwindende, versöhnende, die das außer sich Seiende und insofern Verlorene wiederbringende Potenz.

2. ist zu bemerken, daß auch die Dreieinigkeitslehre bloß abstrakt, im Begriff aufgefaßt werden kann. Aber mit diesen bloßen abstrakten Auffassungen lassen sich jene geschichtlichen Verhältnisse nicht begreifen, die mit zu der vollständigen christlichen Dreieinheitslehre gehören. Unter allen philosophischen Erklärungen dieser Art stimmt eine, die ich eben bei Gelegenheit dieser Vorlesungen bei Leibniz gefunden, am meisten mit unserer Ansicht überein. Leibniz äußert bei Gelegenheit der Einwürfe eines Sozinianers (Wissovatius), die Einheit des Wesens stehe mit der Dreiheit (der Persönlichkeiten) in keinem Widerspruch, »da, fährt er fort, der Geist auch Eins ist«, oder, um seine eignen Worte anzuführen: »cum una sit mens, quae, quando reflectitur in se ipsam , est id, quod intelligit, quod intelligitur, et id, quod intelligit et intelligitur. Nescio, setzt Leibniz hinzu, an quicquam clarius dici possit«. Der Geist, wenn er sich in sich selbst reflektiert, ist Erkennendes (id, quod intelligit), Erkanntes (id, quod intelligitur), und das, was als Erkennendes zugleich Erkanntes und als Erkanntes Erkennendes ist. Oder kürzer ausgedrückt: der selbstbewußte Geist ist Subjekt, Objekt und Subjekt-Objekt, und in dem doch nur Einer. Das Erkennende, id, quod intelligit, ist dasselbe mit unserm an-sich-Seienden; id, quod intelligitur, ist der Geist als der für sich (als Gegenstand von sich) seiende, und id, quod intelligit et intelligitur, ist der Geist, der im an- sich-Sein für sich ist, und dieser Dreiheit unerachtet ist der Geist doch kein materielles Außereinander, sondern nur Ein Geist. Allein so angemessen diese Erklärung der ersten, noch nicht weiter entwickelten Idee ist, so wenig erreicht sie die ganze und vollkommen entwickelte Idee der Dreieinigkeit. Denn z.B. der Geist, inwiefern er das Erkennende ist, ist er doch nicht eine andere Persönlichkeit, als inwiefern er das Erkannte ist, es sind hier nicht drei Persönlichkeiten, sondern immer nur Eine Persönlichkeit. In der Dreieinigkeitslehre aber, wie wir alle wissen, ist von drei Personen die Rede, deren jede, wie die Theologen sagen, für sich subsistiert, eine eigne Subsistenz hat. Dies zu erklären, reicht also jene allgemeine und noch immer abstrakte Idee nicht hin, und überhaupt ist diese unfruchtbar, indem sie für sich selbst nicht weiter führt; auch bloß philosophisch ist mit jener Idee allein nichts anzufangen; um sie philosophisch fruchtbar zu machen, muß der Gedanke hinzukommen, daß eben das, was in jener Idee das bloß an sich Seiende ist, in das objektiv, das außer sich Seiende sich erheben und übergehen kann. Also daß in jenem an sich Seienden der Stoff, die Veranlassung, die Möglichkeit einer Spannung liegt, darin erst liegt das Eigentümliche und zugleich die wahre Stärke meiner Idee, das erst sichert ihr eine dauernde und bleibende Wirkung auf die Wissenschaft; denn erst damit wird jene Einheit eine lebendige, in sich bewegliche, und man sieht zunächst wenigstens die Möglichkeit ein, von ihr aus zu drei sich gegenseitig ausschließenden Potenzen – zu einem wahren Leben zu gelangen. Diese Möglichkeit bahnt aber wieder den Weg, um die eine und selbe Gottheit als drei Persönlichkeiten zu begreifen. Erst also in der Lehre von einer möglichen gegenseitigen Ausschließung der Potenzen, während sie in Gott und also geistig Eins bleiben – erst darin liegt der mögliche Übergang zur Dreieinigkeitslehre. Doch sind wir nicht durch letztere allein aufgefordert, jenen Übergang zu zeigen. Auch als eine rein philosophische müßte unsere Entwicklung bis zur höchsten Steigerung der anfänglichen Idee fortgehen, um nicht unter der möglichen Entwicklung zurückzubleiben. Allein der eigentliche Zweck des gegenwärtigen Vertrags bringt es noch überdies mit sich, daß wir uns schon hier über die christliche Dreieinheitsidee erklären. Denn unsere Absicht geht auf eine Philosophie der Offenbarung, also vorzüglich des Christentums. Nun habe ich aber soeben gezeigt, daß die Idee der Dreieinheit in Gott nicht etwa ein einzelnes Dogma, eine einzelne Satzung des Christentums, sondern vielmehr dessen Voraussetzung selbst sei, oder dasjenige, ohne welches das Christentum gar nicht in der Welt existieren würde. Diese Idee verhält sich daher auch als Voraussetzung einer Philosophie der Offenbarung, ohne welche in diese auch nicht einmal der Eingang gefunden werden könnte. Die Lehre von den Potenzen, ihrer gegenseitigen Ausschließung und dem dadurch gesetzten Prozeß ist schon hinreichend zur Erklärung der Mythologie. Zum Verständnis der Offenbarung ist schlechterdings jene höhere Steigerung der ganzen Ansicht erforderlich. Durch diese werden wir also den Grund zu der künftigen Philosophie der Offenbarung legen. Ich werde übrigens in der nun folgenden Auseinandersetzung nicht bloß die philosophische Notwendigkeit zeigen, sondern das auf dem Weg der philosophischen Folgerung Gefundene immer auch sogleich geschichtlich, und zwar urkundlich, nämlich in den Urkunden der Offenbarung, nachweisen. – Ich werde ebensowenig bloß dogmatisch, im gewöhnlichen Sinn des Worts, verfahren, d.h. ich werde nicht unmittelbar darauf lossteuern, die Lehre mit allen ihren zum Teil scholastischen Bestimmungen, wie sie in der Theologie vorgetragen werden, philosophisch herauszubringen. Auch hier werde ich jenem in höherem Sinne geschichtlichen Geist treu bleiben, der der Geist meiner ganzen Philosophie ist.

Ich fahre nun in der Entwicklung selbst fort.

Wenn einmal das seiner Natur nach nicht Seiende, das eben darum nur durch ausdrückliches Wollen sein kann, wenn einmal dieses zum Sein erhoben und damit die Spannung gesetzt ist, so verhält sich die unmittelbar negierte, in Spannung gesetzte Potenz – die zweite – zunächst nur als Potenz, als aus dem actus purissimus des göttlichen Lebens Gesetztes, das i nsofern allerdings nicht Gott ist, obwohl auch nicht schlechterdings nicht Gott. Wenn nun aber diese Potenz die Spannung überwunden, jenes Kontrarium wieder in sich selbst, in sein An-sich zurückgebracht hat, wo es dann unmittelbar wieder zum Setzenden, Aushauchenden des Dritten wird, des eigentlich sein Sollenden – kurz, wenn nun aller Widerstand überwunden ist, so ist ja eben damit der reine Fluß des göttlichen Lebens wiederhergestellt, und die Potenz, durch welche dies alles vollbracht worden, diese Potenz hat eben damit selbst aufgehört, außergöttliche, d.h. außer jenem actus purissimus gesetzte Potenz zu sein, sie tritt in ihre Gottheit wieder zurück, aber weil sie einmal für sich seiende gewesen war und sich durch Überwindung des Gegenteils verwirklicht hat, so tritt sie nun als eine eigne Persönlichkeit in die Gottheit zurück, sie ist daher eine zweite göttliche Persönlichkeit, obgleich nur derselbe Gott, der der Vater ist. Denn der Vater ist der alles in Spannung und Wirkung setzende und insofern der ganze Gott; er ist vor dem Aktus der, bei dem alles steht, penes quem sunt omnia, in dessen Macht alle jene Potenzen stehen, von dem es abhängt, diese Potenzen als solche, als für sich seiende und sich gegenseitig ausschließende, zu setzen und nicht zu setzen – dies ist er vor allem Aktus, im Aktus selbst ist er der alles in Wirkung setzende, den Sohn zeugende. Dieser nun, solange er noch in der Überwindung, d.h. in der Selbstverwirklichung begriffen ist, so lange ist er noch nicht in seiner Gottheit offenbar. Durch die Zeugung ist der Gezeugte nur erst in die Notwendigkeit sich selbst zu verwirklichen gesetzt, aber der Aktus dieser Selbstverwirklichung dauert bis zur Zeit der vollkommenen Geburt, erst am Ende ist der Sohn wirklicher Sohn, und da dieses Ende das Ende der Schöpfung ist, so ist der Sohn zwar am Anfang der Schöpfung schon gezeugt, aber als Sohn verwirklicht erst am Ende der Schöpfung. Als der wirkliche Sohn ist er nun aber auch wirklich eine zweite göttliche Persönlichkeit, ohne daß darum substantiell zwei Götter wären. Denn es ist nur ein und dasselbe Substantielle, welches der Vater ursprünglich besitzt, und welches der Sohn nun auch, obwohl auf andere Weise, besitzt (das Besitzen macht eben die Herrlichkeit, das Herr-Sein aus), es ist dasselbe Substantielle, welches der Vater ursprünglich besitzt als ein in Spannung und Wirkung zu Setzendes, und welches er wirklich in Spannung setzt und während der Schöpfung in Spannung erhält, und es ist nicht ein anderes Substantielles, sondern dasselbe Substantielle, welches der Sohn besitzt, aber als ein zur Einheit wiedergebrachtes, und da die Gottheit eben nur in der absoluten Herrlichkeit (im Besitz alles Seins) besteht, so ist also die Gottheit des Vaters und die Gottheit des Sohns nur Eine Gottheit, nur eine und dieselbe Herrlichkeit, und dennoch ist die Persönlichkeit des Vaters nicht die Persönlichkeit des Sohns, und die Persönlichkeit des Sohns nicht die des Vaters.

Man könnte in der hier gegebenen Erklärung etwas sehen, was der in der Theologie behaupteten ewigen Gottheit des Sohnes widerspräche oder doch sie zweifelhaft machte. Um aber in diesem Verhältnis klar zu sehen, müssen durchaus Unterscheidungen gemacht werden. Man muß nämlich folgendes unterscheiden. 1. Die ursprüngliche Gestalt des göttlichen Seins, die sich in der Folge als der Sohn offenbart, 2. den Sohn als solchen. Bei dem letzteren muß man aber wieder unterscheiden a) den Sohn, sofern er noch im Vater verborgen ist, sofern er als nur für den Vater Sohn ist, b) den Sohn, sofern er auch außer dem Vater als Sohn gesetzt ist. Nach dieser doppelten Unterscheidung wollen wir also das Verhältnis nun auseinandersetzen.

Was demnach die ursprüngliche Gottheit betrifft – die Gottheit nicht sowohl des Sohns, als dessen, was in der Folge als der Sohn offenbar wird, so ist ja diese (die ursprüngliche Gottheit dessen, was der Sohn ist) durch unsere Erklärung aufs bestimmteste behauptet. Denn das, was in der Folge, ja in einem gewissen, demnächst zu bestimmenden Sinne von Ewigkeit an als der Sohn offenbar wird, eben dieses ist ja nach unserer Erklärung eine ursprüngliche Gestalt des göttlichen Seins, in den actus purissimus des göttlichen Lebens ewig oder unvordenklicher Weise verschlungen, ist eine zu der Gottheit Gottes wesentliche Gestalt. Nun können aber die Theologen sagen: dies genügt uns nicht, wir wollen nicht bloß; die ewige Gottheit des Sohnes, dem Wesen, dem ihm zugrunde Liegenden nach, wir behaupten seine ewige Gottheit als Sohn. Hier kommt nun jene zweite Unterscheidung zur Sprache (zwischen dem Sohn, sofern er noch bloß in dem Vater und für den Vater ist, und dem Sohne, sofern er auch außer dem Vater als Sohn gesetzt ist). Allein dies läßt sich nicht deutlich auseinandersetzen, ohne uns nochmals die ganze Folge der bis jetzt angenommenen Momente zurückzurufen. Ermüden Sie nicht; diese genauere Auseinandersetzung wird sich durch die Klarheit und Deutlichkeit des Resultats belohnen, wenn Sie dieses auch nicht gleich voraussehen.

Der Gang oder die notwendige Folge des philosophischen Denkens, wie Sie wissen, ist folgender. Zuerst ist nur Gott als absoluter, vollendeter Geist gesetzt, der nicht in der Notwendigkeit ist in das Sein überzugehen, der sich selbst besitzt, sich selbst hat, und eben darum besteht. Unsere erste Bemühung war nur diesen bestehenden, selbständigen Geist zu erlangen. Bis dahin ist nichts als reine Ewigkeit. An diesen ersten Moment schließt sich aber unmittelbar der andere: – also von Ewigkeit, von da an, daß jener vollkommene Geist Ist oder besteht, von da an folgt der zweite, in welchem sich ihm die Möglichkeit eines Seins außer ihm darstellt, das jedoch nur durch ihn – durch sein nicht vorübergehendes, sondern immerwährendes Wirken – möglich ist, das er also auch in der Folge immerfort besitzen und beherrschen wird. Indem sich ihm die Möglichkeit dieses Seins darstellt, wird er sich auch schon inne als Herrn dieses Seins, oder er wird sich inne als bereits besitzend dieses Sein, zwar nicht es besitzend als Wirklichkeit, aber doch es besitzend als Möglichkeit. Hier geht also der Begriff Gott gleich über in den Begriff des Vaters, als des ursprünglichen Herrn, als dessen, bei dem ursprünglich alle Gewalt ist, des Vaters, inwiefern darunter der Ahnherr, der Anheber alles Seins verstanden wird. In diesem Moment, wo Gott nun schon als Vater (in dem angegebenen Sinn) bestimmt ist, in diesem Moment ist das, was der Sohn sein wird, noch in dem Vater, verborgen in ihm, als eine notwendige Gestalt seines Seins – aber von ihm schon erkannt als der künftige Sohn und von ihm geliebt als solcher, weil der Vater in ihm eben das erkennt, wodurch er frei ist, ein Sein außer sich zu setzen, und da die Herrlichkeit, d.h. die Gottheit des Vaters, nur eben in dieser Freiheit besteht, so muß man erkennen und aussprechen, daß auch hier schon der Sohn beiträgt oder notwendig ist zu der Gottheit, d.h. zu der Herrlichkeit des Vaters, oder daß auch hier schon die Gottheit, d.h. die Freiheit des Vaters (das Sein außer sich zu setzen), ohne den Sohn, d.h. ohne den, den er schon als Sohn sieht und liebt, nicht möglich wäre. Denn diese Freiheit gewährt ihm nur die zweite Gestalt seines Seins, der künftige Sohn, den er eben darum schon als Sohn voraussieht und liebt.

Sie sehen also, in welchem Sinn wir die Ewigkeit auch des Sohns als solchen behaupten, nämlich als des vom Vater voraus erkannten und geliebten. Aber der Sohn in diesem Sinn ist eben der nur erst für den Vater seiende Sohn, er ist noch nicht aus dem Vater herausgetreten, noch nicht als Sohn auch außer ihm gesetzt. Was nun aber dieses betrifft (was die Frage betrifft, wie der Sohn auch außer dem Vater als Sohn gesetzt ist – es war das letzte Glied (b) unserer obigen Unterscheidungen -) so müssen wir es bestimmt aussprechen, daß diese Hinaussetzung des Sohns, welche eigentlich erst Zeugung heißen kann, daß diese eben erst da gedacht werden kann, wo überhaupt erst von einem Hinaussetzen die Rede ist, d.h. im Anfang der Schöpfung. Hier erfordert es jedoch die Aufrichtigkeit meines Vertrags, zu bemerken, daß die theologische Dogmatik sonst und früher wenigstens von einer ewigen Zeugung des Sohns sprach. Nun habe ich zwar soeben gezeigt, daß die Nichtbehauptung einer in diesem Sinn (nämlich im Sinn der älteren Theologie) ewigen Zeugung und sogar der Widerspruch gegen dieselbe darum nicht sofort die Ewigkeit des Sohns selbst, weder seine Ewigkeit dem Wesen nach, noch selbst seine Ewigkeit als Sohn ausschließt, nämlich als Sohn, sofern er noch bloß für den Vater Sohn ist; was sie ausschließt, ist nur seine Ewigkeit als Herausgesetztes des Vaters, als des Sohns, der außer (praeter) dem Vater ist. Es liegt ferner am Tage, daß, wenn nur ein für sich bestehendes Wesen wirklich gezeugt heißen kann, der Sohn, inwiefern er noch ungeschieden von dem Vater und keine Persönlichkeit außer ihm ist, nicht gezeugt heißen kann, und daß, wenn er ewig mit dem Vater eins ist, er in dieser Einheit nicht zugleich vom Vater gezeugt sein kann (wenigstens müßte alsdann dieses Wort in einem ganz uneigentlichen Sinn genommen werden). Indes, um alle Gerechtigkeit zu erfüllen, will ich mich mit dieser Bemerkung nicht begnügen, sondern mich noch umständlicher über diesen Begriff erklären. Ehe ich mich jedoch darauf einlasse, finde ich es angemessen, über die Natur und den wahren Sinn jener göttlichen Zeugung überhaupt noch einige Erläuterungen zu geben, da von derselben ex professo noch gar nicht, sondern nur in der Absicht, den Begriff des Sohnes zu begründen, die Rede war. Darauf werden sich dann auch folgende Bemerkungen unter b) beziehen. Ich werde aber diese hier zu machenden Bemerkungen wieder abteilen. – Also

α es ist schon erinnert worden, daß nur der ganze Gott (nicht eine einzelne Gestalt, noch viel weniger eine einzelne Potenz) der Vater heißen könne. Jene potentia existendi, als welche sich dem Vater das an sich Seiende seines Wesens vorstellt, diese ist nicht das Zeugende selbst, sondern nur die potentia generandi, nicht der Vater, sondern nur to gonimon tou patros, die zeugende Potenz des Vaters. In der Spannung, welche durch die Erhebung dieser Potenz gesetzt wird, ist das göttliche Sein äußerlich suspendiert, da aber der ganze Prozeß auf Wiederherstellung des göttlichen Seins geht (wie er denn eben darum auch ein theogonischer genannt worden), und da jene Wiederherstellung in dem Verhältnis geschieht, als die zuerst aus der Einheit herausgetretene Potenz wieder in diese zurückgebracht wird, so verhält sich diese Potenz, um deren Wiederbringung der ganze Prozeß gleichsam sich dreht, die insofern das Substrat, das Hypokeimenon, die Materie des ganzen Gott setzenden Prozesses ist, so verhält sich, sage ich, diese Potenz im ganzen Prozeß als die 'Materie des Gottsetzens, als die eigentlich Gott setzende Materie, ein Begriff, der unter den Abstraktionen der gewöhnlichen Dreieinigkeitslehre (denn überhaupt ist die bisherige Dogmatik durch bloße Abstraktionen von den Aussprüchen der Schrift, nicht durch ein begreifendes Erzeugen oder erschöpfendes Konstruieren der Lehre in ihrer Totalität entstanden) – unter diesen Abstraktionen der gewöhnlichen Dreieinigkeitslehre also mag jener Begriff der Gott setzenden Materie als ein höchst fremdartiger erscheinen; es ist aber vielleicht nicht unmöglich, eben diesen Begriff als einen sogar wörtlich in der Schrift vorkommenden zu behaupten, wie ich denn bei dieser Gelegenheit auch bemerken will, daß sowohl der frühere Ausdruck, indem ich den actus purissimus des göttlichen Seins die ewige Theogonie, den durch Widerstand vermittelten Aktus des göttlichen Seins die auseinandergesetzte, in ihren einzelnen Momenten erkennbare Theogonie, oder auch den theogonischen Prozeß genannt habe, ferner die Verbindung, in welche ich den Begriff theogonisch mit der christlichen Dreieinigkeitslehre setze – selbst dieser Gebrauch des Worts theogonisch ist nicht ohne kirchliche Auktorität. Die insgemein dem Dionysius Areopagita zugeschriebenen Schriften sind zwar wohl insofern untergeschoben, als sie wenigstens von dem Dionysius, der in der Apostelgeschichte erwähnt wird und den Paulus während seines Aufenthalts in Athen bekehrte – als sie von diesem gewiß sich nicht herschreiben, aber sie gehören doch in die ersten Jahrhunderte und sind nicht ohne Einfluß auf die Entwicklung oder wenigstens auf manche Bestimmungen des späteren dogmatischen Lehrbegriffs geblieben. Nun eben dieser Dionysius Areopagita braucht das Wort theogonos theotês; (die gottzeugende Gottheit) von dem Vater; hê theogonos aber, d.h. die gottgezeugte Gottheit ist ihm der Sohn und der Geist.

β Was den Moment der Zeugung betrifft, so habe ich schon bemerkt, daß wenn die Zeugung eigentlich, d.h. als ein wirkliches hinaus- oder außer-sich-Setzen des Sohns, vorgestellt wird, die Zeugung in diesem eigentlichen Sinn sich nur mit der Schöpfung zugleich denken läßt. Der Anfang der Schöpfung ist auch der Anfang der Zeugung des Sohnes. Nun ist aber auch jener Akt oder jenes Wollen, mit dem die Schöpfung anhebt, nicht als ein bloß vorübergehendes, es ist als ein bleibendes, immerwährendes und in diesem Sinn ewiges zu denken. Der Vater setzt nicht etwa einmal oder momentan die Spannung der Potenzen und geht alsdann davon weg, etwa wie der Mensch von einer einmal getanenen Sache weggeht, denn die Potenzen können nie anders aus der Einheit hervortreten, als wie sie das erstemal hervorgetreten sind; Christus sagt ausdrücklich: Mein Vater wirket bis jetzt, ho patêr mou heôs arti ergazetai. Der Akt oder das väterliche Wollen, durch welches die zuvor als möglich ersehene Spannung nun wirklich gesetzt wird, dieses Wollen ist zwar kein voraussetzungsloses, blindes, notwendiges – es ist ein schon vermitteltes Wollen, aber darum doch nicht ein zeitliches, selbst in der Zeit begriffenes oder auf einen Moment eingeschränktes, es ist vielmehr das die Zeit erst einsetzende – Zeit und Ewigkeit selbst erst scheidende – Wollen, das insofern selbst nicht von der Zeit ergriffen sein kann, sondern als das Setzende der Zeit über der Zeit ist und immer über ihr bleibt. Und so wie dieses Wollen, dieser Aktus, ist daher auch die Zeugung eine immerwährende und in diesem Sinn ewige. Ewig, d.h. immerwährend, setzt der Vater die Spannung, und hört nicht auf sie zu setzen, damit ewig, d.h. immerwährend, der Sohn geboren werde, und so eine ewige Freude der Überwindung und des Überwundenwerdens entstehe. In diesem Sinn behaupten wir also selbst eine ewige Zeugung des Sohnes, aber die von den Theologen behauptete ist nicht in diesem Sinn gemeint.

Eine dritte Bemerkung, die ich unter b) noch geben will, betrifft g den Hergang oder das innere Verhältnis der Zeugung.

Zeugung überhaupt wird der Vorgang genannt, in welchem irgend ein Wesen ein anderes von sich unabhängiges, ihm übrigens gleichartiges, nicht unmittelbar als wirklich, wohl aber in die Notwendigkeit setzt sich selbst (proprio actu) zu verwirklichen. Jene absolute Persönlichkeit, die wir uns als den Vater denken, setzt also den Sohn nicht unmittelbar als wirklich, nicht darin besteht die Zeugung, diese geschieht vielmehr dadurch, daß der Sohn (d.h. das was der Sohn sein wird) aus dem ursprünglichen Sein gesetzt, negiert, potentialisiert, und vielmehr als nicht seiend, denn als seiend, gesetzt wird. Aber eben diese Negation setzt ihn, der seinem Wesen nach das rein, aber eben darum das potenzlos, das unvermögend Seiende ist, in die Notwendigkeit, sich zu verwirklichen, also das Entgegenstehende zu überwinden. Die Zeugung besteht vielmehr in einer Ausschließung (exclusio) als in einem Setzen, aber eben dieses Ausschließen gibt das rein Seiende, das, weil es dies ist, sich selbst nicht hat, sich selbst, setzt es als für sich seiende Potenz, und gerade die Negation gibt ihm die Kraft, die es für sich selbst und ohne Vermittlung einer Negation gar nicht finden könnte, die Kraft actu zu sein; actu nämlich kann es nur sein, indem es den ihm entgegenstehenden Aktus (den aktivgewordenen Willen, der eigentlich ruhen, nicht wirken sollte) wieder zur Potenz überwindet, und dadurch sich selbst zum reinen Aktus wiederherstellt, wo es dann nicht mehr bloß das Gezeugte des Vaters ist, sondern – der Sohn (der eigentlichste Ausdruck, der sich für dieses Verhältnis finden läßt).

Diese aus unsern Prinzipien fließende Theorie stimmt aber aufs genaueste mit dem überein, was Christus selbst über das Verhältnis des Vaters zu dem Sohn bei Johannes (5, 26) äußert, wo er sagt: Denn gleichwie der Vater Leben hat in sich selbst ( echei zôên en heautô), so hat er auch dem Sohn gegeben edôke) das Leben zu haben in ihm selbst. »Das Leben in sich selbst« bedeutet eben das Leben als eigne Persönlichkeit. Dieses Leben hat der Vater als ein ungegebenes, ursprüngliches. Er kann – denn das Leben besteht im Können – unmittelbar, was er will, dem Sohn aber muß das Können, die Potenz, erst gegeben werden, denn er ist in sich das Sein ohne alles Können, und insofern ohne alle Macht. Die väterliche Potenz, das an sich Seiende Gottes, ist das unmittelbar sein Könnende, die Potenz des Sohnes aber ist als Potenz, d.h. als Können, nur mittelbar, nämlich nur durch Ausschließung von der ersten zu setzen. Die erste Potenz ist das nur nicht selbstisch Seiende, aber doch selbstisch sein Könnende, diese aber (die Potenz des Sohns) ist eigentlich Nichtpotenz, sie wird erst zur Potenz erhöht, sie ist das für sich selbst schlechthin Unselbstische, gar nicht selbstisch sein Könnende. Das Wesen des Sohns ist, der Wille zu sein, der nicht das Seine sucht. Der Sohn hat gleichsam keinen eignen Willen, sondern sein Wille ist eigentlich nur der in ihn gelegte Wille des Vaters, nämlich der wahre Wille des Vaters, den dieser nicht unmittelbar zeigen kann, und den er daher in die zweite Persönlichkeit, in den Sohn legt. Hieraus eine zweite Eigentlichkeit des Begriffs der Zeugung. Man erfreut sich wohl im menschlichen Leben zwischen Vater und Sohn außer der physischen auch eine moralische Ähnlichkeit zu finden; eine große Beglaubigung der Abkunft sind in vielen Fällen die moralischen Eigentümlichkeiten, die vom Vater auf den Sohn, oder (wie man bemerkt haben will, noch entfernter) vom Ahnherrn auf den Enkel übergehen. Dies ist aber bei menschlichen Abstammungen ungemein vielen Zufällen unterworfen, dagegen ist man berechtigt, in jener Urzeugung, von der erst alle andere sich ableitet, Der Begriff Zeugung ist nicht aus der Natur entlehnt, sondern umgekehrt von dem höchsten aller Verhältnisse ist das, was wir in der Natur Zeugung nennen, nur ein entferntes Bild. Eigentlich ist also die Zeugung in der Natur etwas Bildliches, – nicht aber jene Urzeugung. dieses Verhältnis in der größten Vollkommenheit zu erwarten. Doch findet hier noch das Besondere statt, daß der Vater seinen wahren Willen nicht unmittelbar zeigen kann, daß er unmittelbar nur das Kontrarium, das Wiederspiel von dem, was er eigentlich will, darzulegen vermag, die Nicht-Einheit statt der Einheit, wie dies früher hinlänglich gezeigt worden ist; eben dies legt ihm die Notwendigkeit auf, seinen wahren Willen in den Sohn zu legen, indem er das, was er eigentlich will, nicht unmittelbar, sondern nur mittelbar, also nur durch eine zweite Persönlichkeit erreichen kann, in die er seinen Willen legt. Diese zweite Persönlichkeit (der Sohn) heißt darum eikôn tou theou tou aorôtou, das Bild des unsichtbaren Gottes, 2. Col. 1, 15. d.h. eben des Vaters, der unsichtbar ist, schon darum, weil er selbst nie in den Prozeß eingeht, wie der Sohn allerdings mit in den Prozeß eingeht, während der Vater als absolute Ursache, als der nur die Spannung setzende, selbst außer der Spannung bleibt; der Vater ist aber auch noch in dem besondern Sinn der unsichtbare, daß er seinen wahren Willen verbirgt, dieser wahre Wille wird also nur sichtbar, d.h. offenbar, durch den Sohn, und insofern ist dieser Bild des unsichtbaren Gottes, oder, wie ihn derselbe Apostel anderwärts 3. Hebr. 1, 3. nennt, der Abglanz, der Wiederschein ( apaugasma) des Vaters, der Abdruck seines wahren Wesens. Könnte dieses wahre Wesen des Vaters unmittelbar erscheinen, so bedürfte es keines solchen Abdrucks noch Widerscheins. Diese Ausdrücke wären ganz unangemessen, wenn der Sohn nicht wirklich eine zweite Persönlichkeit, eine Persönlichkeit außer dem Vater wäre. Denn das, worein ein anderes sich reflektieren, widerscheinen soll, muß doch etwas außer dem sich Reflektierenden sein. Darum ist das eigentlich Wirkende in dem Sohn doch nur der Wille, der wahre Wille des Vaters. Nichts wird häufiger wiederholt, als daß der Sohn von sich selbst ( aph' heautou) nichts tun könne, daß er nichts anderes tut, als was der in ihm lebende Vater ihm zeigt ( deiknysin). Joh. 5, 19. 20.

Sie sehen, daß dies alles völlig übereinstimmt mit der Natur derjenigen Potenz, die wir als die zweite in der Schöpfung, als die eigentliche demiurgische, als die, durch welche alles geschieht, erkannt haben. Man wird nicht einwenden können, alle jene Ausdrücke des Neuen Testaments seien von dem schon als Erlöser in die Welt Gekommenen gebraucht und bezögen sich auf das Verhältnis des Menschgewordenen zum Vater. Denn da das Spätere dem Früheren nur analog sein kann, so beziehen sich diese Ausdrücke immerhin ebensowohl auf das ursprüngliche Verhältnis des Sohnes zum Vater.

Sie sehen also daraus, daß unsere Lehre von der All- Einheit und von dem Verhältnis der Potenzen den Schlüssel nicht bloß der Mythologie, sondern auch jener Lehre, aus der das ganze Christentum sich entwickelt hat, und demnach des Christentums selbst enthält.

Nachdem ich nun alles, was in bezug auf den Begriff der Zeugung noch einer Erläuterung zu bedürfen scheinen konnte, erklärt habe, so will ich nun d die Annahme einer ewigen Zeugung des Sohns noch etwas näher beleuchten. Die älteren Theologen nämlich verstehen diese ewige Zeugung nicht in dem Sinn, in welchem wir selbst soeben eine ewige Zeugung behauptet haben; sie verstehen darunter nicht bloß eine Zeugung im Anfang der Zeit, nicht bloß die durch alle Zeit hindurch wirkende, immerwährende, sondern eine Zeugung vor aller Zeit, pro pantôn aiônôn, also auch vor dem Anfang der Zeit, mit Einem Wort, eine absolut-ewige. Es leuchtet aber ein, daß eine ewige Zeugung in diesem Sinne auch nur eine aus der Natur Gottes selbst folgende sein könnte. Vor allem Willen, durch die bloße Notwendigkeit seines Gottseins würde Gott, inwiefern er der bloß an sich seiende ist, sich in einer zweiten Gestalt als den für sich selbst seienden setzen, und wenn man das Wort zeugen nicht im genaueren, sondern in einem weiteren Sinn nehmen wollte, könnte man etwa sagen: durch die bloße Notwendigkeit seiner Natur wird Gott, wenn er als der an sich seiende bestimmt ist, wie er denn unmittelbar nur als dieser gedacht werden kann – der so gedachte also wird vor allem Wollen, vor aller Tat durch die bloße Notwendigkeit seiner Natur sich in einer zweiten Gestalt setzen oder zeugen als den für sich seienden. Wie gesagt aber wäre dabei das Wort zeugen in einem weiteren Sinn genommen, wie die Theologen insofern selbst anerkennen, als sie die Erklärung aufstellen: gignere est naturae, creare voluntatis. Der Sohn wird gezeugt vermöge der bloßen Natur des Vaters (ohne Willen, willenlos), die Kreatur dagegen wird erschaffen, d.h. nur mit Willen gesetzt. Aus dieser Entgegensetzung von gignere und creare ist klar, warum die älteren Theologen diesen Wert auf den Begriff einer ewigen Zeugung legten. Bekanntlich wollte Arius den Sohn als ein Geschöpf, zwar als das erste, Gott nächste und unmittelbarste, aber doch als Geschöpf angesehen wissen. Darum mußten alsdann die Rechtgläubigen sagen, der Sohn sei von dem Vater nicht wollend, wie die Kreatur, hervorgebracht, sondern necessitate naturae gezeugt. Damit ist aber der Begriff der Zeugung selbst wesentlich verändert, denn es ist nicht wahr, was sie sagen: gignere est naturae, wenigstens nicht merae naturae, die Spontaneität läßt sich nicht absolut von dem Begriff ausschließen; der Wille ist zwar nur –, aber er ist doch das notwendige Antezedens, der Effekt ist nicht die bloße Folge des Willens, sondern einer an den Willen sich anknüpfenden natürlichen Notwendigkeit. Aber eben daraus ergibt sich, daß in dem wahren und eigentlichen Begriff der Zeugung beides, Wille und Notwendigkeit, verknüpft sind. Die ewige Zeugung wird daher auf jeden Fall nur in einem uneigentlichen Sinn behauptet, und doch sagen dieselben Theologen, die Zeugung des Sohnes sei nicht eine bloß uneigentliche und metaphorische, sondern eine eigentliche. Da nun aber dieser ganze Begriff aufgestellt worden im Gedräng des Streites gegen eine Meinung, welche wir durch ganz andere Mittel beseitigen können (die Geschöpflichkeit des Sohns), so verliert dieser Begriff (der Begriff einer ewigen Zeugung im strengen Sinn) seine Wichtigkeit, wie er denn auch seit geraumer Zeit schon selbst von den übrigens strengsten und rechtgläubigsten Theologen aufgegeben ist.

Man muß eine besondere Liebhaberei für die extremsten Bestimmungen oder für Antiquitäten haben, um auf einem solchen Begriff zu bestehen, der weder ein an sich notwendiger ist, noch einen wahren Grund in dem N. T. hat. Was wirkliche Behauptung des N. T. ist, kann aus unsern Prinzipien vollkommen erklärt werden. Notwendig zu behaupten ist 1. ein ewiges Sein des Sohns dem Wesen nach. In diesem Sinn sagt Johannes von dem Logos: ho logos theos ên, er war Gott, theos, nicht ho theos; (denn er war Gott nicht für sich, sondern mit den andern Gestalten, ho theos; bezeichnet immer den ganzen, der seinesgleichen nicht hat), wohl aber war er Gott, theos. Hierbei aber ist der Begriff der Zeugung nicht anwendbar. Denn das Gezeugte muß außer dem Zeugenden sein. In jener ewigen, aller Zeit zuvorkommenden Einheit ist aber das Wesen des Sohns nur begriffen in dem göttlichen Leben, es ist noch nicht einmal als Potenz gesetzt, sondern selbst noch reiner Aktus und verschlungen in den actus purissimus des göttlichen Lebens, begriffen in diesem, den wir selbst eine ewige Theogonie genannt haben, aber eben, weil dieser actus purissimus die ewige Theogonie selbst ist, so kann er nicht insbesondere als Zeugung des Sohns bestimmt werden. Was ferner und 2. notwendig zu behaupten ist, aber auch aus unserer Voraussetzung sich vollkommen erklären läßt, ist, daß der Sohn von Ewigkeit von dem Vater auch als Sohn erkannt, und insofern von Ewigkeit für den Vater und in dem Vater auch als Sohn da ist. Gerade nur dieses und nicht mehr ist im Neuen Testament ausgedrückt, wie ich nun durch einige Stellen beweisen will.

Der Apostel Petrus (1, 1, 20) sagt von Christus, er sei proegnôsmenos men pro katabolês kosmou, phanerôtheis de ep' eschatôn tôn chronôn er sei voraus erkannt vor Grundlegung der Welt (nicht aber, er sei vor Grundlegung der Welt gezeugt), geoffenbart aber erst in den letzten Zeiten. In andern Stellen, besonders des Apostels Paulus, wird ebensowenig von einer ewigen Zeugung, wohl aber von einem ewigen Vorsatz gesprochen, den der Vater in dem Sohn gefaßt habe, indem er die Welt oder das außergöttliche Sein nur in dem Sohn, nur insofern wollen konnte, als er den Sohn hatte, dem er es unterwerfen, dem er es zur Beherrschung übergeben konnte. So spricht derselbe Apostel im Brief an die Epheser (3,9) von dem Geheimnis, das seit Weltzeiten in Gott verborgen gewesen, nun aber offenbar geworden sei, nämlich von der Absicht der Wiederbringung alles Seins durch Christum, welche Absicht er einen in Christo gefaßten ewigen Vorsatz (eine prothesis), nicht aber eine ewige Zeugung nennt. Ebenso spricht er im zweiten Brief an Timotheum (1, 9) von einem vor den Weltzeiten gefaßten Vorsatz, in Christo uns zu begnadigen, nirgends aber von einer Zeugung von Ewigkeit. Die einzige Stelle, welche man sonst für die ewige Zeugung anzuführen pflegte, ist die bekannte Stelle des Psalms, welche der Apostel Paulus (Act. 13, 33) auf den Messias anwendet: Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Man sagte nämlich, die Ewigkeit ist ein ewiges Heute, ein ewiges Sein, eine ewige Gegenwart ohne Vergangenheit und ohne Zeit – heute heißt also: in der Ewigkeit. Dies ist aber eine ganz willkürliche Deutung; nirgends sonst wird die Ewigkeit durch das Wort »heute« angezeigt. Wollte man das Wort in einem ungewöhnlicheren Sinn nehmen, so wäre bei weitem natürlicher zu sagen: heute bedeute überhaupt die gegenwärtige Zeit; die gegenwärtige Zeit ist aber eben die von der Schöpfung an laufende. Demnach würde jenes Wort soviel heißen: Heute, d.h. mit dem Anfang der gegenwärtigen Weltzeit, habe ich dich gezeugt, aus mir hinausgesetzt. Wenn man aber den Zusammenhang genauer untersucht, in welchem der Apostel jene Worte auf Christum anwendet, so ergibt sich eine noch nähere und einfachere Erklärung. Der Apostel spricht dort von der Auferweckung und Auferstehung Christi. Der Tag der Auferstehung ist aber nach der allgemeinen Überzeugung der Apostel eben der Tag, an welchem der Messias auch als Sohn Gottes erklärt worden (Röm. 1, 4). Dieser Tag war der große Tag Christi, den er wahrscheinlich auch selbst meint, wenn er sagt: Abraham sehnte sich, meinen Tag zu sehen. Der Sinn jener Rede, in der Anwendung, welche der Apostel davon macht, ist also offenbar dieser: Heute habe ich dich gezeugt – man muß den Nachdruck auf das Perfektum legen – heute kann ich sagen, daß ich dich gezeugt habe, d.h. heute bist du als der Sohn auch äußerlich, öffentlich erklärt.

Nach diesen Erklärungen kann sich also der Begriff der Zeugung des Sohns nicht auf das ewige Sein des Sohns im Vater, sondern nur auf sein Sein außer dem Vater beziehen. Dieses Sein außer dem Vater kann nun aber nicht eher gedacht werden, als bis überhaupt etwas außer (praeter) dem Vater ist, d.h. es kann erst gedacht werden mit der Schöpfung. Der Anfang der Schöpfung ist also auch der Moment der Zeugung, d.h. des aus sich Hinaussetzens des Sohns. Diese Ansicht wird nun aber noch außerdem durch einen ganz positiven und meines Erachtens keinen Zweifel zulassenden Ausspruch desselben Apostels völlig bestätigt, der eben da, wo er den Sohn das Bild des unsichtbaren Gottes nennt (Col. 1, 15), ihn auch prôtotokos pasês ktiseôs, den Erstgebornen aller Kreatur, nennt. Es kann freilich daraus nicht etwa mit Arius geschlossen werden, daß der Sohn selbst bloß Geschöpf sei. Denn 1. nach den Begriffen des Morgenländers ist der Erstgeborene keineswegs den nachgeborenen Brüdern gleich, sondern über sie erhoben, ihr Herr. In dem prôtotokos liegt also zugleich, daß Christus der Herr alles Geschöpfs ist; er ist der wahre Erbe, d.h. er ist der, den der Vater als Herrn über alles Sein und damit über alle Kreatur eingesetzt hat. Aber so viel liegt doch in jenem Ausdruck, daß der Sohn nicht eher gezeugt ist, als indem auch das gesetzt ist, worüber er zum Herrn gesetzt, worüber ihm die Herrschaft gegeben wird. Wäre der Sinn: Er ist vor allem erschaffen, so müßte es heißen: prôtoktistos. So aber heißt es: er ist vor allem Erschaffenen erzeugt, denn sollte etwas erschaffen werden, so mußte zuerst der sein, durch den alles erschaffen wird, er selbst aber konnte nicht geschaffen, nur gezeugt werden. Aber dieser Ausdruck zeigt doch, daß er nur eben vor der Kreatur gezeugt ist, als archê tês ktiseôs tou theou (Apoc. 3, 14). Denn für eine (absolut-) ewige Zeugung wäre (menschlich zu reden), da in der Ewigkeit noch von gar keiner Kreatur die Rede ist, das prôtotokos pasês ktiseôs; zu wenig. Eine ewige Zeugung im strengen Sinn ist überhaupt eine contradictio in adjecto. Denn keine Zeugung, die nicht ein relatives non esse voraussetzt. Ewig aber ist nur ein esse ohne vorangegangenes non esse. Das folgt also nicht, daß er ein Geschöpf, aber das liegt unwidersprechlich in jener Stelle, daß dieses sein abgesondertes Dasein, in welchem er Bild ( eikôn), Reflex des unsichtbaren Gottes und also von diesem wirklich unterschieden ist, daß dieses Dasein sich erst von der Schöpfung herschreibt. Wie entscheidend diese Stelle sei, erhellt am besten daraus, daß es Theologen gegeben hat, welche, um dieser Folgerung zu entgehen, vorgeschlagen haben, statt prôtotokos; mit Veränderung des Akzents auszusprechen: prôtotokos pasês ktiseôs, wo dann der Sinn wäre: erster Erzeuger aller Kreatur. Allein das Wort prôtotokos, wie es im Griechischen überhaupt ein abenteuerliches Wort ist, das höchstens etwa bei Orphikern vorkommt, ist vollends ein dem Sprachgebrauch des N. T. völlig fremdes, in welchem dagegen prôtotokos ein insbesondere von Paulus öfters angewendetes ist, wie es denn unmittelbar nach der angeführten Stelle wieder vorkommt, wo Christus in bezug auf die Auferstehung prôtotokos ek tôn nekrôn heißt. Das Wort an dieser Stelle schützt also dasselbe Wort auch an der ersten, besonders wenn man bemerkt hat, wie der Apostel auch sonst ein ausgezeichnetes Wort, das er soeben gebraucht hat, gern bald nachher wieder anwendet.

Ich bitte Sie nun, folgendes als bewiesen festzuhalten: 1. Das Wesen dessen, was das N. T. den Sohn nennt, ist ewig in Gott und als verschlungen in den actus purissimus des göttlichen Lebens selbst mit Gott, theos. Seinem Wesen nach hat der Sohn nicht angefangen. Daraus folgt aber nicht, daß er nicht einem andern Sein nach (als Potenz) angefangen. 2. Von da an, daß der Vater an den eignen Gestalten seines Seins die Möglichkeit eines anderen Seins erblickt, oder von da an, daß ihm diese Gestalten als Potenzen erscheinen, d.h. also von Ewigkeit, von da an, daß er Vater ist, stellt sich ihm auch die zweite Potenz als der künftige Sohn dar, er hat also in ihr schon den künftigen Sohn, den er in ihr voraus erkennt, und in dem er eigentlich allein den Vorsatz zur Welt faßt. Deswegen sagt Paulus auch: In ihm ist alles erschaffen (Col. 1, 16). Aber hier ist der Sohn nur erst in dem Vater, noch nicht ausgegangen vom Vater; aber 3. auch außer (praeter) dem Vater – zunächst als Potenz – ist er erst gesetzt mit dem Anfang der Schöpfung, wirklicher Sohn aber ist er erst, nachdem er sich durch Überwindung des Entgegenstehenden verwirklicht hat, also am Ende der Schöpfung; als Sohn äußerlich (vor der Welt) erklärt sogar erst in einem noch späteren Moment.

Diejenigen, die meine früheren Vorlesungen über Mythologie gehört haben, werden es ganz natürlich finden, daß ich wenigstens denselben Fleiß, den ich in jenen der Dionysologie gewidmet habe, hier in den Vorträgen über Philosophie der Offenbarung auch auf die Christologie wende. Nachdem nun aber dieses alles, wie ich hoffe, ins Klare gesetzt ist, gehe ich zu einer neuen Erläuterung fort, die übrigens nur die notwendige Folge unserer ganzen Erklärung ist.

Keine Zeugung läßt sich denken ohne ein Ausschließen des Gezeugten, es wird ausgeschlossen von einem andern Leben, an dem es bis jetzt teil hatte, in das es verschlungen war, aber eben dadurch wird ihm ein eignes Leben, und eben dadurch wird es in die Notwendigkeit gesetzt, dieses eigne Leben und damit sich selbst zu verwirklichen. Die zweite Gestalt des göttlichen Seins bekommt also damit, daß sie aus diesem Sein gesetzt wird, die Möglichkeit in sich eine besondere Persönlichkeit zu sein; die conditio sine qua non ihres eine besondere und zwar göttliche Persönlichkeit Seins ist die Ausschließung vom göttlichen Sein. Deutlicher: sie kann jene besondere Gottheit nur erlangen, indem sie zuerst außer Gott (praeter Deum) oder außer ihrer Gottheit, die für sie früher keine besondere war, indem sie außer dieser gesetzt, und demnach soweit als nicht Gott gesetzt wird. Als Potenz gesetzt ist sie nicht schlechthin nicht Gott, nämlich auch der Materie oder Möglichkeit nach.. – Die zweite Potenz, wenn sie als solche herausgesetzt wird, ist nun bloß diese, sie ist nicht zugleich auch die erste, denn diese ist vielmehr, die sie ausschließt, und sie ist nicht zugleich auch die dritte: nun ist aber in keiner Potenz für sich, sondern nur in der Alleinheit ist die Gottheit. Also ist die für sich herausgesetzte zweite Potenz nicht Gott zu nennen; wohl aber stellt sie sich in die Gottheit wieder her, wenn sie die erste und die dritte Potenz wieder zu sich, d.h. also, wenn sie die Einheit wiederhergestellt hat – am Ende der Schöpfung, und da sie hier durch Überwindung des entgegenstehenden Seins sich ebenso zum Herrn dieses Seins gemacht hat, wie es ursprünglich nur der Vater war, so ist sie nun ebenso Persönlichkeit wie der Vater zuvor schon Persönlichkeit war, sie ist der Sohn, der von gleicher Herrlichkeit mit dem Vater ist. Aber eben dies gilt notwendig von der dritten Potenz, welche dann, wenn durch die Wirkung der zweiten das außer sich Seiende ganz überwunden und zur Exspiration gebracht ist, auch wieder in das Sein eingesetzt wird. Sie ist nun als die das überwundene schließlich besitzende und beherrschende Macht nicht weniger Herr des Seins, also Persönlichkeit, und sie ist Herr eben desselben Seins, dessen Herr auch der Sohn und der Vater ist, also sie ist der des Vaters und der des Sohns ganz gleichherrliche Persönlichkeit.

Es ist nur eine Folge unserer früheren Explikation, daß in der durch den Willen des Vaters gesetzten Spannung auch die dritte Gestalt des göttlichen Seins in potentialisierten Zustand gesetzt ist; doch ist sie nicht unmittelbar wie der Sohn, sondern nur mittelbar negiert, auch kann sie sich nicht unmittelbar durch eignes Wirken wie dieser in das Sein wiederherstellen, sondern nur durch den Sohn ist ihr das Sein vermittelt, aber eben darum ist die dritte Potenz der Trieb, das Antreibende der ganzen Bewegung (als solcher erscheint sie auch infolge der späteren, noch. höheren Vermittlung. Die Propheten, sagt der Apostel Petrus, werden getrieben von dem heiligen Geist; er ist es, der zu der göttlichen Geburt, d.h. zu der Wiederherstellung des göttlichen Seins, auch den einzelnen Menschen antreibt). Der Geist ist nicht das unmittelbar Wirkende, sondern er ist nur das Durchwirkende, wie wir ihn denn als dieses auch in der Natur erkennen, und wie in allem, was als Zweckmäßigkeit in der Natur erscheint, was auf ein bestimmtes Ziel, einen bestimmten Zweck in der Natur hindrängt, die Wirkung, gleichsam der Hauch dieser dritten Potenz ersehen wird. Denn auch der Geist ist von zweien Seiten zu betrachten. In der Spannung oder während des Prozesses ist er demiurgische Potenz, wie der Sohn; in der Wiederherstellung aber göttliche Persönlichkeit. Von dem Geist als kosmischer Potenz kommt alles her, was in der Natur selbst, mitten in dem Reich der Notwendigkeit, Freiheit oder ein freies Wollen, also ein Prinzip ankündigt – das Tier kann, was es will – nicht nur die Freiheit, die in den Bewegungen wie in den Handlungen des Tiers, z.B. dem Gesang der Vögel, der offenbar Variationen zuläßt, gleichsam als spielend erscheint, sondern auch die Freiheit, welche in der unergründlichen Mannigfaltigkeit der Farben, Formen und Gestalten der Geschöpfe spielt, d.h. nach Lust, Neigung, ja mit Willkür und Laune verfährt; denn noch ist es keinem Naturforscher gelungen, und wird auch keinem je gelingen, jene Kette zwischen den Naturwesen zu entdecken, die keine Lücke, keinen Sprung zuließe. – In der wiederhergestellten Einheit also tritt auch die Potenz des Geistes in die Gottheit zurück, und zwar in einer eignen, infolge der Überwindung des außer sich Seienden, also durch den Sohn ihr vermittelten Persönlichkeit. Und so sind wir denn zu dem Punkt unserer Entwicklung gelangt, wo wir sagen können, daß nun wirklich drei göttliche Persönlichkeiten und doch nur Ein Gott gesetzt ist, oder genauer zu dem Punkt, wo die ganze Gottheit in drei voneinander unterschiedenen Persönlichkeiten verwirklicht ist. Es sind drei Persönlichkeiten, die ebensowenig drei verschiedene Götter als bloß drei verschiedene Namen einer und derselben absoluten Persönlichkeit sind. Nicht drei verschiedene Götter; denn das Wesentliche oder Substantielle ist in ihnen allen dasselbe; der Vater z. B., der mit in dem Sohn begriffen ist, ist kein anderer und zweiter, sondern derselbe Vater, der auch hinwiederum den Sohn begreift, und umgekehrt. Und doch sind es auch nicht bloß drei verschiedene Namen. Dies ist nämlich dadurch verhindert, daß während des Prozesses jede der drei Potenzen eine für sich seiende war, die drei Potenzen eine wirkliche Mehrheit waren, daher nun auch jedes als ein Besonderes in die Einheit zurücktritt, die erste Potenz als die überwundene, negierte, in ihrer Überwindung Gott setzende, die zweite und die dritte als die durch Überwindung der ersten verwirklichten, zu Persönlichkeiten erhobenen (in der Spannung waren sie nur potentiâ Persönlichkeiten), dem Vater gleichen.

Ich füge noch Eine Bemerkung bei, die sich ebenfalls aus der bisherigen Entwicklung ergibt. Ich habe nämlich schon gesagt, jene potentia existendi, die der Vater in sich, in dem an sich Seienden seines Wesens findet, sei nur die zeugende Kraft des Vaters. Sie ist auch indem Sinn nicht der Vater, sondern nur die Potenz des Vaters, daß er ja im Anfang, sowie im Fortgang des Prozesses noch nicht wirklicher Vater ist; wirklicher Vater ist er erst in und mit dem verwirklichten Sohn, dieser aber ist als solcher erst verwirklicht in dem völlig überwundenen, in sein An-sich zurückgebrachten außer-sich-Seienden, also am Ende des Prozesses. Der Vater und der Sohn kommen daher miteinander zur Verwirklichung; ehe der Sohn da ist, ist der Vater nur der unsichtbare, d.h. der wirkende zwar, aber nicht verwirklichte, auch er ist erst in dem völlig unterworfenen außer-sich-Seienden verwirklicht. Der Sohn verwirklicht den Vater als solchen, wie der Vater ihm gegeben, sich selbst zu verwirklichen. Es erklärt sich schon hier, was Christus einmal sagt: Joh. 14, 23. Wer mich liebt, den wird mein Vater auch lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen, monên par' autô poiêsomen – bei ihm bleiben, ihm einwohnen, in ihm ruhen, so daß er selbst ruht, nicht wieder dem Prozeß anheimfällt ( Sie wissen schon aus früheren Vorträgen, welchem Prozeß der Mensch anheimfällt, wenn er die in ihm gesetzte göttliche Einheit wieder aufhebt). –

Mit den Persönlichkeiten erhebt sich unsere Betrachtung auf eine höhere Stufe, ja, wir können sagen, in eine andere Welt. In den Potenzen, solange diese in Spannung sind, sehen wir nur die natürliche Seite des Prozesses (wir sehen ihn nur als Entstehungsprozeß des Konkreten). Mit den Persönlichkeiten eröffnet sich eine andere Welt, die des Göttlichen als solchen, und eben damit erscheint auch erst die höhere, nämlich die göttliche Bedeutung des Prozesses. In Ansehung der Gottheit nämlich hat er diesen Sinn, daß das Sein, welches ursprünglich nur bei dem Vater ist, der es als bloße Möglichkeit besitzt, daß dieses Sein dem Sohn gegeben und ebenso dem Geist gemein gemacht werde, denn dem Sohn ist das Sein vom Vater, dem Geist aber vom Vater und Sohn gegeben, der Geist besitzt nur das dem Vater und Sohn gemeinschaftliche Sein, d.h. das schon wieder überwundene und durch den Sohn zum Vater zurückgebrachte Sein.

Auf diese Weise wird durch den Prozeß die vollständige Verwirklichung, also Manifestation der Gottheit – der in ihr ewig schon gesetzten Verhältnisse – erzielt. Nur so ist das Wort theogonisch in bezug auf Gott selbst zu nehmen.

(vgl. Schelling-W Bd. 3, S. 737 ff.)


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