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Er ist ein Narr.

Ihr leute gebt mir doch geschrieben /
Daß ich eyn ertz-fantaste bin /
Und sollte mir es nicht belieben /
So bringt mich mit gewallt dahin /
Daß ich die thorheit zum Beschluß
Vor aller welt bekennen muß.

Ich höre nichts mit meinen ohren /
Ich bin mit sehnden Augen blind /
Der mund hatt allen schmack verlohren /
Die fäuste sind nicht / wo sie sind /
Die nase reucht / und hat gleichwohl /
Den schnuppen / wann sie riechen sol.

Dem schedel fehlt ein großer sparren /
Das häubt ist wie ein tauben-hauß /
Da fliegen mier die jungen narren
Bald vornen nein / bald hinten naus;
Doch auf den abend ziehn sie hier
Zusammen wieder ins quartier.

Wollt ihr ein Cläußgen bauen lassen/
darein ich mich versperren kan /
So hetzt die kinder auff der straßen
Mit hund und katzen auff mich an /
Und legt mier alle nahmen zu /
Biß ich nicht mehr so närrisch tu.

Verbrämt mier nur den kopf mit schellen /
Und setzt mier eynen fuchs-schwantz auff /
Wollt ihr mir eynen huth bestellen /
So flickt mir auch eyn küh-horn drauff /
Und gebt mir an des sebels statt
Ein holtz / das keine scheide hat

Besetzt mein kleyd mit bunten flecken /
Und macht mirs band von Bohnenstroh /
Und schreibt mir an auff allen ecken:
Diß ist eyn narr in folio;
Worfern ich bey dem narren-spiel
Nicht zum erkenntnuß kommen wil.

Doch nein / ich wil nun anders werden /
Ich mag keyn pickel-häring seyn /
Ich stelle mich nur an geberden /
Bißweilen närrisch auff den schein;
Drum lieber / was verlachst du mich?
Eyn jeder ist eyn narr vor sich.

Weise.

Der zauberische Student.

Ein armer Student pflegte öffters / insonderheit gegen die hohen Feste / nach Hause zu reisen. Gleichwie er aber auf des Schusters Rappen ritte / so richtete derselbe seine Reise dergestalt ein / daß er allemal den andern Abend zu einer Mühle kam / allwo ihm der Müller nicht nur ein freyes Nacht-Lager vergönnet / sondern solchen auch mit einer guten Abend-Mahlzeit bewirthete / wovor ihm der Student / zur Danckbarkeit / allerhand neue Zeitungen / so theils wahr / teils von ihm selbst erdichtet gewesen / erzehlete.

Einstmals aber fügete es sich / daß der Student um die Weyhnachts-Zeit / und sehr üblen Wetter / des Abends ungefähr um 8 Uhr / da es Stockfinster gewesen / zur Mühle kam und anklopffete.

Darauf trat die Müllerin heraus zu sehen / wer da wäre / und ward von dem Studenten um das Nacht-Qvartier angesprochen.

Mein Freund! sprach dieselbe zu ihm / Es ist vorjetzo mein Mann nicht zu Hause / und ich darff mich nicht unterstehen / in seiner Abwesenheit jemand zu beherbergen / wannenhero ihr es euch gefallen lassen müsset / vollends hinauf in das Dorff zu spatzieren / woselbst ihr in der Schencke Platz genug finden werdet. Hernach schloß sie die Thüre wieder zu / und der Student mochte bitten wie sehr daß er wollte / so war die Müllerin dennoch nicht zu bewegen / dem Studenten ein Nacht-Lager zu verstatten.

Was vor ein Geheimniß stecket doch hinter dieser Härtigkeit? Gedachte dieser in seinem Sinn; und indem er seine Reflexiones darüber machete / näherte er sich dem Fenster-Laden / welcher in der Mitte einen starcken Ritz hatte.

Durch solchen zu gucken / trieb ihn sein Vorwitz; da er dann den Schulmeister aus dem Dorffe erblickete / mit dem die Müllerin am Tische saß / auf welchem ein schöner Braten / nebst einem gesottenen Karffen stunde / dergestalt / daß sich beyde ein gutes Müthgen / in Abwesenheit des Müllers macheten / auch vielmals einander umarmeten / herzeten und küsseten.

Während der Zeit nun / als der Student dieser verliebten Mahlzeit zusahe / kam der Müller in der Finsterniß daher geritten / und schrie mit starcker Stimme: Holla Frau! Licht heraus!

Eine solche plötzliche Wiederkunfft des Müllers / wird sich sonder Zweiffel seine Frau gar nicht versehen / sondern gemeinet haben / er würde die Nacht über außen bleiben / sie hingegen in denen Armen ihres geliebten Schulmeisters schlaffen können. Dannenhero erschracken beyde Verliebte hefftig / und eine geschwinde Resolution muste ergriffen seyn / wie sich dieselbe aus dem verwirrten Handel helffen möchten.

Gleichwohl konnte es so eilig nicht geschehen / daß nicht der Müller noch etliche mal hätte ruffen / und dabey seiner Frau viel Ungemach auf den Hals wünschen sollen / weil sie ihn so lange warten ließ.

Mitlerweile hielte sich der Student gantz stille / und observirete / mit großer Aufmercksamkeit / was in der Stube passirete. Demnach ward er gewahr / daß sich der Schulmeister / vor Angst unter einen / in der Stube liegenden / großen Back-Trog versteckete / die Speisen aber auf den Ofen gesetzet wurden.

Als nun endlich die Müllerin mit dem Licht heraus kam und die Thüre öffnete; auch gegen den Mann ihre falschen Excusen / wegen des langen Verweilens / gemachet hatte / trat der Student gleichfalls herzu und bot dem Müller einen guten Abend / worauf der Müller sprach: Ey! großen Danck mein lieber Herr! Seyd willkommen! Aber wo kommt ihr doch ietzo in dem garstigen Wetter / und bey so finsterer Nacht her?

Eben der garstige Weg und Wetter haben es verursachet / daß ich so späte anlange / antwortete der Student. Aber ich hoffe / fuhr derselbe fort / ihr werdet mir eure gewöhnliche Höflichkeit / in Verstattung eines Nacht-Quartiers wiederfahren lassen; darauf der Müller versetzte: Von Hertzen gerne; und sie giengen mit einander in die Stube / da inzwischen die Frau den Knecht / welcher / nebst der Magd / in einer weit hinten in der Mühle gelegenen Stube gestecket / wo man / vor den Geräusch des Mühlen-Wassers nicht hören können / was vorne passiret / geruffen / den an dem Hause angebundenen Esel in den Stall zu bringen.

Nachdem sich der Müller nebst dem Studenten in der Stube niedergesetzet / hub jener an und sagte:

Ja mein lieber Herr! Ich glaube daß heute bey mir nicht viel zum besten seyn wird: Denn meine Frau ist diesen Abend meiner nicht gewärtig gewesen. Hernach adressierte er seine Worte an die Frau zu fragen / was vorhanden wäre? und bekam zur Antwort: Nichts / als was wir gemeiniglich im Hause haben / nemlich Butter, Käß, Brod und ein Trunck Bier.

So gieb dann her was du hast / erwiederte ihr Mann / und sprach anbey zum Studenten: Ihr werdet vorlieb mit mir nehmen / mein Herr! Ein andermahl hingegen soll ersetzet werden / was heute ermangelt; worauf dieser der Höflichkeit gemäß antwortete; allein die Müllerin gab ihm ein sehr unfreundliches Gesichte.

Als sie nun mit einander im Begriff waren ihren Käß / Butter und Brod zu essen / auch ein paar mal getruncken hatten / fragte der Müller / was gutes neues in der Welt passirete / und ob sich nichts sonderliches auf der Universität ereignet hätte? Nach dieser Frage fieng der Student an / allerhand erstaunens-würdige Dinge und Begebenheiten zu erzehlen / sagte auch endlich / was maßen er binnen der Zeit / da er ihn nicht gesehen habe / hexen lernen.

Darauf versetzte der Müller: Vom Hexen / mein lieber Herr! habe ich zwar viel gehöret / möchte aber auch einmal gerne eine Probe davon sehen.

Wohlan! ich bin bereit sie abzulegen / erwiderte der Student. Alsdann stund er unverzüglich auf und sprach:

Hox, Box, nebst noch etlichen andern seltsam klingenden Worten mehr / nach deren Aussprechung derselbe einen Braten von seinem Geist verlangte / auch eiligst nach dem Kachel-Ofen zulief / und solchen von dannen herunter zog / ihn auf den Tisch setzete / und den Müller invitirte davon zu essen.

Darüber erstaunte dieser Anfangs sehr und fragte / ob auch wohl dieses ein wahrer Braten seyn könnte? Allermassen er gehöret / daß der Teufel aus Kuh-Mist / oder anderm Unflat / dergleichen Dinge mache / und damit die Hexen und Hexenmeister regalire. Allein nach / vom Studenten wiederholter Versicherung / daß davon gut zu essen wäre / auch weil dieser sich nicht scheuete mit starckem Appetit davon zu essen / fieng derselbe an erstlich den Braten zu beriechen / hernach ein wenig davon zu kosten / letzlich aber ein Stücke nach dem andern herunter zu schneiden und in seinen Magen zu transportiren.

Auf den Braten folgete der Karpffen / mit welchem der Müller und der Student / eben so unbarmhertzig umgiengen wie mit dem Braten. Die Müllerin betreffende / sähe dieselbe der gantzen Comedie in Zittern und Beben zu.

Ihr Mann nöthigte sie vielmals / sie solte von denen gehexten Speisen etwas versuchen / weil sie gantz gewiß gut wären; allein es war ihr der Appetit zum Essen vergangen / und derselben verlangte nur zu wissen / wie sich der Handel endigen würde.

Letzlich rühmete sich auch der Student / er könne den Teuffel bannen und fragte den Müller / ob er wohl Lust hätte ihn zu sehen? Hierauf sagte dieser / wie er zwar darzu disponiret wäre; jedoch er möchte gerne zuvor versichert seyn / daß ihm derselbe nichts thun / auch nicht im Hause bleiben würde.

Solches versprach der Student hoch und theuer. Hernach stund er auf / murmelte etliche Worte her und gab vor / er hätte ihn nun schon unter den Back-Trog practiciret.

Alsdann öffnete derselbe die Stuben- und Haus-Thüre / schlug dreymal starck mit dem Stock auf den Back-Trog und sprach:

Du Satan / der du hier unter diesen Back-Trog steckest / dir befehle ich / daß du dich unverzüglich von hinnen packest / oder es soll deiner übel gewartet werden!

Gleichwie nun der Schulmeister bereits / die gantze Comoedie durch ziemlich vor Angst geschwitzet hatte: also erwartete er den Befehl nicht zum zweyten mal / sondern kroche unter dem Back-Trog hervor / und wanderte mit starcken Schritten zu denen Thüren hinaus.

Als der Back-Trog anfieng lebendig zu werden / entsetzete sich der Müller hefftig und er ward gleichsam in einen Stein verwandelt / da er einen schwartzen Mann hervor kommen sahe.

Gleichwohl behielt er noch so viel Kräffte übrig / daß er sich ein wenig creutzigen und seegnen kunte / wie die Leute zu thun pflegen / wann sie etwas Böses zu sehen vermeinen.

Nachdem derselbe aber von seinem großen Schrecken wieder zu sich selbst gekommen war / schlug er seine Hände zusammen seuffzete und sagte: Hilff Himmel! wie siehet doch der häßliche Satan unsern lieben Schulmeister so gleich!

Also ward aus diesem delicaten Handel die lustigste Comoedie gemachet / da sonsten / wann der Student unbescheiden verfahren wäre / die kläglichste Tragoedie daraus hätte werden können.

Die drey Liebhaber.

Drey Herrchen liebten eyne Schoene /
Und stürmten auff ihr iunges Hertz;
Doch Schwur / Geschencke / Seuftzer / Töne /
Sah / hörte sie / und hielts für Schertz.
Die Liebe kam / den Stoltz zu beugen /
Sie ward gantz plötzlich schwer verletzt.

Hier wollten nun die Buhler zeigen /
Wie starck sie sie in Glut gesetzt.
Der erste sinkt mit bleichen Wangen

Fast halb entseelt aufs Cannapee.
Der andre will den Mörder fangen /
Und Fluch und Dräun bezeugt sein Weh.

Der dritte eilt / sie zu verbinden /
Mit einem mitleids-vollen Blik.

Wer wird den Weg zum Hertzen finden?
Wem grünt / begehrt / sein Liebesglück?
Was fragt man wol? Der sie verbunden /
Der zu dem Hertz am nechsten war.
Ihr / die ihr liebt / eilt ia zun Wunden /
Sind eure Schoenen in Gefahr.

Weltkunst »1637«.

Anders seyn und anders scheinen:
Anders reden / anders meynen:
Alles loben / alles tragen /
Immer heucheln und nichts wagen /
Allen Winden Segel geben /
Böß- und Guten dienstbar leben.
Alles Thun und alles Tichten
Bloß auf eygnen Nutzen richten:
Wer sich dessen will befleißen /
Der kann heut Politisch heißen.

Logau.

Liebnarren.

Die ersten: Sie seynd die jenigen / welche eine Persohn gleichwohl mit ernst lieben / aber von wegen einer schlechten widerwärtigkeit oder bösen Zungen sobald nachlassen und sich wie das Glück wenden. Das Frauenzimmer solte sich umb solche Fantasten nicht kümmern und sie lassen lauffen.

Die anderen: Wann solche Lappen eine sehen / die ihnen ins Hirn schlegt / so fahen sie an zu wüten / und müssen sie im Huy / auffs aller bäldigst zur Ehe haben. Wann sie über 6 oder 8 tag hernacher etwann ein andere ersehen / so jnen besser gefelt / alsdann ist die erste Lieb auß.

Derwegen gehört solchen Rotzlöffeln und leichtsinnigen Vögeln / daß man jnen die Federn stutzt und sie eine Zeit lang auff Wasser und Brot setzet.

Die dritten: Sind diejenige / welche allerorten umb eine jegliche Jungfrau bühlen / den einfeltigen Mägdlein locken / in jr Netz zu bringen / auf sie wie der Jäger auffs wild lausteren und sie zurletzte sitzen lassen. Wie die Katzen jmmerdar vorm Maußloch sitzen und auff die Mäuß warten / und wann sie selbige gefangen haben / alsdann ein zeitlang mit ihr spielen.

Aber sobald sie es zu jhrem Willen gebracht haben / alsdann verlachen sie sie bei jhren guten Gesellen.

Mägdlein hüt euch für denen / so euch nur begern / um euch zu betriegen.

Die vierten: Seind die jenigen / so niemalen wissen / was sie wöllen und jhnen ansteht. Es thut jnen die Wahl wehe und können sich nicht entschließen. Zurletzte aber tappen sie unversehens in einen haißen Brey und verbrinnen sich das Maull gar
scheußlich.

Die fünften: Die Art Liebnarren seynd diejenigen Hofirer / Jünckerlein / Schreiberlein / armselige Herrenknecht und Maullaffen / so da vermeynen / daß sie alles befugt seyen. In der Statt lauffen sie hin und wider / Gassen auff und ab / störtzen herum / wie die Raben umbs Aaß. Sie schwingen die Mäntel / und beschauen sich selbst auff der Seiten und umb die Fueß / ob sie nemlich zierlich einhertretten.

Wann sie in die richtigen Händ wöllen geraten / so wird man ein gespött mit jnen treiben und jnen das Gelt abnarren.

Die sechsten: Als solche find man Liebnarren / welche gar zu sorgfeltig und gewissenhafft seyn wöllen / sie fahen zu wohlbedächtiglich an und wöllen niemalen recht anbeißen / bedencken zuviel / aber unversehens kömpt eyn Stoßvogl und führt den guten Bißen darvon. Darnach große Reu und Traurigkeit.

Narrenschatz, 1658.

Die schöne Nacht.

1. Ich gieng mir nächten abend auß / den Abend auß spatzieren /
Ich wollte zu der Liebsten gahn und mit ihr schön poussieren.
Ich darff sie euch nicht nennnen / thet ichs / ihr würd sie kennen / sie thet mich darumb schelten.

2. Da ich wol für ihr Fenster kam / mein Laut' laß ich erschallen /
mir ward eyn fenster auffgethan / Mei'm Liebgen thets gefallen:
»Seid ihr da / Allerliebster meyn / steht still / ich will euch lassen eyn /« daß thet mir wohlgefallen.

3. Da ward die Thür leiß auffgethan / ich ward gar wol empfangen /
ich nahm meyn Liebst in meinen arm / nach ihr thet mich verlangen /
Sie gab mir so manch freundlich Wort /
Ich habs mein tag nie besser g'hort / Sie war die Liebst auff erden.

4. Da ward ein Bettleyn weiß gespreyt / drauff legten wir uns veste /
ich nahm sie freundlich in den Arm / war ohne Rock und weste.
Ich drückte sie an meyne Brust / Das war meins Hertzens große Lust / kein lieber sol mir werden.

5. Des morgents da der tag anbrach / do mußten wir uns scheiden /
Ich meynt / es wer erst halb mitnacht / Sie wolte nichts mehr leyden.
»Adieu / es muß geschieden seyn /
der Kläffer bringt sonst schwere pein / Schöns Lieb / ich muß von hinnen.«

So schreckliche als blutige Geschichte von eynem durch Husaren entweihten Nonnen-Kloster.

Ihr lieben Leute höhret zu /
Was sich het zugetragen
In eynem Kloster / alß in Ruh
Schon alle Nonnen lagen.

Die guthen Dinger schnarchten sehr
Und träumten / was im Wachen
Bey keuschen Nonnen Sünde wär:
Endzückend schöne Sachen!

Ach / da pocht eyne gantze Schaar
Husaren für die Pforte /
Und fluchen arg; -- denn kein Husar
Flucht höflich-süße Worte.

Man hätte / war der Lerm gleich nah /
Den Lerm doch nicht gehöret /
Wenn nicht zum Glück die Domina
Ihr Nachtgeschirr geleeret.

Im Hemd / das Liecht in eyner Hand /
Den Nachttopf in der andern /
Sah man sie halb schon ohn Verstand /
Durch alle Zellen wandern.

Ach / schrie sie: Kinder / Räuber sind
Im Kloßter angekommen.
Steht auf: ach rettet euch geschwind: --
Die Röcke mitgenommen.

Daß es den Heilgen Franz erbarm!
Wer hilfft nun dissen Kindern? --
Die stieß den Kopf / die schrammt den Arm /
Und die fiel auff den Hindern.

Die hielt den Rock mit fester Hand /
Vergaß sich zu bedecken;
Die nahm ein Beynkleyd von der Wand
Und fuhr hinein mit Schrecken.

Eyn junger Mönch / der Beichtiger
Viell trostbedürftger Nonnen /
Der / wenn auch jede trostlos wär /
Durch Zuspruch sie gewonnen.

Der hatte Clärchen diese Nacht
Viel Tröstung zugesprochen;
Und war voll Angst in Clärchens Tracht
Itzt unters Bett gekrochen.

Indeß erstieg man wie der Blitz
Der Mauer hohe Zinnen;
Husaren waren im Besitz
Von keuschen Vestalinnen.

Wie / wenn ins stille Taubenhauß
Der Marder diebisch schleicht /
Des Räubers Stirn / von Mordsucht kraus /
Die Täubgen schnell verscheucht.

Sie flistern / sich mit Ungestühm
Vom Räuber loß zu machen /
Sie fliegen dumm / und fliegen ihm
Gerate in den Rachen.

So zitterte der Nonnen-Schaar
Beym Anplick rauher Bärte /
Und jede floh / und keyne war
Da frey / wohin sie kehrte.

Die kroch in Keller / und mit Ach!
Sprang Julchen in den Garten.
Ach! Schwestern! keyne springe nach /
Seht wie die Räuber warten.

Eyn Nönnchen / das offt Nächte lang
Einsam im Bette stöhnte /
Und immer vor Casteyen bang /
Sich gern nach Räubern sehnte /

Lief / alß die Domina noch rieff!
Ach! heilger Franz erbarme
Dich Deyner Schäffgen! -- Ach das lieff
Dem Haubtmann in die Arme.

Er hielt die schöne Beute fest /
trug sie in ihre Celle;
Und nahm den kleinen Ueberrest
Der Furcht ihr auff der Stelle.

Seyn Reithknecht / der ins fünfte Jahr
In Vestung und im Lager
Copie von seynem Haubtmann war /
Verbuhlt wie er / und hager /

Zog blind seyn Looß / und griff und hiellt /
(Denn faßt wär sie entronnen)
Eyn hagres Weib / daß keucht und schielt /
Die Domina der Nonnen.

Doch seht die keusche Domina
Eyn Küchenmesser fassen.
Sie sprach: So starb Lucretia;
So wil ich auch erblaßen.

Den welcken Leib durchstieß die Hand;
Sie blutete; voll Schmertzen
Sanck sie voll Ohnmacht in den Sand /
Und starb mit keuschem Hertzen.

Die Schwestern brachten sie zur Ruh/
Und sangen Klagelieder /
Und sangen: Domina wie du /
Ersticht sich keyne wider.

Löwen.

Freuden!

Freude / wenn das Venus-Kind
Eine liebe Braut aussinnt.
Freude / wenn der kleyne Dieb
Ferner giebet Lieb um Lieb /
Freude an des Bräutleins Gruß /
Wann es giebet Kuß um Kuß.
Freude an dem Hochzeits-Tag /
Wanns zu Bette gehen mag.
Freude / wenn das Paar geht schlaffen /
Und will greiffen zu den Waffen.
Freude / wenn der Streit geht an
Und Cupito schwingt die Fahn /

Freud' an Zucker-süßen Küssen /
Freude / wenn die Braut muß büßen /
Freude / wenn nach diesem Streit
Der Ehmann erst Victori schreit.
Freud' / wenn man am andern Tag
Nicht mehr Jungfer sagen mag.
Freude / wenn der Storch bringt dar /
Erst das Kind dem lieben Paar.

Freude / wenn das Kind ist frisch /
Freude / wenns mit sitzt zu Tisch.
Freude / wenn zum Gretelein /
Langbein bringt ein Hänselein.
Freude / wenn die Kinder gehen /
Freude / wenn sie vollends stehen.
Freude / wenn der Sohn studiert
Und bald eyn Magister wird.

Freude / wann die Tochter freiet /
Freude / wenn sie Kinder kreiet.
Freude / Freude Lobesan /
Findet man bey Weib und Mann.
Freude / wenn sie alle beyd /
Leben stets in Einigkeit,
Wann sie liegen in dem Bette /
Wann sie lieben um die Wette /
Wann sie schlaffen / wann sie wachen /
Wann sie treiben andre Sachen,
Wenn sie beten / wenn sie singen /

Wenn die Thaler helle klingen /
Wann sie trinken / wann sie essen /
Wann sie Korn und Weitzen messen /
Wann sie brauen / wann sie backen /
Wann die vollen Böden knacken.
Freude / Freude tausendmahl /
Zeiget sich hier überall /
Freude wird auffs Freyen kommen /
Wenn der Mann eyn Weib genommen.
Drum ihr Jungfern allzumahl /
Wittwer / Junggesellen all /
Gebet euch in diesen Orden /
Welcher so voll Freuden worden!

Der lustige Weyber-Procurator
Cölln 1714.

Sorgen!

Sorge / eh man kriegt die Braut /
Sorge / dem fürm Korbe graut /
Sorge / ob sie Jungfer sey /
Sorge / ob sie fromm darbey /
Ob sie sittig oder stoltz /
Ob sie sey eyn grobes Holtz /
Ob sie frisch sey oder matt /
Ob sie zottig oder glatt /
Ob sie sey eyn arger Schalck /

Ob sie sey eyn fauller Balck /
Ob sie jung sey oder alt /
Ob sie warm sey oder kalt /
Ob das Maull auch sey vernascht /
Ob sie gerne Flöhe hascht.

Sorge / für die Hochzeits-Kleyder
Sorge / wann sie sind beim Schneider.
Sorge / für die Hochzeits-Gäste /
Daß man lade sie auffs beste;
Sorge für den süßen Streit /
Sorge für verschwiegne Freud.
Sorge / wenn die Schildwach spricht:
Steh mein Bruder / weiche nicht!
Sorg' / wenns Weib hat zugenommen /
Sorge / wenn die Wehung kommen.
Sorge für die Kinder-Mutter

Sorge für geschmoltzen Butter /
Sorg' für Honig und Muscaten /
Sorg' / wenns will nicht wol gerathen.
Sorge für die Bade-Wann /
Für die Seiffe / Laug und Schwam /
Sorg' für Windeln und für Läpgen /
Sorg' für Zeug zum Kindes-Käpgen.
Sorg' für Mus und Mel und Milch /
Sorge für die Petrosilg.
Sorge / wenns Kind Zähne heckt
Sorge / wenns im Drecke steckt.
Sorge klein für kleine Kinder /
Sorge groß für große Kinder.
Sorge auch in andern Sachen /
So den Ehstand sauer machen.
Sorge ist da allezeit
Bey eym jeden / der gefreit.
Sorg' für Fleisch und Zugemüß /
Sorg' / wenn sauer folgt auff süß.
Sorg' für Würtze und für Saltz /
Sorg' für Butter und für Schmaltz
Sorge für das Holtz im Haus /
Sorge für den Dieb daraus.
Sorg' für Zinßen und für Steuer /
Sorg' für Lichter und für Feuer /
Sorge für die rothe Kuh /
Für die Zieg und Bock dazu
Sorge für das andre Vieh /
Das ich nicht mag nennen hie.

Sorge für den Tisch-Trunck rein
Sorge für das Gläslein Wein /
Für die Kleider / für die Schuh.
Und was sonst gehört darzu.
Sorge für Beruff und Ampt /
Für vil Sachen insgesampt /
Für den lieben Ackerbau /
Und vornehmlich für die Frau /
Für die Tochter / für die Mägd /
Für den Sohn und für den Knecht /
Für die Katzen / für die Meuse /
Für die Flöhe / für die Leuse /

Sorge für den Hund und Katze /
Und den großen Schweine-Matze /
Für das leihen / für das borgen /
Für noch tausend andre Sorgen /
Die sonst auff das Freyen kommen /
wenn der Mann eyn Weib genommen.

Der Lustige Weiber-Procurator
Cölln 1714.

Schluß.

Dieß ist das Venus-Werck / und das seyn dessen Possen / Es hebt sich fröhlich an / und wird mit Reu geschlossen. Sie sagen nein und streuben sich / Und dencken doch / ach hätt ich dich.

Autor und Verleger nebst gloriösem Schlußballett.

Welch ein Vergnügen / liebster Freund /
Bald nett gedruckt als Autor zu erscheinen;
Um die geraubte Puppe weint
Kein Kind so stark / als wir Scribenten weinen,
Wenn für die Schreibsucht / die uns quält /
Ein milder Herr Verleger fehlt.
Doch solch ein Mann ist leicht zu finden.
Nur keyner läßt alß Sühnbock sich die Sünden
Der Autorzunfft auf seynen Rücken binden.
Allein / es theylen sich / -- so will es die Natur --
Verleger und Poet getreu in die Gewinnste
Genothzüchtigher / schöner Künste:
Der erndtet Spott / und jener Makeltur.
Doch dies Gericht / das vor Apollens Sitze /
Dem Säugling an Verstand / dem Knaben in dem Witze /
Den Weg zum Ruhme dornigt macht /
Und dann in ewig finstre Nacht
So manchen Foliant begräbt /
Den lange noch sein Schöpfer überlebt /
O / dieß erschröckliche Gericht /
Treff Dich / Herr Autor /
Und auch Dich / mein Herr Verleger nicht!


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