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Der Schriftsteller

Er schrieb, was ihm das müde Herz zerriß
und was zu tragen er nicht mächtig war;
er schrieb aus Notdurft, schrieb aus bittrer Not
und wälzte in den einsam kalten Nächten
von seiner pflanzenzarten Seele fort,
was tags er allzu hellen Augs gesehn
und mitleidlos ihr aufgebürdet hatte.
Er wußte dies; und war sich wohl bewußt,
daß nie ein Gott als Sprachrohr ihn gebraucht,
daß nie der Grund des Seins aus ihm gesprochen,
daß nie er ›Schöpfer neuer Werte‹ war,
daß nie er Priester und Prophet gewesen –
und wälzte nur von seiner müden Seele,
was tags er allzu hellen Augs gesehen
und mitleidlos ihr aufgebürdet hatte.
Er ›schrieb mit Blut‹ und ungekünstelter
Beredsamkeit und einer Leidenschaft,
die jagend ihm das Wort vom Munde nahm
und ihn mit wuchtigen Geißeln weiterpeitschte –
und ward verlacht, der Unreifheit geziehn
und durfte seine Jugend hungern lassen. –
Da ward er objektiv, ein Formalist,
ein jedes Wort abwägender Stilist,
der mit ironisch leichtem Unterton,
mit Stoffbeherrschung, nun wir wissen schon,
ein Allerwelttagsthema strich heraus;
er drechselte und feilte, ziselierte
und schliff und unterstrich und pointierte
und ward mit einemmal das große Haus,
der reife Könner – oh, ihr werten Herrn,
ein Hundsfott war er, einst ein Dichter.


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