Hans Sachs
Drei Fastnachtsspiele
Hans Sachs

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Der bös Rauch.

Altes Titelblatt

Die Personen in das Spiel:

Der Mann
Das Weib
Der Nachbaur

Der Mann geht ein, neigt sich und spricht:

Ihr ehrbarn Herrn, ein guten Tag!
Ich bitt, vernehmet hie mein Klag
über mein bitterböses Weib,
die täglich peinigt meinen Leib!
Bei lag und Nacht, zu Bett und Tisch
sind mir Kifferbeis allzeit frisch,
und füllt mich der so voll und spott',
wiewohl mich gar oft brennt der Sod.
Eh ich ein Richt verdäuet han,
so richt sie mir ein andre an.
Kifferbesspeis gibts mir mit Haufen,
daß mir oft d' Augen überlaufen.
Derhalb wär mir nützer und lieber,
daß ich hält das viertäglich Fieber,
hält ich etwan ein guten Tag;
aber bei meinem Weib ich mag
haben gar kein geruhte Stund.
Nicht weiß ich, wie ihm wär zu tund,
daß ich möcht haben Fried und Ruh.
In Treuen bin ich kummen zu
euch allen, um Hülf und um Rat.

Der Nachbaur:

Nachbaur, du schreist um Hülf zu spat,
wann du hast deim Weib allermaßen
erstlich den Zaum zu lang gelassen.
Da sie dein Einfalt hat gemerkt,
ist sie dardurch worden gestärkt,
der Herrschaft sich genommen an,
ist also blieben Herr und Mann.
Derhalben ist die Schuld selbs dein.

Der Mann:

Du sagst wahr, lieber Nachbaur mein!
Ich hab mich ja darmit versäumt,
daß ichs erstlich nicht hab gezäumt.
Ich hätt sie lieb, ließ mir gefallen,
was sie nur wollt und tat, in allen,
und ließ mein Weib sein Herr und Mann,
nahm mich der Herrschaft gar nicht an.
Derhalb ich seither gar durchaus
der Narr hab müssen sein im Haus.
Des ich seither hab dieser Sachen
im deutschen Hof den Schweinenbachen
nit holen dörfen, auf mein Eid.

Der Nachbaur:

Mein Nachbaur, dein Elend ist mir leid.
Ich hab längst wohl gemerkt allein,
daß du der Narr im Haus mußt sein.

Der Mann:

Ich bitt: gib aber Rat nach dem,
wie ich doch selber überkäm
die Herrschaft und würd Herr und Mann.

Der Nachbaur spricht:

Mein Nachbaur, du mußt also tan:
nimm ein Mannsherz in deinen Leib
und beut ein Kampf an deinem Weib,
du wöllst dich weidlich mit ihr schlagen,
weliches söll die Bruch antragen;
und welches in dem Kampf erlieg,
daß das ander gewinn den Sieg
und sei denn Herr und Mann im Haus!
So kummst du auf das kürzt daraus.
Ich weiß kein ander Hüls noch Rat.

Der Mann:

Ich förcht mich aber in der Tat,
weil noch der Sieg steht in dem Zweifel.
Mein Weib ist gar ein böser Teufel.
Doch rätst du mirs, so will ichs wagen.

Das Weib kummt, so spricht der Nachbauer:

Dein Weib kummt; tu ihrn Kampf ansagen!

Der Nachbauer geht aus.

Der Mann:

Hör, Weib! du bist bisher durchaus
gewesen Herr und Mann im Haus,
dasselb ich nicht mehr leiden kann.

Das Weib:

So leg dich an Rück, lieber Mann,
und zappel dich darum zu Tod!

Der Mann:

Ich will nicht mehr leiden den Spott,
ich will dich auf dein Maul klopfen.

Das Weib zeigt ihm die Feign:

Zeuch mir den herdurch, allers Tropfen,
und knüpf mir einen Knoten dran!

Der Mann:

Ich will letzt auch sein Herr und Mann,
wie du vor bist gewest bisher.

Das Weib zeigt ihm den Esel:

Schau, mein Mann! rat! wieviel sind der'?

Der Mann ist zornig:

Ich will sein Herr, das sollt du wissen.

Das Weib krümmts Maul:

Schau, wie hat mich der Hahn gebissen!

Der Mann noch zorniger:

Kurzum, du mußt mich halten tan
für deinen Herren und dein' Mann,
und heut, ich will nicht länger harrn.

Das Weib:

Ich halt dich gleich für einen Narrn,
wie ich dich denn bisher auch hielt.

Der Mann:

Wenn d' mich nit anderst halten willt,
so wöll wir miteinander schlagn,
weliches soll die Bruch antragn.
wer obliegt, der sei Herr im Haus!

Das Weib:

So mach nur nicht viel Teidung draus!
Geh! bring zween Prügel mir und dir!
So wölln einander bleuen wir.
Und welches in dem Kampf obleit,
sei darnach Herr und Mann allzeit
und trag die Bruch ohn alls Einreden.

Der Mann:

Das sei beschlossen zwischn uns beeden!
Ich will gehn naus, zween Prügel bringen.

Der Mann geht aus. So spricht sie:

Mein Mann der tut nach Unglück ringen,
hat ein Herz wie ein Wassersuppen.
Ich will ihn bringen recht in d'Kluppen.
Mit Worten tu ich ihn erregen,
wieviel mehr will ich ihn mit Schlägen
überwinden, schiebn unter d'Bank!
Er ist wahrlich dem Kampf zu krank.
Weil ihn mein Zung tät überwinden,
soll er auch meiner Händ empfinden.

Der Mann bringt die Prügel:

Seh, Weib! zween gleich Prügel wir han.
welchen du willt, den nimme an
und tu mich in dem Kampf nicht sparn!

Das Weib zückt ein Prügel:

Ja, endlich du sollt es erfahrn,
daß ich dein mitnichten will fehln.
Ich will die Flöch dir fein absträhln,
daß du lang wirst mein darbei denken.

Der Mann henkt die Bruch auf:

Die Bruch die will ich da aufhenken,
darnach die Hälmlein ziehn vorab,
wer unter uns den Vorstreich hab.

Das Weib schlägt auf ihn:

Ich kann auf dein Hälmziehn nicht harrn.
Flugs wehr dich nur, mein allers Narrn!

Der Mann wehrt sich ein wenig, fleucht, darnach reckt er beide Händ auf:

Hör auf, liebs Weib! ich gib dir gwunnen.
Es ist mir in der Kunst zurunnen.
Sei du nur fürbaß Herr und Mann!
Ich will dir gar sein untertan,
im Haus wie ein alt Weib umzaspen,
spinnen, Garn winden und abhaspen,
spülen, kehren, betten und waschen,
sudeln und prudeln in dem Aschen,
will kein Faust über dich mehr zucken.

Das Weib:

Tut dich der Buckel wieder jucken,
so magst du dich wohl an mich reiben.
Du sollt mir in dem Haus nit bleiben.
Heb dich naus, weil ich gwunnen hab!
Odr ich wirf dich all Stiegen ab.
Flugs, troll dich, weil es ist so gut!
Also man Windelwaschern tut.

Der Mann geht aus; sie nimmt die Bruch, hebt sie in der Hand auf:

Nun ich die Bruch gewunnen han
und aushin bissen meinen Mann;
der sitzt da unten vor dem Haus.
Ich will gehn in die Küchen naus
und mit Spülwasser ihn begießen,
daß über sein Leib ab muß fließen,
will ihm gleich den Weichbrunnen geben
und ihn darmit laben darneben.

Sie geht aus, der Mann kummt und setzt sich traurig;

Ach Gott, wie hab ich nur ein Weib!
wie hat sie mir zugricht' mein Leib
voll Beulen und voll blaber Flecken!
Und als ich entrann ihrem Stecken,
aus den grausamen Donnerschlägen
kam hernach auf mich ein Platzregen.

Der Nachbaur:

Sich, Nachbaur! wie sitzt du allein
so traurig hie auf deinem Stein;
Wie tropfst und bist so gar triefnaß;
Was ist die Ursache? sag mir das!

Der Mann:

Ach, mein Schlat der fing an zu brinnen.
Da hab ich lang gerettet innen
und ward also durchnetzet auch,
bis mich zuletzt doch der bös Rauch
gar hat aus meinem Haus gebissen.

Der Nachbaur:

Warum hast michs nit lassen wissen?
Ich wollt dir sein gestanden bei.
Ich will gehn sehen, ob doch sei
in deinem Schlat gedämpft das Feur.

Der Nachbaur geht aus. So spricht der Mann;

Lauf hin! besteh dein Abenteur!
Ich aber hab der Biren gnung.
Dir wird auch werden ein Ehrtrunk.
Ich will nachschleichn und hören zu,
wie dich mein Weib empfahen tu.

Der Mann schleicht nach hinaus. So geht das Weib ein:

Mein Narr sitzt unten vor dem Haus
und sicht wie ein getaufte Maus.
Sein Mannheit ist ihm gar erlegen.
Nach der Bruch wird er nit mehr frägen.
Mich dünkt, ich hör ihn aufher sappen.
Kummt er, ich kauf ihm noch ein Kappen.

Der Nachbaur kummt mit eim Schaff mit Wasser; die Frau schlägt auf ihn, so spricht er:

Ach, Nachbäurin, tut Ihr mich schlagen?
Ich wollt Euch Wasser hiezutragen.
Eur Mann sagt, der Schlat brinn im Haus.

Das Weib:

Du wärest zwar wohl blieben daus.
Hab dir halt diese Schlappen dran!
Wiewohl ich meint, es wär mein Mann.
Troll dich l willt du das Feuer leschen,
so will ich um den Kopf dich wäschen.

Der Nachbaur:

Alde, alde, ich scheid mit Wissen:
Der bös Rauch hat mich auch nausbissen.
Ich mein, ich hab sein auch empfunden.

Er geht aus. Die Frau:

Ich will naus; sitzt mein Mann noch unten,
so will ich ihm gleich noch verwegen
auch geben Sankt Johannes' Segen,
mit einer warmen Kammerlaugen
erfrischen ihm die seinen Augen.

Das Weib geht aus. So kummt der Mann und redt zu ihm selbs:

Nun freu ich mich, daß ich allein
nicht förchten tu die Frauen mein,
sonder mein Nachbaur sie auch fleucht
und gmachsam vor dem Garn abzeucht.

Der Nachbaur:

O Nachbaur, du hast mich betrogen,
mit Worten in dein Haus gelogen.
Ich meint, darin dein Schlat zu leschen.
Dein Weib tät um den Kopf mich wäschen.
Ich meint, du hättst das Feuer dämpft,
so hast mit deinem Weib gekämpft.
Mein Nachbaur, wie ist dir geschehen;
wie hast du den Kampf übersehen,
daß sie hat so durchschlagen dich;

Der Mann:

Ach, sie hat übereilet mich.
Ich wollt erst viel mit ihr ausdingen,
da täts mit Streichen auf mich dringen.

Der Nachbaur:

Wie, daß d' nicht tapfer kämpfest du?

Der Mann:

Ich kunnt vor ihrn Streichen nicht darzu,
so ungefüg schlug sie zu mir.
Eh ich ein Streich tät, tät sie vier,
daß mir geleich das Licht erlasch,
dieweil sie immer auf mich drasch,
bis ich doch endlich mich ergab.

Der Nachbaur:

Nachbaur, ich wollt nicht lassen ab,
um die Bruch noch einmal zu kämpfen,
ob du dein Weib darmit möchtst dämpfen,
daß du doch selbs wärst Herr im Haus.

Der Mann:

O lieber Nachbaur, es ist aus.
Eh ich mein Weib noch mehr wollt schlagen,
wollt eh kein Bruch nicht mehr antragen.
Ich hab des Kampfs eben genung.
Mein Nachbaur, mach mir ein Teidung,
daß mich mein Weib wieder einnühm!

Der Nachbaur:

Wenn sie nicht wär so ungestüm.
Da kummts; ich will sie gleich anreden.

Das Weib:

Was fehlet hie euch allen beeden?
Soll ich euch beid noch baß abbleuen?

Der Nachbaur:

Mein Nachbäurin, bei meinen Treuen,
laßt Euern Zorn! Ich wollt Euch bitten,
wollt an Euch nehmen weiblich Sitten,
still sein mit Worten, hören zu!

Das Weib:

Ich tu itzt, wie ich allmal tu.
Sollt ich dir ietzt ein anders machen?
Ei, daß sein mög ein Sau gelachen!
Wie ist mein Nachbaur so nasweis!

Der Nachbaur:

Mein Nachbäurin, ich bitt mit Fleiß,
wollt Euern Mann einnehmen wieder!
Er ist ie nichts denn fromm und bieder!

Das Weib:

Schau! Hab ich mein Ohren auch noch?
Nu war er heut so freidig doch!
Meint, mir die Bruch gar abzugwinnen.

Der Nachbaur:

Von Friedes wegen bin ich hinnen.
Wöllt das best bei Euch lassen stehn,
Schaden gen Schadn ab lassen gehn!
Was gschchen ist in den Gezänken,
keine dem andern in Arg zu denken.

Das Weib reckt die Bruch auf:

Die Bruch ist gwunnen und ist mein.
Will mein Narr wieder kummen ein
und mein Genad wieder erhaschen,
so muß er darzu Messr und Taschen
mir selber gürten an mein Seiten,
daß ich das trag zu allen Zeiten,
daß ich im Haus sei Herr und Mann.
Sonst will ich ihn nicht nehmen an.

Der Mann legt die Hand zusammen:

Ach liebes Weib, nicht weiter such!
Weil du gewunnen hast die Bruch,
laß mir das Messer und die Taschen!
Man wird mich sonst genug auswaschen.
Ich muß mich schämn vor allen Mannen.
Weil du hast den rechten Hauptfahnen,
so nimm mich ein und sei zu Ruh!

Das Weib:

Schweig nur und halt dein Waffel zu!
Willt nicht, so will ichs wieder wagn
und mich noch einmal mit dir schlagn
um die Bruch, Taschen und das Messer.

Sie hangt die Bruch wieder auf.

So spricht der Mann:

Nein, nein, mir ist weger und besser,
ich geb dir darzu Messer und Taschn,
denn d' mich baß um den Kopf tätst waschn.

Der Nachbaur:

Ei, Lieber, sei nicht so verzagt!
Ich hält ein Gänglein noch gewagt
mit ihr; gilts doch nicht Leib und Lebn.

Der Mann:

Seh, ich will dir mein Stecken gebn.
Bist du so bös, schlag dich mit ihr!
Wo du die Bruch gwinnst wieder mir,
will dir ein Dutzet Taler schenkn.

Der Nachbaur:

Nein, unverworren mit den Schwänkn!
Sie hat zum Schlagn ein schwere Hand,
der ich vor durch zween Streich empfand.
Ich hab ihr gnug, ich geh dahin.

Der Mann gürt' Messer und Taschen ab und reicht ihrs:

Weil ich denn überwunden bin,
so hab Taschen und Messer dir!

Das Weib:

Da mußt sie selbe umgürten mir
frei öffentlich vor Mann und Frauen,
daß sie mit ihren Augen schauen,
daß ich hab ritterlich gewunnen
und dir sei deiner Kunst zerrunnen.

Der Mann gürt' ihrs um:

Ich wills auch tun, mein liebes Weib,
auf daß ich nur zufrieden bleib!
Willt, ich leg dir die Bruch auch an.

Der Nachbaur:

Ei, was bist für ein Lumpenmann!
Ei, wirst denn gar zu einem Torn?
Ei, schlag sie selber um die Ohrn!
Wie magst so gar ein Füttin sein!

Das Weib lauft auf ihn:

Du Maulauf, so wehr dich auch mein!

Der Nachbaur fleucht, sie jagt ihm nach.

Darauf beschleußt der Mann:

Ach fahr aus, du böses Unziefer,
unter die Erd, je längr je tiefer,
auf daß ich Armer werd erlöst!
Du hast mich ie wohl plagt und g'röst'
nun fast bis in die dreißig Jahr.

O junger Mann, nimm eben wahr!
Zeuch erstlich dein Weib an den Orten
zu Gehorsam mit guten Worten!
Wo gute Wort nit helfen wöllen,
so tu dich etwas ernstlich stellen,
zu wehrn ihr eigensinnig Art!
Wo sie dir noch hält Widerpart,
so magst du's strafen mit der Zeit,
doch mit Vernunft und Bscheidenheit,
wie man denn spricht: ein frommer Mann
ein ghorsam Weib ihm ziehen kann.
Ich hab es erstlich übersehen;
darum ist mir letzt das geschehen,
daß ich hab so ein böse Ehe,
voll Hader, Zank und Herzenwehe,
voll Widerwillens und Ungmachs.
Hüt dich darfür: rät dir Hans Sachs.


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