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[Auszüge aus Reden und Dokumenten]

3. Januar 1936.

»Autokratie gefährdet den Frieden«

In seiner Jahresbotschaft an den Kongreß vom 3. Januar 1936 beschäftigte sich Präsident Roosevelt mit den politischen Weltströmungen. Drei Jahre vorher war Hitler Reichskanzler geworden; einige Wochen später hatte ihm der neugewählte Reichstag diktatorische Macht übertragen; im Juli 1934 versuchten die österreichischen Nazis einen Putsch, in dem der Bundeskanzler Dollfuß ermordet wurde; am 16. März 1935 verkündete Hitler die allgemeine Wehrpflicht für die neue deutsche Armee; sechs Monate später marschierten Mussolinis Truppen in Abessinien ein.

»Seit dem Sommer 1933 weisen die Gesinnung und Absichten der Beherrscher vieler großer Nationen in Europa und Asien nicht darauf hin, daß sie sich Frieden oder Verständigung unter den Völkern zum Ziel gesetzt hätten. Nicht nur hat sich der Geist des Friedens und der Verständigung in diesen Gebieten der Erde während dieser Periode verflüchtigt, sondern zunehmendes übelwollen, deutliche Eroberungsabsichten, wachsende Rüstungen und abnehmende Geduld haben ein Stadium erreicht, das Amerika zwingt, von einer Lage Kenntnis zu nehmen, die viele der tragischen Elemente eines kommenden Weltkrieges in sich birgt.

Auf den erwähnten Kontinenten leben viele Völker, hauptsächlich kleinere, die bereit sind, innerhalb ihrer Landesgrenzen – mit denen sie zufrieden sind – und im Zusammenwirken mit ihren Nachbarn ihre eigenen wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu lösen, falls sie unbehelligt gelassen werden. Die Regierungen dieser Nationen widmen sich aus tiefstem Herzen den friedlichen und vernünftigen Bestrebungen ihrer Völker. Diese Regierungen müssen jedoch wachsam bleiben, um nicht eines Tages von den Herrschern anderer Völker überfallen zu werden, die sich nicht zu den Grundsätzen des menschlichen Fortschrittes auf friedlichem Wege bekennen.

Aber können wir noch eine Hoffnung auf jene Nationen setzen, die heute die Hauptverantwortung für die Gefährdung des Weltfriedens tragen? Das mindeste, was ich sagen muß, ist, daß wir Gründe haben, pessimistisch zu sein.

Es ist müßig, für uns wie für andere zu predigen, daß die breiten Massen, aus denen sich diese Nationen zusammensetzen, die von dem Geiste der Autokratie und Angriffslust beherrscht sind, mit der Politik ihrer Beherrscher nicht einverstanden sind, daß sie keine Gelegenheit haben, ihren Willen laut werden zu lassen, und daß sie die Zustände ändern würden, wenn sie nur könnten. Das ist unglücklicherweise nicht so klar. Es mag wahr sein, daß die breiten Massen dieser Nationen die Politik ihrer Regierungen ändern würden, wenn sie die volle Freiheit und Möglichkeit hätten, sich an dem Wirken einer demokratischen Regierung so zu beteiligen, wie wir es verstehen. Aber diese Freiheit besitzen sie eben nicht; und so folgen sie blindlings und begeistert der Führung von Männern, die nach autokratischer Macht streben.

Völker, die nach Ausbreitung streben, Völker, die sich um die Wiedergutmachung von Ungerechtigkeiten aus früheren Kriegen bemühen, Völker, die Absatzgebiete für ihren Handel, Siedlungsgebiete für ihre Bevölkerung oder selbst Betätigungsfelder für ihren friedlichen Beitrag zum Fortschritt der Zivilisation suchen – diese Völker haben nicht die notwendige Geduld gezeigt, vernünftige und legitime Ziele durch friedliche Verhandlungen oder durch einen Appell an die edleren Gefühle des Weltgewissens zu erreichen.

Sie sind daher ungeduldig zu dem alten Glauben an das Recht des Schwertes zurückgekehrt; oder zur ungeheuerlichen Lehre, daß sie, und zwar nur sie allein, auserwählt sind, eine Mission zu erfüllen, und daß die anderen anderthalb Milliarden Menschen in der Welt von ihnen zu lernen haben und ihnen Untertan sein müssen.

Ich bin mir bewußt – und meine Hörer werden sich dessen bewußt sein –, daß meine wohlüberlegten Worte keinen Anklang bei jenen Völkern finden werden, die sie als auf sich gemünzt betrachten werden. Aber die in diesen Worten ausgedrückten Gefühle werden in allen den Ländern Sympathie und Verständnis erwecken, deren Völker aufrichtig den Frieden wünschen, aber sich ständig bald mit dieser, bald mit jener Macht gut verhalten müssen in dem kaleidoskopartigen Wechsel der politischen Lage, wie sie so charakteristisch für die heutigen Beziehungen der Völker in Europa und Asien ist. Denn die friedliebenden Völker – und ihrer sind viele – wissen, daß ihr Bestand von ihren eigenen Zügen auf dem Schachbrett internationaler Politik abhängt.

Ich vertrat im Frühjahr 1933 die Auffassung, daß 85 oder 90 Prozent aller Völker der Welt mit dem Umfang ihrer Staatsgebiete zufrieden und bereit sind, ihre Rüstungen weiter herabzusetzen, falls alle anderen Völker der Welt einer Herabsetzung der Rüstungen zustimmten.

Diese Behauptung ist auch heute noch wahr; sie ist heute um so zutreffender, als Weltfriede und internationale Verständigung nur von 10 oder 15 Prozent der Bevölkerung der Welt behindert werden. Das ist der Grund, warum alle Abrüstungsversuche bisher nicht nur gescheitert sind, sondern im Gegenteil ungeheuren Aufrüstungen zu Lande und in der Luft begegnet sind; und das ist auch der Grund, warum selbst Bemühungen, die bestehende Beschränkung der Seerüstungen für die nächsten Jahre aufrechtzuerhalten, so geringen Erfolg gezeitigt haben.

Die Politik der Vereinigten Staaten aber ist klar und folgerichtig. Wir haben uns mit allem Ernst und auf jede Weise um eine Begrenzung der Weltrüstungen und um die friedliche Beilegung von Streitigkeiten zwischen allen Nationen bemüht. Wir haben mit allen legitimen Mitteln unseren moralischen Einfluß eingesetzt gegen Unterdrückung, gegen Intoleranz und gegen Autokratie – und für Gesinnungsfreiheit, für Rechtsgleichheit für religiöse Toleranz und Regierung durch das Volk.

Ja, ich habe den Ernst der Lage, die die Völker der Welt bedroht, mit großem Nachdruck behandelt. Dieser Nachdruck findet seine Rechtfertigung in der Bedeutung dieser ernsten Lage für die Zivilisation und damit für die Vereinigten Staaten. Der Friede ist nicht von der Mehrheit, sondern von einer kleinen Minderheit der Menschheit bedroht. Der Friede ist von denen bedroht, die selbstsüchtig nach Macht streben. Die Geschichte hat schon ähnliche Perioden erlebt, wenn Duodezfürsten und Feudalherren die europäische Landkarte alle Monate änderten oder große Kaiser und Könige hemmungslos miteinander um Kolonialreiche rauften.

Wir hoffen, daß wir nicht wieder an der Schwelle eines solchen Zeitalters stehen. Aber wenn wir es ins Auge fassen müssen, dann gibt es für die Vereinigten Staaten wie für die anderen amerikanischen Staaten nur eine Aufgabe: durch zielsichere Neutralität alles zu tun, um den Konflikt, wenn möglich, zu verhindern, durch zweckmäßige Verteidigungsmaßregeln uns gegen die Verstrickung in diesen Konflikt und gegen Angriffshandlungen zu schützen und durch unser Beispiel und alle legitimen Mittel moralischen und materiellen Beistands die anderen Völker zu bewegen, zu den Tagen des Friedens und der Verständigung zurückzukehren.

Aller Augenschein beweist klar, daß Autokratie in Weltangelegenheiten den Frieden bedroht, und daß diese Bedrohung nicht von den Nationen kommt, die dem Ideal der Demokratie ergeben sind …«

*

 

5. Oktober 1937.

Die »Quarantäne«-Rede

Der Überfall Italiens auf Abessinien und die Intervention deutscher und italienischer Streitkräfte im sogenannten spanischen Bürgerkrieg erfolgten ohne Kriegserklärung. Diese Kriege ohne Kriegserklärung sowie das unterschiedslose Bombardieren der Zivilbevölkerung veranlagten Präsident Roosevelt zu der folgenden Rede, die er am 5. Oktober 1937 in Chicago hielt:

»Die gegenwärtige Schreckensherrschaft internationaler Rechtlosigkeit hat vor einigen Jahren eingesetzt. Sie begann mit unberechtigten Eingriffen in die inneren Angelegenheiten anderer Völker und mit dem Einfall in fremde Gebiete unter Bruch bestehender Verträge; sie hat nun ein Maß erreicht, das die Grundlagen der Zivilisation selbst ernstlich bedroht. Die Marksteine auf dem Wege der menschlichen Entwicklung zu Gesetzlichkeit, Ordnung und Gerechtigkeit werden umgestürzt, ihre Traditionen ausgerottet.

Ohne Kriegserklärung, ohne vorangegangene Warnung, ohne irgendwelche Rechtfertigung werden Zivilisten, einschließlich Frauen und Kinder, rücksichtslos durch Bomben aus der Luft dahingemordet. In sogenannten Friedenszeiten werden Schiffe grundlos und ohne vorherige Warnung von Unterseebooten angegriffen und versenkt. Völker stacheln andere Völker, die ihnen nichts zuleide getan haben, zum Bürgerkrieg an und greifen dann in diesen Bürgerkrieg mit bewaffneter Macht ein. Völker, die Freiheit für sich selbst fordern, verweigern sie anderen.

Unschuldige Völker, unschuldige Nationen werden grausam hingeopfert auf dem Altar der Machtgier und einer Herrschsucht, die keine Gerechtigkeit und menschliche Rücksichtnahme kennt.

Ein Schriftsteller hat vor kurzem gesagt, daß ›wir vielleicht einer Zeit entgegengehen, da die Menschheit im Triumphgefühl über die technische Vollendung des Mordes so irrsinnig über die Welt dahinrasen wird, daß alles Schöne in Gefahr gerät. Jedes Buch, jedes Bild, jedes Musikstück, alle Schätze, die in zwei Jahrtausenden aufgespeichert wurden, alles Feine, Zarte, Hilflose wird verlorengehen oder vernichtet werden‹.

Wenn dies in anderen Teilen der Welt geschehen sollte, dann glaube keiner, daß Amerika diesem Verhängnis entrinnen wird. Dann hat auch Amerika keine Gnade zu erwarten. Dann wird auch die westliche Hemisphäre von Angriffen nicht verschont bleiben. Dann wird auch sie nicht die Ruhe und den Frieden bewahren und nicht ihr Werk der Versittlichung und Verfeinerung der menschlichen Kultur fortsetzen können.

Wenn diese Zeiten heranbrechen sollten, dann ›gibt es keine Sicherheit durch Waffen, keine Hilfe einer höheren Gewalt, keine Antwort von Seiten der Wissenschaft. Der Sturm wird toben, bis alle Blüten der Zivilisation geknickt und alle Menschen in einem ungeheueren Chaos zerstampft sind‹.

Wenn es jedoch dazu nicht kommen soll, wenn wir in einer Welt leben wollen, in der wir frei atmen können, in einer Welt der Freundschaft, frei von Furcht, dann müssen die friedliebenden Nationen gemeinsam alle ihre Kräfte anspannen, um dem Recht und dem Gesetz, auf denen allein der Friede sicher ruhen kann, Geltung zu verschaffen. Gemeinsam und in gegenseitigem Einverständnis müssen die friedliebenden Nationen der Verletzung von Verträgen und der Mißachtung menschlicher Gefühle entgegentreten, die heute einen Zustand internationaler Anarchie und Unsicherheit geschaffen haben, dem kein Land dadurch entrinnen kann, daß es sich isoliert oder neutral verhält.

Alle, die ihre eigene Freiheit lieben und ihren Nachbarn dasselbe Recht, frei und in Frieden zu leben, zuerkennen, müssen für den Triumph des Rechtes und des Sittengesetzes zusammenwirken, damit Friede, Gerechtigkeit und Vertrauen in der Welt zur Herrschaft gelangen. Die Welt muß zum Glauben an das verpfändete Wort und zur Achtung vor Verträgen zurückkehren; die Welt muß begreifen, daß Staatsmoral ebenso lebenswichtig ist wie Privatmoral.

Die überwältigende Mehrheit der Völker und Staaten der Welt will heute in Frieden leben. Sie sind bestrebt, die Handelsschranken zu beseitigen. Sie wollen ihre Kräfte der Industrie, der Landwirtschaft und dem Handel widmen, um ihren Wohlstand durch die Erzeugung von Gütern zu vermehren, die ihrerseits wieder Wohlstand erzeugen; sie wollen nicht Kampfflugzeuge, Bomben, Maschinengewehre und Kanonen herstellen, die der Zerstörung menschlichen Lebens und nützlichen Eigentums dienen.

Alle Völker, ob sie nun Waffen über Waffen für Angriffszwecke aufspeichern, oder ob sie sich vor Angriffen fürchten, opfern einen sehr großen Teil ihres Volkseinkommens für unmittelbare Rüstungszwecke – 30 bis 50 Prozent. In den Vereinigten Staaten geben wir dafür viel weniger aus – 11 bis 12 Prozent.

Wir können uns glücklich preisen, daß die Umstände es uns gestatten, unser Geld im Bau von Brücken, Dämmen und Straßen, in der Wiederaufforstung von Wäldern, in der Wiedergewinnung der Fruchtbarkeit unserer Erde und in anderen nützlichen Arbeiten anzulegen, statt in Riesenheeren und in ungeheuren Kriegsrüstungen.

Wir sind jedoch gezwungen, in die Zukunft zu blicken. Friede, Freiheit und Sicherheit von 90 Prozent der Weltbevölkerung sind durch die verbleibenden 10 Prozent gefährdet, die drohen, Völkerrecht und Ordnung in ein Nichts aufzulösen. Die 90 Prozent, die in Frieden leben wollen, unter dem Schutz des Rechtes, nach den sittlichen Grundsätzen, die im Laufe der Jahrhunderte nahezu weltweite Anerkennung gefunden haben, müssen und können Mittel finden, ihren Willen durchzusetzen.

Es besteht kein Zweifel, daß die gegenwärtige Lage die ganze Welt angeht. Es handelt sich nicht allein um die Verletzung irgendwelcher Bestimmungen besonderer Verträge; es handelt sich um Krieg und Frieden, um das Völkerrecht und vor allem um die sittlichen Grundsätze der Menschheit. Es stimmt, wir haben es mit einer Reihe ganz bestimmter Vertragsbrüche, im besonderen mit dem Bruch des Völkerbundsstatuts, des Kelloggpaktes und des Neunmächtevertrages, zu tun. Aber wir haben es auch zu tun mit Problemen der Weltwirtschaft, der Weltsicherheit und der Menschheit überhaupt.

Gewiß, das sittliche Weltgewissen muß sich dazu bekennen, daß es wichtig ist, Ungerechtigkeiten und wirkliche Gründe für Beschwerden zu beseitigen. Aber gleichzeitig muß das Weltgewissen aufgerüttelt werden, so daß Ehrfurcht vor der Heiligkeit von Verträgen und Achtung vor den Rechten und Freiheiten anderer als unbedingte Notwendigkeiten anerkannt werden und internationalen Angriffshandlungen ein Ende bereitet wird.

Unglücklicherweise scheint es wahr zu sein, daß sich die Seuche der Gesetzlosigkeit in der Welt ausbreitet. Wenn eine Epidemie um sich zu greifen beginnt, dann ordnet das Gemeinwesen eine Quarantäne für die Kranken an, um die Gesundheit des Gemeinwesens gegen die Ausbreitung der Krankheit zu schützen.

Es ist mein fester Entschluß, eine Politik des Friedens zu verfolgen und mich jedes brauchbaren Mittels zu bedienen, um zu verhindern, daß unser Land in einen Krieg verwickelt wird. Es sollte unbegreiflich erscheinen, daß in unserem modernen Zeitalter mit all seinen Erfahrungen ein Volk so töricht und rücksichtslos sein könnte, das Risiko auf sich zu nehmen, unter Bruch feierlicher Verträge in das Gebiet anderer Völker, die ihm nichts Ernstliches zuleide getan haben und zu schwach sind, sich selbst zu schützen, einzufallen und damit die ganze Welt in Krieg zu stürzen. Aber gerade auf diese Weise sind heute Weltfriede, Wohlfahrt und Sicherheit aller Völker bedroht.

Kein Volk, das sich weigert, Geduld zu üben und die Freiheit und Rechte anderer zu achten, kann lange stark bleiben und sich das Vertrauen und die Achtung anderer Völker erhalten. Kein Volk hat je Würde und Ansehen dadurch eingebüßt, daß es Meinungsverschiedenheiten in geduldigen Verhandlungen und mit Rücksicht auf die Rechte anderer Völker austrug.

Krieg ist eine ansteckende Krankheit, gleichviel, ob ihm eine Kriegserklärung vorausgeht oder nicht. Er kann Staaten und Völker verschlingen, fern vom ursprünglichen Schauplatz der Feindseligkeiten. Wir sind entschlossen, uns von einem Kriege fernzuhalten; aber wir können uns nicht gegen die verheerenden Wirkungen eines Krieges und nicht gegen die Gefahr schützen, in den Krieg hineingerissen zu werden. Wir bedienen uns aller Mittel, um die Gefahr, in einen Krieg verwickelt zu werden, möglichst zu verringern; aber es gibt keinen vollkommenen Schutz dagegen in einer Welt ohne Ordnung, einer Welt, in der Vertrauen und Sicherheit erschüttert sind.

Wenn die Kultur der Menschheit erhalten bleiben soll, dann müssen die Grundsätze des Friedensfürsten wieder zur Geltung kommen und das erschütterte Vertrauen zwischen den Völkern wiederhergestellt werden.

Das Wichtigste jedoch ist, daß der Friedenswille der friedliebenden Völker sich so gebieterisch vernehmbar mache, daß Völker, die versucht sein sollten, Verträge, die sie selbst abgeschlossen haben, und die Rechte anderer zu verletzen, von diesem Versuch lieber absehen. Der Friede muß durch positive Anstrengungen erhalten werden.

Amerika haßt den Krieg. Amerika erhofft Frieden. Und darum setzt Amerika seine Kräfte für die Erhaltung des Friedens ein.

*

 

3. Januar 1938.

Achtung vor Verträgen

Am 7. März 1936 ordnete Hitler die Wiederbesetzung des entmilitarisierten Rheinlands an und verletzte damit den Locarnopakt, den die deutsche Regierung unterzeichnet hatte. In seiner Jahresbotschaft an den Kongreß vom 3. Januar 1938 erinnert Präsident Roosevelt an gebrochene deutsche Versprechen und fordert Einhaltung internationaler Verträge.

»Es gibt heute in der Welt eine Strömung, die sich immer weiter von der Achtung, von Geist und Wortlaut von Verträgen entfernt. Wir werden in der Zukunft unsere eigenen Vertragsverpflichtungen erfüllen, so wie wir es in der Vergangenheit getan haben; aber wir können der Gegenseitigkeit nicht mehr sicher sein.

Mißachtung von Vertragsverpflichtungen scheint im Kielwasser jener Oberflächenströmung zu folgen, die sich immer wieder von der Regierungsform demokratischer Volksvertretung entfernt. Es scheint demnach, daß der Weltfriede, verbürgt durch internationale Übereinkommen, am sichersten in den Händen demokratischer, vom Volke eingesetzter Regierungen ruht, oder mit anderen Worten: der Friede ist am schwersten bei jenen Völkern gefährdet, welche Demokratie aufgegeben oder sie niemals entwickelt haben.

Ich habe von ›Oberflächenströmung‹ gesprochen, weil ich noch immer daran glaube, daß zivilisierte Menschen mit immer stärkerem Nachdruck auf wirklicher Teilnahme an der Regierung ihres Landes bestehen – und auch in der Zukunft darauf bestehen werden. Unser Volk glaubt daran, daß die Demokratien der Welt sich am Ende durchsetzen und daß die Demokratie in den Ländern wiederhergestellt oder neu geschaffen werden wird, in denen sie heute unbekannt ist. Auf diesem Glauben ruht der künftige Friede der Menschheit.

*

 

30. Juni 1938.

Der Endsieg gehört der Demokratie

Die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung durch Hitler und die Verbrennung von Büchern, die den Nazis mißliebig waren, empörten die Welt der Demokratien. Präsident Roosevelt sprach über diese Maßnahmen in einer Rede vor der Landesvereinigung für Erziehung (National Education Association) in New York am 30. Juni 1938.

»Ich habe von den miteinander verbundenen und voneinander abhängenden Werten nationaler und menschlicher Hilfsquellen und von der Notwendigkeit gesprochen, sie gleichzeitig zur Entwicklung zu bringen. Daraus ergibt sich das gleichermaßen wichtige wie schwierige Problem, die geistige Freiheit der Erziehung zu wahren. Denn die Freiheit zu lernen ist die erste und wesentliche Bürgschaft dafür, daß die Menschen hinreichendes Selbstvertrauen erwerben, um frei zu sein.

Solche Betrachtungen waren vor einer Generation fast überflüssig gewesen. Aber in einer Zeit, da die Uhr der Zivilisation zurückgestellt wird, da Bibliotheken verbrannt, Gelehrte, Künstler, Musiker, Schriftsteller und Lehrer aus ihrem Lande vertrieben, Universitäten gestürmt und geplündert, Literatur, Kunst und Nachrichten der Zensur unterworfen werden, in solchen Zeiten haben die Länder, in denen die Fackel der Gedanken – der Lehr- und Lernfreiheit noch strahlend brennt, eine neue Bürde auf sich zu nehmen. Wenn in anderen Ländern die Flamme der Freiheit und der bürgerlichen Rechte verglimmt, dann muß sie in unserem Lande um so heller auflodern.

Wenn in anderen Ländern die Presse, die Bücher und Literatur aller Art zensuriert werden, dann müssen wir unsere Anstrengungen verdoppeln, sie hier frei zu erhalten.

Wenn in anderen Ländern die ewigen Wahrheiten der Vergangenheit von Unduldsamkeit bedroht werden, dann müssen wir ihnen eine sichere Zuflucht für ihr Fortleben schaffen.

Ja, es mag Zeiten geben, da die Menschen im Aufruhr von Umwälzungen jeden Zusammenhang mit den Errungenschaften der Kultur vergangener Jahrhunderte verlieren. Aber die Errungenschaften der Bildung können nie endgültig verlorengehen. Bücher mögen verbrannt und Städte geplündert werden, aber die Wahrheit, ebenso wie die Leidenschaft, frei zu sein, lebt in den Herzen der einfachen Menschen.

Der kommende Endsieg gehört der Demokratie, und damit der Erziehung und Bildung. Denn kein Volk der Welt kam ewig in Unwissenheit und Sklaverei gehalten werden.

*

 

27. September 1938.

Der erste Appell an Hitler

Im März 1938 erzwang Hitler den Rücktritt des österreichischen Bundeskanzlers Schuschnigg und annektierte Österreich. Im folgenden September verlangte er die Abtretung der »sudetendeutschen« Gebiete der Tschechoslowakei und erklärte, dies sei seine letzte territoriale Forderung an Europa. Dieser Forderung folgte ein Ultimatum, in dem er mit dem Einmarsch in die Tschechoslowakei drohte, sollten die Forderungen nicht bis zum 1. Oktober erfüllt sein. Hitlers Drohungen bewogen Präsident Roosevelt am 26. September 1938 zu Botschaften an die Regierungen Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und der Tschechoslowakei. Im Namen von 130 Millionen Amerikanern beschwor der Präsident diese Regierungen, es nicht zum Abbruch der Verhandlungen kommen zu lassen. In seiner Antwort auf diese Botschaft belastete Hitler die tschechoslowakische Regierung mit der alleinigen Schuld an der Lage. Am nächsten Tag richtete der Präsident eine weitere Botschaft an Hitler; sie lautete:

»Ich wünsche die Antwort Eurer Exzellenz auf mein Telegramm vom 26. September zu bestätigen. Ich war fest überzeugt, daß Sie meine Ansicht über die unabsehbaren Folgen und die unberechenbare Katastrophe teilen würden, die der Ausbruch eines europäischen Krieges für die ganze Welt bedeuten würde.

Die Frage, die sich heute der Welt stellt, Herr Reichskanzler, ist nicht eine Frage von Irrtümern oder Ungerechtigkeiten der Vergangenheit. Es ist eine Schicksalsfrage für die Welt von heute und morgen. Die Welt fordert von uns, die wir im Augenblick an der Spitze der Völker stehen, alle unsere Fähigkeiten aufzubieten, den Völkern die Erfüllung ihrer geschichtlichen Aufgaben zu erlauben, ohne sie den Preis von Millionen von Verstümmelten und Toten zahlen zu lassen.

Die Anwendung von Waffengewalt im Weltkrieg hat nicht zur Beruhigung der Welt geführt. Sieg wie Niederlage waren gleicherweise unfruchtbar. Daraus hätte die Welt eine Lehre ziehen sollen. Hauptsächlich aus diesem Grunde habe ich mich am 26. September mit meinem Aufruf an Eure Exzellenz, an den Präsidenten der Tschechoslowakei und an die Ministerpräsidenten Großbritanniens und Frankreichs gewendet.

Die zwei Gedanken, die ich zu unterstreichen wünschte, waren: erstens, daß alle Streitpunkte zwischen der deutschen und der tschechoslowakischen Regierung mit friedlichen Mitteln beigelegt werden können und sollen; zweitens, daß die drohende Alternative der Gewaltanwendung in einem Ausmaß, das wahrscheinlich zu einem Weltkrieg führen würde, ebenso überflüssig wie ungerechtfertigt ist. Es ist daher von höchster Wichtigkeit, daß die Verhandlungen ohne Unterbrechung fortgesetzt werden, bis eine gerechte und konstruktive Lösung gefunden wird.

Ich bin um so tiefer von der Richtigkeit dieser beiden Gedanken überzeugt, als verantwortliche Staatsmänner amtlich erklärt haben, daß ein grundsätzliches Übereinkommen zwischen den Regierungen des Deutschen Reiches und der Tschechoslowakei bereits zustandegekommen ist, und daß nur die Fristen, Methoden und Einzelheiten seiner Durchführung in Frage stehen.

*

 

26. Oktober 1938.

Kein Furchtfriede – kein Schwertfriede

In München waren die Vertreter Großbritanniens und Frankreichs vor Hitlers Drohungen zurückgewichen. Es war jedoch klar, daß die fortgesetzten deutschen Forderungen die Aufrechterhaltung des Friedens auf die Dauer unmöglich machten. Mit dieser Frage beschäftigte sich eine Rundfunkrede, die Präsident Roosevelt am 26. Oktober 1938 in New York hielt.

»Niemand, der die ernsten Stunden des letzten Monats erlebt hat, kann daran zweifeln, daß sich die überwiegende Mehrheit der Völker der Welt nach einem dauerhaften Frieden sehnt. Unsere Aufgabe ist es nun, diese Friedenssehnsucht in die Form von festen Grundsätzen zu bringen, die die einzige Grundlage eines dauerhaften Friedens bilden können.

Es wird immer klarer, daß ein durch Furcht erzwungener Friede weder höheren noch dauerhafteren Wert besitzt als ein Friede, der durch das Schwert erzwungen ist.

Friede kann nicht bestehen, wenn die Herrschaft des Rechts durch fortgesetzte Verherrlichung nackter Gewalt verdrängt wird. Friede kann nicht bestehen, wenn Kriegsdrohungen vorsätzlich als ein Instrument der Staatspolitik verwendet werden.

Friede kann nicht bestehen, wenn die Zerstreuung von Millionen hilfloser und verfolgter Wanderer über die ganze Welt – Wanderer, die nicht wissen, wo sie ihr Haupt niederlegen können – zu einem planmäßigen Mittel der Staatspolitik gemacht wird.

Friede kann nicht bestehen, wenn es einfachen Menschen verwehrt ist, ihren Gedanken und Gefühlen Ausdruck zu verleihen und ihrem Gott zu dienen.

Und Friede kann nicht bestehen, wenn die Reichtümer der Wirtschaft, die dem sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbau dienstbar gemacht werden sollten, einem verschärften Wettrüsten zugeleitet werden, das nur Argwohn und Furcht verstärkt und den wirtschaftlichen Wohlstand jedes einzelnen Volkes bedroht.

Niemals in der modernen Geschichte ist die Verantwortung der Regierungen klarer und tiefer gewesen.

Ich spreche für die Vereinigten Staaten, ein Land, das an Kriegen kein Interesse hat. Wir begehren nichts als gute Beziehungen mit unseren Nachbarn; und wir begreifen, daß heute die ganze Welt unser Nachbar geworden ist.

Aber die Grundsätze guter Nachbarschaft schließen gewisse fundamentale Verpflichtungen zur Gegenseitigkeit ein. Es muß der bewußte und vorsätzliche Wille vorhanden sein, politische Änderungen, die durch geänderte Bedingungen erforderlich werden, auf friedlichem Wege zu vollziehen.

Das bedeutet angemessene Rücksicht auf die Heiligkeit von Verträgen. Das bedeutet ferner das bewußte Aufgeben einer Politik, die Furcht und Not erzeugt. Es bedeutet endlich Selbstdisziplin, imstande zu sein, dem ausschweifenden Ehrgeiz zu widerstehen; denn es ist dieser Ehrgeiz, der Unsicherheit und Intoleranz ausbrütet und so jene wirtschaftliche und sittliche Genesung hintanhält, deren die Welt so bitter bedarf.

Man kann Zivilisation nicht auf Militarismus gründen, wenn man gleichzeitig wünscht, daß Vernunft die Geschicke der Menschheit beherrsche.

*

 

14. April 1939.

Der zweite Appell an Hitler

Am 14. März 1939 marschierte Hitler unter Bruch seiner Versprechungen in die Tschechoslowakei ein, annektierte Böhmen und Mähren und machte die Slowakei zu einem deutschen Vasallenstaat. Eine Woche später besetzte er den Ostseehafen Memel. Am Karfreitag, den 7. April, überfiel Mussolini Albanien. In der Botschaft an Hitler und Mussolini vom 14. April 1939 verlangte Präsident Roosevelt eine Zusicherung, daß sie kein weiteres unabhängiges Land überfallen würden. Diese Botschaft, die Hitler unbeantwortet ließ, lautet:

»Schon einmal habe ich mich im Interesse der Beilegung politischer, wirtschaftlicher und sozialer Probleme auf friedlichem Wege und unter Vermeidung von Waffengewalt an Sie gewandt.

Aber der Lauf der Ereignisse scheint zur Gewaltandrohung zurückgeführt zu haben. Wenn solche Drohungen andauern, dann erscheint es uns unvermeidlich, daß große Teile der Welt gemeinsam zugrunde gehen werden. Die ganze Welt – Sieger, Besiegte und Neutrale – wird der Leidtragende sein.

Ich lehne es ab, daran zu glauben, daß die Welt notwendigerweise ein Sklave des blinden Schicksals sein müsse. Im Gegenteil, es liegt klar in der Macht der Führer der großen Nationen, ihre Völker von der Gefahr dieses drohenden Unheils zu befreien. Und es ist gleicherweise klar, daß die Völker selbst mit aller Kraft ihres Denkens und Fühlens die Beseitigung dieser Furcht herbeisehnen.

Unglücklicherweise ist es jedoch notwendig, von Ereignissen der jüngsten Gegenwart Kenntnis zu nehmen.

Drei Völker in Europa und ein Volk in Afrika haben die Vernichtung ihrer Unabhängigkeit erleben müssen. Ein riesiges Gebiet einer anderen unabhängigen Nation im Fernen Osten ist von einem Nachbarstaat besetzt. Berichte, die, wie wir hoffen, unrichtig sind, sprechen mit Bestimmtheit davon, daß weitere Angriffshandlungen gegen weitere unabhängige Nationen erwogen werden. Es ist klar, daß sich die Welt dem Augenblick nähert, wo sich diese Lage in einer Katastrophe entladen muß, es sei denn, daß eine mehr auf Vernunft gegründete Methode gefunden wird, Ereignissen ihren Weg vorzuzeichnen.

Sie haben wiederholt versichert, daß Sie und das deutsche Volk keinen Krieg wünschen. Wenn das wahr ist, dann braucht es keinen Krieg zu geben.

Nichts wird die Völker der Erde davon überzeugen, daß irgendeine Regierung ein Recht habe oder gezwungen sei, die Leiden des Krieges über ihr eigenes oder irgendein anderes Volk zu verhängen, es sei denn im Falle offenkundiger Verteidigung ihres Heimatbodens.

Ich bin überzeugt, daß die Sache des Weltfriedens wesentlich gefördert werden würde, wenn die Völker der Welt eine offene Erklärung über die gegenwärtige und zukünftige Politik der Regierungen erlangen könnten.

Da die Vereinigten Staaten als ein Land der westlichen Hemisphäre von den gegenwärtigen Streitfragen in Europa nicht berührt werden, vertraue ich darauf, daß Sie bereit sein werden, mir, dem Oberhaupt eines Volkes, das fern von Europa lebt, eine solche Erklärung über Ihre politischen Absichten zu übermitteln, damit ich sie an andere Länder weiterleiten kann, die jetzt in Sorge über den möglichen Kurs Ihrer Regierung sind; ich handle dabei einzig und allein unter der Verantwortung und den Verpflichtungen eines freundschaftlichen Vermittlers.

Sind Sie bereit, die Versicherung zu geben, daß Ihre bewaffneten Streitkräfte die folgenden unabhängigen Länder nicht angreifen und nicht in ihre Gebiete oder Besitzungen eindringen werden? Diese Länder sind: Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Schweden, Norwegen, Dänemark, die Niederlande, Belgien, Großbritannien und Irland, Frankreich, Portugal, Spanien, die Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg, Polen, Ungarn, Rumänien, Jugoslawien, Rußland, Bulgarien, Griechenland, die Türkei, Irak, die arabischen Staaten, Syrien, Palästina, Ägypten und Persien.

Solch eine Versicherung muß klarerweise nicht nur für den Augenblick, sondern auch lange genug für die Zukunft gelten, um die Möglichkeit zu gewährleisten, mit friedlichen Mitteln für einen dauerhaften Frieden zu wirken. Ich schlage daher vor, das Wort »Zukunft« auf eine Nichtangriffsperiode von wenigstens zehn Jahren oder, wenn wir so weit vorausblicken dürfen, von fünfundzwanzig Jahren anzuwenden.

Sollte Ihre Regierung eine solche Versicherung abgeben, so will ich sie sofort an die Regierungen der von mir genannten Länder weiterleiten und diese gleichzeitig befragen, ob sie, wie ich Grund habe zu glauben, bereit sind, ihrerseits eine entsprechende Versicherung abzugeben, die ich an Sie weiterleiten würde.

Gegenseitige Versicherungen der Art, wie ich sie hier umrissen habe, werden unmittelbar zur Entspannung der Weltlage beitragen.

*

 

24. und 25. August 1939.

Der letzte Appell an Hitler

Zwei Briefe an den Reichskanzler Hitler

Deutschland und Italien unterzeichneten am 22. Mai 1939 ein zehnjähriges Militärbündnis. Unmittelbar darauf widerrief Hitler den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt, erklärte es für notwendig, die Freie Stadt Danzig zu annektieren, und verlangte das Recht, eine extraterritoriale Straße durch den polnischen Korridor zu bauen. Hitler erklärte erneut, daß er keinerlei weitere Gebietsforderungen in Europa habe.

Präsident Roosevelt forderte am 24. und 25. August in den folgenden zwei Schreiben an Hitler nochmals eine friedliche Lösung der Streitfragen durch einen unparteiischen Schiedsspruch. Polen nahm den Vorschlag des Präsidenten an; Deutschland lehnte ihn ab. Ohne Kriegserklärung überschritten deutsche Truppen am 1. September 1939 die polnische Grenze. Der zweite Weltkrieg hatte begonnen.

 

Schreiben an den Reichskanzler Hitler vom 24. August 1939:

»In der Botschaft, die ich Ihnen am 14. April dieses Jahres übersandte, erklärte ich, daß es meiner Meinung nach in der Macht der Führer der großen Völker liege, die über ihren Ländern schwebende Katastrophe abzuwenden, daß aber die Krise, der sich die Welt gegenübergestellt sah, in einer Katastrophe enden müsse, wenn nicht sofort mit allseitigem gutem Willen versucht würde, eine friedliche und konstruktive Lösung der vorhandenen Streitfragen zu finden. Diese Katastrophe erscheint heute furchtbar nahe.

Auf meine Botschaft vom April habe ich keine Antwort erhalten. Da es jedoch mein fester Glaube ist, daß die Sache des Weltfriedens, die die Sache der Menschheit selbst ist, über allen anderen Erwägungen steht, wende ich mich neuerlich an Sie, in der Hoffnung, daß der drohende Krieg mit all dem Unglück, das er für alle Völker im Gefolge hat, doch noch abgewendet werden kann.

Ich appelliere daher an Sie dringend und mit allem Ernst – ein gleicher dringender Appell ergeht auch an den Präsidenten der polnischen Republik –, zu veranlassen, daß sich die Regierungen Deutschlands und Polens auf Grund eines gemeinsamen Abkommens während einer annehmbaren festzulegenden Periode jeder aktiven Angriffshandlung enthalten, und daß sie einem Übereinkommen zustimmen, die schwebenden Streitfragen durch eine der drei folgenden Methoden zu lösen: erstens, durch direkte Verhandlungen, oder zweitens, durch Überweisung der Streitfragen an ein unparteiisches Schiedsgericht, welches das Vertrauen beider Seiten besitzt, oder drittens, durch ein Schlichtungsverfahren. Als Vermittler oder Vorsitzender in diesem Verfahren wäre ein Bürger einer der traditionell neutralen Staaten Europas oder ein Bürger einer der amerikanischen Republiken zu wählen, die alle weder direkt noch indirekt an den politischen Angelegenheiten Europas beteiligt sind.

Da sowohl Polen wie Deutschland souveräne Staaten sind, versteht es sich von selbst, daß nach Annahme irgendeines meiner drei Vorschläge beide Staaten übereinkommen würden, ihre gegenseitige Unabhängigkeit und territoriale Unverletzlichkeit voll zu respektieren.

Das Volk der Vereinigten Staaten ist einmütig in seinem Widerstand gegen eine Politik militärischer Eroberungen und militärischer Herrschaft. Es lehnt einmütig die Lehre ab, daß irgendein Herrscher oder irgendein Volk das Recht besitze, seine Absichten durch Maßnahmen zu verwirklichen, die ungezählte Millionen Menschen in einen Krieg stürzen, der über alle Völker der Welt, kriegführende wie neutrale, Leid und Elend bringen muß, wenn diese Ziele, sofern sie gerecht und vernünftig sind, auch durch friedliche Verhandlungen oder durch schiedsgerichtliches Verfahren erreicht werden können.

Ich appelliere an Sie im Namen des Volkes der Vereinigten Staaten – und ich glaube gleichzeitig im Namen aller friedliebender Männer und Frauen der ganzen Welt zu sprechen –, einer Lösung der schwebenden Streitfragen zwischen Ihrer und der polnischen Regierung durch die Annahme einer der von mir vorgeschlagenen Methoden zuzustimmen. Ich brauche kaum zu wiederholen, daß, sollten die Regierungen Deutschlands und Polens gewillt sein, ihre Differenzen auf dem vorgeschlagenen friedlichen Wege auszutragen, die Regierung der Vereinigten Staaten wie bisher bereit ist, ihren Beitrag zur Lösung der Probleme, die den Weltfrieden bedrohen, zu leisten, wie ich das in meinem Schreiben vom 14. April dargelegt habe.«

*

 

Brief an den Reichskanzler Hitler vom 25. August 1939:

»Ich habe soeben vom polnischen Staatspräsidenten eine Antwort auf die Botschaft erhalten, die ich gestern abend an Eure Exzellenz und an ihn gerichtet habe. Die Antwort des Präsidenten Moszicki lautet:

›Ich begrüße aufs wärmste die überaus wichtige und edle Botschaft, die Eure Exzellenz gütigst an mich gerichtet haben.

Ich möchte betonen, daß die polnische Regierung von jeher direkte Verhandlungen zwischen Regierungen als die geeignete Methode erachtet hat, Schwierigkeiten zu überwinden, die sich zwischen Staaten ergeben. Wir halten diese Methode für um so angemessener, wenn sie zwischen Nachbarländern angewendet wird. Diesen Grundsatz hatte Polen im Auge, als es mit Deutschland und mit der Union der Sowjetrepubliken Nichtangriffsverträge abschloß.

Ebenso betrachten wir die Methode des Schlichtungsverfahrens durch eine dritte Partei, die so unbefangen und unparteiisch wie Eure Exzellenz ist, als recht und billig in der Lösung internationaler Streitfragen.

Obwohl ich natürlich vermeiden möchte, auch nur den Anschein zu erwecken, als wollte ich bei dieser Gelegenheit die gegenwärtigen Streitfragen aufrollen, so betrachte ich es dennoch als meine Pflicht, darauf hinzuweisen, daß es nicht Polen ist, das in dieser Krise Ansprüche stellt oder Zugeständnisse von anderen Völkern fordert.

Es ist daher nur natürlich, daß Polen zustimmt, von jedem positiven feindseligen Akt abzusehen, unter der Voraussetzung, daß die andere Partei zustimmt, sich ebenfalls jedes solchen direkten oder indirekten Aktes zu enthalten.

Darf ich zum Abschluß meinem heißen Wunsch Ausdruck geben, daß der Friedensaufruf Eurer Exzellenz zur allgemeinen Befriedung beitragen möge, deren die Völker der Welt so bitter bedürfen, um wieder zu den gesegneten Pfaden des Fortschritts und der Zivilisation zurückzukehren.‹

Eure Exzellenz hat wiederholt öffentlich erklärt, daß die Ziele, die das Deutsche Reich erstrebt, gerecht und maßvoll sind. Der polnische Staatspräsident hat in seiner Antwort auf meine Botschaft klargemacht, daß die polnische Regierung bereit ist, der Beilegung des Konfliktes, der zwischen der Republik Polen und dem Deutschen Reich entstanden ist, auf der Grundlage, die ich in meiner Botschaft dargelegt habe, durch direkte Verhandlungen oder durch ein Schiedsverfahren zuzustimmen.

Ungezählte Menschenleben können noch gerettet werden, und die Hoffnung kann wieder aufleben, daß die Völker unserer Zeit selbst jetzt noch die Grundlagen für friedliche und glücklichere Beziehungen schaffen könnten, wenn Sie und die Regierung des Deutschen Reiches den friedlichen Methoden der Schlichtung zustimmen, zu denen die polnische Regierung sich bereit erklärt hat.

Die ganze Welt betet, daß auch Deutschland sie annehmen möge.

*

 

13. April und 10. Mai 1940.

Protest gegen Überfälle auf friedliche Länder

Wie im Jahre 1914, so überfiel Deutschland im Jahre 1940 ohne vorherige Warnung neutrale Länder, diesmal Dänemark, Norwegen, Belgien, Luxemburg und die Niederlande. Präsident Roosevelt protestierte gegen den Überfall auf Dänemark und Norwegen am 13. April. Einige Wochen später, am 10. Mai, verurteilte der Präsident in einer Ansprache an den 8. Panamerikanischen Naturwissenschaftler-Kongreß den deutschen Angriff auf die Niederlande.

 

1. Erklärung vom 13. April über den Angriff auf Norwegen und Dänemark

»Rohe Gewalt und militärische Angriffslust haben sich wieder einmal die kleinen Völker zum Opfer ausersehen. Diesmal sind Dänemark und Norwegen die Überfallenen. Diese zwei Völker haben sich seit vielen Generationen die Achtung und Schätzung nicht allein Amerikas, sondern aller Nationen durch ihr vorbildliches Verhalten in ihren inneren und auswärtigen Angelegenheiten erworben.

Die Regierung der Vereinigten Staaten hat anläßlich der jüngsten Überfälle ihre Mißbilligung dieser gesetzlosen Ausübung von Gewalt in aller Schärfe ausgedrückt. Sie besteht hiermit auf ihrem Standpunkt, wie er bereits früher dargelegt wurde, mit unvermindertem Nachdruck. Wenn die Zivilisation erhalten bleiben soll, dann muß das Recht der kleinen Völker auf Unabhängigkeit, territoriale Unverletzbarkeit und unbehinderte Selbstregierung von ihren mächtigeren Nachbarn geachtet werden.«

 

2. Erklärung über den Überfall auf Belgien, Luxemburg und die Niederlande

»Während der letzten Jahre haben wir Ereignisse einander folgen sehen, von denen jedes für sich unsere Hoffnung auf eine friedliche Entwicklung der modernen Zivilisation erschüttert hat. Heute, da ich zu Ihnen spreche, sind drei weitere selbständige Staaten auf brutalste Weise mit Waffengewalt überfallen worden.

Unter gewissen Verhältnissen gewöhnt sich der menschliche Geist selbst an außerordentliche Geschehnisse, wenn sie sich nur oft genug wiederholen. Dies gilt jedoch nicht für die Weltereignisse von heute – und ich bin stolz darauf, daß es so ist. Es erfüllt mich mit Genugtuung, daß die tragischen Nachrichten über Belgien, Holland und Luxemburg das amerikanische Volk erschüttert und empört haben.

Die überwältigende Mehrheit der Menschheit verabscheut Krieg, Blutvergießen und Eroberung; sie betet, daß sich die Hand des Nachbarn nicht gegen den Nachbarn erhebe. Die ganze Welt hat es erlebt, wie in den letzten Jahren bei so vielen Gelegenheiten und in so vielen Teilen der Erde Angriff auf Drohung folgte. Wir sind daher widerstrebend zu der Erkenntnis gekommen, daß eine Fortsetzung dieser Gewalthandlungen das Fortleben jener Form der Zivilisation in Frage stellt, an die alle Nationen des amerikanischen Kontinents gewöhnt sind.

Wir und die meisten Menschen der Welt glauben an eine Zivilisation, die aufbaut und nicht zerstört. Wir und die meisten Menschen der Welt sind des Glaubens, daß jedermann ein angeborenes Recht besitzt, sein eigenes Leben selbst zu gestalten, solange der einzelne seinen Mitmenschen kein Leid tut. Wir benennen dieses Recht, dieses Ideal, mit sinnverwandten Wörtern: wir nennen es individuelle Freiheit, wir nennen es bürgerliche Freiheit, und wir nennen es Demokratie, was meiner Meinung nach der beste Name ist.

Ich bin ein Pazifist. Sie, meine Mitbürger der einundzwanzig amerikanischen Republiken, sind auch Pazifisten. Aber ich glaube, daß Sie und ich schließlich, wenn es notwendig sein sollte, dem Wunsche überwältigender Mehrheiten folgend, zusammen handeln werden, um mit allen Mitteln unsere Wissenschaft, unsere Zivilisation, unsere Kultur und unsere amerikanische Freiheit zu schützen und zu verteidigen.«

*

 

29. Dezember 1940.

Das Arsenal der Demokratie

Der europäische Krieg zog ein Land nach dem anderen in Mitleidenschaft. Deutschen Eroberungen sich an die Fersen heftend, überfielen die Faschisten Frankreich und später Griechenland. Frankreich war besiegt. Die neue französische Regierung unter Marschall Petain hatte einen Waffenstillstand unterzeichnet. Großbritannien stand allein. – Am 27. September 1940 unterzeichneten Deutschland, Italien und Japan in Berlin den Dreimächtepakt und schlossen somit ein Bündnis zwischen Faschismus, Nationalsozialismus und japanischem Militarismus. Der Pakt sieht vor, daß, wenn eines der drei Völker von einem Lande, »das gegenwärtig nicht in den europäischen Krieg oder den chinesisch-japanischen Konflikt verwickelt ist«, angegriffen wird, die beiden anderen Mächte verpflichtet sind, militärischen Beistand zu leisten. Diese Klausel richtete sich gegen die Vereinigten Staaten. Präsident Roosevelt behandelte diese Drohung am 29. Dezember 1940.

»Noch niemals, seit unsere Vorväter in Amerika landeten, hat sich die amerikanische Nation in einer solchen Gefahr befunden wie heute.

Denn drei mächtige Nationen, zwei in Europa und eine in Asien, haben sich durch einen Vertrag, den sie am 27. September 1940 in Berlin unterzeichneten, zusammengeschlossen und drohen, daß sie, falls die Vereinigten Staaten das Expansionsprogramm dieser drei Nationen – ein Programm, das nach der Weltherrschaft strebt – beeinträchtigen oder hindern sollten, gemeinsam zum Krieg gegen die Vereinigten Staaten schreiten würden.

Die Naziherren Deutschlands haben es klargemacht, daß sie nicht Leben und Denken in ihrem eigenen Lande beherrschen, sondern ganz Europa versklaven wollen, um sich dann mit Hilfe der Reichtümer Europas die übrige Welt zu unterwerfen.

Ihr Führer hat erst vor drei Wochen erklärt: ›Es gibt zwei Welten, die im Widerstreit gegeneinander stehen.‹ Und in einer herausfordernden Antwort an seine Gegner führte er aus: ›Wenn jene sagen, daß sie sich mit unserer Welt niemals aussöhnen können, so haben sie recht … aber ich kann jede Macht in der Welt niederschlagen.‹ Dies waren die Worte des Naziführers.

Das bedeutet, daß die Achsenmächte nicht allein zugeben, sondern sogar verkünden, daß es zwischen ihrer und unserer Auffassung über das Wesen der Regierung keine wirkliche Verständigung geben kann.

Im Hinblick auf diese unbestreitbare Drohung muß eindeutig und kategorisch erklärt werden, daß die Vereinigten Staaten weder Recht noch Anlaß haben, Friedensfühler zu ermutigen, bis der Tag kommt, an dem es klar wird, daß die Angreifer jeden Gedanken an Beherrschung oder Eroberung der Welt aufgegeben haben.

Die Streitkräfte des Staates, die sich gegen alle in Freiheit lebenden Völker verbündet haben, sind gegenwärtig von unseren Küsten ferngehalten. Die Deutschen und Italiener werden durch britische, griechische und tausende andere Soldaten und Seeleute, die aus unterworfenen Ländern entkommen konnten, jenseits des Ozeans in Schach gehalten. In Asien haben die Chinesen eine Abwehrfront gegen die Japaner errichtet.

Manche der europäischen Völker waren durch feierliche Nichtangriffsverträge mit Deutschland gebunden; anderen wurde von Deutschland versichert, daß sie keinen Überfall zu fürchten hätten. Gleichviel, ob Nichtangriffsverträge bestanden oder nicht, Tatsache ist, daß sie nach einem kurzfristigen Ultimatum oder selbst ohne irgendeine Warnung angegriffen, überrannt und in eine moderne Form der Sklaverei gezwungen wurden. Ein Staatsoberhaupt im Exil von einem dieser Länder berichtete mir kürzlich: ›Das Ultimatum war eine negative Größe. Es wurde meiner Regierung zwei Stunden nach dem Einmarsch deutscher Truppen in mein Land an hundert Stellen überreicht.‹

Das Schicksal dieser Völker lehrt uns, was es heißt, im Schußbereich einer Nazikanone zu leben.

Die Nazis haben diese Handlungen mit verschiedenen frommen Schwindeleien zu rechtfertigen versucht. Eine dieser Schwindeleien ist die Behauptung, daß sie ein Land besetzten, um ›die Ordnung wiederherzustellen‹; ein anderer Schwindel ist es, ein Land mit der Ausrede zu besetzen, daß sie es gegen den Angriff eines anderen zu ›beschützen‹ hätten. So erklärte Deutschland, daß es Belgien besetze, um die Belgier vor den Engländern zu retten. Würde Deutschland zögern, einem südamerikanischen Land zu erklären: ›Wir besetzen euch, um euch vor einem Angriff der Vereinigten Staaten zu beschützen‹?

Belgien wird heute als Invasionsstützpunkt gegen Großbritannien benützt, das nun um seine Existenz zu kämpfen hat. Jedes südamerikanische Land in den Händen der Nazis würde immer ein Sprungbrett für einen deutschen Angriff auf irgendeine der anderen Republiken des amerikanischen Kontinents bilden.

Tatsächlich haben die Nazis wiederholt erklärt, daß alle anderen Rassen minderwertig seien und ihnen daher dienstbar zu sein hätten. Aber vor allem stellen die ungeheuren Hilfsquellen und Reichtümer der amerikanischen Hemisphäre die verlockendste Beute der ganzen Welt dar.

Verschließen wir nicht länger unsere Augen vor der unbestreitbaren Tatsache, daß die Kräfte des Bösen, die so viele andere Länder unterwühlt, zersetzt und zerschmettert haben, bereits in unsere Tore eingedrungen sind. Die amerikanische Regierung ist gut darüber unterrichtet und spürt sie auf, tagaus, tagein.

Deutsche Geheimagenten sind in unserem Land und in unseren Nachbarländern eifrig tätig. Sie suchen Argwohn und Zwietracht zu säen, um zu inneren Kämpfen aufzustacheln. Sie suchen die Arbeiter gegen die Unternehmer und die Unternehmer gegen die Arbeiter aufzuhetzen. Sie suchen längst vergessene Rassen- und Religionsfeindschaften wiederzuerwecken, für die es in unserem Land keinen Raum geben sollte. Sie sind in jeder Gruppe tätig, die für Unduldsamkeit wirkt. Sie beuten unseren natürlichen Abscheu vor dem Krieg für ihre eigenen Zwecke aus. Diese Unruhestifter haben nur ein einziges Ziel: unser Volk in feindliche Gruppen zu zerspalten, unsere Einigkeit zu zerstören und unseren Willen zur Selbstverteidigung zu brechen.

Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre haben über jeden Zweifel hinaus bewiesen, daß kein Volk die Nazis friedlich stimmen kann. Niemand kann einen Tiger durch zärtliches Streicheln zu einem Kätzchen zähmen. Brutalität kann nicht besänftigt werden; mit Brandbomben kann man nicht argumentieren. Wir wissen, kein Volk kann Frieden mit den Nazis haben, es sei denn um den Preis vollkommener Unterwerfung.

Selbst das italienische Volk ist gezwungen worden, zum Mitschuldigen der Nazis zu werden; aber im Augenblick weiß es noch nicht, wie bald es in der Umarmung seiner Verbündeten erstickt werden wird.

Jene Amerikaner, die Frieden um jeden Preis wollen, lassen die Lehre unbeachtet, die sich aus dem Schicksal Österreichs, der Tschechoslowakei, Polens, Norwegens, Belgiens, Hollands, Dänemarks und Frankreichs ergibt. Sie sagen, daß die Achsenmächte den Krieg auf alle Fälle gewinnen werden, daß all dieses Blutvergießen der Welt erspart werden könnte und daß die Vereinigten Staaten ebensogut ihren Einfluß in die Waagschale eines Diktatfriedens werfen und trachten könnten, dabei möglichst viel für sich selbst herauszuschlagen.

Diese Leute nennen das einen Verständigungsfrieden. Welch ein Unsinn! Wenn eine Bande von Verbrechern eure Stadt umzingelt und mit der Drohung, euch zu vertilgen, einen Tribut erzwingt, und wenn ihr ihn zahlt, um das nackte Leben zu retten – ist das ein Verständigungsfrieden?

Solch ein Friedensdiktat wäre überhaupt kein Friede. Es wäre nur ein weiterer Waffenstillstand, der zum furchtbarsten Wettrüsten und zu den verheerendsten Handelskriegen in der Weltgeschichte führen würde. Und in diesem Konflikt würden dann die amerikanischen Republiken allein wirklichen Widerstand gegen die Achsenmächte zu leisten haben.

Hinter all dem Prahlen von deutscher Tüchtigkeit und den Redensarten über ihre hohen Ziele in diesem Krieg sehen wir die Konzentrationslager und die Diener Gottes in Ketten.

Die Geschichte der letzten Jahre beweist, daß Erschießungen, Ketten und Konzentrationslager nicht einfach zeitweilige Werkzeuge, sondern in Wirklichkeit der Hochaltar moderner Diktatur sind. Die Diktatoren mögen von einer ›Neuen Ordnung‹ der Welt sprechen. Aber was sie in Wirklichkeit meinen, ist nichts als Wiederbelebung der ältesten und schlimmsten Tyrannei –, das heißt ein Leben ohne Freiheit, ohne Religion und ohne Hoffnung.

Diese geplante ›Neue Ordnung‹ ist das gerade Gegenteil der vereinigten Staaten von Europa oder der vereinigten Staaten von Asien. Sie stellt nicht eine Regierung dar, die auf der Zustimmung der Regierten beruht. Sie ist nicht ein Bund einfacher, anständiger Menschen, die sich selbst, ihre Freiheit und ihre Menschenwürde gegen Unterdrückung verteidigen wollen. Sie ist eine unheilige Allianz von Mammon und Macht, um das Menschengeschlecht zu beherrschen und zu versklaven.

Die Politik unseres Landes ist nicht auf Krieg gerichtet. Ihr einziger Zweck ist, den Krieg von unserem Land und unserem Volk fernzuhalten.

Der Kampf der Demokratie gegen Welteroberung wird und muß in stärkerem Maß durch die Rüstungen der Vereinigten Staaten unterstützt werden. Jede Tonne Munition und jedes Gramm Lebensmittel, die wir irgendwie erübrigen können, müssen an die Verteidiger der Frontlinie geliefert werden.

Wir müssen das große Arsenal der Demokratie sein. Wir befinden uns in einem Notstand, der so ernst ist wie der Krieg selbst. Wir müssen uns unserer Aufgabe mit derselben Entschlossenheit, mit demselben Sinn für ihre Dringlichkeit, in demselben Geist der Vaterlandsliebe und Opferwilligkeit widmen, den wir im Kriege selbst aufbringen würden.

Nichts wird uns in unserem Entschluß behindern, Großbritannien beizustehen. Kein Diktator und kein Bündnis von Diktatoren wird unsere Entschlossenheit durch Drohungen schwächen, wie immer sie diese unsere Entschlossenheit auch auffassen mögen.

Ich bin davon überzeugt, daß die Achsenmächte diesen Krieg nicht gewinnen werden.«

*

 

6. Januar 1941.

Die vier Freiheiten

Während die deutschen Armeen triumphierend durch Europa marschierten, verkündete Präsident Roosevelt am 6. Januar 1941 die Grundsätze einer zukünftigen Welt, die auf die Freiheit des Menschen gegründet sein soll.

»Wir haben es nicht nötig, von den Unvollkommenheiten des Versailler Friedens übermäßiges Aufheben zu machen. Wir haben es nicht nötig, auf den Fehlern der Demokratien bei der Lösung der Probleme des Wiederaufbaus der Welt herumzureiten. Wir sollten uns daran erinnern, daß der Friede von 1919 nicht im entferntesten so ungerecht war wie die ›Befriedung‹, die noch vor München begann, nun unter der ›Neuen Ordnung‹ der Tyrannei durchgeführt wird und sich heute über alle Kontinente auszubreiten sucht. Dieser Tyrannei tritt das amerikanische Volk unerschütterlich entgegen.

Jedermann, der klar sieht, weiß, daß die demokratische Lebensform heute überall in der Welt direkten Angriffen ausgesetzt ist, entweder durch Waffengewalt oder durch die geheime Verbreitung giftiger Propaganda. Es ist das Werk derer, die sich bemühen, die Einheit der Welt zu zerstören und Zwietracht unter den Völkern zu säen, die noch in Frieden leben. Während der letzten sechzehn Monate – sechzehn langer Monate – hat dieser Angriff dem demokratischen Leben einer erschreckend hohen Zahl großer und kleiner unabhängiger Völker ein Ende bereitet. Die Angreifer sind noch immer in der Offensive und bedrohen immer neue Völker, große wie kleine.

Bewaffnete unerschrockene Verteidigung demokratischer Lebensform ist heute in vier Kontinenten im Gange. Sollte dieser Verteidigungskampf fehlschlagen, dann werden alle Bewohner und alle Hilfsquellen Europas, Asiens, Afrikas und Australiens unter die Herrschaft der Eroberer geraten.

Kein realistisch denkender Amerikaner wird erwarten, daß ein Diktator einen Frieden auf der Basis internationalen Großmuts, der Rückkehr zur wirklichen Unabhängigkeit der Völker, der Weltabrüstung, der Gesinnungs- und Religionsfreiheit oder auch nur ungestörte Handelsbeziehungen gewähren wird. Solch ein Friede würde weder uns noch unseren Nachbarn Sicherheit bieten. ›Wer grundsätzliche Freiheit preisgibt, um sich zeitweilige schäbige Sicherheit zu erkaufen, verdient weder Freiheit noch Sicherheit.‹

Wir wollen den Demokratien sagen: ›Euer Kampf für die Freiheit ist für uns Amerikaner eine Angelegenheit unseres eigenen Lebens. Wir werden alle unsere Energien, alle unsere Hilfsquellen und unsere Organisationsfähigkeit aufbieten, um euch die Kraft zu verleihen, die Freiheit der Welt wiederzugewinnen und sie zu bewahren. Wir werden euch Schiffe, Flugzeuge, Panzer und Geschütze senden, in stetig wachsender Zahl, das ist unser Vorsatz und unser Gelübde.‹

In der Erfüllung dieses Entschlusses werden wir uns von den Drohungen der Diktatoren nicht einschüchtern lassen. Diese erklären, daß sie unsere Unterstützung der Demokratien, die den Mut gefunden haben, sich ihrer Angriffe zu erwehren, als einen Bruch des Völkerrechtes und als einen Kriegsakt ansehen würden. Unser Beistand ist keine Kriegshandlung, selbst wenn ein Diktator ihn einseitig als solche proklamiert.

Wenn die Diktatoren einmal entschlossen sind, gegen uns Krieg zu führen, dann werden sie nicht erst auf eine Kriegshandlung unsererseits warten. Sie haben nicht gewartet, bis Norwegen, Belgien und Holland Kriegshandlungen begangen haben. Sie sind nur an einem neuen, einseitigen Völkerrecht interessiert, das keine gegenseitigen Bindungen kennt und so zu einem Instrument der Unterdrückung wird.

Von der Zukunft, die wir zu einer Zukunft der Sicherheit machen wollen, erhoffen wir eine Welt, die sich auf vier entscheidende Freiheiten der Menschheit gründet.

Die erste Freiheit ist die Freiheit der Rede und der Meinungsäußerung – überall in der Welt.

Die zweite Freiheit ist die Freiheit eines jeden, Gott auf seine Weise zu dienen – überall in der Welt.

Die dritte Freiheit ist Freiheit von Not. Das bedeutet, gesehen vom Gesichtspunkt der Welt, wirtschaftliche Verständigung, die für jede Nation ein gesundes, friedliches Leben gewährleistet – überall in der Welt.

Die vierte Freiheit ist Freiheit von Furcht. Das bedeutet, gesehen vom Gesichtspunkt der Welt, weltweite Abrüstung, so gründlich und so weitgehend, daß kein Volk mehr in der Lage sein wird, irgendeinen Nachbarn mit Waffengewalt anzugreifen – überall in der Welt.

Das ist keine Vision eines fernen tausendjährigen Reiches. Es ist eine feste Grundlage für eine Welt, die schon in unserer Zeit und für unsere Generation verwirklicht werden kann. Diese Welt steht in tiefstem Gegensatz zu der sogenannten ›Neuen Ordnung‹ der Tyrannei, welche die Diktatoren im Krachen der Bomben zu errichten suchen.

Dieser ›Neuen Ordnung‹ stellen wir eine größere Idee gegenüber – die sittliche Ordnung.«

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15. März 1941.

Preußentum und Nationalsozialismus

Präsident Roosevelt beschrieb in einer weltweiten Rundfunkrede am 15. März 1941 das Wesen des Nationalsozialismus und erklärte, daß das amerikanische Volk jeden Versuch einer Verständigung mit den Nazis ablehne.

»Der preußische Absolutismus war schlimm genug, der Nazismus aber ist viel schlimmer. Die Nazis erstreben nicht allein Besitzveränderungen in den Kolonien oder bescheidene Grenzveränderungen in Europa. Sie erstreben offen die Zerstörung aller aus Volkswahlen hervorgegangenen Regierungssysteme, einschließlich unseres eigenen, und wollen sie durch ein Regierungssystem ersetzen, das alle Menschen dem Kommando einer Handvoll von Tyrannen unterwirft, die durch Gewalt zur Macht gekommen sind.

Diese Leute und ihre hypnotisierten Anhänger nennen dieses System eine ›Neue Ordnung‹. Es ist nicht neu und es ist keine Ordnung. Denn Ordnung unter den Völkern setzt etwas Bleibendes voraus, ein System der Gerechtigkeit, unter dem Menschen willig sind, lange geschichtliche Zeiträume hindurch zu leben. Die Menschheit wird niemals dauernd ein System annehmen, das ihr von einem Eroberer aufgezwungen ist und sie versklavt.

Diese modernen Tyrannen müssen, um ihre Pläne auszuführen, jede Demokratie ausmerzen – eine nach der andern. Die Völker Europas – und selbst wir Amerikaner – hatten diese Pläne nicht durchschaut. Jetzt durchschauen wir sie. Die Ausmerzung der europäischen Staaten ging indessen während der Jahre 1939 und 1940 planmäßig weiter vor sich, bis dieser Plan durch die unbesiegbaren Verteidiger Großbritanniens zerschlagen wurde.

Die Feinde der Demokratie haben in ihren Berechnungen aus einem sehr einfachen Grund geirrt. Sie haben geirrt, weil sie glaubten, daß die Demokratie unfähig sei, sich der schrecklichen Wirklichkeit einer Welt im Krieg anzupassen. Sie glaubten, daß die Demokratie, erfüllt von der ihr eigenen tiefen Achtung vor den Menschenrechten, niemals zu den Waffen greifen und kämpfen würde. Sie glaubten, daß die Demokratie, immer vom Willen beseelt, mit den Nachbarn in Frieden zu leben, ihre Kräfte nicht einmal zu ihrer eigenen Verteidigung zu mobilisieren imstande sein würde.

Sie wissen nun, daß eine Demokratie eine Demokratie bleiben kann, als Demokratie sprechen, zu Entscheidungen gelangen und sich zu ihrer Verteidigung hinreichend bewaffnen kann.

Die Propagandaämter der Achsenmächte haben zuversichtlich prophezeit, daß die Eroberung unseres Landes eine ›innere Angelegenheit‹ sein würde, eine Aufgabe, die nicht eines überwältigenden Angriffs von außen her bedürfe, sondern die durch innere Verwirrung, Spaltung und moralische Zersetzung gelöst werden könne.

Wer daran glaubt, kennt unsere Geschichte schlecht. Amerika ist kein Land, das von Kompromißlern, Defaitisten und geheimen Unruhestiftern zuschanden gemacht werden kann. Amerika ist ein Land, das seine Probleme in aller Öffentlichkeit diskutiert, und wer will, mag zuhören.

Unsere Demokratie mag langsam von Entschluß sein. Aber wenn einmal ein Entschluß gefaßt ist, dann ist es nicht der Entschluß eines einzelnen, sondern der Entschluß von 130 Millionen. Er bindet uns alle, und die Welt weiß dann, woran sie ist.

Wir haben uns entschlossen, und damit ist es mit allen Verständigungsversuchen in unserem Lande zu Ende; zu Ende mit dem Drängen, uns doch mit den Diktatoren abzufinden? zu Ende mit Kompromissen, mit der Tyrannei und den Gewalten der Unterdrückung.

Wir haben keine Zeit zu verlieren.

Wir sind fest davon überzeugt, daß – wenn unsere Produktion erst in vollem Schwung ist –, die Demokratien der Welt den Beweis liefern werden, daß Diktatoren nicht siegen können. Aber heute ist der Zeitfaktor von überragender Bedeutung. Jedes Flugzeug, jedes sonstige Kriegsgerät, ob neu oder alt, das wir erübrigen können, wollen wir über die Meere senden. Das ist Strategie des gesunden Menschenverstandes.

Es ist die große Aufgabe des Tages, die tiefe Pflicht, die auf uns ruht, unsere Erzeugnisse von den laufenden Bändern der Montagehallen unserer Fabriken in die Kampflinien der Demokratien zu senden – sofort und ohne Verzögerung!

Rasch und wirksam werden wir arbeiten können, wenn wir einig bleiben, so wie wir jetzt einig sind. Unsere Eintracht ist nicht – und wird niemals – die falsche Eintracht eines Volkes sein, das durch Drohungen eingeschüchtert und durch Propaganda irregeführt ist. Unsere Eintracht ist die freier Menschen, die die Wahrheit erkennen und der Wirklichkeit mit Verstand und Mut ins Auge schauen.

Endlich ist unser Beitrag nicht mehr nur ein Teileinsatz unserer Kraft. Heute ist er ein totaler Einsatz – nur so kann letzten Endes unsere Sicherheit garantiert werden.

Vor einem Jahr begannen wir mit dem Bau von Hunderten von Fabriken und mit der Ausbildung von Millionen von Männern. Als dann das Gesetz zur Unterstützung der Demokratien angenommen wurde, waren wir in der Lage, ein 7 000 000 000-$-Budget zu beantragen, das dem Produktionsausmaß, wie es jetzt in Aussicht genommen ist, entspricht. Dies schließt nicht nur das Kriegsmaterial selbst ein, sondern auch die Transportmittel, die zu seiner Verschiffung erforderlich sind.

Das Gesetz zur Unterstützung der Demokratien wurde am letzten Dienstag (11. März) von beiden Häusern des Kongresses angenommen; ich habe es eine halbe Stunde später unterzeichnet; fünf Minuten später billigte ich eine Liste von Kriegsmaterial, das unverzüglich verschifft werden soll. Vieles davon ist bereits auf dem Wege. Am Mittwoch empfahl ich die Bewilligung neuen Materials im Ausmaß von sieben Milliarden Dollar, und der Kongreß in seiner patriotischen Haltung setzt heute alles daran, die Genehmigung dieser Summe zu beschleunigen.

Unser Land ist auf dem Wege, das zu werden, was es gemäß dem feierlich erklärten Willen der Nation nun sein soll – das Arsenal der Demokratie.

Unser Land wird seine Aufgabe erfüllen.

Und wenn die Diktaturen zerfallen – und wir flehen zu Gott, daß dies früher geschehe, als wir jetzt zu hoffen wagen –, dann muß unser Land in der Periode des Wiederaufbaus der Welt fortfahren, seine große Rolle zu spielen.

Wir sind der Meinung, daß das Kriegsgeschrei der Diktatoren und ihr Prahlen von einer Herrenrasse sich als Gewäsch und reiner Unsinn erweisen werden. Kein Volk – in Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft – ist jemals zur Herrschaft über seine Mitmenschen berufen.

Die Welt kann nichts mit einem Volk anfangen, das sich das Recht anmaßt, weil es groß an Zahl oder militärisch stark ist, im Stechschritt über andere Völker oder Rassen hinweg zur Weltherrschaft zu marschieren. Wir glauben, daß jedes Volk, und sei es noch so klein, das angeborene Recht auf sein eigenes Volkstum besitzt.

Wir sind davon überzeugt, daß die Männer und Frauen dieser Völker, ohne Rücksicht auf ihre Größe, in friedlichem Schaffen sich selbst und der Welt dienen können, wenn sie sich um das Wohl der breiten Massen kümmern, ihren Lebens- und Gesundheitsstandard verbessern und Märkte für ihre Industrie und Landwirtschaft erschließen. Durch solches friedliches Wirken kann jedes Volk seine Zufriedenheit vertiefen und die Schrecken des Krieges und die Unmenschlichkeit im Verhalten von Mensch zu Mensch bannen.«

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29. März 1941.

Kraft durch Freiheit

Im Rahmen einer Gedenkfeier für Präsident Andrew Jackson, den Begründer der Demokratischen Partei, führte Präsident Roosevelt aus:

Die Diktatoren können es offenbar nicht begreifen, daß die Vereinigten Staaten ein Zweiparteiensystem haben und dennoch eine unteilbare und unangreifbare Nation sein können. Die totalitäre Geistesverfassung ist zu beschränkt, um die Größe eines Volkes zu erfassen, das sich in Wahlzeiten in Parteien teilt, aber zu allen Zeiten einig bleibt in seiner Hingabe an sein Land und die Ideale der Demokratie.

In den Ländern der Diktatur kann es keine Parteigegensätze geben. Denn dort haben alle so zu denken, so zu sprechen, so zu schreiben, so zu leben, wie es ihnen befohlen wird – und so zu sterben, wie es ihnen befohlen wird. In diesen Ländern steht die Nation nicht, wie bei uns, über der Partei, sondern die Partei über der Nation; ja, die Partei ist die Nation.

Jeder Mann und jede Frau muß sich dort auf dem geraden und engen Pfad des Parteiprogramms bewegen. Genau genommen, ist es nicht einmal ein Parteiprogramm, sondern das Programm, das der Diktator vorgezeichnet hat, dem die Partei gehört. In unserem Land werden Meinungsverschiedenheiten mit dem Stimmzettel ausgetragen; in den Ländern der Diktatur werden sie im Konzentrationslager unterdrückt.

Von all den großen Freiheiten, die die Grundlage unserer amerikanischen Demokratie bilden, ist die Wahlfreiheit, das heißt die freie Bekundung der politischen Wahl zwischen Kandidaten politischer Parteien, das wahre Kernstück. Denn solche Wahlen bürgen dafür, daß Freiheit der Rede, der Presse und des Rundfunks und ebenso die Religionsfreiheit niemals erstickt werden können.

Das sind die ewigen Grundsätze, die jetzt durch das Bündnis der Diktaturen bedroht sind.

Wir tragen die Verantwortung für die Verteidigung dieser Grundsätze, die uns als nationales Erbe von unseren Vätern vermacht worden sind. Wir tragen die Verantwortung dafür, daß dieses Vermächtnis allen kommenden Generationen weitergegeben werde – nicht allein unvermindert, sondern bereichert.

Wir Amerikaner wissen, wie gebrechlich unser Parteisystem, unsere Wahlfreiheit, unsere Lebensfreiheit werden würden, wenn die Lehren der Diktatur zur Herrschaft kämen. Denn sollten sie sich durchsetzen, so würde das nicht allein in Europa geschehen.

Die Geschichte des Verrates an Völkern, die Geschichte der Unterwerfung von Völkern während des letzten Jahres sollte uns und der ganzen Welt zum Bewußtsein bringen, was es bedeuten würde, in einer Welt zu leben, die von der Gestapo organisiert und beherrscht wird.«

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27. Mai 1941.

Hitlers Kriegsziele und Amerikas Ideale

Am 27. Mai 1941 verkündete Präsident Roosevelt für die Vereinigten Staaten den nationalen Notstand, enthüllte in einer Rundfunkrede Hitlers Kriegsziele und verkündete die Ziele der amerikanischen Demokratie.

Die amerikanische Regierung kennt die Bedingungen, die Hitler als Sieger den Besiegten auferlegen würde. Diese Bedingungen sind in der Tat die einzigen, unter denen er einen sogenannten Verständigungsfrieden schließen würde.

Auf Grund dieser Bedingungen würde Deutschland die Welt buchstäblich verteilen. Deutschland würde die Hakenkreuzfahne über riesigen Gebieten und ungeheuren Bevölkerungsmassen hissen und Schattenregierungen einsetzen, die völlig dem Willen und der Politik der Eroberer dienen würden.

Wir sind nicht dafür zu haben uns mit einer von Hitler beherrschten Welt abzufinden. Und wir sind auch nicht bereit, eine Welt hinzunehmen, in der, wie in der Nachkriegszeit der zwanziger Jahre, wieder die Saat des Hitlertums gesät und ihr Wachstum geduldet werden würde.

Wir wollen nur eine Welt anerkennen, die der Sache der Freiheit ergeben ist: der Rede- und Gesinnungsfreiheit, der Freiheit jedes Menschen Gott zu dienen, wie es ihm beliebt, frei von Not und frei von Furcht.

Ist es unmöglich, solch eine Welt aufzubauen?

Die Magna Charta, die Unabhängigkeitserklärung, die Verfassung der Vereinigten Staaten, die Negerbefreiung und jeder andere Meilenstein auf der Bahn menschlichen Fortschritts – dies alles waren Ideale, deren Erfüllung unmöglich erschien; und dennoch wurden sie Wirklichkeit.

Als wir unsere Unabhängigkeit begründeten, waren wir militärisch schwach; aber wir wehrten mit Erfolg Tyrannen ab, die damals mächtig waren und heute im Staub der Geschichte begraben sind.

Als Präsident eines geeinten und entschlossenen Volkes erkläre ich hiermit feierlich:

Wir bekennen uns aufs neue zu dem alten amerikanischen Grundsatz von der Freiheit der Meere.

Wir bekennen uns aufs neue zur Solidarität der einundzwanzig amerikanischen Republiken und des Dominions von Kanada, in dem gemeinsamen Willen, die Unabhängigkeit der westlichen Hemisphäre zu erhalten.

Wir haben uns verpflichtet, die anderen Demokratien materiell zu unterstützen; wir werden diese Verpflichtung erfüllen.

Wir, in den Staaten Amerikas, werden selbst entscheiden, ob und wann und wo wir glauben, daß amerikanische Interessen angetastet werden oder unsere Sicherheit bedroht ist.

Wir versetzen unsere Streitkräfte in strategischen Bereitschaftszustand.

Wir werden nicht zögern, sie zur Abwehr von Angriffen einzusetzen.

Wir bekennen uns aufs neue zu unserem unerschütterlichen Glauben an die Lebenskraft unserer demokratischen Republik als ein ewiges Heim der Freiheit, der Duldsamkeit und der Hingabe an das Wort Gottes.

Im tiefen Bewußtsein meiner Verantwortung für meine Mitbürger und für die Sache meines Landes habe ich darum heute abend eine Proklamation erlassen, der zufolge ein beschränkter nationaler Notstand besteht, der die Verstärkung unserer Verteidigung bis zur äußersten Grenze unserer Volkskraft und Autorität erfordert.«

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20. Juni 1941.

Terror als politische Waffe

In Übereinstimmung mit ihrer Neutralität hielten die Vereinigten Staaten ihre Schiffe von der europäischen Kriegszone fern. In Wiederholung der Strategie des uneingeschränkten U-Boot-Krieges vom ersten Weltkrieg versenkte ein deutsches U-Boot am 21. Mai 1941 im südlichen Atlantik das amerikanische Schiff »Robin Moor«. Präsident Roosevelt behandelte diesen Vorfall in einer Botschaft an den Kongreß vom 20. Juni 1941.

»Ich bin genötigt, die Aufmerksamkeit des Kongresses auf die rücksichtslose Versenkung des amerikanischen Schiffes ›Robin Moor‹ durch ein deutsches Unterseeboot zu lenken. Die ›Robin Moor‹ befand sich am 21. Mai auf hoher See im südatlantischen Ozean (25° 40' w. L., 6° 10' n. B.) auf der Fahrt nach Südafrika.

Auf Grund beeidigter Aussagen der Überlebenden wurde das Schiff innerhalb dreißig Minuten nach der ersten Warnung, die der Kommandant des Unterseebootes einem Offizier der ›Robin Moor‹ gegeben hatte, versenkt.

Das Unterseeboot hatte seine Fahne nicht gehißt, und sein Kommandant gab die Nationalität seines Bootes nicht bekannt. Die ›Robin Moor‹ wurde ohne Vorkehrungen für die Sicherheit der Passagiere und der Mannschaft versenkt. Sie wurde trotz der Tatsache versenkt, daß ihre amerikanische Nationalität dem Kommandanten des Unterseebootes zugegebenermaßen bekannt war und daß ihre Nationalität auch klar durch die Flagge und andere Zeichen erkennbar war.

Die Versenkung dieses amerikanischen Schiffes durch ein deutsches Unterseeboot ist eine offene Verletzung des Rechtes der Schiffe der Vereinigten Staaten, die Meere frei zu befahren, beschränkt nur durch das vom Völkerrecht anerkannte Kriegsrecht. Wie der deutschen Regierung bekannt ist, ist darin nicht das Recht eingeschlossen, Handelsschiffe vorsätzlich zu versenken und Passagiere und Mannschaft der Gnade der Elemente zu überlassen. Der Kriegführende ist im Gegenteil verpflichtet, Passagiere und Mannschaft in Sicherheit zu bringen.

Die Passagiere und die Mannschaft der ›Robin Moor‹ wurden in kleinen Rettungsbooten treibend ihrem Schicksal überlassen, bis sie nach ungefähr zwei bis drei Wochen zufällig von freundlichen Schiffen entdeckt und gerettet wurden. Diese zufällige Rettung vermindert nicht die Brutalität, Boote mitten im Ozean Wind und Wellen preiszugeben.

Die völlige Mißachtung der einfachsten Grundsätze des Völkerrechtes und der Menschlichkeit brandmarken die Versenkung der ›Robin Moor‹ als einen Akt internationalen Verbrechens.

Die Regierung der Vereinigten Staaten betrachtet Deutschland als verantwortlich für die schändliche, nicht zu rechtfertigende Versenkung der ›Robin Moor‹. Es wird erwartet, daß die deutsche Regierung volle Wiedergutmachung für die Verluste und Schäden leistet, die amerikanische Staatsbürger erlitten haben.

Unsere Regierung ist überzeugt, daß Schutz vor Grausamkeit und unmenschlicher Behandlung ein natürliches Menschenrecht ist. Es ist nicht eine Gnade, die gewährt oder verweigert werden kann von Leuten, die vorübergehend in der Lage sind, Gewalt an hilflosen Menschen auszuüben.

Wäre es möglich, diesen Zwischenfall losgelöst von seinem Hintergrund zu betrachten, dann wären seine Auswirkungen vielleicht weniger ernst. Aber dieser Zwischenfall muß im Lichte jener offen verkündeten und aktiv verfolgten Politik des Schreckens und der Einschüchterung gedeutet werden, deren sich das Deutsche Reich als Instrument seiner auswärtigen Politik bedient.

Die gegenwärtigen Führer des Deutschen Reiches haben nicht gezögert, Akte der Grausamkeit und Einschüchterung in vielerlei anderen Formen gegen Unschuldige und Hilflose in anderen Ländern zu begehen, augenscheinlich in dem Glauben, daß diese Terrormethoden zu einem Stand der Dinge führen würden, bei dem die unterdrückten Völker sich dem deutschen Druck zu fügen haben werden.

Die amerikanische Regierung kann nur annehmen, daß die Regierung des Deutschen Reiches hofft, die Vereinigten Staaten und andere Länder durch die Regelung solcher schändlicher Akte der Grausamkeit gegen hilflose und unschuldige Männer, Frauen und Kinder so einzuschüchtern, daß sie sich den deutschen Welteroberungsplänen nicht länger widersetzen – Pläne, die auf Gesetzlosigkeit und Schreckensherrschaft zu Lande und Piratentum zur See aufgebaut sind.

Diese Methoden sind in vollem Einklang mit den bisherigen Terrormethoden der gegenwärtigen Führer des Deutschen Reiches in ihrer Politik gegen viele andere Völker, die sie nachher vergewaltigt haben.

Die Regierung des Deutschen Reiches möge jedoch versichert sein, daß die Vereinigten Staaten sich weder einschüchtern lassen noch sich mit den Weltherrschaftsplänen abfinden werden, die die gegenwärtigen Führer Deutschlands hegen mögen.

Wir haben guten Grund, zu erwägen, ob der Fall ›Robin Moor‹ nicht als ein Schritt innerhalb eines Feldzuges gegen die Vereinigten Staaten zu betrachten ist, eines Feldzuges vergleichbar denen gegen andere Völker. Wir können gegenteiligen offiziellen Erklärungen keinen Glauben beimessen.

Ähnliche Kundgebungen, Erklärungen und selbst feierliche Versprechen wurden in Bezug auf eine ganze Anzahl von Nationen abgegeben, angefangen mit der Erklärung, daß die Regierung des Deutschen Reiches ihre territorialen Ansprüche als befriedigt betrachtete, nachdem sie sich Österreichs mit Gewalt bemächtigt hatte. Aber der Beweis, daß die Regierung des Deutschen Reiches weitere Eroberungen plant, ist überzeugend und in der Tat kaum bestritten.

In Anbetracht dieser Umstände ist die Versenkung der ›Robin Moor‹ sowohl eine Enthüllung der deutschen Politik als auch ein Beispiel ihrer Methoden.

Bisher haben gesetzlose Willkürakte das Vorspiel zu Eroberungsplänen zu Lande gebildet. Der, von dem ich soeben sprach, scheint der erste Schritt zum höchsten Ziele Deutschlands zu sein: nämlich sich der Herrschaft über die Meere zu bemächtigen, wozu die Eroberung Großbritanniens eine unentbehrliche Voraussetzung ist.

Es scheint, daß es das allgemeine Ziel dieser Politik ist, den amerikanischen Handel überall dort vom Ozean zu vertreiben, wo er den deutschen Plänen abträglich ist; und ihr besonderes Ziel scheint die Unterbrechung unseres Handels mit allen befreundeten Staaten zu sein.

Wir müssen den Vorfall als eine Warnung auffassen, daß kein amerikanisches Schiff oder Ladung sich auf den Weltmeeren gegen Seeräuberei als gefeit betrachten kann. Deutschland hat uns mit diesem Vorfall zu verstehen gegeben, daß es die Absicht hat, die Vereinigten Staaten so einzuschüchtern, daß sie ihre selbstgewählte Politik aufgeben, Großbritannien in seinem Lebenskampf beizustehen.

Mit einem Wort: Wir müssen die Versenkung der ›Robin Moor‹ als eine Warnung an die Vereinigten Staaten betrachten, sich der Welteroberung der Nazis nicht zu widersetzen. Es ist eine Warnung, die besagt, daß die Vereinigten Staaten die hohe See nur mit Erlaubnis der Nazis befahren dürfen.

Wichen wir diesen Drohungen, dann würden wir uns unvermeidlich der Weltherrschaft der gegenwärtigen Führer des Deutschen Reichs unterwerfen.

Wir weichen nicht, und wir denken nicht daran, zu weichen.«

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21. Juli 1941.

Deutschland der Angreifer

Am 22. Juni 1941 unternahm Deutschland einen Überraschungsangriff auf Rußland. Das amerikanische Auswärtige Amt verurteilte Deutschlands Handlungsweise in einer Erklärung vom 23. Juni 1941; am nächsten Tage sagte die amerikanische Regierung Rußland jede mögliche Hilfe zu. Angesichts des neuerlichen Angriffsaktes forderte Präsident Roosevelt am 21. Juli 1941 den Kongreß auf, die einberufenen amerikanischen Truppen unter den Fahnen zu behalten. In dieser Erklärung heißt es:

»Ich muß wieder auf die Reihe der Eroberungen Bezug nehmen – deutscher Eroberungen und Angriffe –, die mehrere Jahre hindurch ununterbrochen angedauert haben, vom Überfall auf Österreich bis zum jetzigen Feldzug gegen Rußland.

Wohin immer diese Schläge geführt wurden – in Europa, nach Asien oder nach Afrika, sie erfolgten nach einem Plan, der in jedem Fall eine erdrückende Übermacht nicht nur an Material, sondern auch an geschulten Truppen ausnützte. In jedem Feldzugsplan spielte die vorherige Zusicherung an das in Aussicht genommene Opfer, daß es sicher sei und keinen Angriff zu befürchten habe, eine wichtige Rolle. Jeder Feldzug stützte sich auf lähmende Furcht und Zeitgewinn, bis die deutsche Regierung vollkommen vorbereitet war, Verträge und Pakte in den Wind zu schlagen und gleichzeitig mit überwältigender Macht den Angriff zu eröffnen.

Jeder Fall eines neuen Opfers hat die Naziherrschaft als ein Problem, das uns angeht, unserer Erdhälfte näher gebracht, während Monat für Monat ihre Propaganda- und Verschwörungsmanöver jedes Glied in der Gemeinschaft gleicher Interessen zu schwächen bemüht waren, durch welche die amerikanischen Republiken zu einer großen westlichen Völkerfamilie verbunden sind.

Ich glaube nicht, daß irgendein Zweig der Regierung der Vereinigten Staaten bereit sein wird, Amerika in die Gefahr geraten zu lassen, dasselbe Schicksal zu erleiden, das die Unabhängigkeit anderer Nationen vernichtet hat.«

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1. September 1941.

Die Rechte der Arbeiterschaft

Am amerikanischen Tag der Arbeit – am 1. September 1941 – beschrieb Präsident Roosevelt in einer Rede das Los der deutschen Arbeiter unter der Naziherrschaft.

»Wir wissen, daß Arbeitsfreiheit die wahre Grundlage einer lebendigen Demokratie ist. Und wir wissen, daß das erste, was die Diktatoren der Achsenmächte getan haben, die Vernichtung aller Grundsätze und sozialen Errungenschaften war, mit deren Hilfe die Arbeiterschaft es erreicht hatte, ihre Existenz zu sichern und ihre Lage zu verbessern.

Der Gewerkschaftsgedanke ist unter der Herrschaft dieser Diktatoren, die eine Katastrophenpolitik betreiben, mit Acht und Bann belegt, denn er fordert volle Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Die Gewerkschaften haben dem arbeitenden Menschen jene würdige Stellung in der Gesellschaft errungen, die ihm zukommt. Die gegenwärtige Stellung der Arbeiterschaft in den Vereinigten Staaten als eines Bestandteils des nationalen Lebens, aus dem sie nicht hinweggedacht werden kann, ist nicht von ungefähr gekommen: sie ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses in einer gesund funktionierenden Demokratie.

Hitler ist diesen Weg nicht gegangen. Er will und kann ihn nicht gehen. Ebenso wie er dem Einzelmenschen jedes Recht verweigert, so muß er alle Rechte allen Gruppen verweigern – der Arbeiterschaft, den Unternehmern, der Wissenschaft, den Kirchen. Er hat die Gewerkschaften ebenso rücksichtslos unterdrückt wie er die Religionen verfolgt.

Keine Klasse des amerikanischen Volkes hat besser begriffen, was die Weltherrschaft der Nazis bedeutet, als die organisierte Arbeiterschaft. Sie weiß, was die Naziherrschaft für den Lebensstandard, die Freiheit und das Leben der Arbeiter mit sich bringt. Keine Gesellschaftsschicht hat mehr von der Niederlage des Nazitums, von der Erhaltung der Grundrechte, von dem Bestand der Demokratie in der ganzen Welt zu gewinnen als die Arbeiterschaft.

Wir haben eine harte, gefährliche Aufgabe zu lösen. Gewalten irrsinniger Barbarei sind von Hitler über die Erde losgelassen worden. Wir müssen unsere ganze Kraft einsetzen, um sie zu vernichten. Denn während wir unserer Aufgabe nachgehen, die wahren Interessen unseres Landes zu schützen, können diese Gewalten auch auf unsere Nation losgelassen werden.

Die Aufgabe, Hitler niederzuringen, mag mühevoll sein und lange dauern. Ein paar Kompromißler und Leute, die mit den Nazis sympathisieren, behaupten, daß Hitler nicht besiegt werden könne. Sie verlangen sogar von mir, mit Hitler zu verhandeln, Brosamen von seiner Siegestafel zu erbetteln. Sie verlangen von mir nicht weniger, als ein zweiter Benedict Arnold[R1] zu werden und alles zu verraten, was mir teuer ist: meine Hingabe an unsere Freiheit, unseren Glauben, unser Land. Dieses Ansinnen habe ich bereits abgelehnt, und ich lehne es abermals ab.

Ich weiß, daß ich im Einklang mit dem Gewissen und der Entschlossenheit des amerikanischen Volkes spreche, wenn ich sage, daß wir alles tun werden, was in unserer Macht steht, Hitler und die Nazikräfte zu vernichten. Wir alle fühlen die große Verantwortung und das große Vorrecht, an dem Aufbau einer demokratischen Welt mitzuarbeiten, die auf dauernden Grundlagen ruht.«

[F1: Generalmajor unter Washington, ging im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg zu den Engländern über.]

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11. September 1941.

Die Freiheit der Meere

Ein deutsches Unterseeboot griff den amerikanischen Zerstörer »Greer« an. Weitere Angriffe auf amerikanische Schiffe folgten. In einer Rundfunkrede am 11. September 1941 erklärte Präsident Roosevelt, daß Amerika entschlossen sei, die Freiheit der Meere zu verteidigen.

»Es wäre einer großen Nation unwürdig, einen vereinzelten Zwischenfall zu übertreiben oder sich von einem einzelnen Gewaltakt erhitzen zu lassen. Aber es wäre eine unverzeihliche Torheit, über solche Zwischenfälle hinwegzugehen, wenn die Tatsachen klar zeigen, daß es sich nicht um Einzelfälle handelt, sondern um Aktionen im Rahmen eines umfassenden Planes.

Die ernste Wahrheit ist, daß diese Akte internationaler Gesetzlosigkeit einen Anschlag offenkundig machen, der dem amerikanischen Volk schon seit langem klar ist. Es ist die Absicht der Nazis, die Freiheit der Meere abzuschaffen und ihre absolute Herrschaft über die Meere aufzurichten.

Die Hitlerregierung hat sich in Mißachtung des Seerechts und der anerkannten Rechte aller anderen Völker angemaßt, auf dem Papier zu bestimmen, welche Meeresteile – einschließlich eines Riesengebietes in der westlichen Hemisphäre – für den Schiffsverkehr zu sperren sind, und hat verordnet, daß kein Schiff zu irgendeinem Zweck sich in diese geschlossenen Zonen begeben dürfe, es sei denn auf die Gefahr hin, versenkt zu werden. Und tatsächlich versenkten die Nazis Schiffe nach Belieben und ohne Warnung in weit voneinander getrennten Gebieten, sowohl innerhalb als auch weit außerhalb dieser weitausgedehnten angeblichen Zone.

Hitler weiß, daß er die Herrschaft über die Meere gewinnen muß, wenn er die Herrschaft über die Welt gewinnen will. Er weiß, daß er erst die Schiffsbrücke niederreißen muß, die wir über den Atlantik bauen und über die wir ohne Unterlaß das Kriegsmaterial befördern, das dazu beitragen wird, ihn und alle seine Werke schließlich zu zerstören. Er muß unsere Patrouillen zur See und in der Luft vernichten; er muß die britische Flotte zum Schweigen bringen.

Leuten, die da glauben, daß die Kriegsflotte der Vereinigten Staaten ein unbesiegbarer Schutzwall sei, muß immer wieder klargemacht werden, daß dies nur solange gilt, wie die britische Flotte in ihrem Bestand erhalten bleibt. Das zeigt eine einfache Rechenaufgabe.

Heute ist es völlig klar, daß Hitler seinen Versuch, die Herrschaft über die Meere an sich zu reißen, damit begonnen hat, sich über alle Völkerrechte und jede Menschlichkeit gewaltsam und rücksichtslos hinwegzusetzen. Seine Absichten sind unverhüllt zutage getreten. Das amerikanische Volk kann sich keiner weiteren Täuschung mehr hingeben.

Die Gefahr, die unserer westlichen Welt von den Nazis droht, ist schon seit langem zu mehr als einer bloßen Möglichkeit geworden. Diese Gefahr ist jetzt wirklich da, und sie droht nicht allein von einem militärischen Feind, sondern von einem Feind allen Rechts, aller Freiheit, aller Sittlichkeit, aller Religion.

Die Zeit ist nun gekommen, da wir alle die kalte, unerbittliche Notwendigkeit erkennen müssen, diesen unmenschlichen, hemmungslosen Abenteurern der Welteroberung, die eine dauernde Weltherrschaft zu errichten suchen, zu sagen: ›Ihr geht darauf aus, unsere Kinder und Kindeskinder eurer Schreckensherrschaft und Sklaverei zu unterwerfen. Ihr habt jetzt unsere eigene Sicherheit angegriffen. Bis hierher und nicht weiter!‹

Im Verkehr mit internationalen Verbrechern, die unsere Schiffe versenken und unsere Mitbürger töten, ist die normale Praxis der Diplomatie, das Schreiben von Noten, zwecklos.

Ein friedliebendes Volk nach dem anderen ist von der Katastrophe überwältigt worden, weil es der Nazigefahr nicht offen ins Auge blicken wollte, bis die Nazis es an der Gurgel hatten.

Die Vereinigten Staaten werden diesen verhängnisvollen Fehler nicht begehen.

Kein Versuch brutaler Einschüchterung wird uns von unserem Entschluß abbringen, zwei Bollwerke unserer Verteidigung unversehrt zu erhalten: erstens, die Straße, über die wir Hitlers Feinde mit Kriegsmaterial versorgen; zweitens, die Freiheit unserer Schiffahrt auf hoher See. Was immer auch kommen mag und welchen Preis wir auch dafür zu zahlen haben, unsere legitimen Handelsstraßen in den uns schützenden Gewässern werden wir offen halten.

Wir haben den offenen Krieg mit Hitler nicht gesucht. Wir suchen ihn auch jetzt nicht. Aber wir wollen auch nicht Frieden um den Preis, unsere Kriegs- und Handelsschiffe in Ausübung ihrer legitimen Aufgaben von Hitler angreifen zu lassen.

Ich nehme an, daß das, was wir Amerikaner über die deutschen Führer sagen und schreiben, auf sie keinen besonders tiefen Eindruck macht. Wir können den Nationalsozialismus nicht mit Schmähungen aus der Ferne stürzen.

Wenn man eine Klapperschlange sieht, die sich aufrichtet, dann wartet man nicht, bis sie auf einem zuschnellt, sondern man zerschmettert sie vorher.

Die Unterseeboote und Piratenschiffe der Nazis sind die Klapperschlangen des Atlantiks; sie sind eine Bedrohung der freien Hochseewege; sie sind eine Herausforderung unserer Souveränität. Wenn sie Schiffe unter der amerikanischen Flagge, dem Symbol unserer Unabhängigkeit, unserer Freiheit, ja unseres Lebens, angreifen, so bedrohen sie unsere kostbarsten Rechte.

Alle Amerikaner begreifen nun, daß die Zeit gekommen ist, da Amerika selbst verteidigt werden muß. Eine Fortsetzung der Angriffe in unseren eigenen Gewässern oder in Gewässern, die zu weiteren und noch ernsteren Angriffen gegen uns benützt werden könnten, wird die Fähigkeit Amerikas, das Hitlertum in seine Schranken zu verweisen, unvermeidlich schwächen.

Lassen wir uns nicht auf Haarspaltereien ein. Fragen wir einander nicht, ob die Nationen Amerikas ihre eigene Verteidigung nach dem fünften oder zehnten oder zwanzigsten Angriff in die Hand nehmen sollen.

Jetzt ist der Augenblick für aktive Verteidigung gekommen.

Sagen wir nicht: ›Wir wollen uns nur dann verteidigen, wenn das Torpedo sein Ziel erreicht oder wenn Mannschaft und Passagiere ertrinken.‹

Jetzt ist der Augenblick da, Angriffe zu verhüten. In den Gewässern, die uns für unsere Verteidigung notwendig erscheinen, werden amerikanische Kriegsschiffe und Flugzeuge nicht länger darauf warten, bis die unter dem Wasser lauernden Unterseeboote der Achsenmächte oder ihre Piratenschiffe auf hoher See zuerst zum tödlichen Streich ausholen.

Wenn wir entschlossen sind, die Meere, die für die Verteidigung Amerikas lebenswichtig sind, zu schützen, so ist das kein Kriegsakt, den wir begehen. Nicht wir sind die Angreifer. Was wir unternehmen, ist nichts als Verteidigung.

Aber diese Warnung soll klar sein. Von nun an werden deutsche und italienische Schiffe die Gewässer, deren Schutz für die Verteidigung Amerikas notwendig ist, nur auf ihre eigene Gefahr aufsuchen. Als Oberster Befehlshaber von Heer und Flotte der Vereinigten Staaten habe ich Befehl gegeben, diese Politik sofort in die Tat umzusetzen. Die alleinige Verantwortung liegt bei Deutschland. Nicht ein Schuß wird fallen, es sei denn, daß Deutschland es weiter darauf anlegt.«

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25. Oktober 1941.

Geiselerschießungen

Die deutschen Besatzungsbehörden haben die Praxis eingeführt, unschuldige Menschen als »Geiseln« hinzurichten. Am 25. Oktober 1941 erklärte Präsident Roosevelt dazu in einer Rede:

»Die Praxis, Dutzende unschuldiger Geiseln hinzurichten als Vergeltung für vereinzelte Angriffe auf Deutsche in Ländern, die von den Nazis vorübergehend niedergetreten sind, empört eine Welt, die bereits an Leid und Brutalitäten gewöhnt ist. Zivilisierte Nationen bekennen sich seit langem zu dem Grundsatz, daß niemand für die Taten eines anderen bestraft werden darf. Es ist bezeichnend für die Nazis, daß sie, wenn sie die Leute, die sich an solchen Angriffshandlungen beteiligten, nicht ausfindig machen können, dafür fünfzig oder hundert unschuldige Menschen abschlachten. Niemand, der mit Hitler ›zusammenarbeiten‹ oder versuchen wollte, ihn zu beschwichtigen, wird diese grauenhafte Warnung übersehen können.

Die Nazis hätten vom letzten Kriege lernen können, daß es unmöglich ist, den menschlichen Geist durch Terror zu brechen. Aber statt dessen bauen sie an ihrem ›Lebensraum‹ und ihrer ›Neuen Ordnung‹ mit Hilfe von Greueltaten, deren Scheußlichkeit selbst in ihrer eigenen Vergangenheit ohne Beispiel ist. Das sind Handlungen verzweifelter Menschen, die in ihrem Herzen wissen, daß sie den Krieg nicht gewinnen können. Greuel können Europa niemals Frieden geben; sie säen nur die Saat des Hasses, der eines Tages schreckliche Vergeltung üben wird.«

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9. Dezember 1941.

Der Krieg der Gangster

Am 7. Dezember 1941 überfiel Japan ohne Warnung amerikanische Stützpunkte im Stillen Ozean. Präsident Roosevelt wies am 9. Dezember 1941 in einer Rundfunkansprache an die amerikanische Nation auf die Parallelen zwischen deutschen und japanischen Methoden hin.

»Die plötzlichen verbrecherischen Überfälle der Japaner im Stillen Ozean sind der Höhepunkt eines Jahrzehnts internationaler Unmoral.

Mächtige und findige Gangster haben sich zusammengetan, um gegen das ganze Menschengeschlecht Krieg zu führen. Sie haben nun den Vereinigten Staaten ihre Herausforderung ins Gesicht geschleudert. Verräterisch haben die Japaner den langjährigen Frieden zwischen uns gebrochen. Viele amerikanische Soldaten und Seeleute sind dem Feind zum Opfer gefallen. Amerikanische Schiffe sind versenkt, amerikanische Flugzeuge vernichtet worden.

Die Politik, die Japan in den letzten zehn Jahren in Asien verfolgt hat, läuft parallel mit der Politik Hitlers und Mussolinis in Europa und Afrika. Seit heute ist sie weit mehr als eine parallel gerichtete Politik. Sie ist eine Politik wohlberechneter Zusammenarbeit der Strategen der Achsenmächte, die alle Kontinente und Meere der Welt als ein einziges gigantisches Schlachtfeld betrachten.

Im Jahre 1931 drang Japan in die Mandschurei ein – ohne Warnung.

Im Jahre 1935 brach Italien in Abessinien ein – ohne Warnung.

Im Jahre 1938 besetzte Hitler Österreich – ohne Warnung.

Im Jahre 1939 drang Hitler in die Tschechoslowakei ein – ohne Warnung.

Später im selben Jahre 1939 fiel Hitler in Polen ein – ohne Warnung.

Im Jahre 1940 überfiel Hitler Norwegen, Dänemark, die Niederlande, Belgien und Luxemburg – ohne Warnung.

Im Jahre 1940 griff Italien Frankreich und später Griechenland an – ohne Warnung.

Im Jahre 1941 griffen die Achsenmächte Jugoslawien und Griechenland an und richteten ihre Herrschaft über den Balkan auf – ohne Warnung.

Im Jahre 1941 fiel Hitler in Rußland ein – ohne Warnung.

Nun hat Japan Malaia, Thailand und die Vereinigten Staaten überfallen – ohne Warnung.

All dies geschah nach einem und demselben Muster.

Wir haben in den letzten paar Jahren, und besonders eindringlich in den letzten drei Tagen, eine furchtbare Lehre empfangen.

Es ist unsere Pflicht gegenüber unseren Toten – unsere heilige Verpflichtung gegenüber ihren und unseren Kindern –, diese Lehre niemals zu vergessen.

Was wir gelernt haben, ist dies:

Es gibt keine Sicherheit für ein Volk oder ein Einzelwesen in einer Welt, die von den Grundsätzen des Gangstertums beherrscht ist.

Es gibt keinen unüberwindbaren Verteidigungswall gegen mächtige Angreifer, die sich im Dunklen heranschleichen und ohne Warnung losschlagen.

Wir haben gelernt, daß unser meerumgürteter Kontinent gegen ernste Angriffe nicht gefeit ist; und daß unsere Sicherheit nicht mehr in Kilometerzahlen auf Landkarten ausgedrückt werden kann.

Wir können zugeben, daß unsere Feinde ein brillantes Täuschungsmanöver ausgeführt haben; sie haben den richtigen Augenblick gewählt und mit großer Geschicklichkeit gehandelt. Es war eine durch und durch ehrlose Tat, aber wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, daß der moderne Krieg, im Nazistil geführt, ein schmutziges Geschäft ist. Es ist uns tief zuwider; wir wollten uns nicht in den Krieg hineinziehen lassen. Aber wir sind nun mitten drin, und wir werden mit allen Mitteln kämpfen, die uns zur Verfügung stehen.

Ich glaube nicht, daß irgendein Amerikaner an unserer Fähigkeit zweifelt, die Urheber dieser Verbrechen der verdienten Strafe zuzuführen.

Es ist der Regierung der Vereinigten Staaten bekannt, daß Deutschland bereits vor Wochen Japan unterrichtet hat, es werde nach dem Kriege seine Beute nicht mit Japan teilen, wenn Japan die Vereinigten Staaten nicht angreife. Deutschland versprach Japan für den Fall, daß es in den Krieg eingreife, vollständige dauernde Herrschaft über das ganze Gebiet des Stillen Ozeans. Das hieße nicht allein Herrschaft über den Fernen Osten und alle Inseln des Stillen Ozeans, sondern auch Kontrolle über die Westküste Nord-, Mittel- und Südamerikas.

Wir wissen auch, daß Japan und Deutschland ihre Land- und Seeoperationen auf Grund eines gemeinsamen Planes ausführen. Dieser Plan sieht vor, daß alle Völker und Nationen, die den Achsenmächten nicht beistehen, von allen Achsenmächten als gemeinsame Feinde betrachtet werden.

Wir müssen immer wieder daran erinnern, daß Deutschland und Italien im Augenblick sich ohne irgendwelche formelle Kriegserklärung genau so im Kriegszustand mit den Vereinigten Staaten betrachten wie im Kriegszustand mit Großbritannien und Rußland. Und Deutschland sieht alle anderen amerikanischen Republiken als zur selben Klasse seiner Feinde gehörig an. Die Völker unserer Schwesterrepubliken können sich durch diese Tatsache nur geehrt fühlen.

Das wahre Ziel, nach dem wir streben, ein erhabenes Ziel, liegt weit jenseits blutiger Schlachtfelder. Wenn wir zur Gewalt greifen – wie wir nun zu tun gezwungen sind –, so sind wir entschlossen, unsere Kraft ebenso für das künftige Wohl der Menschheit wie gegen das derzeitige Böse einzusetzen. Wir Amerikaner sind nicht Menschen, die zerstören, sondern Menschen, die aufbauen.

Nun sind wir mitten im Kriege – nicht in einem Eroberungs- oder Rachekrieg, sondern in einem Krieg für eine Welt, in der das amerikanische Volk und alle seine Ideale für unsere Kinder bewahrt werden sollen. Wir hoffen, der Gefahr, die uns von Japan droht, Herr zu werden, aber wir würden unserer Sache schlecht dienen, wenn wir nach Erfüllung dieser Aufgabe den Rest der Welt unter der Herrschaft Hitlers und Mussolinis beließen.

Wir werden den Krieg gewinnen, und wir werden den Frieden gewinnen, der ihm folgt.«

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11. Dezember 1941.

Deutschlands und Italiens Kriegserklärung

Deutschland und Italien erklärten am 11. Dezember 1941 Krieg an die Vereinigten Staaten. Hitler sagte im Reichstag: »Wir werden immer zuerst losschlagen … Wir werden immer den ersten Schlag führen.« Er teilte mit, daß sich Deutschland, Italien und Japan zu einem Bündnis zusammengeschlossen hätten und »jedes erdenkliche Mittel« einsetzen würden, um den Krieg gegen die Vereinigten Staaten und Großbritannien bis zum Siege zu führen. Er versprach die Errichtung einer neuen, dauernden Ordnung auf der Grundlage des Drei-Mächte-Paktes. Am selben Tag forderte Präsident Roosevelt den Kongreß der Vereinigten Staaten auf, den Kriegszustand mit Deutschland und Italien formell anzuerkennen.

»Im Verfolg ihrer Welteroberungspläne hat die deutsche Regierung am Morgen des 11. Dezember den Vereinigten Staaten den Krieg erklärt.

Was lange bekannt und lange erwartet war, ist damit zur Tatsache geworden. Die Kräfte, die die ganze Welt zu versklaven suchen, richten sich nun auch gegen unsere Hemisphäre.

Niemals vorher waren unser Leben, unsere Freiheit und unsere Zivilisation ernster bedroht.

Zögern gebiert Gefahren. Rasche und einmütige Anstrengungen aller Völker der Welt, die entschlossen sind, frei zu bleiben, werden den weltweiten Sieg der Gewalten des Rechts und der Gerechtigkeit über die Gewalten der Roheit und Barbarei sichern.

Auch Italien hat den Vereinigten Staaten den Krieg erklärt.

Ich fordere daher den Kongreß auf, vom Kriegszustand zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland und zwischen den Vereinigten Staaten und Italien formell Kenntnis zu nehmen.«

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15. Dezember 1941.

Die Erklärung der Menschenrechte

Am 15. Dezember 1941, dem 150. Jahrestag der Annahme der Bill of Rights, der amerikanischen Erklärung der Menschenrechte, hielt Präsident Roosevelt eine Rede, in der er den Unterschied zwischen der Weltanschauung der Nazis und den Idealen der Demokratie herausarbeitete.

»Kein Datum in der langen Geschichte der Freiheit bedeutet mehr für die freiheitsliebenden Völker in allen freiheitsliebenden Ländern als der 15. Dezember 1791. An diesem Tage vor hundertfünfzig Jahren erließ eine neue Nation durch ihren gewählten Kongreß eine Erklärung der Menschenrechte, welche das Denken der Menschheit von einem Ende der Welt zum andern beeinflußt hat.

Es gibt keine Republik in Amerika, die nicht in ihre Verfassung die Grundsätze der Freiheit der Menschen und der Freiheit der Gesinnung aufgenommen hat, wie sie in der amerikanischen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt sind. Es gibt kein Land auf dem amerikanischen Kontinent, groß oder klein, das den Einfluß dieses Dokuments nicht direkt oder indirekt gespürt hätte.

Und in der Tat, vor dem Jahre 1933 wurde die in sich selbst beruhende Gültigkeit der amerikanischen Erklärung der Menschenrechte überall zum mindesten grundsätzlich anerkannt. Selbst heute stehen, mit Ausnahme Deutschlands, Italiens und Japans, die Völker der Welt – wahrscheinlich vier Fünftel der Menschheit – für diese Grundsätze ein, für ihre Lehren und ihre glorreichen Ergebnisse.

Aber im Jahre 1933 kam in Deutschland eine politische Clique zur Macht, welche die Gültigkeit der amerikanischen Erklärung der Menschenrechte nicht anerkannte; eine kleine Clique ehrgeiziger, gewissenloser Politiker, die offen ein Programm verkündeten, das auf die Zerstörung gerade jener Rechte abzielt, die in dieser amerikanischen Erklärung niedergelegt sind. Das ganze Programm und Ziel dieser politischen und moralischen Raubtiere besteht tatsächlich in nichts Geringerem, als auf der ganzen Erde die große Revolution der Menschenfreiheit auszutilgen, deren erste große Urkunde unsere Erklärung der Menschenrechte ist.

Die Wahrheiten, die für Thomas Jefferson selbstverständlich waren und für sechs Generationen von Amerikanern, die ihm gefolgt sind, selbstverständlich geblieben sind, diese Wahrheiten sind jenen Männern verhaßt. Das Recht auf Leben, auf Freiheit und auf das Streben nach Glück, diese Rechte, die Jefferson und uns als unveräußerlich gelten, sind für Hitler und seine Anhänger leere Worte, die für immer auszumerzen sie sich bemühen.

Sie wollen an Stelle der unveräußerlichen Rechte Jeffersons folgende Gesetzestafel aufrichten:

Der Einzelmensch hat von sich aus und kraft seines Menschtums keinerlei Rechte.

Der Einzelmensch hat kein Recht auf seine eigene Seele oder seine eigene Gesinnung oder auf seine eigene Sprache oder seinen eigenen Beruf. Er hat nicht einmal das Recht, dort zu leben, wo es ihm gefällt, oder die Frau zu heiraten, die er liebt.

Seine einzige Pflicht ist die Gehorsamspflicht, nicht gegenüber Gott und seinem Gewissen, sondern allein gegenüber Adolf Hitler. Und sein einziger Wert ist nicht sein Wert als Mensch, sondern als ein Rad in der Staatsmaschine der Nazis.

Für Hitler ist das Ideal des Volkes, wie wir es verstehen – das Ideal des freien, sich selbst regierenden, verantwortlichen Volkes –, unfaßbar. Für Hitler ist das Volk ›die Masse‹, und was er als ›höchsten menschlichen Idealismus‹ bezeichnet, ist in seinen Worten, der Wunsch des einzelnen, zu einem Stäubchen jener Ordnung ›durch Gewalt‹ zu werden, die das ganze Universum neugestalten soll.

Für Hitler ist die Volksregierung, wie wir sie begreifen, völlig unverständlich. Für ihn ist die Regierung nicht der Diener und das Instrument des Volkes, sondern sein absoluter Herr und Meister, der ihm jede Handlung diktiert.

Für Hitler ist die Kirche, wie wir sie verstehen, eine Ungeheuerlichkeit, die mit allen verfügbaren Mitteln zerstört werden muß. Die Nazikirche soll zur ›Nationalkirche‹ werden, ›absolut und ausschließlich im Dienste einer einzigen Lehre, der Lehre von Rasse und Volk‹.

Für Hitler ist die Freiheit der Menschen, nach ihrem eigenen Willen zu sprechen und Gott zu dienen, nicht nur unvorstellbar, sondern verhaßt und gefürchtet.

Die Aufgabe unserer Zeit, der Sinn des Krieges, den wir zu führen haben, liegt in der Entscheidung, die allen anständigen, ihre Selbstachtung wahrenden Menschen unserer Erde durch diese angriffswütigen Glaubenssätze aufgezwungen wurde. Denn was sie verkünden, ist der Versuch, wieder ein Zeitalter der Barbarei heraufzuführen, zurückzukehren zur Tyrannenherrschaft. Nach ihrem Wunsch sollen sich die Völker der Welt wieder beugen vor den Lehren vom absoluten Gehorsam, von diktatorischer Herrschaft, von der Unterdrückung der Wahrheit und von dem Gewissenszwang – Lehren, die von den freien Völkern der Welt längst verworfen worden sind.

Wir stehen hier einem Unterfangen gegenüber, das nicht mehr und nicht weniger bezweckt als die machtvolle Erhebung menschlicher Freiheit, deren grundlegendes Dokument die amerikanische Erklärung der Menschenrechte ist, rückgängig zu machen und der Vergessenheit preiszugeben; einem Unterfangen, die Völker der Erde – und unter ihnen die Völker unseres Kontinentes – zu zwingen, sich wieder der absoluten Herrschaft des Despotismus zu unterwerfen, von der sie vor vielen, vielen Jahren durch den Mut, die Entschlossenheit und dem Opferwillen ihrer Vorfahren befreit worden sind.

Es ist ein Unterfangen, das nur glücken könnte, wenn alle die, die das Geschenk der Freiheit ererbt haben, die Kraft verloren hätten, es zu schützen. Aber wir Amerikaner sind uns bewußt, daß die Entschlossenheit unserer Generation unseres Volkes, die Freiheit zu schützen, ebenso fest und fraglos ist, wie es die Entschlossenheit jener vergangenen Generation der Amerikaner war, sie zu erringen.

Keine Drohung und keine Gefahr wird uns bewegen, die Garantien unserer Freiheit preiszugeben, die unsere Ahnen in der Erklärung der Menschenrechte für uns niedergelegt haben.

Wir stehen mit der ganzen Leidenschaft unseres Herzens und unserer Vernunft für diese Verpflichtung des menschlichen Geistes ein.

Es ist unser feierlicher Entschluß, den Besitz dieser Freiheit durch keine Macht dieser Erde, und auch durch keine Vereinigung der Mächte dieser Erde, rauben zu lassen.

Wir binden uns gegenseitig vor aller Welt in einem Pakt, daß wir, die wir zur Verteidigung der Freiheit zu den Waffen gegriffen haben, sie nicht eher niederlegen werden, als bis die Freiheit wieder gesichert ist in der Welt, in der wir leben. Für diese Sicherheit beten wir; für diese Sicherheit handeln wir heute und immerdar.«

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6. Januar 1942.

Die Schuld der Militaristen

Am 6. Januar 1942 umriß Präsident Roosevelt in seinem Bericht an den Kongreß über die allgemeine Lage das amerikanische Rüstungsprogramm und erklärte, daß sich Deutschland und seine Verbündeten nun den überlegenen Kräften der Vereinten Nationen gegenübersehen. Er sagte voraus, daß der Krieg mit der totalen Niederlage der Achsenmächte enden werde.

»Genau vor einem Jahr habe ich vor dem Kongreß erklärt: ›Wenn die Diktatoren zum Krieg gegen uns bereit sind, dann werden sie nicht erst auf eine Kriegshandlung unsererseits warten. Sie, und nicht wir, werden den Augenblick, den Ort und die Methode des Angriffs wählen.‹

Wir kennen nun den Zeitpunkt ihrer Wahl: ein friedlicher Sonntagmorgen – der 7. Dezember 1941.

Wir kennen nun den Ort ihrer Wahl: ein amerikanischer Außenposten im Stillen Ozean.

Wir kennen nun die Methode, die sie wählten: die Methode Hitlers. Japans Eroberungspläne lassen sich fünfzig Jahre zurückverfolgen. Aber die imperialistischen Träume der japanischen und faschistischen Führer waren bescheiden im Vergleich mit der gefräßigen Gier Hitlers und seiner Nazis, die ihre Eroberungspläne schon fix und fertig hatten, bevor sie im Jahre 1933 zur Macht kamen. Diese Pläne zielten auf die schließliche Beherrschung nicht allein eines Teiles der Welt ab, sondern der ganzen Erde und aller Meere.

Als Hitler das Bündnis zwischen Berlin, Rom und Tokio abschloß, verschmolzen alle diese Eroberungspläne zu einem einzigen Plan.

Danach war es Japans Aufgabe, in Ergänzung seiner eigenen Eroberungspläne die Lieferung von Kriegswaffen nach Großbritannien, Rußland und China abzuschneiden – Waffen, die den Tag des Unterganges für Hitler immer näher brachten. Was Japan in Pearl Harbour tat, sollte uns betäuben – sollte uns so in Schrecken versetzen, daß wir unsere industriellen und militärischen Kräfte von anderen Gebieten ab- und dem des Stillen Ozeans, ja vielleicht sogar nur der Verteidigung unseres eigenen Kontinents, zulenken würden.

Der Plan schlug fehl. Wir sind nicht betäubt. Wir sind weder erschreckt noch verwirrt. Der Wiederzusammentritt des 77. Kongresses vor unseren Augen beweist es. Denn die Stimmung ruhiger und fester Entschlossenheit, die hier herrscht, ist ein böses Vorzeichen für die, welche sich verschworen und gemeinsam darangemacht haben, den Weltfrieden zu morden.

Diese Stimmung ist stärker als ein bloßes Verlangen nach Vergeltung. Sie bringt den Willen des amerikanischen Volkes zum Ausdruck, dafür zu sorgen, daß die Welt nie wieder solches Unheil erleiden soll.

Machtvolle Angriffsmaßnahmen müssen und werden zur rechten Zeit getroffen werden. Wir sind daran, den totalen Kriegseinsatz der Vereinten Nationen gegen unsere gemeinsamen Feinde zur Wirklichkeit zu machen.

Hier und in den anderen Hauptstädten sind Pläne für einheitliches und gemeinsames Vorgehen aller Vereinten Nationen ausgearbeitet worden – in militärischer wie in wirtschaftlicher Hinsicht. Wir haben bereits eine einheitliche Befehlsgewalt für die Land-, See- und Luftstreitkräfte im südwestlichen Stillen Ozean eingesetzt. Die Konferenzen und Beratungen zwischen den militärischen Stäben werden fortgeführt. Die Pläne und Operationen jedes einzelnen Stabes werden in eine Gesamtstrategie zusammengefaßt, die den Feind zerschmettern soll. Wir werden keine Einzelkriege führen, in denen jede Nation ihren eigenen Weg geht. Diese 26 Nationen sind vereint – nicht nur im Geist und in ihrer Entschlossenheit, sondern in der gemeinsamen Führung des Krieges in allen seinen Stadien.

Zum erstenmal seit die Japaner, die Faschisten und die Nazis sich auf ihren blutigen Eroberungszug begeben haben, stehen wir jetzt vor der Tatsache, daß überlegene Kräfte gegen sie aufgeboten sind. Für immer sind die Tage vorüber, da die Angreifer ihre Opfer, eines nach dem anderen, anfallen und vernichten konnten, weil kein einheitlicher Widerstand vorhanden war. Wir, die Vereinten Nationen, werden unsere Kräfte so einsetzen, daß wir den gemeinsamen Feind dort treffen, wo wir die größte Wirkung erzielen.

Die Militaristen in Berlin und Tokio haben den Krieg begonnen. Aber die zusammengeballten, empörten Kräfte der vereinten Menschheit werden ihn beenden.

Die Vernichtung der Zentren materieller und geistiger Kultur war seit jeher das Ziel Hitlers und seiner italienischen und japanischen Schachfiguren. Sie wollen die Macht des Britischen Reiches, Rußlands, Chinas und der Niederlande zerschmettern und dann alle ihre Kräfte auf ihr Endziel konzentrieren: die Eroberung der Vereinigten Staaten.

Sie wissen, Sieg bedeutet für uns den Sieg der Freiheit.

Sie wissen, Sieg bedeutet für uns den Sieg der Demokratie, des Familiengedankens, der einfachen Grundsätze von Anstand und Menschlichkeit.

Sie wissen, Sieg bedeutet für uns den Sieg der Religion.

Und das können sie nicht dulden. Die Welt ist zu klein, um angemessenen Lebensraum für Hitler und für Gott zu bieten. Zum Beweis dessen haben die Nazis nunmehr ihren Plan verkündet, ihre neudeutsche heidnische Religion der ganzen Welt aufzuzwingen, jenen Plan, der die Heilige Schrift und das Kreuz der Gnade durch ›Mein Kampf‹, das Hakenkreuz und das nackte Schwert ersetzen will.

Unsere eigenen Ziele sind klar: Zerschmetterung des Militarismus, den die Kriegsherren ihren versklavten Völkern aufgezwungen haben; Befreiung der unterworfenen Völker; Einführung und Sicherung der Redefreiheit, der Religionsfreiheit, der Befreiung von Not und der Befreiung von Furcht – überall in der Welt.

Wir werden nicht innehalten, bevor diese Ziele erreicht sind –, wir werden uns auch nicht damit begnügen, sie einfach zu erreichen und dann auf unseren Lorbeeren auszuruhen. Ich weiß, ich spreche im Namen des amerikanischen Volkes – und ich habe allen Grund zu glauben, daß ich auch im Namen der anderen Völker spreche, die an unserer Seite kämpfen –, wenn ich sage, daß wir diesmal entschlossen sind, nicht nur den Krieg zu gewinnen, sondern auch den Frieden zu sichern, der ihm folgen wird.

Aber die modernen Methoden der Kriegführung stellen uns nicht nur die Aufgabe, zu schießen und zu kämpfen, sondern die noch dringendere, zu arbeiten und zu produzieren.

Der Sieg erfordert nicht nur Kriegswaffen, sondern auch Mittel, sie auf ein Dutzend Kriegsschauplätze zu befördern.

Es genügt nicht, daß wir und die anderen Vereinten Nationen eine etwas größere Menge von Kriegsmaterial herstellen als Deutschland, Japan, Italien und die geraubten Industrien der von ihnen überrannten Länder.

Die Überlegenheit der Vereinten Nationen an Kriegsmaterial und Schiffen muß erdrückend sein, so erdrückend, daß den Achsenmächten keinerlei Hoffnung bleibt, sie jemals einholen zu können. Um diese erdrückende Übermacht zu erreichen, müssen die Vereinigten Staaten Flugzeuge und Tanks, Geschütze und Schiffe bis zur äußersten Grenze ihrer Produktionsfähigkeit bauen. Wir haben die Fähigkeit und die Mittel, Waffen nicht nur für unsere Streitkräfte, sondern auch für die Armeen, Flotten und Luftstreitkräfte unserer Verbündeten zu bauen.

Und die erdrückende Übermacht unserer Rüstungen muß ausreichen, um Kriegswaffen zur rechten Zeit in die Hände der Männer in den eroberten Ländern zu legen, die bereitstehen, sich bei der ersten Gelegenheit gegen ihre deutschen und japanischen Unterdrücker zu erheben – und gegen die Verräter in ihren eigenen Reihen, die mit dem Schandnamen ›Quislinge‹ bezeichnet werden. Wenn wir den Patrioten in diesen Ländern Gewehre bringen, dann werden auch sie Schüsse abfeuern, die man auf der ganzen Welt vernehmen wird.

Unsere Produktion in den Vereinigten Staaten muß weit über ihren gegenwärtigen Stand hinaus erhöht werden, selbst wenn das eine plötzliche tiefgreifende Veränderung des Lebens und Berufs von Millionen unserer Volksgenossen bedeutet. Wir müssen unsere Produktionsziele auf der ganzen Linie erhöhen. Niemand soll sagen, das sei unmöglich. Es muß möglich sein – und wir haben es uns zur Aufgabe gemacht.

Ich habe soeben an die zuständigen Regierungszweige und -behörden eine Anweisung gesandt, die folgende Sofortmaßnahmen anordnet:

1. Unsere Flugzeugproduktion so zu beschleunigen, daß wir in diesem Jahre, 1942, 60 000 Flugzeuge herstellen werden, 10 000 mehr als das Ziel, das wir uns vor anderthalb Jahren gesetzt hatten. In dieser Zahl sind 45 000 Kampfflugzeuge einbegriffen – Bomber, Sturzbomber, Jagdflugzeuge. Die Zahl wird weiter erhöht werden, so daß wir nächstes Jahr, 1943, 125 000 Flugzeuge herstellen werden, darunter 100 000 Kampfflugzeuge.

2. Unsere Produktion von Tanks so zu beschleunigen, daß wir in diesem Jahr, 1942, 45 000 Tanks bauen, und diese Erhöhung fortsetzen, so daß wir nächstes Jahr, 1943,75 000 Tanks herstellen werden.

3. Unsere Produktion von Flugabwehrgeschützen so zu beschleunigen, daß wir in diesem Jahre, 1942, 20 000 herstellen und die Beschleunigung so steigern, daß wir nächstes Jahr, 1943,35 000 Flugabwehrgeschütze herstellen werden.

4. Unsere Handelsschiffsproduktion so zu beschleunigen, daß wir in diesem Jahre, 1942, 8000 000 Nettoregistertonnen bauen werden, gegenüber einer Produktion von 1 100 000 im Jahre 1941.

Diese Zahlen und ähnliche Ziffern für eine Menge anderen Kriegsmaterials werden den Japanern und den Nazis eine kleine Vorstellung davon geben, was sie mit dem Angriff auf Pearl Harbour erzielt haben.

Wir müssen uns vor Zerwürfnissen im eigenen Lager und Zwietracht unter den Vereinten Nationen in acht nehmen. Insbesondere müssen wir vor Rassenverfolgungen in allen ihren häßlichen Erscheinungsarten auf der Hut sein. Hitler wird wiederum versuchen, Mißtrauen und Argwohn zu säen zwischen Mensch und Mensch, Gruppe und Gruppe, Volk und Volk, Regierung und Regierung. Er wird dieselben Künste der Lüge anwenden und wieder versuchen, Gerüchte auszustreuen – Künste, durch die er Großbritannien und Frankreich entzweit hat. Jetzt versucht er dasselbe mit uns zu tun. Aber er wird auf die Einigkeit unseres Willens und die Gemeinsamkeit unserer Abwehr stoßen, die unerschütterlich bleiben werden, bis wir Hitlers niedrige Anschläge auf die Freiheit und Sicherheit der Völker der Welt zunichte machen.

Viele Leute fragen: ›Wann wird dieser Krieg enden?‹ Darauf gibt es nur eine Antwort: Er wird dann zu Ende sein, wenn wir ihm ein Ende bereiten, durch unsere gemeinsamen Anstrengungen, unsere geeinte Kraft, und unser aller Entschlossenheit, uns durchzukämpfen und durchzuarbeiten, auf dem Schlachtfelde und in den Fabriken, bis zum Ende, zum Ende des Militarismus in Deutschland, Italien und Japan. Wir werden uns niemals mit einem geringeren Erfolg zufrieden geben.

Wir kämpfen an der Seite der britischen Nation, die lange, schreckliche Monate hindurch allein kämpfte und voll Mut, Hartnäckigkeit und Geschicklichkeit dem Feind Widerstand geleistet hat.

Wir kämpfen an der Seite der russischen Nation, die die Nazihorden bis dicht an die Tore Moskaus dringen sah und dann die Eindringlinge mit fast übermenschlicher Willenskraft und Tapferkeit zum Rückzug gezwungen hat.

Wir kämpfen an der Seite der tapferen chinesischen Nation, die viereinhalb lange Jahre den Bomben und dem Hunger standgehalten und trotz der japanischen Übermacht an Ausrüstung und Waffen die Eindringlinge immer wieder geschlagen hat.

Wir kämpfen an der Seite der unbezwinglichen Holländer.

Wir kämpfen an der Seite aller anderen Regierungen im Exil, die Hitler mit allen seinen Armeen und seiner ganzen Gestapo nicht zu besiegen in der Lage ist.

Aber wir von den Vereinten Nationen bringen alle diese Opfer an Arbeitskraft und Menschenleben nicht, um zu einer Welt zurückzukehren, wie wir sie nach dem ersten Weltkriege hatten.

Heute kämpfen wir für Sicherheit, Fortschritt und Frieden, nicht nur für uns selbst, sondern für alle Menschen, nicht nur für eine Generation, sondern für alle Generationen. Wir kämpfen dafür, die Welt von alten Übeln und alten Krankheiten zu reinigen.

Unsere Feinde leitet brutaler Zynismus, gottlose Verachtung des Menschengeschlechtes. Uns erfüllt ein Glaube, der durch all die Jahrhunderte bis zum ersten Kapitel der Schöpfungsgeschichte zurückgeht, wo es heißt: ›Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde.‹

Wir unsererseits sind bemüht, dieser göttlichen Erbschaft würdig zu sein.

Wir kämpfen, wie unsere Väter gekämpft haben, um die Lehre zu verteidigen, daß alle Menschen vor Gott gleich sind. Auf der Gegenseite ist man bemüht, diesen tiefen Glauben zu zerstören und eine Welt zu schaffen nach ihrem Bilde – eine Welt der Tyrannei, der Grausamkeit und der Knechtschaft.

Das ist das Ringen, das nun Tag und Nacht unser Leben erfüllt. Kein Kompromiß kann dieses Ringen beenden.

Erfolgreiche Kompromisse zwischen Gut und Böse hat es nie gegeben – und kann es niemals geben. Nur der totale Sieg kann die Vorkämpfer der Duldung, des Anstands, der Freiheit und des Glaubens belohnen.«

*

 

7. Oktober 1942.

Bestrafung der Schuldigen

Berichte von Augenzeugen und offizielle Darstellungen der Grausamkeiten, die von den Deutschen in den besetzten Ländern verübt wurden, hatten die amerikanische Bevölkerung tief erregt. Präsident Roosevelt hatte wiederholt die Absicht der amerikanischen und alliierten Regierungen kundgetan, alle für Kriegsverbrechen Verantwortlichen der Strafe zuzuführen. Am 7. Oktober 1942 richtete der Präsident an die Achsenmächte eine neuerliche Warnung:

»Ich habe am 21. August mitgeteilt, daß der amerikanischen Regierung unausgesetzt Berichte über barbarische Verbrechen zugehen, die vom Feinde gegen die Zivilbevölkerung besetzter Länder, insbesondere auf dem europäischen Kontinent, verübt werden. Ich erklärte, daß es die Absicht sowohl der amerikanischen Regierung wie der anderen Vereinten Nationen ist, dafür zu sorgen, daß, sobald der Sieg errungen ist, alle, die an diesen Verbrechen schuldig sind, vor Gericht zur Rechenschaft gezogen werden.

Diese Verbrechen werden weiter begangen.

Ich erkläre nun, daß es die Absicht der amerikanischen Regierung ist, Vorkehrungen zu treffen, dahingehend, daß nach dem siegreichen Abschluß des Krieges die Kriegsverbrecher an die Vereinten Nationen auszuliefern sind.

Zusammen mit den anderen Regierungen wird die amerikanische Regierung eine Kommission der Vereinten Nationen für die Untersuchung von Kriegsverbrechen einsetzen; diese Kommission wird, um die Verantwortlichkeit der Schuldigen festzustellen, alles erlangbare Beweismaterial sammeln und prüfen.

Die Zahl der schuldigen Personen wird, verglichen mit der Gesamtbevölkerung der feindlichen Länder, zweifellos außerordentlich gering sein. Die Regierungen der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten beabsichtigen keine Massenvergeltung. Aber wir sind entschlossen, die Rädelsführer nach Recht und Gebühr zu bestrafen, die für den planmäßigen Mord Tausender unschuldiger Menschen und jene Schreckenstaten verantwortlich sind, die jeden christlichen Glaubenssatz verletzt haben.«

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12. Oktober 1942.

Keine Massenvergeltung

In seiner Rundfunkrede vom 12. Oktober 1942 erklärte Präsident Roosevelt, daß die für die Brutalitäten Verantwortlichen bestraft, daß jedoch Unschuldige in Deutschland, Italien und Japan nicht verfolgt werden würden.

»Die Macht der Vereinten Nationen ist in diesem Krieg im Aufstieg begriffen. Die Führer der Achsenmächte andererseits wissen heute, daß sie das Maximum ihrer Macht bereits erreicht haben und daß ihre ständig wachsenden Verluste an Menschen und Material nicht mehr voll ersetzt werden können. Deutschland und Japan erkennen bereits, was das unvermeidliche Ergebnis sein wird, wenn die ganze Macht der Vereinten Nationen sie treffen wird – an immer neuen Stellen der Erdoberfläche.

Eine der wichtigsten Waffen unserer Gegner war bisher der sogenannte Nervenkrieg. Sie verbreiteten Lügen und Terror; sie setzten überall die Fünfte Kolonne ein; sie betrogen die Harmlosen; sie säten Mißtrauen und Haß zwischen Nachbarn; sie stachelten Bürger anderer Länder – selbst unseres eigenen Landes – zu Worten und Taten an, die dann von Berlin und Tokio als Beweise der Uneinigkeit ausgebeutet wurden.

Der beste Schutz gegen diese Propaganda ist der gesunde Menschenverstand des einfachen Mannes, und dieser Schutz erweist sich mit jedem Tage wirksamer.

Der Nervenkrieg gegen die Vereinten Nationen wirkt sich nun auf seine Urheber als Bumerang aus. Zum erstenmal ist die Propagandamaschine der Nazis in die Abwehr gedrängt. Die Nazis beginnen, sich vor ihrem eigenen Volke für die Niederlage ihrer gewaltigen Streitkräfte vor Stalingrad und für die ungeheuren Verluste, die sie erleiden, zu entschuldigen. Sie sind gezwungen, ihre überanstrengten Arbeiter anzuflehen, die sinkende Produktion wieder zu steigern. Sie geben sogar öffentlich zu – zum erstenmal –, daß Deutschland nur mit Hilfe der Lebensmittel ernährt werden kann, die sie in Europa rauben.

Sie erklären, daß eine zweite Front unmöglich sei. Aber gleichzeitig senden sie in verzweifelter Hast Truppen nach allen Richtungen und spannen Stacheldrähte längs der ganzen Küste von Finnland und Norwegen bis hinunter zu den Inseln des östlichen Mittelmeeres.

Inzwischen treibt ihre Besessenheit sie zu immer rasenderen Greueltaten.

Die Vereinten Nationen haben beschlossen, die Identität derjenigen Naziführer festzustellen, die für diese zahllosen barbarischen Akte verantwortlich sind. Jedes dieser Verbrechen wird sofort gewissenhaft untersucht, und ständig wird Beweismaterial für künftige Gerichtsverhandlungen gesammelt.

Wir haben eindeutig erklärt, daß die Vereinten Nationen keine Massenvergeltung an der Bevölkerung Deutschlands, Italiens und Japans üben wollen. Aber die Rädelsführer und ihre brutalen Henkersknechte müssen namentlich festgestellt, verhaftet und in strafrechtlichem Verfahren abgeurteilt werden.

Wir denken an die zahllosen Millionen Menschen, deren künftige Freiheit, ja, deren Leben von dem Endsiege der Vereinten Nationen abhängt. Wir kämpfen für die Wiederherstellung und Erhaltung des Vertrauens und der Hoffnung in der ganzen Welt.

Unser unmittelbares Ziel ist klar und konkret: Es ist die völlige Zerstörung der militärischen Macht Deutschlands, Italiens und Japans, so daß diese Mächte die nächste Generation in Amerika und in allen anderen Ländern der Vereinten Nationen nicht wieder bedrohen können.«

*

 

11. November 1942.

Britisch-amerikanische Waffenbrüderschaft

In einer Rede zur Ehrung des Unbekannten Soldaten anläßlich des Waffenstillstandstages verglich Präsident Roosevelt am 11. November 1942 den deutschen Militarismus von 1918 mit dem von heute.

»Heute, wie an jedem Waffenstillstandstag seit 1918, wenden sich unsere Gedanken dem ersten Weltkrieg zu. Wir gedenken mit Dankbarkeit der Tapferkeit der Männer, deren Kampf zum Sieg über den deutschen Militarismus beigetragen hat.

Aber in diesem Jahre gelten unsere Gedanken auch der lebendigen Gegenwart und einer Zukunft, die sich vor unseren Augen zu enthüllen beginnt – ein Bild, auf das ein neuer Hoffnungsstrahl fällt.

Heute kämpfen Amerikaner und ihre britischen Waffenbrüder wiederum auf französischer Erde. Sie kämpfen wiederum gegen einen deutschen Militarismus, der in seiner Brutalität und Barbarei den von 1918 hundertfältig übertrifft.

Die Nazis von heute und ihre ebenbürtigen Verbündeten, die Japaner, haben versucht, den Sinn der Geschichte in sein Gegenteil zu verkehren und mit allen technischen Mitteln der modernen Zivilisation die Menschheit auf die Stufe vorgeschichtlicher Wildheit zurückzuwerfen.

Sie haben die Welt zu erobern versucht, und eine Zeitlang schien es, als ob sie die Ziele ihres grenzenlosen Ehrgeizes erreichen würden. Sie haben große Gebiete überrannt, haben Menschen versklavt und getötet.

Aber heute wissen wir – und sie wissen es –, daß sie nichts erobert haben. Heute stehen sie vor der unentrinnbaren, endgültigen Niederlage.

Die Mächte der Freiheit sind auf dem Marsch.«

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7. Januar 1943.

Die Entwaffnung der Angreifer

In einer Rede am 7. Januar 1943 erörterte Präsident Roosevelt die Notwendigkeit, den Frieden durch die Entwaffnung der Angreifernationen zu sichern.

»Es ist uns klar: Wenn Deutschland, Italien und Japan – oder auch nur eines dieser Länder – nach Kriegsende ihre Waffen behalten oder wiederaufrüsten dürfen, werden sie unweigerlich ihre ehrgeizigen Welteroberungspläne wieder in die Tat umzusetzen versuchen. Sie müssen daher entwaffnet werden und entwaffnet bleiben. Sie müssen die Weltanschauung, und die Verbreitung dieser Weltanschauung, die so viel Leid über die Welt gebracht hat, aufgeben.

Nach dem ersten Weltkrieg versuchten wir, auf der Grundlage eines hohen Idealismus eine Formel für einen dauernden Frieden zu finden. Der Versuch schlug fehl. Aber aus unserem Fehlschlag haben wir gelernt, daß auf der gegenwärtigen Stufe der menschlichen Entwicklung der Friede nicht allein durch gute Absichten erhalten werden kann.

Die Vereinten Nationen sind heute das mächtigste Militärbündnis der Geschichte. Sie stellen die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung der Erde dar. Verbunden durch ein feierliches Übereinkommen, keinerlei Angriffshandlungen gegenüber irgendeinem Nachbarn zu unternehmen, können und müssen die Vereinten Nationen im Interesse der Aufrechterhaltung des Friedens vereint bleiben. Denn nur so können sie jedem Wiederaufrüstungsversuch in Deutschland, Italien und Japan oder irgendeinem anderen Land zuvorkommen, welches das zehnte Gebot zu verletzen sucht, das Gebot: ›Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut.‹

Es gibt Zyniker und Skeptiker, die da sagen, dies sei unmöglich. Das amerikanische Volk und alle freiheitsliebenden Völker der Erde aber verlangen jetzt, daß es möglich sein müsse. Und wir werden dem Willen der Völker gerecht werden.

Die Weltanschauung der Achsenmächte beruht auf einer tiefen Verachtung des Menschengeschlechtes. Wenn wir in der Gestaltung unserer zukünftigen Politik uns von dieser zynischen Verachtung leiten ließen, dann käme dies einer Kapitulation vor der Weltanschauung unserer Feinde gleich, und dann würde sich unser Sieg in eine Niederlage verkehren.

Das Wesen dieses Krieges ist der grundsätzliche Gegensatz zwischen denen, die an die Menschheit glauben, und denen, die sie verachten – der uralte Gegensatz zwischen denen, die auf das Volk, und denen, die auf Diktatoren und Tyrannen vertrauen. Es hat immer Menschen gegeben, die nicht an das Volk glaubten, Menschen, die seit jeher versucht haben, seine Entwicklung aufzuhalten und es in Knechtschaft, Leiden und Schweigen niederzuhalten.

Die Völker haben jetzt ihre Kräfte gesammelt. In all ihrer Macht und Stärke schreiten sie vorwärts – und keine Gewalt, keine List, kein Betrug kann sie mehr aufhalten. Vor sich erblicken sie die Hoffnung der Welt: ein anständiges, sicheres, friedliches Leben für alle Menschen auf Erden.

Ich will nicht prophezeien, wann dieser Krieg enden wird.

Aber ich glaube, daß in diesem Jahr 1943 die Vereinten Nationen ein wesentliches Stück auf dem Wege nach Berlin, Rom und Tokio zurücklegen werden.«

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12. Februar 1943.

Bedingungslose Übergabe

Am 8. November 1942 landeten alliierte Streitkräfte in Nordafrika. Wenige Tage zuvor hatte die britische Achte Armee ihre machtvolle Offensive bei El Alamein begonnen. Der afrikanische Feldzug war in vollem Schwung, als Präsident Roosevelt und Ministerpräsident Churchill in Casablanca weitere militärische Schritte und die Übergabebedingungen für die Achsenmächte erörterten. Nach seiner Rückkehr von Casablanca hielt Präsident Roosevelt am 12. Februar 1943 seine Rede über die »Bedingungslose Übergabe«:

»Ein einziger Gedanke beherrscht heute unser Sinnen und Trachten: die unbeugsame Entschlossenheit, diesen Krieg bis zum Ende durchzukämpfen, bis zu dem Tage, an dem die Streitkräfte der Vereinten Nationen im Triumph durch die Straßen von Berlin, Rom und Tokio marschieren werden.

Es ist eines unserer in der Atlantischen Charta festgelegten Kriegsziele, daß die heute unterworfenen Völker selbst wieder Herren ihrer Geschicke sein sollen. Nirgends darf darüber ein Zweifel bestehen, daß es das unwandelbare Ziel der Vereinten Nationen ist, die heiligen Rechte der unterworfenen Nationen wiederherzustellen.

Kein Volk der Welt, das frei seine Regierungsform wählen kann, wird sich für Faschismus, Nationalsozialismus oder die Militärherrschaft der Japaner entscheiden. Diese Regierungsformen sind von Usurpatoren geschaffen, die die Macht an sich gerissen und dann die Freiheit abgeschafft haben. Mit voller Berechtigung können daher die Vereinten Nationen über diese Regierungsformen die zwei einfachen Worte sagen: ›Nie wieder!‹

Das in der Atlantischen Charta festgelegte Recht der Selbstbestimmung gibt keiner Regierung das Recht zum Massenmord oder das Recht, das eigene Volk oder irgendein anderes Volk auf dieser Erde zu versklaven.

Und die Welt kann dessen sicher sein, daß dieser totale Krieg – diese Hinopferung von Menschenleben auf dem ganzen Erdball – nicht dazu geführt wird, um die Quislinge und die Lavals irgendwo auf der Welt an der Macht zu lassen – nichts liegt uns ferner!

Um das unvermeidliche Unheil von sich abzuwenden, versuchen die Propagandisten der Achsenmächte, mit ihren alten Tricks die Vereinten Nationen zu spalten. Sie bemühen sich, der Welt einzureden, daß, wenn wir diesen Krieg gewinnen, Rußland, England, China und die Vereinigten Staaten sich wie Hund und Katze raufen werden.

Dies ist ihr letzter Versuch, ein Volk gegen das andere aufzuhetzen, in der eitlen Hoffnung, sie könnten auf diese Weise mit jedem Volk einzeln fertig werden und daß irgendeines von uns so leichtgläubig und vergeßlich sein könnte, sich auf einen Kuhhandel auf Kosten seiner Verbündeten einzulassen.

Unsere Antwort und die Antwort aller Vereinten Nationen auf diese von Panik erzeugten Versuche, sich der Verantwortung begangener Verbrechen zu entziehen, ist dies: Die einzige Bedingung, unter der wir mit einer der Regierungen der Achsenmächte oder mit irgendeinem ihrer Mitläufer verhandeln werden, haben wir in Casablanca verkündet: ›Bedingungslose Kapitulation!‹ Mit dieser kompromißlosen Politik beabsichtigen wir nichts Böses gegen die große Masse der Bevölkerung der Achsenländer. Wohl aber ist es unsere Absicht, ihren schuldigen barbarischen Führern das volle Maß von Strafe und Vergeltung aufzuerlegen.

Die Nazis müssen wirklich wahnsinnig sein, wenn sie glauben, eine Propaganda ausdenken zu können, welche die britische, amerikanische und chinesische Regierung und ihre Völker gegen Rußland oder Rußland gegen uns aufzuhetzen vermöchte.«

*

 

28. Juli 1943.

Keine Verständigung mit dem Faschismus

Am 25. Juli 1943 wurde die faschistische Regierung Italiens gestürzt; drei Tage später hielt Präsident Roosevelt die folgende Rede:

»Vor mehr als anderthalb Jahren erklärte ich vor dem Kongreß:

›Die Militaristen in Berlin, Rom und Tokio haben diesen Krieg begonnen; aber die vereinten Kräfte der empörten Menschheit werden ihn beenden.‹

Diese Voraussage beginnt sich zu erfüllen.

Die vereinten Kräfte der empörten Menschheit sind auf dem Marsch. Sie stoßen vor an der russischen Front, sie stoßen vor in die weiten Räume des Stillen Ozeans, sie stoßen nach Europa hinein; sie nähern sich von allen Seiten ihren Endzielen: Berlin und Tokio. Der erste Riß in der Achse ist da. Das verbrecherische und korrupte faschistische Regime in Italien ist im Zusammenbrechen.

Die Weltanschauung der faschistischen und nationalsozialistischen Räuber verträgt keine Rückschläge. Die militärische Überlegenheit der Vereinten Nationen zur See, zu Lande und in der Luft ist zur rechten Zeit und am rechten Ort in die Waagschale geworfen worden.

Hitler weigerte sich, Mussolini hinreichende Hilfe zu senden. Ja, Hitlers Truppen haben sogar den Italienern in Sizilien ihre motorisierte Ausrüstung gestohlen; sie ließen die italienischen Soldaten so ausgeplündert zurück, daß ihnen nichts anderes übrigblieb, als sich zu ergeben. Wieder einmal haben die Deutschen ihre italienischen Verbündeten im Stich gelassen, wie sie es so oft an der russischen Front, auf dem langen Rückzug von Ägypten durch Libyen und Tripolis bis zur Kapitulation in Tunis getan haben.

Mussolini ist widerstrebend zu der Erkenntnis gekommen, daß er verspielt hat – er konnte sehen, wie der Arm der Gerechtigkeit sich nach ihm ausstreckte.

Aber er und seine faschistische Bande werden zur Rechenschaft gezogen und für ihre Verbrechen gegen die Menschheit bestraft werden. Es wird keinem Verbrecher gestattet werden, sich beim ›Rücktritt vom Amt‹ der Strafe zu entziehen.

Unsere Bedingungen für Italien sind immer noch dieselben wie für Deutschland und Japan: ›Bedingungslose Kapitulation!‹

Wir wollen keine Geschäfte mit dem Faschismus machen: in keiner Beziehung, in keiner Form, in keiner Weise. Noch werden wir dulden, daß irgendwelche Spuren des Faschismus übrigbleiben.«

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30. Juli 1943.

Kein Asyl für Kriegsverbrecher

Nach dem Zusammenbruch der Herrschaft Mussolinis in Italien versuchten einige faschistische Führer in neutrale Länder zu entfliehen. Präsident Roosevelt verkündete am 30. Juli abermals, daß die Führer Deutschlands und Japans für Kriegsverbrechen zur Verantwortung gezogen und der Gerechtigkeit überantwortet werden würden und warnte die Neutralen, irgendwelchen Kriegsverbrechern Asyl zu gewähren.

»In einer Erklärung, die ich am 21. August 1942 der Presse übergab, sagte ich in Bezug auf die von den Achsenmächten gegen unschuldige Menschen verübte Verbrechen folgendes:

›Die Vereinten Nationen werden diesen Krieg gewinnen. Wenn der Sieg errungen ist, wird die Regierung der Vereinigten Staaten, und – wie ich weiß – ebenso die jeder der Vereinten Nationen, geeigneten Gebrauch von den Tatbeständen und Zeugenaussagen machen, die wir bezüglich der barbarischen Verbrechen der Angreifer in Europa und Asien gesammelt haben. Es ist nur billig, die Schuldigen wissen zu lassen, daß der Tag kommen wird, da sie sich vor den Gerichtshöfen eben jener Länder, die sie jetzt unterdrücken, für ihre Handlungen zu verantworten haben werden.‹

Am 7. Oktober 1942 erklärte ich: ›Es ist die Absicht der amerikanischen Regierung, in den erfolgreichen Abschluß des Krieges Vorkehrungen für die Auslieferung von Kriegsverbrechern an die Vereinten Nationen einzubeziehen.‹

Seit diesen Erklärungen haben die Räder der Gerechtigkeit nicht stillgestanden. Es sind Gerüchte im Umlauf, daß Mussolini und Mitglieder seiner faschistischen Bande versuchen könnten, auf neutrales Gebiet zu entkommen. Auch Hitler und seine Bande und Tojo und seine Bande werden eines Tages versuchen, aus ihren Ländern zu entkommen. Ich kann kaum glauben, daß irgendein neutrales Land auch nur einem von ihnen Asyl oder Schutz gewähren wird.

Ich muß aber sagen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten die Gewährung von Asyl an die Führer der Achsenmächte oder ihre Werkzeuge als unvereinbar mit den Grundsätzen betrachtet, für die die Vereinten Nationen kämpfen, und daß die Regierung der Vereinigten Staaten hofft, daß keine neutrale Regierung solchen Leuten ihr Gebiet als Zufluchtsstätte öffnen oder ihnen in anderer Weise ihrer wohlverdienten Strafe zu entrinnen behilflich sein wird.«

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25. August 1943.

Schluß mit dem Gangstertum

In einer Rede, die Präsident Roosevelt am 25. August 1943 vor dem kanadischen Parlament in Ottawa hielt, führte er aus: »Was einen Nazi zu einem Nazi macht.«

»Das charakteristische Übel, das einen Nazi zu einem Nazi macht, ist sein völliges Unvermögen, den Eigenwert und die Rechte seiner Mitmenschen zu begreifen und zu achten. Seine einzige Methode im Umgang mit seinen Nachbarn ist, sie zuerst mit Lügen zu hintergehen, dann verräterisch anzugreifen, niederzuschlagen und niederzutrampeln und endlich sie umzubringen oder zu versklaven. Und genau so halten es die fanatischen Militaristen Japans.

Weil ihre eigenen Instinkte und Triebe im tiefsten unmenschlich sind, können unsere Feinde es einfach nicht begreifen, wie anständige und vernünftige Menschen miteinander auskommen und als Nachbarn friedlich zusammenleben können.

Wir geben unsere Kraft, unser Vermögen, ja das Leben unserer Kinder hin, weil eine Gangsterbande innerhalb der Völkergemeinschaft sich weigert, die Grundlagen anständigen menschlichen Benehmens anzuerkennen. Wir sind gezwungen gewesen, die Polizei herbeizurufen, um diese Bande unschädlich zu machen und damit das Gangstertum aus der Völkergemeinschaft auszumerzen. Wir sorgen jetzt dafür, daß unsere Feinde diese Lehre ein für allemal lernen, bedingungslos und unwiderruflich. Ja, diesmal wird die Welt ihre Banditen loswerden.«

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25. August 1943.

Die Ziele der Vereinten Nationen

Die Vereinigten Staaten haben das Leihpachtsystem geschaffen, um Nationen im Kampf gegen die Achsenmächte zu helfen. In seinem Bericht darüber an den Kongreß vom 25. August 1943 erklärte Präsident Roosevelt, was »bedingungslose Übergabe« bedeutet.

»Wenn wir von den verantwortlichen faschistischen Führern absehen, brauchen die Völker der Achsenmächte die bedingungslose Kapitulation vor den Vereinten Nationen nicht zu fürchten. Nur die verantwortlichen faschistischen Führer werden zur Rechenschaft gezogen werden. Die Bevölkerung der von den Achsenmächten beherrschten Länder möge versichert sein: bedingungslose Übergabe bedeutet nicht den Eintausch faschistischer Tyrannei gegen Ruin unter der Herrschaft der Vereinten Nationen. Es ist das Ziel der Vereinten Nationen, den befreiten Völkern die Entfaltung freien politischen Lebens nach ihrem eigenen Gutdünken und die Erlangung wirtschaftlicher Sicherheit zu ermöglichen. Dies sind zwei der großen Ziele der Atlantic Charta.«

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17. September 1943.

Amerika rüstet auf

Amerika hatte die Herausforderung der Achsenmächte mit der Mobilisierung seiner Industrie und seiner Arbeitsreserven beantwortet. Präsident Roosevelt enthüllt in seiner Botschaft an den Kongreß vom 17. September 1943 eine Reihe von Tatsachen, um zu beweisen, daß Amerika die Macht besitzt, jedem Angreifer die Stirn zu bieten.

»Welch ein gewaltiges Unternehmen dieser Krieg darstellt, und wie wir ständig daran sind, das Tempo unserer Produktion zu beschleunigen, geht aus den folgenden Angaben hervor:

Die Gesamtausgaben für den Krieg seit Mai 1940 belaufen sich bisher auf $ 128 123 000 000. Dies entspricht derzeit einem Kostenaufwand von $ 250 000 000 per Tag.

Aus der Masse des durch die Industrie seit Mai 1940, dem Beginn des Rüstungsprogramms, erzeugten und gelieferten Rüstungsmaterials seien die folgenden wichtigen Posten angeführt:

Flugzeuge 123 000
Flugzeugmotoren 349 000
Panzer 53 000
Geschütze 93 000
Kleinwaffen
(Gewehre, Karabiner, Maschinengewehre usw.)
9 500 000
Munition für Kleinwaffen, Patronen 25 942 000 000
Lastkraftwagen 1 233 000

Mehr als die Hälfte dieser bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte gelieferten Mengen wurde in den meisten Fällen während der ersten acht Monate des Jahres 1943 herausgebracht, und zwar:

 

Flugzeuge 32 000
Panzer 23 000
Geschütze 40 600
Kleinwaffen
(Gewehre, Karabiner, Maschinengewehre usw.)
4 638 000
Munition für Kleinwaffen, Patronen 3 339 000 000

 

Die Zahl der seit Mai 1940 fertiggestellten Kriegsschiffe und Hilfskriegsschiffe aller Art beträgt 2380, ferner 13 000 Landungsboote.

In dem Zeitraum von zweieinhalb Jahren zwischen dem 1. Januar 1941 und dem 1. Juli 1943 erreichte die Gesamtpferdestärke der zum Antrieb von Kriegsschiffen hergestellten Motorenanlagen die gleiche Höhe wie die Energieproduktion aller Wasserkraftwerke in den Vereinigten Staaten im Januar 1941.

Während der letzten sechs Monate wurden ebensoviele Kriegsschiffe vom Stapel gelassen wie im ganzen Jahr 1942.

Die für den Bau eines Unterseebootes erforderliche Zeit wurde auf beinahe die Hälfte herabgedrückt.

Die in dem im Mai 1940 begonnenen Rüstungsprogramm erzeugten Flaks und Geschütze für Mehrfachverwendung könnten bei gleichzeitiger Abfeuerung 4600 Tonnen Munition in der Minute gegen den Feind schleudern.

Die Erzeugung von Unterseewaffen (Torpedos, Minen und Wasserbomben) während der ersten Hälfte des Jahres 1943 erreichte die Höhe der Gesamtproduktion des Jahres 1942.

Im August 1943 haben wir beinahe ebensoviele Torpedos hergestellt wie während des ganzen ersten Weltkrieges.

Wir sahen uns vor der Aufgabe, eine Armee von nahezu zehn Millionen Mann aufzustellen und auszurüsten. Abgesehen von diesen Anforderungen an unsere verfügbaren Menschenreserven mußten wir gleichzeitig weitere Millionen von Männern und Frauen finden, um unsere Rüstungsindustrie, Waffenlager, Schiffswerften, Fabriken für lebenswichtigen Zivilbedarf sowie landwirtschaftliche Betriebe und Bergwerke Amerikas mit Arbeitskräften zu versehen.

Seit dem Ausbruch des Krieges in Europa haben wir unsere Erdölerzeugung um 66 Prozent gesteigert. Wir haben unsere Braunkohlenproduktion um 40 Prozent erhöht, die chemische Produktion um 300 Prozent, die Eisenerzförderung um 126 Prozent, die Wasserkraftversorgung um 79 Prozent und die Stahlerzeugung um 106 Prozent.«

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10. November 1943.

Die Plünderung Europas

In einer Rede, die Präsident Roosevelt am 10. November 1943 vor dem Amt der Vereinten Nationen für Hilfe und Wiederaufbau (UNRRA) hielt, verurteilte er die Methoden der Ausplünderung und Zerstörung, die die Deutschen und Japaner in den besetzten Gebieten anwenden.

»Die Deutschen und Japaner führen ihren Plünderungs- und Zerstörungsfeldzug mit dem einen Ziel im Auge, in den von ihnen besetzten Ländern eine Generation unterernährter Halbmenschen zurückzulassen, die so zermürbt an Körper und Geist, so ohne Kraft und Hoffnung sein soll, daß sie in der Tat als Sklaven und Lasttiere derer benützt werden können, die sich selbst den Titel ›Herrenvolk‹ verliehen haben.

Die besetzten Länder wurden ihrer Lebensmittel und ihrer Rohstoffe, ja selbst ihrer landwirtschaftlichen und industriellen Maschinen beraubt, ohne die es für ihre Arbeiter keine Beschäftigung gibt. Es war der Plan der Deutschen, die anderen Länder systematisch in wirtschaftliche Abhängigkeit zu bringen, um sie völlig der Nazityrannei zu unterwerfen.«

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24. Dezember 1943.

Voraussetzungen einer Friedensordnung

Im November 1943 trafen Präsident Roosevelt, Ministerpräsident Churchill und Marschall Stalin in Teheran zusammen, um die Strategie der Vereinten Nationen und Pläne für die Sicherung des Friedens nach dem Siege zu beraten. Nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten hielt Präsident Roosevelt am 24. Dezember 1943 eine Rundfunkrede, in der er erklärte, daß die drei Großmächte einig seien in dem Entschluß, Deutschland zu entwaffnen und eine Wiederholung der Fehler von 1918 zu vermeiden.

»In den beiden letzten Tagen unseres Zusammenseins in Teheran beschäftigten wir – Stalin, Churchill und ich – uns mit den Tagen, Monaten und Jahren, die Deutschlands Niederlage folgen werden. Wir waren einig in dem Entschluß, daß Deutschland seiner militärischen Macht entkleidet werden müsse und keine Möglichkeit haben dürfe, diese Macht in absehbarer Zeit zurückzuerobern.

Die Vereinten Nationen haben nicht die Absicht, das deutsche Volk zu versklaven. Wir wollen ihm die Möglichkeit geben, sich friedlich zu einem nützlichen und achtbaren Glied der europäischen Völkerfamilie zu entwickeln. Aber wir müssen das Wort ›achtbar‹ betonen – denn wir haben die Absicht, es ein für allemal vom Nazismus und preußischen Militarismus zu befreien und von der phantastischen und verhängnisvollen Vorstellung, daß es eine ›Herrenrasse‹ sei …

Nach dem Waffenstillstand im Jahre 1918 dachten und hofften wir, daß der Geist des deutschen Militarismus ausgerottet wäre. Voll von der ›Milch der frommen Denkungsart‹ haben wir die nächsten fünfzehn Jahre darauf verwendet abzurüsten, während die Deutschen so herzzerreißend jammerten, daß die anderen Völker ihnen nicht nur die Wiederaufrüstung gestatteten, sondern sogar erleichterten.

Wir haben uns zu lange der frommen Hoffnung hingegeben, daß kriegerische, angriffslustige Völker den Grundsatz, freiwillig Frieden zu halten, begreifen und durchführen würden.

Die gut gemeinten, aber unglückseligen Versuche früherer Jahre erwiesen sich als untauglich. Ich hoffe, daß wir sie nicht wiederholen werden. Nein – ich muß es stärker ausdrücken: Es ist meine Absicht als Präsident und Oberster Befehlshaber der Streitkräfte der Vereinigten Staaten, das menschenmögliche dafür zu tun, eine Wiederholung dieses tragischen Fehlers zu vermeiden.

Die überwältigende Mehrheit aller Völker der Welt will Frieden. Die meisten von ihnen kämpfen jetzt für die Erreichung dieses Friedens und nicht bloß für eine Waffenruhe oder einen Waffenstillstand. Sie kämpfen für einen Frieden, der so machtvoll gewährleistet und dauerhaft sein muß, wie sterbliche Menschen ihn nur machen können. Wenn wir jetzt gewillt sind, für den Frieden zu kämpfen, ist es dann nicht absolut folgerichtig, in der Zukunft, wenn nötig, Gewalt anzuwenden, um diesen Frieden zu bewahren?

Ich bin überzeugt, und ich glaube, ich kann es auch aussprechen, daß die drei andern großen Völker, die so großartig für die Erreichung des Friedens kämpfen, völlig einer Meinung darin sind, daß wir bereit sein müssen, den Frieden mit Anwendung von Zwangsmitteln aufrechtzuerhalten. Wenn die Deutschen und Japaner erst einmal zum gründlichen Verständnis der Tatsache gebracht worden sind, daß die Welt ihnen keinen neuen Friedensbruch gestatten wird, dann ist es möglich und – ich hoffe – wahrscheinlich, daß sie den Geist der Angriffslust aufgeben werden – den Irrglauben, sie könnten die ganze Welt gewinnen, wenn sie auch dabei Schaden an der Seele nähmen.«

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13. Februar, 14. März, 24. März und 12. Juni 1944.

Hitlers Verbrechen gegen die Menschheit

Präsident Roosevelt protestierte wiederholt im Namen der Vereinten Nationen gegen die Verfolgungen unschuldiger Menschen durch die Deutschen, verurteilte Rassenhaß und Antisemitismus und erhob wieder und wieder seine Stimme zur Verteidigung der Religion und der Rechte der Minderheiten. Die Naziführer haben diese Proteste unbeachtet gelassen. Der Präsident hat in einer Reihe von Kundgebungen während des Jahres 1944 klargemacht, daß die Vereinten Nationen diese Verbrechen gegen die Menschheit verurteilen und entschlossen sind, alle Teilnehmer an diesen Verbrechen der Strafe zuzuführen.

Erklärung vom 13. Februar 1944

»Der Versuch Hitlers und der Nazipartei, Deutschland, Europa und schließlich Amerika zu unterwerfen, bediente sich hauptsächlich zweier brutaler Hilfsmittel – des organisierten Terrors und des organisierten Antisemitismus. Durch Terror kam Hitler zur Macht, und durch Terror hat er sich an der Macht behauptet. Antisemitismus war das propagandistische Gegenstück des Terrors. Im Namen des ›Herrenvolkes‹, das sich selbst diese Würde verliehen hatte, plünderte Hitler erst sein eigenes Volk aus, dann die Völker Europas, und morgen hätte er, wie er sich brüstete, die Welt geraubt.

Jeder Amerikaner prüfe selbst sein Gewissen und seine Handlungen, damit wir nicht nur Hitlers Armeen, sondern auch seine Giftpropaganda überwinden können. Wer Antisemitismus duldet oder fordert, spielt Hitler in die Hände.«

 

Erklärung vom 14. März 1944

»Jedermann weiß, welcher Taten sich die Nazis auf dem Gebiet der Religion brüsten können. Sowohl in Deutschland wie im Ausland haben Hitler und seine Anhänger einen rücksichtslosen Krieg gegen die Kirchen aller Bekenntnisse geführt.

Nun benützt die deutsche Armee Rom, die Ewige Stadt, als militärisches Zentrum. Niemand konnte davon überrascht sein; dies ist nur die letzte in der langen Reihe von Hitlers beleidigenden Herausforderungen der Religion. Es ist ein logischer Schritt in der Nazipolitik des totalen Krieges, einer Politik, der nichts heilig ist.

Wir haben Religionsfreiheit zu einem der Grundsätze gemacht, für die wir diesen Krieg führen. Wir haben mit höchster Gewissenhaftigkeit, oft sogar unter erheblichen Opfern, getrachtet, Religions- und Kulturdenkmäler zu schonen, und wir werden es auch in Zukunft so halten.«

 

Erklärung vom 24. März 1944

»Die Vereinten Nationen kämpfen für eine Weltordnung, in der für Tyrannei und kriegerische Überfälle kein Platz sein wird. Sie kämpfen für eine Welt der Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, für eine Welt, in der alle Menschen in Frieden, Ehre und Anstand leben können – ohne Unterschied der Rasse, der Hautfarbe und des Glaubens.

Mittlerweile dauert die systematische Folterung und Ermordung von Zivilpersonen – Männern, Frauen und Kindern – durch Nazis und Japaner in fast ganz Europa und in Teilen Asiens unvermindert an. In den von den Angreifern unterworfenen Gebieten werden unschuldige Polen, Tschechen, Norweger, Holländer, Dänen, Franzosen, Griechen, Russen, Philippinos – und viele andere – ausgehungert, dem Erfrierungstode überantwortet oder kaltblütig in barbarischer Kriegführung ermordet.

Die Massenschlächtereien von Warschau und Lidice, von Charkow und Nanking und die brutale Folterung und Ermordung nicht allein von Zivilpersonen, sondern auch unserer tapferen amerikanischen Soldaten und Flieger durch Japaner – das sind nur schreckliche Beispiele dessen, was sich Tag für Tag, jahraus, jahrein überall abspielt, wo Nazis und Japaner die Gewalt innehaben – wo sie ihren barbarischen Instinkten freien Lauf lassen können.

Eines der schwärzesten Verbrechen der Weltgeschichte, mit dem die Nazis im Frieden begonnen und das sie während des Krieges verhundertfacht haben, ist der systematische Massenmord der europäischen Juden; er wird ungeschwächt fortgeführt, Stunde für Stunde. Infolge der Ereignisse der letzten Tage sind hunderttausende Juden – die, obwohl in Ungarn und auf dem Balkan verfolgt, dort noch wenigstens ihr Leben retten konnten – mit der Ausrottung durch Hitlers Streitkräfte bedroht; schwerer als zuvor lastet ihre Faust jetzt auf diesen Ländern. Es wäre eine erschütternde Tragödie, wenn diese unschuldigen Menschen, die Hitlers Raserei schon ein Jahrzehnt überstanden haben, umkommen sollten, gerade am Vorabend unseres Triumphes über eine Barbarei, die in dieser Verfolgung zum sinnfälligsten Ausdruck kommt.

Es ist daher nur am Platze, neuerlich unseren Entschluß zu verkünden, daß niemand, der an diesen barbarischen Handlungen teilnimmt, der Strafe entgehen soll. Die Vereinten Nationen haben ihren festen Willen zum Ausdruck gebracht, die Schuldigen zu verfolgen und sie dem Gericht zu überliefern, auf daß der Gerechtigkeit Genüge geschehe. Diese Warnung richtet sich nicht nur an die Führer, sondern auch an ihre Beamten und Untergebenen in Deutschland und in den Vasallenstaaten. Jeder, der bewußt an der Verschickung von Juden in den Tod nach Polen oder an der Verschickung von Norwegern und Franzosen in den Tod nach Deutschland teilnimmt, ist ebenso schuldig wie der Henker selbst. Wer immer an diesen Verbrechen teilgenommen hat, soll auch von der Strafe nicht verschont bleiben.

Hitler begeht diese Verbrechen gegen die Menschheit im Namen des deutschen Volkes. Ich fordere daher jeden Deutschen – und jeden, der irgendwo unter der Naziherrschaft lebt – auf, der Welt durch die Tat zu zeigen, daß sein Herz frei ist von diesen wahnwitzigen verbrecherischen Gelüsten. Er helfe den verfolgten Opfern sich zu verbergen und über die Grenzen zu entkommen; er tue, was er kann, um sie vor den Nazihenkern zu retten. Ich fordere auch jeden auf, die Augen offen zu halten und Beweise zu sammeln, die eines Tages der Überführung der Schuldigen dienen werden.

Mittlerweile und bis zur Erringung des Sieges, der uns heute gewiß ist, werden die Vereinigten Staaten in ihren Bemühungen fortfahren, die Opfer der Brutalität der Nazis und der Japaner zu retten. Soweit die militärischen Notwendigkeiten es gestatten, wird die amerikanische Regierung alles, was in ihren Kräften steht, unternehmen, um allen denen, die zu Opfern ausersehen sind, zu helfen, ihren Nazi- und ihren japanischen Henkern zu entkommen – allen, ohne Unterschied der Rasse, Farbe und Religion. Wir rufen alle freien Völker Europas und Asiens auf, ihre Grenzen zeitweilig allen Opfern der Unterdrückung zu öffnen. Wir werden Zufluchtsstätten für die Verfolgten finden und auch die Mittel, solange für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, bis die Tyrannen vertrieben sind und sie wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Im Namen von Recht und Menschlichkeit fordere ich alle freiheitsliebenden Völker auf, an diesem gerechten Werk mitzuwirken.«

 

Erklärung vom 12. Juni 1944

»Die systematische Verfolgung hilfloser Minderheiten durch die Nazis hat die amerikanische Nation entsetzt. Der grundlose Mord unschuldiger Menschen, einfach wegen ihrer Rasse, Religion oder politischen Überzeugung, ist in unseren Augen das schwärzeste aller denkbaren Verbrechen. Seit die Nazis diesen Mordfeldzug begonnen haben, haben viele unserer Mitbürger aller Berufe und aller religiösen und politischen Bekenntnisse ihrem Abscheu und ihrer Empörung Ausdruck gegeben. In dieser Frage gibt es keine Meinungsverschiedenheit unter uns und kann es keine geben.

Die endgültige Niederlage der Hitlerhorden rückt immer näher – und ihre wahnsinnige Sucht, das Judentum Europas auszurotten, tobt sich nach wie vor mit unverminderter Wut aus. Aber dieser Fall ist nur ein Beispiel; auch viele christliche Gruppen werden hingemordet. Die Nazis wissen, daß sie den Krieg verloren haben. Um so entschlossener sind sie, ihr Programm der Massenausrottung bis zum Ende durchzuführen. Dieses Programm ist nur eine Bekundung des Hitlerplanes, aus seiner militärischen Niederlage die Grundsätze des Nazitums zu retten und zum Sieg zu führen – jene Grundsätze, die dieser Krieg austilgen muß, sollen wir nicht umsonst gekämpft haben.

Die Anhänger Hitlers – alle seine Beamten und Untergebenen, seine Vasallen, das deutsche Volk und alle Völker unter dem Nazijoch – haben wir wissen lassen, daß wir fest entschlossen sind, alle, die an diesen barbarischen Handlungen beteiligt waren, zu bestrafen. Im Namen der Menschheit haben wir sie alle aufgerufen, das Leben dieser unschuldigen Menschen zu schonen.«

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12. Juni 1944.

Der Angreifer wird angegriffen

Am frühen Morgen des 6. Juni 1944 landeten alliierte Truppen an der Küste Nordfrankreichs. Der letzte Sturm auf Hitlers sogenannte »Festung Europa« begann. Wenige Tage später, am 12. Juni 1944, hielt Präsident Roosevelt anläßlich des Werbefeldzugs für die fünfte amerikanische Kriegsanleihe eine Ansprache an das amerikanische Volk, in der er Deutschlands schwierige militärische Lage darlegte.

»Vergleichen wir die heutige Lage mit der von vor genau zwei Jahren im Juni 1942. Damals beherrschte Deutschland fast ganz Europa und trieb die Russen dauernd weiter gegen den Ural zurück. Deutschland übte fast vollständige Kontrolle über Nordafrika und das Mittelmeer aus und hämmerte an die Tore des Suezkanals, des Seewegs nach Indien. Italien war noch immer ein wichtiger militärischer und industrieller Faktor, wie das die folgenden langen Feldzüge bewiesen haben.

Das war vor zwei Jahren, aber heute sind wir überall in der Welt in der Offensive und tragen den Angriff in Feindesland.

Deutschland, der Feind, dessen totale Niederlage obenan auf der Liste unserer Kriegsziele steht, kämpft an drei Fronten zugleich mit dem Rücken gegen die Wand.

Im Süden haben wir Deutschlands Herrschaft über Mittelitalien gebrochen. Am 4. Juni fiel Rom in die Hand der alliierten Armeen. Und ohne dem Feinde Rast zu gönnen, sind die Alliierten jetzt den Deutschen, die sich nach Norden zurückziehen, hart auf den Fersen, und die Verwirrung in ihren Reihen wächst stündlich.

Im Osten haben unsere tapferen Sowjetverbündeten den Feind aus den Gebieten vertrieben, in die er vor drei Jahren eingedrungen war. Und die großen Sowjetarmeen holen jetzt zu vernichtenden Schlägen aus.

In den Lüften haben riesige alliierte Luftflotten – Kampf- und Jagdflugzeuge – einen erbitterten Krieg über Deutschland und Westeuropa geführt. Sie hatten zwei Hauptziele: Die Zerstörung der deutschen Kriegsindustrien, die Deutschlands Armeen und Luftwaffe versorgen, und die Vernichtung der deutschen Luftwaffe. Infolgedessen ist Deutschlands Produktion unaufhörlich gedrosselt worden, und die deutschen Luftstreitkräfte haben nur noch einen Bruchteil ihrer früheren Macht. – Diese große strategische und taktische Luftoffensive wird weitergehen – mit steigender Wucht.

Und im Westen war der Hammerschlag, der vorigen Dienstag früh, vor noch nicht einer Woche, an der Küste Frankreichs geführt wurde, der Gipfelpunkt monatelanger sorgsamer Planung und mühevollster Vorbereitung.

Millionen Tonnen Waffen und Nachschub und Hunderttausende in England versammelter Mannschaften strömen jetzt in die große Schlacht in Europa …

Wir haben ihren angeblich undurchdringlichen Wall in Nordfrankreich durchbrochen … Wir haben festen Fuß gefaßt. Wir sind jetzt bereit, unvermeidlichen Gegenangriffen der Deutschen mit Kraft und Zuversicht zu begegnen.«

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21. Oktober 1944.

Deutschlands Entwaffnung

In seiner Ansprache an die Vereinigung für Außenpolitik am 21. Oktober 1944 führte Präsident Roosevelt aus:

»... Was Deutschland betrifft, diese tragische Nation, die Wind gesät hat und jetzt Sturm erntet, so sind wir und unsere Alliierten uns darin einig, daß wir weder mit den Naziverschwörern verhandeln wollen noch ihnen auch nur eine Spur von Einfluß – offen oder geheim – auf die Machtmittel des Staates belassen werden. Wir werden ihnen auch nicht einen Baustein militärischer Macht lassen, noch sonst irgendeine Möglichkeit, wieder eine Militärmacht zu werden.

Aber ich würde meinen tiefsten religiösen und politischen Überzeugungen untreu werden, wenn ich je die Hoffnung, ja den Glauben aufgäbe, daß in allen Völkern, ohne Ausnahme, ein Sinn für die Wahrheit, ein Streben nach Gerechtigkeit und eine Sehnsucht nach Frieden lebt – wenn auch dies alles im Falle Deutschlands von einem brutalen Regime unterdrückt sein mag.

Wir klagen nicht das deutsche Volk als solches an, denn wir können nicht glauben, daß Gott irgendein Volk auf ewige Zeiten verdammt habe. Wir wissen aus unserem eigenen Lande, wie viele gute Männer und Frauen deutscher Herkunft sich als loyale, freiheitsliebende und friedliebende Bürger bewährt haben.

Unerbittliche Strafe wird aber alle diejenigen in Deutschland treffen, die direkt verantwortlich sind für die Not und Pein, in der die Menschheit vor unseren Augen sich windet.

Das deutsche Volk wird nicht versklavt werden; die Vereinten Nationen betreiben keinen Sklavenhandel. Aber die Deutschen werden durch Taten zu zeigen haben, daß sie imstande sind, den Weg zurückzufinden, den Weg zurück in die Gemeinschaft der Völker, die den Frieden lieben und das Recht achten.«

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1. März 1945.

Die Sicherung des Friedens

Kurz nach seiner Rückkehr von der Jaltakonferenz mit Premierminister Churchill und Marschall Stalin hielt Präsident Roosevelt eine Ansprache an den Kongreß der Vereinigten Staaten, in der er über Deutschland ausführte:

»Ich war immer der Meinung, daß der gesunde Menschenverstand sich letzten Endes durchsetzt. Das gilt in Deutschland sicherlich genau so gut wie hier. Das deutsche Volk wie der deutsche Soldat müssen einsehen, daß ihr gegenwärtiges Leiden desto eher ein Ende nehmen wird, je früher sie den Kampf aufgeben und sich – einzeln oder in Gruppen – ergeben. Sie müssen einsehen, daß sie nur durch bedingungslose Kapitulation beginnen können, wieder ein Volk zu werden, das von der Welt respektiert und als Nachbar akzeptiert werden kann.

Wir haben in Jalta abermals erklärt – und ich wiederhole es jetzt –, daß bedingungslose Waffenniederlegung nicht die Vernichtung oder Versklavung des deutschen Volkes bedeutet. Die Naziführer haben diesen Teil der Jaltadeklaration in der deutschen Presse und im Rundfunk absichtlich verschwiegen. Ja, sie versuchen, das deutsche Volk davon zu überzeugen, daß die Jaltaerklärung seine Versklavung und Vernichtung bedeutet, und sie lassen zu diesem Zweck nichts unversucht, denn dadurch hoffen sie, mit heiler Haut davonzukommen, und so verleiten sie das deutsche Volk zur Fortsetzung eines aussichtslosen Widerstandes.

Was bedingungslose Kapitulation wirklich bedeutet, haben wir auf der Krimkonferenz zur Genüge klargestellt.

Es bedeutet zeitweilige Kontrolle Deutschlands durch England, Rußland und Frankreich und die Vereinigten Staaten. Jede dieser Nationen wird eine andere Zone besetzen und verwalten – und zwar in einheitlicher Weise mit Hilfe eines zentralen Kontrollrates in Berlin, der aus Vertretern der vier Nationen zusammengesetzt sein wird.

Bedingungslose Kapitulation bedeutet aber auch das Ende der Nazipartei und des Nationalsozialismus mit allen seinen barbarischen Gesetzen und Einrichtungen.

Es bedeutet die Ausmerzung jedes militärischen Einflusses auf das private, öffentliche und kulturelle Leben in Deutschland.

Es bedeutet Bestrafung der nationalsozialistischen Kriegsverbrecher; und zwar unverzüglich, gerecht – und streng.

Es bedeutet die völlige Entwaffnung Deutschlands, sie wird rasch sein, die Vernichtung des deutschen Militarismus und seiner militärischen Werkzeuge, das Ende der Waffenerzeugung, die Auflösung aller bewaffneten Verbände und die dauernde Auflösung des Generalstabs, der schon so oft den Frieden der Welt gestört hat.

Es bedeutet deutsche Wiedergutmachung – in Sachleistungen – für den Schaden, der unschuldigen Opfern durch Deutschlands Angriffspolitik zugefügt wurde.

Wenn wir Reparationen in der Form von Sachleistungen erzwingen – Fabriken, Maschinen, Transportmittel und Rohmaterialien –, dann werden wir den Fehler vermeiden, den wir und andere Nationen nach dem letzten Krieg machten, Reparationen in Form von Geld zu verlangen, die Deutschland nie zahlen konnte.

Wir wollen nicht, daß das deutsche Volk hungert oder eine Bürde für die übrige Welt wird.

Unser Ziel in der Behandlung Deutschlands ist einfach – wir wollen den Frieden der Welt sichern, jetzt und in der Zukunft. Zu oft hat Erfahrung uns gelehrt, daß dieses Ziel nicht erreicht werden kann, solange Deutschland noch irgend in der Lage ist, einen Angriffskrieg zu führen.

Mit Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels wird dem deutschen Volk nichts Böses angetan. Im Gegenteil, es wird dadurch vor einer Wiederholung des Schicksals bewahrt, das der Generalstab und das Kaisertum ihm auferlegt haben, und welches das Hitlertum ihm jetzt hundertmal so schwer auferlegt hat. Sie werden vom Körper des deutschen Volkes ein Krebsgeschwür beseitigen, das seit Generationen nichts als Unglück und Leiden über die ganze Welt gebracht hat.«

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11. April 1945.

Die Gestaltung der Zukunft

Einen Tag vor seinem Tode, fünfundzwanzig Tage vor der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands, verfaßte Präsident Roosevelt eine Ansprache anläßlich der Gedenkfeier für Thomas Jefferson (1743–1826), den großen Vorkämpfer für die Menschenrechte. In ihr heißt es:

»Heute spielt unsere Nation, an deren Aufbau Jefferson einen so großen Anteil hat, eine hervorragende Rolle im Kampf für die Menschenrechte, der auf der ganzen Welt ausgetragen wird.

Heute bilden wir einen Teil der gewaltigen Heeresmacht der Alliierten – einer Macht aus Fleisch und Blut, aus Stahl und Geist –, die heute in Europa und Asien die Kriegshetzer, die Zeuger des Hasses, niederringt.

Wir streben nach Frieden – dauerhaftem Frieden. Wir wollen nicht nur das Ende dieses Krieges, wir wollen Schluß machen mit allem, was zu Kriegen führt – ja, Schluß machen mit dieser brutalen, menschenunwürdigen und völlig unbrauchbaren Methode, Meinungsverschiedenheiten zwischen Regierungen auszutragen.

Der einst so mächtige, bösartige Staat der Nazis ist im Zerfallen begriffen. Die Führer der japanischen Militaristen werden in ihrer eigenen, von ihnen beherrschten Heimat von der Vergeltung heimgesucht, die sie durch ihren Überfall auf Pearl Harbour herausgefordert haben.

Aber es genügt nicht, unsere Feinde zu besiegen.

Darüber hinaus müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht, um den Zweifel und die Furcht, um Unwissenheit und Habsucht zu bezwingen, durch die diese Frevel ermöglicht wurden.

Heute stehen wir der alles andere in den Schatten stellenden Tatsache gegenüber, daß wir – wenn unsere Zivilisation bestehen soll – die Wissenschaft vom menschlichen Zusammenleben pflegen müssen, die Fähigkeit aller Völker, wie auch immer sie geartet sein mögen, zusammen zu leben und zusammen zu arbeiten, friedvoll, in einer Welt, die ihnen allen gehört.

Heute, da wir gegen die furchtbare Geißel des Krieges zu Felde ziehen, da wir uns anschicken, der Welt das Größte zu spenden, was eine Menschengeneration ihr spenden kann – dauernden Frieden –, in dieser Stunde bitte ich Sie, guten Muts zu bleiben.

Ich betrachte die Stärke Ihrer Zuversicht und Entschlossenheit als einen Maßstab dafür, wie weit ein dauerhafter Fortschritt nunmehr zu erzielen ist. Und darum sage ich Ihnen und allen Amerikanern, die sich mit uns der Errichtung eines dauernden Friedens weihen:

Was wir morgen vollbringen können, wird durch nichts begrenzt als durch die Zweifel, die wir heute hegen. Schreiten wir vorwärts, mit Mut und stark im Glauben.«

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