Eines Dags – 't was in de Tid, as dat Takeltüg, de Franzosen, ut Rußland t'rügg kamen wiren un as sick dat all bi uns so rögen würd – kloppt wer an den Herrn Amtshauptmann sin Stuw'. »Herein!« rep de oll Herr, un rinne kamm oll Möller Voß ut Gielow, mit't verkihrt En'n tauirst, un makt en Diner, de hellsch dwaslings rute kamm, as müßt bei den Herrn Amtshauptmann vör allen Dingen irst wisen, von wat för 'ne Ort Tüg sin Hosenbodden makt wir. »Gun Dag, Herr Amtshauptmann!« säd hei. »Gun Morrn, min leiw' Möller!« säd de oll Herr. – Na, wenn sei sick ok verschiedene Dagstid böden, so hadden sei doch, jedwerein up sin Ort, recht, denn de Möller stunn des Morgens Klock vir up, un bi em was 't Nahmiddagstid, un bi den Herrn Amtshauptmann was't tidig an'n Morgen, denn hei stunn Klock elwen up. – »Wat wull Hei, min leiw' Möller?« – Denn dunn würden de Möllers noch »Hei« heiten. – »Je, Herr Amtshauptmann, ick kam tau Sei in 'ne grote Sak. Ick wull Sei man mellen, ick wull nu ok Pankerott spelen.« – »Wat wull Hei, min leiw' Möller?« – »Pankerott spelen, Herr Amtshauptmann.« – »Hm, hm!« brummt de oll Herr, »das ist ja eine verzweifelte Sache«, un riwwt sick den Kopp un geiht in de Stuw' up un dal. »Wo lang' wahnt Hei all in dat Stemhäger Amt?« – »Taukamen Jehanni warden't dreiundörtig Johr.« – »Hm, hm«, brummt de Herr Amtshauptmann wider, »un wo olt is Hei, Möller?« – »In'n Arwtaust warden't fiwunsößtig Johr, känen mäglich ok sößunsößtig sin, denn wat uns' oll Paster Hammersmidt was, de was nich sihr för de Kirchenbäuker un för Schriwen äwerall nich, un de Fru Pastern, de dat Anschriwen besorgen ded – leiwer Gott, sei hadd ok süs ehr Last –, de let dat ümmer up en drei Johr ansummen, dormit dat sick de Schriweri ok lohnen ded, un gung denn eins 's Nahmiddags dörch dat Dörp un schrew de Gören an; äwer dat gung denn ümmer mihr nah de Grött un nah de Vülligkeit as nah't Öller, un min Moder säd ümmer, sei hadd mi 'n Johr in'n Schaden rekent, wil dat ick man en knendlich Kind west wir. – Äwer von fiwunsößtig bruk ick mi nicks afstriden tau laten, de bün ick wiß.« De oll Herr Amtshauptmann is währenddes in de Stuw up un dal gahn un hett mit halven Uhr tauhürt un steiht nu vör den Möller still un kickt em stiw in de Ogen rin un seggt barsch: »Möller Voß, denn is Hei vel tau olt tau Sin Vörnehmen.« – »Wo so denn?« fröggt de Möller ganz verdutzt. – »Pankerottmaken is en swer Geschäft, dor ward Hei in Sinen Öller nich mihr mit farig.« – »Meinen Sei, Herr Amtshauptmann?« – »Ja, dat mein ick. – Wi sünd dor beid tau olt tau, dat möt wi jung'n Lüd' äwerlaten. – Bedenk Hei mal, wat würden de Lüd' seggen, wenn ick Pankerott spelen wull? Sei würden seggen: de oll Amtshauptmann up den Sloß is nahrsch worden«, un läd em nahdrücklich de Hand up de Schuller, »un sei hadden recht, Möller Voß. Ne, wat denn?« – De Möller kickt sin Stäwelsnuten an un kratzt sick achter de Uhren: »Wohr is't, Herr!« – »Na«, fröggt de oll Herr un schüddelt den Möller so'n beten an de Schuller, »wo drückt Em denn de Schauh? Wat quält Em denn hauptsächlich?« – »Quälen, seggen Sei, Herr Amtshauptmann?« rep de Möller, un 't was, as hadd em 'ne Imm achter't Uhr steken, so kratzt bei. »Schinnen, Herr, süllen Sei seggen, schinnen! – De Jud', de verfluchtige Jud'! Un denn de Prinzeß, Herr Amtshauptmann, de verfluchtige Prinzeß!« – »Süht Hei, Möller, dat is ok en Hansbunkenstreich von Em, dat Hei sick in Sinen Öller in en Prozeß rin giwwt.« – »Je, Herr, as ick mi in den rin gaww, was ick noch in gauden Johren, un ick dacht ok so, ick würd em noch bi Lewstiden utfechten; äwer ick mark woll, so'n Prinzeß hett en längern Aten, as 'ne ihrlich Möllerlung' uthollen kann.« – »Hei löppt nu äwer, mein ick, stark tau En'n.« – »Ja, Herr Amtshauptmann, un denn löppt hei mi dod, denn min Sak ward woll slimm stahn, un de Avkaten hewwen s' verbruddelt, un wat minen Vaderbrauder, den ollen Jochen Vossen, sin Sähn is, de nu dat Ganze arwen deiht, dat sall so'n richtigen Slus'uhr sin, un de Lüd' seggen jo, hei hett en Swur dorup dahn, dat hei mi rutsmiten will ut de Borchertsche Wirtschaft tau Malchin. – Un, Herr Amtshauptmann, ick heww 'ne gerechte Sak, un wo ick tau'n Prinzeß kamen bün, weit ick hüt noch nich, denn de oll Borchertsch, as sei noch lewen ded, was de Tanten von min Mutter ehr Swesterdochter, un Jochen Voß, wat min Vedder was...« – »Ick weit de Geschicht«, seggt de Herr Amtshauptmann, »un wenn ick Em raden kann, denn verglik Hei sick.« – »Dat kann ick nich, Herr! Unner de Hälft deiht dat Jochen Vossen sin Slüngel nich, un wenn ick de rut gewen sall, bün 'ck en Snurrer. Ne, Herr Amtshauptmann, 't mag gahn, wohen 't gahn will, gewen dauh 'ck mi nich, ick gah bet an den Herzog. – So'n Slüngel, so'n Näs'water, de mit sin Vaders Geld in de Tasch gahn un trecken kann, wo hei will, un nich weit, wo 'n Minschen tau Maud' is, de 'n Husstand erhollen sall in desen slichten Tiden, den de gottverdammten Hallunken-Franzosen sin Veih nich namen hewwen un sin Mähren nich ut den Stall treckt hewwen un sin Hus nich plünnert hewwen, de will sick gegen mi räken? – Herr Amtshauptmann, Sei verlöwen woll, ick haust in so'n Bengel, un nemen S' nich äwel, wenn ick unbescheiden bün.« – »Möller Voß«, seggt de oll Herr, »ruhig, Möller Voß! De Prozeß kümmt jo ok enmal tau En'n, denn hei is jo in vullen Gang.« – »In'n Gang, Herr Amtshauptmann? Ne, hei 's in'n Swung, as de Düwel säd, dunn hadd bei Gottswurd in de Pietsch bunnen un swenkt't sick üm den Kopp rüm.« – »Wohr, Möller Voß, wohr is't! – Äwer indessen, dit kann Em doch up den Ogenblick nich so drücken.« – »Drücken? – Klemmen, seggen Sei, Herr, klemmen, dat einen dat Blaud ut de Fingerspitzen spritzt. – De Jud', Herr Amtshauptmann, de dreimal distellierte Jud'!« – »Wecke Jud' is dat?« fröggt de Herr Amtshauptmann. – Un de Möller dreiht sinen Haut in de Fingern un kickt sick so hallweg üm, ob em ok ein hürt, un slept de Tritten so langsam an den ollen Herrn ran, leggt de Hand an den Mund un flustert halwlud: »De' Itzig, Herr Amtshauptmann.« – »Pfui!« seggt de oll Herr. »Wo kümmt Hei tau den Kirl?« – »Herr Amtshauptmann, wo kümmt de Esel tau de langen Uhren? Weck gahn nah'n Irbeernplücken un verbrennen sick in'n Nettel, un de Gägelowsch Köster glöwt, bei hadd sin Schuwkohr vull heilige Engel, un as bei baben up den Barg kamm un as bei glöwt, sei sullen nu upburren, dunn satt den Düwel sin Großmoder dorin un grint em an un säd: ›Vader, wi spreken uns wider!‹ – In mine grötste Not, as de Find mi allens namen hadd, heww ik mi tweihunnert Daler von em leihnt, un nu heww ick sid twei Johr von Termin tau Termin mi ümmer unnerschriwen müßt, un de Schuld is ruppe krapen bet up fiwhunnert Daler, un äwermorgen sall ick sei betahlen.« – »Möller, hett Hei sick unnerschrewen?« – »Ja, Herr Amtshauptmann.« – »Denn möt Hei s' ok betahlen. Wat schrewen is, is schrewen.« – »Je, Herr Amtshauptmann, ick dacht...« – »Helpt Em nicks: wat schrewen is, is schrewen.« – »Äwer de Jud'...« – »Möller, wat schrewen is, is schrewen.« – »Je, Herr Amtshauptmann, wat dauh ick denn dorbi?« – De oll Herr gung in de Stuw' rüm un rew sick den Kopp un kek den Möller denn mal wedder so recht irnsthaft an, un de Möller kek em wedder so an, un endlich säd hei: »Möller, jung' Lüd' kamen ut so'n Verlegenheiten beter rut as oll; schick Hei mi einen von Sin Jungs.« – De oll Möller kek sick wedder up de Stäwelsnuten un dreiht sick 'ne halwe Wenning rüm un säd mit 'ne Stimm, de gung den ollen Herrn Amtshauptmann dörch un dörch: »Herr, wen sall ick schicken? – Min Jochen hett sick dod mahlt, un Korlen hewwen verleden Johr de Franzosen mitnamen nah Rußland, un hei 's nich wedder kamen.« – »Möller«, seggt de oll Amtshauptmann un strakt den ollen Möller den Puckel dal un fött em unner dat Kinn, »hett Hei denn gor kein Kinner?« – »Ja, Herr Amtshauptmann«, seggt hei un wischt sick äwer de Ogen, »noch so'n lütt Dirnwarks.« – »Je«, seggt de oll Herr, »Möller, ick bün nich sihr för de Dirns, Dirns sünd mi tau quarig!« – »Dat sünd sei, Herr, sei sünd tau quarig!« – »Un nützen känen sei Em in so'n Ümstän'n gor nich, Möller.« – »Wat ward denn ut min Sak?« – »Exkutschon, oll Fründ; de Jud' ward Em allens wegdragen laten.« – »Na, Herr Amtshauptmann, dat hett de Franzos' all tweimal dahn, denn kann't de Jud' nu ok mal versäuken. De Mählenstein ward hei jo liggen laten. Un tau'n Pankerott, meinen Sei, bün ick tau olt?« – »Ja, min leiw' Möller.« – »Na, denn adjüs, Herr Amtshauptmann!« – Dormit gung hei.
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Eines Tages, es war zur Zeit, als das Takelzeug, die Franzosen, aus Rußland zurückgekommen waren, und als es bei uns sich schon zu rühren begann – da klopfte es an des Herrn Amtshauptmanns Stubentür. »Herein!« rief der alte Herr, und herein kam der alte Müller Voß aus Gielow, mit dem verkehrten Ende zuerst, und machte einen Diener, der arg verquert herauskam, als müßte er dem Herrn Amtshauptmann vor allen Dingen erst zeigen, aus was für Zeug sein Hosenboden gemacht wäre. »Guten Tag, Herr Amtshauptmann!« sagte er. »Guten Morgen, mein lieber Müller!« sagte der alte Herr. – Na, wenn sie sich auch verschiedene Tageszeit boten, so hatten sie doch jeder auf seine Art recht: denn der Müller stand morgens um vier auf, und bei ihm war's Nachmittagszeit, und beim Herrn Amtshauptmann war es zeitig am Morgen, denn er stand um elf auf. – »Was möchte Er, mein lieber Müller?« – denn damals wurden die Müller noch mit ›Er‹ angeredet. – »Je, Herr Amtshauptmann, ich komme zu Ihnen in 'ner großen Sache. Ich wollte Ihnen nur melden, ich wollte nun auch Bankerott spielen.« – »Was wollte Er, mein lieber Müller?« – »Bankerott spielen, Herr Amtshauptmann.« – »Hm, hm!« brummt der alte Herr, »das ist ja eine verzweifelte Sache,« und reibt sich
den Kopf und geht in der Stube auf und nieder. »Wie lange wohnt Er schon im Stavenhäger Amt?« – »Nächsten Johannis werden's dreiunddreißig Jahre.« – »Hm, hm,« brummt der Herr Amtshauptmann weiter, »und wie alt ist Er, Müller?« – »Zur Erbsenernte werden's fünfundsechzig Jahre – möglicherweise können's auch sechsundsechzig sein; denn was unser alter Paster Hammerschmid war, der war nicht sehr für die Kirchenbücher und überhaupt nicht fürs Schreiben, und die Frau Pastern, die das Anschreiben besorgte – lieber Gott, sie hatte auch sonst ihre Last – die ließ es immer so auf drei Jahre ansummen, damit sich die Schreiberei auch lohnte, und ging dann eines Nachmittags durchs Dorf und schrieb die Gören auf; aber das ging dann immer mehr nach der Größe und Breite, als nach dem Alter, und meine Mutter sagte immer, sie hätte mir ein Jahr zum Schaden gerechnet, weil ich nur ein zartes Kind gewesen wäre – aber von fünfundsechzig brauch ich mir nichts abschneiden zu lassen; die hab ich gewiß.« – Der alte Herr Amtshauptmann ist unterdessen in der Stube auf- und abgegangen und hat mit halbem Ohr zugehört und steht nun vor dem Müller still und sieht ihm steif in die Augen und sagt barsch: »Müller Voß, dann ist Er viel zu alt zu seinem Vornehmen.« – »Wieso denn?« fragt der Müller ganz verdutzt. – »Bankerott machen ist ein schweres Geschäft, da wird Er in seinem Alter nicht mehr mit fertig.« – »Meinen Sie, Herr Amtshauptmann?« – »Ja, das meine ich. – Da sind wir beide zu alt dazu, das müssen wir jungen Leuten überlassen. Bedenkt einmal, was würden die Leute sagen, wenn
ich Bankerott spielen wollte? Sie würden sagen: der alte Amtshauptmann
auf dem Schloß ist verrückt geworden,« – und legte ihm mit Nachdruck die Hand auf die Schulter – »und sie hätten recht, Müller Voß. Ne, was denn?« – Der Müller sieht seine Stiefelspitzen an und kratzt sich hinterm Ohr: »Wahr ist's, Herr!« – »Na,« fragt der alte Herr und schüttelt den Müller ein bißchen an der Schulter, »wo drückt Ihn denn der Schuh? was quält Ihn denn hauptsächlich?« – »Quälen sagen Sie, Herr Amtshauptmann?« rief der Müller, und es war, als hätte ihn eine Biene hinters Ohr gestochen, so kratzte er; »schinden, Herr, sollten Sie sagen, schinden! – der Jude! der verfluchtige Jude! Und dann der Prinzeß, Herr Amtshauptmann! der verfluchtige Prinzeß!« – »Sieht Er, Müller? das ist auch ein Hansnarrenstreich von Ihm, daß er in seinem Alter sich in einen Prozeß einläßt.« – »Je, Herr, als ich mich in den einließ, war ich noch in guten Jahren, und ich dachte auch so, ich würde ihn noch bei Lebzeiten ausfechten; aber ich merke wohl, so'n Prinzeß hat einen längeren Atem als eine ehrliche Müllerlunge aushalten kann.« – »Er läuft nun aber, meine ich, stark zu Ende.« – »Ja, Herr Amtshauptmann, und dann läuft er mich tot; denn meine Sache wird wohl schlimm stehen, und die Advokaten haben sie verbruddelt, und was meinem Vaterbruder, dem alten Jochen Vossen sein Sohn ist, der jetzt das Ganze erbt, das soll so ein richtiger Schleicher sein, und die Leute sagen ja, er habe einen Schwur darauf getan, er wolle mich rausschmeißen aus der Borchertschen Wirtschaft zu Malchin. – Und, Herr Amtshauptmann, ich hab 'ne gerechte Sache, und wie ich zum Prinzeß gekommen bin, das weiß ich heute noch nicht, denn die alte Borchertsche, als sie noch lebte, war die
Tante von meiner Mutter ihrer Schwestertochter, und Jochen Voß, was mein Vetter war...« – »Ich weiß die Geschichte,« sagte der Herr Amtshauptmann, »und wenn ich Ihm raten soll, dann vergleiche Er sich.« – »Das kann ich nicht, Herr! Unter der Hälfte tut es Jochen Vossens Schlingel nicht, und wenn ich die herausgeben soll, bin ich ein Schnorrer. Nein, Herr Amtshauptmann, es mag gehen, wohin's gehen will, geben tu ich mich nicht, ich gehe bis an den Herzog. – So'n Schlingel, so'ne Rotznase, der mit seines Vaters Geld in der Tasche gehn und ziehn kann, wohin er will, und nicht weiß, wie einem Menschen zumute ist, der einen Hausstand halten soll in diesen schlechten Zeiten; dem die gottverdammten Halunkenfranzosen sein Vieh nicht genommen haben und seine Mähren nicht aus dem Stall gezogen und sein Haus nicht geplündert haben, der will sich gegen mich rächen? Herr Amtshauptmann, Sie erlauben wohl, ich huste in so 'nen Bengel, und nehmen Sie's nicht übel, wenn ich unbescheiden bin.« – »Müller Voß,« sagt der alte Herr, »ruhig, Müller Voß! der Prozeß kommt ja auch einmal zu Ende, denn er ist ja in vollem Gang.« – »Im Gang, Herr Amtshauptmann? Ne, er ist im Schwung, wie der Teufel sagte, da hatte er Gotteswort an die Peitsche gebunden und schwenkte es sich um den Kopf herum.« – »Wahr, Müller Voß, – wahr ist es! Aber indessen, dies kann Ihn doch für den Augenblick nicht so arg drücken.« – »Drücken? klemmen, sagen Sie, Herr! klemmen, daß einem das Blut aus den Fingerspitzen spritzt. – Der Jude, Herr Amtshauptmann, der dreimal destillierte Jude!« – »Welcher Jude ist es?« fragt der Herr Amtshauptmann. Und der Müller dreht seinen Hut
in den Fingern und sieht sich so halbwegs um, ob ihn auch einer hört, und geht so langsam mit schleppenden Schritten an den alten Herrn heran, legt die Hand an den Mund und flüstert halblaut: »Der Itzig, Herr Amtshauptmann.« – »Pfui!« sagt der alte Herr. »Wie kommt Er zu dem Kerl?« – »Herr Amtshauptmann, wie kommt der Esel zu den langen Ohren? Manche gehen aufs Erdbeerpflücken und verbrennen sich in den Nesseln, und der Gägelowsche Küster glaubte, er hätte seinen Schiebkarren voll heiliger Engel, und als er oben auf den Berg kam und glaubte, nun würden sie ausfliegen, da saß des Teufels Großmutter drin und grinste ihn an und sagte: ›Gevatter, wir sprechen uns noch!‹ – In meiner größten Not, als der Feind mir alles genommen hatte, habe ich mir zweihundert Taler von ihm geliehen, und nun hab ich seit zwei Jahren von Termin zu Termin immer unterschreiben müssen, und die Schuld ist hinaufgekrochen bis auf fünfhundert Taler, und übermorgen soll ich sie bezahlen.« – »Müller, hat Er sich unterschrieben?« – »Ja, Herr Amtshauptmann.« – »Dann muß Er sie auch bezahlen. Was geschrieben ist, ist geschrieben.« – »Je, Herr Amtshauptmann, ich dachte ...« – »Hilft Ihm nichts: was geschrieben ist, ist geschrieben.« – »Aber der Jude...« – »Müller, was geschrieben ist, ist geschrieben.« – »Je, Herr Amtshauptmann, was tu ich denn dabei?« – Der alte Herr ging in der Stube herum und rieb sich den Kopf und sah den Müller dann mal wieder so recht ernsthaft an, und der Müller sah ihn wieder so an, und endlich sagte er: »Müller, junge Leute kommen aus solchen Verlegenheiten besser heraus als alte; schick Er mir einen von seinen Jungens.« – Der alte Müller
sah sich wieder auf die Stiefelspitzen und drehte sich mit einer halben Wendung um und sagte mit einer Stimme, die dem alten Amtshauptmann durch und durch ging: »Herr, wen soll ich schicken? Mein Jochen ist in der Mühle zu Tode gekommen, und Karl haben voriges Jahr die Franzosen mitgenommen nach Rußland, und er ist nicht wiedergekommen.« – »Müller,« sagt der alte Amtshauptmann und streichelt dem Müller den Rücken und faßt ihn unters Kinn, »hat Er denn gar keine Kinder?« – »Ja, Herr Amtshauptmann,« sagt er und wischt sich über die Augen, »noch so'n kleines Mädchen.« – »Ja,« sagt der alte Herr, »Müller, ich bin nicht sehr für die Mädchen; Mädchen sind mir zu quarrig!« – »Das sind sie, Herr, sie sind zu quarrig!« – »Und nützen können sie Ihm in solchen Umständen gar nicht, Müller.« – »Was wird denn aus meiner Sache?« – »Exekution, alter Freund – der Jude wird Ihm alles wegtragen lassen.« – »Na, Herr Amtshauptmann, das hat der Franzos schon zweimal getan, dann kann's der Jude nun auch mal versuchen. Die Mühlsteine wird er ja liegen lassen. Und zum Bankerott, meinen Sie, bin ich zu alt?« – »Ja, mein lieber Müller.« – »Na, denn adjüs, Herr Amtshauptmann!« – Damit ging er.
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