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Hausmittel der Liebe

I.

Der schöne Morgen hatte den berühmten Anwalt der Hauptstadt, Dr. Hagfrieder, etwas früher als gewöhnlich zu seinem ersten Ausgange angeregt. Sorgfältig gekleidet, den Hut auf dem Kopfe, die linke Hand in einem neuen blassgelben Handschuh und den Spazierstock in der Rechten, so trat er um sieben Uhr morgens heiter aus seinem Zimmer und klingelte einmal rasch mit der Glocke, welche über dem Kaminsims bereit stand.

Dieses Zeichen war man von seiner Seite gewohnt, und obwohl es heute früher als gewöhnlich ertönte, so erschien doch keinen Augenblick später als sonst das hübsche Stubenmädchen mit einer Tasse Kaffee und einer Zigarre mit Feuerzeug auf einem silbernen Teller.

»Brav! Sehr brav, Gustchen! Immer bereit, immer munter – immer hübsch«, sagte der feine Anwalt und tupfte das nette, sauber gekleidete Mädchen mit dem goldenen Knopf seines Stocks an die Wange. »Ich habe gedacht, Dich zu erschrecken – so früh – Du erschrickst aber nie – gelt, nie? Nein, niemals, braver Gustchen!«

»O ja, gnädiger Herr«, sagte Auguste, einen Schritt nicht ohne Koketterie zurücktretend. »Wenn Sie so schlimm sind, gnädiger Herr, da erschreck' ich wohl und sehr stark!«

»Da erschrickst Du wohl und sehr stark«, wiederholte der muntere Anwalt und legte seinen Stock auf den Tisch. »Doch weil Du im Schrecken so gut aussiehst, kleines Hauskreuz, so will ich Dich öfter erschrecken. Nicht wahr?« fuhr er fort und suchte das Mädchen in die Wange zu kneipen.

»Nein – nicht, gnädiger Herr! Das darf ich nicht leiden – ich werde den Dienst verlassen!« sage Auguste mit einem Tone, dem man wohl anmerkte, dass es nicht ganz so ernst mit der Drohung gemeint sei.

»Deinen Dienst verlassen – Du würdest im Stande sein, das zu tun?« rief der Anwalt und nahm einen Schluck aus der Tasse, indem er das Mädchen mit feurig-neckischen Blicken ansah.

»O ja, gnädiger Herr!« sagte Auguste. »Ich würde es tun.«

»Wahrhaftig! Dann ginge ich mit selber davon und Dir nach, Gustchen, über Berg und Tal Dir nach, Gustchen, und bis ans Meer, wie Griseldis sagt, Dir nach, Gustchen, ja weiter und immer weiter Dir nach, bis an das Meer, bis über den Stillen Ozean sogar – natürlich zu Schiffe!« rief Dr. Hagfrieder mit heiterem Pathos aus.

»Ach, wenn Sie ins Reden kommen, ist mit Ihnen gar nicht mehr auszukommen!« sagte Auguste.

»Das kann nicht ganz wahr sein, weil vor Gericht mancher Angeklagte frei ausgegangen, wenn ich ins Reden gekommen! Nur her die Zigarre! Feuer, liebe Marketenderin! Du siehst, ich will mir nun ernstlich den Mund stopfen!«

»Gestern sagte Sie, Sie rauchten nur, um der Welt blauen Dunst vorzumachen.«

»Das tu' ich auch, wenn ich rede – die Welt will es einmal nicht anders! Und nun leb' wohl! Bleib' immer so frisch, munter, kriegsbereit, säuberlich, nett, hübsch, kleiner Teufel! Nur nicht so marschbereit aus dem Dienste musst Du sein – Pilgerin, Amazone – Sonne – Wonne!«

»Ach Gott!« sagte Auguste geschmeichelt, aber einem Kneipen in der Wange ausweichend, »heute sind Sie gar zu wild!«

»Das macht der ausgelassen schone Morgen«, rief der Anwalt der sich Entfernenden nach, seinen Stock ergreifend und mit dampfender Zigarre das Zimmer verlassend.

Ob der Herr Anwalt das Zimmer so ungetrübt heiter verlassen hätte, wenn er vorher den Zeugen gewahr geworden, der schon eine Weile unbeweglich und starren Auges an einer Seitentür stand, ist mindestens mehr als zweifelhaft.

Denn seine junge, hübsche Frau Gemahlin war es, welche zufällig oder absichtlich auf dem Schauplatz einer für sie keineswegs erbaulichen Szene erschienen war.

Der Eindruck, welchen diese Szene auf die empfindungsvolle Gattin hervorbrachte, musste peinlich genug sein, denn aus ihren Wangen war das Blut entwichen, und selbst ihre Lippen hatten sich entfärbt, ja aus der Erscheinung der jungen Dame war ein längeres Seelenleiden, wahrscheinlich das schleichende Über stiller Eifersucht und Kränkung, zu entnehmen. Das feine, blonde Haar fiel aufgelöst in langen, ungeregelten Locken an den Schläfen des blassen Gesichts nieder, und der Morgenanzug der jungen Gattin zeigte eine Nachlässigkeit, welche selbst einem arg verstörten Gemüte als Verwahrlosung anzurechnen war.

»Ach!« seufzte die in ihrer Hausehre und Liebe tief verletzte Frau Hagrieder und ging nach einer Weile im Tempo des Tragödienschritts langsam nach einem Fauteuil, das im Vordergrunde des Zimmers neben einem Arbeitstische stand.

»Meine Anhänglichkeit, meine Treue, meine Liebe, so zu belohnen!« rief sie, in das Fauteuil wie zerbrochen niedersinkend. »Meine Ehre als Gattin vor einem Dienstmädchen zu kompromittieren! es ist mehr als Verirrung; es ist Meineid, Hausfriedensbruch, Seelenmord!«

Nach einer Weile fuhr sie mit weicherem, empfindsamem Tone fort: »O, ich bin grenzenlos hintergangen; meine zartesten Gefühle werden mit Kälte belohnt, meine schmachtende Hingebung an sein Herz und sein Wohl wird mit Untreue erwidert! Was nützt es mir, dass ich mein Leben lang mein Herz in zärtlichen Gefühlen übte, die holdesten Ausdrücke der Sprache meinem Gedächtnisse einprägte und nur Seele sein wollte für eine Seele? In ihm, meinem Gatten, hoffte ich den Gegenstand meiner Liebe und zärtlichsten Anbetung zu finden, und was habe ich gefunden? Einen Undankbaren, einen Herzlosen, einen Ungetreuen, der die Fähigkeit gar nicht besitze, ein tiefes, zärtliches Herz zu begreifen!«

In dieser empfindsam-klagreichen Stimmung fand der Hausarzt die junge Dame nach zwei Stunden noch, und er schien wenig erbaut von dieser Entdeckung.

II.

»Nun, verehrte Frau Anwalt«, rief der Doktor, seinen großen Stock, der einen Stoßdegen verheimlichte, beiseite stellend, »nun? Muss ich's erleben, dass ich Sie wieder in der alten, sündhaften Schwermut treffe, diesem schleichenden Übel, diesem Hausgift, gegen das meine Vorstellungen und Rezepte nur wirkungsloses Gegengift sind? Was ist geschehen? Ich dachte Sie gestern gestärkt und munter zu verlassen.«

»Rechnen Sie nicht mehr auf meine Besserung«, sagte Frau Hagrieder; »mit meinen Freuden ist's vorbei, mein Übel ist niemals wieder zu kurieren!«

»Ah, wenn Sie so beginnen, dann hören auch für den Arzt die homöopathischen Mittel auf, und er muss zu einem allopathischen Staatsstreich greifen! Nun denn heraus mit dem Wort, das ich sonst so haushälterisch handhabe: Sie müssen in ein Bad, und wenn Sie nicht freiwillig gehen, mit Gewalt!« rief der kleine, feiste, bewegliche Arzt, indem er, kaum niedergesessen, wieder aufsprang.

»Lieber den Tod«, sagte Frau Hagfrieder, in ihrem Fauteuil noch mehr zusammensinkend. »Ja, lieber den Tod!«

»Lieber den Tod«, wiederholte der Arzt mit tragikomischer Betonung. »Richtig, diese nämlichen Worte sprach vor einer Stunde auch die Frau Regierungsrätin Rehwieser, und jetzt ist sie doch zu allem bereit, zu einer Badereise, sogar selbst zu einer demnächstigen Wiedergenesung!«

»Und was hat diese glückliche Wendung herbeigeführt?« sagte Frau Hagrieder mit einem ironischen Seufzer.

»Eine wichtige Entdeckung, die mich endlich auf die Spur des eigentlichen Grundes ihres Übels führte; und wie ich nur einmal so weit war, da hatte ich auch gleich die glückliche Wendung herbeigeführt.«

»Glücklicher Doktor! Glückliche Patientin! Und woran leidet die arme Regierungsrätin?«

»Man kann eigentlich nicht mehr sagen, sie leidet, sondern sie litt an tödlicher Eifersucht gegen ihren allerdings etwas munteren Mann; jetzt ist sie auf dem besten Weg, sich dieses Gift durch Gegengift zu vertreiben!«

»Sie will ihren Mann wieder eifersüchtig machen?«

»Das vielleicht später, vorerst will sie ihrer Nebenbuhlerin das Herz ihres Mannes wieder entziehen durch ein einfaches, leichtes, dreimal treffliches Mittel!«

»Durch welches Mittel?« fragte Frau Hagfrieder, zwar scheinbar wenig neugierig, das Mittel kenne zu lernen, in der Tat aber umso entschlossener, wenn es ihr tauglich schiene, es nächstens selber anzuwenden.

»Erst Ihren Puls, Frau Anwalt. Nun, der Puls geht lebhafter, als Ihr erster Anblick mich fürchten ließ; soweit wär' ich zufrieden. Hören Sie also!«

Der Doktor blickte sich einmal um, ob er auch vor keinem unberufenen Zeugen rede, und sagte dann, in den Lehnstuhl zurückgeworfen und die Beine kreuzend:

»Ich kam also, wie gesagt, dahinter, dass die Regierungsrätin an jener Herzkrankheit leide, welche, wie Jean Paul sagt, mit Eifer sucht, was Leiden schafft. Leider war der Herr Gatte unvorsichtig genug, dieser Seelen-Hydra mit hundert Köpfen, die abgeschlagen immer wieder wachsen, täglich neue Nahrung zu geben; denn denken Sie nur, Frau Anwalt, der muntere Rat machte dem hübschen Stubenmädchen den Hof, dem eigenen Stubenmädchen, und war bei dieser Schnurrpfeiferei nicht einmal sonderlich vorsichtig!«

»Dem Stubenmädchen! O, ihr Himmlischen! Ja, das sind die Männer unserer Zeit! O ja, auch ein Regierungsrat ist dessen fähig!« sagte Frau Hagfrieder, sich nervös in ihrem Fauteuil herum wendend.

»Die Sache war also wirklich, was man sagt, auf dem Qui vive! und weder dies- noch jenseits der Leitha ein Augenblick zu verlieren. Ich beschloss also vom gewöhnlichen Hausarzt zum ungewöhnlichen Seelenarzt zu werden und den Herrn Regierungsrat ad coram zu nehmen.«

»O, Sie werden wenig ausgerichtet haben, Herr Doktor! Wer Sinn und Geschmack und Ehre einmal an Tändeleien mit Stubenmädchen verliert, der ist selbst verloren, ist unheilbar!« rief Frau Hagfrieder lebhaft aus.

»Das dünkte mir selbst nicht anders«, sagte der Doktor, die geballte Faust auf sein Knie legend. »Aber der Verbrecher sollte wenigstens in einem Spiegel sich erblicken, in einem Spiegel, sag' ich Ihnen. Gut, und also nahm ich ihn heute beiseite und sagte nicht eben mit der freundlichsten Miene: ›Auf ein Wort, Herr Regierungsrat!‹ – ›Ums Himmels willen, war wollen Sie von mir?‹ sagte er. ›Zur Rechenschaft ziehen Sie Ungetreuen!‹ Da wollte er auffahren, die Fahne seines Ranges aufpflanzen, grob werden und sagte: ›Sie haben es wohl satt, mein Haus in Zukunft wieder zu betreten?‹ – ›Satt?‹ rief ich; ›satt allerdings, aber ich werde Ihr Haus so lange betreten, bis Sie mir Beweise gegeben, dass Sie das Herz Ihrer Frau nicht länger tyrannisieren, durch Untreue kränken, in ihrer Hausehre gottlos heruntersetzen!‹ – ›Was?‹ sagte er mit einer Miene, die halb Erstaunen, halb Ingrimm ausdrückte. ›Ich meiner Frau untreu, ich ein Tyrann von solchem Kaliber? Wer hat die Kühnheit, das zu behaupten?‹ – ›Das ist gleichgültig‹, sagte ich; ›genug, dass es so ist und dass Beweise wie Brombeeren daliegen.‹ – ›Was für Beweise?‹ erwiderte er. ›He‹, fuhr ich höhnisch lächelnd fort, ›eine schöne junge Frau haben, diese schöne junge Frau kühl und gleichgültig behandeln, seinen Witz und Humor im Kurschneiden mit einem Stubenmädchen verschwenden, ist das etwa noch eine hohe Männertugend? Ist das etwa Treue, Liebe, Achtung vor der Frau und Wahrung ihrer Ehre?‹«

»Sie haben tapfer und gut gesprochen«, sagte Frau Hagfrieder, sich mit Interesse etwas aufrichtend. »Und was hat Ihnen der treulose Mann hierauf erwidert?«

»Meine kräftige Sprache hatte ihm imponiert, und der Gedanke, dass ich gut unterrichtet sei, stimmte seinen Mut herab; er kroch zu Kreuze, nahm eine freundliche Miene an und tat, als wolle er mir etwas anvertrauen, was keine Seele sonst auf Erden wisse. ›Setzen wir uns‹, sagte er; ›ich hoffe Ihnen eine Erklärung geben zu können, welche, wenn dieselbe Sie nicht ganz befriedigt, doch aller Erwägung wert ist‹«

»Ich bin doch neugierig«, sagte Freu Hagfrieder.

»Ich war es auch«, bemerkte der Doktor.

»Nun?«

»Wir setzten uns also zusammen, und der junge Regierungsrat sagte: ›Lieber Freund …‹«

»So zahm hatte ihn das Bewusstsein seiner Schuld bereits gemacht?« rief Frau Hagfrieder.

»So zahm, Frau Anwalt; er sagte wirklich: Lieber Freund. ›Lieber Freund‹, sagte er also. ›Sie wissen gewiss auch noch von Ihrer Jugend her und aus der paradiesischen Zeit Ihrer Bräutigamschaft, mit welchen Augen, Illusionen, Schwärmereien wir eine Geliebte, eine Braut, ja überhaupt das schöne Geschlecht zu betrachten pflegen. Wir sehen sie immer gleichsam nur aus einer duftigen Ferne, nur immer gleichsam in rosenfarbener Laune – sie wollen ja gefallen! – und immer nur in sauberem Anzug mit mehr oder weniger Aufputz. Alles, was an Gewöhnliches erinnern und abstoßen könnte, bleibt unsern Augen ängstlich verborgen, und so haben wir das schöne Geschlecht in der feurigsten, phantasievollsten Zeit nur immer so vor Augen, wie es unserem Herzen sich am angenehmsten darstellt.‹

›Das ist richtig‹, sagte ich, ›und ich finde auch, dass es gut ist, wenn es so bleibt.‹

›O mein Freund‹, fuhr er fort, ›das ist eben das Unglück, dass es sich später so ändert! Sehen Sie, Doktor, man heiratet – Sie haben ja auch geheiratet – man tritt sich in seiner Häuslichkeit näher, tritt sich ganz nahe, freut sich, dass es so ist, und soll sich auch freuen. Allein da merken wir leider hier und da, dass eine gewisse Vorsicht, Rücksicht oder, wenn man will, ästhetische Berechnung von Seiten vieler Frauen aufhört zu existieren. Kein vernünftiger Mann wird seien Frau immer im Staat sehen wollen, aber er muss verlangen, dass sie seinen Blicken nie anders als wenigsten sauber und mit einigem Geschmack gekleidet sich zeige. Das Außerachtlassen dieses Umstandes ist es aber, was manchen Mann von gesunden Sinnen leicht zur Verzweiflung bringt! Die Braut hat man immer in liebenswürdiger Eleganz und munterer Laune gesehen, die Frau glaubt genug zu tun, wenn sie sich bis zur Zeit der Besuche in einem trostlosen Negligé herumschleppt und in schlaffer Stimmung alles andere, nur keine anregende Laune verrät. Zwar für die andere Welt, für die Welt, die nicht zum Hause gehört, für Konzerte, Bälle, Besuche, Theater ist die äußere Sorgfalt der Frauen dieselbe geblieben – ach, wenn sie sich da mit nicht frisiertem Haar, ohne Kleid nach der Mode, ohne Schmuck an Hals und Armgelenken zeigen müssten! – allein der Mann wird schon so gut sein und entschuldigen, der Negligé-Überwurf hat diesmal nicht in die Wäsche kommen können, es geniert auch, so früh morgens gleich sein Haar in gute Ordnung zu bringen, ach ja, und so alte Schlappen sind gar zu bequem an den Füßen! So wird der fremden Welt, die eine Frau im Grunde nichts angeht, durch äußere Sorgfalt ein wohlausgestattetes Schauspiel inszeniert, und der Mann darf zufrieden sein, hinter den Kulissen sich den ganzen Tag an Abtötung des Geschmacks und am Anblick alten Garderobeplunders zu ergötzen!‹

›Herr Regierungsrat‹, sagte ich, ›einige Männer sind in dieser Lage; allein nicht alle Frauen machen es so.‹

›Gewiss nicht, gewiss nicht, Doktor; viele machen es wenigstens nicht ganz so arg; und zu den Letztern, lieber Doktor, zählt auch meine Frau!‹

›Ihre Frau?‹ rief ich.

›Ja, Doktor, ja‹, sagte er. ›Sehen Sie, meine Frau ist jung, hübsch, liebenswürdig, ja ich liebe sie wirklich …‹

›Sie lieben sie wirklich?‹ rief ich.

›In der Tat‹, sagte er. ›Ich liebe meine Frau um ihrer Güte, um ihrer Liebenswürdigkeit, um ihrer Seelentiefe willen, allein auch sie vergisst, ihrer Haustoilette jene Sorgfalt zu widmen, welche ihr als Gattin und Hausfrau ebenso sehr zur Zierde als Ehre gereichen würde.‹

›Warum machen Sie Ihre Frau auf diesen Mangel nicht aufmerksam?‹

›Weil es für einen Mann nicht leicht eine größere Pein gibt, als einer Frau in dem Unterweisung zu geben, was ihr natürlicher Takt, ihr angeborener Zartsinn selbst finden soll. Eine durch Zureden herbeigeführte Besserung entbehrt alles poetischen Duftes, verstimmt und macht wieder ärgerlich.‹

›Sollte Ihre Frau wirklich nicht einmal entdecken, was Sie verstimmt?‹

›Ich fange an, sehr daran zu zweifeln. Dass ich mit dem Stubenmädchen flüchtige Possen treibe, das hat sie alsbald herausbekommen; warum ich aber darauf verfallen, das entdeckt sie nicht. Sehen Sie, lieber Herr Doktor, ich liebe es zum Beispiel früh aufzustehen und bei schlechtem Wetter zu arbeiten, bei hübschem Wetter einen Spaziergang zu machen. Eine Tasse Kaffee ist mir da Bedürfnis und ein heiteres Gesicht dazu, das mir meine Zigarre anzündet. Einige Worte in Freundlichkeit sind bald gewechselt, und es denkt und spaziert sich dann noch einmal so gut, wenn man eine heitere Miene gesehen und ein munteres Wort gehört hat. Sehen Sie nun, da ist denn unser Mädchen ein recht neckisches, tolles, aber braves Ding. Jeden Morgen ist es flink aus den Federn, schlüpft glatt und niedlich wie eine Eidechse aus ihrem Kämmerchen, steht mit der Tasse und Zigarre freundlich da, wenn ich sichtbar werde, und da schwatze ich denn ein wenig mit der muntern Gotteskreatur, zünde meine Zigarre an und mag gern ein kleines Witzchen dabei machen, das ist alles. Und darum schleppt sich meine Frau jetzt doppelt in nachlässigem Negligé den ganzen Tag herum, ist eifersüchtig, mondsüchtig, seufzt und stöhnt und hält mich für einen Abadonna der Männer!‹

Nach diesen Worten sprang der Regierungsrat auf, fügte hinzu: ›Ich habe nichts mehr zu sagen!‹ und verließ mich zur Stunde.

Ich muss sagen, gnädige Frau«, fuhr der Doktor fort, »dass ich jetzt wirklich eine Weile verlassen war, auch von Gedanken, Absichten und was sonst zu tun sei; doch fiel mir endlich bei, dass es gut sein dürfte, von der ganzen Unterredung der Frau Regierungsrätin delikate Mitteilung zu machen. Und das tat ich denn auch.«

»Nun, was sagte die Rätin dazu?« fragte Frau Hagfrieder mit umflorter Stimme, denn die Wendung der Sache hatte sie nicht wenig verlegen gemacht.

»Die Regierungsrätin war anfangs in großer Verlegenheit, fasste sich aber bald wieder und sagte lächelnd: ›Wenn mein Mann durch solche Äußerlichkeiten wieder zu gewinnen ist, so will ich ihm ein Vergnügen bereiten, das er sicher nicht erwartet.‹«

»Was will sie tun?« fragte Frau Hagfrieder gespannt und sich erholend.

»Sie will ihrem Manne morgen selbst die Tasse Kaffee und die Zigarre reichen, und zwar in einem Anzug und mit einer Liebenswürdigkeit, wogegen das Stubenmädchen nicht soll aufkommen können!«

»Der Gedanke ist nicht übel«, sagte Frau Hagfrieder, da der Doktor aufstand, um zu gehen. »Es interessiert mich zu hören, was der Ausgang lehren wird.«

»Die Frau Regierungsrätin verspricht sich sehr viel von dem Coup«, sagte der Doktor sich empfehlend; »sie hat mir feierlich ihre nahe Genesung angekündigt.«

»Wenn ich auch weniger von der Sache erwarte, so will ich doch den Versuch ebenfalls machen, und zwar nicht erst morgen, sondern sogleich«, sagte Freu Hagfrieder, allein zurückbleibend und eine verlegenen Blick auf ihre Toilette im Spiegel werfend, »Ach, an solchen Lappalien hängen die Männer, und Herz und Gefühle und Liebe und Treue sind ihnen nichts!«

III.

Dr. Hagfrieder pflegte um elf Uhr wieder zurückzukommen und sich eine Tasse Bouillon rechen zu lassen; dann arbeitete er ununterbrochen bis ein oder halb zwei Uhr, nahm hierauf mit seiner Frau ein Gabelfrühstück ein, arbeitete dann wieder bis zum Mittagstisch, der nach englischer Sitte um fünf Uhr bereitet ward, und widmete den Abend der Geselligkeit.

Als er heute Schlag elf Uhr die Treppe zu seiner Wohnung hinaufging, schien er von seiner muntern Laune noch nichts eingebüßt zu haben, denn er trällerte ein Liedchen, klopfte hier und da mit dem Spazierstock auf das hellklingende Treppengeländer und trat endlich mit lebensfroher Miene in das Zimmer.

»Gustchen, Gustchen!« rief er und improvisierte dann eine Strophe, die er gleich in Musik setzte und sang:

 

»Gustchen, Gustchen, Schelmin kleine,
Niedlich wie nur immer eine,
Komm, ach komme, mir zu reichen
Eine Tasse von dem weichen
Bouillon!

 

Der Schluss ist nicht gelungen, doch was schadet's?« sagte er und griff nach der Glocke. »Einem Dienstboten singt man nicht, man läutet ihm!«

Und so erklangen die bekannten Töne wieder, und alsbald trat Frau Hagfrieder in wahrhaft prachtvoller Toilette mit einer den Parkettboden in großem Umkreis überbreitenden Krinoline aus einer Seitentür und präsentierte dem heiteren Gemahl die gewohnte Tasse Bouillon.

Frau Hagfrieder sah imponierend aus, kostbar, auf ihrem Gesichte lagerte ein hehrer Schimmer von Vergnügen, und mit seelenvollem Ausdruck sagte sie jetzt zu dem höchst betroffen dastehenden Manne:

»Nun, mein Gottfried, darf ich Dir heute Deine Tasse Bouillon selbst darreichen?«

»O diese Güte, meine Gemahlin! Allzuviel Güte! Warum nicht? Das ist aber – erlaube, dass ich Hut und Stock ablege …«

»Geniere Dich nicht, mein teurer Gottfried.«

»Nein, nicht im Mindesten, Gattin. Erlaube, dass ich etwas zurückweiche; Dein kostbares Kleid, die bis an die Tore Roms, will sagen, an meine staubige Stiefelspitzen rechende Krinoline – wenn ich von dem Bouillon zufällig verschütte – es wäre tragisch, sehr tragisch, unverzeihlich!«

»Wäre es ja doch nur ein Versehen von Dir, meinem lieben Manne, und Du weißt, dass mir ein Versehen von Dir noch mehr Freude bereitet als das größte Verdienst der andern.«

»Das ist ja höchst, wie man sagt, außerordentlich, englische, will sagen engelhaft, göttlich. Nein, diese Freude, die Du mir bereitest, fast verliere ich allen Appetit zu meiner Bouillon. Gustchen!«

»Warum rufst Du denn das Mädchen?«

»Nein, Du sollst mir nicht länger den Präsentierteller halten! In dieser Majestät, in diesem überirdischen Strahlenkranz – Gustchen! – sollst Du mehr so zu sagen nur an meiner Rechten – Gustchen! – das sein und repräsentieren, was Du bist, Henriette – Gustchen! Nämlich meine Ehehälfte, meine Gattin, die – je, Gustchen! – würdige Matrone, Madame, will ich sagen, des Hauses, die Du auch bist in allen Ehren und Würden – bei Gott, geliebte Henriette! – Gustchen!«

»Was befehlen Ew. Gnaden?« sagte die eintretende Auguste.

»Eine Tasse Bouillon!« rief Hagfrieder.

»Wie?« sagte seine Frau betroffen und erstaunt. »Hast Du nicht eben eine Tasse genossen?«

»Ja, allerdings, aber es war nur eine Tasse, eine Tasse schlechthin, nicht eine Tasse, die ich gewohnt bin. Ich habe sie nicht sowohl genossen, als vielmehr verschlungen aus Überraschung, Liebe, Glück, Begeisterung, dass du da bist, Henriette! Sieh, und da kommt meine sogenannte zweite Tasse, die mit Auguste bringt im Kleide der Bescheidenheit, einfach schlecht und recht! Gib ihr den Teller, Henriette, Du sollst nicht präsentieren, sonder nur repräsentieren, da, an meiner Rechten, oder eigentlich die ganze Sache nicht für der Mühe wert halten. Ist es Dir nicht unbequem, hier zu stehen? Hast du einen Ausgang vor, halte ich Dich am Ende gar auf, liebe Henriette? Ums Himmelswillen, es wäre unverzeihlich von mir!«

»Nein, nein, lieber Mann, ich versäume nichts, indem ich bleibe. Doch damit Du siehst, dass ich auch gehen kann, wenn Dich mein Bleiben beunruhigt, will ich mich zurückziehen, lieber Gottfried.«

Und mit diesen Worten entfernte sich Frau Hagfrieder bitter verstimmt. Eine Zeit lang ging sie fast unglücklicher als je zuvor in ihrem Zimmer auf und ab und rang vergebens nach Trost und Ruhe, bis ihr plötzlich ein Gedanke Erleichterung schaffte und sie ausrief:

»Ja, das ist der Weg zu seinem Herzen und zugleich ein Mittel, ihn durch eine Lektion von Satire zu bestrafen!«

IV.

Welcher Art der Plan der guten Frau Anwalt war, das sollte sich bereits um ein Uhr beim Gabelfrühstück zeigen.

Frau Hagfrieder hatte nämlich beschlossen, bei dem Gabelfrühstück eine neue Ordnung einzuführen. Das Stubenmädchen sollte bei demselben ganz außer Aktivität gesetzt und alles Nötige von der Hausfrau selbst besorgt werden. Dabei erschien Frau Hagfrieder im Kostüm ihres Stubenmädchens, das Haar wie Auguste frisiert, in den Manieren Auguste nachahmend, einen Humor versuchend, der sonst bei einem hübschen, jungen Kammermädchen nicht ungern gesehen wird.

In der Meinung, einen sehr glücklichen Gedanken in Szene zu setzen und mit Recht etwas stolz auf die allerliebste Figur, die sie in der schlichten Verkleidung darstellte, war Frau Hagfrieder auch recht gut gestimmt und erwartete keinen geringen Erfolg von ihrem Einfall.

Punkt vier Uhr trat Frau Hagfrieder mit dem letzten Teller durch die eine Tür in das Frühstückszimmer, während ihr Mann, noch etwas in die Gedanken seiner Arbeit vertieft, durch die entgegengesetzte kam. Da er eine Schrift in der Hand hatte, die er beim Frühstück durchlesen wollte und eben besah, so hielt er die nur flüchtig bemerkte Gattin für das Stubenmädchen und sagte:

»Charmant, charmant, Auguste. Wie geht es Dir? Was bringst Du Gutes?«

Er setzte sich und wollte, ohne von der Schrift aufzublicken, das vermeintliche Stubenmädchen in den runden Arm kneipen, als er die Stimme seiner Frau sagen hörte. »Nun, ich denke, Du wirst zufrieden sein, Gottfried!«

Höchlich überrascht und bestürzt, blickte Hagfrieder jetzt vom Manuskripte auf und sagte:

»Henriette, was sehe ich!«

»Nun, Deine Frau siehst Du, die sich das Vergnügen machen will, Dich allein zu bedienen.«

Und damit setzte sie sich munter ihrem Manne gegenüber und servierte mit Laune und recht artig von dem Vorrat.

Allein es war alsbald kein Zweifel mehr, dass Frau Hagfrieder sich in der Hoffnung auf durchgreifenden Erfolg gewaltig geirrt hatte. Das nette, aber doch zu schlichte Kleid, das die Gattin angezogen hatte, und die für eine gewisse Naivität doch zu gesuchten, munteren Bewegungen des Kopfes und der Arme wollten den einmal in einer gewissen verlegenen Zerstreuung befangenen Gatten nicht erheitern und befriedigen. Er tat zwar sein Möglichstes, in herkömmlichen Redensarten seiner Frau ein und das andere Kompliment zu machen, lobte das vorgesetzte Frühstück und ließ sich ein und das andere Glas Rheinwein köstlich schmecken; allein über seiner ganzen Stimmung während des Frühstücks lagerte ein Schatten des Missgehagens, das Dr. Hagfrieder dadurch zu bemänteln suchte, dass er das mitgebrachte Aktenstück als recht unangenehm bezeichnete, sich dann in dessen Lektüre immer mehr vertiefte, so zwar endlich, dass die arme Frau weder mit einem Worte noch Blicke mehr beehrt wurde, was sie schließlich bewog, mit einer Träne der Entrüstung und des Schmerzes aufzustehen und sich auf ihr Zimmer zurückzuziehen.

Hier mit ihrer trostlosen Stimmung allein und wieder als Dame gekleidet, hörte sie später die Stimme des Doktors im anstoßenden Zimmer. Er hatte vormittags seinen Degenstock zurückgelassen und wollte ihn eben wieder abholen. Der Doktor kam der tief verstimmten Dame des Hauses sehr gelegen, und sie ließ ihn bitten, ihr einige Augenblicke Gesellschaft zu leisten, was denn auch geschah.

»Nun, was haben Sie von den Unternehmungen der Frau Regierungsrätin gehört?« fragte Frau Hagfrieder nach einer Weile mit wenig verhehlter Neugierde.

»Ja so, richtig. Fast hätte ich das im Eifer meiner vielen Geschäfte vergessen«, sagte der Doktor. »Nun, das waren seltsame Geschichten, die sich da ereigneten. Die Frau Regierungsrätin glaubte ihren Mann am besten dadurch von dem Stubenmädchen abzuwenden, dass sie sich vom Morgen bis zum Abend in großen Staat warf und sozusagen aus der frauenhaften Majestät nicht herauskam. So hat sie denn heute Morgen ihrem Manne, der um zwölf Uhr einen Moment vom nahen Büro zu kommen und eine Tasse Bouillon zu nehmen pflegt, diese Tasse selbst ein herrlichem Staate entgegengebracht …«

»Nun?« fragte die Frau Anwalt in großer Bewegung und Verlegenheit.

»Nun, die wohlgemeinte Unternehmung scheiterte, und die Regierungsrätin gestand mir die Sache mit halber Verzweiflung.«

»Hat sie es dabei bewenden lassen?«

»Nein. Sie fasste sich wieder und begeisterte sich seltsamerweise für ein ganz entgegengesetztes Projekt.«

»Welches?« fragte Frau Hagfrieder noch gespannter.

»Die Rätin wollte in der Rolle eines hübschen, muntern Dienstmädchens ihre Nebenbuhlerin aus dem Felde schlagen.«

»Nun?«

»Nun, auch diese sonderbare, wenn auch nicht ganz unglückliche Idee ist ohne die gehoffte Wirkung vorübergegangen.«

»Und was beschloss die Rätin von jetzt an zu tun?« fragte die Frau Anwalt, indem sie verlegen zu Boden sah.

»Was sie tun wird, das ist noch nicht so ganz bei ihr ins Klare gekommen. Vorläufig scheint eine große Bewegung in ihrem Gemüte zu herrschen, und alle guten Geister ihres Herzens scheinen Reichsrat zu halten. Die Anträge und Amendements scheinen nicht übel zu sein und auf Majorität rechnen zu können. Der Staatsminister der Liebe soll, so berichten die Rosablätter ihrer Wangen, recht guter Laune sein und der Hoffnung leben, den edlen, aber zentrifugalen Gattenmagyar in die geordnete Reichsverfassung der Ehe zu führen und so die ungemütliche Krisis zu Ende zu bringen. Und nun, verehrte Frau Hagfrieder, müssen Sie schon entschuldigen, dass ich gehe, und gnädigst vergeben, dass ich vierzehn Tage nicht zum Vorschein komme, denn ich habe einen kleine Reise vor.«

V.

Vierzehn Tage später war im Hause Dr. Hagfrieder eine kleine, auserwählte Gesellschaft bei Tische und erbaute sich ebenso an den trefflichen Gerichten als an dem feinen und munteren Geiste, der die Gesellschaft belebte. Herr und Frau Hagfrieder gingen in letzterer Beziehung sowohl einzeln als im Ensemble mit musterhaftem Beispiele voran. Zwei glücklichere Eheleute und zwei taktvollere Wirte gab es nicht mehr. Die Frau war ohne allen Pomp, aber reizend gekleidet; ihr größter Schmuck war ihr von Glück und Heiterkeit strahlendes Gesicht.

Der Doktor, welcher als Gast links neben der Hausfrau saß, war außerordentlich guter Laune und gesprächig, und als unter den Toasten auch einer »auf die Gesundheit der Hausfrau« lautete, lehnte er in Form eines Gegentoastes sehr geistreich die Ehre von sich ab, als ob es bloß seiner ärztlichen Geschicklichkeit gelungen wäre, die Gesundheit der Hausfrau wiederherzustellen; hier habe die glückliche Natur und ein Hausmittel, das die verehrte Dame übrigens nicht nenne, das Beste getan.

Einige Zeit nach diesem Toaste wandte sich Frau Hagfrieder zum Doktor und sagte lächelnd:

»Sie haben mir lange nichts von Ihrer Regierungsrätin erzählt. Wie geht es ihr jetzt? Hat sie ich Herzeleid überwunden und den Gatten endlich bekehrt?«

»O Frau Anwalt, dort bin ich bei meiner Rückkehr auf das Angenehmste überrascht worden. Alles ist in Ordnung. Mann und Frau ein Herz und eine Seele!«

»Wie hat sie das angefangen?«

»O, sehr einfach. Sie ist die netteste, munterste Hausfrau geworden, die es gibt. Des Morgens, ehe ihr Gatte noch sichtbar wird, ist sie schon am Platz und in hübscher, kunstloser Morgentoilette, das Haar ist allerliebst in Ordnung. Nichts, was das Auge des Mannes an Nachlässigkeit oder Ungeschmack erinnern könnte, ist zu entdecken. Wo sonst unliebsame Toilettestücke über Stühlen und Sofas herumhingen, wo Schränke stundenlang offen gelassen wurden und so weiter, da herrscht jetzt Sauberkeit in jedem Sinne. Es ist nicht notwendig, dass die Dame die Dienerin des Mannes macht, aber sie ist die liebe, regsame, muntere, immer hübsch aussehende Gattin, und in dieser allerliebsten Klassizität der Erscheinung hat sie die Schnurrpfeiferei mit dem Stubenmädchen einfach aus dem Felde geschlagen und triumphiert vom Morgen bis zum Abend. Der Mann hat die erste Morgentasse Kaffee und Bouillon abgeschafft und frühstückt lieber einmal ordentlich an der Seite seiner lieben Frau. Das Stubenmädchen ist ihm jetzt beinahe unangenehm, doch will er nicht undankbar sein und es fortschicken. Sehen Sie, verehrte Frau Anwalt, so helfen oft einfache Hausmittel in der leiblichen wie geistigen Praxis.«

»Und die Doktoren mach sich sehr verdient, wenn sie derlei Mittelchen dann und wann durch gut erfundene Geschichten an die Hand geben«, sagte Frau Hagfrieder lächelnd, indem sie die Blicke, welche ihr Mann und der Doktor wechselten, wohl verstand.

»Die Hausmittel der Liebe!« rief der Anwalt als Thema eines neuen Toastes aus und führte dasselbe höchst gewandt so durch, dass er, seine Frau und der Doktor einen ganz andern Sinn unterlegen konnten als die übrige höchlich ergötzte Gesellschaft.


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