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Vorwort

Aus der Seele eines unserer düstersten Philosophen ringt sich eine Erkenntnis frei, die etwas tief Beglückendes hat, vorzüglich in den grausamen Schicksalstagen, welche die Gegenwart der Geschichte den Deutschen bringt ... Nietzsche spricht nämlich das strahlende Wort aus: »Es gibt noch viele Morgenröten, die noch nicht geleuchtet haben!«

Ich möchte es zu Häupten meiner Lebensblätter setzen. Sie bringen unter anderem die Schilderungen von mannigfachem Aufstieg, Entwicklung und freudiger Kraftentfaltung, die scheinbar ganz in dem gegenwärtigen Niederbruch vernichtet sind. All das Herrliche, das man erlebte, insonderheit in Elsaß-Lothringen, das natürlich (politisch und kulturell) etwas im Vordergrunde bei mir steht, ist ins Leere zurückgefallen, als wenn es nie gewesen wäre. Die Lebensarbeit bedeutender Männer vernichtet, ausgestrichen aus dem Lebensbuch!

Ausgestrichen? Nein! Diese furchtbare Tragik wird nur eine zeitlich begrenzte sein ...

»Es gibt noch viele Morgenröten, die noch nicht geleuchtet haben!« Es gilt nun, diese Lebenserkenntnis als Hoffnung hochzuhalten. Und dann werden die Morgenröten uns einen ernsten Weg der Arbeit und Kraft und des Vollbringens beleuchten.

In diesen Blättern hier sind Schilderungen aus der Epoche der ersten Statthalterschaft (1879-1885) meinem Buch »Die Ära Manteuffel« entnommen, und auch einigen Essays, die in bedeutenden Zeitungen erschienen; sie sind hier in den reichen Kranz gewunden, der mein Leben und Streben darstellt.

Und wenn wir Deutsche, besonders in dieser Zeit der Schrecken und Knebelungen unser gesammeltes bestes Wesen zur Entfaltung und Wirkung bringen sollen, so scheint es mir nicht unberechtigt, wenn auch ich es mit aller Kraft und Inbrunst tue, denn ich habe mitten in einer bewegten Zeitgeschichte gestanden (in politischer, künstlerischer und auch sozialer und sittengeschichtlicher Beziehung). Ich habe passiv und aktiv darin wirken können. –

Ich gebe meine Erinnerungen nun in die Welt hinaus, mit dem starken Glauben an die Erfüllung unserer Volksbestimmung, – mit dem Glauben: daß es für uns »noch viele Morgenröten gibt, die noch leuchten werden« ...

Alberta von Puttkamer
Baden-Baden, Sommer 1919


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