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101. Rübezahl äffet einen schacherhaftigen Jüden.

Es war ein Jüde aus Polen. Der wird von einem vornehmen Weiwoden nach Prage geschickt, er sollte sechs schwarze Stuten und zwei Hengstpferde kaufen. Der Jüde reiset nach Prage, bekommet schöne ungerische Pferde der Gattung; unter anderen trifft er ein türkisch Pferd an, welches ein Apfelschimmel gewesen, und 400 Taler darvor gegeben. Der Jüde muß über das Gebürge reisen, kömmt in ein Wirtshaus. Da hat der Wirt einen schönen Hengst, einen Rappen, der gefällt dem Jüden wohl; er fragt den Wirt, ob er nicht mit ihme auf seinen Apfelschimmel tauschen wollte, und was recht wäre, wollten sie miteinander ehrlich handeln. Der Jüde sagt dem Wirte, was ihn sein Hengst kostet. Der Wirt saget, wenn er ihm noch so viel auf seinen Rappen wollte zugeben, so wollte er ihm ihn lassen. Dem Jüden gefället das Pferd, weil es seiner anderen Pferde Farbe gehabt, bietet ihme 200 Reichstaler zu. Endlich kommt es so weit, daß der Jüde ihme, dem Wirt, 300 Taler auf sein Pferd noch zugibt. Der Jüde ist froh, denkt ein Großes aus diesem Pferde zu erhalten. Er reiset nach Hause, weiset seinem Weiwoden das Pferd, welcher auch freudig drüber gewesen; lässet es in einen sonderlichen Stand ziehen, lässet ihm gut Futter geben. Das Pferd stehet einen Tag, den andern auch. Auf den dritten Tag, als er in den Stall kömmt, so ist das Pferd weg und nicht mehr als sein Schwanz angebunden; in der Mitten ist ein großer Knoten gewesen, darinnen 200 Dukaten gesteckt, welches sie alle mit Verwunderung angeschauet. Der Weiwode nimmt diese 200 Dukaten zu sich, gibt dem Jüden hundert Taler: er soll zurückeziehen und von dem Wirte erfahren, was es vor eine Beschaffenheit möchte haben. Der Jüde zeucht aus, hat weder Wirtshaus noch Wirt gefunden, kömmt also mit leeren Händen wieder heim. Jedoch hat er noch nicht alles darben müssen.

 


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