Franz Pocci
Lustiges Komödienbüchlein – Sechstes Bändchen
Franz Pocci

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Der gefangene Turko.Mit freundlicher Bewilligung der Herren Hofmann Hohl aus F. Pocci's: «Neues Casperltheater.« 2. Aufl. Stuttgart 1873 abgedruckt.

Schauderhaftes Drama in zwei Aufzügen.

Personen.

Casperl Larifari.

Hasenmajer, Revierjäger.

Krüglhuber, Wirth zum »blauen Bock«.

Kathi, Kellnerin.

Spitzer, Schullehrer.

Der Teufel.

I. Aufzug.

Wald.

Casperl (tritt gravitätischen Schrittes ein). So bin ich den Mauern der Stadt entflohen und bufinde mich in Sicherheit vor dem Auswurfe der menschlichen Gesellschaft. Ha! vor dem Auswurfe! Ja vor den Wüthrichen, die mich verfolgen. Wüthrich Nr. 1: das ist der Wirth zum »blauen Bock«, weil ich ihm seit einem halben Jahr die Zech schuldig bin; Wüthrich Nr. 2: das ist der Caffetier zum »goldenen Caffeschalerl«, dem ich die Ehr' g'schenkt hab, seit einem Jahr umsonst bei ihm zu frühstucken; Wüthrich Nr. 3: der infame Bierzapfler, für den ich die Gefälligkeit hatte, einige Fasseln Fluidums zu berauben. Diese und andere habsüchtige Staatsbürger verfolgen mich wie Hyänen. Was soll ich anfangen? Sie haben mich auspfänden lassen, obgleich sie nur einen Strohsack, einen Stiefelzieher, eine gebrochene Putzscheer und einen steinernen Maßkrug ohne Deckel in meinen Appartements gefunden haben. Ist das nicht schändlich? Ich weiß nicht mehr, wo ich mein müdes Haupt hinlegen kann. Man will mich gefangen nehmen! man will meine gerechten Ansprüche auf die Freiheit meiner Person beeinträchtigen! Meine Ehre, meine Reputation – Alles, Alles –

O Du lieber Augustin,
Alles ist hin!

Ich sehe nur in einen schwarzen Abgrund. Ha! Was soll ich noch leben? – Nein! Das Schicksal scheint es nicht zu wollen; denn mir schaudert's nicht mehr vor dem Gedanken: Selbstmurd! – (Donner). Ha! es donnert mir Beifall. Nun es sei – meine Rechnung ist abgeschlossen, weil ich gewisse Rechnungen nicht bezahlen kann. Aber wie, wo, wie so vollbringe ich die Schreckensthat, wobei ich gleich auf einen Lebensretter hoffe?!

Abermaliger Donner. Der Teufel erscheint aus der Tiefe, einen Strick in den Krallen haltend.

Teufel. Casperl!

Casperl. Oho! was ist denn das für ein Kaminfeger?

Teufel. Casperl! kennst du mich nicht?

Casperl Nein, ich kenn dich nicht

Teufel Ich bin der Teufel und Du gehörst schon lange mir, weil Du ein liederliches Subject bist.

Casperl. Was? ich – ein wiederliches Insect?

Teufel. Du bist der Hölle verfallen; also mache es nur geschwind. Hier ist ein Strick, häng' dich daran auf an dem nächsten Baum da.

Casperl. So? weiter Nichts? Da könnten wir noch ein bißl warten.

Teufel. Hast Du nicht selbst soeben Deinem Leben ein Ende machen wollen?

Casperl. Wissen Sie was? weil Sie gar so g'scheit sind – zahlen Sie lieber meine Schulden und b'halten Sie Ihren Strick.

Teufel. Wenn Du Deinem Leben nicht selbst ein Ende machst, so wirst Du jedenfalls auf eine andere Manier zu Grund gehen.

Casperl. Nun, das ist gerad recht. Diese Manier wollen wir abwarten. Nachher können S' wieder einmal bei mir nachfragen; aber jetzt machen S' nur, daß S' abmarschiren.

Teufel. (lacht höllisch). Ha, ha, ha! das wollen wir sehen! Es fällt hinter der Scene ein Schuß. Der Teufel versinkt und Casperl fällt um.

Casperl. Was ist denn das für eine Dummheit mit dem Schießen? Das kann ich gar nit vertragen. Jäger Hasenmajer tritt ein, Gewehr in der Hand.

Hafenmajer. Verflixter Bock! Hab' ich den auch wieder g'fehlt! Ich hab doch gar kein Glück mehr auf der Rehpirsch! (Sieht Casperl auf dem Boden liegen.) Ja, was ist denn das? Was liegen denn Sie da, Herr Casperl? Ich werd' Sie doch nit getroffen haben? Ich hab' ja auf einen Bock geschossen, der da g'standen ist. Er hat e Mordsgehörnl auf.

Casperl. O Sie unvorsichtiger Mensch! Ich glaub', es sind e paar Schröttl durch mein Kappen gangen und das hat mich e bißt hirntappig g'macht und da bin ich leblos umg'fallen.

Hasenmajer. Das kann nicht sein. Ich hab deutlich den Bock geseh'n und auf den hab ich g'schossen.

Casperl. (tragisch) Hasenmajer! Hasenmajer! – O! hätten Sie mich getroffen!

Hasenmajer. Was nit gar? Das wär' ein Unglück gewesen.

Casperl. (erhaben). O nein! nein! – Sie hätten einen Unglücklichen von den Qua– qua– qua– qualen dieses Jammerlöbens bufreit!

Hasenmajer. Hören's auf mit dem G'schwätz. Geh'n wir lieber zusammen in's Wirthshaus. Ich bin den ganzen Tag rumg'loffen im Wald und hab einen mordalischen Durst.

Casperl. (tragisch-groß) Mordalisch? – Mensch! an was mahnst Du mich? Furchtbares Wort, das Du ausgesprochen hast!! (In gewöhnlichem Ton.) Jetzt, da haben Sie wieder Recht, edler Waidmann. Aber für die Angst, die ich ausgestanden hab' mit Ihrer Schießerei, verlange ich Satisflaxion. Auf e paar Maß wird's Ihnen wohl nicht ankommen, und im Wirthshaus kommt mir vielleicht ein guter Gedanke, mich von meinen Feinden und Verfolgern befreien zu können.

Hasenmajer. So ist's recht, Herr Casperl. Ich bin gleich dabei.

Casperl. Kommen Sie, Retter meines Lebens! Ich habe einen Riesenplan im Kopf und Sie könnten mir zur Ausführung behülflich sein.

Hasenmajer. Wenn's ein lustiger Streich ist, so thu' ich mit.

Beide ab.

Verwandlung.

Wirthsstube zum »blauen Bock«.

Wirth Krügelhuber sitzt an einem Tisch und liest in einer Zeitung.

Krügelhuber. Schon wieder 40,000 Franzosen g'fangen! 2000 Turkos dabei! – Herrschaft! wo werden's die unterbringen? Napoleon hat sich zurückbegeben. Proclamation: »Ich ziehe mich zurück, um die Invasion zu bekämpfen.« Das ist auch eine sonderbare Manier! – Wenn nur den Unmenschen einmal der Teufel holen wollt'! – Nun, 's wird nimmer lang dauern mit ihm. (Liest weiter.) »30,000 Deutsche sind aus Paris ausgewiesen worden.« Das ist aber eine Halunkerei!

Kathi. (tritt ein). Herr Krüglhuber, schaffen S' vielleicht a Voressen? Ein sauer's Nierl wär' grad fertig.

Krüglhuber. Nein, ich mag Nichts. In denen Zeiten vergeht ei'm der Appetit. Gelt, Kathi, das ist ein Glück, daß die Franzosen nicht zu uns herausgekommen sind?

Kathi. Ja, Gott sei's gedankt! Die Turkos oder wie's heißen, die hätten uns gleich aufgefressen. Die sind ja wie die wilden Thier'!

Krüglhuber. A mein! so arg ist's auch nit. Mir hätt' Einer in's Haus kommen sollen! Nun, dem hätt' ich's gezeigt! Wenn die Kerls nur Kurasch sehen, nachher ziehn's gleich andere Saiten auf. G'rad als wie die Affen. Hast es denn nie in die Menagerie'n gesehen, Kathi, auf der Dult? Hau' nur so ein' Affen mit ei'm Steckerl recht 'nauf, da zieht er gleich den Schweif ein und springt davon.

Kathi. Na, Herr, das ist doch kein so G'spaß, wie Sie meinen, mit denen Turkos.

Krüglhuber. Ha, ha, ha! – Heh! das ist lauter Uebertreibung. Wild sind sie schon, aber ich hätt' sie doch nicht g'fürcht'.

Schullehrer Spitzer stürzt herein, daß er die Kellnerin beinahe umrennt.

Kathi. Oho! Herr Lehrer! pressirts gar so? (Geht ab.)

Spitzer. (in größter Hast und Angst und athemlos). Herr Wirth! – wissen S' was Neu's? – Grad war ich auf'n Bahnhof draußen, wei – weil da da da die Conducteurs immer Neuigkeiten bringen – und und und – –

Krüglhuber. Lassen S' Ihnen nur Zeit, Herr Lehrer! Sie stottern ja vor lauter Hast! –

Spitzer. Ja ja – ja und – und und der Conducteur – da der – Sie kennen ihn ja g'wiß – der der der mit dem schwa– schwa– schwarzen Bart, der schönenene Mann – er war einmal beim Mimimilitär – der hat erzählt, das beim Gefangenen-Franzosentranspopoport bei der Station Hopfendorf ein Turko ausgekommen ist. Er ist 'rausg'sprungen aus 'm Waggon und ist zwar, weil's schnell gegangen ist, auf 'n Ba– ba– bauch g'fallen, aber gleich wieder aufgesprungen und in den Wald hinein – –

Krügelhuber. Nein! was Sie sagen! – hat man denn den Kerl nicht gleich wieder g'fangt?

Spitzer. Ja, wie wollen's 'n denn fangen, wenn der Zug im schnellsten Lauf ist und nicht halten darf?

Krügelhuber. Ich glaub's nicht. Die Conducteur machen sich nur so einen Spaß daraus, Unglücksnachrichten zu verbreiten. Und zweitens: sind ja alle Turkos mit Ketten angeschlossen.

Spitzer. G'sprengt! Gesprengt hat – t– t– t – t er die Ketten, als wenn's von Glas g'wesen wär'! und im Herausbringen hat er die Trümmer in den Waggon hineingewo– wo– worfen, daß gleich sechs Mann todt und zwölf blessirt waren.

Krügelhuber. Oho! Oho! – das wird mir doch zu arg!

Spitzer. Ich glaub's allerdings. Eigentlich hat mir's nicht der Conducteur erzählt, sondern der Revierjäger, der Hasenmajer und dem hat's dem Wechselwärter seine Basen g'sagt und die hat's von ihrem kleinen Seppel erfahren, der grad Schaf gehüt't hat.

Krügelhuber. Nun, da haben wir's! Lauter Lug und Trug. So ist's aber mit den Nachrichten. Man soll gar Nichts glauben, was nicht officiell gelogen ist.

Kathi. (stürzt herein). Um Gotteswillen! Herr Krüglhuber! der Turko, der Turko! – Die Leut haben ihn schon g'seh'n mit sei'm Turban und die Pumphosen!

Spitzer. Nun seh'n Sie, daß es wahr ist!

Krügelhuber. (in gräulicher Angst). Wo – wo – wo? we – we – wer hat'n g'seh'n? Ist's wirklich wahr?

Kathi. Ja, ja! denken Sie sich nur: Im Vorbeirennen hat er auf'm Toni sei'm Krautacker der Wiesenbäurin die Nasen abgebissen, hat ihr's Kind, den klein Michl, aus'm Arm g'rissen und hat'n g'fressen!

Krüglhuber. Schauderhaft! Schauderhaft! – Den Michl g'fressen?! – Einfangen, einfangen soll man den Kerl! – Wenn er nur nicht zu uns hereinlauft! – Das wär' ja erschrecklich! Herr Spitzer, was fangen wir denn an? Kathi, versteckt's euch nur in den Keller; sag's der Wirthin; ich komm auch gleich nach! Alles zusperren! die Hausthür verrammeln; d' Fensterläden zug'macht!

Spitzer. Jetzt lauf' ich wieder fort. Vielleicht haben sie ihn doch schon eingefangt. Wenn ich was erfahren hab', komm' ich gleich wieder her! (Ab mit Kathi.)

Krüglhuber (in gräßlicher Angst). Ja, kommen S' nur wieder. Ich fürcht' mich allein. Jetzt ist die Kathi auch fort! Peter! Michel! kommt's doch herein! – die sind auch nit da! der Peter holt aus'm Bräuhaus Bier; der Michel ist bei'm Heumachen. – – Ich kann vor lauter Angst kaum noch auf die Fuß' steh'n. Ich will nur g'schwind die Thür zuriegeln.

Geht gegen die Thür, während Hasenmajer rasch eintritt, so daß sie heftig gegen einander stoßen.

Krüglhuber. Herrgott im Himmel! da ist er schon! Taumelt zurück.

Hasenmajer. Bin's nur ich, Herr Krüglhuber.

Krüglhuber. Sie sind's, Hasenmajer? – Nur g'schwind. Was gibt's? Haben's 'n?

Hasenmajer. Ich hab ihn!

Krüglhuber. Sie? Sie haben den Fang gemacht? – Ja wie haben Sie denn das ang'fangen?

Hasenmajer. Das will ich Ihnen gleich sagen: Wissen's das klein Branntweinhäusl auf'm Waldspitz, wo immer die Torfstecher Mittag machen?

Krüglhuber. Ja freilich weiß ich's. Ist ja immer der Knödlbogen dort nach dem vierten Trieb, wenn der Oberförster jagt.

Hasenmajer. Nun – da ist der Turko g'rad hineingerennt, wie ich ihm aus'm Holz heraus nachg'loffen bin mit mei'm geladenen Zwilling.

Krüglhuber. Ja! Sie hätt'n ihn im Rauch niederg'schossen!

Hasenmajer. Ich nach! schau' durch's Fensterl hinein; da liegt er schon vor'm Zapfen; die alt Branntweinurschel hat er schon erwürgt g'habt. Ich paß' an der Thür – – paß' und paß' und denk' mir: Wenn er herauskommt: »Pumps!« Da hat er sein Theil. Wer nicht kommt – das ist mein Turko. Ich schau durch's Schlüsselloch: Liegt der Kerl b'soffen drin und schnarcht wie ein Bär.

Krüglhuber. Wie ein Bär hat er g'schnarcht?

Hasenmajer. Ich schleich' mich hinein – versteht sich mit dem g'spannten Zwilling – bind' dem Kerl gleich Hand' und Fuß' zusammen, als wie man's mit einem Rehbock macht, und pack' ihn bei der Gurgl. Er will auf, fallt aber gleich wieder nieder und so weiter, kurz und gut: jetzt hab' ich ihn zu Haus in dem großen Käfig, den vor zwei Jahren der Menageriebesitzer mir zum Aufheben da gelassen hat, weil ihm der Eisbär krepirt ist. Jetzt ist's gerad recht, daß er den Käfig noch nicht abgeholt hat.

Krüglhuber. Heldenmajer! lassen Sie sich umarmen!

Hasenmajer. Krüglhuber! erinnern Sie sich aber noch an einen gewissen Jemand, der einmal gesagt hat: »Bei meiner Ehr! wer mir den ersten Turko g'fangen bringt, dem zahl ich 400 Gulden aus!« Ich bring' Ihnen selbigen Turko!

Krüglhuber. Hasenmajer, ich kann's nicht leugnen, daß ich's g'sagt hab'.

Hasenmajer. Gut. Also heraus mit die 400 Gulden!

Krüglhuber. Ein Mann ein Wort. Aber Sie müssen den Turko im Käfig und zwar verdeckt zu mir hereinbringen. Nachher laß ich ihn gegen Entrée sehen! denn er ist mein Eigenthum, weil ich ihn Ihnen abgekauft hab und meine Wirthschaft hat auch keinen Schaden dabei. So bring ich meine 400 Gulden wieder herein und vielleicht noch drüber.

Hasenmajer. So soll's sein! – jetzt geh' ich und hol ihn.

Krüglhuber. Aber fein hübsch zugedeckt, damit den Teufel, bevor er bei mir ist, Niemand sieht. Sie! und daß fein das Gitter gut verschlossen ist.

Hasenmajer. Hab'n's keine Sorg. (Ab.)

Krüglhuber. (allein). Juhe! jetzt werd' ich ein berühmter Mann und mach mir brav Geld. Jetzt wird's heißen: »Beim Herrn Krüglhuber, Gastgeber zum blauen Bock, ist der erste gefangene Turko zu sehen.« Ich laß gleich großmächtige Zettel drucken: »Eintrittspreis 12 kr., für Standespersonen 1 fl. 12 kr.« Heda! Weib! Kathi! Peter! Michel! – Kommt's nur Alle herein zu mir!

Der Vorhang fällt.

II. Aufzug.

Wirthsstube, wie im I. Aufzug.

In einer Ecke steht ein großer Käfig, in welchem sich Casperl als Turko komisch gekleidet, befindet. Hasenmajer steht vor ihm.

Hasenmajer. Jetzt aufgepaßt, Herr Casperl! Machen's Ihr Sach gut. Nur recht gebrüllt und gegrunzt, wie ein Wilder.

Casperl. (brüllt furchtbar). Ist's so recht?

Hasenmajer. Ausgezeichnet!

Krüglhuber. (tritt etwas ängstlich ein). Hab'n schon brüllen hören. Das muß ja ein fürchterliches Individuum sein.

Casperl (im Käfig). Was? viehdumm? Das verbitt' ich mir.

Hasenmajer (leise zu Casperl). Sind S' doch gescheit. Sie dürfen ja nicht deutsch reden, nur arabisch.

Casperl (in schnarrendem Tone). Arababarabarabaraba!

Krüglhuber. Ah! Ah! Das ist aber eine Sprach!

Casperl. Grugrumalibobabibibibi.

Krüglhuber. Pfui Teufel! (Etwas näher an den Käfig tretend.) Sie, Hasenmajer, beißt er?

Hasenmajer. No und wie! geb'n S' nur Acht. Der fahrt 'raus, wie nicht gescheit.

Casperl rüttelt an den Eisenstangen des Käfigs.

Krüglhuber (zurückspringend). Donnerwetter ist das eine Bestie! Sie, Hasenmajer, wie wär's, wenn ich ihm eine Wurst gäb'?

Casperl. Wursti, Wursti, Wursti!

Krüglhuber. Mir scheint, er versteht doch e bißl deutsch.

Hasenmajer. Ja, was er halt auf'm Weg im Herfahren aus Frankreich gelernt hat. Würst oder Bisquits krieg'n's ja auf alle Stationen von den Damen.

Krüglhuber steckt ihm vorsichtig eine Wurst in das Gitter.

Casperl. Bira, Bira, Bira, Kruguli Bir!

Krüglhuber. Da schau'n S', Hasenmajer! Mir scheint, er will auch a Bier haben.

Casperl rüttelt am Käfig.

Krüglhuber. Gleich, Herr Turko. Sollen augenblicklich bedient werden. (Ruft hinaus:) Kathi! bring eine Maß herein! Hasenmajer, das Bier müssen Sie ihm geben. Sie kennt er schon besser. Ich trau mich nicht.

Hasenmajer. Schon recht, Herr Krüglhuber.

Kathi tritt ängstlich mit einem Maßkrug ein.

Kathi. Nein! ich fürcht' mich. Ich hab'n schon draußen brüllen und toben g'hört.

Casperl grinst und brüllt.

Kathi schreit ungeheuer und läßt den Krug fallen.

Nein! das halt ich nit aus.

Springt zur Thüre hinaus.

Krüglhuber. Ha! ha! – es g'schieht Dir ja Nichts.

Hasenmajer. Jetzt, Herr Krüglhuber, während der Turko seine Wurst frißt, könnten Sie sich in Ihre Kammer begeben, und mir die gewissen 400 Gulden holen.

Krüglhuber. Ja, versteht sich. Ich bin gleich wieder da. (Ab.)

Casperl. Hasenmajer! laut Uebereinkunft gehören von diesen 400 fl. 300 fl. mir und hundert Gulden Ihnen. Da kann ich meine Schulden zahlen und bleibt mir noch was übrig.

Hasenmajer. Nein, Herr Casperl! Halbpart haben wir ausgemacht! Ich 200 und Sie 200.

Casperl. Wenn Sie nicht wollen, so blamir' ich Sie; mach' den Käfig auf und deklarir mich. Glauben Sie, daß das ein G'spaß ist, in der bengalischen Eisbärhühnersteigen zu hocken. Mir thut mein Buckel schon lang weh. So oder so; wie S' wollen. Ich meine 300 fl. oder Sie blamirt; und nachher können S' Prügel auch noch kriegen. Und meinen Schuldschein muß ich vom Krüglhuber auch noch herauskriegen. Das besorg' ich schon allein, wenn Sie fortgangen sind.

Hasenmajer. Nun, meinetwegen. Mein Wort d'rauf: Sie sollen die 300 fl. haben. Ruhig jetzt – er kommt!

(Krüglhuber kommt mit einem Geldsack.)

Krüglhuber. Herr Hasenmajer, da sind die 400 fl., lauter Zweiguldenstückel.

Hasenmajer. Ich bedank' mich schön. Jetzt können Sie gleich den Zettel drucken lassen, damit Sie bald ein Entréegeld kriegen. Recht guten Abend!

(Ab mit dem Geldsack.)

Krüglhuber. Schlipperment! mir ist doch nicht ganz wohl, daß ich jetzt mit dem Wilden allein bin. Aber die Eisenstangen sind fest, er kann nicht heraus.

Casperl. Prrrrrrr! Muh, muh, muh!

Krüglhuber. Ein verfluchter Kerl! Was der für Tonarten herausbringt ? (Nähert sich dem Käfig.) Brav sein, Mannerl! brav sein! Magst wieder was z' essen?

Casperl (gegen die Stangen des Gitters fahrend). Freßdi, freßdi, freßdi– di– di– di!

Krüglhuber (fährt zurück). Wär' nicht übel! mich fressen? Da ist was gut dafür. Man ist eingesperrt; man kann nicht heraus. Nur ruhig also! oder ich komm' mit dem Stecken.

Casperl murrt und brummt.

Krüglhuber. Ganz still und ruhig sein! verstanden? – So; jetzt will ich einen Zettel schreiben, den ich einstweilen an die Hausthür nageln kann, bis die gedruckten Ankündigungen fertig sind. (Setzt sich vorn an einen Tisch und schreibt.) »Es wird einem hohen Publikum – – «

Casperl. Dumm, dumm, dumm!

Krüglhuber. Still da hinten! (Fortfahrend:) »hohen Publikum bekannt gemacht, daß hier im blauen Bock – «

Casperl. Gock, gock, gock, gock!

Krüglhuber. Ruhig, oder ich komm mit'm Stock! (Fährt fort:) »im blauen Bock ein gefangener Turko aus Arabien zu sehen ist.«

Casperl öffnet das Gitter, steigt aus dem Käfig und schleicht sich hinter Krüglhuber.

»zu sehen ist und – und« – was kommt jetzt? ja, wegen dem Entréegeld: »Erster Platz – –

Casperl packt unter furchtbarem Gebrüll Krüglhuber von rückwärts und bläut ihn tüchtig.

Krüglhuber. Auweh! auweh! – ich bin verloren! zu Hülfe! zu Hülfe!

Balgerei und Geschrei, wobei Kasperl schließlich den Wirth in den Käfig stößt und das Gitter von außen riegelt.

Casperl. So, Herr Prügelhuber; jetzt sind Sie der Turko. Ha, ha, ha!

Krüglhuber. Was ist das? eine schändliche Betrügerei! Das ist infam, mich so anzuführen. Sie sind ja der Casperl und kein Turko!

Casperl. Sie führen auch die Leut' an mit Ihrem gewässerten Bier und Ihre kleinen Bratlportionen.

Krüglhuber. Lassen Sie mich heraus, Herr Casperl! Heraus will ich! heraus! aufgemacht!

Casperl. Sie bleiben d'rin und es wild nicht aufgemacht, bis Sie mir mit Ihrem staatsbürgerlichen Ehrenworte versprechen, daß Sie meinen Schuldschein zerreißen und erklären, daß ich Ihnen Nichts schuldig bin.

Krügelhuber. Was? Ich soll die 52 fl. einbüßen? Nein, das thu' ich nicht.

Casperl. Gut. Wenn Sie's nicht thun, so neh'm ich den Ankündigungszettel da, den Sie geschrieben haben, häng' ihn zum Fenster hinaus und lass Sie als g'fangenen Turko sehen.

Krüglhuber. Machen S' keine Dummheiten, Herr Casperl. Ich werde meine Leut' rufen.

Casperl. Die Kellnerin und Frau Wirthin sind allein zu Haus. Die Knecht sind nicht daheim; die Weibsbilder trau'n sich nicht herein. Also – was meinen Sie? Und zuvor schlag' ich Ihnen noch Alles zusammen in der Wirthsstuben, lauf' davon und dann meinen die Leut, das hat Alles der entsprungene Turko gethan – und der Herr Krüglhuber ist in den Käfig eing'sperrt? Wie steht's jetzt?

Krüglhuber. Schändlich steht's! aber was will ich machen? Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort: Sie sind mir nichts, gar nichts schuldig und die 52 fl. werden gestrichen.

Casperl. Allen Respect! – Treten Sie heraus aus dem bestialischen Lokale und lassen Sie sich umarmen.

Oeffnet den Käfig.

Krüglhuber. (den Casperl umarmt). Sie sind halt alleweil a Schlankel, Herr Casperl; aber feind kann man Ihnen doch nicht sein.

Casperl. Und zur Turkoschlußfeier werde ich Ihnen das Vergnügen machen, bei Ihnen mein Souper einzunehmen!

Zum Publikum gewendet. Wenn Sie allenfalls einen Turko fangen, so bringen Sie ihn gefälligst in den blauen Bock zum Herrn Krüglhuber!

Macht seine Reverenz.

Der Vorhang fällt.

Ende.


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