Plautus
Der Schiffbruch (Rudens)
Plautus

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Dritter Act.

Erste Scene.

Dämones. Die Götter spielen mit den Menschen sonderbar,
Und schicken uns gar wundersame Träume zu.
Selbst wenn wir schlafen, lassen sie uns keine Ruh.
So träumt' auch ich in dieser jüngstverwichnen Nacht
Gar einen wundersamen und einfält'gen Traum.
Mir däuchte, daß an einem Schwalbennest herauf
Zu klettern sich ein Affe große Mühe gab;
Doch ihm gelang's nicht, seinen Raub zu nehmen. Drauf,
So träum' ich, kommt der Affe grad' auf mich heran,
Und bittet mich, ich möcht' ihm eine Leiter leih'n.
Worauf ich meinem Affen dies erwiedere:
»Die Schwalbe stammt von Philomel' und Procne her,«Philomela und Prokne waren Töchter des attischen Königs Pandion. Nach der gewöhnlichen Sage ward Philomela in eine Nachtigall, Prokne in eine Schwalbe verwandelt, während nach anderen Sagen Philomela zur Schwalbe ward. Dämones nennt V. 13 die Schwalben seine »Landsmänninnen« (populares) als geborener Athener.
Und bitte, meinen Lieben ja kein Leid zu thun.
Der Affe wird darüber immer wüthender,
Und fängt sogar mit Schlägen mir zu drohen an.
Er ruft mich vor den Richter. Da, nicht weiß ich wie,
Faßt mich der Zorn, ich packt' ihn mitten um den Leib,
Und schloß das niederträcht'ge Thier in Ketten ein.
Und nun – worauf sich dieser Traum beziehen soll,
Das bring' ich heut troz allem Sinnen nicht heraus.
Doch welcher Lärm entsteht in meiner Nähe hier
Im Venustempel? Was es ist, begreif' ich nicht.

Zweite Scene.

Trachalio. Dämones.

Trachalio. (aus dem Tempel stürzend)
Ho! Ihr Bürger aus Cyrenä! Euren Beistand ruf' ich an,
Ackerbauer und ihr Nachbarn aus der ganzen Gegend hier,
Bringt den Hülfsbedürft'gen Hülfe! Rottet arg den Argen aus!
Rächt das Unrecht, daß der Bosheit Macht hinfort nicht mächt'ger sei,
Als der Unschuld Recht, die nicht durch Schande Ruhm erlangen will!
Stellt den Frevel auf zum Schreckbild, gebt der Tugend ihren Preis!
Gönnt dem Recht allein die Herrschaft, dem Gesez, nicht der Gewalt!
Eilt hieher zum Venustempel! Eure Hülfe ruf' ich an,
Die ihr in der Nähe wohnet, die ihr mein Geschrei vernahmt!
Helft den Leuten, die der Venus und der Venuspriesterin
Ihre Hab', ihr Haupt zur Obhut anvertraut nach altem Brauch!
Dreht dem Frevelmuth den Hals um, eh' er hingelangt zu euch!

Dämones. (tritt aus dem Hause)
Nun, was gibt's?

Trachalio.                 Bei deinen Knieen, alter Mann, beschwör' ich dich,
Wer du sein magst –

Dämones.                         Laß die Kniee; sage lieber, was es ist,
Was du lärmst?

Trachalio.               Ich bitte dich inständig, wenn du dieses Jahr
Eine reiche Lese hoffst von Sirpe und von SilphiumSirpe, Silphium, Magudaris (V. 19) waren die bedeutendsten Landeserzeugnisse Cyrene's. ,
Wenn du hoffst, daß deine Waare glücklich kommt nach Capua,
Wenn du hoffst, daß deiner Augen Fluß für immer sich verliert –

Dämones. Bist du toll, Mensch?

Trachalio.                                   Oder hoffst du, daß du viel Magudaris
Erntest – weigre mir die Hülfe nicht, um die ich bitte, Greis.

Dämones. Aber ich beschwöre dich bei deinen Beinen, deinem Kreuz,
Deinen Knöcheln, wenn du heuer reiche Ruthenernten hoffst,
Wenn du hoffst, daß dieses Jahr mit Prügeln dir gesegnet sei,
Sage mir einmal den Handel, was es ist, warum du lärmst.

Trachalio. Aber weßhalb fluchst du mir? Ich wünschte dir ja Gutes nur.

Dämones. Gutes wünsch' auch ich, ich bitte, daß dir wird, was du verdienst.

Trachalio. Höre mich doch erst!

Dämones.                                   Und was denn gibt es?

Trachalio.                                                                       Zwei unschuldige
Mädchen sind im Tempel drinnen, die nach deinem Schuz verlangt,
Denen wider Recht und Sazung unerhörte Schmach geschah
Und geschieht im Venustempel. Auch die Venuspriesterin
Wird mishandelt.

Dämones.                   Welcher Mensch auf Erden ist so frech und wagt's,
Eine Priesterin zu kränken? Aber wer sind jene Frau'n?
Welches Unrecht that man ihnen?

Trachalio.                                           Hörst du mich, so sag' ich es.
Sie umschlangen Venus' Bildniß: der erfrecht sich, reißt sie weg –

Dämones. Und wer ist es, der die Götter so verachtet? Sag' es kurz.

Trachalio. Nun, ein Mensch voll Trug und Meineid, der den Vater einst erschlug,
Das Gesez bricht, keine Scham kennt, keine Schmach und Schande scheut,
Kurz, mit Einem Wort, ein Kuppler. Was zu sagen brauch' ich mehr?

Dämones. Einen Menschen nennst du da, der jedes Ungemach verdient.

Trachalio. Hat der Schuft nicht bei der Gurgel selbst die Priesterin gefaßt?

Dämones. Doch zu seinem größten Unglück that er's, traun! Ihr, kommt heraus,
Sparax, Turbalo! Wo seid ihr?

Trachalio.                                       Geh hinein, hilf ihnen doch!

Dämones. Nicht zum zweiten Male ruf' ich: kommt hieher und folgt mir!

Trachalio.                                                                                                 Auf!
Laß die Augen ihm zerquetschen, wie der Koch dem Dintenfisch!

Dämones. (zu den Knechten)
Schleppt ihn her an beiden Füßen, wie ein abgestoch'nes Schwein!
(er geht mit den Knechten in den Tempel.)

Trachalio. Welch ein Lärm! Der Kuppler, denk' ich, wird mit Fäusten jezt gekämmtKämmen, ein komischer Ausdruck für »prügeln«, findet sich auch bei Terenz. .
Schlügen die doch dem Halunken alle Zähn' im Rachen aus!
Doch da flüchten, schau, die Mädchen zagend aus dem Tempelthor.

Dritte Scene.

Palästra. Ampelisca. Trachalio.

Palästra. Dahin, ach, kam's mit uns, daß wir, baar alles Raths,
Ohne Schuz, ohne Trost, hoffnungslos zieh'n umher.
Nirgendwo blüht uns Heil;
Nirgendwo winkt der Pfad, welchen ich wandeln kann.
Denn in endloser Noth schweben wir Armen hier!
Solche feindsel'ge That, solche graunvolle Schmach
Ward vom Herrn eben im Heiligthum wider uns
Ausgeübt. Frevelhaft faßt' er die Greisin dort,
Stieß sie hierhin, stieß sie dorthin – eine Schandthat ohne Gleichen! –
Riß sodann mit Gewalt uns von dem Bild hinweg.
Doch wie jezt unser Loos sich gewandt, ist es viel
Besser, wir sterben. Im bittern Leid ist der Tod
Der süßeste Trost.

Trachalio. Was ist es? Welche Rede das? Was säum' ich sie zu trösten?
He! Palästra!

Palästra.               Wen verlangt nach mir?

Trachalio.                                                   He! Ampelisca!

Ampelisca.                                                                           Wer
Ruft mich?

Palästra.           Wer nennt meinen Namen?

Trachalio.                                                   Sieh dich um, so wird dir's kund.

Palästra. (den Trachalio gewahrend)
Meines Heils Hoffnung du!

Trachalio.                                   Schweige! Sei gutes Muths!
Sieh mich an!

Palästra.               Wär' es nur möglich, daß uns Gewalt nicht befällt,
Die mich zwingt Gewalt mir selber anzuthun.

Trachalio.                                                               O schweige, Närrin!

Palästra. Laß ab, mit leeren Worten mich in meinem Leid zu trösten!
Denn schaffst du nicht uns Hülfe mit der That, sind wir verloren.
Viel lieber will ich sterben, als die Wuth des Kupplers dulden.
Indeß – ich bin ein Mädchen; denk' ich an den Tod, ich Arme,
Fällt Zittern meine Glieder an.

Trachalio.                                       Wie herb auch euer Loos sei,
So seid doch gutes Muthes!

Palästra.                                     Ach! Wo fänd' ich den, o Götter?

Trachalio. O fürchtet nichts! Sezt euch hieher auf den Altar.
(er deutet auf einen Altar, der außerhalb des Tempels steht.)

Palästra.                                                                                 Wie könnte
Uns der Altar mehr helfen, als der Göttin Bild im Tempel,
Das wir umschlangen, und von dem Gewalt uns fortgerissen?

Trachalio. Sezt euch nur her; ich werde schon euch schüzen; der Altar soll
Euch Schanze, soll euch Mauer sein; ich streit' an eurer Seite.
Im Schuz der Venus zieh' ich aus, des Kupplers Wuth bekämpfend.

Palästra. Dir folgen wir. (sie knieen am Altar nieder)
                                Und alle zwei fleh'n wir dich an, o Venus,
Auf unsern Knieen, thränenvoll umschlingend deinen Altar,
Nimm uns in deinen heiligen Schuz, und leih' uns deine Hülfe!
An jenen Frevlern aber, die dein Heiligthum verachtet,
Nimm Rache! Uns, die heute Nacht Neptunus rein gebadet,
Uns laß in deinem Frieden am Altare hier verweilen!

Ach, zürne nicht, und laß es uns nicht büßen, wenn noch Etwas
An uns zurückblieb, das vor dir nicht rein genug erscheine!

Trachalio. Was billig ist, erbitten sie. Du mußt sie wohl erhören,
Und ihnen Nachsicht schenken: Furcht zwang sie zu dieser Bitte.
O nimm dich ihrer Muscheln an: stammst ja von einer Muschel!
Doch recht erwünscht kommt hier der Greis, mein Schirmherr und der eure.

Vierte Scene.

Dämones kommt aus dem Tempel zurück. Hinter ihm Labrax, der von einigen Knechten fortgeschleppt wird. Die beiden Mädchen. Trachalio.

Dämones. Fort vom Tempel, du Verrucht'ster Aller, seit es Menschen gibt! –
Sezet ihr euch auf den Altar! Doch wo sind sie?

Trachalio.                                                                   Sieh nur her!

Dämones. Schön! Das eben wollt' ich ja.

Ein Knecht.                                             Bedeut' ihn, daß er näher kommt!

Dämones. (zu Labrax)
Du verlangst, daß wir mit dir den Göttern opfern, Bösewicht?
(zu einem Knecht)
Mit der Faust ihm in's Gesicht!

Labrax.                                             Dafür bekommst du deinen Lohn!

Dämones. Wie? Der Freche will sogar noch droh'n?

Labrax.                                                                       Mir ist mein Recht geraubt:
Meine beiden Mägde raubst du mir.

Trachalio.                                                 Wohlan, so wähle dir
Einen angeseh'nen Schiedsmann aus dem Rath Cyrene's hier,
Der entscheidet, ob sie frei sein sollen, ob dein Eigenthum,
Oder ob es billig sei, daß man dich in den Kerker wirft,
Dort dein Lebenlang zu wohnen, bis dein Tritt ihn ausgehöhlt.

Labrax. Konnt' ich ahnen, daß ich heute schwazen soll mit einem Dieb?
(an Dämones sich wendend)
Mit dir red' ich.

Dämones.                 Rede nur zuerst mit jenem, der dich kennt.

Labrax. Mit dir recht' ich.

Trachalio.                         Nein, mit mir erst! – Sind das deine Mägde?

Labrax.                                                                                                   Ja.

Trachalio. Auf denn, rühre mir nur Eine mit dem kleinsten Finger an.

Labrax. Wenn ich's thäte?

Trachalio.                         Traun, so schleudr' ich dich sogleich als Ball hinaus,
Bösewicht, und hoch in Lüften bläu' ich dich mit Fäusten durch.

Labrax. Was? Ihr wehrt mir meine Dirnen wegzuführen vom Altar?

Dämones. Ja; so will's bei uns die Sazung.

Labrax.                                                       Eure Sazung, – kann sie mich
Kümmern? Nein, ich schaffe deine Dirnen beide fort von hier.
Liebst du sie, mein alter Herr, so brauchst du blankes Geld dafür.

Dämones. Doch die Göttin liebt sie.

Labrax.                                             Beide stehen ihr zu Dienst – für Geld.

Dämones. Dir noch Geld?! – Mensch, wenn du jezt auch meine Meinung wissen willst –
Unterfange dich, die Mädchen anzurühren, nur im Scherz,
Und du gehst so zugerichtet heim, daß du dich selbst nicht kennst.
(zu den Knechten)
Und auch ihr, sobald ich winke, schlagt ihr nicht das Aug' ihm aus,
Wie das Binsenreis die Myrte, bind' ich euch mit Ruthen fest.

Labrax. Wie? Du brauchst Gewalt?

Trachalio.                                         Du wirfst uns noch Gewalt vor, Bösewicht?

Labrax. Dreimalgalgenstrick, du wagst es, loszufahren wider mich?

Trachalio. Dreimalgalgenstrick, das bin ich, und du bist ein Ehrenmann.
Müssen darum diese hier wohl minder frei sein?

Labrax.                                                                       Diese frei?

Trachalio. Wohl, und du ihr Knecht; sie stammen aus dem ächten Griechenland.
In Athen ist die geboren, (auf Palästra deutend)
                                        freier Eltern freies Kind.

Dämones. Wie? Was hör' ich?

Trachalio.                                 Diese hier ist freigeboren, aus Athen.

Dämones. Was? Mit mir aus Einem Lande?

Trachalio.                                                     Kein Cyrener wärest du?

Dämones. Nein, geboren und erzogen in Athen, in Attica.

Trachalio. Deine Landsmänninnen, Alter, schüze sie!

Dämones. (bei Seite)                                                   Mein Töchterchen!
Diese (auf Palästra deutend)
          weckt mein Leid um dich Entfernte, die, dreijährig kaum,
Mir entschwand. Wenn du noch lebtest, wärest du so groß, wie die.

Labrax. Ihren Herrn, dem sie gehörten, zahlt' ich für die Beiden baar.
Ob Athen, ob Theben ihre Heimat ist, was kümmert's mich,
Wenn sie mir gehörig ihre Dienste thun?

Trachalio.                                                       So unverschämt
Greifst du hier, du Mädchenmarder, Eltern ihre Kinder auf,
Und mißbrauchst die freigebor'nen zu dem schmählichsten Erwerb?
Denn das Heimatland der Andern (auf Ampelisca deutend)
                                                      freilich ist mir unbekannt;
Doch ich weiß, viel edler ist sie, denn du selbst, unsaub'rer Wicht!

Labrax. Wirklich?

Trachalio.             Zeig's an deinem Rücken, wer von uns wahrhafter ist.
Wenn du nicht mehr Angedenken, als ein Lastschiff Nägel hat,
Auf dem Rücken zeigst, so will ich, traun, der ärgste Lügner sein.
Hab' ich deinen angesehen, siehe du den meinen an;
Ist er nicht so rein und sauber, daß dir jeder Flaschner sagt,
Für die Lederflaschen lief're der das beste, reinste Zeug:
Darf ich dann mit Ruthen dich zerbläuen bis zur Sättigung? –
Was begaffst du die? Die Augen kostet dir's, berührst du sie.

Labrax. Weil du mir's verbietest, führ' ich beide jezt mit mir davon.
(er läuft fort.)

Dämones. Was beginnst du?

Labrax.                                 Den Vulcanus hol' ich; er ist Venus' Feind.Es war bei den Alten nicht erlaubt, Jemanden, der sich an einen Altar geflüchtet hatte, davon wegzureißen; doch durfte man alle übrigen Mittel versuchen, ihn wegzubringen, wenn nur der Flüchtling nicht dabei berührt wurde. Man pflegte daher in solchen Fällen um die Altäre ein großes Feuer anzuzünden, wodurch der Unglückliche, vom Altar vertrieben, in die Hände seiner Feinde fiel. So droht in einem Trauerspiele des Euripides Hermione Andromachen, welche sich zur Bildsäule der Thetis geflüchtet hatte, daß sie ringsumher Feuer anzünden wolle. Dies droht auch Labrax zu thun. Vulcanus heißt der Feind der Venus, weil er sie mit Mars im Neze gefangen hatte. Danz.

Dämones. Wohin will er?

Labrax. (pocht an Dämones' Haus an)
                                  Ist hier Jemand? He!

Dämones.                                                           Berührst du meine Thür,
Hagelt dir in dein Gesicht, Mensch, eine Saat von Prügelholz.

Ein Knecht. (im Hause, da Labrax inzwischen hineingesprochen hat)
Feuer gibt es keins im Hause; trockne Feigen essen wir.

Dämones. (zu Labrax)
Kann ich dir's auf deinem Kopf anzünden, geb' ich Feuer dir.

Labrax. Will mir sonstwo Feuer suchen, wo es sei –

Dämones.                                                                   Und, fandest du's –?

Labrax. Mach ich hier ein mächtig Feuer.

Dämones.                                                   Für ein Menschenopfer wohl?

Labrax. Ja, die zwei verbrenn' ich lebend am Altar hier.

Dämones.                                                                           Thu' es nur!
Denn ich packe dich am Barte, stoße dich in Feuersglut,
Und geröstet werf' ich dann den Vögeln dich als Futter vor.
(für sich)
Wenn ich's so bei mir bedenke, ist der Kerl der Affe wohl,
Der die Schwalben aus dem Neste stehlen wollte mir zum Troz,
Wie es mir die Nacht geträumt hat.

Trachalio. (zu Dämones)                         Höre, Greis, ich bitte dich!
Schüze die, wehr' ab Gewalt! Indessen hol' ich meinen Herrn.

Dämones. Suche, bring' ihn!

Trachalio.                             Aber der hier –

Dämones.                                                       Wenn er sie mir nur berührt,
Soll der Henker ihn –

Trachalio.                           Im Ernste?

Dämones.                                             Wird nicht fehlen. Eile nur!

Trachalio. Auch auf ihn gib Acht, damit er nicht entwischt. Denn ich versprach
Heut ein schwer Talent dem Henker, oder liefr' ich diesen ihm.
(er geht ab.)

Fünfte Scene.

Dämones. Labrax. Palästra. Ampelisca. Knechte.

Dämones. Jezt, Kuppler, willst du, nun die Wahl dir offen steht,
Mit Schlägen oder ohne Schläge ruhig sein?

Labrax. Ich, Alter, achte, was du sagst, nicht einen Deut.
Die Meinen reiß' ich, dir, der Venus und dem Zeus
Zum Troz, am Haare vom Altar.

Dämones.                                           Ja, rühre sie
Nur an!

Labrax.       Bei Gott, sogleich!

Dämones.                                   Wohlan denn, komm heran!

Labrax. (auf die beiden Knechte zeigend)
Die Beiden laß ein bischen auf die Seite geh'n!

Dämones. Nein, näher treten sollen sie!

Labrax.                                                   So meint' ich's nicht.

Dämones. Was thust du, geh'n sie näher?

Labrax.                                                     Dann tret' ich zurück.
Doch treff' ich einmal in der Stadt auf dich, o Greis,
So nennt fürwahr kein Mensch mich einen Kuppler mehr,
Wenn ich dich nicht heimschicke ganz mit Schmach bedeckt.

Dämones. Dann thu mir Alles, was du drohst. Doch wenn du sie
Jezt auch nur anrührst, trägt es dir viel Prügel ein.

Labrax. Wie viele denn?

Dämones.                         So viele, wie's ein Kuppler braucht.

Labrax. All deine Drohungen, Alter, acht' ich keinen Deut.
Zum Troz dir raub' ich Beide.

Dämones.                                       Rühre sie nur an!

Labrax. Das thu' ich.

Dämones.                   Rühre sie doch an! Doch weißt du, wie?
(zu einem Knecht)
Geh du hinein, Turbalio, bring' uns ungesäumt
Zwei Keulen.

Labrax. (für sich)  Keulen?

Dämones.                           Aber tüchtige. Laufe schnell!
(der Knecht geht. Zu Labrax)
Ich will dich heut empfangen, wie du's würdig bist.

Labrax. (für sich)
Weh mir!
Ich armer Schuft verlor im Schiffe meinen Helm.
Jezt wär' er mir willkommen, hätt' ich ihn zur Hand.
(zu Dämones)
Darf ich die Mädchen mind'stens doch anreden?

Dämones.                                                                     Nein.
Ei sieh, da kommt mein Keulenträger recht erwünscht.

Labrax. (für sich)
Schon tönt's in meinen Ohren hell wie Glockenklang!Der Kuppler hört schon zum voraus die Schläge sausen.

Dämones. Tritt her da, Sparax, nimm die andre Keule da.
Wohlan! Der Eine stehe hier, der Andre dort!
(er stellt den Turbalio und den Sparax zu beiden Seiten des Altars.)
Nicht weiter rührt euch! Recht so! Nun vernehmt von mir:
Wenn der da die da (auf den Labrax und die Mädchen deutend)
                                  wider ihren Willen nur
Mit dem Finger anrührt, und ihr ihn mit diesen da
(auf die Keulen deutend)
Nicht so bewillkommt, daß er nicht nach Hause weiß,
Seid ihr verloren beide! Wenn er Eine dann
Anspricht, erwidert ihr ihm statt der Mädchen da;
Und will er selbst von hinnen, dann umklammert ihm
Mit Knitteln beide Beine gleich, so fest ihr's könnt.

Labrax. Auch nicht von hinnen sollen sie mich lassen?

Dämones. (zu den Knechten)                                           Ihr
Versteht mich! Kommt der Sklave dann mit seinem Herrn,
Der fortging, ihn zu holen, geht sogleich in's Haus;
Besorgt mir Alles recht genau, wenn's euch gefällt.
(geht ab.)

Sechste Scene.

Labrax. Palästra. Ampelisca. Knechte.

Labrax. Ei, ei! Wie schnell der Tempel sich verwandelt hat!
Gehörte sonst der Venus, jezt dem Hercules.
Drum stellt der Alte zwei Statü'n mit Keulen auf.Zwei Statüen, nämlich des Hercules, welchem die beiden Sklaven mit ihren Keulen gleichen, die sie drohend in den Fäusten tragen.
Fürwahr, ich weiß nicht, wo hinaus ich fliehen soll.
So wüthet Beides, Land und Meer, jezt gegen mich.
Palästra!

Ein Knecht.   Nun, was willst du?

Labrax.                                         Lassen wir den Streit!
Palästra, die hier eben sprach, ist meine nicht.
He! Ampelisca!

Der andere Knecht.   Nimm vor Schlägen dich in Acht!

Labrax. (für sich)
Wie's möglich ist! Die Schufte geben guten Rath.
(er wendet sich an die Knechte)
Euch red' ich an, euch. Höret! He! Beschwert es euch,
Tret' ich den Mädchen näher?

Der erste Knecht.                         Uns beschwert es nicht.

Labrax. Wird mich's beschweren?

Der andere Knecht.                       Nimmst du dich in Acht, o nein!

Labrax. Wovor in Acht?

Der erste Knecht. (auf die Keulen zeigend)
                                Vor einem dicken Ungemach.

Labrax. Ich bitte, laßt mich näher hin!

Der andere Knecht.                             Wenn dir's beliebt.

Labrax. Das nenn' ich schön, fürwahr! Ich sag' euch großen Dank.
Jezt tret' ich näher. (er geht auf die Mädchen los.)

Der erste Knecht. (bedroht ihn mit der Keule)
                                Nein, du bleibst zur Stelle steh'n!

Labrax. Bei Gott, in allewege kam ich übel weg!
Die muß ich heute zwingen durch Belagerung.

Siebente Scene.

Pleusidippus. Trachalio. Palästra. Ampelisca. Labrax. Die Knechte. Später auch Charmides.

Pleusidippus. (zu Trachalio)
Mein Mädchen wollte mit Gewalt der Kuppler mir
Von Venus' Altar reißen?

Trachalio.                                 So geschah es, Herr.

Pleusidippus. Was brachtest du nicht gleich ihn um?

Trachalio.                                                                 Mir fehlt' ein Schwert.

Pleusidippus. Doch gab es Knittel, Steine gab's.

Trachalio.                                                           Wie einen Hund,
Fiel' ich mit Steinen einen Menschen an?

Pleusidippus.                                                   Den Schuft?

Labrax. (für sich)
Ich bin des Todes! Pleusidippus seh' ich da:
Der fegt mich samt dem Staube ganz zum Haus hinaus.

Pleusidippus. Und saßen auch noch, als du mich zu holen gingst,
Die Mädchen am Altare?

Trachalio.                               Ja, noch sind sie da.

Pleusidippus. Wer schüzt sie dort?

Trachalio.                                       Ein alter, mir ganz fremder Mann,
Der Venus' Nachbar. Dieser that uns guten Dienst.
Er wacht mit seinen Knechten; ich befahl sie ihm.

Pleusidippus. Gradaus zum Kuppler führe mich! Wo steckt der Mensch?

Labrax. (zitternd)
Ich grüße –

Pleusidippus.     Weg mit deinem Gruß! Schnell wähle dir,
Ob man dich köpflings reißen oder schleppen soll.
Was willst du? Wähle, solang du kannst!

Labrax.                                                             Von Beiden keins.

Pleusidippus. Geh hurtig an das Ufer hin, Trachalio.
Bedeute jenen, die ich heut herausgeschleppt,
Um den (auf Labrax zeigend)
              dem Henker abzuliefern, daß sie mir
Am Thore drinnen in der Stadt entgegengeh'n.
Dann kommst du wieder, übernimmst die Wache hier;
Ich schleppe den entlaufnen Schurken vor Gericht.
(zu Labrax)
Fort! Vor den Richter!

Labrax.                               Was verbrach ich denn?

Pleusidippus.                                                             Du fragst?
Du, der das Angeld für das Mädchen nahm von mir,
Und sie davonführt?

Labrax.                           Nicht davon –

Pleusidippus.                                         Was läugnest du's?

Labrax. Nein, nur hinausführt; konnte nicht davon mit ihr.
Ich sagte dir, bei'm Venustempel würdest du
Mich treffen: hielt ich nicht mein Wort? Da bin ich ja.

Pleusidippus. So rede vor dem Richter: hier braucht's weiter nichts.
Komm mit!

Labrax.             O eile mir zu Hülfe, Charmides!
Man schleppt mich an der Kehle fort.

Charmides. (der sich am Meeresufer ein Lager bereitet hatte, kriecht jezt unter dem Schilfe hervor)
                                                            Wer ruft mich hier?

Labrax. Sieh, wie man mich fortschleppt!

Charmides.                                                 Ich seh's, und seh' es gern.

Labrax. Du wagst mir nicht zu helfen?

Charmides.                                           Wer denn schleppt dich fort?

Labrax. Der Pleusidippus.

Charmides.                       Wie du's hast, so nimm es hin.
's ist besser, wenn du gutes Muths in den Kerker gehst.
Dir ist geworden, was so Mancher sehnlich wünscht.

Labrax. Was wäre das?

Charmides.                   Nun, daß er findet, was er sucht.

Labrax. Komm mit, ich bitte.

Charmides.                             Wie du selbst bist, räthst du mir.
Dich schleppt man in den Kerker, und du willst, ich soll
Dir folgen. Wie? Du hältst mich gar? (er macht sich von ihm los.)

Labrax.                                                     Ich bin des Todes!

Pleusidippus.                                                                           Wär' es wahr!
Palästra du und Ampelisca, bleibet hier,
Bis ich zurück bin,

Ein Knecht.                   Lieber, mein' ich, sollten sie
In unser Haus geh'n, bis du wiederkommst.

Pleusidippus.                                                       Ja, ja!
Recht klug!

Labrax. (zu den Knechten)
                    Ihr seid mir Diebe!

Ein Knecht.                                       Diebe?

Pleusidippus.                                                 Fort mit ihm!

Labrax. Bitt' ihn, Palästra, sprich für mich!

Pleusidippus.                                                 Fort, Henkersknecht!

Labrax. (zu Charmides)
Mein Gast!

Charmides.       Bin nicht dein Gast, will nichts von deinem Tisch.

Labrax. Verschmähst du so mich?

Charmides.                                   Freilich. Einmal trink' ich nur.Anspielung auf den Schiffbruch. Ich fuhr nur einmal mit dir, und da wäre ich bald ertrunken; jezt habe ich keinen Durst mehr.

Labrax. Daß dich ein Gott verdamme!

Charmides.                                           Wünsche das dir selbst!
(der Kuppler wird von den Knechten fortgeführt. Pleusidippus folgt.)
In eine Bestie, denk' ich, wird ein jeder Mensch
Verwandelt, und der Kuppler wird zum Hund dereinst.
Nicht lange dauert's, und er sizt im Hundeloch;
Da kann er immer heute noch sein Nest sich bau'n.
Doch will ich gehen, vor Gericht ihm beizusteh'n,
Daß ihn der Richter schneller noch durch mein Bemüh'n
Dem Pleusidippus zuerkennt als Eigenthum.


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