Plautus
Pseudolus
Plautus

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Dritter Act.

Erste Scene.

Ein Knabe, Sklave des Ballio.

Der Knabe. Wen Gott zu einem Kuppler gibt in Dienstbarkeit,
Und straft er ihn noch obendrein mit Häßlichkeit,
Dem Burschen gibt er, wie ich's jezt erfahren muß,
Des Ungemaches wahrlich und des Kummers viel.
So geht's in meiner Sklaverei, wo jeder Art
Von Diensten, klein und großen, man mich vorgesezt.
Auch kann ich Niemand finden, der mich liebte, mir
Mein Leben auch ein bischen nur verschönerte.
Heut ist des Kuppler's Wiegenfest; da droht' er denn
Jedwedem schon, vom Kleinsten bis zum Größten, an,
Wer kein Geschenk ihm heute bring' an solchem Fest,
Dem bürd' er morgen alle Qual und Marter auf.
Nun weiß ich, traun, in meiner Lage keinen Rath:
Was Leute, die es können, thun, das kann ich nicht.
Und kriegt der Kuppler heute kein Geschenk von mir,
So muß ich morgen Walkerseife[mit einer Mineralerde (Walkerde) versetzte Seifenlösung] trinken. Ach!
Wie bin doch ich für solche Strafe noch zu klein!
Gott! Wie entsezlich fürcht' ich Armer mich vor ihr!
Schlägt Einer mich, der starke, schwere Hände hat, –
Wiewohl's mit manchem Ach geschieht, verbeiß' ich doch
Den Schmerz, und knirsche lautlos mit den Zähnen nur.
Doch jezt verschließ' ich meinen Mund und schweige still;
Da kommt mein Herr vom Markte mit dem Koch zurück.

Zweite Scene.

Ballio. Ein Koch. Der Knabe.

Ballio. Die Leute, die von einem Kochmarkt reden, sind
Recht dumm; ein Kochmarkt ist es nicht, ein Diebesmarkt.
Denn schwür' ich auch, zu suchen einen Bösewicht,
Ich triebe keinen schlimmern auf, als diesen Koch,
Der schwazt und prahlt, ein ungesalzner Taugenichts.
Deßwegen hat der Orkus ihn noch nicht geholt,
Damit er für die Todten kocht das Leichenmahl.Am neunten Tage nach der Beerdigung einer Leiche wurde dem Todten zu Ehren ein Todtenmahl (silicernium) gehalten, wobei nur gewisse Speisen, und für diese gewisse Köche üblich waren. Ballio will sagen: der Koch, den ich gedungen habe, ist ein Leichenkoch, der nur für Todte genießbar kochen kann.
Denn der allein kann kochen, wie's den Todten schmeckt.

Der Koch. Wenn du für den mich hieltest, den du da beschreibst,
Was hast du mich gedungen?

Ballio.                                           Nun, aus bloßer Noth;
Kein Andrer war zu haben. Doch was saßest du
Allein am Markte, wenn du solch ein Meister bist?

Der Koch. Ich will dir's sagen: durch den Geiz der Menschen nur
Ward ich zum schlechten Koche, bin's nicht durch mich selbst.

Ballio. Wie kam denn das?

Der Koch.                         So höre! Wer zu Markte geht,
Um einen Koch zu miethen, der sucht nie zuerst
Den besten und den theuersten; nein, er miethet den,
Der um den möglich kleinsten Preis zu haben ist.
Deßwegen saß ich heut allein am Markte fest;
Die armen Schlucker gingen für ein Drachmenstück;
Mich kann zum Aufsteh'n nur das Doppelte locken. Auch
Bereit' ich nicht das Essen, wie die Anderen,
Die ganze Wiesen auf die Tafel stellen, Gras
Den Tischgenossen bieten, als bewirtheten
Sie Kühe, dann zu diesen Kräutern andre thun,
Auch Koriander, Fenchel, Knoblauch, braunen Kohl;
Auch thun sie Mangold, Ampfer, Melde, Salat dazu,
Und brühen's an mit einem Pfunde Teufelsdreck.
Und obendrein noch reibt man den verwünschten Senf,
Der aus dem Auge Thränen preßt dem Reibenden.
Die Art von Leuten koche für sich selbst das Mahl!
Denn nicht Gewürze thun sie dran, nein, Galgenkraut,
Das fressend an des Gastes Eingeweiden zehrt.
Drum leben auch die Leute hier so kurze Zeit,
Da sie den Bauch mit solchen Kräutern stopfen, die
Schon schrecklich sind zu nennen, nicht zu schmecken nur.
Woran das Vieh sich nicht vergreift, das ißt der Mensch.

Ballio. Nun? Du bedienst dich göttlicher Gewürze wohl,
Womit der Menschen Leben du verlängern kannst,
Daß du die andern also schmähst?

Der Koch.                                             Das kannst du kühn
Behaupten; denn zweihundert Jahre leben wohl,
Die Speisen essen, die von mir bereitet sind.
Denn wenn ich Cicilender in die Schüsseln gab,
Sancaptis, Macis, oder SipolinderAlle hier genannten Gewürze (Cicilender, Macis, Happalops u. s. .) sind nur im Gehirne des Kochs gewachsen. auch,
Alsbald entzünden diese Schüsseln sich von selbst.
Das sind Gewürze für Neptunus' HeerdenNeptunus' Heerden sind die Thiere des Meeres im Gegensaze gegen das Landvieh V. 47 [nächster Vers]. nur;
Das Fleisch des Landviehs würz' ich mit Cataractria,
Mit Happalops und Cicimander.

Ballio.                                                 Daß doch Zeus
Und alle Götter mit den Würzen allzumal
Und deinen Lügen allen dich vernichteten!

Der Koch. So laß mich doch ausreden!

Ballio.                                                   Red' und packe dich
Zum Geier!

Der Koch.         Wenn nun alle Schüsseln kochen, ja,
Dann öffn' ich alle; der Geruch steigt unverweilt
Mit gleichen Händen in den Himmel auf

Ballio.                                                             Geruch
Mit gleichen Händen?

Der Koch.                           Ich versprach mich unbewußt.

Ballio. Wie so?

Der Koch.         Mit gleichen Füßen wollt' ich sagen. Zeus
Genießt zum Mahle den Geruch an jedem Tag.

Ballio. Was speist der Zeus denn, wenn du nirgends kochen gehst?

Der Koch. Er legt sich nüchtern schlafen.

Ballio.                                                       Geh zum Rabenstein!
Dich soll ich heute zahlen wohl für dies Geschwäz?

Der Koch. Ich gebe zu, ich bin der Köche theuerster;
Doch mach' ich auch, was dieses Preises würdig ist,
Wozu man mich gedungen.

Ballio.                                       Zum Bestehlen, ja!

Der Koch. Verlangst du irgend einen Koch zu finden, der
Nicht eines Geiers oder Adlers Klauen hat?

Ballio. Verlangst du, daß man irgendwo dich kochen läßt,
Und nicht mit festgebundnen Klau'n zu kochen zwingt?
(er wendet sich an den Knaben )
Nun also, du, mein Junge, dir befehl' ich jezt,
All mein Geräth schaff' ohne Säumen aus dem Weg;
Dann hefte deine Augen auf die seinen stets;
Wohin er seh'n wird, dahin sieh auch du zugleich;
Wenn er wohin geht, geh mit ihm in gleichem Schritt.
Streckt er die Hand aus, strecke dann auch deine vor;
Wenn er vom Seinen Etwas nimmt, so laß es ihm;
Nimmt er von uns was, halt's am andern Ende fest.
Geht er, so geh, und steht er, steh auch du zugleich;
Und bückt er sich zur Erde, bücke dich mit ihm.
Auch jedem seiner Helfer geb' ich Wächter bei.

Der Koch. Sei gutes Muths nur.

Ballio.                                       Sage mir, ich bitte dich,
Wie kann ich gutes Muthes sein, so lange du
In meinem Haus bist?

Der Koch.                         Weil ich durch mein Süppchen heut
An dir bewirken werde, was an PeliasNicht Pelias, sondern Aeson, König von Thessalien, war es, an dem Medea, auf die Bitte seines Sohnes Jason, ihre verjüngende Kunst übte. ,
Dem Alten, einst Medea that: sie wandelte
Durch giftige Tränke, wie man sagt, durch Zauberei'n
Ihn aus dem abgelebten Greis zum Jüngling um.
So mach' ich dir's.

Ballio.                           Hu! Bist du denn Giftmischer auch?

Der Koch. Im Gegentheil, ich bin ein Menschenretter.

Ballio.                                                                           Halt!
Wie viel verlangst du, wenn du mich Eins kochen lehrst?

Der Koch. Was?

Ballio.                 Das dich abhält, daß du mir nichts stehlen kannst.

Der Koch. Wenn du mir traust, zwei Drachmen; sonst um keinen Preis.
Doch denkst du deinen Freunden oder Feinden heut
Ein Mahl zu geben?

Ballio.                             Meinen Freunden, mein' ich wohl.

Der Koch. So lade lieber Feinde doch als Freunde; denn
Ich werde deinen Gästen heut ein solches Mahl
Zurichten, es durchwürzen so mit Lieblichkeit,
Daß jeder, was er für Gerichte kosten mag,
Sich seine Finger alle drob zernagen soll.

Ballio. Ich bitte dringend, eh du was den Gästen gibst,
Daß du mit deinen Helfern es vorher versuchst,
Damit ihr selbst die Diebesfinger euch zernagt.

Der Koch. Du glaubst vielleicht nicht, was ich dir jezt sagen will.

Ballio. Sei still einmal; dein vieles Schwazen hab' ich satt.
Dort wohn' ich, sieh! Da geh hinein und koche schnell
Dein Mahl.

Der Koch.         Geh nur zu Tische, rufe die Gäste her!
Denn schon verdirbt das Essen.
(er geht in's Haus, während Pseudolus von weitem sich nähert.)

Ballio.                                               Seht einmal die Brut!
Auch dieser Gauner leckt dem Koch die Schüsseln nach»Er leckt dem Koch die Schüsseln nach,« was der Koch auf dem Teller übrig läßt, leckt er vollends ab, oder trägt es weg. .
Wovor ich erst mich hüten soll, das weiß ich nicht.
Im Haus die Diebe; nahe steht der Raubgesell.
(auf Pseudolus deutend)
Mein Nachbar hier, des Kalidorus Vater, bat
Mich neulich auf dem Markte ganz inständiglich,
Vor seinem Knechte Pseudolus auf der Hut zu sein,
Ihm nicht zu trau'n. Der gehe heute damit um,
Die Dirne mir wo möglich abzujagen; fest
Und feierlich hab' ihm der Sklave zugesagt,
Durch List mir abzuführen die Phönicium.
Ich geh' hinein, bedeute meinen Leuten dort,
In keinem Stücke doch zu trau'n dem Pseudolus.
(er geht in das Haus.)


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