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Auf dem Wege zu Neu-Berlin

Auf dem Wege zum neuen Berlin hat die Reichshauptstadt mancherlei Stationen durchlaufen müssen. Da war erst das »tolle Jahr« 1848, das mit dem vormärzlichen Biedermeiertum etwas aufräumte – ganz aufräumen konnte es nicht. Jahrzehntelang waren die Lebensverhältnisse noch recht biedermeierlich. Und Reste des Biedermeiertums haben sich lange in Berlin erhalten. Das Droschkenfuhrwerk ist ja immer noch nicht ganz von den Straßen Berlins verschwunden. Der Schusterjunge allerdings – und Nante, der Eckensteher, sind ausgestorben.

Auch die Hökerin hat sich in eine Handelsfrau umgewandelt. Dafür aber haben sich allerlei Typen in Zeitschriften und Zeitungen eingefunden, die manche Seiten des Berlinertums literarisch sehr scharf in den Vordergrund brachten und auch ganz wesentlich für die Zeitgeschichte sind.

Im Vormärz war die Bevölkerung erregt über die Vereitelung der Träume vom geeinten Deutschland, über Polizeiwillkür und ängstliche Geheimniskrämerei der Beamtenschaft. Als Friedrich Wilhelm IV. den Thron bestieg, hofften alle auf bessere Tage. Es kam doch eine gewisse Pressefreiheit. Den Wünschen der öffentlichen Meinung wurde entgegengekommen. Doch der erste Jubel über diesen Umschwung wich bald bitterer Enttäuschung. Die Bürokratie ließ sich nicht vom König beiseite drängen. Erst schwieg die Beamtenwelt das Elend der schlesischen Weber tot und kümmerte sich nicht um den Hungertyphus in Oberschlesien. Dann ging sie mit grausamen Strafen vor. Romantische Dombaupläne, Ordensstiftungen, Adelsgesetze und vieles andere forderten den Spott heraus und erregten die Gemüter. Die besten deutschen Männer waren unzufrieden und wünschten eine Änderung. So kam es zu der Bewegung 1848. Sie brachte eine Unzahl von witzigen Flugschriften und Zeitschriften hervor. Nur wenige von ihnen haben sich längere Zeit erhalten – und nur eine von ihnen hat die Jahrzehnte bis heute überdauert: Der Kladderadatsch. Der Titel soll ihm von dem Possendichter David Kalisch gegeben worden sein, als ein Hund in einem Weinlokal den Tisch umriß und die Gläser klirrend zu Boden fielen: Kladderadatsch!

A. Hofmann, der Verleger der Zeitschrift, wußte alle bedeutenden satirischen Schriftsteller jener Zeit an seinen Verlag zu fesseln. Glaßbrenner, Ernst Dohm, Löwenstein, H. Wachenhusen und andere. Sie betätigten sich ebenso in politischer Satire wie auch in harmloserem Humor. Und als im Juli 1848 »Schulze und Müller« zum erstenmal im Kladderadatsch auftauchten, waren mit ihnen die Ahnen jener Berliner Typen geschaffen, die als Nunne, Paula Erbswurst, Wippchen, Frieda Klapperschlange usw. in den humoristischen Zeitschriften ebenso dem politischen wie dem unpolitischen Scherz dienten. Schulze und Müller hatten gleich bei ihrem ersten Auftreten beiden zugleich gedient. In ihren Dialogen tauchten feuilletonistische Tendenzen auf, die nicht nur rein politisch-kämpferischer Natur waren. Das beweisen gleich die ersten Dialoge, die zwar nicht alle unter Müller und Schulze liefen, aber trotz anderer Namen echte »Müller und Schulze« waren.

Sie und alle ihre Vettern und Neffen und Enkel begleiten den Werdegang Berlins mit ihren Dialogen, Briefen und Randbemerkungen.

Und dann wurden natürlich unzählige Witze und Schnurren gemacht. In der Mitte des Jahrhunderts standen besonders das Theater und die Theaterpersönlichkeiten im Vordergrund. Das Theater wurde gefördert, um die Berliner von der Politik abzulenken. Auch die Droschke, die Höker und andere biedere Persönlichkeiten gaben Zielscheiben ab für den Witz und Spott. Behäbiger Humor wie bei Stinde, Fechner und Seidel erinnert an jene uns unerreichbar ruhig erscheinende Jahrzehnte, als es zwar schon Schutzmänner, Omnibusse, Stadtbahn und Pferdebahn gab, als aber noch keine Untergrundbahn durch die Stadt sauste, trotzdem doch »Berlin schon Weltstadt geworden war«.

Inzwischen haben wir Autobusse, Lastkraftwagen, Kinopaläste und viele andere Paläste. Anstatt der Schutzmänner haben wir Sipo. Der Witz und Humor ist aber Gott sei Dank nicht mit den Droschken und Eckenstehern in die Vergangenheit versunken. Er hat nur andere Objekte hinzugenommen, ist vielleicht manchmal kürzer und kräftiger. Aber: Die kürze war ja immer des Berliner Witzes Würze.

Schultze und Müller.

Die drei folgenden Dialoge sind die ersten dieser Art, die den »Schultze und Müller« berühmt machten. Sie erschienen in Nr. 9 des »Kladderadatsch« von 1848 und beweisen, daß schon Anfang Juli 1848 der Berliner Witz nicht mehr rein politisch war. Der erste Dialog spielte auf die ablehnende Antwort an, die der König gab, als man ihn aufforderte, wieder von Potsdam nach Berlin zu kommen. Auch II und III sind typische Schultze- und Müller-Dialoge, wenn auch andere Namen eingesetzt sind. Der erste Dialog stichelt den König, der nicht aus Potsdam nach Berlin kommen wollte: der zweite bespöttelt Zeiterscheinungen und die Unklarheit mancher Bürger.

I.

Schultze: Also er will wirklich nich kommen –

Müller: Na, er will nu emal nich kommen –

Schultze: Na, wenn er aber durchaus nicht kommt?

Müller: Nu, da holen se sich'n –

Schultze: Ja, wenn se'n nu aber erst geholt haben? –

Müller: Ja, da behalten se'n.

Schultze: Ja, wat haben se nun aber, wenn se'n behalten? –

Müller: Ja, det is wahr, wenn se'n behalten, da haben se ooch nischt!

Kladderadatsch 1848, 9.

II.

Kielmeier: Wat treiben Se denn egentlich jetzt, Strobelweber?

Strobelweber: Ick bummle!

Kielmeier: Ja, von wat leben Se nu aber?

Strobelweber: Von 't bisken, wat noch da is!

Kielmeier: Ja, aberst denn?

Strobelweber: Dann jeht allens ufs Leihamt.

Kielmeier: Ja, aberst denn?

Strobelweber: Dann verkoof ich de Pfandscheine.

Kielmeier: Ja, aberst denn?

Strobelweber: Ja dann, da haben Se Recht, denn kann et sehr eklig werden!

*

III.

Pliemükke: Na sagen Se mal, Bohnhammel, sind Sie für die absolute Monarchie?

Bohnhammel: Ne.

Pliemükke: Na, denn sind Sie wohl Constitutioneller?

Bohnhammel: Ne.

Pliemükke: Oder Demokrat uf breite Jrundlagen?

Bohnhammel: Ne.

Pliemükke: Na, sind Se Republikaner?

Bohnhammel: Ne.

Pliemükke: Nu, wat Deibel, wat sind Se denn?

Bohnhammel: Ick bin Sattler.

*

Wo brennt's?

Die Zeit der alten Feuereimer ist zum Glück vorbei. Aber noch um die Mitte des vorigen Jahrhunderts mußten diese ledernen oder hanfgeflochtenen plumpen Dinger schleunigst von allen Seiten herbeigeholt werden, wenn's irgendwo in der Nähe brannte. Denn die beiden Eimer in dem vom Feuer erfaßten Haus reichten natürlich nicht aus – da mußten schon die Nachbarn helfen. Und was war das für ein schreckliches Geblase und Getute, das die Nachtwächter ihren Hörnern entlockten! Dazu noch die Trompetensignalrufe von den paar Militärwachen der Stadt. Kein Wunder, wenn da die ehrsamen Bürger grausam aus ihrer wohlverdienten Ruhe gerissen wurden! Überall öffneten sich klirrend die Fenster, und es erschienen verstörte und bleiche Gesichter, unter Zipfelmützen und Nachthauben. Ängstlich ertönte die Frage: »Wächter, wo brennt's?« Da mußten die eifrigen Feuerwerker wohl einen Augenblick ihr Trommelfell erschütterndes Getute unterbrechen. »Ja, det wissen wir selber och nich!« Kein Wunder, denn es gab noch keinen Telegraphen, nur der Türmer hing nach der Seite hin, wo es brannte, oder wo er Rauch aufsteigen sah, eine Laterne heraus.

Hanns Fechner: Mein liebes altes Berlin.

*

Am Zoll.

Da ist das Bild der dicken Frau Blisse, die breit und gemächlich auf ihrem Wagen sitzend, dem nach zollpflicht'gen Dingen forschenden Beamten auf die Frage: »Haben Sie wat zu verzollen?« prompt antwortete: »Jawoll! Zwee Schinken!« Und auf die Frage: »Na, wo haben Sie se denn?« mit grinsendem Gesicht erwiderte: »Ick sitze druff!« Eine lustige Anulkung jedenfalls die von der Schlagfertigkeit der Schöneberger zeugt. – Ganz anders als der arme verschüchterte junge Mann, der mit einer größeren Anzahl von Leuten im Torwagen das Mauthaus passierte. Ein plötzliches »Halt!« – mit einem Ruck steht der Wagen. Der bärbeißige Grünrock steckt sein grimmiges Gesicht durch die Tür und ruft barsch: »Hat hier jemand was Steuerbares?« Alles bleibt stumm. »Donnerwetter, bekomme ich denn keine Antwort?« und seinen Worten Nachdruck gebend, faßt er den zunächst sitzenden Jüngling kräftig am Rockärmel. Der aber stottert ganz ängstlich heraus: »Ja, wat soll ick denn antworten? Weeß ick denn, ob hier wer wat Steuerbares bei sich hat?« Mit einem Fluch schnappt der Zollbeamte ab ...

Da waren die Schöneberger Marktfrauen doch forscher. Später, als der Omnibus eine regelmäßige Verbindung zwischen Berlin und Schöneberg bildete, hatte inmitten einer Anzahl von Marktfrauen, die mit ihren Körben vor sich auf den Knien zur Stadt fuhren, ein junger Mann Platz genommen. Die Frauen hatten bald heraus, daß das in der Ecke des Wagens sorgfältig verstaute Paket mit altem Limburger Käse dem feinen Herrn gehöre. Auf die Entdeckung hin allgemeines mißbilliges Schnüffeln mit auf den Sünder gerichteten Nasen. Denn der Limburger mußte wirklich nach seinen Äußerungen sehr betagt sein. Als man sich der Stadt näherte, steckte der elegante junge Mann dem Kondukteur einen Trinkgeldsechser zu mit der Weisung, das anrüchige Paket beim Kaufmann an der Endhaltestelle für ihn abzugeben. Als er nun aber schleunigst wegen einer noch zu erledigenden Kommission absteigen wollte, packten ihn zwölf Frauenarme, drückten ihn kräftig auf seinen Platz zurück mit den Worten: »Nee, nee, Männeken, det jibt's nich – nee, nee, immer mitriechen!«

Hanns Fechner, »Mein liebes altes Berlin«.

*

Staub.

Müller: Also die Lucca hat das Amt einer Asylbazar-Verkäuferin aus dem Grunde abgelehnt, weil der Staub im neuen Rathaus nach ärztlichem Gutachten ihre Stimme angreifen könnte?

Schulze: Wozu so ville Worte? Sie hat einfach jesagt: Blast mir'n Stoob weg!

Kladderadatsch 13. 3. 1870.

*

Der Musikfreund.

Müller: Na, wie haste dir denn in de »Meistersinger« amüsiert?

Schulze: Himmlisch!

Müller: Is et möglich! Und die Zeitungen verreißen doch die Oper so, und sagen, sie würde keene »Tannhäuser« machen.

Schulze: Wer wird denn auf Rezensionen noch was geben? Auf die Alsenbrücke treten wir doch schon lange nicht mehr!

Müller: Na aber die Musik soll so langweilig sein!

Schulze: Ich kannte zwar vieles schon aus Konzerten, aber es bleibt doch immer wieder hübsch ( singt):

»Ich kann hacken,
Ich kann braten,
Ich kann backen
Mit dem Spaten,
Ich kann stricken,
Ich kann flicken ...«

Müller: Nanu?

Schulze ( singt): »Letzte Rose, wie machst du so einsam hier blühn?« – Das bleibt ja doch ewig neu!

Müller: Nu sag doch bloß, wann warst du denn in die Meistersinger?

Schulze: Nu letzten Sonntag, – acht Taler für drei Billets zweiten Rang mit Frau und Dochter.

Müller: Schafskopp! – Sonntag waren sie ja abgeändert in Martha! – Um sechs Uhr wurden die roten Zettel angeklebt.

Schulze: Um sechs Uhr war ich ja schon drin!

Müller: Is dir janz recht, warum jehste so früh rein.

Schulze: Man soll doch nicht zu spät kommen, weil das Sitzklappen die Vorstellung stört.

Müller: I, was jetzt das mir an! Nich eher bis die Lucca auf die Bühne draußen is und das Textbuch stimmt, muß man reinjehn, sonst fällt man rein!

Schulze: So is et! ( singt): »Martha, Martha, du entschwandest und meine acht Taler nahmst du mit.«

Kladderadatsch 10. 4.1870.

*

Nunne.

Jesetzten Falles, det Konsistorium fragte mir an Sydows Stelle: Lieber Mann, können Sie von eine Wurst ohne Pelle und Füllung satt werden – oder – jlauben Sie, daß der Storch sämtliche Kinder auf die Welt jebracht hat, und bloß Ihnen nich – oder – wer is jrößer, ein janz kleener Riese oder ein janz großer Zwerg – oder – leugnen Sie, daß juter Kognak im Winter kühlt und im Sommer wärmt – oder – jiebt's Menschen, die mehr als eine wirkliche Mutter haben – oder – halten Sie einen blinden Schimmel wirklich für ein rosenfarbenes Säugetier, welches hinten eben so jut sieht wie vorne – oder – jiebt es ein persönliches Wiedersehen vor der Jeburt – oder – kann ein preußischer Abgeordneter mit 3 Daler täglich auskommen – oder – wollen Sie dagegen streiten, daß die dummen Leute manchmal mehrstenteils den wenigsten Verstand haben – wenn sie mir die Fragen vorlegten, ich wüßte wahrhaftig nich, wat ich dem Konsistorium zu Jefallen d'ruf antworten sollte. Die Menschen sind ja zu komische Leute.

Ulk, 9. 1.1873.

*

Nunne.

Mit Verjnüjen ergreife ich die Zeitung und lese, daß die Majistrats-Mitjlieder für Droschken- und Omnibusfahrten in dienstliche Anjelejenheiten von ihrer Wohnung ins Rathaus und retour keine Spesen mehr liquidieren dürfen, das heißt also, daß sie auf Stadtkosten nicht mehr so ville Jeld verfahren sollen. Das is mal endlich ein Wort zu rechter Zeit. Es hätte man müssen ville früher anjeordnet werden, dann wäre so manche wichtige städtische Anjelejenheit von die Majistrats-Mitjlieder nich so verfahren worden. Die Menschen sind eben zu komische Leute.

Ulk, 27. 2. 1873.

*

Nunne.

Hierdurch empfehle ick mir einen hohen Adel und hochzuverehrendes Publikum als erjebenstes Jründungsobjekt aufs beste. Ick habe mir nämlich als öffentlicher Stiefelwichser mit roter Mütze niedergelassen, und jlaube somit den besten Jejenstand für einen Prospekt abzujeben. Keene Zeitung wird mir wat anhaben können, denn wenn sie auch mein Jeschäft noch so schwarz hinstellt, is es vor mir immer nur Reklame. Außerdem jehört zu dieses keen Kopp, sondern man bloß Beene. Da ick ferner meinen Schemmel bei die alte Münze aufzustellen jedenke, kann mit die jrößte Wahrhaftigkeit jesagt werden, daß ick ein Terrain im Mittelpunkt der Stadt besitze. Daß meine Firma nur mit Glanz bestehen kann, liegt in die Sache selbst, und wenn jejen Erwarten aus mir keene Dividende rauskommen sollte, bleibt vor die Jründer immer noch die Wichse, welche ihnen auch jeder jewiß gönnen wird: Na, wie wär's, Herr Bodenkredit? Det is so'n Jeschäftchen vor Ihnen. Vielleicht fallen noch mal 'n Paar d'ruf rin. Die Menschen sind ja zu komische Leute.

Ulk 3. 4. 1873 zur Gründermanie.

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Nunne.

Ick weeß ja nich, warum die Anhalt'sche Bahn immer noch so ville Unjlück passieren läßt. Det ließe sich doch so leicht abhelfen. Sie braucht man immer janz einfach jeden Zug eine halbe Stunde früher abjehn zu lassen, als es reglementsmäßig jeschehen soll. Die Passagiere kämen dann allemal zu spät auf den Bahnhof, der Zug wäre futsch, aber die Reisenden wären jerettet. Det is doch nu so einfach, aber es kommt niemand d'ruf. Ick hab' et ja immer jesagt, die Menschen sind eben zu komische Leute.

Ulk, 17. 7.1873

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Nunne.

Vorichten Sonntach war ick in de Sehzession, wo ick von die Menge Ölbilder janz sehkrank wurde. Ick begab mir also schleunigst in de nächste Destille und bestellte mir einen alkoholfreien Jilka. Een bisken bin ick nämlich von die Bromelei in Bremen anjestocken. Aber ick rechne mir zu die maßvollen Abstinenzler, indem ick dadruf halte, daß der Buffetjeh mir immer det volle Maß inschänkt. Bloß for janz ohne jeistige Jetränke kann ick mir nich bejeistern, denn ooch die Nüchternsten jeraten leicht in Thee! Det sieht man an die Sozis, die schwärmen for Fraternithee, Ejalethee und Liberthee, und denn halten se Brandreden, als hätten s'n schlimmsten Brand in die Kehle. Ick, der Nunne, habet aber immer jesagt: wenn der Mensch keenen Spiritus hat, wat soll er denn uff de Lampe jießen?

Ulk 24. 4.1903.

*

Nunne.

Wohin ick dieses Jahr reisen soll, hab' ick mir schon bei manche kleene Weiße mit Höhenluft überlejt. Aber verjeblich. In de Alpen wer' ick sicher sehkrank, wenn ick keene Aussicht habe, und an de See krieg' ick Alpdricken, wenn ick de hohen Rechnungen sehe. Wähl' ick'n Morrbad, treff' ick verleicht nich in't Schwarze, und mach' ick 'ne Kur an 'm Brunnen, bin ick womöglich der Krug, der jleich brechen muß. In Marienbad möcht' ick nich dicke dun un for Thale fehlt's an de Taler. So hab' ick mir entschlossen, an'm Pol zu jehn, sobald de Verkehrszweige dahin bequemer sind. Ick, der Nunne, hab' et aber immer jesagt: Warum in de Ferne schweifen? Sieh, der Nordpol liecht so nah!

Ulk 24. 7. 1903.

*

Nunne.

Die neien Hundertmarkscheine sind Abjeornten Dohrn een Dohrn im Oogg, und neilich jab er im Reichtag een janzes Verzeichnis von die Verzeichnungen uff den Schein. Ick meene nu, man soll nich bloß nach dem Schein urteilen. Wenn die mittelalterliche Jermania janz moderne Schuhe anhat, denn soll doch det bloß zeijen, det se weeß, wo ihr der Schuh drückt. Und die Kappe, die se uff'n Kopp hat, will nur besagen, det se manches uff ihre Kappe nimmt, wat nich nach unsern Jeschmack is. Und wat nu bei die hundert Emmchen die Embleme betreffen, so möchte ick erjebenst bemerken, det for die hundert Märker 'n Märkurstab janz anjemessen is. Und wenn die Banknote nur wejen det Format zu jroß is, denn helf' ick se jerne kleene machen. Ick der Nunne, hab' et immer jesagt: Bei sonnen Hundertmarkschein kommt et bloß uff die Kunst an – ihn zu haben.

Ulk 14. 4. 1911

*

Schreiben der Konfektionsdame Paula Erbswurst an die Börsenältesten. Zum Gründungskrach. Erster Brief der Paula Erbswurst im Ulk.

Berlin, den 20. November 1873.

Ew. Hochwohlgeboren!

Denn wer ist denn sonst daran schuld als Sie; doch ich will nicht vorgreifen.

Aber zweitausend Taler Gehalt für einen jungen Commis war wirklich zu viel, zumal er ein Jüngling war. Bei einer Jungfrau, meinetwegen wie ich, hätte es weniger ausgemacht.

Aber anständig waren sie, die kleinen Banquiören, sehr anständig, das muß ich bekennen. Uhr mit goldener nebst Samtjackett, von wem habe ich's denn, als von ihm? Na, am Ende, wie gesagt, er hatte es ja dazu, doch ich will nicht vorgreifen.

Freilich, unpraktisch waren sie gleichfalls, die Jungchens; meistenteils weil sie noch zu wenig Erfahrung hatten. So ist zum Beispiel mein blauseidenes – wissen Sie, das letzte von ihm – du lieber Himmel! Die Champagnerflecken gehen gar nicht mehr 'raus.

Wenn also so ein junger Mann aus einem Banquiergeschäft schon nicht gewußt hat, was er mit dem eigenen Gelde anfangen soll, geschweige denn mit dem seines Prinzipals.

Denn fixen allein ist keine Kunst, aber Differenzen bezahlt bekommen, das soll eine sein, meinte Julius immer.

Und nun auf einmal entlassen. Gehaltlos, wohnungslos, manchmal sogar auch in den meisten Fällen oft das tägliche brotlos.

Denn Sparen war doch nicht.

Und da wundern sich Ew. Hochwohlgeboren, daß an der Börse jetzt so viel Hüte, Schirme und Winterüberzieher nebst Cachez-nez gestohlen werden?

Ein Geschäft muß doch der Mensch treiben. Und da viele Leute nichts anderes gelernt haben als Börsenusancen, so stehlen sie eben jetzt.

Insofern es nämlich selbstverständlich an der Börse Usance ist, die Sachen ohne Aufsicht zu lassen. Ich meine nicht etwa – doch ich will nicht vorgreifen.

Ew. Hochwohlgeboren ärgern sich jetzt nur darüber, daß viele junge Leute, die mit Überzieher loco in die Hausse gehen – wie mein Julius zu sagen pflegt – auf diese Weise in reelleren Devisen, als in Aktien, arbeiten.

Ew. Hochwohlgeboren sind – wie mein Julius zu sagen pflegt – der nicht einmal ganz unrichtigen Ansicht, daß Ihnen an der Börse wenn schon, denn schon etwas anderes gestohlen werden kann, als jerade Ihre werten Überzieher.

Aber, wie mein Julius zu sagen pflegt, ist dieses Geschäft in Überzieher heutzutage noch das einzige, welches Deckung gewährt.

Ebenso, meinte Julius, brauchen die Herren jetzt keine Hüte, da sie ohnehin kopflos herumlaufen, doch will ich nicht vorgreifen.

Dieses sind, wie mein Julius in seiner geliebten Weise zu sagen pflegt, die Konsequenzen oder so muß es kommen.

Ein anderes Mal möchten Sie gefälligst bei Zeiten vorbeugen.

Das blauseidene werde ich färben lassen. Womit ich verbleibe

Ihre ergebenste aber mit Vorbehalt
Paula Erbswurst,
Hausvoigtei Platz, links.

Schreiben der Paula Erbswurst an den Redakteur des Ulk.

Berlin, den 3. März 1881.

Liebes Doktorchen!

Indem ja alles in der Welt eine große Ähnlichkeit hat, doch ich will nicht vorgreifen.

Ich kann es nicht anders leugnen, als daß gewiß jedes königlich vaterländische Herz in eine höhere Sphärenregion versetzt wird, wenn es den allgemeinen begeisterten Jubel und Trubel mit ansieht, sobald eine höchste Herrschaftlichkeit in das Zeichen des heiligen Ehestandes eintritt, nebst festliche Beleuchtung, Tribünen und Einzugsfeiern unter Glockenknall und Kanonengeläute, wobei man, selbst wenn man nur ein ganz weitläufig entfernter Patriot ist, eine schwellende Brust fühlt, indem es natürlich keinen Menschen unberührt läßt und jeder mitmacht.

Aber vielmehr nichtsdestoweniger muß ich es offen aussprechen, daß solche Feierlichkeiten doch auch ihre sehr schattigen Seiten haben, schon aus dem einfachen Grunde wegen des bösen Beispiels halber. Denn das bleibt nicht aus. Zum Exempel, das Gedränge.

Sehen Sie mal Doktorchen, wenn ein junges Mädchen, und sie gedenkt sich von ihrem ledigen Stande was man so nennt zu ehemanzipieren und macht zu diesem Zweck eine sozusagende Bekanntschaft, wo es aber mit der pekuniären Geldangelegenheit nur so bestellt ist, und er macht ihr den wohlgesetzten Antrag, und sie berechnet sich das, wo er doch nur soundso viel jährliches Einkommen hat, und denkt bei sich, wie es wohl möglich wäre mit so wenig eine Wirtschaft zu führen, wo es ordentlich zugehen soll und alles in gehöriger Sauber- und Properté, und sie gelangt dabei zu dem Resultatbeschluß, daß es unmöglich wäre, und er holt sie ab, um mit ihr nach dem Einzug zu gehen, und sie kommen an die Kranzlerecke oder Brandenburger Tor, und eine fürchterliche Menschheit, und sie hat die Haushaltung im Kopf und sagt zu ihm, es ist unmöglich, wir kommen nicht durch, da sagt er aber, dafür lassen Sie mich sorgen, ich bin stark, und nimmt ein zuverlässiges Exterieur an und drängt alles mit den Ellenbogen auf die Seite und quetscht sich richtig bis ganz vorn und sie sind wahrhaftig durch, da sieht sie hierin natürlich einen Fingerzeig von oben und hält ihm mit Erröten ihr Jawort hin, indem sie nun ein festes Vertrauen zu ihm hat und denkt, er ist der Mann dazu.

Aber nun kommen die Gewerke, doch ich will nicht vorgreifen.

Ich kann es nicht anders leugnen, daß sich diese bei so einer Einzugsfeierlichkeit sehr nobel ausnehmen, aber wenn sich das obige gemeinte junge Mädchen erst verheiratet hat, dann macht sich die Sache doch, wie man zu sagen pflegt sehr quasimater.

Zum Beispiel die Schlächter, die Linden lang, alle Achtung! Aber dieses sollte doch bloß für die fürstliche Hochzeit stattfinden. Wenn aber jenes junge Mädchen heiratet, und es geht ein bißchen knapp zu und alle Tage nur höchstens zweimal in der Woche ein halbes Pfund Fleisch und kommt zum Schlächter und kauft es, da ist er von dem Einzug her verwöhnt und sitzt immer noch auf demselben Pferde und gibt ihr so viel Beilage, daß sie vor lauter Knochen ganz auf den fleischlichen Zweck vergißt, welches doch eigentlich eine schlimme Lage ist.

Oder die Zimmerleute. Beim Einzug, i ja doch! Da tragen sie die künstlichen Modelle von schönen Treppen und Kirchen und Palästen; aber wenn jener junge Ehemann, und er sieht, er kommt nicht aus und geht zu seiner Prinzipalität wegen Gehaltszulage und trägt seine Bitte vor, da denkt der Zimmermann, daß er auch in diesem Falle etwas zeigen muß, aber er zeigt hier nur, wo er das Loch gelassen hat und die künstliche Treppe hat nur dadurch einen Wert, daß man auf ihr jemand hinunterwerfen kann.

Und ebenso geht es mit den übrigen Gewerken. Jedes junge Ehepaar muß sie haben, ganz egal, ob es hoch- oder nur wohlgeboren ist, aber wenn sie Unter den Linden stehen und Spalier bilden und dabei lauter kunstvolle Meisterstücke in die Höhe halten, während sie im Gegenteil, wenn sie zu dem bewußten jungen Paar kommen, wo sie von dem Einzuge her verwöhnt sind und denken, es gehört nun einmal zur Sache, etwas hoch zu halten, aber sie haben nichts weiter in der Hand, was sie zeigen könnten, als unbezahlte Rechnungen, da glaubt man gar nicht, was für ein schmerzlicher Unterschied darin liegt.

Doktorchen, tun Sie mir den Gefallen und setzen Sie deswegen mal was in Ihr Blatt. Sie wissen ja, ich bin keineswegs etwa dafür, daß man die Klassenunterschiedsdifferenz aufhebt, im Gegenteil. Ich verlange auch nicht, daß der Herr Oberbürgermeister mir, wenn ich mich einmal verheirate, bei meinem Einzuge eine feierliche Anrede hält, aber daß er mich etwa, wie das bei den meisten sonstigen Neuvermählten geschieht, statt dessen gerade ausgerechnet mit einem Steuerzettel begrüßt, das verlange ich ebenfalls nicht.

Darum Doktorchen, so ganz unter entre nous, das muß anders werden. Dieses überläßt Ihrem Scharfsinn mit Seelenruhe und Ergebenheit

Ihre kollegialste
Paula Erbswurst
Hausvoigtei Platz, links.

*

Vereinsscherze.

Um die musikalische Leitung unseres Vereins machte sich Paul Stern aus der Thumann-Zeichenklasse aufs beste verdient. Übrigens derselbe, der dann später das bis dahin von seinem Vater geleitete Mohrsche Konservatorium übernahm. Er arrangierte als Vorsitzender eine ganze Reihe gut gelungener Festlichkeiten, und mit Vergnügen erinnere ich mich eines unserer alljährlichen Stiftungsfeste, das ganz besonders hübsch gelang. Damals gehörten Anulkungen Richard Wagnerscher Kunst zu den beliebtesten Scherzen bei solchen Gelegenheiten. Und so führten auch wir in der »Urania« seligen Angedenkens – mancher wird sich des Liebhabermusentempelchens am Leipziger Platz gern erinnern – eine fröhliche Wagneroper auf. Der Maler Hans Holzbecher hatte sie sehr geschickt komponiert und dirigierte als »Hans Richter« sein Orchester, bestehend aus Vereinsmitgliedern und Musikhochschülern, übrigens recht beliebten Gästen unseres Vereins. In verschleierter Weise deutete das Programm an, daß Wagner der Vorstellung vielleicht selber beiwohnen würde. Und wie manchmal durch irgendeinen Zufall eine große Wirkung erzielt wird, so kam's auch hier. Franz Kruse, dessen Gesicht wir in dem alten schmutzigen Ankleideraum hinter der Bühne durch Bekleben mit Watte und Bemalen schön zurecht modellierten, war äußerst übelgelaunt und gewissermaßen mit recht; denn es war ihm eine mit Mastix angeklebte Augenbraue aus Versehen abgerissen worden. Jeder, der ein bißchen Bescheid mit derlei Dinge weiß, begreift, daß es fatal weh tut, wenn bei einer solchen Gelegenheit die Hälfte der wirklichen Augenbraue mit abgeht. Also Kruse streikte. Er wollte einfach nicht. Wir möchten einen andern bekleben, einem andern die Augenbraue ausreißen. Die Angelegenheit zog sich durch seinen Eigensinn etwas in die Länge, und mit Unbehagen hörten wir die Unruhe und das Rumoren der Gäste. Die große Menge ist zwar bei solchen Festlichkeiten nachsichtig; aber allzusehr darf der Leu doch nicht gereizt werden. Was tun? Um neun Uhr sollte die Mimik anfangen, und eben schlug es zehn. Stern als Leiter machte den Vorschlag, Kruse zu verhauen, wenn er sich nicht gutwillig bekleben lassen wolle, ich weiß es noch wie heute. Wir drangen aber zum Glück mit der Besänftigungstheorie durch; das Lärmen im Saal tönte immer bedenklicher. Schließlich mußte einer von uns hinaus vor die Rampe und in wohlgesetzten Worten dem Publikum mitteilen, Wagner sei eben angelangt, die Droschke vom Bahnhof habe Malheur gehabt. Nun müsse er sich einen Augenblick verpusten und eine Butterbemme essen, wolle dafür aber dann den Taktstock selber in die Hand nehmen. So ganz einig schien sich das Publikum doch nicht darüber, ob Richard Wagner nicht doch am Ende wirklich da sei. Warum auch nicht? Bei einem Künstlerfest? Schließlich war es doch ganz gut möglich und nicht bloß ein Bierulk. Eine für die Veranstalter qualvolle Viertelstunde verging aber noch, und wir mußten der gespannten Zuschauermenge ein zweites Bulletin ausgeben: Wagners Barett sei versehentlich auf dem Bahnhof zurückgeblieben, und ohne dieses könne er nicht dirigieren. Nun sei es aber gebracht worden. Diese Mitteilung wurde mit tosendem Beifall bejubelt, der sich jetzt noch verdoppelte und verdreifachte, als der Meister in täuschender Maske, mit Lorbeerkränzen überschüttet, vom Vorstand an das Dirigentenpult geleitet wurde. Endlich legte sich der frenetische Jubel. Wagner drückte seinem Kapellmeister Richter freundschaftlich die Hand, worauf der alsbald wieder hinter der quergezogenen Leinwand verschwand, die das verdeckte Orchester markieren sollte.

Nach den einleitenden Takten, dem Einsetzen des Hundingmotivs, mochte der eine oder der andere ganz hinten noch an den richtigen Wagner glauben. Als die Motive aber, musikalisch äußerst geschickt, in bekannte Volksweisen übergingen, gaben sich die Zuhörer mit Ausnahme einer alten schwerhörigen Jungfer keinem Zweifel mehr hin. Ein Riesen-Applaus brach los, den Wagner-Kruse zu dem Scherz benutzte, einen seiner aus der Tasche hervorgeholten Taktstöcke nach dem andern in der Aufregung des Taktierens am Pult zu zerschlagen und die Enden den abgesprungenen Stücken nach ins Orchester zu werfen. Selbst der fast noch ältere Scherz mit den Musikern, die mitten in der Ouverture zu spielen aufhören, weil sie ihre seit Wochen nicht ausgezahlte Gage verlangen, wurde gleichfalls stürmisch von den Zuhörern beklatscht. Durch ein herbeigerolltes Fäßchen Hofbraubier mußte der Meister schließlich die Gemüter seiner durstigen Leute versöhnen. Einen glänzenden schauspielerischen Abgang verschaffte sich der Pseudo-Wagner zum Schluß dadurch, daß er in dem Augenblick, wo Siegmund und Wiegelinde in Liebesnöten die Hütte betreten und das Orchester mit einem Wiegenlied einsetzte, den Hans Richter-Holzbecher begeistert umarmte und ihm einen seiner eigenen Lorbeerkränze auf den Kopf setzte.

Hans Fechner, Spreehans.

Wie ick mir amüsiert habe.

Erzählt von Lattenfritze.

Wie det so in Berlin is, der richtige Radau jeht erst nach Aschermittwoch los, un weil wir die polizeiliche Erlaubnis hatten, machten wir'n Maskenball mit Damens in de Alhambra. Ick saß in's Komitee un meente, mit'n ewigen Mikado is et nischt mehr, werfen wir uns mal uff det Mütologische, mit'n bißken olle Jriechen un Römer mang. Un richtig, ick erhalt'n Vertrauensvotum mit'n mütologischen Ball. De janze Gesellschaft abonnierte sich in de Leihbibliotheke uf'n kleenen Olymp von Petiskus, weil man die Müthologie nirgends besser kennen lernt, als aus de Jötterlehre.

Un nu jung et rin in de Kostüme, die manchmal in bisken knapp waren, wat aber stilvoll is un nich so ins Jeld looft.

Ick erschien als Merkur mit'n Aujasbesen, jing aber jleich in 'n Stentor über, weil der Janümed, bei dem ick immer Bier bestellte, mir immer Nektar bringen wollte, wat mir der Doktor verboten hat. Meine Schwester hatte et sich in den Kopp jesetzt, als die neun Musen zu kommen, un weil se man Jott sei Dank bloß eenen Kopp hat, hielt sie in der eenen Hand de Lyra, in de andere 'n Ariadnefaden un zwischen de Zähne 'n anjeknabberten Appel der Hesperiden. Sehr hübsch machte sich mein Freund Boske un seine Braut als Tantalus un Psüche. Sie hatte 'ne Tapisserie mit, die sie immer ufftrennte, weil det so in de Odüsseh vorkommt, un er joß eenen Leistbräu nach 'n andern in sein Danaidenfaß, wat mir so amüsierte, det ick'n klotzijen Hunger kriejte un immer 'n Stick erymathischen Eber ufftragen ließ.

Schlabitzen hätten Se sehn sollen! Een Odüsseus, wie er leibte und lebte, un so schlau un verschlagen, det er nachher mit de Zeche durchjing.

Zur Vorsicht, det ihm dabei nischt passierte, hatte er 'ne Herkuleskeule bei sich. Wie ihn nu Schnürpel, der als Vulkan jekommen war, druf ufmerksam machte, det des'n Stilfehler wäre, schimpfte er ihn trojanisches Ferd. Un denn wurden se handjemein, wobei Odüsseus uf Schnürpeln rumtrampelte, weil er schon immer mal uff'n Vulkan tanzen wollte. Un darüber lachte ick mir dermaßen die Kehle trocken, det ick, wie Kronos, 'ne janze Wieje voll Münchner Kindl verschlang.

Wat meine eijene Braut Ricke anbelangt, so hatte die 's verhältnismäßig bequem, weil se früher mal bei Hermes jedient hat. Sie sah so niedlich als Juno aus, un der Pfau wurde durch'n lebendigen Affenpintscher markiert. Übrijens habe ick Rieken den janzen Abend nich' an Arm jekriejt, weil se behauptete, se müßte doch als Juno mit Aeskulappen jehn, wat'n Jefreiter von's zweete Jarde war, an den ick mir aber nich rantraute, weil der'n Petiskus bloß flüchtij jelesen hatte, un immer mit'n Neptuns Dreizack rumfuchtelte.

Davor erwischte ick aber von Psüchen vier Küsse, indem mir Dieselbe mit Endimion verwechselte, wat mir so zu Koppe stiej, det ick nich nach Hause fand, sondern unterm Stadtbahnbogen schlafen mußte, wo mir der Schutzmann ufflas un mir in'n Olümp am Molkenmarcht Hausvogtei. ablieferte.

Et war beinahe zu vill Amüsemang vor eenen Abend!

Lustige Blätter.

*

Zur Theater-Gewerbefreiheit.

(Schreibebrief des Weißbierlokalbesitzers Bohnekamp an die Redaktion des Kladderadatsch aus der sogenannten Reaktionszeit, als das Theaterspiel gefördert wurde, um von der Politik abzulenken.)

Die Freundlichkeit, mit der Sie mein Weißbierlokal früher besucht haben, flößt mich die Hoffnung ein, keine Fehlbitte bei Ihnen tun zu dürfen, indem es wirklich so nicht mehr jeht. Von Tag zu Tag wird der Besuch bei mir gringer, denn am letzten Sonntag hatten wir schon 23, sage mit Worten dreiundzwanzig Theater in Berlin, wovon 17 auf die eine Seite Theaterzettel, auf die andere Seite Speisezettel, so daß es nicht lange dauern wird, und sie werden in die Soda-Buden Kommödie spielen. Und so kommt denn ooch jestern Abend einer zu mir, bestellt sich eine kleine Weiße und fragt mich: Wat jibt es denn? Ick denke natürlich, er meint: – »zu essen« und sage: Sauerbraten und Klöße! Nee, – sagte er, – ich meine, was heute Abend bei Ihnen gespielt wird? Schaafskopf, sag' ich – oder Klabbrias und Sechsundsechzig, es kommt ooch manchesmal Whisttisch zustande! – Unsinn! – sagte er, – ich meine ja nicht gejeut, – ich meine gespielt, jejaukelt, gemimt! – Das ist bei mir noch nicht! sag' ick. Na denn dank' ich! sagt er, nimmt seinen Hut und verduftet.

Zuerst lachte ich darüber, aber nachher, – wie's einem ja oft beim Theater jeht, – ärgerte ich mir, daß ich jelacht hatte, und konnte die janze Nacht nicht schlafen, bis ich meinen Plan fertig hatte, welchen ich mir, einem sehr jeehrten Herrn Doktor! zu unterbreiten die Ehre gebe, und um Ihre gütige Unterstützung bitte. Indem mir nämlich ebnfalls jetzt nichts übrig bleibt, als in meinem Lokal eine Bühne zu errichten. Suez cuique! sagt der Lateiner.

Nu hör' ich Sie allerdings in Jedanken sagen: mein lieber Herr Direktor Bohnekamm, wie steht es mit die Bildung zum Kommissionsrat?

So dürfen Sie aber nich verjessen, daß es heutzutage heißt: was ich nicht habe, haben andere! indem jetzt der Mensch bloß ein Jahr dienen will, und bis Secunda jeht, und ein Laufbursche von mir beim Messerputzen seinen Zähsar de Bello Caliko list, meine Köchin Auguste aber neulich im Kutscherkränzchen vor'n Frankfurter Dor den Viehkommt von Lettorjöhr verarbeitet hat, propper sag' ich Ihnen, objleich es eine Hosenrolle ist!

Also bin ich auf die Idee gekommen, daß ich mir jar keine Schauspieler angaschiren werden, sondern mit meinen Kelnern und Lehrjungen Komödie spielen werde.

Denn erstens, die juten Künstler sind nicht zu bezahlen und werden von den Theateragenten immer weggeräubert, und bei die schlechten Pajazküs wirft das Publikum mit Jänseknochen oder Mostrichtöpfe, weil das Material dazu vorhanden ist, wodurch aber die Illusion sehr leidet! Aus diesem Jrunde soll bei mir auch während die Vorstellung nicht jejessen werden, einmal weil ich die Leute auf die Bühne brauche, durch die lauten Bestellungen bei den Kelnern vieles von der Handlung verloren jeht, und zarte Liebesscenen durch »Kalbsnieren mit Kartoffelsalat« oder »Pökelfleisch mit Erbsen und Sauerkohl« gestört werden.

Was nun mein Repertoire betrifft, so werd' ick mir natürlich mit das Klassische nicht einlassen. Sondern vielmehr wollt ich hierin sehr jeehrter Herr Doktor um Ihren erjebensten Rat bitten, indem ich, unter uns jesagt, jlaube, daß so'ne Stücke, wie sie heute jeschrieben werden, jeder dumme Junge schreiben kann, und ich daher die Idee habe, mir Manches selbst zu machen! Denn was jehört denn eijentlich dazu? Da nehm' ich mir so 'n armen Literaten, setz' ihn hinten auf meine Kegelbahn, da stört ihm Keiner nicht, weil es jetzt zu kalt für die Jäste wird, futtere ihn mit Hülsenfrüchten, weil die nach Liebig des Jehirn am Besten erjänzen sollen, und sage ihm: Nu machen Sie mir mal 'nen Stoff, wie Eine in Moabit einjemauert wird, und denn besucht ihr der Pfaffe. Titel: Die Herrschaft des Mönchs. Schauerspiel mit Benutzung des Jaribaldi. Da rennen ja die Berliner vier Wochen nach! Das sieht sich sogar der Hof an! Und nu lassen Sie mir nur erst-Mal einen Prinzen drin jehabt haben, denn zieht sich det janze Proscöniums-Publikum von det Opernhaus und Schauspielhaus zu mir, und Wallner und Victoria werden Erbbejräbnisse! Aber es schlummert noch eine janze andere Idee in mir: Ich lass' die Jäste mitspielen, det Publikum, von die weiblichen Zuschauer wird die Schönste ausjeloost, und an die Kasse jesetzt, um det Eintrittsjeld nach Belieben einzunehmen.

Wer doppeltes Angtrö bezahlt, kann auf die Bühne rauf und mitmachen. Et jiebt ja zu viele Menschen, die gern mal 'n paar Ritterstiefeln anziehen möchten, und nu erst die Frauenzimmer. Panem et Circus Ciniselli! sagt der Lateiner, also bitt' ich Sie um Ihre Ansicht davon, und ob Sie mir, geehrter Herr Doktor, einen Prolog leisten wollen, weil ich doch gern mit einem Namen anfangen möchte, und ich mir gewiß dafür bei Ihnen zu Weihnachten dankbar erzeigen würde, indem er in Versehn sein kann, und Sie ja darin sagen konnten, daß es mir nur um die Kunst zu tun ist, indem dieses nämlich das ganze Geheimnis der Dramatik sein soll, daß immer was Anders kommt, als man erwartet, was jedoch in bezug auf Ihr Honorar gewiß nicht der Fall sein soll.

Der ich bin Hochachtungsvoll
Bohnekamm.

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Dagegen hatte der »Columbus« unseres Lehrers Werder, auf den wir die größten Hoffnungen setzten, nur einen Achtungserfolg, obgleich Seydelmann die Titelrolle meisterhaft gab, die Freunde wie rasend klatschten und den Verfasser wiederholt riefen. Die Schuld trug die unverhältnismäßige Länge des an poetischen Schönheiten reichen Dramas und der Mangel an Spannung, da der Stoff dem großen Publikum zu bekannt war. Als am Schlusse des höchst wirksamen zweiten Aktes Columbus und seine Schicksalsgenossen begeistert »Land! Land!« riefen, bemerkte ein gebildeter Berliner Philister im Parterre mit lauter Stimme:

»Das steht ja schon in Beckers Weltgeschichte!«

Max Ring, Erinnerungen.

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Theateranekdoten

Helmerding.

Er hatte in einem Stück seinen Partner nach dem Befinden seines Bruders zu fragen. Die Antwort lautete: »Oh, dem geht es jetzt recht gut; er trinkt auch nur noch Apfelwein.« Da schlug sich Helmerding mit der Hand aufs Knie, daß es nur so schallte und rief ins Publikum hinein: »Den Appel kenn ick; der wächst in Nordhausen als Kartoffel!«

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Der Totgesagte.

Eines Tages erschien Helmerding in dem Bierkeller, in dem die Künstler des Wallner-Theaters sich zu treffen pflegten, mit sehr ernstem Gesicht. Mit Trauermiene erklärte er dem andern, der Kollege August Neumann sei plötzlich verstorben. Darob natürlich allgemeines Entsetzen. Alle bedauern den zu früh Dahingeschiedenen, man lobt seine guten Charaktereigenschaften, sein gutes Spiel, als plötzlich die Tür aufgeht und – der Totgesagte erscheint. Freudig erregt blicken alle auf Neumann, um dann fragende, vorwurfsvolle Blicke dem Künder der Trauernachricht zuzuwerfen. »Still Kinder,« raunt ihnen Helmerding leise zu: »Seid um Jotteswillen still. Er weeß ja noch von nischt.«

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Kroll-Engel.

Von Ferdinand v. Strantz.
(Ernste und heitere Theater-Erzählungen. Verlag Eli Spiro, Berlin.)

Engel war ein Original, wer kannte in Berlin nicht den Kroll-Engel? Mit seiner deutsch-ungarischen Ausdrucksweise, mit seinen guten, glücklichen Einfällen, seinem Mutterwitz traf er stets das Richtige. In Verlegenheit kam er eigentlich nie, denn er verstand es, ernste Angelegenheiten durch witzige Wendungen zu ebnen.

Nach dem Ringtheaterbrand in Wien wurden auch den Berliner Theaterdirektoren viele mehr oder weniger kostspielige Veränderungen in ihren Theatern zum Schutz des Publikums vorgeschrieben. So war Engel wieder einmal nach dem Polizeipräsidium befohlen worden, wo ihm eröffnet wurde, daß er noch eine Tür nach der Straße in den Zelten anzubringen habe, damit das Publikum auch dort hinauskommen könne. Engel erwiderte mit der ihm eigenen liebenswürdigen Gemütlichkeit:

»Meine Herren, die Türe wird selbstverständlich hergestellt werden, damit das Publikum hinauskommen kann, vielleicht können Sie mir aber auch eine Tür vorschreiben, wo ich das Publikum hineinbekommen könnte.«

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Eines Tages erschien ein Herr im Krollschen Garten, der Herrn Rat Engel zu sprechen wünschte. Dieser saß, wie gewöhnlich, im Garten an seinem Tisch und ließ den Herrn bitten, zu ihm zu kommen. Nach kurzer Begrüßung sagt Engel: »Sie wünschen?« –

»Herr Rat, wir können beide ein großes Geschäft machen. An einem Nachmittag bei schönem Wetter lasse ich in Ihrem Garten einen Luftballon aufsteigen. Tausende von Menschen werden sich bei Ihnen einfinden.«

»Schön,« sagt Engel, »und weiter?«

»Dazu brauche ich zweihundert Taler,« erwiderte der Herr, »um den Ballon anfertigen und hinauffliegen zu lassen.« Engel sieht den fremden Herrn eine Weile ruhig an und sagt:

»Wissen Sie, geehrter Herr, das Geschäft gefällt mir, aber ich möchte Sie doch bitten, gleich zwei Luftballons anfertigen zu lassen, damit ich Ihrem Ballon nachfliegen kann.«

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Cumberland, der bekannte Gedankenleser, zog durch seine gewandten Darstellungen das Berliner Publikum seinerzeit mächtig an. Da kam eines Tages ein Agent nach dem Krollschen Etablissement, um Engel für ein Gastspiel Cumberlands in seinem Lokal zu bewegen.

»Warum nicht,« meinte Engel, »bringen Sie ihn zu mir, wir können ja darüber sprechen.«

Herr Cumberland kam alsbald nach dem Lokal, um sich Herrn Kommissionsrat Engel vorzustellen. Nach kurzer Begrüßung lenkte Engel sofort die Unterhaltung auf das Geschäft, wie er meinte:

»Herr Cumberland, das Geschäft ist doch die Hauptsache. Sie machen hier in Berlin großartige Einnahmen. Machen Sie auch einmal bei mir Ihre Kunststücke und die Hauptsache – Einnahmen.«

Nachdem Herr Cumberland sich bereit erklärt hatte, auch im Krollschen Lokal aufzutreten, kam Engel auf die Hauptsache zu sprechen und fragte, wieviel er für den Abend verlange. Cumberland erwiderte: »Tausend Mark.«

Engel sieht Cumberland lange fragend an und sagt endlich: »Und – Sie wollen sein – ein Gedankenleser?«

Das Geschäft kam selbstverständlich nicht zustande.

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Die beiden Kammersänger Nachbauer und Reichmann sangen abwechselnd im Krollschen Theater. Engel wollte, um dem Publikum einen ganz besonderen Genuß zu verschaffen, diese beiden Kassenmagneten veranlassen, an einem Abend zusammen aufzutreten. Die beiden Herren befanden sich an einem Nachmittag im Krollschen Garten. Engel benutzte diese Gelegenheit, ihnen seine Idee mitzuteilen. Die Künstler waren hocherfreut, gemeinschaftlich wirken zu können. Engel kam nun auf die Hauptsache, nämlich auf die Honorarfrage zu sprechen.

»Nun, Herr Nachbauer, was fordern Sie?« – »Die Hälfte der Einnahme.«

»So und Sie Herr Reichmann?« – »Die Hälfte der Einnahme.«

»Nun, meine Herren, da werden Sie vielleicht so gut sein und mir an diesem Abend ein Freibillet schenken.«

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Unter Deichmanns Direktion wurde auch Gutzkows »Königsleutnant« zum ersten Male aufgeführt, in welchem Stück Ascher den »Thoranne« kreierte.

Ascher wirkte verehrt und geschätzt sowohl auf der Bühne als auch im Salon. Im gesellschaftlichen Leben war er einer der liebenswürdigsten, geistreichsten und witzigsten Männer. Mit seiner urwüchsigen Natürlichkeit, seiner Sprechweise, seinem unbesiegbaren Humor und seiner Schlagfertigkeit hat er sich in Berlin unsterblich gemacht. Er nannte viele Schulden sein, denn er brauchte eben mehr als er einnahm. Als ihm eines Tages ein Wechsel erfolglos zur Zahlung präsentiert wurde und der Überbringer zu ihm sagte: »Herr Ascher, um Gottes willen, Sie zahlen nicht? Bedenken Sie doch, Sie haben ja geschrieben ›angenommen‹,« antwortete er:

»Ja, das ist schon, mein Lieber, aber es war leichtsinnig von Ihnen, daß Sie den Wechsel angenommen haben.«

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Eines Tages war ich des Morgens zeitig von Hamburg in Berlin eingetroffen, stand vor dem Hotel de Rome mit Adolph Mühling. (Damals war der Eingang noch unter den Linden.) Da kam Ascher vorbei. Nach herzlicher Begrüßung fragte ich ihn, warum er so früh schon auf den Beinen wäre. »Ja, lieber Strantz, ich muß zu meinem Schneider gehen.« – »Ist denn eine neue Rolle in Aussicht, wo Sie wieder in gewohnten eleganten Anzügen brillieren wollen?« –

»Nein, lieber guter Freund, ich will aber schnell etwas bei ihm bestellen, sonst kommt er mich mahnen.«

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Engel war, wie schon bemerkt, ein Original. Wer kannte in Berlin nicht den Kroll-Engel? Seine Beliebtheit in Berlin war notorisch. – Er hatte sich eine offene, mit zwei Ponny bespannte Equipage zugelegt, in der er sich selbst spazieren fuhr. Hierbei erwiderte er die Grüße seiner vielen Freunde durch galantes Senken der Peitsche. Ganz ernsthaft nannte er seine Equipage eine »Historische«.

Für den Besuch seines Etablissements brauchte er schönes Wetter, weshalb er oft sagte: »Wenn die Witterung manchmal schöner wäre – denn wenn's hier regnet, ist's nur halb so voll.«

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Eine seiner Leidenschaften war das »Annoncieren«, das er nie dem Regisseur überließ. An einem Abend erkrankte eine Sängerin während der Aufführung, und die Vorstellung konnte nicht zu Ende geführt werden. Engel erschien mit einem Zylinder in der Hand auf der Bühne und sprach:

»Hochgeehrtes Publikum! Die Sängerin Fräulein (?) ist plötzlich erkrankt und die Vorstellung kann nicht weiter stattfinden. Ich bitte, sich das Geld für die Vorstellung an die Kasse zurückgeben zu lassen!«

Darauf ruft eine Stimme aus dem Publikum: »An der Kasse«.

Engel antwortete sofort: »An der oder an die Kasse, die Hauptsache ist, wenn überhaupt was drin ist.«

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Engels sehnlichster Wunsch war, daß Kaiser Wilhelm sein Etablissement einmal mit seinem Besuch beehren möchte, Wiederholt bat er seinen Gönner, den Herrn Generalintendanten von Hülsen, dies herbeizuführen. Seine Majestät hatte die Gnade, seinen Besuch in Aussicht zu stellen und ließ sein Erscheinen eines Tages dem Engel melden. – Engel erwartete den Raiser am Eingang seines Gartens. Die Ankunft Seiner Majestät erfolgte zur festgesetzten Zeit. Nach Begrüßung Engels betrat der Kaiser das Etablissement, um es in Augenschein zu nehmen. Engel, der noch immer seinen Zylinderhut in der Hand hielt, trotzdem er vom Kaiser wiederholt aufgefordert worden war, sich zu bedecken, entschuldigte sich schließlich damit, dem Befehl nicht nachkommen zu können, da er in der Aufregung einen ihm nicht gehörenden Hut ergriffen hätte, der für ihn viel zu groß sei, und fügte hinzu: »Majestät, der Hut fällt mir bis über die Ohren.«

Der Kaiser lächelte. Nach Besichtigung der geschmackvollen Gartenanlagen wurden die inneren Räume des Etablissements besucht. Als Seine Majestät beim Abschied seinen Beifall aussprach und Herrn Engel wünschte, daß er noch weiter so rüstig bleiben und seine schönen schwarzen Haare behalten möge, erwiderte dieser freudestrahlend: »Majestät, alles geforben.«

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Auf der Gallerie.

Ein Schusterjunge ( schreit): Es drippt durch!

Andere Stimme: Pojaz vor!

Ein Schlossergeselle: Wahrhaftig, es regnet durch; was meenst du, Kalauer, wollen wir uns noch mehr anfeuchten?

Schuster ( ihm die Flasche reichend): Da, es kann nicht schaden, wenn man von außen naß wird, muß man sich inwendig ooch begießen; dadurch wird das Europäische Gleichgewicht wieder hergestellt!

Kürassier ( kauend): Uf's Wort, Jette, der Schinken ist nicht ohne. Mir aber schmeckt er doppelt schön!

Köchin: Woso?

Kürassier ( zärtlich): Weil der Schinken von Ihnen ist!

Köchin ( geziert): Pfui, Gottfried! Sie werden unanständig!

Ladenmädchen ( zu einem Knaben): Hören Sie mal, junger Mensch, warum drängeln Sie denn so an mir ran, was wollen Sie damit sagen?

Knabe ( leise): Daß Sie ein liebenswürdiges Mädchen sind, und daß ich Sie verehre und anbete. –

Ladenmädchen: Nanu?! Sie kleener Mensch denken ooch schon an so was? Machen Sie erst Ihre Schularbeiten fertig, und dann wollen wir weiter über diesen Jejenstand sprechen.

Aus »Berliner Stadtklatsch«.

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Von Kutschern und Pferden.

Eines Tages wandelte Louis Schneider (der bekannte Schauspieler und spätere Vorleser des Königs) mit seinen Kollegen Gern und Rüthling vor das Tor, um in einem sogenannten Kremser eine Landpartie zu machen. Der Kutscher erklärte jedoch, nicht früher abzufahren, bis der zwölf Sitze enthaltende Wagen ganz gefüllt sein würde. Die drei Schauspieler schienen nach kurzer Beratung damit einverstanden, solange warten zu wollen und stiegen in den Wagen. Während der Kutscher auf dem Bock nach den noch fehlenden Passagieren ausschaute, öffnete Schneider leise die Tür und erschien bald darauf, durch eine improvisierte Verkleidung unkenntlich gemacht und so verändert in seiner Haltung und seinen Mienen, daß ihn der getäuschte Rosselenker für einen neuen Fahrgast hielt. Dasselbe Manöver führten die anderen lustigen Brüder wiederholt mit demselben Erfolge so lange aus, bis der Kutscher in dem Glauben, daß 12 Personen in dem leeren Wagen säßen, mit den drei Schauspielern davonfuhr, die für zwölf zahlten und nicht wenig über das überraschte Gesicht des Kutschers lachten, der sie für Hexenmeister hielt.

Max Ring.

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Rosinante.

Wie gefährlich übrigens dem Hauptstädter das Umfallen eines solchen Tieres erschien, ist schon aus den fürsorglichen Hinweisen an Fremde zu erkennen. Stand zufällig einmal ein Besucher der Hauptstadt in der Nähe eines Droschkengaules, so wurde er sofort rücksichtsvoll auf die Gefahr aufmerksam gemacht:

»Sie, man nich zu dichte ran an det Ferd!« Der ängstlichen Erkundigungen des Fremdlings, ob das Pferd ausschlage oder beiße, folgte die prompte Antwort:

»Nee, det nich, aber et könnte umfallen.«

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Die richtige Nummer.

Ein Droschkenkutscher will sich zu seiner Hochzeit ein Paar Handschuhe kaufen. Die Verkäuferin fragt ihn nach seiner Handschuh-Nummer. »8346«, antwortet er. Das war nämlich seine Droschkennummer.

»Bei einem Haar wär's Meechen vor Schreck unter 'n Ladentisch jefallen!« sagte er lachend, als er das Erlebnis seinen Kollegen erzählte.

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Ein Fehler.

Ein Kutscher fährt bei einem Neubau vorbei und sagt zum Fahrgast: »Sehen Sie sich bloß det Haus an. Det is doch jewiß scheen. Bloß eenen jroßen Fehler hat's: – det et nich meine is!«

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Stoob.

Kind eines Droschkenkutschers zum Vater:

»Wo reiten die Soldaten hin, Papa?«

»Nach dem Tempelhofer Felde!«

»Was machen Sie da?«

»Stoob!«

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Das kluge Vieh.

Es ging nach dem Tiergarten, zur Ecke der Bendlerstraße, wo jener große tiefe Garten lag, an dem sich auch nur noch die älteren Jahrgänge von uns erinnern werden. Der Maler Kossack wohnte dort lange Zeit. Unsere Droschke, natürlich Zweiter, zuckelte behaglich dahin. Damals hatte man es allerwege noch so eilig nicht wie heute. Im Gegenteil, der Genuß wurde dann erst richtig ausgekostet. Plötzlich aber, auf der Hälfte des Weges, hält der Kutscher ganz an. Langsam steigt er ab, mit diesem für mich unvergeßlichen senkrechten Plumps in den unförmlichen Stiefelklötzen. Langsam kommt er, ohne ein Wort, an den Schlag, reißt ihn auf, hält einen Moment an, haut ihn wieder zu, geht und steigt wieder auf, fährt weiter. Wir sitzen immer noch ganz starr vor Verwunderung da.

»Was fällt dem Mann ein?« fragt endlich mein Vater und will ihn mit dem Stock in den Rücken puffen. Ich bin aber schon auf dem Rücksitz und halb um ihn herum auf dem Bock. Was los sei? Was das eben zu bedeuten gehabt habe? Jetzt dreht er sich mit einer großen Schraubwindung auf seinem Bock herum und sagt, geheimnisvoll lächelnd:

»Sind Se man stille, det mein Jaul nischt merkt. Dem wird det zu lang bis dahin. Un denn wird er tücksch. Nu bin ick runterjejangen von'n Bock un habe uffjemacht, un Widder zujemacht; nu denkt er, et sin zwee Fuhren. Un nu is et jut.«

Hanns Fechner: Spreehanns.

*

Pferdedroschke.

»Mein Gott, Kutscher, können Sie denn wirklich nicht schneller vorwärts kommen?«

»Det könnt ick schon, aba ick kann doch det Pferd nich jut alleene lassen.«

Ulk.

Neckerei.

»Kutscher, fahren Se?« – »Ja!« –

»Na, ick loofe.«

*

»Kutscher, sind Se ledig?« – »Ja!« –

»Na, denn heiraten Se.«

*

Auf dem Halteplatz.

In einer weniger belebten Querstraße hält mit der Spitze nach der Hauptstraße eine Reihe von Droschken. Von sämtlichen Kutschern befindet sich laut dem Reglement nur der von der ersten Droschke auf dem Bocke, die übrigen, unter diesen sind Bittermacher, Schnaub, Laake, in einer Gruppe beisammen. Andere wieder sitzen in ihrer Droschke, da gerade Mittagszeit, ihr Mittagbrot verzehrend, wie z. B. Knollig, dem seine Frau, ein Kind auf dem Arme tragend, soeben Essen gebracht hat.

Schnaub ( zu Bittermacher, der eben einen gehörigen Zug aus seiner Schnapsflasche tut): Hurrjeh, August, des is wieder keen schlechter Zug!

Bittermacher: Was denn? War man een janz kleener Extrazug nach Nordhausen

Laake: Weeste nich, daß der Trunk een Laster is?

Bittermacher: O ja, aber een schönes!

Schnaub: Pfui, schäme dir, wer wird fortwährend Kümmel trinken.

Bittermacher: Wie du siehst, trinke ich ooch Nordhäuser!

Eine sehr korpulente Dame ( in die erste Droschke steigend): Nach der Klosterstraße!

Kutscher ( sie betrachtend): Entschuldigen Sie, Madameken, soll ick Ihnen uf eenmal hinfahren oder vorläufig bloß die Hälfte?

Die Dame: Machen Sie schnell, ich habe Eile!

Kutscher ( sein Pferd antreibend): Na denn man Hui! ( Fährt ab, das Pferd setzt sich in einen schnellen Trab.)

Die Dame: Um Gottes willen, das Pferd geht ja durch!

Kutscher: I ängstigen Sie sich nicht, Madameken, mein Pferd kenne ick besser, det is nichts wie Verstellung!

Der olle Poppe ( kommt mit seiner leeren Droschke angefahren und will sich hinten anschließen).

Schnaub ( dessen Droschke jetzt die erste geworden, auf seinen Bock steigend): Hurrjeh, da kommt ja der olle Poppe ooch – Bittermacher ( zu Poppe): Nanu, was willst du 'n hier? Siehste nich, det die Zahl voll is? – Mach mal, det Du wegkommst! ( will Poppes Pferd in die Zügel fallen).

Laake: Laß ihm doch, es is ja eben eine weniger jeworden.

Poppe ( hat sich inzwischen den übrigen Droschken angeschlossen, ist vom Bock gestiegen und wehrt sich gegen Bittermacher, der ihn stößt): Warte man, ick will man bloß eenen uf die Lampe jießen, damit ick dir besser nach Hause leuchten kann! ( Geht in den vis-a-vis belegenen Viktualienkeller).

Bittermacher: Zieh ab, fauler Junge, of London, daß ich dir deine olle Kuppernäse nich noch vergolde! ( Vor sich hinbrummend.) Wenn ick ihm doch man eenen ordentlichen Schabernack spielen könnte! ( Macht sich bei Poppes Droschke zu tun.)

( Ein Ehepaar mit vier Kindern naht Schnaubs Droschke.)

Laake ( den eingeschlafenen Schnaub rüttelnd): Du Willem, wach uf, du kriegst 'ne Familienhausfuhre!

Schnaub ( sich die Augen reibend und die Familie betrachtend): Mehr nich? Wo soll's denn hinjehen?

Die Mutter: Nach 'n Belle-Alliance-Platz.

Schnaub: I du meine Jüte, da muß ick mir ja erst 'ne Paßkarte besorjen! Des is aber Zeitfahrt!

Der Vater: Darauf laß ich mir nich ein! Wenn Sie nich für eine einfache Tour fahren wollen, fährt ein anderer. ( Die Familie wendet sich an Laake, unterhandelt lange mit ihm, wird aber endlich handelseins.)

Laake: Na denn man jüh! ( Nachdem sich die Familie so gut es ging, placiert hat, im Vorbeifahren zu Schnaub:) Du, Aujust, fahre doch bei meine Olle mit ran und sage, sie soll sich nich ängstigen, ick habe man 'ne kleine Geschäftsreise unternommen, ick werde ihr aber telegraphieren! ( Nachdem er einige Schritte gefahren, scheint seinem mageren Gaul die Last zu schwer, wenigstens zeigt er eine entschiedene Abneigung gegen den Fortschritt, und Laake peitscht unbarmherzig auf denselben los.)

Ein Schusterjunge ( zu Laake): Männeken, lejen Sie doch lieber 'ne spanische Flieje vor ihren Wagen, die zieht besser!

Laake: Hinters Ohr werde ick dir eene lejen, dämlicher Junge, die soll noch besser ziehen!

Aus »Berliner Stadtklatsch« Nr. 20.

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So jrob!

Als sich ein Fahrgast von einem Droschkenkutscher übervorteilt glaubte und nach dem Satze, daß auf einen groben Klotz ein grober Keil gehört, gegen den Mann mit den schwersten Injurien vorging, sagte dieser nur ganz ruhig, als der Schimpfende eine Atempause machte:

»Nur zu, lieber Herr, nur zu! So jrob als ick et verdrajen kann, können Se doch nich werden!«

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Witze und Scherze.

Bismarck und der Schusterjunge.

Selbst vor der geheiligten Person des Altreichskanzlers machte die Dreistigkeit der Berliner Schusterjungen nicht halt. Eines Tages fragte einer dieser Rüpel den Fürsten, wie spät es sei. Bismarck sah nach der Uhr: »Zehn Minuten vor eins, mein Junge.« – »Schön, um eins könne Se mir mal 'n Puckel runter rutschen.«

»So 'n verdammter Bengel,« denkt Bismarck und eilt dem Jungen, der schleunigst davonläuft, nach. An der Ecke begegnet ihm Moltke. »Wohin so eilig, Exzellenz?« fragt er erstaunt.

»Ja, der verdammte Bengel sagt, ich soll ihm um 1 Uhr den Puckel runterrutschen.«

Darauf erwidert Moltke seelenruhig: »Na, deshalb brauchen Sie doch nicht so zu rennen, da haben Sie ja noch fünf Minuten Zeit.«

Lederer.

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Denksprüchlein für Börsenfürsten.

Wo es kracht, da weile nicht!
Reichtum schützt vor Keile nicht.

Ulk 22. 5. 1873 zum Gründerkrach.

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Altes Scherzrätsel.

»Wie wer'n Kanonen jemacht?« – »Man nimmt 'n Loch un jießt Messing drum rum.«

Neuere Fortsetzung: »Aber wo kriecht man det Loch her?« – »Man nimmt 'n Nappkuchen und eßt 'n rings rum uf!«

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Medizin.

Zur Empfehlung einer solchen (besonders eines Magenlikörs) sagte man: »Er hitzt, kühlt, führt ab, stopt ooch, nimmt 'n Schwindel, stärkt's Jedächtnis un jibt'n verlorenen Verstand wieder.«

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Schnaps.

»Wenn ick 'n Schnaps jedrunken hab, bin ick 'n anderer Mensch, und der andere Mensch will ooch 'n Schnaps haben.«

Einer, dem ein Gläschen angeboten wird, sagt dankend: »Erstens drink ick überhaupt keenen Schnaps; zweetens is meine selje Frau ihr Sterbedag und drittens hab ick ebend eenen jedrunken.«

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Pump.

Wenn einer seine Kameraden bittet, ihm Geld zu leihen, so schließt er, in der Voraussicht, daß alles »bumsstille« bleiben wird, mit den Worten: »Aber schreit nich alle durcheinander!«

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Richtig Deutsch.

Ein Vater verbessert das Berlinisch seines Sohnes:

»Heeßen heeßt et nich; heißen heeßt et.«

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Die Waise.

Ein Junge, dessen Mutter gestorben ist, wird gefragt: »Wat habt ihr denn vor'n Dokter jehabt?«

»Jar keenen, Mutter is so jestorben.«

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Stottern.

Einer, der eine Droschke nimmt, bemerkt, daß der Kutscher stottert. Er fragt: »Stottern Sie immer?« »N ... n ... nee ... bloß, wenn ick spreche.«

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Das verfluchte Hauen.

Ein Junge, der von seinem Vater Schläge bekommen hat, sagt zu ihm:

»Siehste Vater, wir könnten uns so jut zusammen verdragen, wenn de dir bloß det verfluchte Hauen abjewöhnen könntest!«

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Zartgefühl.

Ein Mann wird auf der Straße vom Schlage gerührt und stirbt. Augenzeugen stellen aus Papieren, die sich bei ihm vorfinden, Namen und Wohnung des Toten fest und empfehlen einem Droschkenkutscher, der sich erbietet, die Leiche nach Hause zu fahren, die Angehörigen schonend vorzubereiten. »Det woll'n wa schon machen,« sagt er und fährt los. Vor dem Hause angelangt, steigt er drei Treppen empor und klingelt. Eine Frau öffnet.

»Sind se vielleicht de Wittwe Schulzen?« fragt er.

Sie erwidert: »Mein Name is Schulze, aber Witwe bin ich nicht.«

Er: »Woll'n wa wetten?«

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Dalldorf.

Ein Mann, der selbst fühlte, daß sein geistiger Zustand nicht normal war, beschloß, sich zu seiner Heilung in die Irrenanstalt zu begeben. Auf seine Anmeldung fragt ihn der Portier: »Haben Sie ein ärztliches Attest?«

»Nein, das habe ich nicht.«

»Was? Sie haben kein Attest? Un denn wollen Se hier rin? Sie sind wohl verrückt?«

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Unverwüstlich.

»Die Woche fängt jut an!« (wird zurückgeführt auf einen Verbrecher, der am Montag früh hingerichtet wurde). Als er zum Richtplatz gefahren wurde und das Volk dem Wagen vorauseilte, rief er: »Kinder rennt doch nicht so! Eh ick nich da bin, jeht's doch nich los!«

Als er die Treppe zum Schafott betrat, sagte er: »Det Ding wackelt ja lebensgefährlich!«

*

Mehr als du!

Junge, wat stoßst du denn meinen kleenen Bruder. Ick wer et jleich mein Vater sagen.

Dummer Junge, du hast ja gar keenen Vater.

Schafskopp, mehr als du!

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»Jarten«.

Enge Hofräume, die zu einer Bierwirtschaft gehören, wurden in Gärten verwandelt. Das Verfahren war einfach: Man strich die Laternenständer grün an und stellte zwei oder drei kümmerliche Gewächse in Kübeln auf. Dann konnte der Wirt sagen: »Jottlieb, drage 'n Jarten rin, et rejnet«, oder: »Drage mal 'n Jarten raus. Aber stell die beeden Oljander nich so dichte zusammen, det 't wie 'n Park aussieht.«

*

Abzählen.

Man zählt an den Rockknöpfen ab: Jestohlen, jenommen, jefunden, jekooft, jestohlen!« (Die Röcke haben regelmäßig fünf Knöpfe übereinander.)

*

Die Arbeit.

»Wer Arbeet kennt, der hüt sich vor.« – »Der kann det jrößte Sticke Arbeet liejen lassen.«

»Der hat jar keene Angst vor de Arbeet, der lejt sich bei hin.«

»Den Kerl, der de Arbeet erfunden hat« – (wenn ick den vor mir hätte o. a., oder: »Der muß nischt zu dun jehabt haben.«)

»De Arbeet is wunderscheen; stundenlang kann man zusehen.«

»Beschäftigung is ganz scheen, aber se darf nich zur Arbeet ausarten.«

»Arbeeten is schön – da kann ick stundenlang bei zusehn!«

»Seh mal, Ede, ick würde ja ooch arbeeten; aber bei't arbeeten verbummelt man bloß de Zeit.«

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Der Renommist.

»Un so wie der Kerl det sagt, da hol ick aus – und da haut er mir eene – ick nich faul – haut er mir wieder eene!« (verschiedene Fortsetzungen, z. B.: »Er reißt aus, ick immer voruf.« Oder: »Bald lag er oben, bald ick unten.« Schluß: »Aber den hab ick jemacht!«)

Bär 1880 Nr. 8.

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Rätsel.

»Welches ist der größte Automat in Berlin?« – »Das Polizeipräsidium! Wenn man oben 'ne Scheibe ›einwirft‹, kommt unten een Schutzmann raus.«

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Begrüßung.

Juten Abend! 'n wunderscheener Abend, der Abend heite Abend. – Is 'n scheener Abend heite Morjen; die Nacht möcht ick mal bei Dage seh'n.

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Achtung.

Wenn einer fällt wird ihm zugerufen: »Achtung, nicht aufstehen. Drahtleitung nich berühren!« (Es ist die Inschrift an den Stadtbahnbogen, durch die eine Linie der Elektrischen geht.)

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Ick nich.

»Unsa Lehra hat jesagt, wir stammen von 'n Affen ab.« Vater: »Ach wat! Du vielleicht! Ick nich!«

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Blangsierstange (Balancierstange).

Ein Vater sitzt mit seinem sechsjährigen »Steppke« in einem Gartenrestaurant, wo viel los ist, etwa bei Sternecker in Weißensee, einen Seiltänzer zu sehen. Hierbei entspinnt sich das folgende Gespräch:

Sohn: Vata, wat hat der denn da for 'ne Stange?

Vater: Det 's seine Blangsierstange.

Sohn: Zu wat braucht er denn die?

Vater: Da halt er sich dran feste.

Sohn: Ick denke, er braucht sich nicht halten – er looft so?

Vater: Schafskopp! An wat muß er sich doch halten; sonst fallt er ja runta.

Sohn: Aber Vater – wenn nu die Blangsierstange fallt?

Vater: Unsinn! Wovon soll se denn fallen? Er halt ihr ja feste.

Aus »Der Richtige Berliner«.

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Bewegung.

»Ihnen fehlt nichts als Bewegung«, sagt der Arzt. »Sie sollten jeden Abend, wenn Sie aus dem Dienst kommen, zehn Kilometer laufen. Aber das wollen Sie nicht, wie?«

»Nee. Ich bin Briefträger.«

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Diagnose.

»Weeste, Paule, ick komme mir manchmal vor wie'n Arzt.«

»Nanu?«

»Na, det kann ick dir sagen: Die 'ck schon mal besucht habe, wissen janz jenau, wat ihnen fehlt!«

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Der Unrasierte.

»Sage mal, du hast wohl gestern Fische gegessen?«

»Wieso?«

»Na, weil dir die Gräten schon durchs Kinn wachsen!«

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Der Patient.

Stabsarzt: »Na, Kulike, wie geht's mit Ihrer Krankheit? Können Sie schon trommeln?«

Kulike: »Nee, Herr Stabsarzt.«

Stabsarzt: »Also schön – noch acht Tage Schonzeit.«

Nach acht Tagen kommt der Stabsarzt wieder und fragt: »Na, Kulike, können Sie jetzt schon trommeln?« – »Nee, Herr Stabsarzt.«

»Na, zum Donnerwetter, warum denn immer noch nicht?«

»Herr Stabsarzt, ick bin Hornist!«

(Ulk.)

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Das Horoskop.

»Aus den Karten ersehe ich, mein Herr, daß Glück oder Unglück Sie stets doppelt treffen wird.«

»Mensch, det stimmt, – gestern hat meine Olle Zwillinge bekommen!«

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Begleitung.

Polizist: »Wissen Sie nicht, daß hier das Spielen auf der Straße verboten ist? Sie müssen mich begleiten!«

Leiermann: »Mit dem jrößten Vajnijen. Wat woll 'n Se singen, Herr Wachtmeesta?«

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In der Klinik.

»... Beachten Sie ferner, meine Herren, das blöde Glotzauge, diese Gurkennase und Sie haben den klassischen Typ des Gewohnheitssäufers.«

»Na, Herr Professor, der Scheenste sind Sie aber ooch jrade nich!«

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Rauchverbot.

Das »Rauchen« innerhalb des Wagens ist bekanntlich verboten. Der Schaffner muß daher jeden, der dieses Verbotes unkundig ist, darüber unterrichten, und er tut dies mit folgenden Worten:

»Sie! Wenn Se hier im Wagen roochen wollen, müssen Se entweder rausjehn oder den Ziehjarren wegduhn.«

*

Schaffnerlist.

»Sie! Kondukteur,« sagt ein Berliner, als nach Beendigung des Winters die Sitzkissen aus den Wagen entfernt sind, »hier drückt man sich ja die Knochen entzwee; die Banke is so hart.«

»Warten Se eenen Oogenblick,« antwortet der Beherrscher des Wagens, »wir kommen jleich an 'ne ›Weiche‹«.

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Alt-Berlin.

Nachts um drei transportiert der Sanitätsrat nach ausgiebiger Feier seine drei Freunde, ebenfalls schon alte Knasterbärte, zur Droschke.

»Liefern Sie die Herren gut ab«, sagt er zu dem grinsenden Kutscher. »Der in der linken Ecke ist der Apotheker Mörser, Wiener Straße 17, der rechtssitzende ist mein Kollege aus der Weberstraße 15, und der auf dem Boden schlummernde Herr ist Prof. Dr. Timpel, Andreasstraße 89.«

Die Droschke zuckelt mit ihren bewußtlosen Insassen ab. Nach einer Stunde gellt beim Sanitätsrat die Alarmglocke. Er öffnet fluchend das Fenster. Fassungslos sieht er auf die wieder angelangte Droschke, und noch erstaunter hört er die Worte des Kutschers: »Herr Rat, die Kerls sind mir alle durchenander getrudelt, kommen Sie doch mal runter und bringen Se een Stück Kreide mit, damit ick sie numerieren kann!«

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Bloß sieben!

Ein richtiger Berliner hatte den Bann bei einem strengen Wirte gebrochen: er und Frau hatten die kleine Wohnung unter dem Dache zu mieten gewünscht; ihr bescheidenes, devotes Wesen imponierte dem Protzen. »Kinder?« fragte er herablassend. »Bloß sieben,« meinte der Berliner, »aber alle« – und dabei seufzte er furchtbar – »alle uff'n Kirchhoff.« Das rührt den Wirt, der Vertrag auf ein Jahr wanderte vollgültig in die Tasche des Arbeiters. Am andern Tage zog er ein mit Frau und – sieben Kindern!

»Nanu,« schrie der Wirt kirschrot vor Zorn, »was soll mich das heißen? Wo ist die Polizei?«

»Det weeß ick nich!« meinte freundlich lachend der Arbeiter und die ganze Familie griente mit, »aberst wenn sie die Kinder hier meenen – bitte zählen Se nach, et sind sieben, wie ick ihnen richtig erklärt habe, – die sind alle jlicklich retour von Kirchhof jekommen, noch jestern Abend; un ick danke for jietige Nachfrage.«

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Der Unteroffizier.

Ein Unteroffizier wurde von seinem Hauptmann getadelt, weil er so grob zu einem Rekruten war. – Unteroffizier:

»Zu Befehl, Herr Hauptmann.« Zum Rekruten: »Mein sehr geehrter Herr, wollen Sie wohl die Güte haben, Ihre Beinchen ein klein wenig zu heben oder ick schlage Ihnen eins ins Genick, det Sie die Sonne vor'n ollen Kuhkäse halten sollen!«

Lederer.

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Die Einjährigen.

Unteroffizier: »Schulze, mein Süßer, vor Ihnen wüßt ick wat Bessert wie Soldat mimen. Jehn Se nach Hinterindien un stellen Se sich da eenem xbeliebigen kinderlosen Rhinozeros vor – mein Wort druff, et adoptiert Ihnen uff der Stelle.« –

Unteroffizier: »Nee, ibahaupt die Einjährigen; dafer danke ick, aber Sie, Eenjährijer Schulze, sind denn doch der Einjährigste, dem ick je kennenjelernt habe.«

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Kirschkuchen.

In einer Gastwirtschaft bestellt ein Gast Kaffee und Kuchen.

Kellner: »Was für Kuchen wünscht der Herr?«

Gast: »Is ejal, wat for welchen.«

Der Kellner bringt eine Portion Kuchen. Der Gast kostet davon und ruft den Kellner. »Herr Ober, wat is det for Kuchen?«

Kellner: »Kirschkuchen.«

Der Gast schüttelt den Kopf und ißt weiter. Nach einer Weile ruft er wieder den Kellner. »Herr Ober, wat is det for Kuchen?«

Kellner: »Kirschkuchen.«

Der Gast schüttelt den Kopf und ißt weiter. Als er fertig ist, ruft er wieder den Kellner. »Kellner, wat war 'n det for Kuchen?«

Kellner: »Kirschkuchen.«

Gast ( kopfschüttelnd): »Kirschkuchen? Da waren ja keene Kirschen drin.«

Kellner: »Na ha'm Se schon mal Hundekuchen jejessen, wo 'n Hund drin war?«

Lederer.

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Die Mistkarre.

Zwei etwas angeheiterte Berliner besteigen am Bahnhof Friedrichstraße eine Droschke. »Kutscher,« schreit der eine, »wo jeht denn die Mistkarre hin?« – Da erwidert der biedere Rosselenker:

»Ja, ick weeß nich, wo ick den Mist hinfahren soll.«

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Schulze und Müller.

Müller: Na, Schulze, nu wünsche ick dir'n recht glückliches neues Jahr 1926.

Schulze: Komm mir bloß nich damit! 26 is zweimal 13 – so wat bringt keen Jlück.

Müller: Oller Mießmacher!

Kladderadatsch 1926 Heft VI.

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Schulze: Müller, ick jeb dir'n Rätsel uff.

Müller: Da bin ick aber jespannt.

Schulze: Wer kann werden, wat er schon is?

Müller: ???

Schulze: Een »Klein«jläubiger (Klein: verkrachter Automobilhändler), der bei 'n Anblick von de Konkursmasse immer kleinjläubiger wird.

Müller: Au! Aber recht haste!

Kladderadatsch 1926.

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Müller: Du, Schulze, ick hab' wat for dir! Kannste 'nen Satz bilden mit »Gesolei?« (Spitzname einer Gesundheitsausstellung).

Schulze: Mit »Gesolei«? Nee! vielleicht du?

Müller: Jewiß doch! Z. B. »Wat? Schon zum Frühstück s'one Men–ge Sooleier?!«

Schulze: Schäme dir Müller, un jeh! Aber geh' so lei–se wie möglich, sonst jiebt et' Sooleier uff'n Kopp, aber faule!

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Stilblüten aus Briefen an ein Berliner Wohnungsamt.

Ich sitze drei Wochen auf der Straße und warte, bis die Wohnung frei wird.

Ich bin seit fünf Monaten verheiratet und meine Frau ist in andern Umständen. Ich frage hiermit das Wohnungsamt: Muß das sein?

Besonders der Umstand, daß meine Schwiegermutter gestorben ist, erheischt dringend Abhilfe. (Bei der Schwiegermutter war das Kind untergebracht.) Ich und meine Frau sind zusammen 1-2 Personen. Ich habe drei unmündige Kinder und noch ein uneheliches Kind zu versorgen.

Direkt unter meiner Wohnung züchtigt eine Frau drei Schweine.

Der Abort in diesem Hause ist baufällig. Wenn ich mir auf ihn setze, bin ich mit Lebensgefahr verbunden.

(Ulk.)

*

Übertrumpft.

Ein Amerikaner läßt sich von einem Berliner durch Berlin führen.

»Das ist die Siegessäule,« erklärt der Berliner stolz.

»Wie lange hat man daran gebaut?« fragt der Amerikaner.

»Een Jahr«, erwidert der Berliner ohne Besinnen.

»In Amerika baut man einen Monat an einer solchen Säule,« bemerkt der Amerikaner geringschätzig.

Kurz darauf ist man am Brandenburger Tor. Wieder fragt der Amerikaner: »Wie lange hat man daran gebaut?«

Der Berliner, nun schon etwas gewitzigt, erwidert: »Ein halbes Jahr.«

Darauf der Amerikaner: »Bei uns baut man ein solches Tor in einer Woche.«

Weiter geht es durch die Linden nach der Neuen Wache, wo der Amerikaner wieder fragt, wie lange man daran gebaut habe. Der Berliner über die Prahlerei des Ausländers nun doch schon erbost, entgegnet kurz: »Drei Wochen«, worauf der Amerikaner spöttisch bemerkt: »Drei Wochen! In Amerika braucht man einen Tag dazu.«

Jetzt wird's dem Berliner aber zu bunt. Gut, denkt er bei sich, kommst du mir dumm, komm ick dir noch viel dümmer. Man ist unterdessen am Dom angelangt. Der Berliner sagt kein Wort; mit offenem Munde blickt er hinüber nach dem großen Gebäude. Endlich fragt der Amerikaner:

»Was ist das?«

»Ja, zum Donnerwetter,« ruft unser Berliner vor Freude aus, »det weeß ick ooch nich. Ick bin doch jestern erst hier vorbeijekommen, da war jarnischt davon zu sehen.«

*

Der Hammel.

In einem Straßenbahnwagen, der vom Viehhof kommt, sitzen lauter Damen, die sich durch Rundlichkeit und Leibesfülle auszeichnen, wie sie den Damen vom Viehhof nun einmal eigen ist. Da steigt ein junger Stutzer ein, schlank und elegant gekleidet, sieht sich vergebens nach einem Platz um und murmelt unwillig halblaut vor sich hin: »Na ja, et jehen viele Schafe in eenen Stall.« – Eine der dicken Frauen rückt bei diesen Worten etwas zusammen und erwidert gutmütig: »Setzen Se sich man, vor eenen Hammel ist jrade noch Platz.« Lederer.

*

Sie hat sich.

In der Straßenbahn erregt eine Frau mit einem großen feuchten Kranz das Mißfallen ihrer Nachbarin.

»Nehmen Sie doch Ihren Kranz weg; man wird ja ganz naß«, ruft diese schließlich empört.

»Ach, ha'm se sich man nich,« erwiderte die schlagfertige Berlinerin, »wenn 't rejent, wer 'n Se doch ooch naß.«

*

Der Mann mit Glatze.

Den Hut in der Hand läuft ein Kahlköpfiger über die Straße. Ein Berliner Junge ruft ihm, schnodderig wie die Berliner Jungen nun einmal sind, zu: »Sie, Ihnen is wohl der Kopp durch de Haare jewachsen?« – Aber der Mann mit Glatze ist schlagfertig: »Paß bloß uff, Lümmel, det dir mein Mond nich in de Fresse blakt.«

*

Sein Bildnis.

»Frieda, willste 'ne Jratisfotojrafie von deinem Maxe?«

»Quatsch. Wieso?«

»Na, an de Litfaßsäule klebt doch 'n Steckbrief von ihm, da brauchste nur det Bild rauszuschneiden!«

(Ulk.)

*

Doch klar.

»Wenn ich hier langgehe, guter Mann, liegt da der Dönhoffplatz?«

»Der liegt ooch da, wenn se nich langjehn!«

*

Der Fremde in Berlin.

»Ach, bitte, ich möchte zum Zoo.«

»Als wat denn?«

(Ulk.)

*

Gipfel der Sauberkeit.

»Wo is denn Trude?«

»Na, die wäscht sich doch de Beene!«

»Warum denn?«

»Sie will morgen ins Freibad!«

*

Bei Max Liebermann.

Der Delikatessenhändler W., der durch eine Spekulation in Büchsenfleisch in den Besitz eines unanständig großen Vermögens gekommen war, fühlte sich mit dem also vollzogenen Eintritt in die Kultursphäre gedrängt, von Liebermann sich malen zu lassen. Angetan mit einer neuen Kluft und der Überzeugung seiner erfolgreichen Laufbahn stand er vor Liebermann und teilte seinen Wunsch mit. Der Meister lehnte nach kurzer Beaugenscheinigung mit dem Hinweis auf Arbeitsüberlastung ab. Als W. nicht nachließ, nannte Liebermann ein sehr hohes Honorar.

»Na, gemacht, Herr Professor«, stimmte W. ölig lächelnd zu. »Aber sagen Sie mal, wieviel Sitzungen werden wohl nötig sein, um das – na, um das Charakteristische meiner Züge zu treffen?«

Liebermann musterte W. aufmerksam von oben bis unten. Dann meinte er:

Oh – es würde wohl genügen, wenn Sie mir morgen auf eine halbe Stunde Ihren Frack zuschicken wollten.«

Herr W. ging darauf zum Photographen und ließ sich Bilder anfertigen.

(Ulk.)

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Fahrschule.

Kreipel sitzt neben dem Fahrmeister. Der Wagen steht, wie Lots Weib, zur Salzsäule erstarrt. Kreipel zieht Hebel, öffnet Ventile. Nichts hilft. Da tönt im tiefsten Baß die Kritik des Alten:

»Männeken, Sie werden det Ding bloß mit Autosuggestion vom Fleck bringen.«

(Ulk.)

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Eine Geschichte mit Igel.

Am Stammtisch erzählt man sich von Igeln.

Herr Pempel geht sehr schwer geladen nach Hause, vor ihm läuft den ganzen Weg ein Igel her bis zu seiner Haustüre. Als er mühevoll aufgeschlossen hat und in den Hausflur sieht, läuft der Igel schon die Treppe hinauf. Jetzt hat Pempel die Flurtüre aufgeschlossen, da – in der Ecke, wieder dieser verflixte Igel. Pempel schießt los, eckt gegen die Küchentüre, balanciert, faßt wieder Richtung, stürzt erneut auf den Igel. –

Ein dumpfer Fall!

Als man nach einiger Zeit wieder einmal am Stammtisch von Igeln spricht, macht Pempel ein Sauregurkengesicht: »Igel –! das sind gemeine Bister, und wenn man mal einen erwischt, – dann ist es ne Wichsbürste!«

(Ulk.)

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Auf dem Dönhoffplatz.

Der Stuhlverleiher: »Det is doch wirklich stark, sitzt da so 'n Dicker uff zwee Stühle, ick frage ihn aus Höflichkeit, wie viele Billetts er haben will. Na, und weeßte, wat er sagt: Eens!«

(Ulk.)

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Feuer breitet sich nicht aus.

Aufregende Minuten gingen der Abreise des Ehepaares Streuzucker voraus. Herr Streuzucker begoß noch einmal den wilden Wein, verproviantierte den Kanarienvogel Liesbeth üppig, verriegelte alle Fenster und ließ die Jalousien herab.

Frau Streuzucker nähte Knöpfe an die Untertaille, säumte das Nachthemd ein und plättete die geblümte Bluse. Dann war es hohe Zeit. Sie galoppierten zum Bahnhof und erreichten den Zug mit Müh und Not. – –

Als Streuzucker das Luftkissen aufgeblasen und eine Zigarre in Brand gesteckt hatte, kam Ruhe über ihn.

Frau Streuzucker ließ eine Praline zergehen und träumte.

Auf einmal gab sie einen Schrei von sich: »Himmel, Eduard! Ich habe vergessen, die elektrische Plätte abzustellen!«

Eduard stieß blauen Rauch vor sich her, machte jedoch von der Notbremse keinen Gebrauch.

»Beruhige dich, Emilie! Ich habe die Dusche offen gelassen.«

(Ulk.)

*

Neue Kultur.

»Kennst du Flotows Machta?«

»Gewiß, mit der bin ick ooch jejangen!«

»Quatsch, det is doch die Rundfunkoper!«

(Ulk.)

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Wahre Geschichte.

Herr Lohmann wird am Belle-Alliance-Platz von einem ihm vollkommen fremden Herrn stürmisch begrüßt.

»Gott sei Dank, Emil, daß man dich nur wieder sieht, – wo steckst du denn die ganze Zeit!«

Lohmann erwidert kühl, er sei gar nicht Emil, sondern heiße Adolf.

»Ist ja nicht zu glauben, nein, aber so eine Ähnlichkeit, direkt zum Verwechseln! Na, dann entschuldigen Sie, bitte, mein Herr!«

Am nächsten Tage fährt Lohmann mit der Untergrundbahn nach Westend, da steht plötzlich wieder der Herr von gestern vor ihm, schüttelt ihm die Hand und sagt:

»Na, weißt du Emil, so ein Zufall, da habe ich gestern einen blöden Kerl angequatscht, der sah dir zum Verwechseln ähnlich!«

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Symptome.

»Mensch, du hast ja 'n Schnupfen.«

»Ja, ich hab ein Stück Schweizerkäse gegessen.«

»Na, und?«

»Durch die Löcher kam so 'n Zug.«

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Liebenswürdig.

Ein Herumtreiber stieß einst in der Friedrichstraße einen Herrn fast vom Bürgersteig, wandte sich um und fragte: »Hab ick Ihnen vielleicht wehe jetan?« Der Herr war erfreut über die höfliche Frage und wollte gerade etwas Beruhigendes antworten, als der Berliner fortfuhr: »Denn sagen Se't man, denn hau ick Ihnen eene, det de Häuser wackeln.«

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Geschieden.

Einige Zeit, nachdem Lehmann und Frau von Tisch und Bett getrennt sind, trifft die Lehmann einen Bekannten. Er beglückwünscht sie, daß sie das Ekel von Mann los ist; sie aber erwidert weinerlich:

»Ja, ja, nu sind wa jetrennt von Tisch und Bett. Na, wat is 'n nu? Nu pennt er uff 't Sofa un freßt von de Kommode.«

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Schwerer Fall.

In der Sprechstunde erscheint der Großschlächtermeister Schmiedel: »Herr Doktor! Ich komme in eine Privatangelegenheit. Wir haben nämlich keene Kinder. Wir sind schon mit meine Frau bei die berihmtesten Professoren persehnlich gewesen. Es hat aber keene Wirkung gehabt. Jetzt hat man mir Ihnen empfohlen. Wat kennen Sie uns raten?« – »Na!« sagte ich, »wie wär's mit einem Frauenbad, vielleicht Franzenb...« – »Nee,« unterbrach mich Herr Schmiedel schnell, »nee, Herr Doktor! Ick hab mer schon Schlafburschen jehalten, 's hat ooch nischt jenutzt.«

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Der Totenschein.

Zum Dr. X, der im hohen Norden von Berlin wohnt, kommt ein ihm gänzlich fremder Diätar aus dem fernsten Süden der Stadt. »Ach, Herr Doktor, heute nacht ist uns unsere neunzigjährige Großmama plötzlich gestorben, und da wollte ich Sie bitten, uns doch den Totenschein zu unterschreiben.«

»Aber bester Herr, da kommen Sie den weiten Weg zu mir her? Das hätte doch jeder Kollege in Ihrer Nähe gerade so gut gekonnt!«

»Gewiß, aber gerade Sie sind uns doch so sehr empfohlen worden.«

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Der letzte Zug.

»Wann jeht der letzte Zug nach Wannsee,« fragt jemand einen andern auf dem Potsdamer Bahnhof. – »Ja, Männeken,« erwidert der, »det erleben wa beede nich mehr.«

(Brummbär.)

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Großartig.

Ein Berliner Dienstmädchen, das zum erstenmal von der Gnädigen nach Ahlbeck mitgenommen wurde, rief beim Anblick des Meeres aus: »Nee, wat det Meer aber jroßartig is! Wenn ick nach Hause komme, wird mir de Wasserleitung orntlich kleene vorkommen.«

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Feines Leben.

Auf dem Neuen See segeln im Sonnenglanz sieben Erpel dahin. »Det is 'n feinet Leben,« sagt ein vorübergehender Arbeiter, »nischt zu dun, und die Olle kann zu Hause brüten: det müßten wa ooch so ham.«

»Jawoll,« antwortet ein des Weges kommender Geistesarbeiter, »un den ganzen Tag bloß Wasser saufen.«

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Die Rätselepidemie.

Zwei Reisende unterhalten sich während der langen Eisenbahnfahrt. Zwischen ihnen sitzt ein Dritter, der schläft, plötzlich erwacht er und hört gerade, wie der Erste zum Zweiten sagt:

»Die erste studiert, die zweite spaziert, die dritte klaviert.«

»Schön,« sagt er, sich am Gespräch beteiligend, »und was ist das Ganze?«

»Welches Ganze?« fragt erstaunt der Erste.

»Na, die Scharade?«

»Scharade?« ruft der Dritte entrüstet, »det war doch keene Scharade, Mensch, der red't doch von seinen drei Töchtern.«

(Ulk.)

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Schlaukopf.

»Wenn ick dir noch mal im Obstjarten treffe und sehe, daß de imma nach dem Birnboom kiekst, dann haue ick dir eene runta.«

»Det is aba jut, dann brauch ick nich erst ruffzuklettern!«

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Der Fluch des Reichtums.

»Du, Maxe, Paul hat 'n Sechser.«

»Au weih – wo is er denn?«

»Oben bei Muttern, er darf nich mehr runter, sonst jibt er 'n aus!«

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Abendunterhaltung.

»Nee, Mutta, ick bejreife jarnich, det Vata dir jenommen hat.«

Frau Nippke: »Hatte der wat zu sagen? Ick hab ihn jenommen!«

(Ulk.)

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Im Gedränge.

Der Zug nach dem Grunewald ist wieder dicht besetzt. Zwei Leute geraten in Streit. Schließlich sagt er:

»Ach, mit sonne unjebildete Frau, wie Sie sind, zanke ich mir ibahaupt nich.«

Sie (empört): »Na, nu reden Se man keen Quatsch. Sie ham woll heite ihren Sonntagsanzug an?«

*

Seine Meinung.

Großer Ansturm auf die Straßenbahn nach Mariendorf. Es ist einer jener entsetzlich langen Wagen, »Eierkisten«, wie sie eben nach Mariendorf zu fahren pflegen. Unter andern steigt auch Herr Lehmann ein.

Der Schaffner: »Bitte die Herrschaften, weiter nach vorn treten.«

Herr Lehmann geht einige Schritte in das Wageninnere hinein. An der nächsten Haltestelle wieder großer Ansturm.

Der Schaffner: »Bitte, weiter nach vorn treten.«

Herr Lehmann geht wieder einige Schritte vorwärts. An der nächsten Haltestelle dasselbe Bild. Wieder ruft der Schaffner: »Bitte weiter nach vorn treten.« Wieder bewegt sich Herr Lehmann vorwärts. Und so noch ein paarmal. Schließlich ist Herr Lehmann ganz nach vorn angelangt. Nun ist aber der Augenblick gekommen, wo er aussteigen muß. Mühsam quetscht er sich durch die Menschen hindurch. Da begegnet er dem Schaffner.

Der Schaffner: »Sagen Se mal, ha'm Sie eijentlich schon 'n Fahrschein?«

Herr Lehmann: »Nee, den hab ick noch nich.«

Der Schaffner: »So, Sie ha'm noch keenen Fahrschein? Na, denken Sie denn, Sie können hier umsonst fahren?«

Herr Lehmann ( entrüstet): »Wat sagen Se, fahren? Ick bin ja jar nich jefahren. Ick bin ja de janze Strecke jeloofen.«

Lederer.

*

Die Menschen mit de Bildung.

Als während der Streiktage die Untergrundbahn gerammelt voll war, bekam ich, der ich leider sehr stark bin, von einem Mitfahrer folgende Epistel zu hören:

»Se wollen doch een Mann von Bildung sind und reisen ejal weg uff meine Knochen rum. Halten Sie sich doch fest, Menschenskind! Wenn ick so 'n Embenpoint hätte wie Sie, würde ick mir dotschämen. Wat stoßen Se mir den immer in'n Bauch mit det olle Ding, führen Sie 's doch lieber 'n bißken in de Luft spazieren, wenn ick so 'ne Avantage hätt wie Sie, würde ick überhaupt nich Unterjrund fahren. Aua! Da is det Ding scho wieder uff meine Knochen. Sie, wenn Se sich heite morjen jewaschen hätten, würden Se besser kieken. Na überhaupt, die Menschen mit de Bildung sind ma fürchterlich.«

(Ulk.)

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Der Blinde.

In der Belle-Alliance-Straße sitzt ein Blinder – an einer Schnur um den Hals trägt er ein Schild »Völlig erblindet« – auf einem Schemel und spielt auf der Ziehharmonika. Neben ihm steht ein Beutel, in den die Vorübergehenden die Geldscheine stecken. Auch ich lasse mich durch die rührende Musik erweichen und spendiere eine Billion. Der Schein flattert jedoch daneben und fällt auf die Erde. Sofort bückt sich der »Blinde« und hebt den Schein auf.

»Nanu,« sage ich verwundert, »ich denke, Sie sind blind?«

»Nee, eijentlich nich; ick bin bloß in Vertretung hier vor den richtjen Blinden.«

»So, na wo is denn der richtje Blinde?«

»Der is nebenan in Kientopp un sieht sich den neuen Detektivfilm an.«

Lederer.

*

Er weiß Bescheid.

Ein Berliner fährt mit der Straßenbahn. Als er absteigen will, hält der Wagen nicht. Da macht er Miene abzuspringen.

»Nach vorne abspringen,« ruft der Schaffner schnell. Der Berliner aber springt nach hinten ab und fällt natürlich hin.

»Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie müssen nach vorne abspringen,« ruft ihm der Schaffner zu.

»Du oller Ochse,« meint darauf der Berliner, indem er sich den Rücken reibt, »det meechste woll, det ick uff de Fresse falle.«

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Moderne Kultur.

Schieber-Maxe geht mit Schieber-Paule in den »Fürstenhof« zum Essen. Am andern Tage trifft Paule seinen Freund Moritz und sagt entrüstet zu ihm: »Moritz, weeßte, ick war jestan mit Maxen zusammen, aber mit den Menschen kann man ja nich irjendwo hinjehen. Ick sage dir, nimmt dir doch der Kerl die Jabel und kratzt sich damit hinter de Ohren. Mensch, ick sage dir, mir ist vor Schrecken bald det Messer in 'n Hals stecken jeblieben.«

Lederer.

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Klassisch.

Bullenschlägers wollen sich Klassiker kaufen. Der Buchhändler legt ihnen Goethe vor.

»Was kostet der Band?«

»In Pappe 12 Mark, in Leinen 18 Mark, in Halbfranz 30 Mark und in Ganzleder auf bestem Papier gedruckt 65 Mark.«

»Hm. Und von welcher Preislage ab ist er denn klassisch?«

(Ulk.)

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Das zweifelhafte Theaterstück.

Frau Raffke erzählt ihrer Freundin, daß sie heute abend nach dem Schauspielhaus gehen werde.

»Ah, was gibt es denn?«

»Ja, das wissen wir selbst noch nicht genau; entweder: ›Minna von Barnhelm‹ oder ›Das Soldatenglück‹«.

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Panne.

Der Wagen stand wie Lots Weib zur Salzsäule erstarrt. Kein Ruck und Hebelzeug half, kein Ventilöffnen. Einer stand dabei und feixte.

»Mir kann det nich passieren« sagte er.

»So? wieviel Ps haben Sie denn eigentlich?«

»Eins.«

»Quatsch.«

»Wieso? Ich heiße Psilander und loofe zu Fuß.«

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Athleten.

»Du, Paul hebt zwei Zentner und wird nicht ein bißchen rot dabei.«

»Das ist kein Rekord, August hebt zwölf Kognaks und wird nicht blau.«

(Ulk.)

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Geschichte und Sipo.

In einem Berliner Hinterhause sind sich zwei übereinanderwohnende Familien spinnefeind. – Die oben wohnende Familie kommt eines Nachts spät von einem Vergnügen heim, sieht bei ihren Widersachern noch Licht und fürchtet sich, an deren Wohnungstür vorbei die Treppe hinaufzugehen. Der Mann zieht es daher vor, sich von der Wache einen Sipo zu holen. Der Schutzpolizist kommt auch mit, bleibt unten im Treppenhaus stehen, läßt die Leute hinaufgehen und fragt nach einer Weile: »Sind Sie nun oben?« was dankend bejaht wird.

Darauf der »Grüne«: »Na, dann kommen Sie man wieder runter und schließen Sie mir die Haustür auf, damit ich wieder raus kann.«

Ulk.

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After dinner.

»Satt jeworden war keiner von uns jestern bei Klapprots.«

»Ich kenn die Frau. Geiz ist noch gar kein Ausdruck.«

»Stimmt. Also, wie wir draußen, nach glücklichem Abschied, in die Mäntel fahren, sprach Basüner uns allen aus dem Herzen.

»Kinder,« sagte er, »nu aber dalli ins nächste Restaurant und mal jefuttert!

Und was soll ich dir sagen? Da steht Klapprot plötzlich unter uns und ruft: ›Feiner Gedanke! Wenn die Herrschaften gestatten, schließe ich mich an!‹«

Ulk.

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Kleiner Irrtum.

»Der Schmelz, mit dem Sie Charleston tanzen, mein Herr, ist hinreißend.«

»Was heißt hier tanzen? Das sind doch bloß meine neuen Stiefel, die mir so drücken!«

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Gleichnis.

»Wie gefalle ich dir?«

»Verkehrsturm.«

»Wie meenste?«

»Mächens loofen im Bogen rum.«

Ulk.

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Ein findiger Kopf.

Ein Fahrradhändler hatte sich nebenbei den Vertrieb von Radioapparaten zugelegt. Um nun ein neues Schild zu sparen, ließ er in die Schrift über seinem Laden, »Fahrradhandlung« nur die beiden Buchstaben »io« einfügen, und man liest nunmehr: »Fahrradiohandlung«.

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Liebe.

Nachdem der Bewerber einen Abend im Hause seines zukünftigen Schwiegervaters zugebracht hatte, stürzte er am nächsten Tage zum Heiratsvermittler, der das Ding eingefädelt hatte.

»Den ganzen Abend hat sie gesungen. Zum Verrücktwerden. Und außerdem schielt sie und hat eine Warze am Kinn.«

»Aber Geld hatse, – und Liebe macht blind, junger Freund.«

»Aber nicht taub, Sie Idiot.«

Ulk.

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Im Zoo.

»Die Affen schreien in der Angst fast wie Menschen, haben Sie das schon gehört?«

»Nee, – schrei'n Se mal!«

Paul Simmel-Album, Verlag Dr. Eyßler & Co.

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Praktisch.

»Macht Sie Ihr Telefon auch wahnsinnig?«

»Kann ich nicht sagen, mein's ist nämlich 'n Likörschrank!«

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Der richtige Berliner.

Ein kleiner Junge bekommt von seiner Tante zehn Mark geschenkt. Voll Freude eilt er zu seinem Vater und zeigt ihm das Geld.

»Laß mir dafür Karussell fahren, Vater!« sagt der Junge.

Der Vater sieht ihn strenge an und fragt: »Wie heißt es, mein Sohn?«

»Bitte, lieber Vater, laß mir Karussell fahren!«

Der Vater fragt ihn abermals mit strengem Blick: »Wie heißt es?«

Zögernd sagt der Junge: »Wenn ich nun ›mich‹ sage, läßt du mir dann fahren?«

*

A tempo.

Ein Mann kommt in die Schmetterlings-Bar.

»Geben Sie mir einen Doppelkümmel, ehe der Skandal losgeht!«

Das Barfräulein reicht ihm erschrocken ein Glas.

»Noch einen Doppelkümmel, ehe der Skandal losgeht!«

Er bekommt noch einen Doppelkümmel. Und noch einen. Und darauf noch einen. Auf diese Weise verstreichen zehn Minuten.

Dann fragt das Barfräulein:

»Aber so sagen Sie doch, um was für einen Skandal es sich handelt und wann er losgeht!?«

Der Mann antwortet:

»Der Skandal geht jetzt los. Ich habe kein Geld, um den Kümmel zu bezahlen.«

Paul Simmel-Album, Verlag Dr. Eyßler & Co.

*

Ehrlich.

Ein Arbeiter wartet auf dem Standesamte schon lange mit seiner Braut. Schließlich wird ihm eröffnet, daß der Beamte heut krank ist, und die Trauung erst morgen stattfinden kann.

»Ach wat,« erwidert er, »denn verzicht ick uff det janze Verjnüjen; mir tut et so wie so schon leid.«

*

Beim Kassenarzt.

»Liebe Frau, am besten wäre es, Ihre Schwägerin käme selbst zu mir, hat sie vielleicht Würmer?«

»Jawohl, Herr Doktor, drei Stück, un det vierte is unterwejens!«

Zille: Mein Milljöh, Verlag Dr. Eysler & Co.

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Der Maler und das Modell.

Er: »Haben Sie schon mal gesessen?«

Sie: »Erinnern Sie mir bloß nich an die Zeit!«

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Auf dem Standesamt.

»Sie sind nun schon vier Jahre Wirtschafterin und haben fünf Kinder; warum heiraten Sie denn den Mann nicht?«

»Nee, wissen Se, er is mir nich sympathisch!«

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Festtage im Hause Stubbecke.

Vater: Kinder, heute is Vaters Geburtstag; da wer 'ck euch mal 'ne Extrafreude machen!

Kinder: Au ja, Vater, aber janz wat Feinet. Wat is et nu?

Vater: Wißt ihr wat? Heut könnt er mal'n janzen Tagh zu Vatern »Ochse« sagen, ohne det er euch vahauen dut!

H. Zille: Kinder der Straße. Verlag Dr. Eyßler & Co.

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Welches ist der tiefste See.

»Der Plötzensee!« Neben dem See liegt die bekannte Strafanstalt.

»Denn mein Vater hat sechs Monate jebraucht, um wieder rauszukommen!«

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Symbol am Himmel.

»Hier is zu sehn der Vollmond mit seinem Ringgebirge, Kratern und Wällen in tausendfacher Vergrößerung!« ruft ein Mann aus, der ein dreibeiniges Fernrohr aus einem Berliner Platz montiert hat. Einer fragte:

»Wat kostet det, wenn man durchkuckt?«

»Zwanzig Pfennige!«

»Ick hab aber man bloß eenen Zehner bei mir.«

»Ja wenn Se bloß de Hälfte bezahlen wollen, müssen Se in vierzehn Tagen wiederkommen, da is der Halbmond zu sehn!«

Lustige Blätter.

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Grammatik.

Sextaner bei der Lektüre einer Zeitung: Vater, wo jehört der Artikel hin, vor's Wort oder nach's Wort?

Vater: Natürlich vor's Wort, Junge.

Sextaner: Denn muß et heißen: Der Spargel!

Vater: Jewiß doch, wie denn sonst?

Sextaner: Na, hier steht umjekehrt: Spargelder!

Lustige Blätter.

*


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