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Nachwort

Es hat mir füglich widerstrebt, diese Gedanken in der demokratischen Presse zu entwickeln, und in der rechtsstehenden wäre es nicht möglich gewesen. Zudem erforderte das Problem ein tieferes Eindringen, war also nicht auf ein paar Seiten abzutun. Somit war der gegebene Weg die Broschüre. Sie wird mir manche Anfeindung eintragen; ich habe sie deshalb auch schweren Herzens geschrieben, »der Not gehorchend, nicht dem eigenen Triebe«. Ich habe sie geschrieben, weil es so nicht weitergeht, mag ich selbst auch unter den Folgen zu leiden haben. Wenn zwei sich prügeln, und ein dritter sucht zwischen ihnen zu vermitteln, pflegen sich nämlich beide gegen ihn zu kehren. Ich weiß also zum mindesten, was mir vom Radauantisemitismus und vom überheblichen Judentum bevorstehen kann. Beides würde mich jedoch nur in der Meinung bestärken, daß ich die richtige Mitte gefunden habe. Ich weiß ferner, daß ich einer im Augenblick vorwaltenden Tendenz meiner eigenen Partei die Stirn biete; ich kann mich also auch hier in die Nesseln setzen. Der gemäßigte Antisemitismus wird mir zum mindesten eine Aufrechnung aller jüdischen Scheußlichkeiten machen, die ich vergessen oder beschönigt habe. Ihm gegenüber möchte ich jedoch betonen, daß ich gegen die Fehler des Judentums nicht blind bin und ja selbst den Kampf gegen alle zersetzenden oder deutschfeindlichen Bestrebungen predige, freilich ohne Verquickung mit Antisemitismus. Über meine Stellung zu gewissen Preßorganen, die dem Ausland seine Schlagworte vom Militarismus und Junkerherrschaft fix und fertig geliefert und es dadurch zum Angriff auf Deutschland ermuntert, dann zur Zermürbung der inneren Front mitgeholfen und der Revolution Vorspanndienste geleistet haben, glaube ich meine Ansicht deutlich genug gesagt zu haben. Ebenso aber habe ich unwiderleglich bewiesen, daß sie mit dem Judentum als solchem in keiner Weise gleichgesetzt werden können.

Für den Realpolitiker liegt das Problem einfach so: Für Pogrome, Ausweisung der Juden oder Ausnahmegesetze gegen sie besteht keinerlei Möglichkeit; dies auch nur zu erörtern ist Illusionismus und verlorene Zeit. Somit müssen wir mit den Juden auskommen. Jede Partei muß sich daher so zu ihnen stellen, wie es ihrem wahren Interesse und darüber hinaus dem Allgemeinwohl entspricht. Es handelt sich also nur darum, den besten Weg zu finden. Daß der bisher von der D. N. V. P. eingeschlagene eine Sackgasse war, glaube ich bewiesen zu haben; ich schlage daher einen anderen vor. Die jetzige antisemitische Welle, die ich menschlich begreife, wird verebben. Da ich über den Augenblick hinaussehe, frage ich mich, was sie ablösen soll, besonders wenn wir nach aller Wahrscheinlichkeit eine starke Rechtspartei bekommen, die dann mit manchen jüdischen und nichtjüdischen Revolutionserscheinungen aus dem Wege der Wahlen automatisch aufräumt. Für diese Zukunft ist meine Schrift bestimmt; ich möchte, daß sie dazu hilft, ihre Wege aufzuklären und durch eine neue Formulierung des jüdischen Problems zum Wiederaufbau unserer Wirtschaft und unserer politischen Stellung beiträgt. Gerade weil ich deutsch und national bin, halte ich diese Lösung für die richtige.

Meinen Parteigenossen rufe ich also zu: Macht einen Strich unter die Vergangenheit und rechnet den Juden nicht mehr ihre »Schuld« vor, denn das führt nur dazu, daß sie auch mit Schuldrechnungen kommen. Da jeder von der alleinigen Schuld des anderen überzeugt ist, wird diese Rechnung nie beglichen werden. Wir haben heute Wichtigeres zu tun als die gegenseitige Aufrechnung von Schuldkonten, die nachgerade lächerlich wird. Es gilt, Deutschland wieder aufzubauen, und dazu haben wir alle Kräfte nötig.

Den zahlreichen Juden, die mir beistimmen werden, rate ich, nach rechts Anschluß zu nehmen, sobald die jetzige antisemitische Welle, die sie menschlich verstehen müssen, verebbt sein wird. Mögen sie meine Worte nicht Lügen strafen, denn sie sind auch zu ihrem Vorteil geschrieben. Wer den ersten Schritt tun wird, ist hier ganz einerlei. In allen menschlichen Dingen gilt der Satz: »Der Klügere gibt nach.« Er vergibt sich damit nichts, vielmehr setzt er den, der nicht nachgibt, ins Unrecht. Gibt aber keiner von beiden nach, so sind beide dumm, und »mit der Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens«. Zudem handelt es sich hier nicht um eine einmalige große Geste, einen Theatercoup, sondern um Kleinarbeit in vielen tausend, verschieden liegenden Fällen, und die wird nicht von heute auf morgen geschafft. Es gilt zunächst einen Anfang zu machen und meine Vorschläge praktisch zu probieren. Dann findet sich das Übrige von selbst.

Geschrieben Anfang 1920.

 


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