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Erstes Kapitel

Vorbereitungen.

Trotz der anscheinenden Tollkühnheit des Planes fand er bei der norwegischen Regierung und dem König kräftige Unterstützung. Im Storting wurde eine königliche Vorlage eingebracht, zur Ausführung des Planes 200 000 Kronen (224 000 Mark) zu bewilligen, welcher Betrag als zwei Drittel der Ausgaben angesehen wurde. Das letzte Drittel glaubte ich mir auf privatem Wege verschaffen zu können, da ich von mehrern Seiten Beiträge zugesagt erhalten hatte. Schon bei meiner Rückkehr aus Grönland hatte Consul Axel Heiberg 10 000 Kronen mir für eine neue Reise zur Disposition gestellt. Ihm ist auch die Initiative zur spätern Sammlung zu verdanken.

Am 30. Juni 1890 wurde die Summe, um die ich nachgesucht hatte, vom Storting bewilligt, das dabei den Wunsch ausdrückte, die Expedition möchte eine norwegische werden. Im Januar 1891 gingen Großhändler Thomas Fearnley, Consul Axel Heiberg und Brauereibesitzer Ellef Ringnes ans Werk, um die noch nöthige Summe zu sammeln, und in wenigen Tagen war dieselbe überzeichnet.

S. M. König Oskar bewilligte Kr. 20 000
Von privater Seite trugen in Norwegen ferner bei:    
Consul Axel Heiberg " 10 000
   (Späterer Beitrag " 7 000)
Anton Chr. Honen " 20 000
C. I. A. Dick " 5 000
   (Späterer Beitrag) " 7 000
Großhändler Thomas Fearnley " 5 000
    (Späterer Beitrag) " 1 000
Ringnes & Co " 5 000
   (Späterer Beitrag) " 1 000
Großhändler A. S. Kjösterud, Drammen " 5 000
    (Späterer Beitrag) " 1 000
Großhändler C. Sundt, Bergen " 5 000
Consul Westye Egeberg " 10 000
Halvor Schon " 5 000
Baron Harald Wedel Jarlsberg und Staatsminister C. Lövenskiold " 10 000
Consul Nicolay H. Knudtzon, Christiansund " 5 000

Unter den Beiträgen vom Auslande muß der der » Royal Geographical Society« in London erwähnt werden, die mit einer Summe von 300 Pfund Sterling (6000 Mark) ihre Sympathie für das Unternehmen bezeigte.

Freiherr Oskar Dickson trug die Kosten der elektrischen Beleuchtungsanlage (Dynamo, Accumulatoren und Leitungen).

Während der Ausrüstung zeigte es sich, daß der erste Anschlag nicht hinreichend war. Das Schiff, das nach der Berechnung 150 000 Kronen kosten sollte, kam schließlich ungefähr 100 000 Kronen höher zu stehen. Wo soviel auf dem Spiele stand, glaubte ich aber kein Recht zu haben, auf die Ausgaben Rücksicht zu nehmen, wenn ich annehmen mußte, durch besondere Maßregeln das Gelingen der Unternehmung sichern zu können. Die drei Herren, die sich an die Spitze des ersten Comités gestellt hatten, übernahmen es, auch als Comité der Expedition zu fungiren und sich der Geldgeschäfte derselben anzunehmen. Um einen Theil des erwähnten Deficits zu decken, veranstalteten sie deshalb im Vereine mit einigen Herren aus der Direction und dem Rathe der norwegischen Geographischen Gesellschaft eine neue private Sammlung in ganz Norwegen und stellten sich später an die Spitze einer Nationalsubscription. Ferner mußte ich beim norwegischen Storting um weitere 80 000Kronen nachsuchen, und aufs neue legte unsere Nationalversammlung ihre Sympathie für das Unternehmen an den Tag, indem sie am 9. Juni 1893 die genannte Summe bewilligte. Schließlich deckten Consul Axel Heiberg und Herr C. I. A. Dick mit je 6000 Kronen sowie ich selbst das letzte Deficit, welches sich bei der Abreise herausstellte. (S. die nebenstehende Abrechnung.)

 

Aus dem von mir vorgelegten und früher besprochenen Plane geht hervor, daß der wichtigste Punkt in der Ausrüstung zu unserer Fahrt der Bau des Schiffes sein mußte, welches uns durch die gefürchteten Eisregionen bringen sollte. Dieser wurde denn auch mit mehr Sorgfalt ausgeführt, als wol je auf irgendein Schiff, das die arktischen Gewässer durchfurcht hat, verwendet worden war. In dem bekannten norwegischen Schiffsbaumeister Colin Archer fand ich einen Mann, der die ihm von mir gestellte Aufgabe vollständig begriff und dieser Arbeit seine ganze Thätigkeit, Umsicht und eine seltene Sorgfalt widmete. Und wenn unsere Fahrt glücklich ausgefallen ist, so verdanken wir es in nicht geringem Grade diesem Manne.

Betrachtet man die lange Reihe früherer Expeditionen und deren Ausrüstung, so muß es auffallen, daß nur sehr wenige sich eigene, für den Zweck besonders geeignete Fahrzeuge haben bauen lassen; ja die meisten haben nicht einmal Fahrzeuge gehabt, die ursprünglich für die Schiffahrt im Eise bestimmt waren. Dies muß um so mehr in Erstaunen setzen, wenn man bedenkt, welche Summen für die Ausrüstung einzelner dieser Expeditionen geopfert worden sind. Aber die Sache ist wol die, daß man in der Regel solche Eile gehabt hat, fortzukommen, daß keine Zeit zu einer sorgfältigem Ausrüstung vorhanden gewesen ist. Oft ging man erst ein paar Monate vor der Abreise ans Werk.

 

Abrechnung der Expedition bei der Abreise 1893.

Einnahmen:       Ausgaben:    
Staatsbeitrag Kr. 280 000,–   Löhnungs-Conto Kr. 46 440,–
S. M. der König und ursprüngliche Privatbeiträge " 105 000,–   Lebensversicherungs-Prämie (für die verheiratheten Theilnehmer) " 5 361,90
Sammlung der Geographischen Gesellschaft und des Comites " 20 468,46   Instrumenten-Conto " 12 978,68
Zinsen " 9 729,78   Schiffs-Conto " 271 927,08
Unterbilanz, gedeckt durch A. Heiberg, C. I. A. Dick und F. Nansen " 19 862,50   Proviant-Conto " 39 172,98
Royal Geographical Society, London (300 £)
H. Simon, Manchester (100 £)
ein Norweger in Riga (1000 Rubel)
und mehrere andere
" 9 278,62   Unkosten-Conto " 10 612,38
        Ausrüstungs-Conto " 57 846,34
Summa: Kr. 444 339,36   Summa: Kr. 444 339,36

In so kurzer Zeit konnte jedoch unsere Expedition nicht ausgerüstet werden. Sollte sie drei Jahre dauern, so nahmen die Vorbereitungen dazu nicht weniger Zeit in Anspruch, während der Plan selbst dreimal drei Jahre früher gefaßt war.

Entwurf auf Entwurf lieferte Archer, und ein Modell nach dem andern wurde angefertigt und verworfen. Immer neue Verbesserungen und Veränderungen. Die Form, für welche wir uns endlich entschieden, ist vielleicht nach der Ansicht vieler nicht schön; aber daß sie gut und zweckmäßig ist, das, meine ich, hat unsere Fahrt bewiesen. Das, was besonders angestrebt wurde, war, wie oben (S. 23) erwähnt, dem Schiffe solche Seitenwände zu geben, daß es während der Eispressungen leicht gehoben werden konnte, ohne zwischen den Schollen zerdrückt zu werden.

Greely, Rares und andere haben sicherlich recht, wenn sie sagen, daß dies nichts Neues ist. Ich stützte mich hierin nur auf traurige Erfahrungen früherer Expeditionen. Was man dagegen als neu bezeichnen könnte, ist vielleicht der Umstand, daß wir nicht allein wußten, daß das Schiff eine solche Form haben müsse, sondern daß wir ihm diese Form sowie die für die Eispressungen nothwendige Stärke auch thatsächlich gaben, und daß dies der einzige und alleinige Hauptgedanke war, der uns beim Bau leitete. Colin Archer hat recht, wenn er sich in einem Artikel in der norwegischen »Zeitschrift für Seewesen« (1892) folgendermaßen ausspricht:

»Wenn man bedenkt, was sozusagen die Grundidee des von Dr. Nansen seiner Nordpolfahrt zu Grunde gelegten Planes ist, .. wird man leicht einsehen, daß ein Schiff, das ausschließlich in der Absicht gebaut wird, diesen einen Zweck zu erfüllen, in wesentlichen Beziehungen von einem jeden bisher gebauten Schiffe verschieden sein muß ... Bei der Construction des Schiffes ist vorzugsweise darauf Rücksicht zu nehmen, daß erstens die Form des Rumpfes dergestalt ist, daß derselbe dem Angriffe des Eises eine so wenig verwundbare Fläche wie nur möglich darbietet, und daß zweitens das Schiff in constructiver Beziehung so solid gebaut wird, daß es im Stande ist, dem größtmöglichen, in beliebiger Richtung von außen erfolgenden Druck zu widerstehen.«

So wurde das Schiff auch gebaut, weniger berechnet auf Geschwindigkeit und Segeltüchtigkeit als darauf, einen sichern und warmen Zufluchtsort während der Drift im Eise zu bieten.

siehe Bildunterschrift

Colin Archer, der Erbauer der »Fram«.

Wie oben (S. 23) erwähnt, war beabsichtigt, das Schiff so klein als möglich zu machen. Der Grund hierfür war der, daß ein kleineres Schiff selbstverständlich leichter ist als ein großes und im Verhältniß zu seinem Gewichte stärker gebaut werden kann. Ein kleines Schiff ist auch günstiger für die Fahrt im Eise; es ist in kritischen Augenblicken leicht zu manövriren und in einen sichern Hafen zwischen die sich aufthürmenden Eisschollen zu bringen. Ich glaubte, daß ein Fahrzeug von 170 Registertonnen genügend sein wurde. Aber die »Fram« wurde bedeutend größer; sie hatte brutto 402 Registertonnen und eine Tragfähigkeit von netto 307 Tonnen. Es wurde auch angestrebt, das Schiff kurz zu machen, da es ihm dadurch leichter fallen würde, sich durch die Eisschollen zu winden; eine große Länge ist außerdem eine Schwäche während der Eispressungen. Aber damit ein Schiff, welches gleichzeitig stark ausliegende Seiten hat, die nothwendige Tragfähigkeit erhält, muß es breit sein, und die Breite wurde denn auch ungefähr ein Drittel der Länge. Noch ein wichtiger angestrebter Punkt war, die Schiffsseiten möglichst glatt, ohne hervorstehende Kanten zu machen, gleichwie auch versucht wurde, ungebogene Flächen in der Nähe der angreifbarsten Punkte zu vermeiden. Der Rumpf erhielt daher runde, volle Formen; Bug, Heck, Kiel – alles wurde abgerundet, damit das Eis nirgends einen genügenden Angriffspunkt finden könne. Aus diesem Grunde wurde auch der Kiel so in die Schiffswände hineingebaut, daß nur 7 cm herausragten, die Kanten aber wurden abgerundet. Die Absicht war: das ganze Fahrzeug sollte glatt wie ein Aal aus der Umarmung des Eises gleiten.

Der Rumpf erhielt vorn und hinten einen scharfen Steven und erinnerte in seiner Form nicht wenig an ein Lootsenboot, dem man den Kiel und die scharfen Kielgänge weggenommen hat. Beide Enden wurden besonders stark gemacht.

Der Bug besteht aus 3 schweren Balken aus solidem Eichenholz, der eine innerhalb des andern, von einer Gesammtstärke von 1,25 m; innerhalb dieser kommen solide Kantspanten aus Eichenholz und Eisen, um die Schiffsseiten miteinander zu verbinden, und von diesen stehen wieder Knie gegen die Decksbalken. Außerhalb des Buges ist auf der Vorderseite ein Eisensteven angebracht und auf dessen Außenseite sind Eisenschienen, die quer über den Bug und auf jeder Seite ein wenig rückwärts laufen, wie bei Seehundfängern üblich.

Das Hinterschiff erhielt eine besondere, eigenthümliche Construction, indem auf jeder Seite vom Ruder- und Schraubensteven, die beide eine Stärke von 65 cm haben, ein schwerer eichener Heckbalken gelegt ist, der der Krümmung des Hecks bis aufs Oberdeck folgt, sodaß also gewissermaßen ein doppelter Hintersteven entsteht. Auf die Außenseite desselben kommt alsdann die Beplankung, und deren Außenseite wird am Achterende wieder durch schwere Eisenplatten geschützt.

Zwischen den beiden genannten Balken am Achterende ist ein Tunnel für die Schraube sowie ein solcher fürs Ruder, durch welche beide auf Deck geheißt werden können. Es ist auf den Seehundfängern allgemein üblich, die Schraube auf diese Weise einzurichten, sodaß sie also leicht ausgewechselt werden kann, falls sie durchs Eis zertrümmert werden sollte; dagegen ist dies dort mit dem Ruder nicht der Fall. Während wir mit unserer kleinen Mannschaft und mit Hülfe des Gangspills im Falle einer plötzlich eintretenden Pressung oder dergleichen das Ruder im Laufe weniger Minuten auf Deck bringen konnten, habe ich gesehen, daß dies an Bord von Seehundfängern mit über 60 Mann Besatzung mehrere Stunden, ja sogar den ganzen Tag in Anspruch nahm.

Im ganzen ist das Heck die Achillesferse der Eismeerfahrer. Hier kann das Eis am leichtesten Schaden anrichten, indem es z. B. das Ruder zertrümmert.

Um das Ruder zu schützen, war es außerdem so tief angebracht, daß es von außen über dem Wasser nicht sichtbar war. Wenn eine Eisscholle von hinten gegen das Fahrzeug stieß, traf sie den starken Steven und konnte das Ruder selbst nur schwer erreichen. Trotz der heftigsten Schraubungen hatten wir daher in dieser Beziehung wenig Ungemach zu leiden.

Um den Schiffsseiten Stärke zu verleihen, war selbstverständlich alles Mögliche gethan. Die Spanten waren aus vorzüglichem italienischen Eichenholz, welches ursprünglich für die norwegische Marine bestimmt gewesen und 30 Jahre lang in Horten (bei Christiania) unter Dach gelegen hatte. Es war alles gewachsenes Krummholz, 25-28 cm stark. Die Spanten wurden in zwei Lagen oder Auflangern gebaut, genau zusammengefügt und durch Bolzen verbunden, wovon einige verklinkt wurden. Ueber jeder Naht wurden Bänder aus flachem Eisen angebracht. Diese waren ungefähr 56 cm breit und wurden dicht zusammengestellt, nur mit einem Zwischenraum von 3-4 cm, der vom Kiel bis etwas über die Wasserlinie mit einer Mischung aus Pech und Sägespänen ausgefüllt wurde, um das Schiff einigermaßen dicht zu halten, selbst wenn die Außenhautplanken durchgescheuert werden sollten.

Auf die Spanten wurden von außen drei Plankenlagen gelegt. Die innerste ist aus Eiche, 7,5 cm dick, festgenagelt und sorgfältig gedichtet; darauf folgt eine zweite Eichenhaut, 10 cm dick, die mit durchgehenden Bolzen befestigt und gedichtet ist; außerhalb dieser kommt dann die Eishaut aus Greenheart, die ebenso wie die andern Häute bis zum Kiel hinabreicht. In der Wasserlinie ist dieselbe 15 cm stark und nimmt gegen den Boden bis auf 7,5 cm ab. Sie wurde mit Nägeln und Bolzen mit Widerhaken, nicht mit durchgehenden Bolzen aufgesetzt, sodaß das Eis die ganze Eishaut hätte abschinden können, ohne daß der Rumpf des Schiffes dadurch größern Schaden gelitten haben würde. Die Garnirung auf der Innenseite der Spanten besteht aus theils 10 cm, theils 20 cm starken Planken aus Pitchpine-Holz; dieselbe wurde auch ein paar Mal sorgfältig gedichtet.

Die Schiffsseite hatte also im ganzen eine Stärke von 70-80 cm und bestand aus einer soliden, wasserdichten Holzmasse. Es versteht sich, daß eine solche Schiffsseite bei der gebogenen Form, die sie erhalten, schon an und für sich dem Eise einen tüchtigen Widerstand leisten kann. Um diesen aber noch stärker zu machen, wurde sie auf der Innenseite auf alle mögliche Weise gestützt, und das Fahrzeug sah inwendig aus wie ein Spinnengewebe aus Balken, Stützen und Streben. Erstens sind da zwei Lagen Balken, das Oberdeck und das Zwischendeck, größtentheils aus schwerem Eichenholz, theilweise auch ans Pitchpine-Holz; alle diese Balken sind ferner miteinander und mit den Schiffsseiten durch zahlreiche Stützen verbunden. Wie diese angebracht sind, ersieht man aus den vorstehenden Zeichnungen. Das Princip der Knie war natürlich, daß dieselben so rechtwinklig wie möglich auf den Schiffsseiten stehen sollten, um diese gegen Druck von außen zu versteifen und ihn zu vertheilen. Zu letztgenanntem Zweck sind auch die lothrechten Stützen zwischen beiden Balkenlagen und zwischen den untersten Balken und dem Kielschwein vorzüglich geeignet.

Aufrisse und Grundriß der »Fram«.

siehe Bildunterschrift

Fig. 1. Aufriß.

siehe Bildunterschrift

Fig. 2. Decksplan.
rb Steuertunnel. sb Schraubentunnel. S Salon. s Sofa im Salon. b Tisch im Salon. Svk Sverdrup's Kajüte. Bk Blessing's Kajüte. 4k Kabinen für 4 Mann. Hk Scott-Hansen's Kajüte. nk Nansen's Kajüte. c Niedergang zur Maschine. R Maschinenraum. M Maschine. Kj Kessel. g Aufgänge vom Salon. K Küche. B Kartenhaus. b Arbeitskabine. dy Platz für die Dynamomaschine. d Großluk. e Großboote. i Großraum. I der untere Großraum. f Vorderluk. n Vorderraum. o der untere Vorderraum. p Pallstütze. q Spillbetinge. r Ankerspill. 1 Fockmast. 2 Großmast. 3 Besammast. 4 Bugspriet.

siehe Bildunterschrift

Fig. 3. Mittelspantumriß.

siehe Bildunterschrift

Fig. 4. Querschnitt beim Maschinenraum.

Alles wurde untereinander durch schwere Knie und Eisenverbände befestigt. Das Ganze ist nahezu zu einer einzigen zusammenhängenden Masse geworden. Während man bei frühern Expeditionen sich in der Regel damit begnügt hatte, einigen der mittlern Balken im Schiffe eine besondere Stütze zu geben, war bei der »Fram« jeder einzelne Decksbalken auf die hier beschriebene und abgebildete Weise gestützt.

Im Maschinenraum war natürlich in der Mitte kein Platz für die Stützen; statt dessen wurden auf jeder Seite zwei Knie angebracht (s. Fig. 4). Die Zwischendecksbalken wurden ein wenig unter die Wasserlinie verlegt, wo der Druck während der Eispressungen am stärksten werden würde. Im Hinterraum mußte diese Balkenlage etwas gehoben werden, um der Maschine Platz zu schaffen. Aus dem Gründe wurde das Kajütsdeck nach hinten etwas höher als das Hauptdeck, und das Fahrzeug erhielt ein »poop« oder Halbdeck, worunter die Kajüten für alle Theilnehmer sowie die Küche ihren Platz fanden. Längs des ganzen Fahrzeugs sind innen auf die Spanten kräftige eiserne Stringer aufgelegt, die von den Wegerungsplanken unter den Oberdecksbalken schräg nach unten bis beinahe zum Kielschwein hinlaufen. Das Kielschwein ist in zwei Lagen ungefähr 80 cm hoch, ausgenommen im Maschinenraum, wo der Raum nur eine Lagenhöhe gestattet. Der Kiel ist aus zwei schweren Balken aus amerikanischem Ulmenholz, 35 cm auf jeder Seite; dieser wurde, wie schon erwähnt, so hineingebaut, daß nur 7 cm unter der äußersten Bekleidung hervorschauten. Die Seiten des Rumpfs runden sich nach unten gegen den Kiel, sodaß ein Querschnitt bei dem mittlern Spant stark an eine durchgeschnittene halbe Kokosnuß erinnert (s. Fig. 3).

Je mehr das Schiff aus dem Wasser gehoben wird, desto schwerer wird es natürlich und desto stärker wird der Druck gegen das Eis, aber desto leichter wird es dem Eise ja eben wegen dieser Form, es zu heben. Um zu vermeiden, daß das Schiff sich zu sehr auf die Seite legt, falls der Rumpf sehr hoch gehoben würde, wurde der Boden flach gemacht, was sich als sehr zweckmäßig erwies. Durch Experimente versuchte ich die Reibung des Eises auf Holz zu bestimmen, und indem ich danach die Stärke des Schiffes berechnete und den Winkel der Seiten mit der Wasserfläche berücksichtigte, kam ich zu dem Resultat, daß die Stärke mehr als hinreichend sein müsse, um dem zur Hebung des Schiffes nöthigen Drucke Widerstand zu leisten. Diese Berechnung erwies sich denn auch in der Praxis als richtig.

Die wichtigsten Dimensionen des Schiffes waren folgende: Länge im Kiel 31 m, Länge in der Wasserlinie 34,5 m, Länge über den Steven beim Deck 39 m, Breite in der Wasserlinie ohne Eishaut 10,4 m, größte Breite ohne Eishaut 11 m, Raumtiefe 5,25 m, Tiefgang mit leichter Last 3,75 m, Deplacement mit leichter Last 530 Tonnen, Deplacement bei 4,75 m Tiefgang 800 Tonnen. Das Schiff hatte dann einen Freibord von ungefähr einem Meter. Der Rumpf mit gefüllten Kesseln war darauf berechnet, ungefähr 420 Tonnen zu wiegen, und bei 800 Tonnen Deplacement sollte also eine Tragfähigkeit von 380 Tonnen für Kohlen und andere Lasten übrig bleiben. Außer dem nothwendigen Proviant für Menschen und Hunde auf mehr als fünf Jahre konnten wir Kohlen für vier Monate bei voller Fahrt der Maschine führen, was für eine Expedition wie diese mehr als hinreichend ist.

Das Wichtigste in Betreff der Takelung war, dieselbe so einfach und stark als möglich, sowie gleichzeitig so einzurichten, daß sie dem Winde einen möglichst geringen Widerstand leistete, wenn das Schiff unter Dampf ging. Bei der geringen Mannschaft, die wir hatten, war es außerdem von größter Bedeutung, daß die Takelung leicht vom Deck aus zu manövriren war. Aus diesem Grunde ist die »Fram« als Dreimastgaffelschuner getakelt. Dies erregte das Misfallen verschiedener unserer alten Eismeerschiffer, die ihr Leben lang daran gewöhnt gewesen, mit schwer getakelten Fahrzeugen zu fahren, und die mit dem ihnen eigenen konservativen Sinne meinten, daß das, was sie gebraucht hatten, überhaupt das einzige sei, was im Eise benutzt werden könne. Für unsern Gebrauch war indessen die Takelung, die wir hatten, unzweifelhaft die beste. Außer den gewöhnlichen Schratsegeln hatten wir auf dem vordersten Mast zwei lose Rahen für eine Breitfock und ein Toppsegel. Da die Rahen auf einem Schnaumast saßen, konnten sie leicht gefiert werden, wenn sie nicht im Gebrauch waren.

Die Untermasten des Schiffes waren ziemlich hoch und schwer. Der mittlere war 24,5 m hoch; die Marsstenge war 15,5 m und die Ausguckstonne an der Spitze war im ganzen ungefähr 32 m über dem Wasser. Es war von Wichtigkeit, dieselbe so hoch als möglich anzubringen, damit man um so weitere Aussicht haben konnte, wenn es galt, den Weg durchs Eis zu finden. Die gesammte Segelfläche betrug gegen 600 Quadratmeter.

Die Maschine des Schiffes wurde mit besonderer Sorgfalt gebaut. Die Arbeit wurde von Aker's mechanischer Werkstatt geliefert. Um die Construction hat Ingenieur Nörbeck sich besondere Verdienste erworben. Mit großem Verständniß sah er die verschiedensten Möglichkeiten voraus und traf dagegen seine Maßregeln. Als am meisten kohlensparend wurde das Dreifach-Expansionssystem gewählt; da man aber annehmen durfte, daß irgendeiner der Cylinder in Unordnung gerathen könnte, war durch besondere Rohre dafür Sorge getragen worden, daß ein beliebiger Cylinder ausgeschaltet werden und somit die beiden andern benutzt werden konnten, oder, wenn es schlimmer werden sollte, sogar nur der eine. Auf diese Weise konnte die Maschine, indem man nur ein oder zwei Ventile drehte, nach Belieben in eine Compound-, eine Hochdruck- oder eine Niederdruckmaschine umgewandelt werden. Trotzdem nie etwas an den Cylindern passirte, wurde diese Einrichtung mehrmals mit Vortheil verwendet. Wenn wir die Maschine als Compoundmaschine benutzten, konnten wir nämlich der »Fram« bei geringem Kohlenverbrauch größere Fahrt geben, und wenn es galt, wurde das Eis auf diese Weise forcirt.

Die Maschine besaß eine Leistungsfähigkeit von 220 indicirten Pferdekräften und konnte bei stillem Wetter mit leichter Last eine Fahrt von 6-7 Seemeilen in der Stunde ausführen. Die Schrauben, deren wir zwei in Reserve hatten, besaßen zwei Flügel und waren aus Gußeisen. Die Reserveschrauben wurden ebenso wenig benutzt wie ein Reservesteuer, welches wir mitgenommen hatten.

Die Wohnräume lagen, wie erwähnt, nach hinten, unter dem Halbdeck, und waren so eingerichtet, daß unser gemeinschaftlicher Salon, in dem wir speisten und uns aufhielten, in der Mitte lag, auf beiden Seiten von den Schlafkajüten umgeben (s. Fig. 2). Dies waren vier einschläfrige und zwei vierschläfrige Kabinen. Diese Anordnung war getroffen, um den Salon durch die ihn umgebenden Räume gegen Kälte von außen zu schützen. Außerdem waren Decken, Fußböden und Wände durch viele Schichten dicht und wärmeisolirend gemacht worden. Dem warmen Raume zunächst wurde überall luftdichtes Linoleum gelegt, um zu verhindern, daß die warme feuchte Kajütenluft sich an den Seiten niederschlagen und dort Feuchtigkeit absetzen könne, die bald zu Eis gefrieren würde. Die Seiten des Schiffes sind mit getheertem Filz bedeckt, darauf folgt Korkfüllung, dann eine Vertäfelung aus Tannenholz, dann wieder eine dicke Filzlage, dann luftdichtes Linoleum und schließlich wieder eine Täfelung. Die Decken des Salons und der Kajüten bestehen unter Deck aus vielen verschiedenen Lagen: Luft, Filz, Tannenholz, Linoleum, Renthierhaarfüllung, Täfelung, Linoleum, Luft und wieder Täfelung; mit den Decksplanken von 10 cm Stärke haben sie alles in allem eine Dicke von ungefähr 40 cm. Auf dem Fußboden des Salons wurden auf die Decksplanken 15-18 cm Korkfüllung gelegt, darauf ein dicker Holzfußboden und zu oberst Linoleum. Das Deckfenster, durch das die Kälte besonders leicht eindringen konnte, wurde durch dreifache Scheiben und auf andere Weise geschützt.

Eine der größten Schwierigkeiten des Lebens auf den Schiffen früherer Polarexpeditionen hat darin bestanden, daß die Feuchtigkeit an den kalten Außenwänden der Räume sich niederschlug, um entweder sofort zu Reif zu gefrieren oder in Bächen von den Wänden in die Kojen und auf den Fußboden herabzurinnen. Es war somit nichts Ungewöhnliches, daß die Kojenmatratzen mehr oder weniger in Eisklumpen verwandelt wurden. Wir entgingen jedoch durch die hier genannten Veranstaltungen dieser Unannehmlichkeit vollständig, und wenn im Salon eingeheizt wurde, war keine Spur von Feuchtigkeit an den Wänden, nicht einmal in den Schlafkajüten.

Vor dem Salon lag die Küche und auf beiden Seiten derselben die Aufgänge zum Deck.

Zum Schutze gegen die Kälte waren in jedem dieser beiden Aufgänge vier kleine solide Thüren angebracht, die alle passirt werden mußten, wenn man hinaus wollte, und die aus mehrern Lagen Holz mit Filz dazwischen bestanden. Um die kalte Luft abzuhalten, waren die Thürschwellen außerdem ungewöhnlich hoch gemacht. Oben auf dem Halbdeck über der Küche zwischen dem Großmast und dem Schornstein befanden sich ein Kartenhaus auf der Vorderseite und eine kleinere Arbeitskabine hinten.

Um das Schiff im Falle eines Lecks zu sichern, war der Raum durch wasserdichte Schotte in drei Abtheilungen getheilt. Ferner hatten wir außer den gewöhnlichen Pumpen eine kräftige Centrifugalpumpe, die von der Maschine getrieben wurde und mit allen Räumen in Verbindung gesetzt werden konnte.

Als eine Verbesserung gegen frühere Expeditionen ist zu erwähnen, daß die ›Fram‹ mit elektrischer Beleuchtung versehen war.

Die Dynamomaschine war darauf berechnet, von der Dampfmaschine getrieben zu werden, solange diese im Gange war, während man beabsichtigte, sie während des Aufenthalts im Eise theils durch Wind, theils durch Handkraft zu treiben. Zu diesem Zweck wurde eine Windmühle sowie ein Göpelwerk mitgenommen, das von uns selbst in Bewegung gesetzt werden sollte. Ich hatte erwartet, daß das letztere von Bedeutung sein würde, um uns in der langen Polarnacht Bewegung zu verschaffen. Wir fanden jedoch genug sonstige Arbeit, und es gelangte daher nie zur Anwendung; dagegen hatten wir viele Freude an der Windmühle. Zur Beleuchtung hatten wir für den Fall, daß nicht genügend Kraft zur Erzeugung elektrischen Lichts vorhanden war, ungefähr 16 Tonnen Petroleum mitgenommen, das auch zum Kochen und theilweise zur Heizung der Wohnräume bestimmt war.

Das Petroleum sowie 20 Tonnen gewöhnliches Steinkohlenöl, Dieses Oel wurde mit Hülfe eines eigens dazu construirten Apparats mit einer Dampfspritze als feine Douche in die Heizgänge gespritzt, woselbst es auf sehr ökonomische Weise verbrannte, indem es gleichzeitig eine starke Hitze gab. Der Apparat war von derselben Construction, wie sie in England für Locomotiven angewandt wird, und war von dort bezogen. Es zeigte sich aber, daß der Kessel dadurch an einem bestimmten Punkte zu stark erhitzt wurde, sodaß er Beulen bekam; diese Heizungsmethode wurde daher während der Fahrt nur ganz kurze Zeit angewendet. welches zusammen mit den Kohlen darauf berechnet war, unter dem Kessel verfeuert zu werden, wurden in schweren eisernen Behältern, wovon wir acht im Raum und einen auf Deck hatten, aufbewahrt.

An Booten besaß das Schiff im ganzen 8, wovon 2 besonders groß, nämlich 8,8 m lang und 2,1 m breit, waren. Diese waren für den Fall bestimmt, daß das Schiff trotz aller Vorsichtsmaßregeln zerstört werden sollte. Es war dann unsere Absicht, mit ihnen die Drift im Eise fortzusetzen und darin zu wohnen. Sie waren groß genug, die ganze Mannschaft nebst Proviant für viele Monate zu fassen.

Die 4 kleinern Boote waren von der Form, wie sie die Seehundfänger im allgemeinen benutzen. Sie waren besonders stark und leicht gebaut, zwei aus Eichen- und zwei aus Ulmenholz. Das siebente Boot war ein kleiner Kahn, das achte ein Boot mit einem Petroleummotor; es war jedoch weniger zweckmäßig und verursachte uns ziemlich viel Mühe.

Da ich später bei verschiedenen Gelegenheiten unsere übrigen Ausrüstungsgegenstände besprechen werde, will ich hier nur einige der wichtigsten erwähnen.

Auf unsere Verproviantirung wurde selbstverständlich besondere Sorgfalt verwendet, da darin ohne Zweifel die gefährlichste Quelle des Skorbuts und sonstigen Elends liegt.

Alle hierher gehörigen physiologischen Fragen wurden eingehend mit Professor Torup erörtert, der mir in diesem für uns so bedeutungsvollen Punkte unermüdlich mit Rath und That zur Seite stand.

Das Resultat unserer Erwägungen war: daß bei langdauernden arktischen Expeditionen die Conservirung von Fleisch und Fisch durch Salzen, Räuchern oder unvollständiges Dörren als mangelhaft und verwerflich anzusehen ist. Der leitende Gedanke bei der Verproviantirung muß sein, die Lebensmittel entweder durch sorgfältiges und vollständiges Dörren oder durch Sterilisiren vermittelst Wärme vor dem Verderben zu bewahren. Wonach ich ferner trachtete, war, nicht allein nahrhaften und gesunden Proviant zu bekommen, sondern auch für so viel Abwechselung als möglich zu sorgen. Wir nahmen Fleisch von allen Sorten in hermetisch verschlossenen Büchsen mit; gedörrte Fische und Fischconserven; Fischconserven schienen an Bord stets sehr begehrt zu sein. In besonders hohem Ansehen standen norwegische Fischfarce und Fischpudding, der conservirten Makrelen nicht zu gedenken. Kartoffeln, sowol gedörrte als solche in Büchsen; allerlei conservirtes und gedörrtes Gemüse; gekochtes und gedörrtes Obst, Eingemachtes und Marmelade in großer Menge; gezuckerte und ungezuckerte condensirte Milch, conservirte Butter, getrocknete Suppen verschiedener Art und viele andere Dinge. Unser Brot war meist norwegisches Schiffsbrot aus Roggen und Weizen und englischer Schiffszwieback. Außerdem hatten wir viel Mehl zum Backen von frischem Brot.

Jedes einzelne Nahrungsmittel wurde chemisch untersucht, ehe es angenommen wurde, Diese Untersuchungen verdankt die Expedition den Chemikern L. Schmelck, Christiania, und W. Harkneß, London. und es wurde besonders darauf geachtet, daß die Verpackung sorgfältig geschah. Selbst Brot, getrocknetes Gemüse u. s. w. wurde in Zinkkisten eingelöthet, um gegen Feuchtigkeit geschützt zu sein.

Als Getränke benutzten wir beim Frühstück und Abendessen Chokolade, Kaffee und Thee, zuweilen auch Milch; beim Mittagessen hatten wir im ersten halben Jahre Bier, später genossen wir Citronensaft mit Zucker oder Sirup. Außer Bier und einigen Flaschen Malzextrakt führte die Expedition keine geistigen Getränke mit sich. Einige Theilnehmer hatten jedoch privatim einige wenige Flaschen Wein und Cognac mitgenommen. Als über ein Jahr vergangen war und die hygienischen Verhältnisse an Bord sich als gut erwiesen, gestattete ich bei einzelnen festlichen Gelegenheiten einen Grog aus Multbeeren- oder anderm Fruchtsaft mit einem Zusatz von Spiritus.

Tabak hatten wir in reichlicher Menge, sowol zum Rauchen als auch zum Kauen.

Von großer Bedeutung bei einer Fahrt wie die unsrige ist eine gute Bibliothek, und dank den Verlegern und sonstigen Freunden der Expedition in Norwegen und im Auslande waren wir in dieser Beziehung sehr gut ausgerüstet.

Einen wichtigen Theil der Ausrüstung bildeten natürlich die Instrumente, mit denen die wissenschaftlichen Beobachtungen angestellt werden sollten; ihnen wurde denn auch besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Außer der Sammlung von Instrumenten, die ich von der Grönlandreise her besaß, wurde eine Menge neuer angeschafft, und nichts wurde gespart, um sie so gut und vollständig als möglich zu bekommen. Zu den meteorologischen Beobachtungen wurden außer gewöhnlichen Thermometern, Barometern, Aneroiden, Psychrometern, Hygrometern, Anemometern u. s. w. auch selbstregistrirende Instrumente mitgenommen. Von besonderer Bedeutung waren ein selbstregistrirendes Aneroidbarometer (Barograph) und ein Paar selbstregistrirende Thermometer (Thermographen). Für astronomische Bestimmungen besaßen wir ein großes Universalinstrument zum Gebrauch während der Drift und zwei kleinere, für Schlittenexpeditionen bestimmte Theodoliten, sowie mehrere Sextanten von verschiedener Größe. Ferner hatten wir vier Schiffschronometer und verschiedene Taschenchronometer. Für die magnetischen Beobachtungen besaßen wir eine vollständige Ausrüstung, um Declination, Inclination und Intensität (sowol die horizontale als die totale Intensität) zu bestimmen. Unter andern Instrumenten sind zu erwähnen: ein Spektroskop, besonders für Nordlicht berechnet, ein Elektroskop, um die Luftelektricität zu bestimmen, photographische Apparate, von denen wir sieben größere und kleinere hatten, und einen photogrammetrischen Apparat zur Aufnahme von Karten.

Für besonders wichtig hielt ich einen Pendelapparat nebst Zubehör, um Pendelversuche im hohen Norden anzustellen. Dazu war aber Land erwünscht, und das fanden wir nicht, sodaß dieses Instrument leider wenig zur Anwendung kam.

Zu hydrographischen Untersuchungen führten wir eine volle Ausrüstung von Wasserschöpfern, Tiefseethermometern u. s. w. mit. Zur Bestimmung des Salzgehalts des Wassers hatten wir außer den gewöhnlichen Aräometern auch einen von Stipendiat Thornöe construirten elektrischen Apparat.

Zum Sammeln von Thieren und Pflanzen führten wir natürlich Käscher und Schleppnetze u. s. w. mit uns.

Im ganzen war unsere wissenschaftliche Ausrüstung völlig gelungen, und dies verdanke ich zum wesentlichen Theil den vielen Männern der Wissenschaft, die mir dabei wohlwollend zur Seite standen. Ich benutze hier die Gelegenheit, um folgenden Herren meinen besondern Dank auszusprechen: Professor Mohn, der sich nicht allein der meteorologischen Instrumente annahm, sondern mir auch auf manche andere Weise mit Rath und That behülflich war; Professor Geelmuyden, der sich für den astronomischen Theil interessirte; Wirkl. Geh. Admiralitätsrath Professor Dr. Neumayer in Hamburg, der die magnetische Ausrüstung überwachte, sowie Professor Otto Petterson in Stockholm und Stipendiat Thornöe in Christiania, die beide bei der hydrographischen Ausrüstung halfen.

Von nicht geringerer Bedeutung waren die physiologisch-medicinischen Vorbereitungen, deren sich Professor Torup mit Sorgfalt angenommen hatte.

In verschiedenen Fällen war es von größter Bedeutung für die Expedition, gute Schlittenhunde zu haben.

Aus diesem Anlaß wandte ich mich an meinen Freund Baron Eduard von Toll in St. Petersburg mit der Frage, ob es sich machen ließe, aus Sibirien brauchbare Hunde zu bekommen. Ich hatte auch daran gedacht, von den Eskimos in Grönland und an der Hudson-Bai Hunde zu erhalten, aber es zeigte sich, daß es mit zu großen Schwierigkeiten verbunden war, mir dieselben von dort zu senden. Baron Toll antwortete sehr entgegenkommend, daß er glaube, selbst die Sache für mich ordnen zu können, da er gerade im Begriff sei, seine zweite wissenschaftliche Reise nach Sibirien und den Neusibirischen Inseln anzutreten. Er schlug vor, die Hunde sollten nach Chabarowa an der Jugorschen Straße geschickt werden. Auf seiner Reise durch Tjumen im Januar 1893 bewog er mit Hülfe des englischen Kaufmannes Wardropper einen dort wohnenden Mann, Namens Alexander Iwanowitsch Trontheim, 30 ostjakische Hunde zu erwerben und sie nach der Jugorschen Straße zu bringen. Aber Baron Toll begnügte sich nicht damit. Da Herr Nikolai Kelch sich zur Tragung der Kosten erbot, besorgte er den Kauf von 26 ostsibirischen Hunden, die anerkannt bessere Zughunde sind als die westsibirischen (ostjakischen), und der Norweger Johann Torgersen übernahm es, sie nach der Olenek-Mündung zu bringen, wo wir der Abrede gemäß anlaufen sollten.

Ferner meinte Baron Toll, es könnte von Wichtigkeit sein, auf den Neusibirischen Inseln einige Depots anzulegen für den Fall, daß die ›Fram‹ verunglücken und die Expedition gezwungen sein sollte, auf diesem Wege heimzukehren. Als er dies erwähnte, erklärte Herr Kelch sich sofort bereit, auch hierfür die Kosten zu bestreiten, da er wünschte, daß wir in diesem Falle sibirische Gastfreundschaft selbst auf den Neusibirischen Inseln finden sollten.

Es stellte sich als schwierig heraus, zuverlässige Leute zu finden, um einen so verantwortungsvollen Auftrag auszuführen. Daher entschloß sich Baron Toll selbst, die Depots anzulegen. Im Mai 1893 unternahm er zu diesem Zweck eine abenteuerliche und in hohem Grade interessante Reise vom Festlande übers Eis nach den Neusibirischen Inseln, während welcher er nicht allein drei Depots für uns anlegte, Diese Depots waren mit großer Umsicht angebracht, und es war so gut für uns gesorgt, daß wir wahrlich keine Noth gelitten hätten, wenn wir dorthin gekommen wären. Im nördlichsten Depot bei Stan Durnowo auf der Westküste der Kotelnyj-Insel unter 75° 37' nördl. Br. würden wir Proviant für acht Tage gefunden haben. Damit hätten wir leicht 100 km südwärts längs der Küste nach dem zweiten Depot bei Urassalach gelangen können, wo wir in einem von Baron Toll im Jahre 1886 aufgeführten Hause Nahrung für einen ganzen Monat gefunden hätten. Schließlich würde ein drittes Depot in einem Hause auf der Südseite der Kleinen Ljachow-Insel mit einem Proviant für zwei Monate uns in den Stand gesetzt haben, mit Leichtigkeit das Festland zu erreichen. sondern auch geologische Untersuchungen von größter Bedeutung anstellte. Ueber die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser interessanten Reise siehe »Mémoires de l'Académie des Sciences de St. Pétersbourg«, VlI<sup>e</sup> série, tome XLII, No. 13. Die Reise selbst beschrieb Baron Toll im Jahrbuch der russischen Geographischen Gesellschaft und unter anderm auch in »Petermanns Mitteilungen«, 1891, S. 131 fg. und 155 fg.

Ein zweiter Punkt von Wichtigkeit war meiner Meinung nach, eine Kohlenladung so weit als möglich auf unsern Weg zu senden, damit wir die ›Fram‹, bevor wir die Verbindung mit der übrigen Welt ganz abbrachen, soviel als möglich mit Kohlen versehen konnten.

siehe Bildunterschrift

1. Cand. med. Blessing. 2. Nordahl, Elektrotechniker. 3. Mogstad. 4. Hendriksen, Harpunierer. 5. Pettersen, Zweiter Maschinist. 6. Johansen, Reservelieutenant.
7. Bentsen. 8. Scott-Hansen, Premierlieutenant der Marine, 9. Sverdrup, Kapitän. 10. Jacobsen, Steuermann. 11. Nansen. 12. Juell, Proviantverwalter und Koch. 13. Amundsen, Erster Maschinist.

Mit Freuden nahm ich daher das Anerbieten eines Engländers an, uns mit seiner Dampfjacht bis Nowaja Semlja oder bis zum Karischen Meere zu begleiten und uns beim Abschiede 100 Tonnen Kohlen zu geben. Als wir vor der Abreise standen, erfuhr ich jedoch, daß neue Bestimmungen getroffen seien.

Da es jetzt zu spät geworden, um sich auf andere Weise zu arrangiren, miethete ich die Jacht »Urania« aus Brönösund in Nordland, um eine Kohlenladung nach Chabarowa an der Jugor'schen Straße zu bringen.

 

Sobald mein Expeditionsplan bekannt wurde, liefen aus allen Himmelsgegenden, aus Europa, Amerika, selbst aus Australien, trotz der vielen warnenden Stimmen, die sich gegen die Expedition erhoben, Hunderte von Gesuchen ein von Personen, die theilzunehmen wünschten. Es war nicht leicht, unter all den muthigen Männern, die sich meldeten, eine Wahl zu treffen. Selbstverständlich mußte besonderes Gewicht darauf gelegt werden, daß jeder kräftig und gesund sei, und niemand wurde deshalb endgültig angenommen, bevor er nicht sorgfältig von Professor Hjalmar Heiberg in Christiania untersucht worden war.

Die Mitglieder der Expedition waren folgende:

Otto Neumann Sverdrup, Führer der »Fram«, geboren 1855 zu Bindalen in Helgeland. Siebzehn Jahre alt ging er zur See, 1878 machte er sein Steuermannsexamen und fuhr einige Jahre als Kapitän. 1888-89 nahm er an meiner Grönlandreise theil. Sobald er von dem Plane zur neuen Polarfahrt hörte, äußerte er den Wunsch, sich zu betheiligen. Ich wußte, daß ich die »Fram« schwerlich bessern Händen übergeben könne. Er ist verheirathet und Vater eines Kindes.

Sigurd Scott-Hansen, Premierlieutenant in der norwegischen Marine, übernahm die meteorologischen, astronomischen und magnetischen Beobachtungen. Er ist 1868 in Christiania geboren. Nachdem er die Marineschule in Horten durchgemacht, wurde er 1889 Offizier und 1892 Premierlieutenant. Er ist ein Sohn des Districtspfarrers Andreas Hansen in Christiania.

Cand. med. Henrik Greve Blessing, Arzt und Botaniker der Expedition, geboren 1866 in Drammen, wo sein Vater damals Geistlicher war. Er wurde 1885 Student und im Frühjahr 1893 Candidat der Medizin.

Theodor Claudius Jacobsen, Steuermann der »Fram«, geboren 1855 in Tromsö, woselbst der Vater Kapitän, später Hafenmeister und Oberlootse war. Im Alter von fünfzehn Jahren ging er zur See und machte vier Jahre später sein Steuermannsexamen. Zwei Jahre lang ist er in Neuseeland Arbeiter gewesen. 1886-90 fuhr er als Eismeerschiffer mit einer Jacht von Tromsö. Er ist verheirathet und hat ein Kind.

Anton Amundsen, Erster Maschinist der »Fram«, ist 1853 in Horten geboren. Im Jahre 1875 machte er das technische Examen, 1877 wurde er Maschinist und 1892 machte er das Maschinenmeisterexamen. Seit 25 Jahren ist er im Dienste der Marine gewesen, wo er die Stellung eines Obermaschinisten erlangt hat. Er ist verheirathet und hat sieben Kinder.

Adolf Juell, Proviantverwalter und Koch an Bord der »Fram«, geboren 1860 im District Skåtö bei Kragerö. Sein Vater war der Landmann und Schiffsreeder Claus Nielsen Juell. Im Jahre 1879 machte er sein Steuermannsexamen; er ist mehrere Jahre lang Schiffsführer gewesen. Er ist verheirathet und Vater von vier Kindern.

Lars Pettersen, Zweiter Maschinist der »Fram«, geboren 1860 in Borre bei Landskrona in Schweden von norwegischen Eltern. Er ist gelernter Schmied und Maschinenarbeiter, in welcher Eigenschaft er mehrere Jahre in der norwegischen Marine angestellt war. Er ist verheirathet und hat vier Kinder.

Reservelieutenant Fredrik Hjalmar Johansen, geboren 1867 in Skien, wurde 1886 Student. In den Jahren 1891 und 1892 besuchte er die Kriegsschule und wurde dann Reserveoffizier. Er war so für die Theilnahme an der Expedition begeistert, daß er, da kein anderer Platz frei war, den Posten eines Heizers annahm. An Bord war er die meiste Zeit meteorologischer Assistent.

Harpunierer Peder Leonard Hendriksen, geboren 1859 zu Balsfjorden in der Nähe von Tromsö. Von Kindheit an hat er sich auf der See bewegt und fuhr vierzehn Jahre lang auf dem Eismeere als Harpunierer und Schiffer. Im Jahre 1888 erlitt er bei Nowaja Semlja Schiffbruch mit der Jacht »Enigheden« von Christiansund. Er ist verheirathet und hat vier Kinder.

Bernhard Nordahl ist 1862 in Christiania geboren. Vierzehn Jahre alt trat er in die Marine ein und avancirte zum Constabel. Später hat er die verschiedensten Beschäftigungen gehabt und u. a. mehrere Jahre lang an elektrischen Beleuchtungsanlagen gearbeitet. An Bord hatte er die Beaufsichtigung der Dynamomaschine und des elektrischen Lichts, leistete außerdem Dienste als Heizer und war eine Zeit lang Gehülfe bei den meteorologischen Beobachtungen. Er ist verheirathet und Vater von fünf Kindern.

Ivar Otto Irgens Mogstad, geboren 1856 zu Aure in Nordmöre. 1877 machte er das Examen als Forstbeamter. Seit 1882 war er Oberwärter an der Irrenanstalt zu Gaustad. An Bord war er zu allem nützlich, vom Uhrmacher bis zum Hundewärter.

Bernt Bentsen, geboren 1860, ist mehrere Jahre zur See gewesen. Im Jahre 1890 bestand er das Steuermannsexamen und hat seitdem als Steuermann das Eismeer bereist. Er wurde in Tromsö angeworben, gerade als wir abfuhren. Es ging dies ziemlich schnell; um halb 9 Uhr kam er an Bord, um mit mir zu sprechen, und um 10 Uhr ging die »Fram« in See.


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