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In der Entwicklung, welche während dieser Epoche dem Recht innerhalb der römischen Gemeinde zuteil ward, ist wohl die wichtigste materielle Neuerung die eigentümliche Sittenkontrolle, welche die Gemeinde selbst und in untergeordnetem Grade ihre Beauftragten anfingen, über die einzelnen Bürger auszuüben. Der Keim dazu ist in dem Rechte des Beamten zu suchen, wegen Ordnungswidrigkeiten Vermögensbußen (multae) zu erkennen. Bei allen Bußen von mehr als zwei Schafen und 30 Rindern, oder, nachdem durch Gemeindebeschluß vom Jahre 324 (430) die Viehbußen in Geld umgesetzt worden waren, von mehr als 3020 Libralassen (218 Taler), kam bald nach der Vertreibung der Könige die Entscheidung im Wege der Provokation an die Gemeinde, und es erhielt damit das Bruchverfahren ein ursprünglich ihm durchaus fremdes Gewicht. Unter den vagen Begriff der Ordnungswidrigkeit ließ sich alles, was man wollte, bringen und durch die höheren Stufen der Vermögensbußen alles, was man wollte, erreichen; es war eine Milderung, die die Bedenklichkeit dieses arbiträren Verfahrens weit mehr offenbart als beseitigt, daß diese Vermögensbußen, wo sie nicht gesetzlich auf eine bestimmte Summe festgestellt waren, die Hälfte des dem Gebüßten gehörigen Vermögens nicht erreichen durften. In diesen Kreis gehören schon die Polizeigesetze, an denen die römische Gemeinde seit ältester Zeit überreich war: die Bestimmungen der Zwölf Tafeln, welche die Salbung der Leiche durch gedungene Leute, die Mitgabe von mehr als einem Pfuhl und mehr als drei purpurbesetzten Decken sowie von Gold und flatternden Kränzen, die Verwendung von bearbeitetem Holz zum Scheiterhaufen, die Räucherungen und Besprengungen desselben mit Weihrauch und Myrrhenwein untersagten, die Zahl der Flötenbläser im Leichenzug auf höchstens zehn beschränkten und die Klageweiber und die Begräbnisgelage verboten – gewissermaßen das älteste römische Luxusgesetz; ferner die aus den ständischen Kämpfen hervorgegangenen Gesetze gegen den Geldwucher sowohl wie gegen Obernutzung der Gemeinweide und unverhältnismäßige Aneignung von okkupablem Domanialland. Weit bedenklicher aber als diese und ähnliche Bruchgesetze, welche doch wenigstens die Kontravention und oft auch das Strafmaß ein für allemal formulierten, war die allgemeine Befugnis eines jeden mit Jurisdiktion versehenen Beamten wegen Ordnungswidrigkeit eine Buße zu erkennen und, wenn diese das Provokationsmaß erreichte und der Gebüßte sich nicht in die Strafe fügte, die Sache an die Gemeinde zu bringen. Schon im Laufe des fünften Jahrhunderts ist in diesem Wege wegen sittenlosen Lebenswandels sowohl von Männern wie von Frauen, wegen Kornwucher, Zauberei und ähnlicher Dinge gleichsam kriminell verfahren worden. In innerlicher Verwandtschaft hiermit steht die gleichfalls in dieser Zeit aufkommende Quasijurisdiktion der Zensoren, welche ihre Befugnis, das römische Budget und die Bürgerlisten festzustellen, benutzten, teils um von sich aus Luxussteuern aufzulegen, welche von den Luxusstrafen nur der Form nach sich unterschieden, teils besonders um auf die Anzeige anstößiger Handlungen hin dem tadelhaften Bürger die politischen Ehrenrechte zu schmälern oder zu entziehen. Wie weit schon jetzt diese Bevormundung ging, zeigt, daß solche Strafen wegen nachlässiger Bestellung des eigenen Ackers verhängt wurden, ja daß ein Mann wie Publius Cornelius Rufmus (Konsul 464, 477 290, 277) von den Zensoren des Jahres 479 (275) aus dem Ratsherrenverzeichnis gestrichen ward, weil er silbernes Tafelgerät zum Werte von 3360 Sesterzen (240 Taler) besaß. Allerdings hatten nach der allgemein für Beamtenverordnungen gültigen Regel die Verfügungen der Zensoren nur für die Dauer ihrer Zensur, das heißt durchgängig für die nächsten fünf Jahre rechtliche Kraft, und konnten von den nächsten Zensoren nach Gefallen erneuert oder nicht erneuert werden; aber nichtsdestoweniger war diese zensorische Befugnis von einer so ungeheuren Bedeutung, daß infolge dessen die Zensur aus einem Unteramt an Rang und Ansehen von allen römischen Gemeindeämtern das erste ward. Das Senatsregiment ruhte wesentlich auf dieser doppelten, mit ebenso ausgedehnter wie arbiträrer Machtvollkommenheit versehenen Ober- und Unterpolizei der Gemeinde und der Gemeindebeamten. Dieselbe hat wie jedes ähnliche Willkürregiment viel genützt und viel geschadet, und es soll dem nicht widersprochen werden, der den Schaden für überwiegend hält; nur darf es nicht vergessen werden, daß bei der allerdings äußerlichen, aber straffen und energischen Sittlichkeit und dem gewaltig angefachten Bürgersinn, welche diese Zeit recht eigentlich bezeichnen, der eigentlich gemeine Mißbrauch doch von diesen Institutionen fern blieb und, wenn die individuelle Freiheit hauptsächlich durch sie niedergehalten worden ist, auch die gewaltige und oft gewaltsame Aufrechthaltung des Gemeinsinns und der guten alten Ordnung und Sitte in der römischen Gemeinde eben auf diesen Institutionen beruhen.
Daneben macht in der römischen Rechtsentwicklung zwar langsam, aber dennoch deutlich genug eine humanisierende und modernisierende Tendenz sich geltend. Die meisten Bestimmungen der Zwölf Tafeln, welche mit dem Solonischen Gesetz übereinkommen und deshalb mit Grund für materielle Neuerungen gehalten werden dürfen, tragen diesen Stempel; so die Sicherung des freien Assoziationsrechts und der Autonomie der also entstandenen Vereine; die Vorschrift über die Grenzstreifen, die dem Abpflügen wehrte; die Milderung der Strafe des Diebstahls, indem der nicht auf frischer Tat ertappte Dieb sich fortan durch Leistung des doppelten Ersatzes von dem Bestohlenen lösen konnte. Das Schuldrecht ward in ähnlichem Sinn, jedoch erst über ein Jahrhundert nachher, durch das Poetelische Gesetz gemildert. Die freie Bestimmung über das Vermögen, die dem Herrn desselben bei Lebzeiten schon nach ältestem römischen Recht zugestanden hatte, aber für den Todesfall bisher geknüpft gewesen war an die Einwilligung der Gemeinde, wurde auch von dieser Schranke befreit, indem das Zwölftafelgesetz oder dessen Interpretation dem Privattestament dieselbe Kraft beilegte, welche dem von den Kurien bestätigten zukam; es war dies ein wichtiger Schritt zur Sprengung der Geschlechtsgenossenschaften und zur völligen Durchführung der Individualfreiheit im Vermögensrecht. Die furchtbar absolute väterliche Gewalt wurde beschränkt durch die Vorschrift, daß der dreimal vom Vater verkaufte Sohn nicht mehr in dessen Gewalt zurückfallen, sondern fortan frei sein solle; woran bald durch eine – streng genommen freilich widersinnige – Rechtsdeduktion die Möglichkeit angeknüpft ward, daß sich der Vater freiwillig der Herrschaft über den Sohn begebe durch Emanzipation. Im Eherecht wurde die Zivilehe gestattet; und wenn auch mit der rechten bürgerlichen ebenso notwendig wie mit der rechten religiösen die volle eheherrliche Gewalt verknüpft war, so lag doch in der Zulassung der ohne solche Gewalt geschlossenen Verbindung an Ehestatt der erste Anfang zur Lockerung der Vollgewalt des Eheherrn. Der Anfang einer gesetzlichen Nötigung zum ehelichen Leben ist die Hagestolzensteuer (aes uxorium), mit deren Einführung Camillus als Zensor im Jahre 351 (403) seine öffentliche Laufbahn begann.
Durchgreifendere Änderungen als das Recht selbst erlitt die politisch wichtigere und überhaupt veränderlichere Rechtspflegeordnung. Vor allen Dingen gehört dahin die wichtige Beschränkung der oberrichterlichen Gewalt durch die gesetzliche Aufzeichnung des Landrechts und die Verpflichtung des Beamten, fortan nicht mehr nach dem schwankenden Herkommen, sondern nach dem geschriebenen Buchstaben im Zivil- wie im Kriminalverfahren zu entscheiden (303, 304 451, 450). Die Einsetzung eines ausschließlich für die Rechtspflege tätigen römischen Oberbeamten im Jahre 387 (367) und die gleichzeitig in Rom erfolgte und unter Roms Einfluß in allen latinischen Gemeinden nachgeahmte Gründung einer besonderen Polizeibehörde erhöhten die Schnelligkeit und Sicherheit der Justiz. Diesen Polizeiherren oder den Ädilen kam natürlich zugleich eine gewisse Jurisdiktion zu, insofern sie teils für die auf offenem Markt abgeschlossenen Verkäufe, also namentlich für die Vieh- und Sklavenmärkte die ordentlichen Zivilrichter waren, teils in der Regel sie es waren, welche in dem Buß- und Brüchverfahren als Richter erster Instanz oder, was nach römischem Recht dasselbe ist, als öffentliche Ankläger fungierten. Infolgedessen lag die Handhabung der Brüchgesetze und überhaupt das ebenso unbestimmte wie politisch wichtige Brüchrecht hauptsächlich in ihrer Hand. Ähnliche, aber untergeordnetere und besonders gegen die geringen Leute gerichtete Funktionen standen den zuerst 465 (289) ernannten drei Nacht- oder Blutherren (tres viri nocturni oder capitales) zu: sie wurden mit der nächtlichen Feuer- und Sicherheitspolizei und mit der Aufsicht über die Hinrichtungen beauftragt, woran sich sehr bald, vielleicht schon von Haus aus eine gewisse summarische Gerichtsbarkeit geknüpft hatDie früher aufgestellte Behauptung, daß diese Dreiherren bereits der ältesten Zeit angehören, ist deswegen irrig, weil der ältesten Staatsordnung Beamtenkollegien von ungerader Zahl fremd sind (Römische Chronologie bis auf Caesar. z. Aufl. Berlin 1859, S. 15, A. 12). Wahrscheinlich ist die gut beglaubigte Nachricht, daß sie zuerst 465 (289) ernannt wurden (Liv. ep. 11), einfach festzuhalten und die auch sonst bedenkliche Deduktion des Fälschers Licinius Macer (bei Liv. 7, 46), welche ihrer vor 450 (304) Erwähnung tut, einfach zu verwerfen. Anfänglich wurden ohne Zweifel, wie dies bei den meisten der späteren magistratus minores der Fall gewesen ist, die Dreiherren von den Oberbeamten ernannt; das papirische Plebiszit, das die Ernennung derselben auf die Gemeinde übertrug (Festus v. sacramentum p. 344 M.), ist auf jeden Fall, da es den Prätor nennt, qui inter civis ius dicit, erst nach Einsetzung der Fremdenprätur, also frühestens gegen die Mitte des 6. Jahrhunderts erlassen.. Mit der steigenden Ausdehnung der römischen Gemeinde wurde es endlich, teils mit Rücksicht auf die Gerichtspflichtigen, notwendig in den entfernteren Ortschaften eigene, wenigstens für die geringeren Zivilsachen kompetente Richter niederzusetzen, was für die Passivbürgergemeinden Regel war, aber vielleicht selbst auf die entfernteren Vollbürgergemeinden erstreckt wardDahin führt, was Liv. 9, 20 über die Reorganisation der Kolonie Antium zwanzig Jahre nach ihrer Gründung berichtet; und es ist an sich klar, daß wenn man dem Ostienser recht wohl auferlegen konnte, seine Rechtshändel alle in Rom abzumachen, dies für Ortschaften wie Antium und Sena sich nicht durchführen ließ. – die ersten Anfänge einer neben der eigentlich römischen sich entwickelnden römisch-munizipalen Jurisdiktion.
In dem Zivilverfahren, welches indes nach den Begriffen dieser Zeit die meisten gegen Mitbürger begangenen Verbrechen einschloß, wurde die wohl schon früher übliche Teilung des Verfahrens in Feststellung der Rechtsfrage vor dem Magistrat (ius) und Entscheidung derselben durch einen vom Magistrat ernannten Privatmann (iudicium) mit Abschaffung des Königtums gesetzliche Vorschrift; und dieser Trennung hat das römische Privatrecht seine logische und praktische Schärfe und Bestimmtheit wesentlich zu verdankenMan pflegt die Römer als das zur Jurisprudenz privilegierte Volk zu preisen und ihr vortreffliches Recht als eine mystische Gabe des Himmels anzustaunen; vermutlich besonders, um sich die Scham zu ersparen über die Nichtswürdigkeit des eigenen Rechtszustandes. Ein Blick auf das beispiellos schwankende und unentwickelte römische Kriminalrecht könnte von der Unhaltbarkeit dieser unklaren Vorstellungen auch diejenigen überzeugen, denen der Satz zu einfach scheinen möchte, daß ein gesundes Volk ein gesundes Recht hat und ein krankes ein krankes. Abgesehen von allgemeineren staatlichen Verhältnissen, von welchen die Jurisprudenz eben auch und sie vor allem abhängt, liegen die Ursachen der Trefflichkeit des römischen Zivilrechts hauptsächlich in zwei Dingen: einmal darin, daß der Kläger und der Beklagte gezwungen wurden, vor allen Dingen die Forderung und ebenso die Einwendung in bindender Weise zu motivieren und zu formulieren; zweitens darin, daß man für die gesetzliche Fortbildung des Rechtes ein ständiges Organ bestellte und dies an die Praxis unmittelbar anknüpfte. Mit jenem schnitten die Römer die advokatische Rabulisterei, mit diesem die unfähige Gesetzmacherei ab, soweit sich dergleichen abschneiden läßt, und mit beiden zusammen genügten sie, soweit es möglich ist, den zwei entgegenstehenden Forderungen, daß das Recht stets fest und daß es stets zeitgemäß sein soll.. Im Eigentumsprozeß wurde die bisher der unbedingten Willkür der Beamten anheimgegebene Entscheidung über den Besitzstand allmählich rechtlichen Regeln unterworfen und neben dem Eigentums- das Besitzrecht entwickelt, wodurch abermals die Magistratsgewalt einen wichtigen Teil ihrer Macht einbüßte. Im Kriminalverfahren wurde das Volksgericht, die bisherige Gnaden- zur rechtlich gesicherten Appellationsinstanz. War der Angeklagte nach Verhörung (quaestio) von dem Beamten verurteilt und berief sich auf die Bürgerschaft, so schritt der Magistrat vor dieser zu dem Weiterverhör (anquisitio), und wenn er nach dreimaliger Verhandlung vor der Gemeinde seinen Spruch wiederholt hatte, wurde im vierten Termin das Urteil von der Bürgerschaft bestätigt oder verworfen. Milderung war nicht gestattet. Denselben republikanischen Sinn atmen die Sätze, daß das Haus den Bürger schütze und nur außerhalb des Hauses eine Verhaftung stattfinden könne; daß die Untersuchungshaft zu vermeiden und es jedem angeklagten und noch nicht verurteilten Bürger zu gestatten sei, durch Verzicht auf sein Bürgerrecht den Folgen der Verurteilung, soweit sie nicht das Vermögen, sondern die Person betrafen, sich zu entziehen – Sätze, die allerdings keineswegs gesetzlich formuliert wurden und den anklagenden Beamten also nicht rechtlich banden, aber doch durch ihren moralischen Druck namentlich für die Beschränkung der Todesstrafe von dem größten Einfluß gewesen sind. Indes wenn das römische Kriminalrecht für den starken Bürgersinn wie für die steigende Humanität dieser Epoche ein merkwürdiges Zeugnis ablegt, so litt es dagegen praktisch namentlich unter den hier besonders schädlich nachwirkenden ständischen Kämpfen. Die aus diesen hervorgegangene konkurrierende Kriminaljurisdiktion erster Instanz der sämtlichen Gemeindebeamten war die Ursache, daß es in dem römischen Kriminalverfahren eine feste Instruktionsbehörde und eine ernsthafte Voruntersuchung fortan nicht mehr gab; und indem das Kriminalurteil letzter Instanz in den Formen und von den Organen der Gesetzgebung gefunden ward, auch seinen Ursprung aus dem Gnadenverfahren niemals verleugnete, überdies noch die Behandlung der polizeilichen Bußen auf das äußerlich sehr ähnliche Kriminalverfahren nachteilig zurückwirkte, wurde nicht etwa mißbräuchlich, sondern gewissermaßen verfassungsmäßig die Entscheidung in den Kriminalsachen nicht nach festem Gesetz, sondern nach dem willkürlichen Belieben der Richter gefällt. Auf diesem Wege ward das römische Kriminalverfahren vollständig grundsatzlos und zum Spielball und Werkzeug der politischen Parteien herabgewürdigt; was um so weniger entschuldigt werden kann, als dies Verfahren zwar vorzugsweise für eigentliche politische Verbrechen, aber doch auch für andere, zum Beispiel für Mord und Brandstiftung zur Anwendung kam. Dazu kam die Schwerfälligkeit jenes Verfahrens, welche im Verein mit der republikanisch hochmütigen Verachtung des Nichtbürgers es verschuldet hat, daß man sich immer mehr gewöhnte, ein summarisches Kriminal- oder vielmehr Polizeiverfahren gegen Sklaven und geringe Leute neben jenem förmlichen zu dulden. Auch hier überschritt der leidenschaftliche Streit um die politischen Prozesse die natürlichen Grenzen und führte Institutionen herbei, die wesentlich dazu beigetragen haben, die Römer allmählich der Idee einer festen sittlichen Rechtsordnung zu entwöhnen.
Weniger sind wir imstande, die Weiterbildung der römischen Religionsvorstellungen in dieser Epoche zu verfolgen. Im allgemeinen hielt man einfach fest an der einfachen Frömmigkeit der Ahnen und den Aber- wie den Unglauben in gleicher Weise fern. Wie lebendig die Idee der Vergeistigung alles Irdischen, auf der die römische Religion beruhte, noch am Ende dieser Epoche war, beweist der vermutlich doch erst infolge der Einführung des Silbercourants im Jahre 485 (269) neu entstandene Gott "Silberich" (Argentinus), der natürlicherweise des älteren Gottes "Kupferich" (Aesculanus) Sohn war.
Die Beziehungen zum Ausland sind dieselben wie früher; aber auch hier und hier vor allem ist der hellenische Einfluß im Steigen. Erst jetzt beginnen den hellenischen Göttern in Rom selber sich Tempel zu erheben. Der älteste war der Tempel der Kastoren, welcher in der Schlacht am Regillischen See gelobt und am 15. Juli 269 (485) eingeweiht sein soll. Die Sage, welche an denselben sich knüpft, daß zwei übermenschlich schöne und große Jünglinge auf dem Schlachtfelde in den Reihen der Römer mitkämpfend und unmittelbar nach der Schlacht ihre schweißtriefenden Rosse auf dem römischen Markt am Quell der Juturna tränkend und den großen Sieg verkündend gesehen worden seien, trägt ein durchaus unrömisches Gepräge und ist ohne allen Zweifel der bis in die Einzelheiten gleichartigen Epiphanie der Dioskuren in der berühmten, etwa ein Jahrhundert vorher zwischen den Krotoniaten und den Lokrern am Flusse Sagras geschlagenen Schlacht in sehr früher Zeit nachgedichtet. Auch der delphische Apoll wird nicht bloß beschickt, wie es üblich ist, bei allen unter dem Einfluß griechischer Kultur stehenden Völkern, und nicht bloß nach besonderen Erfolgen, wie nach der Eroberung von Veii, mit dem Zehnten der Beute (360 394) beschenkt, sondern es wird auch ihm ein Tempelinder Stadt gebaut (323 431, erneuert 401 353). Dasselbe geschah gegen das Ende dieser Periode für die Aphrodite (459 295), welche in rätselhafter Weise mit der alten römischen Gartengöttin Venus zusammenfloßIn der späteren Bedeutung als Aphrodite erscheint die Venus wohl zuerst bei der Dedikation des in diesem Jahre geweihten Tempels (Liv. 10, 31; W. A. Becker, Topographie der Stadt Rom [Becker, Handbuch, 1]. Leipzig 1843, S. 472)., und für den von Epidauros im Peloponnes erbetenen und feierlich nach Rom geführten Asklapios oder Aesculapius (463 291). Einzeln wird in schweren Zeitläuften Klage vernommen über das Eindringen ausländischen Aberglaubens, vermutlich etruskischer Haruspizes (so 326 428); wo aber dann die Polizei nicht ermangelt, ein billiges Einsehen zu tun.
In Etrurien dagegen wird, während die Nation in politischer Nichtigkeit und träger Opulenz stockte und verdarb, das theologische Monopol des Adels, der stumpfsinnige Fatalismus, die wüste und sinnlose Mystik, die Zeichendeuterei und das Bettelprophetenwesen sich allmählich zu jener Höhe entwickelt haben, auf der wir sie später dort finden.
In dem Priesterwesen traten unseres Wissens durchgreifende Veränderungen nicht ein. Die verschärfte Einziehung, welche für die zur Bestreitung der Kosten des öffentlichen Gottesdienstes angewiesenen Prozeßbußen um das Jahr 465 (289) verfügt wurde, deutet auf das Steigen des sakralen Staatsbudgets, wie es die vermehrte Zahl der Staatsgötter und Tempel mit Notwendigkeit mit sich brachte. Unter den üblen Folgen des Ständehaders ist es schon angeführt worden, daß man den Kollegien der Sachverständigen einen unstatthaften Einfluß einzuräumen begann und sich ihrer bediente, um politische Akte zu kassieren, wodurch teils der Glaube im Volke erschüttert, teils den Pfaffen ein sehr schädlicher Einfluß auf die öffentlichen Geschäfte zugestanden ward.
Im Kriegswesen trat in dieser Epoche eine vollständige Revolution ein. Die uralte graecoitalische Heerordnung, welche gleich der homerischen auf der Aussonderung der angesehensten und tüchtigsten, in der Regel zu Pferde fechtenden Kriegsleute zu einem eigenen Vordertreffen beruht haben mag, war in der späteren Königszeit durch die legio, die altdorische Hoplitenphalanx von wahrscheinlich acht Gliedern Tiefe ersetzt worden, welche fortan das Schwergewicht des Kampfes übernahm, während die Reiter auf die Flügel gestellt und, je nach den Umständen zu Pferde oder abgesessen, hauptsächlich als Reserve verwandt wurden. Aus dieser Herstellung entwickelte sich ungefähr gleichzeitig in Makedonien die Sarissenphalanx und in Italien die Manipularordnung, jene durch Verdichtung und Vertiefung, diese durch Auflösung und Vermannigfaltigung der Glieder, zunächst durch die Teilung der alten legio von 8400 in zwei legiones von je 4200 Mann. Die alte dorische Phalanx hatte durchaus auf dem Nahgefecht mit dem Schwert und vor allem dem Spieß beruht und den Wurfwaffen nur eine beiläufige und untergeordnete Stellung im Treffen eingeräumt. In der Manipularlegion wurde die Stoßlanze auf das dritte Treffen beschränkt und den beiden ersten anstatt derselben eine neue und eigentümlich italische Wurfwaffe gegeben, das Pilum, ein fünftehalb Ellen langes viereckiges oder rundes Holz mit drei- oder vierkantiger eiserner Spitze, das vielleicht ursprünglich zur Verteidigung der Lagerwälle erfunden worden war, aber bald von dem letzten auf die ersten Glieder überging und von dem vorrückenden Gliede auf eine Entfernung von zehn bis zwanzig Schritten in die feindlichen Reihen geworfen ward. Zugleich gewann das Schwert eine bei weitem größere Bedeutung als das kurze Messer der Phalangiten hatte haben können; denn die Wurfspeersalve war zunächst nur bestimmt, dem Angriff mit dem Schwert die Bahn zu brechen. Wenn ferner die Phalanx, gleichsam eine einzige gewaltige Lanze, auf einmal auf den Feind geworfen werden mußte, so wurden in der neuen italischen Legion die kleineren, im Phalangensystem wohl auch vorhandenen, aber in der Schlachtordnung unauflöslich fest verknüpften Einheiten taktisch voneinander gesondert. Das geschlossene Quadrat teilte sich nicht bloß, wie gesagt, in zwei gleich starke Hälften, sondern jede von diesen trat weiter in der Tiefrichtung auseinander in drei Treffen, das der Hastaten, das der Principes und das der Triarier, von ermäßigter, wahrscheinlich in der Regel nur vier Glieder betragender Tiefe und löste in der Frontrichtung sich auf in je zehn Haufen (manipuli), so daß zwischen je zwei Treffen und je zwei Haufen ein merklicher Zwischenraum blieb. Es war nur eine Fortsetzung derselben Individualisierung, wenn der Gesamtkampf auch der verkleinerten taktischen Einheit zurück- und der Einzelkampf in den Vordergrund trat, wie dies aus der schon erwähnten entscheidenden Rolle des Handgemenges und Schwertgefechtes deutlich hervorgeht. Eigentümlich entwickelte sich auch das System der Lagerverschanzung; der Platz, wo der Heerhaufe wenn auch nur für eine einzige Nacht sein Lager nahm, ward ohne Ausnahme mit einer regelmäßigen Umwallung versehen und gleichsam in eine Festung umgeschaffen. Wenig änderte sich dagegen in der Reiterei, die auch in der Manipularlegion die sekundäre Rolle behielt, welche sie neben der Phalanx eingenommen hatte. Auch das Offiziersystem blieb in der Hauptsache ungeändert; nur wurden jetzt jeder der zwei Legionen des regelmäßigen Heeres ebenso viele Kriegstribune vorgesetzt, wie sie bisher das gesamte Heer befehligt hatten, also die Zahl der Stabsoffiziere verdoppelt. Es dürfte auch in dieser Zeit sich die scharfe Grenze festgestellt haben zwischen den Subalternoffizieren, welche sich ihren Platz an der Spitze der Manipel als Gemeine mit dem Schwerte zu gewinnen hatten und in regelmäßigem Avancement von den niederen in die höheren Manipel übergingen, und den je sechs und sechs den ganzen Legionen vorgesetzten Kriegstribunen, für welche es kein regelmäßiges Avancement gab und zu denen man gewöhnlich Männer aus der besseren Klasse nahm. Namentlich muß es dafür von Bedeutung geworden sein, daß, während früher die Subaltern- wie die Stabsoffiziere gleichmäßig vom Feldherrn ernannt wurden, seit dem Jahre 392 (362) ein Teil der letzteren Posten durch Bürgerschaftswahl vergeben ward. Endlich blieb auch die alte, furchtbar strenge Kriegszucht unverändert. Nach wie vor war es dem Feldherrn gestattet, jedem in seinem Lager dienenden Mann den Kopf vor die Füße zu legen und den Stabsoffizier so gut wie den gemeinen Soldaten mit Ruten auszuhauen; auch wurden dergleichen Strafen nicht bloß wegen gemeiner Verbrechen erkannt, sondern ebenso, wenn sich ein Offizier gestattet hatte, von dem erteilten Befehle abzuweichen, oder wenn eine Abteilung sich hatte überrumpeln lassen oder vom Schlachtfeld gewichen war. Dagegen bedingt die neue Heerordnung eine weit ernstere und längere militärische Schule als die bisherige phalangitische, worin das Schwergewicht der Masse auch die Ungeübten zusammenhielt. Wenn dennoch kein eigener Soldatenstand sich entwickelte, sondern das Heer nach wie vor Bürgerheer blieb, so ward dies hauptsächlich dadurch erreicht, daß man die bisherige Gliederung der Soldaten nach dem Vermögen aufgab und sie nach dem Dienstalter ordnete. Der römische Rekrut trat jetzt ein unter die leichtbewaffneten, außerhalb der Linie besonders mit Steinschleudern fechtenden "Sprenkler" (rorarii) und avancierte aus diesem allmählich in das erste und weiter in das zweite Treffen, bis endlich die langgedienten und erfahrenen Soldaten in dem an Zahl schwächsten, aber in dem ganzen Heer Ton und Geist angebenden Triarierkorps sich zusammenfanden.
Die Vortrefflichkeit dieser Kriegsordnung, welche die nächste Ursache der überlegenen politischen Stellung der römischen Gemeinde geworden ist, beruht wesentlich auf den drei großen militärischen Prinzipien der Reserve, der Verbindung des Nah- und Ferngefechts und der Verbindung von Offensive und Defensive. Das Reservesystem war schon in der älteren Verwendung der Reiterei angedeutet, hier aber durch die Gliederung des Heeres in drei Treffen und die Aufsparung der Veteranenkernschar für den letzten und entscheidenden Stoß vollständig entwickelt. Wenn die hellenische Phalanx den Nahkampf, die orientalischen mit Bogen und leichten Wurfspeeren bewaffneten Reitergeschwader den Fernkampf einseitig ausgebildet hatten, so wurde durch die römische Verbindung des schweren Wurfspießes mit dem Schwerte, wie mit Recht gesagt worden ist, ein ähnlicher Erfolg erreicht wie in der modernen Kriegführung durch die Einführung der Bajonettflinte; es arbeitete die Wurfspeersalve dem Schwertkampf genau in derselben Weise vor wie jetzt die Gewehrsalve dem Angriff mit dem Bajonett. Endlich das ausgebildete Lagersystem gestattete es den Römern, die Vorteile des Belagerungs- und des Offensivkrieges miteinander zu verbinden und die Schlacht je nach Umständen zu verweigern oder zu liefern, und im letzteren Fall sie unter den Lagerwällen gleichwie unter den Mauern einer Festung zu schlagen – der Römer, sagt ein römisches Sprichwort, siegt durch Stillsitzen.
Daß diese neue Kriegsordnung im wesentlichen eine römische oder wenigstens italische Um- und Fortbildung der alten hellenischen Phalangentaktik ist, leuchtet ein; wenn gewisse Anfänge des Reservesystems und der Individualisierung der kleineren Heerabteilungen schon bei den späteren griechischen Strategen, namentlich bei Xenophon begegnen, so folgt daraus nur, daß man die Mangelhaftigkeit des alten Systems auch hier empfunden, aber doch nicht vermocht hat, sie zu beseitigen. Vollständig entwickelt erscheint die Manipularlegion im Pyrrhischen Kriege; wann und unter welchen Umständen und ob sie auf einmal oder nach und nach entstanden ist, läßt sich nicht mehr nachweisen. Die erste von der älteren italisch-hellenischen gründlich verschiedene Taktik, die den Römern gegenübertrat, war die keltische Schwerterphalanx; es ist nicht unmöglich, daß man durch die Gliederung der Armee und die Frontalintervalle der Manipel ihren ersten und allein gefährlichen Stoß abwehren wollte und abgewehrt hat; und damit stimmt es zusammen, wenn in manchen einzelnen Notizen der bedeutendste römische Feldherr der Gallierzeit, Marcus Furius Camillus, als Reformator des römischen Kriegswesens erscheint. Die weiteren an den Samnitischen und Pyrrhischen Krieg anknüpfenden Überlieferungen sind weder hinreichend beglaubigt noch mit Sicherheit einzureihenNach der römischen Tradition führten die Römer ursprünglich viereckige Schilde; worauf sie von den Etruskern den runden Hoplitenschild (clupeus, αςπίς)von den Samniten den späteren viereckigen Schild (scutum, θυρεός) und den Wurfspeer (veru) entlehnten (Diodor. Vat. fr. p. 54; Sall. Catil. 51, 38; Verg. Aen. 7, 665; Fest. v. Samnites p. 327 Müller und die bei Marquardt, Handbuch, Bd. 3, 2, S. 241 angeführten). Allein daß der Hoplitenschild, das heißt die dorische Phalangentaktik nicht den Etruskern, sondern den Hellenen unmittelbar nachgeahmt ward, darf als ausgemacht gelten. Was das Scutum anlangt, so wird dieser große zylinderförmig gewölbte Lederschild allerdings wohl an die Stelle des platten kupfernen Clupeus getreten sein, als die Phalanx in Manipel auseinandertrat; allein die unzweifelhafte Herleitung des Wortes aus dem Griechischen macht mißtrauisch gegen die Herleitung der Sache von den Samniten. Von den Griechen kam den Römern auch die Schleuder (funda aus σφενδόνη, wie fides aus σφίδη, oben). Das Pilum gilt den Alten durchaus als römische Erfindung.; so wahrscheinlich es auch an sich ist, daß der langjährige samnitische Bergkrieg auf die individuelle Entwicklung des römischen Soldaten, und der Kampf gegen einen der ersten Kriegskünstler aus der Schule des großen Alexander auf die Verbesserung des Technischen im römischen Heerwesen nachhaltig eingewirkt hat.
In der Volkswirtschaft war und blieb der Ackerbau die soziale und politische Grundlage sowohl der römischen Gemeinde als des neuen italischen Staates. Aus den römischen Bauern bestand die Gemeindeversammlung und das Heer; was sie als Soldaten mit dem Schwerte gewonnen hatten, sicherten sie als Kolonisten mit dem Pfluge. Die Überschuldung des mittleren Grundbesitzes führte die furchtbaren inneren Krisen des dritten und vierten Jahrhunderts herbei, an denen die junge Republik zugrunde gehen zu müssen schien; die Wiedererhebung der latinischen Bauernschaft, welche während des fünften teils durch die massenhaften Landanweisungen und Inkorporationen, teils durch das Sinken des Zinsfußes und die steigende Volksmenge Roms bewirkt ward, war zugleich Wirkung und Ursache der gewaltigen Machtentwicklung Roms – wohl erkannte Pyrrhos' scharfer Soldatenblick die Ursache des politischen und militärischen Übergewichts der Römer in dem blühenden Zustande der römischen Bauernwirtschaften. Aber auch das Aufkommen der Großwirtschaft in dem römischen Ackerbau scheint in diese Zeit zu fallen. In der älteren Zeit gab es wohl auch schon einen – wenigstens verhältnismäßig – großen Grundbesitz; aber dessen Bewirtschaftung war keine Groß-, sondern nur eine vervielfältigte Kleinwirtschaft (I, 204). Dagegen darf die mit der älteren Wirtschaftsweise zwar nicht unvereinbare, aber doch der späteren bei weitem angemessenere Bestimmung des Gesetzes vom Jahre 387 (367), daß der Grundbesitzer neben den Sklaven eine verhältnismäßige Zahl freier Leute zu verwenden verbunden sei, wohl als die älteste Spur der späteren zentralisierten Gutswirtschaft angesehen werdenAuch Varro (rust. 1, 2, 9) denkt sich den Urheber des Licinischen Ackergesetzes offenbar als Selbstbewirtschafter seiner ausgedehnten Ländereien; obgleich übrigens die Anekdote leicht erfunden sein kann, um den Beinamen zu erklären.; und es ist bemerkenswert, daß gleich hier bei ihrem ersten Vorkommen dieselbe wesentlich auf dem Sklavenhalten ruht. Wie sie aufkam, muß dahingestellt bleiben; möglich ist es, daß die karthagischen Pflanzungen auf Sizilien schon den ältesten römischen Gutsbesitzern als Muster gedient haben und vielleicht steht selbst das Aufkommen des Weizens in der Landwirtschaft neben dem Spelt, das Varro um die Zeit der Dezemvirn setzt, mit dieser veränderten Wirtschaftsweise in Zusammenhang. Noch weniger läßt sich ermitteln, wie weit diese Wirtschaftsweise schon in dieser Epoche um sich gegriffen hat; nur daran, daß sie noch nicht Regel gewesen sein und den italischen Bauernstand noch nicht absorbiert haben kann, läßt die Geschichte des Hannibalischen Krieges keinen Zweifel. Wo sie aber aufkam, vernichtete sie die ältere, auf dem Bittbesitz beruhende Klientel; ähnlich wie die heutige Gutswirtschaft großenteils durch Niederlegung der Bauernstellen und Verwandlung der Hufen in Hoffeld entstanden ist. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß zu der Bedrängnis des kleinen Ackerbauernstandes eben das Einschränken dieser Ackerklientel höchst wesentlich mitgewirkt hat.
Über den inneren Verkehr der Italiker untereinander sind die schriftlichen Quellen stumm; einigen Aufschluß geben lediglich die Münzen. Daß in Italien, von den griechischen Städten und dem etruskischen Populonia abgesehen, während der ersten drei Jahrhunderte Roms nicht gemünzt ward und als Tauschmaterial anfangs das Vieh, später Kupfer nach dem Gewicht diente, wurde schon gesagt. In die gegenwärtige Epoche fällt der Übergang der Italiker vom Tausch- zum Geldsystem, wobei man natürlich zunächst auf griechische Muster sich hingewiesen sah. Es lag indes in den Verhältnissen, daß in Mittelitalien statt des Silbers das Kupfer zum Münzmetall ward und die Münzeinheit sich zunächst anlehnte an die bisherige Werteinheit, das Kupferpfund; womit es zusammenhängt, daß man die Münzen goß, statt sie zu prägen, denn kein Stempel hätte ausgereicht für so große und schwere Stücke. Doch scheint von Haus aus zwischen Kupfer und Silber ein festes Gleichungsverhältnis (250 : 1) normiert und die Kupfermünze mit Rücksicht darauf ausgebracht worden zu sein, so daß zum Beispiel in Rom das große Kupferstück, der As, dem Werte nach einem Skrupel (= 1/288 Pfund) Silber gleichkam. Geschichtlich bemerkenswerter ist es, daß die Münze in Italien höchst wahrscheinlich von Rom ausgegangen ist und zwar eben von den Dezemvirn, die in der Solonischen Gesetzgebung das Vorbild auch zur Regulierung des Münzwesens fanden, und daß sie von Rom aus sich verbreitete über eine Anzahl latinischer, etruskischer, umbrischer und ostitalischer Gemeinden; zum deutlichen Beweise der überlegenen Stellung, die Rom schon seit dem Anfang des vierten Jahrhunderts in Italien behauptete. Wie alle diese Gemeinden formell unabhängig nebeneinander standen, war gesetzlich auch der Münzfuß durchaus örtlich und jedes Stadtgebiet ein eigenes Münzgebiet; indes lassen sich doch die mittel- und norditalischen Kupfermünzfüße in drei Gruppen zusammenfassen, innerhalb welcher man die Münzen im gemeinen Verkehr als gleichartig behandelt zu haben scheint. Es sind dies teils die Münzen der nördlich vom Ciminischen Walde gelegenen etruskischen und der umbrischen Städte, teils die Münzen von Rom und Latium, teils die des östlichen Litorals. Daß die römischen Münzen mit dem Silber nach dem Gewicht geglichen waren, ist schon bemerkt worden: diejenigen der italischen Ostküste finden wir dagegen in ein bestimmtes Verhältnis gesetzt zu den Silbermünzen, die im südlichen Italien seit alter Zeit gangbar waren und deren Fuß sich auch die italischen Einwanderer, zum Beispiel die Brettier, Lucaner, Nolaner, ja die latinischen Kolonien daselbst wie Cales und Suessa und sogar die Römer selbst für ihre unteritalischen Besitzungen aneigneten. Danach wird auch der italische Binnenhandel in dieselben Gebiete zerfallen sein, welche unter sich verkehrten gleich fremden Völkern.
Im überseeischen Verkehr bestanden die früher bezeichneten sizilisch-latinischen, etruskisch-attischen und adriatisch-tarentinischen Handelsbeziehungen auch in dieser Epoche fort oder gehören ihr vielmehr recht eigentlich an; denn obwohl die derartigen, in der Regel ohne Zeitangabe vorkommenden Tatsachen der Obersicht wegen schon bei der ersten Periode zusammengefaßt worden sind, erstrecken sich diese Angaben doch ebensowohl auf die gegenwärtige mit. Am deutlichsten sprechen auch hierfür die Münzen. Wie die Prägung des etruskischen Silbergeldes auf attischen Fuß und das Eindringen des italischen und besonders latinischen Kupfers in Sizilien für die ersten beiden Handelszüge zeugen, so spricht die eben erwähnte Gleichstellung des großgriechischen Silbergeldes mit der picenischen und apulischen Kupfermünze nebst zahlreichen anderen Spuren für den regen Verkehr der unteritalischen Griechen, namentlich der Tarentiner mit dem ostitalischen Litoral. Dagegen scheint der früher wohl lebhaftere Handel zwischen den Latinern und den kampanischen Griechen durch die sabellische Einwanderung gestört worden zu sein und während der ersten hundertundfünfzig Jahre der Republik nicht viel bedeutet zu haben; die Weigerung der Samniten, in Capua und Cumae den Römern in der Hungersnot von 343 (411) mit ihrem Getreide zu Hilfe zu kommen, dürfte eine Spur der zwischen Latium und Kampanien veränderten Beziehungen sein, bis im Anfang des fünften Jahrhunderts die römischen Waffen die alten Verhältnisse wiederherstellten und steigerten. Im einzelnen mag es noch gestattet sein, als eines der seltenen datierten Fakten aus der Geschichte des römischen Verkehrs der Notiz zu gedenken, welche aus der ardeatischen Chronik erhalten ist, daß im Jahre 454 (300) der erste Barbier aus Sizilien nach Ardea kam, und einen Augenblick bei dem gemalten Tongeschirr zu verweilen, das vorzugsweise aus Attika, daneben aus Kerkyra und Sizilien nach Lucanien, Kampanien und Etrurien gesandt ward, um dort zur Ausschmückung der Grabgemächer zu dienen und über dessen merkantilische Verhältnisse wir zufällig besser als über irgendeinen anderen überseeischen Handelsartikel unterrichtet sind. Der Anfang dieser Einfuhr mag um die Zeit der Vertreibung der Tarquinier fallen, denn die noch sehr sparsam in Italien vorkommenden Gefäße des ältesten Stils dürften in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts der Stadt (500-450) gemalt sein, während die zahlreicheren des strengen Stils der ersten (450-400), die des vollendet schönen der zweiten Hälfte des vierten (400-350) angehören, und die ungeheuren Massen der übrigen, oft durch Pracht und Größe, aber selten durch vorzügliche Arbeit sich auszeichnenden Vasen im ganzen dem folgenden Jahrhundert (350-250) beizulegen sein werden. Es waren allerdings wieder die Hellenen, von denen die Italiker diese Sitte der Gräberschmückung entlehnten; aber wenn die bescheidenen Mittel und der feine Takt der Griechen sie bei diesen in engen Grenzen hielten, ward sie in Italien mit barbarischer Opulenz und barbarischer Verschwendung weit über das ursprüngliche und schickliche Maß ausgedehnt. Aber es ist bezeichnend, daß es in Italien lediglich die Länder der hellenischen Halbkultur sind, in welchen diese Überschwenglichkeit begegnet; wer solche Schrift zu lesen versteht, wird in den etruskischen und kampanischen Leichenfeldern, den Fundgruben unserer Museen, den redenden Kommentar zu den Berichten der Alten über die im Reichtum und Übermut erstickende etruskische und kampanische Halbbildung erkennen. Dagegen blieb das schlichte samnitische Wesen diesem törichten Luxus zu allen Zeiten fern; in dem Mangel des griechischen Grabgeschirrs tritt ebenso fühlbar wie in dem Mangel einer samnitischen Landesmünze die geringe Entwicklung des Handelsverkehrs und des städtischen Lebens in dieser Landschaft hervor. Noch bemerkenswerter ist es, daß auch Latium, obwohl den Griechen nicht minder nahe wie Etrurien und Kampanien und mit ihnen im engsten Verkehr, dieser Gräberpracht sich fast ganz enthalten hat. Es ist wohl mehr als wahrscheinlich, namentlich wegen der ganz abweichenden Beschaffenheit der Gräber in dem einzigen Praeneste, daß wir hierin den Einfluß der strengen römischen Sittlichkeit, oder, wenn man lieber will, der straffen römischen Polizei wiederzuerkennen haben. Im engsten Zusammenhange damit stehen die bereits erwähnten Interdikte, welche schon das Zwölftafelgesetz gegen purpurne Bahrtücher und den Goldschmuck als Totenmitgift schleudert, und die Verbannung des silbernen Gerätes mit Ausnahme des Salzfasses und der Opferschale aus dem römischen Hausrat wenigstens durch das Sittengesetz und die Furcht vor der zensorischen Rüge; und auch in dem Bauwesen werden wir demselben, allem gemeinen wie edlen Luxus feindlichen Sinn wiederbegegnen. Indes mochte auch Rom durch solche Einwirkung von oben her länger als Volsinii und Capua eine gewisse äußere Einfachheit bewahren, so werden sein Handel und Gewerbe, auf denen ja neben dem Ackerbau seine Blüte von Haus aus beruhte, darum noch nicht als unbedeutend gedacht werden dürfen und nicht minder den Einfluß der neuen Machtstellung Roms empfunden haben.
Zu der Entwicklung eines eigentlichen städtischen Mittelstandes, einer unabhängigen Handwerker- und Kaufmannschaft kam es in Rom nicht. Die Ursache war neben der früh eingetretenen unverhältnismäßigen Zentralisierung des Kapitals vornehmlich die Sklavenwirtschaft. Es war im Altertum üblich und in der Tat eine notwendige Konsequenz der Sklaverei, daß die kleineren städtischen Geschäfte sehr häufig von Sklaven betrieben wurden, welche ihr Herr als Handwerker oder Kaufleute etablierte, oder auch von Freigelassenen, für welche der Herr nicht bloß sehr oft das Geschäftskapital hergab, sondern von denen er sich auch regelmäßig einen Anteil, oft die Hälfte des Geschäftsgewinns ausbedang. Der Kleinbetrieb und der Kleinverkehr in Rom waren ohne Zweifel in stetigem Steigen; es finden sich auch Belege dafür, daß die dem großstädtischen Luxus dienstbaren Gewerbe anfingen, sich in Rom zu konzentrieren – so ist das ficoronische Schmuckkästchen im fünften Jahrhundert der Stadt von einem praenestinischen Meister verfertigt und nach Praeneste verkauft, aber dennoch in Rom gearbeitet wordenDie Vermutung, daß der Künstler, welcher an diesem Kästchen für die Dindia Macolnia in Rom gearbeitet hat, Novius Plautius, ein Kampaner, gewesen sei, wird durch die neuerlich gefundenen alten praenestinischen Grabsteine widerlegt, auf denen unter andern Macolniern und Plautiern auch ein Lucius Magulnius des Plautius Sohn (L. Magolnio Pla. f.) vorkommt.. Allein da der Reinertrag auch des Kleingeschäfts zum größten Teil in die Kassen der großen Häuser floß, so kam ein industrieller und kommerzieller Mittelstand nicht in entsprechender Ausdehnung empor. Ebensowenig sonderten sich die Großhändler und großen Industriellen scharf von den großen Grundbesitzern. Einerseits waren die letzteren seit alter zugleich Geschäftsbetreibende und Kapitalisten und in ihren Händen Hypothekardarlehen, Großhandel und Lieferungen und Arbeiten für den Staat vereinigt. Anderseits war es bei dem starken sittlichen Akzent, der in dem römischen Gemeinwesen auf den Grundbesitz fiel, und bei seiner politischen Alleinberechtigung, welche erst gegen das Ende dieser Epoche einige Einschränkungen erlitt, ohne Zweifel schon in dieser Zeit gewöhnlich, daß der glückliche Spekulant mit einem Teil seiner Kapitalien sich ansässig machte. Es geht auch aus der politischen Bevorzugung der ansässigen Freigelassenen deutlich genug hervor, daß die römischen Staatsmänner dahin wirkten, auf diesem Wege die gefährliche Klasse der nicht grundsässigen Reichen zu vermindern.
Aber wenn auch in Rom weder ein wohlhabender städtischer Mittelstand noch eine streng geschlossene Kapitalistenklasse sich bildete, so war das großstädtische Wesen doch an sich in unaufhaltsamem Steigen. Deutlich weist darauf hin die zunehmende Zahl der in der Hauptstadt zusammengedrängten Sklaven, wovon die sehr ernsthafte Sklavenverschwörung des Jahres 335 (419) zeugt, und noch mehr die steigende, allmählich unbequem und gefährlich werdende Menge der Freigelassenen, worauf die im Jahre 397 (357) auf die Freilassungen gelegte ansehnliche Steuer und die Beschränkung der politischen Rechte der Freigelassenen im Jahre 450 (304) einen sicheren Schluß gestatten. Denn es lag nicht bloß in den Verhältnissen, daß die große Majorität der freigelassenen Leute sich dem Gewerbe oder dem Handel widmen mußte, sondern es war auch die Freilassung selbst bei den Römern, wie gesagt, weniger eine Liberalität als eine industrielle Spekulation, indem der Herr bei dem Anteil an dem Gewerb- oder Handelsgewinn des Freigelassenen oft besser seine Rechnung fand als bei dem Anrecht auf den ganzen Reinertrag des Sklavengeschäfts. Die Zunahme der Freilassungen muß deshalb mit der Steigerung der kommerziellen und industriellen Tätigkeit der Römer notwendig Hand in Hand gegangen sein.
Einen ähnlichen Fingerzeig für die steigende Bedeutung des städtischen Wesens in Rom gewährt die gewaltige Entwicklung der städtischen Polizei. Es gehört zum großen Teil wohl schon dieser Zeit an, daß die vier Ädilen unter sich die Stadt in vier Polizeibezirke teilten und daß für die ebenso wichtige wie schwierige Instandhaltung des ganz Rom durchziehenden Netzes von kleineren und größeren Abzugskanälen sowie der öffentlichen Gebäude und Plätze, für die gehörige Reinigung und Pflasterung der Straßen, für die Beseitigung den Einsturz drohender Gebäude, gefährlicher Tiere, übler Gerüche, für die Fernhaltung der Wagen außer in den Abend- und Nachtstunden und überhaupt für die Offenhaltung der Kommunikation, für die ununterbrochene Versorgung des hauptstädtischen Marktes mit gutem und billigem Getreide, für die Vernichtung gesundheitsschädlicher Waren und falscher Maße und Gewichte, für die besondere Überwachung von Bädern, Schenken, schlechten Häusern von den Ädilen Fürsorge getroffen ward.
Im Bauwesen mag wohl die Königszeit, namentlich die Epoche der großen Eroberungen, mehr geleistet haben als die ersten zwei Jahrhunderte der Republik. Anlagen wie die Tempel auf dem Kapitol und dem Aventin und der große Spielplatz mögen den sparsamen Vätern der Stadt ebenso wie den fronenden Bürgern ein Greuel gewesen sein, und es ist bemerkenswert, daß das vielleicht bedeutendste Bauwerk der republikanischen Zeit vor den Samnitischen Kriegen, der Cerestempel am Circus, ein Werk des Spurius Cassius (261 493) war, welcher in mehr als einer Hinsicht wieder in die Traditionen der Könige zurückzulenken suchte. Auch den Privatluxus hielt die regierende Aristokratie mit einer Strenge nieder, wie sie die Königsherrschaft bei längerer Dauer sicher nicht entwickelt haben würde. Aber auf die Länge vermochte selbst der Senat sich nicht länger gegen das Schwergewicht der Verhältnisse zu stemmen. Appius Claudius war es, der in seiner epochemachenden Zensur (442 312) das veraltete Bauernsystem des Sparschatzsammelns beiseite warf und seine Mitbürger die öffentlichen Mittel in würdiger Weise gebrauchen lehrte. Er begann das großartige System gemeinnütziger öffentlicher Bauten, das, wenn irgendetwas, Roms militärische Erfolge auch von dem Gesichtspunkt der Völkerwohlfahrt aus gerechtfertigt hat und noch heute in seinen Trümmern Tausenden und Tausenden, welche von römischer Geschichte nie ein Blatt gelesen haben, eine Ahnung gibt von der Größe Roms. Ihm verdankt der römische Staat die erste große Militärchaussee, die römische Stadt die erste Wasserleitung. Claudius' Spuren folgend, schlang der römische Senat um Italien jenes Straßen- und Festungsnetz, dessen Gründung früher beschrieben ward und ohne das, wie von den Achämeniden bis hinab auf den Schöpfer der Simplonstraße die Geschichte aller Militärstaaten lehrt, keine militärische Hegemonie bestehen kann. Claudius' Spuren folgend, baute Manius Curius aus dem Erlös der Pyrrhischen Beute eine zweite hauptstädtische Wasserleitung (482 272) und öffnete schon einige Jahre vorher (464 290) mit dem sabinischen Kriegsgewinn dem Velino, da wo er oberhalb Terni in die Nera sich stürzt, das heute noch von ihm durchflossene breitere Bett, um in dem dadurch trockengelegten schönen Tal von Rieti für eine große Bürgeransiedlung Raum und auch für sich eine bescheidene Hufe zu gewinnen. Solche Werke verdunkelten selbst in den Augen verständiger Leute die zwecklose Herrlichkeit der hellenischen Tempel. Auch das bürgerliche Leben wurde jetzt ein anderes. Um die Zeit des Pyrrhos begann auf den römischen Tafeln das Silbergeschirr sich zu zeigenDer wegen seines silbernen Tafelgeräts gegen Publius Cornelius Rufinus (Konsul 464, 477 290, 277) verhängten zensorischen Makel wurde schon gedacht. Fabius' befremdliche Angabe (bei Strabon 5, p. 228), daß die Römer zuerst nach der Besiegung der Sabiner sich dem Luxus ergeben hätten (αισθέσθαι τού πλόντου), ist offenbar nur eine Übersetzung derselben Anekdote ins Historische; denn die Besiegung der Sabiner fällt in Rufinus' erstes Konsulat. und das Verschwinden der Schindeldächer in Rom datieren die Chronisten von dem Jahre 470 (284). Die neue Hauptstadt Italiens legte endlich ihr dorfartiges Ansehen allmählich ab und fing nun auch an, sich zu schmücken. Zwar war es noch nicht Sitte, in den eroberten Städten zu Roms Verherrlichung die Tempel ihrer Zierden zu berauben; aber dafür prangten an der Rednerbühne des Marktes die Schnäbel der Galeeren von Antium und an öffentlichen Festtagen längs der Hallen am Markte die von den Schlachtfeldern Samniums heimgebrachten goldbeschlagenen Schilde. Besonders der Ertrag der Brüchgelder diente zur Pflasterung der Straßen in und vor der Stadt oder zur Errichtung und Ausschmückung öffentlicher Gebäude. Die hölzernen Buden der Fleischer, welche an den beiden Langseiten des Marktes sich hinzogen, wichen zuerst an der palatinischen, dann auch an der den Carinen zugewandten Seite den steinernen Hallen der Geldwechsler; dadurch ward dieser Platz zur römischen Börse. Die Bildsäulen der gefeierten Männer der Vergangenheit, der Könige, Priester und Helden der Sagenzeit, des griechischen Gastfreundes, der den Zehnmännern die Solonischen Gesetze verdolmetscht haben sollte, die Ehrensäulen und Denkmäler der großen Bürgermeister, welche die Veienter, die Latiner, die Samniten überwunden hatten, der Staatsboten, die in Vollziehung ihres Auftrages umgekommen waren, der reichen Frauen, die über ihr Vermögen zu öffentlichen Zwecken verfügt hatten, ja sogar schon gefeierter griechischer Weisen und Helden, wie des Pythagoras und des Alkibiades, wurden auf der Burg oder auf dem römischen Markte aufgestellt. Also ward, nachdem die römische Gemeinde eine Großmacht geworden war, Rom selber eine Großstadt.
Endlich trat denn auch Rom als Haupt der römisch-italischen Eidgenossenschaft wie in das hellenistische Staatensystem, so auch in das hellenische Geld- und Münzwesen ein. Bis dahin hatten die Gemeinden Nord- und Mittelitaliens mit wenigen Ausnahmen einzig Kupfercourant, die süditalischen Städte dagegen durchgängig Silbergeld geschlagen und es der Münzfüße und Münzsysteme gesetzlich so viele gegeben, als es souveräne Gemeinden in Italien gab. Im Jahre 485 (269) wurden alle diese Münzstätten auf die Prägung von Scheidemünze beschränkt, ein allgemeiner, für ganz Italien geltender Courantfuß eingeführt und die Courantprägung in Rom zentralisiert, nur daß Capua seine eigene, zwar unter römischem Namen, aber auf abweichenden Fuß geprägte Silbermünze auch ferner behielt. Das neue Münzsystem beruhte auf dem gesetzlichen Verhältnisse der beiden Metalle, wie dasselbe seit langem feststand; die gemeinsame Münzeinheit war das Stück von zehn, nicht mehr pfündigen, sondern auf das Drittelpfund reduzierten Assen, der Denarius, in Kupfer 3 1/3, in Silber 1/72 eines römischen Pfundes, eine Kleinigkeit mehr als die attische Drachme. Zunächst herrschte in der Prägung noch die Kupfermünze vor und wahrscheinlich ist der älteste Silberdenar hauptsächlich für Unteritalien und für den Verkehr mit dem Ausland geschlagen worden. Wie aber der Sieg der Römer über Pyrrhos und Tarent und die römische Gesandtschaft nach Alexandreia dem griechischen Staatsmanne dieser Zeit zu denken geben mußten, so mochte auch der einsichtige griechische Kaufmann wohl nachdenklich diese neuen römischen Drachmen betrachten, deren flaches, unkünstlerisches und einförmiges Gepräge neben dem gleichzeitigen wunderschönen der Münzen des Pyrrhos und der Sikelioten freilich dürftig und unansehnlich erscheint, die aber dennoch keineswegs, wie die Barbarenmünzen des Altertums, sklavisch nachgeahmt und in Schrot und Korn ungleich sind, sondern mit ihrer selbständigen und gewissenhaften Prägung von Haus aus jeder griechischen ebenbürtig sich an die Seite stellen.
Wenn also von der Entwicklung der Verfassungen, von den Völkerkämpfen um Herrschaft und Freiheit, wie sie Italien und insbesondere Rom von der Verbannung des Tarquinischen Geschlechts bis zur Überwältigung der Samniten und der italischen Griechen bewegten, der Blick sich wendet zu den stilleren Kreisen des menschlichen Daseins, die die Geschichte doch auch beherrscht und durchdringt, so begegnet ihm ebenfalls überall die Nachwirkung der großartigen Ereignisse, durch welche die römische Bürgerschaft die Fesseln des Geschlechterregiments sprengte und die reiche Fülle der nationalen Bildungen Italiens allmählich unterging, um ein einziges Volk zu bereichern. Durfte auch der Geschichtschreiber es nicht versuchen, den großen Gang der Ereignisse in die grenzenlose Mannigfaltigkeit der individuellen Gestaltung hinein zu verfolgen, so überschritt er doch seine Aufgabe nicht, wenn er, aus der zertrümmerten Überlieferung einzelne Bruchstücke ergreifend, hindeutete auf die wichtigsten Änderungen, die in dieser Epoche im italischen Volksleben stattgefunden haben. Wenn dabei noch mehr als früher das römische in den Vordergrund trat, so ist dies nicht bloß in den zufälligen Lücken unserer Überlieferung begründet; vielmehr ist es eine wesentliche Folge der veränderten politischen Stellung Roms, daß die latinische Nationalität die übrigen italischen immer mehr verdunkelt. Es ist schon darauf hingewiesen worden, daß in dieser Epoche die Nachbarländer, das südliche Etrurien, die Sabina, das Volskerland sich zu romanisieren anfingen, wovon der fast gänzliche Mangel von Sprachdenkmälern der alten Landesdialekte und das Vorkommen sehr alter römischer Inschriften in diesen Gegenden Zeugnis ablegt; die Aufnahme der Sabiner in das volle Bürgerrecht am Ende dieser Periode spricht dafür, daß die Latinisierung Mittelitaliens schon damals das bewußte Ziel der römischen Politik war. Die zahlreich durch ganz Italien zerstreuten Einzelassignationen und Kolonialgründungen sind nicht bloß militärisch, sondern auch sprachlich und national die vorgeschobenen Posten des latinischen Stammes. Die Latinisierung der Italiker überhaupt ward schwerlich schon damals beabsichtigt; im Gegenteil scheint der römische Senat den Gegensatz der latinischen gegen die übrigen Nationalitäten absichtlich aufrecht erhalten zu haben und gestattete zum Beispiel die Einführung des Lateinischen in den offiziellen Sprachgebrauch den kampanischen Halbbürgergemeinden noch nicht. Indes die Natur der Verhältnisse ist stärker als selbst die stärkste Regierung; mit dem latinischen Volke gewannen auch dessen Sprache und Sitte in Italien zunächst das Prinzipat und fingen bereits an, die übrigen italischen Nationalitäten zu untergraben.
Gleichzeitig wurden dieselben von einer anderen Seite und mit einem anders begründeten Übergewicht angegriffen durch den Hellenismus. Es war dies die Epoche, wo das Griechentum seiner geistigen Überlegenheit über die übrigen Nationen anfing, sich bewußt zu werden und nach allen Seiten hin Propaganda zu machen. Auch Italien blieb davon nicht unberührt. Die merkwürdigste Erscheinung in dieser Art bietet Apulien, das seit dem fünften Jahrhundert Roms allmählich seine barbarische Mundart ablegte und sich im stillen hellenisierte. Es erfolgte dies ähnlich wie in Makedonien und Epeiros nicht durch Kolonisierung, sondern durch Zivilisierung, die mit dem tarentinischen Landhandel Hand in Hand gegangen zu sein scheint – wenigstens spricht es für die letztere Annahme, daß die den Tarentinern befreundeten Landschaften der Poediculer und Daunier die Hellenisierung vollständiger durchführten als die Tarent näher wohnenden, aber beständig mit ihm hadernden Sallentiner, und daß die am frühesten gräzisierten Städte, zum Beispiel Arpi, nicht an der Küste gelegen waren. Daß auf Apulien das griechische Wesen stärkeren Einfluß übte als auf irgendeine andere italische Landschaft, erklärt sich teils aus seiner Lage, teils aus der geringen Entwicklung einer eigenen nationalen Bildung, teils wohl auch aus seiner dem griechischen Stamm minder fremd als die übrigen italischen gegenüberstehenden Nationalität. Indes ist schon früher darauf aufmerksam gemacht worden, daß auch die südlichen sabellischen Stämme, obwohl zunächst sie im Verein mit syrakusanischen Tyrannen das hellenische Wesen in Großgriechenland knickten und verdarben, doch zugleich durch die Berührung und Mischung mit den Griechen teils griechische Sprache neben der einheimischen annahmen, wie die Brettier und Nolaner, teils wenigstens griechische Schrift und griechische Sitte, wie die Lucaner und ein Teil der Kampaner. Etrurien zeigt gleichfalls die Ansätze einer verwandten Entwicklung in den bemerkenswerten dieser Epoche angehörenden Vasenfunden, in denen es mit Kampanien und Lucanien rivalisiert; und wenn Latium und Samnium dem Hellenismus fernergeblieben sind, so fehlt es doch auch hier nicht an Spuren des beginnenden und immer steigenden Einflusses griechischer Bildung. In allen Zweigen der römischen Entwicklung dieser Epoche, in Gesetzgebung und Münzwesen, in der Religion, in der Bildung der Stammsage stoßen wir auf griechische Spuren, und namentlich seit dem Anfang des fünften Jahrhunderts, das heißt seit der Eroberung Kampaniens, erscheint der griechische Einfluß auf das römische Wesen in raschem und stets zunehmendem Wachstum. In das vierte Jahrhundert fällt die Einrichtung der auch sprachlich merkwürdigen " graecostasis", einer Tribüne auf dem römischen Markt für die vornehmen griechischen Fremden, zunächst die Massalioten. Im folgenden fangen die Jahrbücher an, vornehme Römer mit griechischen Beinamen, wie Philippos oder römisch Pilipus, Philon, Sophos, Hypsaeos aufzuweisen. Griechische Sitten dringen ein; so der nichtitalische Gebrauch, Inschriften zur Ehre des Toten auf dem Grabmal anzubringen, wovon die Grabschrift des Lucius Scipio, Konsul 456 (298), das älteste uns bekannte Beispiel ist; so die gleichfalls den Italikern fremde Weise, ohne Gemeindebeschluß an öffentlichen Orten den Vorfahren Ehrendenkmäler zu errichten, womit der große Neuerer Appius Claudius den Anfang machte, als er in dem neuen Tempel der Bellona Erzschilde mit den Bildern und den Elogien seiner Vorfahren aufhängen ließ (442 312); so die im Jahre 461 (293) bei dem römischen Volksfest eingeführte Erteilung von Palmzweigen an die Wettkämpfer; so vor allem die griechische Tischsitte. Die Weise, bei Tische nicht wie ehemals auf Bänken zu sitzen, sondern auf Sofas zu liegen; die Verschiebung der Hauptmahlzeit von der Mittag- auf die Stunde zwischen zwei und drei Uhr nachmittags nach unserer Rechnung; die Trinkmeister bei den Schmäusen, welche meistens durch Würfelung aus den Gästen für den Schmaus bestellt werden und nun den Tischgenossen vorschreiben, was, wie und wann getrunken werden soll; die nach der Reihe von den Gästen gesungenen Tischlieder, die freilich in Rom nicht Skolien, sondern Ahnengesänge waren – alles dies ist in Rom nicht ursprünglich und doch schon in sehr alter Zeit den Griechen entlehnt; denn zu Catos Zeit waren diese Gebräuche bereits gemein, ja zum Teil schon wieder abgekommen. Man wird daher ihre Einführung spätestens in diese Zeit zu setzen haben. Charakteristisch ist auch die Errichtung der Bildsäulen des "weisesten und des tapfersten Griechen" auf dem römischen Markt, die während der Samnitischen Kriege auf Geheiß des pythischen Apollon stattfand; man wählte, offenbar unter sizilischem oder kampanischem Einfluß, den Pythagoras und den Alkibiades, den Heiland und den Hannibal der Westhellenen. Wie verbreitet die Kenntnis des Griechischen schon im fünften Jahrhundert unter den vornehmen Römern war, beweisen die Gesandtschaften der Römer nach Tarent, wo der Redner der Römer, wenn auch nicht im reinsten Griechisch, doch ohne Dolmetsch sprach, und des Kineas nach Rom. Es leidet kaum einen Zweifel, daß seit dem fünften Jahrhundert die jungen Römer, die sich den Staatsgeschäften widmeten, durchgängig die Kunde der damaligen Welt- und Diplomatensprache sich erwarben.
So schritt auf dem geistigen Gebiet der Hellenismus ebenso unaufhaltsam vorwärts, wie der Römer arbeitete, die Erde sich untertänig zu machen; und die sekundären Nationalitäten, wie die samnitische, keltische, etruskische, verloren, von zwei Seiten her bedrängt, immer mehr an Ausdehnung wie an innerer Kraft.
Wie aber die beiden großen Nationen, beide angelangt auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung, in feindlicher wie in freundlicher Berührung anfangen sich zu durchdringen, tritt zugleich ihre Gegensätzlichkeit, der gänzliche Mangel alles Individualismus in dem italischen und vor allem in dem römischen Wesen gegenüber der unendlichen stammlichen, örtlichen und menschlichen Mannigfaltigkeit des Hellenismus in voller Schärfe hervor. Es gibt keine gewaltigere Epoche in der Geschichte Roms als die Epoche von der Einsetzung der römischen Republik bis auf die Unterwerfung Italiens; in ihr wurde das Gemeinwesen nach innen wie nach außen begründet, in ihr das einige Italien erschaffen, in ihr das traditionelle Fundament des Landrechts und der Landesgeschichte erzeugt, in ihr das Pilum und der Manipel, der Straßen- und Wasserbau, die Guts- und Geldwirtschaft begründet, in ihr die Kapitolinische Wölfin gegossen und das ficoronische Kästchen gezeichnet. Aber die Individualitäten, welche zu diesem Riesenbau die einzelnen Steine herbeigetragen und sie zusammengefügt haben, sind spurlos verschollen und die italischen Völkerschaften nicht völliger in der römischen aufgegangen als der einzelne römische Bürger in der römischen Gemeinde. Wie das Grab in gleicher Weise über dem bedeutenden wie über dem geringen Menschen sich schließt, so steht auch in der römischen Bürgermeisterliste der nichtige Junker ununterscheidbar neben dem großen Staatsmann. Von den wenigen Aufzeichnungen, welche aus dieser Zeit bis auf uns gekommen sind, ist keine ehrwürdiger und keine zugleich charakteristischer als die Grabschrift des Lucius Cornelius Scipio, der im Jahre 456 (298) Konsul war und drei Jahre nachher in der Entscheidungsschlacht bei Sentinum mitfocht. Auf dem schönen Sarkophag in edlem dorischen Stil, der noch vor achtzig Jahren den Staub des Besiegers der Samniten einschloß, ist der folgende Spruch eingeschrieben:
Corneliús Lucíus – Scípió Barbátus,
Gnaivód patré prognátus, – fórtis vír sapiénsque,
Quoiús fórma vírtu – teí parísuma fúit,
Consól censór aidílis – queí fuít apúd vos,
Taurásiá Cisaúna – Sámnió cépit,
Subigít omné Loucánam – ópsidésque abdoúcit.
Cornelius Lucius – Scipio Barbatus,
Des Vaters Gnaevos Sohn, ein – Mann so klug wie tapfer,
Des Wohlgestalt war seiner – Tugend angemessen,
Der Konsul, Zensor war bei – euch wie auch Ädilis,
Taurasia, Cisauna – nahm er ein in Samnium,
Bezwingt Lucanien ganz und – führet weg die Geiseln.
So wie diesem römischen Staatsmann und Krieger mochte man unzähligen anderen, die an der Spitze des römischen Gemeinwesens gestanden haben, es nachrühmen, daß sie adlige und schöne, tapfere und kluge Männer gewesen; aber weiter war auch nichts von ihnen zu melden. Es ist wohl nicht bloß Schuld der Überlieferung, daß keiner dieser Cornelier, Fabier, Papirier und wie sie weiter heißen, uns in einem menschlich bestimmten Bild entgegentritt. Der Senator soll nicht schlechter und nicht besser, überhaupt nicht anders sein als die Senatoren alle; es ist nicht nötig und nicht wünschenswert, daß ein Bürger die übrigen übertreffe, weder durch prunkendes Silbergerät und hellenische Bildung noch durch ungemeine Weisheit und Trefflichkeit. Jene Ausschreitungen straft der Zensor und für diese ist kein Raum in der Verfassung. Das Rom dieser Zeit gehört keinem einzelnen an; die Bürger müssen sich alle gleichen, damit jeder einem König gleich sei.
Allerdings macht schon jetzt daneben die hellenische Individualentwicklung sich geltend; und die Genialität und Gewaltsamkeit derselben trägt eben wie die entgegengesetzte Richtung den vollen Stempel dieser großen Zeit. Es ist nur ein einziger Mann hier zu nennen; aber in ihm ist auch der Fortschrittsgedanke gleichsam inkarniert. Appius Claudius (Zensor 442 312; Konsul 447, 458 307, 296), der Ururenkel des Dezemvirs, war ein Mann von altem Adel und stolz auf die lange Reihe seiner Ahnen; aber dennoch ist er es gewesen, der die Beschränkung des vollen Gemeindebürgerrechts auf die ansässigen Leute gesprengt, der das alte Finanzsystem gebrochen hat. Von Appius Claudius datieren nicht bloß die römischen Wasserleitungen und Chausseen, sondern auch die römische Jurisprudenz, Eloquenz, Poesie und Grammatik – die Veröffentlichung eines Klagspiegels, aufgezeichnete Reden und pythagoreische Sprüche, selbst Neuerungen in der Orthographie werden ihm beigelegt. Man darf ihn darum noch nicht unbedingt einen Demokraten nennen, noch ihn jener Oppositionspartei beizählen, die in Manius Curius ihren Vertreter fand; in ihm war vielmehr der Geist der alten und neuen patrizischen Könige mächtig, der Geist der Tarquinier und der Caesaren, zwischen denen er in dem fünfhundertjährigen Interregnum außerordentlicher Taten und gewöhnlicher Männer die Verbindung macht. Solange Appius Claudius an dem öffentlichen Leben tätigen Anteil nahm, trat er in seiner Amtsführung wie in seinem Lebenswandel, keck und ungezogen wie ein Athener, nach rechts wie nach links hin Gesetzen und Gebräuchen entgegen; bis dann, nachdem er längst von der politischen Bühne abgetreten war, der blinde Greis wie aus dem Grabe wiederkehrend, in der entscheidenden Stunde den König Pyrrhos im Senate überwand und Roms vollendete Herrschaft über Italien zuerst förmlich und feierlich aussprach. Aber der geniale Mann kam zu früh oder zu spät; die Götter blendeten ihn wegen seiner unzeitigen Weisheit. Nicht das Genie des einzelnen herrschte in Rom und durch Rom in Italien, sondern der eine unbewegliche, von Geschlecht zu Geschlecht im Senat fortgepflanzte politische Gedanke, in dessen leitende Maximen schon die senatorischen Knaben sich hineinlebten, indem sie in Begleitung ihrer Väter mit zum Rate gingen und an der Tür des Saales der Weisheit derjenigen Männer lauschten, auf deren Stühlen sie dereinst bestimmt waren zu sitzen. So wurden ungeheure Erfolge um ungeheuren Preis erreicht; denn auch der Nike folgt ihre Nemesis. Im römischen Gemeinwesen kommt es auf keinen Menschen besonders an, weder auf den Soldaten noch auf den Feldherrn, und unter der starren sittlich-polizeilichen Zucht wird jede Eigenartigkeit des menschlichen Wesens erstickt. Rom ist groß geworden wie kein anderer Staat des Altertums; aber es hat seine Größe teuer bezahlt mit der Aufopferung der anmutigen Mannigfaltigkeit, der bequemen Läßlichkeit, der innerlichen Freiheit des hellenischen Lebens.