Molière
Die Schule der Ehemänner
Molière

 << zurück 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Dritter Akt

Erster Auftritt

Isabella (allein).

Isabella. Ja, lieber hundertmal den Tod erleiden,
Als mich zu solchem Bund gezwungen sehn!
Mein heiß Bemühn, die Drangsal zu vermeiden,
Kann wohl vor jedem Richterstuhl bestehn.
Schon kommt die Nacht; ich führ' es mutig aus:
Bei dem Geliebten bin ich gut geborgen.

 

Zweiter Auftritt

Sganarell. Isabella.

Sganarell (spricht ins Haus zurück).
Gleich bin ich wieder da; bestellt auf morgen . . .

Isabella. O! –

Sganarell.       Liebchen, du so spät noch vor dem Haus?
Du sagtest doch, du wünschtest auszuruhn
In deinem Zimmer von des Tages Mühe;
Ich solle drum dir den Gefallen tun,
Dich ungestört zu lassen bis zur Frühe.

Isabella. Ganz richtig; aber . . .

Sganarell.                                 Nun?

Isabella.                                             Ach, nur Geduld!
Noch kaum vermag ich Rechenschaft zu geben . . .

Sganarell. Wieso? Was geht denn vor?

Isabella.                                                   Wenn ich soeben
Noch ausging – meine Schwester trägt die Schuld.
Sie bat mich, in mein Zimmer sie zu sperren,
Und schlug all meinen Tadel in den Wind.

Sganarell. Wie?

Isabella.             Denken Sie sich nur: dem dreisten Herren,
Den wir verscheuchten, ist sie hold gesinnt . . .

Sganarell. Valer?

Isabella.               Ist beispiellos auf ihn versessen.
Sie können ihres Fiebers Grad ermessen,
Da sie so spät noch zu mir rannte,
Um mir zu beichten ihre Herzbeschwerde,
Und sich ein Kind des Todes nannte,
Falls ihrer Sehnsucht nicht Erfüllung werde.
Vor einem Jahre hätten sie bereits
Einander in geheimer Glut erkoren
Und gleich im Liebesfrühling wechselseits
Ewige Treue sich geschworen.

Sganarell. Die Schlange!

Isabella.                             Weil sie Nachricht nun gewann
Vom Schmerz, den ich ihm tat, fleht sie mich an,
Ihr beizustehn, damit ihr Liebster nicht
Zu ihrer größten Qual die Stadt verlasse.
Sie will, wenn sie heut abend in der Gasse,
Auf die mein Zimmer geht, ihn sieht und spricht,
Mit so verstellter Stimme, daß er denkt,
Er höre mich, zum Bleiben ihn verführen,
Und hofft, die Neigung, die er mir geschenkt,
So für sich selbst von neuem anzuschüren.

Sganarell. Und das gefällt dir?

Isabella.                                     Mir? Ich bin entrüstet.
Wie, Schwester, sagt' ich – kamst du von Verstand?
Schämst du dich gar nicht, daß es dich gelüstet
Nach diesem falschen, flatterhaften Fant?
Bist du so pflichtvergessen, um den Mann,
Der dir von Gott bestimmt ist, zu betrügen?

Sganarell. Der hat's verdient; dem gönn' ich's mit Vergnügen!

Isabella. Kurz, hundert Gründe führt' ich zornig an,
Um ihren Wunsch zu kreuzen und sie dringlich
Zu hindern an so schmählichen Entschlüssen!
Allein sie bat so herzbezwinglich,
Mit so viel Seufzern, so viel Tränengüssen,
Und schwor, wenn ich dies ihrem Liebesfeuer
Verweigerte, dann grüb' ich ihr das Grab,
Daß ich zuletzt gezwungen mich ergab;
Und flüchtend vor dem nächt'gen Abenteuer,
Das ich nur in der Schwesterliebe Namen
Erlaubt, wollt' ich Lucretia, deren Sitten
Sie täglich mir gerühmt, just eben bitten,
Bei mir zu übernachten: doch Sie kamen
Dazwischen . . .

Sganarell.                 Nein, das lass' ich nicht geschehn,
Obgleich's für meinen Bruder heilsam wäre;
An deinem Fenster könnte man sie sehn.
Das Weib, das ich mit meiner Hand beehre,
Soll nicht nur lauter sein und einwandsfrei,
Nein, auch unnahbar jeglichem Geläster.
Sogleich befehl' ich deiner saubren Schwester . . .

Isabella. Ach Gott, das brächte sie zur Raserei,
Und sehr berechtigt würfe sie mir vor,
Daß ihr Geheimnis ich mir ließ entreißen:
Nein, wenn sie meinen Beistand nun verlor,
So möcht' ich selber auch sie fortgehn heißen.

Sganarell. Sei's drum.

Isabella.                       Doch erst verstecken Sie sich dort,
Damit sie unbehelligt sich entferne.

Sganarell. Ich tu' es dir zulieb, obgleich nicht gerne.
Doch ohne Zaudern will ich, wenn sie fort,
Zu meinem Bruder eilen; diesen Streich
Ihm zu erzählen, bin ich sehr erpicht.

Isabella. Nur bitt' ich drum, verraten Sie mich nicht!
Gut' Nacht. Ich bleib' auf meinem Zimmer gleich. (Ab)

Sganarell. (ihr nachrufend).
Schlaf wohl, mein Schatz! (Allein) Ich brenne vor Begier,
Sein Los zu melden dem gespreizten Prahler!
Dahin bracht' ihn sein Schwulst; das lass' ich mir
Abkaufen nicht für zwanzig blanke Taler.

Isabella (im Hause).
Unmöglich, sag' ich dir. So sehr mir's leid ist,
Ich muß mich deinem Wunsche widersetzen;
Denn meinen guten Ruf würd' er verletzen.
Leb wohl und kehre heim, solang es Zeit ist.

Sganarell. Sie kommt. Die wird mir wohl gehörig fluchen.
Damit sie nicht zurückschleicht in das Haus,
Schließ' ich die Tür.

Isabella (heraustretend, mit verstellter Stimme).
                                O Himmel, nun ist's aus.

Sganarell. Wo geht sie hin? Ich will zu folgen suchen.

Isabella. (für sich).
Der Schutz des nächt'gen Dunkels wird mir frommen.

Sganarell (für sich). Zu seinem Hause! – Was ist ihr Begehr?

 

Dritter Auftritt

Vorige. Valer.

Valer (schnell heraustretend und zurücksprechend).
Ja, noch in dieser Nacht sei's unternommen . . .
Wer da?

Isabella.         Still, nicht so laut! Ich selbst, Valer,
Kam Ihnen schon zuvor – ich, Isabelle.

Sganarell (tritt hervor).
Das lügst du, Schelmin. Nein, du bist es nicht.
Was du verhöhnst, ihr blieb es heil'ge Pflicht;
Nur dein Betrug setzt dich an ihre Stelle.

Isabella (zu Valer). Doch erst geloben Sie, daß am Altar . . .

Valer. Nie hat mein Traum ein höh'res Ziel gespiegelt;
Mit Freuden bring' ich dies Gelübde dar,
Und morgen schon sei unser Bund besiegelt.

Sganarell (für sich).
Der Tropf geht auf den Leim.

Valer.                                             Vertraun Sie meinem Schutz.
Ihrem gefoppten Argus biet' ich Trutz.
Bevor er Sie mir raubt, durchbohrt mein Degen
Mit tausend Stichen ihm die Brust.

 

Vierter Auftritt

Sganarell (allein).

Sganarell. Sei ruhig, Freund! Ich habe wenig Lust,
Dein würdig Lieb zur Umkehr zu bewegen,
Und fühle keine Spur von Eifersucht.
Nimm sie sogleich zur Frau: mich wird's nicht kränken.
Ja, ruchbar werden soll die freche Flucht.
Ich schuld' es ihres Vaters Angedenken
Und ihrer wackern Schwester, einzuschreiten!
Nur dies stellt ihre Ehre wieder her.
Holla!
    (Er klopft an die Tür des Kommissärs)

 

Fünfter Auftritt

Sganarell. Ein Kommissär. Ein Notar. Ein Diener (mit einer Fackel).

Kommissär.     Was gibt's?

Sganarell.                           Grüß Gott, Herr Kommissär!
Ich bitte, mich in Amtstracht zu begleiten;
Ihr Fackelträger leuchte schnell voraus!

Kommissär. Wir wollten grad' . . .

Sganarell.                                     Ich muß auf Eile dringen.

Kommissär. Nun?

Sganarell.             Überraschen will ich dort im Haus
Ein Pärchen, um zur Heirat sie zu zwingen.
Denn ein gewisser Herr Valer hat offen
Ein Mündel uns zu rauben sich erfrecht;
Sie stammt aus edlem, achtbarem Geschlecht;
Doch . . .

Kommissär.   So? Dann haben Sie es gut getroffen;
Denn uns folgt ein Notar.

Sganarell.                               Der Herr?

Notar.                                                       Ja, königlicher
Notar.

Kommissär.   Und Ehrenmann.

Sganarell.                                   Des bin ich sicher.
Gehn Sie recht leis hinein, um aufzupassen,
Daß niemand aus dem Staub sich macht:
Sie werden für die Mühe reich bedacht;
Nur sich da drinnen nicht bestechen lassen!

Kommissär. Was denkt der Herr! Ein Mann der Obrigkeit . . .

Sganarell. Gewiß, Ihr Amt verehr' ich nach Gebühr.
Nun sag' ich meinem Bruder rasch Bescheid:
Man leuchte mir ein wenig bis zur Tür.
    (Für sich)
Das wird dem Fischblut großen Spaß bereiten.
Holla!
    (Er klopft an die Tür Arists)

 

Sechster Auftritt

Sganarell. Arist.

Arist.       Wer klopft? – Mein Bruder? Noch so spät?

Sgannrell. Komm, grauer Stutzer, löblicher Prophet!
Ich bringe dir recht art'ge Neuigkeiten.

Arist. Wie?

Sganarell.     Höre nur! Ein äußerst hübscher Fall.

Arist. Was?

Sganarell.     Wo ist deine Leonore? Sprich!

Arist. Weswegen fragst du? – Wohl noch auf dem Ball
Bei ihrer Freundin.

Sganarell.                     So? – Begleite mich
Und sieh, auf welchem Ball das Dämchen tanzt.

Arist. Was faselst du?

Sganarell.                   Gut hast du sie gedrillt:
»Ein echter Pädagog ist sanft und mild;
Durch Nachsicht nur wird Tugend eingepflanzt;
Durch Argwohn und durch Schloß und Gitter
Wird Frauentugend noch nicht echt;
Nach Luft und Freiheit dürstet ihr Geschlecht,
Und allzuviel der Strenge schmeckt ihm bitter.«
Wahrhaftig, das begriff der Leckermund;
Ihr menschenfreundlich Herz kann nichts verwehren.

Arist. Willst du mir dieser Rede Sinn erklären?

Sganarell. Ja, lieber Bruder, das ist dir gesund.
Zwanzig Dukaten geb' ich drum, daß du
Mit deiner Weisheit solche Frucht gezüchtet!
Schau, was die zwei gelernt; die eine flüchtet
Vor dem Galan, die andre läuft ihm zu.

Arist. Du gibst mir Rätsel auf.

Sganarell.                               Die Lösung ist:
Das Ballfest wird bei Herrn Valer gegeben.
Hinschleichen sah ich sie zu nächt'ger Frist;
In seinen Armen hält er sie soeben.

Arist. Wen?

Sganarell.   Leonore.

Arist.                         Hör nun auf, zu scherzen.

Sganarell. Ich scherzen? Ich? Weiß Gott, du blinder Tropf
Bist selber scherzhaft! So vernimm aufs neue:
Valer hält Leonore jetzt am Herzen.
Sie schworen schon einander ew'ge Treue,
Bevor ihm Isabella lag im Kopf.

Arist. Das muß ich für so ganz unglaublich halten . . .

Sganarell. Ich platze! – Fraglich scheint mir, ob du's glaubtest,
Wenn du's mit Augen sähst! Schlimm, wenn's den Alten
Daran gebricht! (Er deutet auf seine Stirn)

Arist.                         Im Ernste! Du behauptest . . .!

Sganarell. Nein, ich behaupte gar nichts. Folg mir nur!
Dein Scharfblick findet dort vollauf Genüge:
Urteile selbst, ob nicht ein Treueschwur
Die beiden längst vereint, und ob ich lüge.

Arist. Wie? Glauben soll ich, daß sie dieses Band
Geknüpft hat und es mir verborgen,
Mir, der seit ihrem frühsten Lebensmorgen
Ihr alles, was sie wünschte, zugestand
Und hundertmal versicherte, mich nie
Zu widersetzen ihrem Herzensdrange!

Sganarell. So komm und schau! Was zauderst du so lange?
Notar und Kommissär sind schon zugegen;
Zu schneller Heirat zwingen sollen sie
Das Pärchen, der verlornen Ehre wegen.
Du selber wirst – das halt' ich doch für sicher –
Verzichten auf ein Weib mit solchem Makel;
Wie? Oder ist dein inneres Orakel
Gewappnet gegen Spottsucht und Gekicher?

Arist. Die Schwachheit würd ich niemals mir verzeihn,
Sie gegen ihren Wunsch an mich zu binden;
Jedoch ich glaube nicht . . .

Sganarell.                                 Genug! Wir finden
Des müß'gen Streits kein Ende. Komm hinein!

 

Siebenter Auftritt

Vorige. Kommissär. Notar.

Kommissär. Hier, meine Herrn, ist Zwang wohl überflüssig;
War's Ihnen um die Heirat nur zu tun,
Dann lassen Sie den wilden Eifer ruhn;
Denn sich zu frei'n sind alle beide schlüssig,
Und Herr Valer hat schriftlich schon erklärt,
Er sei bereit.

Arist.                   Das Mädchen aber . . .

Kommissär.                                             Sagt,
Sie wolle, bis ihr Vormund ihr gewährt,
Was sie verlangt, nicht wanken und nicht weichen.

 

Achter Auftritt

Vorige. Valer.

Valer (erscheint am Fenster seines Hauses).
Ja, meine Herrn, und daß mir niemand wagt,
Eh' dies geschehen, in mein Haus zu schleichen!
Sie wissen, wer ich bin, und klar genug
Gibt meinen Willen kund mein Namenszug.
Wenn Ihr Entschluß dies Bündnis anerkennt,
So müssen Sie mir's gleichfalls schriftlich geben;
Wo nicht, dann soll man mir zuerst das Leben
Entreißen, eh' man unsre Liebe trennt.

Sganarell. Nein, nein, wer denkt an Trennung? (Leise, für sich)
Ha; dem Toren
Gilt sie für Isabella noch; das will
Ich nützen.

Arist (zu Valer).   Sprechen Sie von Leonoren?

Sganarell (zu Arist).
Schweig!

Arist.             Aber, . . .

Sganarell.                     Ruhe!

Arist.                                       Wissen möcht' ich . . .

Sganarell.                                                                 Still!
Halt doch den Mund!

Valer.                               Ich – was nun auch geschehe –
Hab' Isabellens Schwur und sie den meinen,
Und daß sie grade mich erwählt zur Ehe,
Kann Ihnen das verdammenswert erscheinen?

Arist (zu Sganarell).
Er sagt doch aber deutlich . . .

Sganarell.                                       Still! Bald schwindet
Dein Zweifel. (Zu Valer) Ja, wir beide sind's zufrieden,
Daß Ihnen die zur Gattin sei beschieden,
Die jetzt in Ihrem Hause sich befindet.

Kommissär. So steht es wörtlich auch im Protokoll:
Des Fräuleins Platz ist hier noch frei geblieben;
Sie folgt, sobald die Herrn es unterschrieben.

Valer. Ich tat es schon.

Sganarell.                     Ich tu' es freudevoll. (Für sich)
Das wird ein Spaß! (Laut) Hier, Brüderchen, schreib zu!
Du hast den Vortritt.

Arist.                               Mir ist unverständlich . . .

Sganarell. Zum Kuckuck! Armer Gimpel, schreib doch endlich!

Arist. Er spricht von Isabellen stets, und du
Von Leonoren.

Sganarell.               Aber wenn sie's wäre,
Du gäbst sie doch aus vollem Herzen frei.

Arist. Gewiß.

Sganarell.       So schreib. Und ich danach.

Arist.                                                             Es sei.
Begreif's, wer kann!

Sganarell.                       Wart, bis ich dir's erkläre.

Kommissär. Wir kehren gleich zurück.

Sganarell. (zu Arist)                               Nun hör, wieso
Dies alles kam.

(Sie ziehen sich in den Hintergrund zurück)

 

Neunter Auftritt

Sganarell. Arist. Leonore. Lisette.

Leonore.                 O grauenvolle Öde!
Die faden Herrchen plapperten so blöde,
Daß ich gelangweilt aus dem Ballsaal floh.

Lisette. Und jeder möchte doch vor Ihnen glänzen.

Leonore. Mir aber scheint ihr Stumpfsinn ohne Grenzen.
Das schlichteste Gespräch ist mir noch lieber
Als dieser Süßholzraspler fade Witze.
Sie halten es im Selbstvergöttrungsfieber
Gebrannter Locken schon für Geistesblitze,
Wenn mit des alten Mannes Zärtlichkeit
Im Gassenbubentone sie mich necken;
Und doch, sein würdig Alter steht mir weit,
Weit höher als das Schmeicheln junger Gecken.
Doch . . . seh' ich recht?

Sganarell. (zu Arist).             So hat sich's zugetragen.
    (Leonore bemerkend)
Aha, da kommt sie selbst!

Arist.                                         Kein hartes Wort
Geb' ich dir, Leonore; mich beklagen
Darf ich jedoch mit Recht; denn immerfort
Schärft' ich dir ein, daß dich kein Zwang beschränkt,
Nach freier Wahl den Gatten zu beglücken,
Und dennoch hast du hinter meinem Rücken
Dein Herz und deine Hand verschenkt.
Wenngleich ich meine Sanftmut nicht bereue,
Trifft mich dein Tun mit schmerzlicher Gewalt.
Die Zartheit meiner Lieb' und Treue
Verdiente nicht, daß man ihr so vergalt.

Leonore. Unfaßbar ist mir dieser Worte Sinn;
Denn mein Gefühl ist unentwegt geblieben,
Und könnt' ich jemals einen andern lieben
Als Sie, dann wär' ich eine Frevlerin;
Voll Sehnsucht harr' ich auf den Freudentag,
An dem Sie mich zur Gattin auserlesen.

Atist. Was hat dich nun verleitet, Bruder, sag . . .?

Sganarell. Ei, Sie sind jetzt nicht bei Valer gewesen,
Um Ihre Leidenschaft ihm zu bekunden?
Sie sind ihm nicht seit einem Jahre hold?

Leonore. Wer hat solch reizend Bild von mir entrollt
Und Ihnen diesen Bären aufgebunden?

 

Zehnter Auftritt

Vorige. Isabella. Valer. Ergast. Kommissär. Notar.

Isabella. O Schwester, übe Großmut und verzeih,
Wenn ich an deinem Namen mich versündigt.
Ein Schrecknis, mir für morgen angekündigt,
Hat mich zu dieser schnöden List gezwungen.
Dein Beispiel sagt, wie tadelnswert ich sei;
Doch unser Los war nicht von gleicher Art.
    (Zu Sganarell)
Vor Ihnen such' ich nicht Entschuldigungen;
Denn Schlimmeres bleibt Ihnen jetzt erspart.
Wir waren füreinander nicht bestimmt;
Stets Ihrer unwert bin ich mir erschienen,
Und im Bewußtsein, Sie nicht zu verdienen,
Zog ich es vor, daß mich ein andrer nimmt.

Valer (zu Sganarell). Kein stolzres Glück erträumte sich mein Wille,
Als sie aus Ihren Händen zu empfangen.

Arist. Mit Anstand, Bruder, schluck die bittre Pille:
Du bist durch eigne Schuld ins Garn gegangen,
Und wenig Hoffnung blüht dir obendrein,
Daß jemand Mitleid hat mit dem Geprellten.

Lisette. Mein Seel', der Handel freut mich ungemein;
Das nenn' ich nach Gebühr vergelten!

Leonore (zu Isabella).
Nicht loben darf dich, wer dein Tun vernimmt;
Doch auch zu tadeln trag' ich kein Verlangen.

Ergast. Sein ehelich Geschick war vorbestimmt;
Gut, daß er noch vor Torschluß ihm entgangen!

Sganarell (sich aus seiner Erstarrung aufraffend).
Mein Geist, je mehr er nachdenkt, wird nur matter;
Vor soviel Bosheit ist sein Licht entflohn!
Der Satan in höchsteigener Person
Kann so verderbt nicht sein wie diese Natter.
Die Hand hätt' ich für sie gelegt ins Feuer.
Verwünscht, wer jemals einem Weibe traut!
Die Beste bleibt noch stets ein Ungeheuer;
Fluch dem Geschlecht, das ewig Unheil braut!
Für immer bin ich satt der falschen Schönen;
Meintwegen sei der Teufel selbst ihr Buhle!

Ergast. So recht.

Arist.                   Kommt mit! Auch Sie, mein Herr Valer;
Und morgen suchen wir ihn zu versöhnen.

Lisette (zu den Zuschauern).
Ist euch ein Haustyrann bekannt wie der,
So schickt zu uns ihn schleunigst in die Schule.

 


 


 << zurück