Fritz Mauthner
Vom armen Franischko
Fritz Mauthner

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Wie der Franischko einen Juden bekehren wollte

Der kleine Franischko saß zusammengekauert im Winkel eines leeren Schuppens, in welchem er die Nacht zuzubringen gedachte. Hier hatte man vor einigen Jahren während einer Epidemie die Kranken des Dorfes untergebracht; seitdem war der Schuppen in Verruf und stand für jeden Landstreicher offen.

Der Slowake hatte die Augen bereits im Halbschlummer geschlossen, als die schiefe Tür langsam in ihren verrosteten Angeln gedreht wurde und ein langer Trödeljude, unter der Last seines Sackes gebückt, eintrat. Seufzend legte er seinen Sack zu Boden und wischte sich mit den schmierigen Händen den Schweiß von der Stirn. Da machte der Franischko eine Bewegung. Er hatte einen Juden erkannt und begann für sein junges Leben zu zittern. Er wußte, daß die Juden lange Messer bei sich führten, mit welchen sie ehrliche Christenkinder spießten; er hoffte aber, durch fünfmal fünf Stoßgebete zu seinem Namenspatron die Hilfe der Engel gegen den Unhold zu gewinnen.

Auch der Trödeljude fuhr zusammen, als er die Bewegung des Knaben vernahm. In der Dämmerung konnte er nur wenig erkennen, aber aus dem Klirren der Blechgeräte beim Vorüberstreifen, aus einer erhorchten Silbe des still geflüsterten Gebetes schloß er richtig, welcher Art der andere wäre. Gerechter Gott! dachte er. Was wird sagen mein Weib, wenn man wird finden morgen ihren Isaak in seinem Blute, was wird haben vergossen der gewaltige Krowat dort in der Ecke. Und wenn er sich sollte scheuen vor meinem Blut, so wird er doch vielleicht mich prügeln zu seinem Zeitvertreib und wird mir rauben das sauer verdiente Geld!

Aber mehrere Meilen in der Runde gab es für den ruhelosen Dorfgänger keinen anderen Zufluchtsort. Isaak beschloß auszuharren. Lauernd legte er sich zur freudlosen Rast auf den harten Boden nieder. Er ließ dem Schlaf keine Gewalt über sich und hielt die mißtrauischen Augen beständig gegen den unbekannten Feind gerichtet. Von dort her glänzten aus dem Dunkel die großen Augen des armen Franischko. Auch der Slowak wollte wachen und sein armes Leben nach Kräften gegen den schrecklichen Mann verteidigen. Bald jedoch verwirrten sich seine Gedanken. Er sah den Juden mit rotflammenden Augen auf sich zustürzen, fühlte seinen Hals von einem kalten Drahtseil umschnürt, hörte sein eigenes Todesröcheln und schlief unter solchen Vorstellungen ruhig ein.

Es war schon heller Morgen, die Sonne leuchtete durch zahlreiche Wandspalten und Dachlücken in den kahlen Schuppen und noch immer lauschte der alte Isaak auf die regelmäßigen Atemzüge seines Schlafgenossen. Er hatte bei Nacht in halbwachem Zustande die Geschäfte des letzten Tages und den bisherigen Gewinn der Woche nachgerechnet. Jetzt brach der Freitag an, und bevor die Sonne wieder unterging, durfte, ja mußte er zu Hause sein bei seinem Weib, bei seinen Kindern, um den Ruhetag zu feiern. Da rüttelte ein morgendlicher Windstoß an der Tür des Schuppens, ein Frösteln durchflog die hageren Glieder des Juden und er kam völlig zum Bewußtsein. Seine welken Lippen lächelten müde, als er die Jugend des Knaben bemerkte und an seine Furcht zurückdachte. Dann erhob er sich schwerfällig, um weiter zu wandern. Der kleine Franischko wachte auf, blickte schlaftrunken umher und warf einen scheuen Blick auf den Juden. Dann raffte er sein Blechzeug zusammen und eilte ohne Wort, ohne Gruß vorbei ins Freie hinaus. Mit langen gemessenen Schritten verfolgte Isaak denselben Weg, und so rasch auch der Slowakenjunge seine kleinen Beine setzte, immer war der Unchrist an seiner Seite. Freilich lag die ganze Breite der Landstraße zwischen ihnen. Rechts, am äußersten Rande des Straßengrabens schritt Isaak, links jenseits des Grabens, auf dem schmalen Feldrain, den kurzstämmigen Pflaumenbäumen geschickt ausweichend, lief der Slowak. Hier und da entdeckte dieser eine fast reife Pflaume, riß sie vom Zweige und verzehrte sie mit Behagen. Dann blickte Isaak jedesmal besorgt zurück, ob der Flurschütz nicht käme; denn er fürchtete, unschuldig mit verhaftet zu werden.

Die beiden Wanderer hatten sich allmählich aneinander gewöhnt, und hielten unwillkürlich zusammen. Der Franischko vergaß im hellen Sonnenschein seine ängstlichen Träume und freute sich, in dem grauen Juden etwas Lebendiges nahe zu haben. Und wenn der Wächter kam, schlug er vielleicht zuerst nach dem Juden und der Franischko hatte Zeit zu entlaufen. Isaak wiederum hatte mit dem Knaben seinen besonderen Plan. Sein Freund Schifferes hatte ihm gestern gegen eine alte Zeitung ein Paar Stiefel geschenkt. Die Stiefel bestanden zwar bloß aus einem sehr schadhaften Oberleder, die Sohlen waren völlig aufgebraucht, aber gerade darum hätten sie dem barfüßigen Knaben günstige Gelegenheit geboten, sich unvermerkt an das Stiefeltragen zu gewöhnen. Wenn der Slowake heute gute Geschäfte machte, wollte Isaak ihm das wertlose Leder schon aufreden. Und er schmunzelte vor sich hin.

Zweimal im Laufe des Vormittags kamen die beiden in ein Dorf und verloren einander aus dem Gesicht. Aber woher der Jude die Hunde am lautesten bellen hörte, dort bot wohl der Franischko seine Arbeit an, und wo der Bauer fluchte und schrie, da mußte wohl der Jude auf dem Hofe feilschen. Seltsam, seltsam. Es waren verschiedene Schimpfworte, mit denen der Franischko, der Mauseratzenfaller, der Krowat, der Dieb, und der Isaak, der Haderlump, der Brunnenvergifter, der Betrüger, gekränkt wurden. Aber dieselben Menschen waren es, die sie unbarmherzig von ihren Schwellen jagten, und dieselben Hunde waren es, die sie beim Eintritt ins Dorf mit ihrem Gekläff empfingen und noch weit über das letzte Haus hinaus begleiteten.

Als sie gegen Mittag das zweite Dorf verlassen hatten, wurden beide guter Dinge. Der Franischko hatte an die Pfarrersköchin zwei Mausefallen gut verkauft und der Jude fühlte schon die Nähe seines Hauses. Auch gedachte er, jetzt die alten Stiefel loszuwerden. Darum hielt er inne und reinigte seine eigenen Stiefel vom Straßenstaub, um den Slowaken darauf achten zu lassen, wie gut schöne schwarze Stiefel den Manne kleiden. Aber der Franischko verstand ihn nicht und lachte nur. Er war zutraulich geworden, seitdem eine große Dogge dem Juden nach den Beinen geschnappt hatte. Er ahmte, erst schüchtern, dann lauter, den Ruf des Dorfgängers nach. »Handeljüd!« schrie er in den heißen Sommertag hinaus, daß die schlafenden Vögel davon aufwachten. Isaak lächelte dazu und dachte: Soll er seinen Spott treiben mit mir. Hat er doch keine andere Freud, der arme Bettler.

Jetzt läutete es auf einem fernen Meierhofe zu Mittag. Hüben und drüben ließen sich die beiden am Wegrand nieder, um Rast zu halten und ihr Mahl einzunehmen. Und nun erfuhr der Franischko, warum die Rockschöße des Juden beim Marsche immer so schwer aufschlugen. Isaak holte aus der einen Tasche einen halben Laib Brot, aus der anderen einen Topf voll Käse hervor, öffnete sein Klappmesser und begann zu essen. Heute abend wird mein Weib mir was Besseres vorsetzen, dachte er.

Der Franischko schielte herüber und schüttelt sich vor Abscheu. Daran konnte man doch sehen, daß die Juden den Christen alles vergiften! Wozu hatten sie sonst ihre besonderen Speisegesetze? Und er brachte aus seiner Ledertasche ein Stück Speck hervor. Zwar war es heute Freitag und er durfte kein Fleisch essen. Aber die gute Mamka hatte ihm einst unter Tränen geraten, auch am Fasttag zu essen, was er bekäme; sie wollte schon die Sünden beim lieben Gott auf sich nehmen. Auch wußte ja der dumme Jude nicht, daß es unrecht war, und so aß der Slowake stillvergnügt seinen Speck, indem er denselben neckend dem Juden entgegenhielt. Isaak wandte sich ab, bemerkte aber trotzdem, daß dem Franischko das Brot fehlte. Er beschleunigte seine Mahlzeit, erhob sich und ließ, bevor er weiterschritt, eine tüchtige Schnitte Brotes säuberlich im Grase liegen. Der Franischko besann sich eine Weile. Dann fand er, daß der Jude im Grunde ein ganz guter Mann zu sein schien, dem man auch eine Freude machen könnte. Und er biß mit seinen blanken Zähnen ein.

Inzwischen bereitete sich am Himmel ein Gewitter vor. Noch lag eine trockene Schwüle auf der Landschaft, aber hinter ihnen im Osten verdüsterte sich der Horizont und kurze Wirbelwinde trieben dichten Straßenstaub in ihre Augen. Sie beschleunigten gleichmäßig ihren Schritt, um vor dem Losbruch ein Obdach zu finden. Noch drei Stunden mußten sie wandern, während das Gewölk sich schon bis über den Zenit hinaus verbreitete und ferne Donner mehr als einmal den kleinen Franischko aufschreien machten. Schon preßten sich schwere Tropfen in den dichten Staub der Straße und schlugen die Wangen der Wanderer, als sie ein Asyl erblickten. Auf dem mäßigen Hügel, über welchen die Straße führte, eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt, stand neben einer mächtigen Linde eine Kapelle, wie sie in dieser Gegend nicht selten zu finden. Nur am Tage des Patrons, des heiligen Florian, wurde hier eine Andacht abgehalten. Sonst schloß ein festes eisernes Gitter den Innenraum ab. Fromme Seelen, die des Weges kamen, mußten sich begnügen, außerhalb des Gitters zu beten und etwa eine kleine Münze in die Kapelle hineinzuwerfen. Jetzt stand sie offen. Der Küster war offenbar beim Reinigen und Münzensammeln vom Ausbruch des Gewitters überrascht worden. Jetzt lag er ausgestreckt auf einer der drei Bänke.

Als Isaak vor dem Regen in die Kapelle flüchtete, sprang der Küster verblüfft auf seine Füße. Kaum hatte er jedoch einen Juden erkannt, als er ihn mit einer Flut von unflätigen Reden aus dem Tempelchen des heiligen Florian jagte. Während der Jude scheu unter die Linde schlich, welche doch einigen Schutz gewährte, kam auch der Franischko heran, schnitt dem Juden ein höhnisches Gesicht und trat in die Kapelle. Auch er wurde schlimm empfangen.

»Hinaus mit dir, verdammter Zigeunerbub'! Du stiehlst mir die Strümpfe aus den Stiefeln, wenn ich dich hier dulde. Die teuren Farben des heiligen Florian kannst du mit deinen Diebesfingern von den Wänden kratzen und die ganze Kapelle gar mit dir forttragen! Aber ein einziges Mal einen Kreuzer durchs Gitter zu werfen, das fällt dem Gesindel nicht ein. Hinaus mit euch!«

Und der Küster schloß das Gitter von innen und streckte sich wieder hin.

Der Franischko kam zum Juden unter die Linde. Der Donner rollte unaufhörlich. Ein schwerer, lauer Regen prasselte nieder. Isaak hatte trotz seiner tiefen Schwermut klüglich unter dem undurchdringlichsten Zweig des Baumes Posto gefaßt. Als nach einigen Minuten auf der entgegengesetzten Seite, wo der Franischko unterstand, der Regen durchzurinnen begann, rückte der Jude beiseite. Zögernd, widerwillig kam der Knabe näher. Jetzt konnte er ihn mit der Hand berühren und blickte erstaunt auf das kummervolle Antlitz des älteren Mannes. Ein tiefes Mitleid überkam ihn. Auch er, der Franischko, war ausgeschlossen worden. Aber bei ihm war nur die Armut schuld; wenn er einmal erst Geld hatte, ei, dann wollte er doch sehen, ob ihm jemand den Eintritt in ein Gotteshaus weigern konnte. Doch dieser arme Jude mußte zeitlebens auf solche Wohltat verzichten. Wer ihn hätte retten können.

Am Stamm der Linde hing unter Glas ein kleiner Farbendruck, ein Bildnis des heiligen Florian; davor stand der Betschemel. Der Franischko kniete nieder und hub an: »Dummes Mauschel, auf was bleiben Jüd, wenn wirst überall treten. Ise nix so schwer Christentum. Schau, Mauschel, mach selbiges Kreuz vor swaty Florian, wie Franischko und kannst kummen in Himmel un in Kapellen.« Und er machte das Zeichen des Kreuzes dem Juden vor.

»Wir haben ja alle dasselbe Kreuz«, sagte der weitgewanderte Jude in slowakischer Sprache vor sich hin. Er hatte in seinem Leben so vieles lernen müssen. Isaak hatte die Worte in einem fürchterlichen Jargon gesprochen, aber der Knabe verstand ihn doch und fuhr erregt in seiner Muttersprache fort: »Verfluchter Mauschel, schäme dich, daß du dich mir gleichstellen willst. Bin ich auch nur ein armer Drahtenbinder, so gehöre ich doch dem christlichen Volke der Slowaken an. Du aber bist aus der Hölle hergekommen, um uns zu bestehlen und zu vergiften.«

Isaak winkte gutmütig mit der Hand ab. Er hätte lächeln mögen über den Eifer des Kindes, aber tausend Kränkungen, tausend Beschimpfungen bis zu der letzten in der Kapelle fielen ihm bei dessen Worten ein. Er hätte lächeln mögen über den Hochmut des Betteljungen, aber das Mitleid desselben machte ihn traurig. Und der Franischko fuhr fort: »Schlage ein Kreuz, Mauschel, und bete zum heiligen Florian! Schau, Mauschel, ich habe ein gutes Herz und bin seit dem frühen Morgen neben dir hergegangen, ohne dir weh zu tun. Aber die anderen werden nicht aufhören, dich bis in dein Grab zu quälen, wenn du ein Jud' bleiben willst. Und in den Himmel kommst du auch nicht. Bleibst ewig auf der grünen Wiese mit den Heiden. Und wenn jetzt auf einmal dein Haus deiner Mamka über dem Kopf zu brennen anfängt, so wird der heilige Florian nicht löschen und deine Mamka wird zu Kohlen verbrennen. Schau, Mauschel, bete doch zum heiligen Florian!«

Und der Jude blickte wie verstört auf den eifervollen Knaben und er dachte an die Hütte drüben im Tal, wo sein Weib und seine Kinder ihn zum Ruhetag erwarteten, und dachte an alle Schmerzen seines Lebens. Dann sank er auf den roh gezimmerten Betstuhl hin, senkte sein Haupt und schluchzte, schluchzte, daß der Franischko anfänglich darüber erschrak. Dann dachte der Knabe aber, die Tränen wären bloß ein Zeichen der Reue über des Juden bisheriges Leben, und er blickte wohlgefällig auf sein Werk. So blieben sie noch lange zusammen, bis das Gewitter vorübergezogen war. Der Jude stand zerstreut auf, strich dem Knaben spöttisch lächelnd über das Haupt, nahm seine Last auf und schritt fürbaß der Heimat zu. Er eilte, vor Eintritt der Nacht zu den Seinen zu kommen. Als ob es sich von selbst verstände, folgte ihm der Knabe.

Wieder zogen sie schweigsam nebeneinander her. Nur daß der Franischko sich jetzt dicht zu dem Alten hielt und seine schönen Augen liebevoll auf ihn gerichtet hielt. Bevor der erste Stern am Himmel sichtbar war, hatten sie des Juden Ziel erreicht.

Draußen vor dem Mauteinnehmerhäuschen einer kleinen Stadt stand ein baufälliges Anwesen. Vor der Tür saßen vier Knaben und ein Mädchen; sie sprangen jubelnd auf, als sie den Vater erblickten, und liefen ihm entgegen. Isaak nahm das Mädchen bei der Hand und schritt eilig, von den Knaben gefolgt, dem Hause zu. Der kleine Franischko stand plötzlich allein und konnte nun auf einmal gar nicht begreifen, warum er den Juden bis hierher geleitet hatte. Aber neugierig war er doch, wie es wohl in dem Judenhaus aussehen möchte. Er stieg auf die Bank vor dem Fenster und lugte hinein. Da stand ein sauberer Tisch mit Geschirr und Backwerk bedeckt und eine stattliche Frau wirtschaftete umher. Die Kinder aber umringten den Vater, der eben bei der Arbeit war, seinen Sack auszuleeren. Der Franischko riß die Augen auf, als er sah, was alles aus der schwarzen Öffnung kam. Kleidungsstücke und Lebensmittel aller Art, Bücher und Kartenspiele, eine Zigarrenkiste, eine Lichtschere und ein Blumentopf. Es nahm kein Ende. Jeder einzelne Gegenstand wurde beiseite getan, dann verschwand der Alte im Nebenzimmer und Franischko hatte Zeit, die schönen weißen Kuchen auf dem Tische zu bewundern. Doch jetzt trat Isaak wieder herein – wenn das anders noch derselbe Jude war, der in der letzten Nacht vor dem kleinen Franischko gezittert hatte. Man hätte ihn in dieser glänzend weißen Wäsche, in seinem langen schwarzen Rocke nicht wiedererkannt.

Die Familie setzte sich um den Tisch, und Franischko sah sie die Lippen bewegen, hörte aber nicht sprechen. Und da glaubte er, daß sie alle drin seine Muttersprache redeten, wie auch ihre Gesichter ihm so altbekannt vorkamen. Es wurde ihm weich ums Herz und er rief herzlich ein »Gute Nacht!« in das Zimmer hinein.

Im Zimmer fuhren alle erschreckt von ihren Sitzen empor. Der Vater aber trat lächelnd heraus. Er hatte sich des Slowaken erinnert und kam, um nach seinem Begehr zu fragen.

Der Franischko nestelte lange an seiner Ledertasche herum. Endlich langte er ein kleines Blättchen mit dem Bildnis des heiligen Stephan hervor und gab es verschüchtert dem Juden. Und wieder zuckte es spöttisch um Isaaks welke Lippen; er gab das Bild zurück, weil es nicht für einen Juden tauge, und bot dem Knaben für seine gute Absicht eine warme Abendmahlzeit an. Franischko war's auch so zufrieden. Nur bat er sich aus, daß ihm gestattet würde, auf der Bank vor dem Hause zu essen.

Nach einer Weile brachte der Jude ein schönes Bratenstück heraus. In der anderen Hand hielt er ein zerrissenes paar Stiefel. Er war nahe daran gewesen, sie dem Slowaken zu schenken, aber –

»Ich hab' sie eingehandelt für Ware«, sagte er, »sollst du mir dafür auch nur geben Ware. Willst du mir geben für die schönen großen Stiefel, für beide, eine Mausefalle?«

Rasch war das Geschäft abgeschlossen und Franischko trug zur Erinnerung an die denkwürdige Bekanntschaft des alten Isaak von diesem Tag ab neben seiner Warenlast auch das alte Stiefelpaar auf der Schulter.


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