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Achtes Kapitel

Die Comantschen in der Apatscheria. – Die Antilope. – Das Spießruthenlaufen. – Die Pantherkatze und William. – Der Kampf.

Die Pantherkatze mit ihrem kleinen Heer hatte die Grenze des Comantschen-Gebietes überschritten – die Apacharia war erreicht.

Wie die Windsbraut sausten die Krieger über die weite Fläche, von zahlreichen Spähern umschwärmt, welche die Aufgabe hatten, nicht allein jeden verdächtigen Umstand zu erforschen, sondern vor Allem nach Spuren ihrer Freunde zu suchen.

Doch nichts bot sich den Blicken dar als weite, weite Grasflächen, auf dem jedes Leben erstorben schien. Hunderte von Spuren liefen zwar im wirren Gemisch dahin, doch wer hätte vermocht sich unter diesen zurecht zu finden, welche die in rasender Eile von allen Seiten nach Darhees Dorf ziehenden Apachen durchkreuzt und verwischt hatten.

Erst am Leichenhügel der von George gefallenen Apachen wurde zur Gewißheit, daß man auf dem rechten Wege sei; die Pantherkatze erkannte George's Totem, Trust und Diana witterten die abgelegte Kleidung ihres früheren Herrn. Ein zweites Zeichen George's fand einer der Späher am Ausgang des Wäldchens, in dem jener mit dem Falken zusammen war; wo aber war George wo der Falke mit seinen Kriegern, wo war Marie?

Unmuthig schüttelte der Comantschensachem das Haupt, er gab sich zwar alle Mühe seine Befürchtungen vor William zu verbergen, ihm selbst aber war es unbegreiflich, daß nicht eine Spur von dem Falken zu finden sei, daß nicht einer von dessen Kriegern kam, ihm Nachricht zu bringen.– William's sonst so heiteres, zuversichtliches Wesen war einem finstern Ernste gewichen; statt in Tojolah's Ruhe, ihrem gefaßten, würdevollen Auftreten Kraft zu finden, seine Leiden mannhaft zu ertragen, betrachtete er es als einen Hohn des Schicksals: an der Seite der Braut seines Freundes dahinzuziehen, während George das für William so begehrenswerthe Loos gezogen, für Marie zu kämpfen, vielleicht ihre Gefangenschaft, ihre Todesstunde theilen zu dürfen.

Blutige Bilder wirbelten bei diesen Gedanken durch das Hirn des sonst so sanften, friedfertigen Mannes und jauchzend schwang er sich in den Sattel, als nach einem für ihn unerträglichen Rasttag der Befehl zum Aufbruch gegeben wurde. Nach Rache und Kampf dürstend jagte William dahin und heller leuchtete sein Auge, als er hinter sich blickend die große Schaar wackerer Krieger überflog, deren Jeden gleiche Gefühle durchstürmten. Bald aber mäßigte der Befehl der Pantherkatze die rasende Eile der Krieger. Näher und näher kam man Darhee's Dorf; die größte Vorsicht, die größtmöglichste Schonung der Pferde wurde zur dringensten Pflicht.

Doch unangefochten, zu Aller Erstaunen unbelästigt, erreichten die Comantschen den Wald, der einst den Flüchtigen als Sammelplatz gedient. Die Pantherkatze konnte gar nicht begreifen, daß auch nicht einer der Feinde zu erblicken gewesen und eine Schlinge, einen Ueberfall fürchtend, versammelte er die angesehensten Krieger zu einer Berathung.

Noch aber hatten diese nicht das Calument die Runde Passiren lassen, als mehrere Comantschen, welche die Umgegend durchstreift, einen gefangenen apachischen Späher herbeischleppten.

So trotzig, so verstockt der wilde Bursche nun auch auftrat, war er doch nicht im Stande, seine Verblüffung zu verbergen, als er im Dunkel des Waldes die große Schaar der feindlichen Krieger erblickte; ein lautes »Uah« entschlüpfte seinen Lippen, bald aber verdrängte die Gewißheit einem sicheren, qualvollen Tode verfallen zu sein, jedes Nebeninteresse und allen an ihn gerichteten Fragen setzte er ein mürrisches Schweigen entgegen.

Die Comantschen jedoch kannten die Mittel, einen störrischen Sinn, zu brechen und bald stand der junge Apache am Marterpfahl; da trat die Pantherkatze vor ihn und sprach:

»Du bist jung; ein langes, thaten- und ehrenreiches Leben liegt vor Dir, doch das wechselnde Kriegsglück gab Dich in unsere Gewalt; Dein Leben ist verfallen und meine Krieger sind mit den Vorbereitungen der Martern beschäftigt, die Deiner warten, wenn Du nicht meine Fragen beantworten willst, die ich an Dich stellen werde! Gibst Du mir aber Auskunft, so will ich Dir Dein Leben schenken, und wenn die Sonne dreimal zur Ruhe gegangen und ich mich überzeugt, daß Deine Zunge nicht gespalten war, so kannst Du frei und unbelästigt Deinen Weg fortsetzen!«

Ein Blitz der Freude schoß aus dem Auge des Apachen, im nächsten Augenblick aber nahmen seine Züge wieder den finstern Ausdruck an und den Kopf schüttelnd entgegnete er:

»Ich kann nicht zum Verräther an meinem Volke werden! Nehmt mir das Leben, Comantsche, aber laßt mich als ehrlicher Krieger sterben!«

»Uah! Du hast ein tapferes Herz!« rief die Pantherkatze »meine Krieger werden sich Riemen aus Deiner Haut machen und ihre Haare damit schmücken; aus Deinem Gebein werden sie Pfeifen schneiden und darauf spielen, wenn sie um Deinen Scalp tanzen.«

Der Apache erbebte, und wäre sicher zusammengesunken, hätten ihn nicht die Fesseln am Marterpfahl aufrecht erhalten und leise murmelten seine zuckenden Lippen: »mein Weib, meine Kinder!«

»Ja Dein Weib, Deine Kinder« fuhr der Sachem fort »sie werden Dir fluchen wenn sie in Kummer und Elend verkommen, weil Dein Trotz sie ihres Beschützers und Ernährers beraubt. Du kennst, die Comantschen! Du weißt, daß ich die Pantherkatze, selbst den Feind achte, wenn er muthig, und treu. Du weißt, daß ich Schlechtes nicht verlangen werde. Ich will nichts wissen, als warum nirgends einer der Apachenkrieger zu sehen!«

»Niemand ahnt Euer Erscheinen!« sprach dumpf, fast unbewußt der Apache. »Meine Brüder rüsten sich zu einem Zug in Euer Gebiet, sie sind in großer Anzahl in Darhee's Dorf versammelt und wollen morgen Mittag aufbrechen, nachdem – nachdem sie fünf Comantschen, die in ihre Hände gefallen, dem Kriegsgott geopfert!«

»Genug, genug!« rief hastig die Pantherkatze »mehr will ich nicht wissen!« Und mit seinem Messer den Gefangenen befreiend, sprach er einfach: »mein Bruder ist frei, er kann gehen wohin er will, wenn dreimal Tag und Nacht gewechselt; bis dahin sei er mein Gast!«

Die Comantschen machten allerdings ziemlich verdutzte Gesichter bei dieser gänzlich unerwarteten schnellen Wendung; sie schienen durchaus nicht entzückt, daß ihnen das so sicher geglaubte Opfer entrissen worden; doch ihr Sachem hatte gesprochen, wem wäre es da wohl eingefallen, dessen Wort zu bekritteln?

Anders nahm William der Pantherkatze Edelmuth auf; den er doppelt hoch schätzte, weil er wußte, daß sein rother Freund nicht nach eingelernten Moralsätzen handelte, nicht lange erwog und prüfte, sondern nur dem Gefühl seines Innern folgte! Jetzt stand der wackere Häuptling wieder im Kreis der berathenden Krieger und entflammte deren Herzen mit begeisterten Worten. Seine Augen sprühten Feuer und weit spreizten sich die Nasenflügel, als er mit laut dröhnender Stimme seine Rede mit den Worten schloß:

»Unsere Brüder, die in den Händen der Apachen, sie müssen befreit werden. Und ist der Feind Euch auch an Zahl weit überlegen. Euer Muth, das Bewußtsein, daß eine Niederlage unseren Untergang, den Untergang unseres Stammes herbeiführen würde, muß uns den Sieg erringen lassen. Der Gedanke an Euere Familie mag Euere Kraft verdoppeln, er mag Euch aber auch warnen, daß Ihr nicht nutzlos Euer Leben preisgebt; nur der Muth, der sich mit Besonnenheit vereinigt, ist eines großen Kriegers würdig!«

»Jetzt versorgt Euere Pferde, seht nach Eueren Waffen, um Mitternacht brechen wir auf!«

Stürmischer Beifall folgte diesen Worten und ein Jeder schickte sich an, die gegebenen Befehle zu vollziehen, um dann noch eine kurze Zeit zu ruhen, vielleicht zum letzten Mal, ehe das Auge sich zum ewigen Schlummer schloß.

Doch schon nach kurzer Frist wurden die Schläfer von einem grassen Unwetter aufgeschreckt; in Strömen goß der Regen herab und heulend sauste der Wind durch die ächzenden Bäume, deren dichtes Laubwerk bald nicht mehr im Stande war, den Comantschen Schutz vor dem Regen zu verleihen. In ihre Wollendecken gehüllt standen die Krieger bei den Pferden und hatten Mühe dieselben im Zaume zu erhalten, denn bald schossen blendende Blitze durch die Zweige, bald krachten fürchterliche Donnerschläge herab. Trotz des Unwetters, war aber Alles frohester Laune; es war ja eine Nacht, wie zum Ueberfall geschaffen, und dämonisch mischte sich der Schlachtschrei mit dem Grollen des Donners, als endlich der Befehl zum Aufbruch gegeben wurde.

Die Pantherkatze hatte mit ihrem natürlichen Zartgefühl Tojolah des traurigen Amtes erhoben, gegen die eigenen Stammesbrüder als Führerin zu dienen; sie blieb nebst dem gefangenen Apachen im Lager, in welchem der Sachem nach langem Zaudern hundert seiner Krieger zurückließ; diese sollten als Reserve, oder als Sammelplatz der Zersprengten dienen, je nachdem das Glück ihnen günstig oder ungünstig war.

Der Häuptling selbst zog, mit hundertfünfzig Kriegern, geführt von dem einen der beiden Trapper, welche mit George in Darhee's Dorfe als Gefangene gewesen, nach der südlichen Schlucht, aus der Marie und Tojolah geflohen. Im Schutze des Rohrbruchs hoffte die Pantherkatze in möglichste Nähe des Dorfes zu gelangen, ohne daß sie bemerkt würde. William mit seinen vierzig Comantschen und die Antilope mit ihrer gleich starken Schaar, sollten versuchen durch den nördlichen Paß zu brechen, durch den einst George geflohen; diese Abtheilung wurde von dem zweiten Trapper geführt, der natürlich hier trotz der fast greifbaren Finsternis, ohne zu irren dahin schritt. Da die von Süd nach Nord sich ziehende Hügelkette vielleicht für einzelne Scharfschützen gute Positionen bot, hatte die Antilope ihre Krieger absitzen lassen und marschirte zu Fuß hinter Williams Reitertrupp. Im Dunkel der Nacht sollten William und die Antilope ihre Stellungen einnehmen und in diesen verharren bis die Pantherkatze den Hauptangriff begonnen; dann erst sollte William mit seinen Reitern den Apachen in die Flanke, die Antilope mit den Schützen in deren Rücken fallen. Nur besondere, außer jeder Berechnung liegende Umstände sollten eine Abweichung von diesem Plan gestatten, wie auch nur im äußersten Nothfall die Reserve herbeizurufen, verabredet war.

Die Finsterniß war so groß, daß längst die Pantherkatze William's Auge entschwunden war, obgleich letzterer noch das Schnauben der Pferde, das Klirren der Waffen vernahm; ja er war fast kaum im Stande den an seiner Seite reitenden treuen Neger zu erkennen, der, durch Lasso's an seinen Sattelgurt gefesselt, die beiden Bluthunde führte. Nach und nach wurde das Gewitter schwächer und der Mond erzwang sich an einzelnen Stellen einen flüchtigen Durchblick, obgleich noch immer der Regen aus schwarzen Wolken herabströmte.

Endlich fing der Pfad zu steigen an und deutlich konnte man im dunkelen Umrissen die Hügelkette erkennen, die das Apachendorf von seinen Feinden trennte. Jetzt hielt die Schaar; vor William stand plötzlich die Antilope und sprach mit gedämpfter Stimme:

»Meine Brüder mögen hier warten, Die Apachen sind vorsichtige Krieger, welche den Eingang in ihr Dorf nicht unbewacht lassen werden, die Antilope aber wird den Weg frei machen!«

An der Seite des als Führer dienenden Trappers verschwand der muthige Comantsche in der Finsterniß und eine halbe Stunde verstrich den Zurückgebliebenen in peinlicher Ungewißheit, ohne daß die beiden Männer zurückgekehrt. Schon wurden einzelne ungeduldige Stimmen laut, welche die Vermuthung aussprachen, daß dem geliebten Führer ein Unglück zugestoßen und schon riethen viele zum Aufbruch, als eilige Schritte sich nahten. Es war der Trapper, der von der Antilope entsendet verkündete, daß der Weg frei. Augenblicklich wurde der Marsch fortgesetzt und die größte Vorsicht angewandt, um nicht unnöthiges Geräusch zu verursachen. Im Aufwärtsklimmen erzählte der Trapper, daß an zwei Stellen Wachposten gestanden hätten, beide aber wären überumpelt und erstochen.

»Ja, wo ist aber die Antilope!« frug William, als jener seinen Bericht endete, und ingrimmig seine Büchse schüttelnd fuhr der Trapper fort:

»Der Comantsche weilt am jenseitigen Fuße des Berges, seht schon senkt sich der Pfad, wir werden ebenfalls bald unten sein. – Als die Apachen gefallen waren, schlichen wir den ganzen Kamm hinab, ohne noch eine Spur von weiteren Posten zu finden; selbst auf die kleine Prairie wagten wir uns, welche die Hügel von dem kleinen Wäldchen trennt, von dem ich Euch erzählt. Beruhigt kehrten wir nach dem Posten zurück und hier schlug ich dem Comantschen vor, zurückzubleiben und eine etwaige Bewegung des Feindes zu beobachten, während er die Indianer herbeirufen solle. Sapristi – trotz der Finsterniß hättet Ihr der Antilope Augen leuchten sehen können, als er mir drohend entgegnete:

– Dein Rath ist gut, doch werde ich zurückbleiben und Du wirst meine Brüder herbeirufen und ich rathe Dir nicht rechts noch links vom geraden Wege abzuweichen, nicht den leisesten Versuch zu machen die Apachen zu warnen, sonst gellt Di der Kriegsschrei der Antilope in die Ohren, ehe Du es denkst. Mit diesen Worten hieß mich der Comantsche meines Weges gehen und als ich mich zufällig wandte, konnte ich deutlich das Blinken seines Büchsenlaufes gewahren, mit dem er jeder meiner Bewegungen folgte. Daß der vorsichtige, schlaue Bursche mich für einen Verräther hielt, wurmt mich verteufelt, doch offen gestanden – Uebel nehmen, kann ich ihm seinen Verdacht nicht. Sollte ich aber das Vergnügen haben, mit dem verdammten Mormonen zusammenzutreffen, so will ich ihm vergelten, was es heißt mich zum Spießgesellen seiner Schurkerei zu machen!«

»Ich auch!« brummte Brown »doch stille jetzt; ich sehe dort einen Schatten, der sich bewegt; es wird der Comantsche sein!«

Er war es in der That und höhnisch lachend rief er:

»Die Apachen sind Maulwürfe; dort liegen sie an ihren Feuern und ahnen nicht, daß der Comantsche sie beschleicht, ich bin bis zu dem Wäldchen vorgedrungen und werde mich dort mit meinen Kriegern verbergen, vielleicht gelingt es, mich auf dem Hügel, der dasselbe überragt, festzusetzen!«

Der Trapper warnte vor dem zu weiten Vordringen und versicherte, daß der erwähnte Hügel mitten im Dorfe läge, daß er wohl leicht zu vertheidigen, doch müßten die Comantschen dicht bei den Feuern der Apachen vorbei, wenn sie ihn ersteigen wollten, da er nur von der nach dem Dorfe zu gelegenen Seite zugänglich seil

»Desto besser!« rief feurig die Antilope! »Die Gefahr schreckt uns nicht, denn der Fuß der Comantschen ist leicht und schnell, die Apachen werden glauben ein Eichhorn raschle in den Zweigen. Uah! wie werden sie aber staunen, wenn die sichern Kugeln meiner Krieger in ihre Reihen schlagen, wenn die Pantherkatze sie mit ihren Pranken zerreißt und mein weißer Bruder mit seinen Reitern in ihren Rücken fällt! Doch wir müssen fort! Bald wird der Mond siegreich durch die Wolken dringen!« Herzlich schüttelte der Wackere Williams Rechte und wollte sich eben zum Gehen wenden, als ihn der Trapper mit den Worten zurückhielt:

»Comantsche! Ihr traut mir nicht – und thut Unrecht, doch ist jetzt keine Zeit zu Erklärungen und Betheuerungen; ich aber muß, ich sage – ich muß unter den Ersten sein, die in das Apachendorf dringen, d'rum nehmt mich mit, und hegt Ihr immer noch Mißtrauen, so steckt mir meinetwegen einen Knebel in den Mund und schnürt mir die Hände zusammen, – aber mitnehmen müßt Ihr mich; ich will Euch auch die Erlaubniß geben, mir mit Euerem Tomahawk den Schädel einzuschlagen, wenn ich Euch Ursache zum Mißtrauen gebe!«

Der Jäger sprach mit solch augenscheinlicher Treuherzigkeit, daß die Antilope lächelnd erwiederte:

»Es sei! Schließe Dich meinen Kriegern an; Du darfst mir nicht zürnen, daß ich zu vorsichtig gewesen und nun – Vorwärts!«

Wie die Schlangen verschwanden die Comantschen im hohen Gras; kein Laut, kein Geräusch drang zu Williams Ohren, und als etwa eine halbe Stunde verstrichen, und er annehmen konnte, daß die Comantschen in dem Wäldchen Deckung gefunden, ließ er seine Krieger absitzen und, die Waffen zum augenblicklichen Gebrauch zur Hand, sich niederlegen; vor allen Dingen aber schob er drei Wachen vor, um nicht etwa von einem feindlichen Streiftrupp überrascht zu werden.

Es war jetzt etwa halb zwei Uhr Nachts und, wie es die Antilope vorhergesagt: es begann der Mond sich durch die eilenden Wolken zu drängen und den Felsenpaß zu erhellen, William ließ deshalb die Krieger etwa funfzig Schritte sich mit den Pferden zurückziehen, wo die Biegung des Weges sie jedem Auge verbarg; er selbst schritt bis ans Ende der Schlucht, ein hoher Felsblock bot ihm daselbst einen trefflichen Versteck, dort saß er in finsterem Brüten, kein Schlaf kam in seine Augen und mit fieberhafter Spannung verfolgte er den Lauf des Mondes, dessen Langsamkeit verwünschend. Ah, mit welcher Wollust hätte er sich jetzt in den Kampf gestürzt, um über Leichen und Blut bis zu der Geliebten zu dringen, welche er trotz allen Gegengründen Tojolah's und der Pantherkatze im Apachendorfe wähnte. Doch er mußte seine Ungeduld bemeistern, vor vier Uhr Morgens hatte der Sachem nicht angreifen wollen, wenn nicht noch ein Ungefähr den Angriff verzögerte und rückhaltlos gab sich William seinen trüben Gedanken hin. –

Unangefochten hatte die Antilope mit ihrer Schaar das Wäldchen erreicht und nach einer flüchtigen Untersuchung vom Feinde gänzlich entblößt gefunden; ihr Schrecken aber war groß gewesen, als sie auch auf der jenseitigen Prairie Apachen gelagert fand; nach oberflächlicher Berechnung mußten es mit denen im Dorfe weit über vierhundert Krieger sein, schmerzlich zog sich ihr Herz zusammen, als sie bedachte, mit wie wenig Kämpfern die Pantherkatze angreifen würde, und daß Williams geringe Schaar gleich der ihrigen in den Wogen eines Kampfes, wie der bevorstehende, spurlos verschwinden würde. Ihre einzige Hoffnung war noch, sich auf dem Hügel festzusetzen; hatte sie auch die feste Ueberzeugung, daß sie dort, abgeschnitten von ihren Brüdern, einem sicheren Untergang verfallen sei, so wußte sie doch auch, daß sie mit ihren Schützen Tod und Verderben in die Reihen des gehaßten Feindes schleudern und ihrem geliebten, hochverehrten Sachem Zeit und Gelegenheit geben könne, sich mit dem Rest der Comantschen aus dem Blutbad zu ziehen und sich dem Wohle ihres Stammes zu erhalten.

Der so gut überlegte Plan erschien dem braven Comantschen jetzt nur als verderbenbringende Zersplitterung der Streitkräfte und freudig hätte er sein Leben hingegeben, wenn er dadurch die im Lager als Reserve gebliebene Schaar hätte herbeirufen können. Doch, vielleicht war es noch möglich; zwar dämmerte schon leise der Morgen, er hatte höchstens noch ein und eine halbe Stunde Zeit, sollte die Pantherkatze wirklich um vier Uhr angreifen. Schnell entschlossen wandte er sich daher an seine Krieger, stellte ihnen mit klaren Worten seine Befürchtungen vor und überließ es ihnen, ob sie sich mit Williams Truppe vereinigen, oder ihr Leben kühn aufopfern wollten. Ah! und wie freudig hob sich die Brust des edelen Indianers, als seine wackeren Gefährten nach einer kurzen Pause ein einstimmiges, festes Wih-en na-gonta, Vorwärts, wir folgen. ausstießen; in wenig herzlichen Worten pries er ihren Muth, dann legte er dem Trapper die Hand auf die Schulter und flüsterte hastig:

»Mein Bruder muß zurück zu dem großen weißen Jäger; er bitte, er beschwöre ihn augenblicklich sich auf seinen Renner zu werfen und nach dem Lager zurückzujagen, Du und der Trapper Brown müssen ihn begleiten. Im Lager theilt die zurückgebliebenen Krieger in zwei gleiche Theile, Brown führe den einen nach der Schlucht, wo er bis jetzt gehalten und sei dort des Kampfes gewärtig, der große Jäger aber stelle sich an die Spitze des anderen Theiles und möge, von Dir geführt, den Spuren der Pantherkatze folgen. Er reite schneller, als wenn er dem Feuer der Prairie flieht, er achte nicht der Gestürzten, denn es gilt dem höchsten Preis, dem Sieg. Du aber hast Gelegenheit zu beweisen, daß Du ein treuer Freund der Comantschen! An der Schnelligkeit, mit der Du handelst, hängt unsere Rettung oder unser Untergang; nun fort, fort und der große Geist gebe Dir die Geschwindigkeit des Vogels, daß Du nicht zu spät kommst.«

So ungern nun der Trapper auch den Platz verließ, auf dem er Kampf und Befriedigung seines Rachedurstes zu finden gehofft, waren doch der Antilope eindringliche Worte mit jenem Ernst gesprochen, der keine Erwiederung zuläßt, und durch sein gefahrvolles Leben gewöhnt, sich in das Unvermeidliche zu fügen, warf er sich in das Gras und kroch mit fabelhafter Schnelle den Weg zurück, die Angst zu spät zu kommen, das heißt zum Mitkämpfen zu spät zu kommen, trieb ihn zu immer größerer Eile; bald stand er vor dem erstaunten William und theilte seine inhaltschwere Botschaft mit. Auch Letzterem war es sehr unlieb, seinen Platz und die Aussicht auf baldigen Kampf verlassen zu müssen, doch was half's, die Notwendigkeit dictirte mit eiserner Hand die Befehle und knirschend gehorchte William. Er setzte die ihm Untergebenen mit wenigen Worten in Kenntnis der Sachlage und sprengte dann in solch rasender Eile den Hügel hinab, daß Brown, Bob und der Trapper erst im Lager ankamen, als jener die Comantschen bereits allarmirt. Ein halbes Dutzend derselben blieben zu Tojolahs Schutz und zur Bewachung des Apachen und der zurückgelassenen Pferde im Lager, die Anderen sprengten jubelnd in verschiedenen Richtungen davon.

Der Antilope war es unterdessen nach furchtbaren Anstrengungen gelungen den Hügel zu ersteigen; sie erkannte, daß es beim Grauen des beginnenden Tages unmöglich sei, auf dem gewöhnlichen Pfad unbemerkt zu dem Gipfel zu gelangen und hatte sich an der nach dem Wäldchen zu gelegenen Seite hinaufgearbeitet. Mit blutigen Füßen, zerrissenen Händen und heftig arbeitender Brust langte sie oben an, übersah aber auch sofort die ausgezeichnete, Alles beherrschende Stellung, welche sie hier einnehmen konnte, und rasch gab sie durch vier ins Thal geworfene Steine ihren Kriegern das Zeichen zum Erklimmen der Hügelwand. Wie die Katzen schwangen sich die rothen Burschen empor, sich gegenseitig helfend und stützend, um für die Hand einen Halt zu bekommen, bald mit ihren Lassos schwächere Kameraden über besonders steile Stellen hebend. Endlich waren Alle auf dem kleinen Plateau vereinigt, als eben die ersten Sonnenstrahlen am Horizont aufschossen; es mußte demnach bald vier Uhr sein, in Kurzem konnte der Angriff der Pantherkatze rfolgen und klopfenden Herzens starrten die Comantschen in das Dorf, in das Lager der zahlreichen Feinde; die Antilope forderte nun die Krieger auf, ihre Stellung zu verbessern; unter ihrer Leitung wurde das dichte Unterholz, das rings den Hügel umsäumte mit den vorsichtig abgeschnittenen Schößlingen, welche in der Mitte des Plateaus emporgeschossen waren, durchflochten und hinter dieser lebendigen Mauer die Wollendecken der Indianer aufgehangen, sodaß diese in knieender Stellung nicht allein allen Blicken entzogen waren, sondern auch gegen Kugeln und Pfeile eine schwer zu durchdringende Schutzwehr hatten, die sie noch vervollständigten, indem sie den Erdboden aus der Mitte mit ihren Messern und Aexten lösten und am Rande aufschichteten. Da donnerte plötzlich ein Schuß durch die stille Morgenluft, ein zweiter, ein dritter folgte und versetzte die Comantschen in fieberhafte Spannung, da sie nicht anders glaubten, als der Kampf beginne und ihre Augen sahen unverwandt nach der Richtung, von welcher sie den Angriff erwarteten; doch bald merkten sie, daß die Schüsse nur ein verabredetes Signal für die Apachen gewesen, und blickten nun mit begreiflichem Interesse auf das rege Leben, das sich im Dorfe ihrer bittersten Feinde entwickelte, die ihre Hütten, ihre Lagerplätze verließen und die langen Zeltgassen füllten. Deutlich konnte man die Häuptlinge unter der stets wachsenden Menge erkennen, sah, daß dieselbe einen weiten Kreis bildete, in dem jetzt ein Sprecher auftrat, auf dessen Rede ein wildes, drohendes Geheul folgte. Jetzt öffnete sich der Ring, ein dutzend Krieger verließen denselben und schritten nach dem Berathungshaus, aus welchem sie nach wenigen Minuten wieder hervorkamen, fünf gebundene Indianer in ihrer Mitte mit sich führend; es waren die Comantschen, welche der Falke zurückgelassen und die in die Hände der Apachen gefallen, der sechste war im Kampfe geblieben. Die Antilope und ihre Krieger erkannten sofort ihre Stammesbrüder und glühenden Auges starrten sie auf die ihnen nur zu bekannten Vorbereitungen zur Marter. Wuthbebend griffen sie nach ihren Büchsen, doch einen Blick auf ihren Führer und zögernd ließen sie die treuen Waffen sinken; die Antilope aber saß mit verhülltem Gesicht auf ihren Hacken, sie wollte das schreckliche Schauspiel nicht sehen, das sie nicht zu hindern vermochte; sie erkannte die Unmöglichkeit, ihre Brüder ihren Quälern zu entreißen und zermarterte dennoch ihr Hirn mit dem Entwerfen der verwegensten Pläne.

Unterdessen waren die Gefangenen, umgeben von der ganzen Macht der Apachenkrieger, den rohesten, pöbelhaftesten Mißhandlungen der Weiber und Kinder ihrer Feinde preisgegeben. Rangen von kaum vier Jahren schlugen bereits mit langen Dornenstöcken auf sie los und Furien mit greisem Haar zerrauften das der Gefangenen, die gleich Bildsäulen so ruhig, so fest ihre Leiden ertrugen, daß selbst die Apachen in ein beifälliges Murmeln ausbrachen. Unter den Frauen war besonders eine alte Hexe, die alle ihre Schwestern an Roheit und Gefühllosigkeit überbot und ihre größte Freude daran zu haben schien, den an ihrer Hand strampelnden Bengel anzufeuern, dessen Rechte einen schwanken Dornenzweig den Gefangenen in das Gesicht schlug; da traf einer der mächtigen spitzen Dornen des einen Comantschen Auge, daß der Gequälte mit lautem Schrei emporsprang, den Jungen beim Gurt ergriff und der Alten so heftig an den Kopf schleuderte, daß Beide zu Boden stürzten, dann, als schäme er sich, seine Gefühle nicht beherrscht zu haben, kreuzte er die Arme auf der Brust und blickte mit kaltem Lächeln auf die grenzenlose Verwirrung, die seine rasche That hervorgerufen; höhnisch zuckte seine Lippe, als ihn die Frauen aus sicherer Entfernung mit einer Fluth von Schmähungen überhäuften, doch vorsichtig vermieden, in die Nähe seiner gewaltigen Arme zu kommen.

Jetzt drängte sich ein Häuptling durch die geifernden Weiber und rief drohend dem Comantschen zu:

»Du feiger Hund hast mein Kind geschlagen, nun soll Deine Haut unter den Streichen der Apachen bersten; auf. Ihr prahlerischen Wichte, die Ihr Euere Schnelligkeit und Ausdauer rühmt, lauft dort durch die Gasse der Krieger und, durchmißt Ihr den Raum, ohne zusammenzubrechen, so soll die weitere Marter Euch geschenkt sein!«

Die Comantschen wußten nun freilich, was sie von einem solchen Versprechen zu halten hatten, doch wollten sie wenigstens als tapfere Krieger sterben, nachdem ihre Unvorsichtigkeit sie in die Hände des grausamsten Feindes geliefert. Mit stoischer Ruhe blickten sie auf die Apachen, von denen etwa zwei Hundert mit kurzen Stöcken bewaffnet sich in einer Doppelreihe aufgestellt hatten, während die übrigen Krieger, die Frauen und Kinder vor Freude heulten, daß ihnen so unerwartet der Genuß zu Theil wurde, Gefangene Spießruthen laufen zu sehen.

Jetzt durchschritt die schreckliche Gasse jener Häuptling, dessen Kind der wegen seines blinden Muthes und seiner Stärke Ta-his-ka Der Büffel. genannte Indianer so übel mitgespielt hatte, sah nach, ob die Apachen in gleichmäßigen Zwischenräumen standen, stellte sich dann etwa zwanzig Schritt hinter dem Ende der gegen das Wäldchen zu gerichteten Gasse auf und gab durch das Schwenken seines Tomahawks den Comantschen das Zeichen, ihren Lauf zu beginnen.

Schneller fliegt kaum ein Pfeil vom Bogen, als diese jetzt von ihrem Platze, lauter und dröhnender erscholl das unmenschliche Brüllen der Apachen, als ihre Opfer in der fürchterlichen Gasse verschwanden, und Hieb um Hieb auf ihre nackten Körper niedersauste; doch die Comantschen hatten nicht geprahlt, sie waren tüchtige Läufer und schossen mit solcher Geschwindigkeit dahin, daß mancher für sie bestimmte Schlag die leere Luft traf; immer weiter sprangen die wackeren Burschen, immer lauter stießen sie höhnisch den Kriegsruf ihres Stammes aus, und je wüthender, blinder, desto schlechter gezielt fielen die furchtbaren Hiebe der Apachen. Schon hatten die Comantschen mit fabelhafter Ausdauer ihren entsetzlichen Weg fast ganz vollendet, schon hatte der Häuptling den Tomahawk erhoben, um ihnen das Zeichen zum Anhalten zu geben, als Ta-his-ka laute Stimme den Tumult überschrie: »P'tahusht ju ompah-menedas« Lauft nach den Pferden. brüllte er mit aller Kraft seiner Lungen und electrisirt, von neuer Kraft durchströmt, verdoppelten die Comantschen ihren Lauf; das Ende der Gasse war erreicht – sie liefen weiter, – der Apachenhäuptling streckte ihnen den Tomahawk entgegen – sie liefen weiter, nur Ta-his-ka packte den Ueberraschten mit eisernem Griff an der Kehle, seine Rechte entriß ihm die Streitaxt und im nächsten Moment fuhr die Waffe krachend in seinen Schädel und weiter stürmte Ta-his-ka, ehe die Apachen nur begriffen, was eigentlich geschehen. Doch jetzt schüttelten diese ihr Erstaunen ab und stürzten gleich heulenden Teufeln den Fliehenden nach, die einen tüchtigen Vorsprung bereits gewonnen; doch der Comantschen Kräfte fingen an zu ermatten, ihre blutüberströmten, mit dicken Striemen bedeckten Körper erbebten bei jedem Schritt, nur Ta-his-ka's Kraft schien ungebrochen. Laut ließ er den Schlachtschrei der Comantschen erschallen, während er drohend den blitzenden Tomahawk nach den Verfolgern schwang. –

Es war ein ergreifender Anblick diese fünf jungen Männer, verfolgt von einem ganzen Stamm dahinstürmen zu sehen; doch lange konnte die fürchterliche Hetze nicht mehr dauern, ein Theil der Apachen schwenkte nach der Prairie, wo die Pferde weideten, ein anderer schnitt den Flüchtlingen den Weg nach dem Wäldchen ab, ein dritter stürzte nach den Wigwam's, um Schießwaffen herbeizuholen und der Haupttrupp folgte noch immer, gleich einer Schaar lechzender Schakals, den Comantschen, die sich jetzt nach der einzig ihnen freigebliebenen Seite, dem Hügel wandten. Die Apachen jauchzten vor Freude, als sie dies sahen; als sie nun sicher glaubten, die Flüchtlinge in die Enge getrieben zu haben, und zu doppelter Eile angestachelt, flogen sie hinter den Keuchenden her; zwei ihrer besten Läufer waren jenen besonders nah gekommen, da machte Ta-his-ka plötzlich Kehrt, seine eiserne Faust schlug den einen zu Boden, der andere sank unter den wüthenden Streichen des Tomahawks. Wohl hatte der kurze Aufenthalt mehreren Apachen genügt heranzusprengen, doch sie waren unbewaffnet und des Comantschen in wahnsinniger Wuth leuchtendes Auge, sein drohend erhobener, mit blutüberströmter Streitaxt bewehrter Arm scheuchte sie zurück, – und weiter floh Ta-his-ka, in mächtigen Sätzen den Hügel hinauf und weiter stürmten die Apachen, sich nun in beträchtlicher Anzahl ebenfalls dem Hügel nahend. –

Mit fieberisch leuchtenden Augen und klopfenden Herzen hatten die Comantschen aus ihrem Versteck der schrecklichen Jagd gefolgt; ihre nervigen Fäuste umklammerten die Waffen und wieder und wieder bestürmten sie die Antilope ihnen zu gestatten, den Verfolgten zu Hilfe zu springen; doch verneinend schüttelte der Führer sein Haupt und entgegnete stets:

»Es wäre ihr und unser Verderben! Noch ist's nicht Zeit!«

Aber jetzt, jetzt erfaßte auch er die sichere Rifle, sein dunkles Auge sprühte Flammen als er seinen Kriegern zuflüsterte:

»Nun ist's Zeit! Laßt Euere Büchsen krachen. Euere Pfeile schwirren und Euer lauter Kampfruf verkünde unseren Brüdern, daß sie gerettet! Zielt genau – Jeder wähle sich seinen Mann und nun – Feuer!«

Donnernd krachten die vierzig Büchsen in die dichten Reihen der Apachen, eine Secunde später folgte ein Pfeilschauer und Verfolgte wie Verfolger standen vom Schreck versteint; – da löste der Comantschen Siegesgeheul die starren Gruppen, in flüchtigen Sätzen eilten die Gefangenen in die Arme ihrer Brüder, die Apachen aber stürzten kopfüber davon, selbst ihre Verwundeten wälzten sich die steile Fläche hinab; – über den Gefallenen aber schwang Ta-his-ka das blinkende Scalpirmesser und, gedeckt von den Büchsen seiner Kameraden, riß er den Erschossenen – dreiundzwanzig an der Zahl – die Kopfhaut vom Schädel.

Der Tumult, der nun entstand, läßt sich kaum beschreiben; die Apachen standen starr vor Erstaunen und Wuth, und Minuten verstrichen, ehe sie sich ermannten und sich zum Kampfe rüsteten.

Da – vom Rohrbruch her – erhob sich eine dichte Staubwolke; Rosse wieherten, Lanzen und Streitäxte blitzten in der Sonne, und hervorbrachen in gestreckter Carriere die Comantschen, Allen voran der tapfere Sachem! – Und noch hatten die Apachen sich von dem neuen Schrecken nicht erholt, da pfiff ein Hagel von Kugeln und Pfeilen über sie hin, und im nächsten Moment senkten die wilden Reiter ihre langer Lanzen und sausten in die gedrängte Masse ihrer gehaßten Feinde; Berge von Leichen häuften sich und immer wilder feuerte der Pantherkatze Schlachtschrei: »Pa-Häte, pa-häte!« Blut, Blut. die Ihren an; stolz hob sich deren herrliche Gestalt auf dem mächtigen Streit-Roß und furchtbar mähete der stählerne Tomahawk unter den Apachen, doch diese hatten sich endlich um ihre Häuptlinge geschaart und boten dem Feinde muthig die Stirn. Aus dem Wäldchen, aus den Zeltgassen her blitzten jetzt ihre Büchsen, schwirrten ihre Pfeile und warfen manchen Comantschenstreiter in das zerstampfte Gras; auch hatte die Schaar, die vorhin nach den Pferden geeilt, sich gesammelt und fiel, fast hundertundzwanzig Mann stark, zu Roß den Comantschen in die Flanken; wohl kämpften diese, begeistert von dem Beispiel ihres Sachems – wie die Löwen, wohl unterhielt die Antilope mit ihren Kriegern ein stetes, wirksames Feuer; doch die Uebermacht der Apachen war zu groß. Was half's, daß die Comantschen Wunder der Tapferkeit vollbrachten? Was half's, daß plötzlich jene Schaar durch die Apachen brach, die am nördlichen Paß bis jetzt gehalten und durch das Getöse des Kampfes gereizt, es verschmähte, auf die unter Brown's Führung sich nahende Verstärkung zu warten, und nun durch Ströme von Blut, durch Haufen von Leichen sich den Weg zur Pantherkatze erzwang, die schon gegen dreißig ihrer Leute verloren. Der unerwartete Succurs brachte wohl eine kurze Verwirrung unter den Apachen hervor, und diese rasch benutzend, ließ die Pantherkatze ihre Reiter schwenken und ein kühner Angriff durchbrach die noch nicht wieder geordneten feindlichen Reihen; ja es gelang den Comantschen sogar, sich an den Hügel anzulehnen, von dessen Spitze die Krieger der Antilope noch immer Schuß auf Schuß entsandten. Die Comantschen standen nun nicht mehr in dem mörderischen Kreuzfeuer, dem sie so lange getrotzt; denn die im Wäldchen postirten Schützen waren nicht mehr im Stande, sie mit ihren Geschossen zu erreichen, und vereinigten sich mit denen im Dorfe. Dort mochten jetzt gegen zweihundert Apachen unter Darhee's Leitung kämpfen, während auf der anderen Seite noch immer etwa achtzig Berittene die Comantschen beunruhigten und ihre Aufmerksamkeit theilten. Weit über hundertundfünfzig Apachen waren gefallen, doch auch die Comantschen hatten an siebenzig Mann verloren und standen nun, die Schaar der Antilope abgerechnet, die noch ganz vollständig war, etwa hundertundzwanzig Mann, einem wenigstens doppelt so starken Feind gegenüber, der jetzt, noch ziemlich frisch an Kräften, auf die durch einen zweistündigen Kampf erschöpften Comantschen in geschlossenen Gliedern vordrang, bald seine Büchsen und Bogen mit ungemeiner Schnelligkeit abfeuernd, bald die Luft mit seinem entsetzlichen Geheul erfüllend; auch die Berittenen sammelten sich zu einem neuen Angriff und kamen, die langen Lanzen eingelegt, daher gebraust. Festen Fußes, ohne eine Linie breit zu weichen, erwarteten die Comantschen den doppelten Angriff. Fürchterlich war der Zusammenstoß! In das Krachen der Büchsen, das Schmettern der Streitäxte gegen die Schilde, in das Toben des Kampfrufes mischten sich die Wehrufe der Verwundeten, die wunderbaren trompetenartigen Töne sterbender edeler Rosse. Doch laut und ungeschwächt klang noch immer der Pantherkatze wildes »Pa-Häte, pa-häte!«. Gefeit gegen jede Verletzung, stürzte der Häuptling sich stets in das dichteste Kampfgewühl, Leichen auf Leichen um sich thürmend. Blitzenden Auges, die Nüstern gespreizt, drängte er seinen Schimmelhengst stets dahin, wo die größte Gefahr, und wo sein Federschmuck wehte, wichen sicherlich die Apachen zurück. Doch mehr und mehr drängten diese wieder heran, und bei diesem Hin- und Herwogen des Kampfes wurde endlich die Pantherkatze mit etwa zehn ihrer Krieger abgeschnitten. Jubelnd zwängten sich die Apachen in die Lücke, und immer größer wurde der Raum, der den Häuptling von den Comantschen trennte, welche die übermenschlichsten, aber vergeblichen Anstrengungen machten, sich mit dem geliebten Sachem wieder zu vereinigen. Diesen aber zu vernichten, schien der Apachen einziges Bestreben, denn mehr und mehr ihrer Krieger umzingelten das kleine Häuflein der Pantherkatze. Schossen auch die Schützen der Antilope von dem Hügel herab nur nach denen, die den Häuptling bedrohten, was half's? immer wieder trat ein frischer Krieger an die Stelle des gefallenen und enger und enger ward der Kreis! Wohin die Pantherkatze sich auch wandte, nichts sah sie als vorgestreckte Lanzen und drohende, blutgierige Augen; – da die Zeltgassen herab – fegte, geführt von Brown, ein toller Reitertrupp unter betäubendem Geschrei, ein zweiter sprengte in rasender Eile vom Rohrbruch her. Alles zermalmend und überreitend, was sich in seinen Weg stellte, und voran William auf schäumendem Roß. Sein scharfes Auge hatte die Gefahr des theuren Freundes erkannt und wüthend spornte er den treuen Rappen, daß dieser in mächtigem Sprunge in den dichtesten Haufen der Apachen setzte. Die blitzende Machete des jungen Mannes beschrieb einen furchtbaren Kreis; das Erstaunen der Apachen wurde zum panischen Schreck, als sie den verwegenen Weißen immer weiter dringen sahen; und als dessen riesige Hunde sich in das Gewühl stürzten, als Bob, der treue Neger, wie ein Dämon der Unterwelt, seinem Herrn dicht auf den Fersen, dessen Beispiel folgte, da wich Alles entsetzt zurück, und in diese Gasse hinein fegten die Comantschen, welche William herbeigerufen, befreiten die Pantherkatze verbanden sich mit Brown's Corps, das durch den nördlichen Paß in Darhee's Dorf gedrungen war, und trieben nun vereint die gänzlich entmuthigten Apachen in wilde regellose Flucht. Die Comantschen, die so wacker dem Feinde am Fuß des Berges widerstanden, schlossen sich der Verfolgung an und immer noch unterhielten die Krieger der Antilope ihr verderbenbringendes Feuer. Von den Apachen aber dachte bald Niemand mehr an Widerstand, feig ließen sie ihr Dorf, ihre Weiber und Kinder im Stich, und flohen so schnell sie nur zu laufen vermochten; aber schneller noch waren die Pferde der Comantschen, die den Fliehenden nachsetzten und ohne Erbarmen niedermachten, was sie mit ihren Lanzen, ihren Streitäxten erreichen konnten. Etwa dreißig bis vierzig der Apachen flohen in die Berge, eine doppelt starke Zahl mochte auf schnellen Rossen entkommen sein, das war der Rest des großen Apachischen Heeres, welches das Gebiet der Comantschen hatte verwüsten wollen und von dem nun an dreihundert Leichen die Wahlstatt bedeckten.


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