Martin Luther
Verschiedene Texte
Martin Luther

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Die Concordien-Formel

Formula Concordiae (Erster Theil)

Summarischer Begriff der streitigen Artikel zwischen den Theologen Augsburgischer Confession in nachfolgender Wiederholung nach Anleitung Gottes Worts christlich erkläret und verglichen.

Von dem summarischen Begriff, Regel und Richtschnur, nach welcher alle Lehre geurtheilet, und die eingefallene Irrungen christlich entscheiden und erkläret werden sollen.

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurtheilet werden sollen, seind allein die prophetischen und apostolischen Schriften altes und neues Testament, wie geschrieben stehet: Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege Ps. 119. Und St. Paulus: Wenn ein Engel vom Himmel käme, und predigte anders, der soll verflucht sein. Gal. 1.

Andere Schriften aber der alter oder neuen Lehrer, wie sie Namen haben, sollen der heiligen Schrift nicht gleich gehalten, sondern alle zumal mit einander derselben unterworfen, und anders oder weiter nicht angenommen werden, denn als Zeugen, welcher Gestalt nach der Apostel Zeit und an welchen Orten solche Lehre der Propheten und Apostel erhalten werde.

2. Und nachdem gleich nach der Apostel Zeit, auch noch bei ihrem Leben, falsche Lehrer und Ketzer eingreifen, und wider dieselbige in der ersten Kirchen Symbola, das ist kurze, runde Bekenntnisse, gestellet, welche für den einhelligen, allgemeinen christlichen Glauben und Bekenntnis der rechtgläubigen und wahrhaftigen Kirchen gehalten, als nämlich das Symbolum Apostolicum, Symbolum Nicaenum und Symbolum Athanasii:; bekennen wir uns zu denselben, und verwerfen hiemit alle Ketzereien und Lehre, so denselben zuwider in die Kirche Gottes eingefühet worden sind.

3. So viel aber die Trennung in Glaubenssachen belanget, zu unsern Zeiten eingefallen, halten wir vor den einhelligen Consens und Erklärung unsers christlichen Glaubens und Bekenntnis, besonders wider das Pabstthums und dessen falschen Gottesdienst, Abgötterei, Aberglauben, und andere Secten, als dieser Zeit unserm Symbolo, die erste, ungeänderte Augsburgische Confession, Kaiser Karolo V. zu Augsburg Anno 30 in der großen Reichsversammlung übergeben, sammt derselben Apologie und Artikeln zu Schmalkalden Anno 37 gestellet und von den vornehmsten Theologen damals unterschrieben worden.

Und weil solche Sachen auch den gemeinen Laien und derselben Seelen Seligkeit betreffen, bekennen wir uns auch zu dem kleinen und großen Katechismus Dr. Luthers, wie solche beide Katechismi in den tomis Lutheri verfaßet, als zu der Laienbibel, darin alles begriffen, was in heiliger Schrift weitläufig gehandelt, und einem Christenmenschen zu seiner Seligkeit zu wißen vonnöthen ist.

Nach dieser Anleitung, wie oben vermeldet, sollen alle Lehren angestellet, und was derselben zuwider, als unsers Glaubens einhelliger Erklärung entgegen, verworfen und verdammet werden.

Solcher Gestalt wird der Unterschied zwischen der heiligen Schrift altes und neues Testaments und allen anderen Schriften erhalten, und bleibt allein die heilige Schrift der einige Richter, Regel und Richtschnur, nach welcher als dem einigen Probierstein sollen und müßen alle Lehren erkannt und geurtheilet werden, ob sie gut oder bös, recht oder unrecht sein.

Die andere Symbola aber und angezogene Schriften sind nicht Richter wie die heilige Schrift, sondern allein Zeugnis und Erklärung des Glaubens, wie jederzeiit die heilige Schrift in streitigen Artikeln in der Kirchen Gottes von den damals Lebenden verstanden und ausgelegt, und derselben widerwärtige Lehre verworfen und verdammet werden.

I. Von der Erbsünde

Status Controversiae

Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Ob die Erbsünde sei eigentlich und ohn allen Unterschied des Menschen verderbte Natur, Substanz und Wesen, oder ja das fürnehmste und beste Theil seines Wesens, als die vernünftige Seele selbst in ihrem höchsten Grad und Kräften? Oder ob zwischen des Menschen Substanz, Natur, Wesen, Leib, seele auch nach dem Fall und der Erbsünde ein Unterschied sei, also daß ein anders die Natur, und ein anders die Erbsünde sei, welche in der verderbten Natur steckt und die Natur verderbet?

Affirmativa

Reine Lehre, Glaub und Bekenntnis, vermöge vorgesetzter Richtschnur und summarischer Erklärung

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß ein Unterschied sei zwischen der Natur des Menschen, nicht allein wie er Anfangs von Gott rein und heilig ohne Sünde erschaffen, sondern auch wie wir sie jetzunder nach dem Fall haben, nämlich zwischen der Natur, so auch nach dem Fall noch eine Kreatur Gottes ist und bleibet, und der Erbsünde, und daß solcher Unterschied zwischen Gottes und des Teufels Werk sei.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß über solchem Unterschied mit höchstem Fleiß zu halten, weil diese Lehre, daß zwischen unserer verderbten Menschennatur und der Erbsünde kein Unterschied sein sollte, wider die Hauptartikel unsers christlichen Glaubens von der Erschaffung, Erlösung, Heiligung und Auferstehung unsers Fleisches streitet und neben denselben nicht bestehen kann.

Dann nicht allein Adams und Eva Leib und Seel vor dem Fall, sondern auch unser Leib und Seel nach dem Fall, unangesehen daß sie verderbet, Gott geschaffen, welche auch Gott noch für sein Werk erkennet, wie geschrieben stehet Hiob 10: Deine Hände haben mich gearbeitet und gemacht alles, was ich um und um bin.

Es hat auch der Sohn Gottes in Einigkeit seiner Person solche menschliche Natur, doch ohne Sünde, und also nicht ein fremd, sondern unser Fleisch an sich genommen, und nach demselben unser wahrhaftiger Bruder worden, Hebr.2: Nachdem die Kinder Fleisch und Bluut haben, ist ers gleichermaß theilhaftig worden. Item: Er nimmt nirgend die Engel an sich, sondern den Samen Abraham nimmt er an sich; daher muß er allerdings seinen Brüdern, ausgenommen die Sünde, gleich werden. Also hat es auch Christus erlöset als sein Werk, heiliget es als sein Werk, erwecket es von den Todten und zieret es herrlich als sein Werk. Aber die Erbsünde hat er nicht erschaffen, nicht angenommen, nicht erlöset, nicht geheiliget, wird sie auch nicht erwecken, an den Auserwählten weder zieren noch selig machen, sondern in der Auferstehung gar vertilget sein wird.

Daraus der Unterschied zwischen der verderbten Natur und der Verderbung, so in der Natur stecket und die Natur dadurch verderbet werden, leichtlich zu erkennen.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen aber hinwiederum, daß die Erbsünde nicht sein eine schlechte, sondern so tiefe Verderbung menschlicher Natur, daß nichts Gesundes oder unverderbet an Leib und Seele des Menschen, seinen innerlichen und äußerlichen Kräften geblieben, sondern wie die Kirche singet: Durch Adams Fall ist ganz verderbt menschlich Natur und Wesen. Welcher Schade unaussprechlich, nicht mit der Vernunft, sondern allein aus Gottes Wort erkennet werden mag, und daß die Natur und solch Verderbung der Natur niemand von einander scheiden könne denn allein Gott, welches durch den Tod in der Auferstehung gänzlich geschehen, da unser Natur, die wir itzt tragen, ohne die Erbsünde und von derselben abgesondert und abgescheiden, auferstehen und ewig leben wird, wie geschrieben stehet Hiob 19: Ich werde mit dieser meiner Haut umgeben werden, und werde in meinem Fleisch Gott sehen, denselben werde ich mir sehen, und meine Augen werden ihn schauen.

Negativa

Verwerfung der falschen Gegenlehre

1. Demnach verwerfen und verdammen wir, wann gelehret wird, daß die Erbsünde allein ein reatus oder Schuld von wegen fremder Verwirkung, ohn einige unserer Natur Verderbung sei.

2. Item, daß die bösen Lüste nicht Sünde, sondern angeschaffene wesentliche Eigenschaften der Natur seien, oder als wäre der obgemeldte Mangel oder Schade nicht wahrhaftig Sünde, darum derMensch außerhalb Christo ein Kind des Zorns sein sollte.

3. Desgleichen verwerfven wir auch den Pelagianischen Irrthum, da vorgegeben wird, daß der Natur des Menschen auch nach dem Fall unverderbet und sonderlich in geistlichen Sachen ganz gut und rein in ihrem naturalibus, das ist in ihren natürlichen Kräften, geblieben sei.

4. Item, daß die Erbsünde nur von außen ein schlechter,ringschätziger, eingesprengter Fleck oder anfliegende Makel sei, darunter die Natur ihre gute Kräfte auch in geistlichen Sachen behalten habe.

5. Item, daß die Erbsünde sei nur ein äußerlich Hindernis der guten geistlichen Kräften und nicht eine Beraubung oder Mangel derselben, als wann ein Magnet mit Knoblochsaft bestrichen wird, dadurch seine natürliche Kraft nicht weggenommen, sondern allein gehindert wird; aber daß dieselbe Makel wie ein Fleck vom Angesicht oder Farbe von der Wand leichthin abgewischt werden könnte.

6. Item, daß im Menschen nicht gar verderbet sei menschlich Natur und Wesen, sondern der Mensch habe noch etwas Guts an ihm, auch in geistlichen Sachen, als nämlich Fähigkeit, Geschicklichkeit, Tüchtigkeit oder Vermögen in geistlichen Sachen etwas anzufahen, zu wirken oder mitzuwirken.

7. Dagegen verwerfen wir auch die falsche Lehre der Manichäer, wann gelehret wird, daß die Erbsünde als etwas Wesentliches und Selbständigs durch den Satan in die Natur eingegossen und mit derselben vermenget, wie Gift und Wein gemenget werden.

8. Item, daß nicht der natürliche Mensch, sondern etwas Anders und Fremdes im Menschen sündige, deswegen nicht die Natur, sondern allein die Erbsünde in der Natur angeklaget werde.

9. Wir verwerfen und verdammen auch als ein Manichöischen Irrthum, wenn gelehret wird, daß die Erbsünde sei eigentlich und ohne allen Unterscheid des verderbten Menschen Substanz, Natur und Wesen selbst, also daß kein Unterscheid zwischen der verderbten Natur nach dem Fall an ihr selbst und der Erbsünde sollte auch nicht gedacht, noch mit Gedanken von einander unterschieden werden können.

10. Es wird aber solche Erbsünde von Luthero Natursünde, Personensünde, wesentliche Sünde genennet, nicht daß die Natur, Person oder das Wesen des Menschen selbst ohne allen Unterscheid die Erbsünde sei, sondern daß mit solchen Worten der Unterscheid zwischen der Erbsünde, so in der menschlichen Natur stecket, und den andern Sünden, so man wirkliche Sünden nennet, angezeigt würde.

11. Denn die Erbsünde ist nicht eine Sünde, die man thut, sondern sie stecket in der Natur, Substanz und Wesen des Menschen, also. wenn gleich kein böser Gedank nimmer im Herzen des verderbte Menschen aufstiege, kein unnütz Wort geredet, noch böse That geschähe; so ist die Natur verderbet durch die Erbsünde, die uns im sündlichen Samen angeboren wird und ein Brunnquell ist aller anderer wirklichen Sünden, als böser Gedanken, Wort und Werke, wie geschrieben stehet: Aus dem Herzen kommen arge Gedanken. Item: Das Dichten des menschlichen Herzens ist bös von Jugend auf.

12. Es ist auch wol zu merken der ungleiche Verstand des Wortes Natur, dadurch die Manichäer ihren Irrthum bedecken und viel einfältiger Leute irre machen. Dann zu Zeiten heißet es des Menschen Wesen, als wann gesagt wird: Gott hat die menschliche Natur geschaffen. Zu Zeiten aber heißet es die Art und Unart eines Dinges, die in der Natur oder Wesen steckt, als wenn gesagt wird: Der Schlangen Natur ist stechen und des Menschen Natur und Art ist sündigen und Sünde; da das Wort Natur nicht die Substanz des Menschen, sondern etwas heißet, das in der Natur oder Substanz stecket.

13. Was aber die lateinische Wort substantia und accidens belangt, weil es nicht heiliger Schrift Wort sind, dazu dem gemeinen Mann unbekannt, sollen dieselbigen in den Predigten vor dem gemeinen unverständigen Volk nicht gebraucht, sondern des einfältigen Volks damit verschont werden.

Aber in der Schule bei den Gelehrten, weil sie wol bekannt und ohne allen Misverstand gebraucht, dadurch das Wesen eines jeden Dings, und was ihm zufälliger Weise anhanget, eigentlich unterschieden, werden solche Wort auch billig in der Disputation von der Erbsünde behalten.

Denn der Unterschied zwischen Gottes und des Teufels Werk auf das deutlichste dardurch angezeigt, weil der Teufel keine Substanz schaffen, sondern allein zufälliger Weise aus Gottes Verhängnis die von Gott erschaffene Substanz verderben kann.

II. Vom freien Willen

Status Controversiae
Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Nachdem der Menschen Wille in vier gleichen Ständen gefunden, nämlich 1. vor dem Fall, 2. nach dem Fall, 3. nach der Wiedergeburt, 4. nach der Auferstehung des Fleisches: ist die Hauptfrage allein von dem Willen und Vermögen des Menschen in andern Stande, was derselbige nach dem Fall unser ersten Aeltern vor seiner Wiedergeburt aus ihm selbst in geistlichen Sachen vor Kräfte habe, und ob er vermöge aus seinen eigenen Kräften, zuvor und ehe er durch den Geist Gottes wiedergeboren, sich zur Gnade Gottes schicken und bereiten, und die durch den heiligen Geist im Wort und heiligen Sacramenten angebotene Gnade annehmen oder nicht?

Affirmativa

Reine Lehre vermöge Gottes Worts von diesem Artikel

1. Hiervon ist unser Lehre, Glaub und Bekenntnis, daß des Menschen Verstand und Vernunft in geistlichen Sachen blind, nichts verstehe aus seinen eigenen Kräften, wie geschrieben stehet: Der natürliche Mensch vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Thorheit und kann es nicht begreifen, wann er wird von geistlichen Sachen gefraget.

2. Desgleichen gläuben, lehren und bekennen wir, daß des Menschen unwiedergeborner Wille nicht allein von Gott abgewendet, sondern auch ein Feind Gottes worden, daß er nur Lust und Willen hat zum Bösen und was Gott zuwider ist, wie geschrieben stehet: Das Dichten des Menschen Herzen ist bös von Jugend auf. Item: Fleischlich gesinnet sein ist eine Feindschaft wider Gotte, sintemal es dem Gesetz nicht unterthan ist, denn es vermag es auch nicht. Ja so wenig ein todter Leib sich selbst lebendig machen kann zum leiblichen irdischen Leben, so wenig mag der Mensch, so durch die Sünde geistlich todt ist, sich selbst zum geistlichen Leben aufrichten, wie geschrieben stehet: Da wir todt waren in Sünden, hat er uns sammt Christo lebendig gemacht. Darum wir auch aus uns selbst, als aus uns, nicht tüchtig seind etwas Guts zu gedenken, sondern daß wir tüchtig sind, das ist von Gott. 2. Kor. 3

3. Die Bekehrung aber wirket Gott der heilige Geist nicht ohne Mittel, sondern gebraucht dazu die Predigt und das Gehör Gottes Worts, wie geschrieben stehet: Das Evangelium ist eine Kraft Gottes selig zu machen. Item: Der Glaube kommt aus dem Gehör Gottes Worts. Und ist Gottes Wille, daß man sein Wort hören, und nicht die Ohren verstopfen solle. Bei solchem Wort ist der heilige Geist gegenwärtig und thut auf die Herzen, daß sie, wie die Lydia in der Apostelgeschichte am 16. Kap., darauf merken und also bekehret werden allein durch die Gnade und Kraft des heiligen Geistes, dessen Werk allein ist die Bekehrung des Menschen. Dann ohne seine Gnade ist unser Wollen und Laufen, unser Pflanzen, Säen und Begießen alles nichts, wenn er nicht das Gedeihen darzu verleihet, wie Christus sagt: Ohne mich vermüget ihr nichtes. Mit welchen kurzen Worten er dem freien Willen seine Kräfte abspricht, und alles der Gnaden Gottes zuschreibet, damit sich nicht jemands vor Gott rühmen möchte. 1.Kor. 1

Negativa

Widerwärtige falsche Lehre

Demnach verwerfen und verdammen wir alle nachfolgende Irrthum als der Richtschnur Gottes Worts zuwider:

1. Den Schwarm der Philosophen, so man Stoices genennet hat, wie auch die Manichäer, die gelehret haben, daß alles, was geschähe, müße also geschehen und könne nicht anders geschehen, und daß der Mensch alles aus Zwang thue, was er auch in äußerlichen Dingen handele, und zu bösen Werken und Thaten, als Unzucht, Raub, Mord, Diebstahl und dergleichen, gezwungen werde.

2. Wir verwerfen auch der groben Pelagianer Irrthum, die gelehret haben, daß der Mensch aus eigenen Kräften ohne die Gnade des heiligen Geistes sich selbst zu Gott bekehren, dem Evangelio gläuben, dem Gesetz Gottes mit Herzen gehorsamen, und also Vergebung der Sünden und ewiges Leben verdienen könne.

3. Wir verwerfen auch der Halbpelagianer Irrthum, welche lehren, daß der Mensch aus eigenen Kräften den Anfang seiner Bekehrung machen, aber ohne die Gnad des heiligen Geistes nicht vollbringen möge.

4. Item, da gelehret wird, obwol der Mensch mit seinem freien Willen vor seiner Wiedergeburt zu schwach, den Anfang zu machen und sich selbst aus eigenen Kräften zu Gott zu bekehren und Gottes Gesetz von Herzen gehorsam zu sein: jedoch, wann der heilige Geist mit der Predigt des Worts den Anfang gemacht und seine Gnade darinne angeboten, daß alsdann der Wille des Menschen aus seinem eignen natürlichen Kräften etlichermaßen etwas, wiewol wenig und schwächlich, darzu thun, helfen und mitwirken, sich selbst zur Gnade schicken, bereiten, dieselbige ergreifen, annehmen und dem Evangelio gläuben könne.

5. Item, daß der Mensch, nachdem er wiedergeboren, das Gesetz Gottes vollkommen halten und gänzlich erfüllen könne, und daß solche Erfüllung unser Gerechtigkeit vor Gott sei, mit welcher wir das ewige Leben verdienen.

6. Item, wir verwerfen und verdammen auch den Irrthum der Enthusiasten, welche dichten, daß Gott ohne Mittel, ohne Gehör Gottes Worts, auch ohne Gebrauch der heiligen Sacramenten die Menschen zu sich ziehe, erleuchte, gerecht und selig mache-

Enthusiasten heißen, die ohne die Predig Gottes Worts auf himmlische Erleuchtung warten.

7. Item, daß Gott in der Bekehrung und Widergeburt des alten Adams Substanz und Wesen und sonderlich die vernünftige Seele ganz vertilge, und ein neues Wesen der Seele aus Nichts in der Bekehrung un Wiedergeburt erschaffe.

8. Item, wann diese Reden ohne Erklärung gebraucht, daß des Menschen Wille vor, in und nach der Bekehrung dem heiligen Geist widerstrebe, und daß der heilige Geist gegeben werde denen, so ihm vorsätzlich und beharrlich widerstreben, dann Gott in der Bekehrung aus den Unwilligen Willige machet, und in den Willigen wohnet, wie Augustinus redet.

Was dann die Reden der alten und neuen Kirchenlehrer belanget, als da gesagt wird: Deus trabit, sed volentem trabit, das ist, Gott zeugt, zeucht aber, die da wöllen. Item: Hominis voluntas in eonversione non est otiosa, sed agit aliquid, das ist, des Menschen Wille ist nicht müßig in der Bekehrung, sondern wirket auch etwas. Weil solche Reden zu Bestätigung des natürlichen freien Willens in der Bekehrung des Menschen wider die Lehre von der Gnade Gottes eingeführt, halten wir, daß sie der Form der gesunden Lehre nicht ähnlich, und demnach, wann von der Bekehrung zu Gott geredet wird, billig zu meiden seien.

Dagegen aber wird recht geredet, daß Gott in der Belehrung durch das Ziehen des heiligen Geistes aus widerspänstigen, unwilligen willige Menschen mache, und daß nach solcher Bekehrung in täglicher Uebung der Buße des Menschen wiedergeborner Wille nicht müßig gehe, sondern in allem Wirken des heiligen Geistes, die er durch uns thut, auch mitwirke.

9. Item, das Doctor Luther geschrieben, daß des Menschen Wille in seiner Bekehrung sich halte pure passive, das ist, daß er ganz und gar nichts thue, daß solches zu verstehen sei respecta divinae gratia in accendendis novis motibus, das ist, wann der Geist Gottes durch das gehörte Wort oder durch den Brauch der heiligen Sacramenten des Menschen Willen angreift und wirket die neue Geburt und Bekehrung. Dann so der heilige Geist solches gewirket und ausgerichtet, und des Menschen Wille allein durch sein göttliche Kraft und Wirkung geändert und erneuert: alsdann ist der neue Wille des Menschen ein Instrument und Werkzeug Gottes des heiligen Geistes, daß er nicht allein die Gnade annimmt, sondern auch in folgenden Werken des heiligen Geistes mitwirket.

Daß also vor der Bekehrung des Menschen nur zwo wirklich Ursachen sich finden, nämlich der heilige Geist und das Wort Gottes, als das Instrument des heiligen Geistes, dadurch er die Bekehrung wirket, welches der Mensch hören soll, aber demselbigen nicht aus eignen Kräften, sondern allein durch die Gnade und Wirkung Gottes des heiligen Geistes Glauben geben und annehmen kann.

III. Von der Gerechtigkeit des Glaubens vor Gott

Status Controversiae

Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt

Weil einhellig vermöge Gottes Worts und nach Inhalt der Augsburgischen Confession in unsern Kirchen bekannt, daß wir arme Sünder allein durch den Glauben an Christum vor Gott gerecht und selig werden, und also Christus allein unser Gerechtigkeit sei, welcher wahrhaftiger Gott und Mensch ist, weil in ihm die göttliche und menschliche Natur mit einander persönlich vereiniget Jer. 23. 1.Kor. 1. 2.Kor. 5: ist eine Frage entstanden, nach welcher Natur Christus unsere Gerechtigkeit sei? und also zweene widerwärtige Irrthum in etlichen Kirchen eingefallen.

Dann der eine Theil hat gehalten, daß Christus allein nach der Gottheit unser Gerechtigkeit sei, wenn er durch den Glauben in uns wohnet, gegen welcher durch den Glauben einwohnender Gottheit aller Menschen Sünde wie ein Tropfen Wasser gegen dem großen Meer geachtet sei. Dargegen haben andere gehalten, Christus sei unser Gerechtigkeit vor Gott allein nach der menschlichen Natur.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen wider beide jetzt gesetzte Irrthum.

1. Wider beide jetzt erzählte Irrthum gläuben, lehren und bekennen wir einhelliglich, daß Christus unser Gerechtigkeit weder nach der göttlichen Natur allein, noch auch nach der menschlichen Natur allein, sondern der ganze Christus nach beiden Naturen allein in seinem Gehorsam sei, den er als Gott und Mensch dem Vater bis in Tod geleistet und uns damit Vergebung der Sünden und das ewige Leben verdienet habe, wie geschrieben stehet: Gleichwie durch eines Menschen Ungehorsam viel Sünder worden: also durch eines Menschen Gehorsam werden viel gerecht. Röm. 5.

2. Demnach gläuben, lehren und bekennen wir, daß unsere Gerechtigkeit vor Gott sei, daß uns Gott die Sünde vergiebt aus lauter Gnaden ohne all unsere Vorhergehende, gegenwärtige oder nachfolgende Werk, Verdienst oder Würdigkeit, schenket und rechnet uns zu die Gerechtigkeit des Gehorsams Christi, um welcher Gerechtigkeit willen wir bei Gott zu Gnaden angenommen und für gerecht gehalten werden.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß allein der Glaube das Mittel und der Werkzeug sei, damit wir Christum und also in Christo solche Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, ergreifen, um welches willen uns solcher Glauben zur Gerechtigkeit zugerechnet wird. Röm. 4.

4. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß dieser Glaube nicht sei eine bloße Erkenntnis der Historien von Christo, sondern eine solche Gabe Gottes, dadurch wir Christum, unsern Erlöser, im Wort des Evangelii recht erkennen und auf ihn vertrauen, daß wir allein um seines Gehorsams willen aus Gnaden Vergebung der Sünden haben, vor fromm und gerecht von Gott dem Vater gehalten und ewig selig werden.

5. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß nach Art heiliger Schrift das Wort rechtfertigen in diesem Artikel heißt absolviren, daß ist von Sünden frei sprechen. Wer den Gottlosen recht spricht und den Gerechten verdammet, der ist dem Herrn ein Gräuel. Item: Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der da gerecht machet.

Und da an desselben Statt die Worte regeneratio und vivificatio, das ist Lebendigmachung und Wiedergeburt, gebraucht, wie in der Apologia geschehe, , daß es auchin gleichem Verstand geschehe, dadurch sonst die Erneuerung des Menschen verstanden und von der Rechtfertigung des Glaubens unterscheiden wird.

6. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, unangesehen daß den Rechtgläubigen und wahrhaftig Wiedergebornen auch noch viel Schwachheit und Gebrechen anhangen bis in die Gruben, do sie doch der Ursach halben weder an ihrer Gerechtigkeit, so ihnen durch den Glauben zugerechnet, noch an ihrer Seelen Seligkeit zweifeln, sondern vor gewis halten sollen, daß sie um Christus willen vermöge der Verheißung und Wort des heiligen Evangelii einen gnädigen Gott haben.

7. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß zu Erhaltung reiner Lehre von der Gerechtigkeit des Glaubens für Gott über den particulis exclusivis, das ist über nachfolgende Wort des heiligen Apostels Pauli, dadurch der Verdienst Christi von unsern Werken gänzlich abgesondert und Christo die Ehre allein gegeben, mit besonderm Fleiß zu halten sei, da der heilige Apostel Paulus schreibt: Aus Gnaden, ohne Verdienst, ohne Gesetz, ohne Werk, nicht aus den Werken, welche Wort alle zugleich so viel heißen als allein durch den Glauben an Christum werden wir gerecht und selig.

8. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß, obwol vorgehende Reu und nachfolgende gute Werk nicht in den Artikel der Rechtfertigung vor Gott gehören, jedoch soll nicht ein solcher Glaub gedichtet werden, der bei und neben einem bösen Vorsatz zu sündigen, und wider das Gesißen zu handeln, sein und bleiben könnte. Sondern nachdem der Mensch durch den Glauben gerechtfertiget werden, alsdann ist ein wahrhaftiger lebendiger Glaube durch die Liebe thätig Gal. 5. Also, daß die gute Werk dem gerechtmachenden Glauben allzeit folgen und bei demselben, da er rechtschaffen und lebendig, gewislich erfunden werden; wie er dann nimmer allein ist, sondern allzeit Liebe und Hoffnung bei sich hat.

Antithesis oder Negativa

Gegenlehre verworfen

Demnach verwerfen und verdammen wir alle nachfolgende Irrthum:

1. Daß Christus unser Gerechtigkeit sei allein nach der göttlichen Natur.

2. Daß Christus unser Gerechtigkeit sei allein nach der menschlichen Natur.

3. Daß in den Sprüchen der Propheten und Aposteln, da von der Gerechtigkeit des Glaubens geredet wird, die Wort rechtfertigen und gerechtfertigt werden nicht sollen heißen von Sünden ledig sprechen oder gesprochen werden, und Vergebung der Sünden erlangen, sondern von wegen der durch den heiligen Geist eingegoßenen Liebe, Tugend und daraus folgender Werk mit der That vor Gott gerecht gemacht werden.

4. Daß der Glaube nicht allein ansehe den Gehorsam Christi, sondern seine göttliche Ntur, wie dieselbige in uns wohnet und wirket, und durch solche Einwohnung unser Sünde bedecket werden.

5. Daß der Glaub ein solch Vertrauen auf den Gehorsam Christi sei, welcher in einem Menschen sein und bleiben könne, der gleich keine wahrhaftige Buße habe, da auch keine Liebe folge, sondern wider sein Gewißen in Sünden verharret.

6. Daß nicht Gott selbst, sondern allein die Gaben Gottes in den Gläubigen wohnen.

7. Daß der Glaub darum selig mache, weil die Erneuerung, so in der Liebe gegen Gott und den Nähesten stehe, in uns durch den Glauben angefangen werde.

8. Daß der Glaub den Vorzug habe in der Rechtfertigung, gleichwol gehöre auch die Erneuerung und die Liebe zu unser Gerechtigkeit vor Gott, dergestalt daß sie wol nicht die vornehmste Ursach unser Gerechtigkeit vor Gott ohne solche Liebe und Erneuerung nicht ganz oder vollkommen sei.

9. Daß die Gläubigen vor Gott gerechtfertigt werden und selig sein zugleich durch die zugerechnete Gerechtigkeit Christi und durc h den empfangenen neuen Gehorsam, oder zum Theil durch die Zurechnung der Gerechtigkeit Christi, zum Theil aber durch den angefangenen neuen Gehorsam.

10. Daß uns die Verheißung der Gnaden zugeeignet werde durch den Glauben im Herzen, und durch die Bekenntnis, so mit dem Munde geschicht, und durch andere Tugend.

11. Daß der Glaube nicht rechtfertigt ohne die gute Werk, also daß die guten Werk nothwendig zur Gerechtigkeit erfordert, ohne derselben Gegenwärtigkeit der Mensc h nicht gerechtfertiget werden könne.

IV. Von guten Werken

Status Controversiaee
Die Hauptfrage im Streit von den guten Werken

Ueber der Lehre von guten Werken sind zeierlei Spaltungen in etlichen Kirchen enthalten:

1. Erstlich haben sich etzliche Theologen über nachfolgenden Reden getrennet, da der eine Theil geschrieben: Gute Werk sind nöthig zur Seligkeit, es ist unmöglich ohne gute Werk selig zu werden. Item: Es ist niemals jemand ohne gute Werk selig worden. Der andere aber dagegen geschrieben: Gute _Werk sind schädlich zur Seligkeit.

2. Darnach hat sich auch zwischen etzlichen Theologen über den beiden Worten nöthig und frei eine Trennung erhoben, da der eine Theil gestritten, man soll das Wort nöthig nicht brauchen von dem neuen Gehorsam, der nicht aus Noth und Zwang, sondern aus freiwilligem Geist herfließe. Der andere Theil hat über dem Wort nöthig gehalten, weil solcher Gehorsam nicht in unser Willkühr stehe, sondern die wiedergebornen Menschen schuldig sein solchen Gehorsam zu leisten.

Aus welcher Disputation über den Worten nochmals ein Streit von der Sach an ihr selbst sich zugetragen, daß der eine Theil gestritten, man sollte ganz und gar unter den Christen das Gesetz nicht treiben, sondern allein aus dem heiligen Evangelii die Leute zu guten Werken vermahnen; der andere hat es widersprochen.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen von diesem Streit

In gründlicher Erklärung und Hinlegung dieser Zwiespalt ist unser Lehre, Glauben und Bekenntnis:

1. Das gute Werke dem wahrhaftigen Glauben, wann derselbige nicht ein toter, sondern ein lebendiger Glaube ist, gewislich und ungezweifelt folgen als Früchte eines guten Baums.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß die gute Werke gleich so wol, wann von der Seligkeit gefraget wird, als im Artikel der Rechtfertigung vor Gott gänzlichen ausgeschlossen werden sollen, wie der Apostel mit klaren Worten bezeuget, da er also geschrieben: Nach welcher Weise auch David sagt, daß die Seligkeit sei allein des Menschen, welchem Gott zurechnet die Gerechtigkeit, ohne Zuthun der Werke, do er spricht: Selig sind die, welchen ihre Ungerechtigkeit nicht zugerechnet wird. Röm. 4. Und abermal: Aus Gnaden seid ihr selig worden; Gottes Gabe ist es, nicht aus den Werken, auf daß sich nicht jemands rühme. Ephes. 2.

3. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß alle Menschen, sonderlich aber die durch den heiligen Geist wiedergeboren und erneuert, schuldig sein gute Werk zu thun.

4. In welchem Verstande die Werke nöthig, sollen und müßen recht und christlich auch von den Wiedergebornen gebraucht werden, und keineswegs dem Vorbilde gesunder Worte und Reden zuwider sein.

5. Doch soll durch errmeldte Wort necessitas, necessarium, Noth und nothwendig, wann von den Wiedergebornen geredet, nicht ein Zwang, sondern allein der schuldige Gehorsam verstanden werden, welchen die Rechtgläubigen, so viel sie wiedergeboren, nicht aus Zwang oder Treiben des Gesetzes, sondern aus freiwilligem Geiste leisten: weil sie nicht mehr unter dem Gesetze, sondern unter der Gnade sein.

6. Demnach gläuben, lehren und bekennen wir auch, wann gesagt wird: Die Wiedergebornen thun gute Werk aus einem freien Geist, daß solches nicht verstanden werden soll, als ob es in des wiedergebornen Menschen Willkühr stehe Gutes zu thun oder zu laßen, wann er wölle, und gleichweol den Glauben behalten müge, wann er in Sünden vorsätzlich verharret.

7. Welches doch anderst nicht verstanden werden soll, dann wie es der Herr Christus und seine Apostel selbst erkläret, nämlich von dem freigemachten Geist, daß er solches nicht thue aus Furcht der Strafe wie ein Knecht, sondern aus Lieb der Gerechtigkeit, wie die Kinder Röm. 8.

8. Wiewol diese Freiwilligkeit in den auserwählten Kindern Gottes nicht vollkommen, sondern mit großer Schwachheit beladen ist, wie S. Paulus über sich selbst klaget. Röm. 7. Gal. 5.

9. Welche Schwachheit doch der Herr seinen Auserwählten nicht zurechnet um des Herrn Christi willen, wie geschrieben stehet: Es ist nun nichts Verdammliches in denen, so in Christo Jesu sind, Röm. 8.

10. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß den Glauben und die Seligkeit in uns nicht die Werk, sondern allein der Geist Gottes durch den Glauben enthalte, des Gegenwärtigkeit und Inwohnung die guten Werke Zeugen sein.

Negativa

Falsche Gegenlehre

. Demnach verwerfen und verdammen wir diese Weise zu reden, wann gelehret und geschrieben wird, daß gute Werk nöthig sein zur Seligkeit. Item, daß niemand jemals ohne gute Werk sei selig worden. Item, daß es unmüglich sei ohne gute Werk selig zu werden.

2. Wir verwerfen und verdammen diese bloße Rede als ärgerlich und christlicher Zucht nachtheilig, wann geredet wird: Gute Werk sind schädlich zur Seligkeit.

Dann besonders zu dieser letzten Zeiten nicht weniger vonnöthen, die Leute zu christlicher Zucht und guten Werken zu vermahnen und zu erinnern, wie nöthig es sei, daß sie zu Anzeigung ihres Glaubens und Dankbarkeit bei Gott sich in guten Werken üben: als daß die Werk in den Artikel der Rechtfertigung nicht eingemenget werden, weil durch ein epikurischen Wahn vom Glauben die Menschen so wol, als durch das papistisch und pharisäisch Vertrauen auf eigene Werk und Verdienst verdammet werden können.

3. Wir verwerfen und verdammen auch, wann gelehret wird, daß der Glaube und Einwohnung des heiligen Geistes nicht durch muthwillige Sünde verloren werden, sondern daß die Heiligen und Auserwählten den heiligen Geist behalten, wann sie gleich in Ehebruch und andere Sünde fallen und darinnen verharren.

V. Vom Gesetz und Evangelio

Status Controversiae
Die Hauptfrage in dieser Zwiespalt:

Ob die Predigt des heiligen Evangelii eigentlich sei nicht allein ein Gnadenpredigt, die Vergebung der Sünden verkündiget, sondern auch eine Buß- und Strafpredigt, welche den Unglauben strafet, der im Gesetz nicht gestrafet, sondern allein durch das Evangelium gestrafet werde.

Affirmative

Reine Lehre Gottes Worts.

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß der Unterscheid des Gesetzes und Evangelii als ein besonder herrlich Licht mit großem Fleiß in der Kirchen zu erhalten, dadurch das Wort Gottes nach der Vermahnung S. Pauli recht getheilet wird.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß das Gesetz eigentlich sei eine göttliche Lehre, welche lehret, was recht und Gott gefällig, und strafet alles, was Sünde und Gottes Willen zuwider ist.

3. Darum dann alles, was Sünde strafet, ist und gehöret zur Predigt des Gesetzes.

4. Das Evangelium aber sei eigentlich eine solche Lehre, die da lehret, was der Mensch gläuben soll, der das Gesetz nicht gehalten und durch dasselbige verdammt, nämlich daß Christus alle Sünde gebüßet und bezahlet, und ihme ohn allen seinen Verdienst erlanget und erworben habe Vergebung der Sünden, Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, und das ewige Leben.

5. Nachdem aber das Wort (Evangelium) nicht in einerlei Verstand in heiliger Schrift gebraucht, daher dann diese Zwiespalt ursprünglich entstanden, so gläuben, lehren und bekennen wir, wann durch das Wort (Evangelium) verstanden wird die ganze Lehre Christi, die er in seinem Lehramt, wie auch seine Aposteln geführet, (in welchem Verstande es dann Marci 1. Actor. 20 gebraucht) daß recht geredet und geschrieben, das Evangelium sei eine Predigt von der Buße und der Vergebung der Sünden.

6. Wann aber das Gesetz und Evangelium, wie auch Moses selbst ein Gesetzlehrer, und Christus als ein Prediger des Evangeliums gegen einander gehalten: gläuben, lehren und bekennen wir, daß das Evangelium nicht eine Buß- oder Strafpredigt, sondern eigentlich anders nichts, dann eine Trostpredigt und fröhliche Botschaft sei, die nicht strafet noch schrecket, sondern wider das Schrecken des Gesetzes die Gewißen tröstet, allein auf den Verdienst Christi weiset, und mit der lieblichen Predigt von der Gnade und Hulde gottes, durch Christus Verdienst erlanget, wieder aufrichtet.

7. Was dann die Offenbarung der Sünden belanget, weil die Decke Mosis allen Menschen vor den Augen hänget, so lange sie die bloße Predigt des Gesetzes und nichts von Christo hören, und also ihre sünde aus dem Gesetz nicht recht lernen erkennen, sondern entweder vermeßene Heuchler werden wie die Pharisäer, oder verzweifeln wie Judas: so nimmt Christus das Gesetz in seine Hände, und leget dasselbige geistlich aus. Matth. 5. Röm. 7. Und also wird Gottes Zorn vom Himmel herab geoffenbaret über alle Sünder, wie groß derselbe sei, dadurch sie in das Gesetz gewiesen werden, und alsdann aus demselben erst recht lernen ihre Sünde erkennen, welches Erkenntnis Mose nimmermehr aus ihnen hätte erzwingen können.

Demnach, obwol die Predigt vom Leiden und Sterben Christi, des Sohnes Gottes, eine ernstliche und schreckliche Predigt und Anzeigen Gottes Zorns ist, dadurch die Leute erst recht in das Gesetz geführet, nachdem ihnen die Decke Mosis hinweg gethan, daß sie erst recht erkennen, wie große Ding Gott im Gesetz von uns erfordert, deren wir keines halben können, und demnach alle unsere Gerechtigkeit in Christo suchen sollen:

8. Doch so lange dieses alles (nämlich Christus Leiden und Sterben) Gottes Zorn prediget und den Menschen schrecket, so ist es noch nicht des Evangelii eigentliche Predigt, sondern Moses und des Gesetzes Predigt, und demnach ein fremdes Werk Christi, dadurch er kömmt zu seinem eigenen Amt, das ist Gnade predigen, trösten und lebendig machen, welches eigentlich die Predigt des Evangelii ist.

Negativa

Gegenlehre, so verworfen

Demnach verwerfen wir und halten es vor unrecht und schädlich, wann gelehret wird, daß das Evangelium eigentlich eine Buß- oder eine Strafpredigt, und nicht allein eine Gnadenpredigt sei, dadurch das Evangelium wieder zu einer Gesetzlehre gemacht, der Verdienst Christi und heilige Schrift verdunkelt, die Christen des rechten Trosts beraubet und dem Pabstthum die Thür wiederum aufgethan wird.

VI. Vom dritten Brauch des Gesetzes

Status Controversiae
Die Hauptfrage von diesem Streit

Nachdem das Gesetz den Menschen um dreierlei Ursach willen gegeben, erstlich, daß dadurch äußerliche Zucht wider die wilden Ungehorsamen erhalten, zum andern, daß die Menschen dadurch zur Erkenntnis ihrer Sünden geführet, zum dritten, nachdem sie wiedergeboren, und gleichwol das Fleisch ihnen anhanget, daß sie um desselben willen eine gewisse Regel hätten, nach welcher sie ihr ganzes Leben anstellen und regieren sollen: hat sich ein Zwiespalt zwischen etzlichen wenigen Theologen über den dritten Brauch des Gesetzes zugetragen, ob nämlich auch bei den wiedergebornen Christen solches zu treiben sei oder nicht? Der eine Theil hat ja, der andere nein gesagt.

Affirmativa

Die rechte christliche Lehre von diesem Streit

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, obwol die rechtgläubige und wahrhaftig zu Gott bekehrte Menschen vom Fluch und Zwang des Gesetzes durch Christum gefreiet und ledig gemacht, daß sie doch der Ursach nicht ohne Gesetz sein, sondern darum von dem Sohn Gottes erlöset werden, daß sie sich in demselben Tag und Nacht über sollen Psalm 119. Wie dann unser erste Aeltern auch vor dem Fall nicht ohne Gesetz gelebet, welchen das Gesetz Gottes auch in das Herz geschrieben, da sie zum Ebenbild Gottes erschaffen worden.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Predig des Gesetzes nicht allei nbei den Ungläubigen und Unbußfertigen, sondern auch bei den Rechtgläubigen, wahrhaftig Bekehrten, Wiedergebornen und durch den Glauben Gerechtfertigten mit Fleiß zu treiben sei.

3. Dann ob sie wol wiedergeboren und in dem Geist ihres Gemüths verneuert, so ist doch solche Wiedergeburt und Erneuerung in dieser Welt nicht vollkommen, sondern nur angefangen, und stehen die Gläubigen mit dem Geist ihres Gemüths in einem stetigen Kampf wider das Fleisch, das ist wider die verderbte Natur und Art, so uns bis in Tod anhanget. Um welches alten Adams willen, so im Verstande, Willen und allen Kräften des Menschen noch stecket, damit sie nicht aus menschlicher Andacht eigenwillige und erwählte Gottesdienste vornehmen, ist vonnöthen, daß ihnen das Gesetz des Herrn immer vorleuchte, desgleichen, daß auch der alte Adam nicht sein eigen Willen gebrauche, sondern wider sein Willen nicht allein durch Vermahnung und Dräuung des Gesetzes, sondern auch mit den Strafen und Plagen gezwungen, daß er dem Geist folge und sich gefangen gebe.

4. Was dann den Unterscheid der Werken des Gesetzes und der Früchte des Geistes belanget, gläuben, lehren und bekennen wir, daß die Werk, so nach dem Gesetz geschehen, so lange Werk des Gesetzes sein und genennet werden, so lange sie allein durch Treiben der Strafen und Dräuung Gottes Zorns aus den Menschen erzwungen werden.

5. Früchte aber des Geistes seind die Werk, welche der Geist Gottes, so in den Gläubigen wohnet, wirket durch die Wiedergebornen, und von den Gläubigen geschehen, so viel sie wiedergeboren sind, als wann sie von keinem Gebot, Dräuen oder Belohnung wüßten; dergestalt dann die Kinder Gottes im Gesetz leben und nach dem Gesetz Gottes wandeln, welches S. Paulus in sein Episteln das Gesetz Christi und das Gesetz des Gemüths nennet.

6. Also ist und bleibt das Gesetz beides bei den Bußfertigen und Unbußfertigen, bei wiedergeborenen und nicht wiedergeborenen Menschen ein einziges Gesetz, nämlich der unwandelbare Wille Gottes, und ist der Unterscheid, so viel den Gehorsam belanget, allein an den Menschen, da einer, so noch nicht wiedergeboren, dem Gesetz aus Zwang und unwillig (wie auch die Wiedergeborenen nach dem Fleisch) thut, was von ihm erfordert; der Gläubige aber, ohne Zwang mit willigem Geist, so viel er neu geborn, thut, das keine Dräuung des Gesetzes aus ihm nimmermehr erzwingen können.

Negativa

Falsche Gegenlehre

Demnach verwerfen wir als ein schädliche, christlicher Zucht und wahrhaftiger Gottseligkeit widerwärtige Lehre und Irrthum, wann gelehret wird, daß das Gesetz abgemeldter Weise und Maß nicht bei den Christen und Rechtgläubigen, sondern allein bei den Ungläubigen, Unchristen und Unbußfertigen getrieben werden soll.

VII. Vom heiligen Abendmahl Christi

Wiewol die Zwinglische Lehre nicht unter die Augsburgische Confessionsverwandte Theologen zu rechnen, als von denen sie sich gleich damals, als solche Confession übergeben werden, abgesondert jedoch, weil sie sich mit einbringen und ihren Irrthum unter derselben christlichen Confession Namen auszubringen unterstehen, haben wir von dieser Zwiespalt auch nothdürftigen Bericht thun wollen.

Status Controversiae

Der Hauptstreit zwischen unser und der Sacramentirer Lehre in diesem Artikel:

Ob in dem heiligen Abendmahl der wahrhaftige Leib und Blut unsers Herrn Jesu Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sei, mit Brot und Wein ausgetheilet und mit dem Munde empfangen werde von allen denen, so sich dieses Sacraments gebrauchen, sie sein würdig oder unwürdig, fromm oder unfromm, gläubig oder ungläubig, den Gläubigen zum Trost und Leben, den Ungläubigen zum Gericht? Die Sacramentierer sagen nein, wir sagen ja.

In Erklärung dieses Streits ist anfänglich zu merken, daß zweierlei Sacramentirer seien. Etzliche sein grobe Sacramentirer, welche mit deutschen klaren Worten vorgeben, wie sie im Herzen halten, daß im heiligen Abendmahl mehr nicht denn Brot und Wein gegenwärtig sei, ausgetheilet und mit dem Munde empfangen werde. Etzliche aber seind verschlagen und die allerschädlichste Sacramentirer, die zum Theil mit unsern Worten ganz scheinbar reden und vorgeben, sie gläuben auch eine wahrhaftige Gegenwärtigkeit des wahrhaftigen, wesentlichen, lebendigen Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl, doch solches geschehe geistlich, durch den Glauben. Welche doch unter diesem scheinbaren Worten eben die erste grobe Meinung behalten, daß nämlich nichts denn Brot und Wein im heiligen Abendmahl gegenwärtig sei und mit dem Munde empfangen werde. Dann geistlich heißet ihnen anders nichts, denn der Geist Christi oder die Kraft des abwesenden Leibes Christi und sein Verdienst, welcher gegenwärtig sei; der Leib Christi aber sei auf keinerlei Weise und Wege gegenwärtig, sondern allein daroben im öbersten Himmel, zu dem wir mit den Gedanken unsers Glaubens im Himmel auf erheben und daselbstten, aber gar nicht bei Brod und Wein des Abendmahls, solchen Leib und Blut suchen sollen.

Affirmativa

Bekenntnis reiner Lehre vom heiligen Abendmahl wider die Sacramentirer

1. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß im heiligen Abendmahl der Leib und Blut Christi wahrhaftig und wesentlich gegenwärtig sei, mit Brot und Wein wahrhaftig ausgetheilet und empfangen werde.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Wort des Testaments Christi nicht anders zu verstehen sein, dann wie sie nach dem Buchstaben lauten, also daß nicht das Brot den abwesenden Leib, und der Wein das abwesende Blut Christi bedeute, sondern daß es wahrhaftig um sacramentlicher Einigkeit willen der Leib und Blut Christi sei.

3. Was denn die Consecration belanget, gläuben, lehren und bekennen wir, daß solche Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl nicht schaffe einiges Menschen Werk oder Sprechen des Dieneers, sondern daß solche einig und allein der allmächtigen Kraft unsers Herrn Jesu Christi zugeschrieben werden soll.

4. Darneben aber gläuben, lehren und halten wir auch einhellig, daß im Gebrauch des heiligen Abendmahls die Wort der Einsatzung Christi keineswegs zu unterlaßen, sondern offentlich gesprochen werden sollen, wie geschrieben stehet: Der gesegnete Kelch, den wir segnen etc 1.Kor. 10, Welches Segnen durch das Sprechen der Wort Christi geschieht.

5. Die Gründe aber, darauf wir in diesem Handel stehen wider die Sacramentirer, seind, wie D. Luther solche in seinem großen Bekenntnis gesetzet hat.

Der erste ist dieser Artikel unsers christlichen Glaubens: Jesus Christus ist wahrhaftiger, wesentlicher, natürlicher, völliger Gott und Mensch, in einer Person ungetrennt und ungetheilet.

Der ander: daß Gottes rechte Hand allenthalben ist, zu welcher Christus, nach seiner menschlichen Natur mit der That und Wahrheit gesetzet, gegenwärtig regieret, in seinen Händen und unter seinen Füßen hat alles, was im Himmel und auf Erden ist, dahin sonst kein Mensch noch Engel, sondern allein Mariä Sohn gesetzet ist, daher er auch solches vermag.

Der dritte: daß Gottes Wort nicht falsch ist oder lüge.

Das vierte: daß Gott mancherlei Weise hat und weiß etwa an einem Orte zu sein, und nicht allein die einige, welche die Philosophi localem oder raumlich nennen.

6. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß der Leib und Blut Christi nicht allein geistlich durch den Glauben, sondern auch mündlich, doch nicht auf kapernastische, sondern übernatürliche, himmliche Weise um der sacramentlichen Vereinigung willen, mit dem Brot und Wein empfangen werde, wie solches die Wort Christi klärlich ausweisen, da Christus heißet nehmen, eßen und trinken, die dann von den Aposteln geschehen; dann geschrieben steht: Und sie trunken alle daraus Marc. 14. Desgleichen Sanct Paulus sagt: Das Brot, das wir brechen, ist ein Gemeinschaft des Leibes Christi, das ist: Wer dies Brot ißet, der ißet den Leib Christi; welches auch einhellig die vornehmsten alten Kirchenlehrer, Chrysestemus, Cyprianus, Leo I., Gregorius, Ambrosius, Augustinus bezeugen.

7. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß nicht allein die Rechtgläubigen und Würdigen, sondern auch die Unwürdigen und Ungläubigen empfahen den wahrhaftigen Leib und Blut Christi; doch nicht zum Leben und Trost, sondern zum Gericht und Verdammnis, wann sie sich nicht bekehren und Buße thun.

Dann ob sie wol Christum als ein Seligmacher von sich stoßen, so müßen sie ihn doch auch wider ihren Willen als einen strengen Richter zulaßen, welcher so gegenwärtig das Gericht auch in den unbußfertigen Gästen über und erzeiget, als gegenwärtig er Leben und Trost in den Herzen der Rechtgläubigen und würdigen Gäste wirket.

8. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß daß nur einerlei unwürdige Gäste seind, nämlich die nicht gläuben, von welchen geschrieben stehet: Wer aber nicht gläubet, der ist schon gerichtet. Welches Gericht durch unwürdigen Brauch des heiligen Sacraments gehäufet, größer und schwerer wird. 1. Korinth. 1.

9. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß kein Rechtgläubiger, so lang er den lebendigen Glauben behält, wie schach er auch sein möchte, das heilige Abendmahl zum Gericht empfahe, welches sonderlich den schwachgläubigen, doch bußfertigen Christen zum Trost und Stärkung ihres schwachen Glaubens eingesetzet werden.

10. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß alle Würdigkeit der Tischgäste dieser himmlischen Mahlzeit sei und stehe allein in dem allerheiligsten Gehorsam und vollkommenen Verdienst Christi, welchen wir uns durch wahrhaftigen Glauben zueignen, und des durch das Sacrament versichert werden, und gar nicht in unsern Tügenden, innerlichen und äußerlichen Bereitungen.

Negativa

Widerwärtige verdammte Lehre der Sacramentirer

Dagegen verwerfen und verdammen wir einhellig alle nachfolgende irrige Artikel, so der jetzt gesetzten Lehre, einfältigem Glauben und Bekenntnis vom Abendmahl Christi entgegen und zuwider sein:

1. Die päbstliche Transsubstantiation, do im Pabstthum gelehret wird, das Brot und Wein im heiligen Abendmahl ihre Substanz und natürlich Wesen verlieren, und also zu nichts werden, daß es in den Leib Christi verwandelt werde, und allein die äußerliche Gestalt bleibe.

2. Die päbstliche Opfermess für die Sünder der Lebendigen und Todten.

3. Daß den Laien nur eine Gestalt des Sacraments gegeben, und wider die offenbare Wort des Testaments Christi der Kelch ihnen vorgehalten, und seines Bluts beraubet werden.

4. Wann gelehret wird, daß die Wort des Testaments Christi nicht einfältig verstanden oder geglaubet werden sollen, wie sie lauten, sondern daß es dunkele Reden sein, deren Verstand man erst an andern Orten suchen müße.

5. Daß der Leib Christi im heiligen Abendmahl nicht mündlich mit dem Brot, sondern allein Brot und Wein mit dem Munde, der Leib Christi aber allein geistlich durch den Glauben empfangen werde.

6. Daß Brot und Wein im heiligen Abendmahl nicht mehr dann Kennzeichen sein, dadurch die Christen einander erkennen.

8. Daß Brot und Wein nicht mehr dann Denkzeichen, Siegel und Pfand sein, durch welche wir versichert, wann sich der Glaub über sich in Himmel schwinge, daß er daselbsten so wahrhaftig des Leibs und Bluts Christi theilhaftig werde, so wahrhaftig wir im Abendmahl Brot und Wein eßen und trinken.

9. Daß die Versicherung und Bekräftigung unsers Glaubens im heiligen Abendmahl geschehe allein durch die äußerlichen Zeichen Brots und Weins, und nicht durch den wahrhaftigen gegenwärtigen Leib und Blut Christi.

10. Daß im heiligen Abendmahl allein die Kraft, Wirkung und Verdienst des abwesenden Leibs und Bluts Christi ausgetheilet werde.

11. Daß der Leib Christi also im Himmel bschloßen, daß er auf keinerlei Weise zumal und zu einer Zeit an vielen oder allen Orten gegenwärtig sein könne auf Erden, da sein heiliges Abendmahl gehalten wird.

12. Daß Christus die wesentliche Gegenwärtigkeit seines Leibs und Bluts im heiligen Abendmahl nicht habe verheißen, noch leisten können, weil die Natur und Eigenschaft seiner angenommenen menschlichen Natur solches nicht leiden noch zugeben könne.

13. Das Gott nach aller seiner Allmächtigkeit (welches erschrecklich zu hören) nicht vermöge zu verschaffen, daß sein Leib auf eine Zeit mehr dann an einem Ort wesentlich gegenwärtig sei.

14. Daß nicht die allmächtige Wort des Testaments Christi, sondern der Glaube die Gegenwärtigkeit des Leibs und Bluts Christi im heiligen Abendmahl schaffe und mache.

15. Daß die Gläubigen den Leib Christi nicht bei dem Brot und Wein des heiligen Abendmahls suchen, sondern ihre Augen von dem Brod in Himmel erheben, und doselbst den Leib Christi suchen sollen.

16. Daß die ungläubige, unbußfertige Christen im heiligen Abendmahl nicht den wahrhaftigen Leib und Blut Christi, sondern allein Brot und Wein empfangen.

17. Daß die Würdigkeit der Gäste bei dieser himmlischen Mahlzeit nicht allein im wahrhaftigen Glauben an Christum, sondern auch auf der Menschen äußerlichen Bereitung stehe.

18. Daß auch die Rechtgläubigen, so einen wahrhaftigen, lebendigen, reinen Glauben an Christum haben und behalten, dies Sacrament zum Gericht empfangen können, darum daß sie im äußerlichen Wandel noch unvollkommen sind.

19. Daß die äußerliche sichtbaren Element Brots und Weins im heiligen Sacrament sollen angebetet werden.

20. Desgleichen befehlen wir auch dem rechten Gericht Gottes alle fürwitzige, spöttische, lästerlichen Fragen (so Zucht halben nicht zu erzählen), und Reden, so auf grobe, fleischliche, kapernaitische und abscheuliche Weise von den übernatürlichen, himmlischen Geheimnissen dieses Sacraments ganz lästerlich und mit großem Aergernis durch die Sacramentirer vorgeracht werden.

21. Wie wir dann hiermit das kapernaitische Eßen des Leibes Christi, als wann man sein Fleisch mit Zähnen zureiße und wie andere Speise verdauet, welches die Sacramentirer wider das Zeugnis ihres Gewißens, über all unser vielfältig Bezeugen, uns muthwillig aufdringen, und dergestalt unsere Lehr bei ihren Zuhörern vedrhaßet machen, gänzlich verdammen, und dargegen halten und gläuben, vermüge der einfältigen Wort des Testaments Christi, ein wahrhaftig, doch übernatürlich Eßen des Leibes Christi, wie auch Trinken seines Bluts, welches menschliche Sinne und Vernunft nicht begreifen, sondern unsern Verstand in den Gehorsam Christi, wie in allen andern Artikeln des Glaubens, gefangen genommen, und solch Geheimnis anders nicht, dann allein mit Glauben gefaßt und im Wort geoffenbaret wird.

VIII. Von der Person Christi

Aus dem Streit von dem heiligen Abendmahl ist zwischen den reinen Theologen Augsburgischer Confession und den Calvinisten (welche auch etliche andere Theologen irre gemacht) ein Uneinigkeit entstanden von der Person Christi, von beiden Naturen in Christo und ihren Eigenschaften.

Status Controversiae

Hauptstreit in dieser Zwiespalt

Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob die göttliche und menschliche Natur um der persönlichen Vereinigung willen realiter, das ist mit That und Wahrheit, in der Person Christi, wie auch derselben Eigenschaften, mit einander Gemeinschaft haben, und wie weit sich solche Gemeinschaft erstrecke.

Die Sacramentirer haben vorgeben, die göttliche und menschliche Natur in Christo sei also persönlich vereiniget, daß keine mit der andern realiter, das ist mit der That und Wahrheit, was einer jeden Natur eigen ist, sondern mehr nicht denn allein den Namen gemein haben. Dann wäre, sagen sie schlacht, facit communis nomina, das ist, die persönliche Vereinigung machet mehr nicht dann die Namen gemein, das nämlich Gott Mensch, und Mensch Gott genennet wird, doch also, daß Gott nichts mit der Menschheit und die Menschheit nichts mit der Gottheit, derselben Majestät und Eigenschaften realiter, das ist mit der That und Wahrheit, gemein habe. Das Widerspiel des D. Luther und die es mit ihm gehalten, wider die Sacramentirer gestritten.

Affirmativa

Reine Lehre der christlichen Kirchen von der Person Christi

Solchen Streit zu erklären und nach Anleitung unsers christlichen Glaubens hinzulegen, ist unser Lehr, Glaub und Bekenntnis, wie folget:

1. Daß die göttliche und menschliche Natur in Christo persönlich vereiniget, also daß nicht zweene Christus, einer Gottes, der ander des Menschen Sohn, sondern ein einiger Sohn Gottes und des Menschen Sohn sei, Luc. 1, Röm.9.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die göttliche und menschliche Natur nicht in ein Wesen vermenget, keine in die andere verwandelt, sondern ein jede ihre wesentliche Eigenschaften behalte, welche der andern Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

3. Die Eigenschaften göttlicher Natur sind: allmächtig, ewig, unendlich, nach Eigenschaft der Natur und ihres natürlichen Wesens, vor sich selbst, allenthalben gegenwärtig sein, alles wißen etc., welche der menschlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

4. Die Eigenschaften menschlicher Natur sind: ein leiblich Geschöpf oder Kreatur sein, Fleisch und Blut sein, leiden, sterben, auf- und niederfahren, von einem Ort zum andern sich bewegen, Hunger, Durst, Frost, Hitze leiden und dergleichen, welche der göttlichen Natur Eigenschaften nimmermehr werden.

5. Nachdem beide Naturen persönlich, das ist in einer Person, vereiniget: gläuben, lehren und bekennen wir, daß diese Vereinigung nicht eine solche Verknüpfung und Verbindung sei, daß keine Natur mit der andern persönlich, das ist um der persönlichen Vereinigung willen, etwas gemein haben soll, als wenn einer zwei Bretter zusammenleimet, do keines dem andern etwas gibet oder von dem andern nimmet, sondern die ist die höchste Gemeinschaft, welche Gott mit dem Menschen wahrhaftig hat, aus welcher persönlichen Vereinigung und der daraus erfolgenden höchsten und unaussprechlichen Gemeinschaft alles herfleußt, was menschlich von Gott, und göttlich vom Menschen Christo gesaget und gegläubet wird; wie solche Vereinigung und Gemeinschaft der Naturen die alten Kirchenlehrer durch die Gleichnis eines feurigen Eisens, wie auch der Vereinigung Leibes und der Seelen im Menschen erkläret haben.

6. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß Gott Mensch, und Mensch Gott sei, welches nicht sein könnte, wann die göttliche und menschliche Natur allerdings keine Gemeinschaft in That und Wahrheit mit einander hätten.

Dann wie könnte der Mensch, Marien Sohn, Gott oder Gottes des Allerhöchsten Sohn mit Wahrheit genennet werden oder sein, wann seine Menschheit mit Gottes Sohn nicht persönlich vereiniget, und also realiter, das ist mit der That und Wahrheit, nichts, sondern nur den Namen Gottes mit ihm gemein hätte?

7. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß Maria nicht ein bloßen, pur lautern Menschen, sondern den wahrhaftigen Sohn Gotten empfangen und geboren hab: darum sie auch recht die Mutter Gottes genennet wird und auch wahrhaftig ist.

8. Daher gläuben, lehren und bekennen wir auch, daß nicht ein pur lauter Mensch für uns gelitten, gestorben, begraben, gen Hölle gefahren, von Todten erstanden, gen Himmel gefahren und gesetzt zur Majestät und allmächtigen Kraft Gottes, sondern ein solcher Mensch, des menschliche Natur mit dem Sohn Gottes so eine tiefe unaussprechliche Vereinigung und Gemeinschaft hat, daß sie mit ihm ein Person ist.

9. Darum wahrhaftig der Sohn Gottes vor uns gelitten, doch nach Eigenschaft der menschlichen Natur, welche er in Einigkeit seiner göttlichen Person angenommen und ihm eigen gemacht, daß er leiden und unser Hoherpriester zu unserer Versühnung mit Gott sein könnte, wie geschrieben stehet: Sie haben den Herrn der Herrlichkeit gekreuziget. Und: Mit Gottes Blut seind wir erlöset worden. 1.Korinth. 2. Act. 20

10. Daher gläuben, lehren und bekennen wir, daß des Menschen Sohn zur Rechten der allmächtigen Majestät und Kraft Gottes realiter, das ist mit der Thau und Wahrheit, nach der menschlichen Natur erhöhet, weil er in Gott aufgenommen, als er von dem heiligen Geist in Mutterleib empfangen, und sein menschliche Natur mit dem Sohn des Allerhöchsten persönlich vereiniget.

11. Welche Majestät er nach der persönlichen Vereinigung allwegen gehabt, und sich doch derselben im Stande seiner Erniedrigung geäußert, und der Ursach wahrhaftig an aller Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen zugenommen; darum er solche Majestät nicht allezeit, sondern, wann es ihm gefallen, erzeiget, bis er die Knechtsgestalt, und nicht die Natur, nach seiner Auferstehung ganz und gar hingeleget, und in den völligen Gebrauch, Offenbarung und Erweisung der göttlichen Majestät gesetzet und also in sein Herrlichkeit eingegangen, daß er itzt nicht allein als Gott, sondern auch als Mensch alles weiß, alles vermag, allen Kreaturen gegenwärtig ist, und alles, was im Himmel, auf Erden und unter der Erden ist, unter seinen Füßen und in seinen Händen hat, wie er selbst zeuget: Mir ist gegeben aller Gewalt im Himmel und auf Erden. Und S. Paulus: Er ist über alle Himmel gefahren, auf daß er alles erfüllete; welchen seinen Gewalt er allenthalben gegenwärtig üben kann, und ihm alles müglich und alles wißend ist.

12. Daher er auch vermag und ihm ganz leicht ist, sein wahrhaftigen Leib und Blut im heiligen Abendmahl gegenwärtig mitzutheilen, nicht nach Art oder Eigenschaft der menschlichen Natur, sondern nach Art und Eigenschaft göttlicher Rechte, saket Doctor Luther aus unserm christlichen Kinderglauben; welche Gegenwärtigkeit nicht irdisch, noch kapernaitanisch, gleichwol wahrhaftig und wesentlich ist, wie die Wort seines Testaments lauten: Das ist; ist; ist mein Leib etc.

Durch diese unser Lehre, Glauben und Bekenntnis wird die Person Christi nicht getrennet, wie Nestorius gethan (welcher die communicationem idiomatum, das ist die wahrhaftige Gemeinschaft der Eigenschaften beider Naturen in Christo geläugnet und also die Person getrennet, wie solches Lutherus im Buch von den Conciliis erkläret); noch die Naturen samt ihren Eigenschaftem mit einander in ein Wesen vermischet (wie Eutychus geirret); noch die menschliche Natur in der Person Christi verläugnet oder abgetilget wird; auch keine Natur in die ander verwandelt; sondern Christus ist und bleibet in alle Ewigkeit Gott und Mensch in einer unzertrennten Person, welches nach der heiligen Dreifaltigkeit das höchste Geheimnis ist, wie der Apostel zeuget, in welchem unser einiger Trost, Leben und Seligkeit stehet.

Negativa

Widerwärtige falsche Lehre von der Person Christi

Demnach verwerfen und verdammen wir als Gottes Wort und unserm einfältigen christlichen Glauben zuwider alle nachfolgende irrige Artikel, wann gelehret wird:

1. Daß Gott und Mensch in Christi nicht eine Person, sondern ein anderer Gottes, und ein anderer des Menschen Sohn sei, wie Nestorius narret.

2. Daß die göttliche und menschliche Natur mit einander in ein Wesen vermischet, und die menschliche Natur in die Gottheit verwandelt, wie Eutychus geschwärmet.

3. Daß Christus nicht wahrhaftiger, natürlicher, ewiger Gott sei, wie Arius gehalten.

4. Daß Christus nicht eine wahrhaftige menschliche Natur gehabt, von Leib und Seele, wie Marcion gedichtet hat.

5. Quod unio personalis faciat tantum communia nomina, das ist, daß die persönliche Vereinigung mache allein die Titel und Namen gemein.

6. Daß es nur ein phrasis und modus loquendi, das ist, nur Wort und eine Weise zu reden sei, wann man saget: Gott ist Mensch, Mensch ist Gott; dann die Gottheit habe nichts mit der Menschheit, wie auch die Menschheit mit der Gottheit realitur, das ist mit der That, gemein.

7. Daß es nur communicatio verbalis, das ist nichts dann Wort sei, wann gesagt wird, Gottes Sohn sei für der Welt Sünde gestorben, des Menschen Sohn sei allmächtig worden.

8. Daß die menschliche Natur in Christo auf solche Weise wie die Gottheit ein unendlich Wesen worden, und aus solcher wesentlicher, mitgetheilter, in die menschliche Natur ausgegeben, und von Gott abgesonderte Kraft und Eigenschaft auf solche Weise wie die göttliche Natur allenthalben gegenwärtig sei.

9. Daß die menschliche Natur der göttlichen Natur an ihrer Substanz und Wesen oder an derselben wesentlichen Eigenschaften eräquiret und gleich worden sei.

10. Daß die menschliche Natur Christi in alle Ort des Himmels und der Erden raumlich ausgespannet, welches auch der göttlichen Natur nicht zugemeßen werden soll.

11. Daß Christus unmüglich sei von wegen der Eigenschaft menschlicher Natur, daß er zumal mehr dann an einem Ort, noch viel weniger allenthalben mit seinem Leib sein könnte.

12. Daß allein die bloße Menschheit für uns gelitten und uns erlöset habe, und daß der Sohn Gottes im Leiden mit derselben keine Gemeinschaft mit der That gehabt, als wann es ihn nichts angegangen hätte.

13. Daß Christus allein nach seiner Gottheit bei uns auf Erden im Wort, Sacramenten und allen unsern Nöthen gegenwärtig sei, und solche Gegenwärtigkeit seine menschliche Natur ganz und gar nichts angehe, nach welcher er auch mit uns auf Erden, nachdem er uns durch sein Leiden und Sterben erlöset, nicht mehr zu schaffen habe.

14. Daß der Sohn Gottes, so die menschliche Natur angenommen, nachdem er Knechtsgestalt abgeleget, nicht alle Werk seiner Allmächtigkeit in, durch und mit seiner menschlichen Natur verrichte, sondern nur etzliche, und allein an dem Ort, da die menschliche Natur raumlich sei.

15. Daß er nach der menschlichen Natur der Allmächtigkeit und anderer Eigenschaften göttlicher Natur aller Ding nicht fähig sei, wider den ausgedruckten Spruch Christi: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Und S. Paulus: In ihm wohnet alle Fülle der Gottheit leibhaftig. Koloss. 2

16. Daß ihm größer Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben, nämlich größer und mehr denn allen Engeln und anderen Kreaturen, aber mit der Allmächtigkeit Gottes habe er keine Gemeinschaft, sei ihm auch dieselbige nicht gegeben. Daher sie ein mediam potentiam, das ist eine solche Gewalt zwischen Gottes allmächtigen Gewalt und anderer Kreaturen Gewalt dichten, die Christo nach seiner Menschheit durch die Erhöhung gegeben, die weniger dann Gottes allmächtige Gewalt, und größer dann anderer Kreaturen Gewalt sei.

17. Daß Christus nach seinem menschlichen Geist ein gewiße Maß habe, wie viel er wißen soll, und daß er nicht mehr wiße, dann ihm gebühret und vonnöthen sei zu seinem Richteramt zu wißen.

18. Daß Christus noch nicht vollkommene Erkenntnis Gottes und aller seiner Werk habe,, von dem doch geschrieben stehet: daß in ihm alle Schätze der Weisheit und des Erkenntnis verborgen seien.

19. Daß Christo nach seinem menschlichen Geist unmüglich sei zu wißen, was von Ewigkeit gewesen, was jetzunder allenthalben geschehe, und noch in Ewigkeit sein werde.

20. Da gelehret, und der Spruch Matth. 28: Mir ist gegeben alle Gewalt etc., also gedeutet und lästerlich verkehret wird, daß Christo nach der göttlichen Natur in der Auferstehung und seiner Himmelfahrt restituiret, das ist, wiederum zugestellet worden sei alle Gewalt im Himmel und auf Erden, als hätte er im Stand seiner Erniedrigung auch nach der Gottheit solche abgeleget und verlassen. Durch welche Lehre nicht allein die Worte des Testaments Christi verkehret, sondern auch der verdammten arianischen Ketzerei der Weg bereitet, daß endlich Christus ewige Gottheit verleugnet, und also Christus ganz und gar samt unserer Seligkeit verloren, da solcher falschen Lehre aus beständigem Grund göttliches Worts und unsers einfältigen christlichen Glaubens nicht widersprochen würde.

IX. Von der Höllefahrt Christi

Status Controversiae
Hauptstreit über diesen Artikel

Es ist auch unter etzlichen Theologen, so der Augsburgischen Confession zugethan, über diesem Artikel gestritten worden: wann und auf was Weise der Herr Christus, vermüge unsers einfältigen christlichen Glaubens, gen Hölle gefahren, ob es geschehen sei vor oder nach seinem Tode. Item, ob es nach der Seel allein, oder nach der Gottheit allein, oder mit Leib und Seele, geistlich oder leiblich zugegangen. Item, ob dieser Artikel gehöre zum Leiden oder zum herrlichen Sieg und Triumph Christi.

Nachdem aber dieser Artikel, wie auch der vorhergehende, nicht mit den Sinnen, noch mit der Vernunft begriffen werden kann, sondern muß allein mit dem Glauben gefaßet werden: ist unser einhellig Bedenken, daß solches nicht zu disputiren, sondern nur aufs einfältigste geglaubet und gelehret werden solle; inmaßen D. Luther seliger in der Predigt zu Torgan Anno 33. etc. solchen Artikel ganz christlich erkläret, alle unnützliche, unnothwendige Fragen abgeschnitten, und zu christlichen Einfalt des Glaubens alle frommen Christen vermahnet.

Dann ist es gnug, daß wir wißen, daß Christus in die Hölle gefahren, die Hölle allen Gläubigen zerstöret, und sie aus der Gewalt des Todes, Teufels, ewiger Verdamnis des höllischen Rachens erlöset habe. Wie aber solches zugangen, sollen wir sparen bis in die andre Welt, da uns nicht allein dies Stück, sondern auch noch anders mehr geoffenbaret, das wir die einfältig geglaubt, und mit unser blinden Vernunft nicht begreifen können.

 

X. Von Kirchengebräuchen, so man Adiophora oder Mitteldinge nennet

Von Ceremonien oder Kirchengebräuchen, welche in Gottes Wort weder geboten noch verboten, sondern von guter Ordnung und Wolstands willen in die Kirche eingeführet, das sich auch zwischen den Theologen Augsburgischer Confession ein Zwiespalt zugetragen.

Status Controversiae

Der Hauptstreit von diesem Artikel

Die Hauptfrage aber ist gewesen, ob man zur Zeit der Verfolgung und im Fall der Bekenntnis, wann die Feinde des Evangelii sich gleich nicht mit uns in der Lehre vergleichen, dennoch mit unverletztem Gewissen etzliche gefallene Ceremonien, so an ihm selbst Mitteldinge und von Gott weder geboten noch verboten, auf der Widersacher Dringen und Erfordern wiederum aufrichten, und sich also mit ihnen in solchen Ceremonien und Mitteldingen vergleichen möge? Der eine Theil hat ja, der andere hat nein darzu gesagt.

Affirmativa

Die rechte wahrhaftige Lehre und Bekenntnis von diesem Artikel

1. In Hinlegung auch dieser Zwiespalt gläuben, lehren und bekennen wir einhellig, daß die Ceremonien oder Kirchengebräuche, welche in Gottes Wort weder geboten noch verboten, sondern allein um Wolstands und guter Ordnung willen angestellt, an ihnen und für sich selbst kein Gottesdienst, auch kein Theil desselben seien. Matth. 15. Sie ehren mich umsonst mit menschlichen Geboten.

2. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß die Gemeine Gottes jedes Orts und jederzeit nach derselben Gelegenheit Macht habe solche Ceremonien zu ändern, wie es der Gemeine Gottes am nützlichsten und erbaulichsten sein mag.

3. Doch das hierinnen alle Leichtfertigkeit und Aergernis gemieden, und sonderlich der Schwachgläubigen mit allem Fleiß verschonet werde.

4. Wir gläuben, lehren und bekennen, daß zur Zeit der Verfolgung, wann eine runde Bekenntnis des Glaubens von uns erfordert, in solchen Mitteldingen den Feinden nicht zu weichen, wie der Apostel geschrieben: So bestehet nun in der Freiheit, damit uns Christus befreiet hat, und laßt euch nicht wiederum in das knechtische Joch fangen. Item: Ziehet nicht am fremden Joch; was hat das Licht vor Gemeinschaft mit der Finsternis? Item: Auf daß die Wahrheit den Evangelii bei euch bestünde, wichen wir denselben nicht eine Stunde unterthänig zu sein. Denn in solchem Falle ist es nicht mehr um Mittelding, sondern um die Wahrheit des Evangelii, um die christliche Freiheit und um die Bestätigung öffentlicher Abgötterei, wie auch um Verhütung des Aergernis der Schwachgläubigen zu thun, darin wir nichts zu vergeben haben, sondern rund bekennen und darüber leiden sollen, was uns Gott zugeschickt und über uns den Feinden seines Worts verhängt.

5. Wir gläuben, lehren und bekennen auch, daß keine Kirch die ander verdammen soll, daß eine weniger oder mehr äußerlicher von Gott ungebotenen Ceremonien dann die andere hat, wann sonst in der Lehre und allen derselben Artikeln, wie auch im rechten Gebrauch der heiligen Sacramenten mit einander Einigkeit gehalten, nach dem wol bekannten Spruch: Dissionantia ielunti non dissolvit consonantiam fidei, Ungleichheit des Fastens soll die Einigkeit im Glauben nicht trennen.

Negativa

Falsche Lehre von diesem Artikel

Demnach verwerfen und verdammen wir als unrecht und dem Worte Gottes zuwider, wann gelehret wird:

1. Daß Menschengebot und Satzungen in der Kirchen vor sich selbst als ein Gottesdienst oder Theil desselbigen gehalten werden sollen.

2. Wann solche Ceremonien, Gebot und Satzungen mit Zwang als nothwendig der Gemein Gottes wider ihre christliche Freiheit, so sie in äußerlichen Dingen hat, aufgedrungen werden.

3. Item, daß man zur Zeit der Verfolgung und öffentlicher Bekenntnis den Feinden des heiligen Evangelii (welches zu Abbruch der Wahrheit dienet) in dergleichen Mitteldingen und Ceremonien möge willfahren, oder sich mit ihnen vergleichen.

4. Item, wann solche äußerliche Ceremonien und Mitteldinge also abgeschaffet werden, als sollte es der Gemein Gottes nicht frei stehen, nach ihrer guten Gelegenheit, wie es jederzeit der Kirchen am nützlichsten, sich eines oder mehr in christlicher Freiheit zu gebrauchen.

XI. Von der ewigen Vorsehung und Wahl Gottes.

Von diesem Artikel ist kein offentliche Zwiepsalt unter den Theologen Augsburgischer Confession eingefallen. Dieweil es aber ein tröstlicher Artikel, wann er recht gehandelt, und deshalben nicht künftiglich ärgerliche Disputation eingeführet werden möchte, ist derselbe in dieser Schrift auch erkläret worden.

Affirmativa

Reine wahrhaftige Lehre von diesem Artikel

1. Anfänglich ist der Unterschied zwischen der praescientie et praedentinatione, das ist zwischen der Vorsehung und ewigen Wahl Gottes, mit Fleiß zu merken.

2. Denn die Vorsehung Gottes ist anders nichts, denn daß Gott alle Ding weiß, ehe sie geschehen, wie geschrieben stehet: Gott im Himmel kann verborgen Ding offenbaren; der hat dem König Nebucadnezar angezeiget, was in künftigen Zeiten geschehen soll.

3. Diese Vorsehung gehet zugleich über die Frommen und Bösen, ist aber keine Ursach des Bösen, weder der Sünden, daß man unrecht thue, (welche ursprünglich aus dem Teufel und des Menschen bösen verkehrten Willen herkömmt) noch ihres Verderbens, daran sie selbst schuldig, sondern ordnet allein dasselbig und steckt ihm ein Ziel, wie lang es währen, und alles, unangesehen daß es an ihm selbst böse, seinen Auserwählten zu ihrem Heil dienen solle.

4. Die Prädestination aber oder ewige Wahl Gottes gehet allein über die Frommen, wolgefälligen Kinder gottes, die eine Ursach ist ihrer Seligkeit, welche er auch schaffet, und was zur selbigen gehöret, verordnet, darauf unser Seligkeit so steif gegründet, daß sie die Pforten der Hölle nicht überwältigen können.

5. Solche ist nicht in dem heimlichen Rath Gottes zu erfroschen, sondern in dem Wort zu suchen, da sie auch geoffenbaret worden ist.

6. Das Wort Gottes aber führet uns zu Christo, der das Buch des Lebens ist, in welchem alle die geschrieben und erwählet seind, welche da ewig selig werden sollen, wie geschrieben stehet: Er hat uns durch denselben (Christum) erwählet, ehe der Welt Grund geleget war.

7. Dieser Christus rufet zu ihm alle Sünder und verheißet ihnen Erquickung, und ist ihme Ernst, daß alle Menschen zu ihm kommen und ihnen helfen laßen sollen, denen er sich im Wort anbeut und will, daß man es höre, und nicht die Ohren verstopfen oder das Werk verachten soll; verheißt darzu die Kraft und Wirkung des heiligen Geistes, göttlichen Beistand zur Beständigkeit und ewiger Seligkeit.

8. Derhalben wir von solcher unser Wahl zum ewigen Leben weder aus der Vernunft noch aus dem Gesetz Gottes urtheilen sollen, welche uns entweder in ein wild, wüst, epikurisch Leben, oder in Verzweifelung führen, und schädliche Gedanken in den Herzen der Menschen erwecken, daß sie bei sich selbst gedenken, auch solcher Gedanken sich nicht recht erwehren können, so lange sie ihrer Vernunft folgen: Hat mich Gott erwählet zur Seligkeit, so kann ich nicht verdammet werden, ich thue, was ich wölle; und widerum: Bin ich nicht erwählet zum ewigen Leben, so hilfts nichts, was ich Gutes thue, es ist doch alles umsunst.

9. Sondern es muß allein aus dem heiligen Evangelio von Christo gelernet werden, in welchem klar bezeuget wird, wie Gott alles unter den Unglauben beschloßen, auf daß er sich aller erbarme, und nicht will, daß jemand verloren werde, sondern sich jedermann zur Buße bekehre, und an den Herrn Christum glaube.

10. Wer nun sich also mit dem geoffenbarten Willen Gottes bekümmert, und der Ordnung nachgehet, welche S. Paulus in der Epistel an die Römer gehalten, derr zuvor die Menschen zur Buße, Erkenntnis der Sünden, zum Glauben an Christum, zum göttlichen Gehorsam weiset, ehe er vom Geheimnis der ewigen Wahl Gottes redet, dem sit solche Lehre nützlich und tröstlich.

11. Daß aber viel berufen und wenig auserwählet sind, hat es nicht diese Meinung, als wölle Gott nicht jedermann selig machen, sondern die Ursach ist, daß sie Gottes Wort entweder gar nicht hören, sondern muthwillig verachten, die Ohren und ihr Herz verstecken, und also dem heiligen Geist den ordentlichen Weg verstellen, daß er sein Werk in ihnen nicht haben kann, oder do sie es gehöret haben, wiederum in Wind schlahen und nicht achten, daran nicht Gott oder seine Wahl, sondern ihre Bosheit schuldig ist.

12. Und so fern soll sich ein Christ des Artikels von der ewigen Wahl Gottes annehmen, wie sich im Wort Gottes geoffenbaret, welches uns Christum als das Buch des Lebens vorhält, daß er uns durch die Preddigt des heiligen Evangelii aufschleußt und offenbaret, wie geschrieben stehet: Welche er erwählet hat, die hat er auch berufen, in dem wir die ewige Wahl des Vaters suchen sollen, der in seinem ewigen göttlichen Rath beschloßen, daß er außerhalb denen, so seinen Sohn Christum erkennen und wahrhaftig an ihn gläuben, niemand wolle selig machen, und sich anderer Gedanken entschlahen, welche nicht aus Gott, sondern aus Eingeben des bösen Feindes herfließen, dadurch er sich unterstehet und den herrlichen Trost zu schwächen oder gar zu nehmen, den wir in dieser heilsamen Lehre haben: daß wir wißen, wie wir aus lauterer Gnade ohne allen unsern Verdienst in Christo zum ewigen Leben erwählet sein, und daß uns niemand aus seiner Hand reißen könne; wie er dann solche gnädige Erwählung nicht allein mit bloßen Worten zusaget, sondern auch mit dem Eide betheuret und mit den heiligen Sacramenten versiegelt hat, deren wir uns in unsern höchsten Anfechtungen erinnern und trösten, und damit die feurigen Pfeile des Teufels auslöschen können.

13. Darneben sollen wir uns zum höchsten befleißigen nach dem Willen Gottes zu leben, und unsern Beruf, wie S. Paulus vermahnet, feste zu machen, und sonderlich an das geoffenbarte Wort uns halten; das kann und wird uns nicht fehlen.

14. Durch diese kurze Erklärung der ewigen Wahl Gottes wird Gott seine Ehre ganz und völlig gegeben, daß er allein aus lauter Barmherzigkeit ohne allen unsern Verdienst uns selig mache nach dem Vorsatz seines Willens; darneben auch niemands einige Ursach zur Kleinmüthigkeit oder rohem, wildem Leben gegeben.

Antithesis oder Negativa

Falsche Lehre von diesem Artikel

Demnach gläuben und halten wir: welche die Lehre von der gnädigen Wahl Gottes zum ewigen Leben also führen, daß sich die betrübten Christen derselben nicht trösten künnen, sondern dadurch zur Kleinmüthigkeit oder Verzweiflung verursachet, oder die Unbußfertigen in ihrem Muthwillen gestärket werden, daß solche Lehren nicht nach dem Wort und Willen Gottes, sondern nach der Vernunft und Anstifung des leidigen Satans getrieben werde. Weil alles, was geschrieben ist, wie der Apostel zeuget, uns zur Lehre geschrieben, auf daß wir durch Geduld und Trost der Schrift Hoffnung haben. Demnach verwerfen wir folgende Irrthum:

1. Als wann gelehret wird, daß Gott nicht wölle, daß alle Menschen Buße thun und dem Evangelio gläuben.

2. Item, wann Gott uns zu sich berufe, daß es nicht sein Ernst sei, daß alle Menschen zu ihm kommen sollen.

3. Item, daß Gott nicht wölle, daß jedermann selig werde, sondern unangesehen ihrer Sünde, allein aus dem bloßen Rath, Vorsatz und Willen Gottes zum Verdamnis verordnet, daß sie nicht können selig werden.

4. Item, daß nicht allein die Barmherzigkeit Gottes und das allerheiligste Verdienst Christi, sondern auch in uns eine Ursach sei der Wahl Gottes, um welcher willen Gott uns zum ewigen Leben erwählet habe.

Welches alles lästerliche und erschreckliche irrige Lehren sein, dadurch den Christen aller Trost genommen, den sie im heiligen Evangelio und Gebrauch der heiligen Sacrament haben, und derwegen in der Kirchen Gottes nicht sollten geduldet werden.

Dies ist die kurze und einfältige Erklärung der streitigen Artikel, so eine Zeitlang von den Theologen Augsburgischer Confession widerwärtig disputirt und gelehret worden. Daraus ein jeder einfältiger Christ nach Anleitung Gottes Worts und seines einfältigen Katechismi vernehmen kann, was recht oder unrecht sei, do nicht allein die reine Lehre gesetzt, sondern auch derselbigen widerwärtige irrige Lehre ausgesetzt, verworfen, und also die eingefallene ärgerlichen Spaltungen gründlich entscheiden seind.

Der allmächtige Gott und Vater unsers Herrn Jesu verleihe die Gnade seines heiligen Geistes, daß wir alle in ihm seinig sein und in solcher christlichen und ihme wolgefälligen Einigkeit beständiglich bleiben. Amen.

 


 


 << zurück weiter >>