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Vermischte Gedanken über die aërostatischen Maschinen, von G. C. L.

Unser achtzehntes Jahrhundert wird sich sicherlich nicht zu schämen haben, wenn es dereinst sein Inventarium von neu erworbnenKenntnissen und angeschafften Sachen an das neunzehnte übergeben wird, auch selbst wenn die Überreichung morgen geschehen müßte. Wir wollen einmal einen ganz flüchtigen Blick auf dasjenige werfen, was es seinem Nachfolger antworten könnte, wenn es morgen von ihm gefragt würde: was hast du geliefert und was hast du Neues gesehen? Es könnte kühn antworten: Ich habe die Gestalt der Erde bestimmt; ich habe dem Donner Trotz bieten gelehrt; ich habe den Blitz wie Champagner auf Bouteillen gezogen; ich habe Tiere ausgefunden, die an Wunder selbst die Fabel der Lernäischen Schlange übertreffen; Fische entdeckt, die, was der olympische Jupiter nicht konnte, die schwächern, selbst unter dem Wasser, mit unsichtbarem Blitz töden; ich habe durch Linne das erste brauchbare Inventarium über die Werke der Natur entwerfen lassen; ich habe einen Kometen wiederkehren sehen, als der Urlaub aus war, den ihm mein Halley gegeben hatte, und in meinem 8ostenJahr erwarte ich den zweiten; statt einer einzigen Luft, die meine Vorfahren kannten, zähle ich dreizehn Arten; ich habe Luft in feste Körper und feste Körper in Luft verwandelt; ich habe Quecksilber geschmiedet; ungeheure Lasten mit Feuer gehoben; mit Wasser geschossen wie mit Schießpulver; ich habe die Pflanzen verführt, Kinder außer der Ehe zu zeugen; Stahl mit brennendem Zunder wie Butter fließen gemacht; ich habe Glas unter dem Wasser geschmolzen; das Gold von seinem Thron, den es als schwerster Körper Jahrtausende usurpierte, heruntergeschmissen und ein weißes Metall eingesetzt; ich habe eine neue Art vortrefflicher Fernröhre angegeben, die selbst Newton für unmöglich hielt; ich habe die Pole des natürlichen Magneten in einer Sekunde umgekehrt und wieder umgekehrt; ich habe Eier ohne Henne und ohne Brütwärme ausgebrütet. Ich habe gemacht, daß man jetzt einen Bischof zu Rom hat so gut wie zu Hildesheim. Ich habe einer mächtigen und gefährlichenOrdens-Hydra den Kopf zertreten ;Und was ich gesehen habe? O genug. Ich habe Peter den Ersten gesehen, und Katharina und Friederich und Joseph und Leibniz und Newton und Euler und Winckelmann und Mengs und Harrison und Cook und Garrick. Bist du damit zufrieden? Gut. Aber sieh noch hier ein paar Kleinigkeiten: Hier habe ich einen neuen ungeheuren Staat, hier einen fünften Weltteil, da einen neuen Planeten, und ein kleines überzeugendes Beweischen, daß unsere Sonne ein Trabant ist, und sieh hier endlich habe ich in meinem 83sten Jahr ein Luftschiff gemacht, und da – da habe ich einen kleinen Plan, von dem ich dir nur ein paar Worte von der Aufschrift zeigen will:––––––––– ––––––––––––––––––––––––––––––––– –––––––-des Türkischen Reichs – und – zu Konstantinopel.

Viele der hier genannten Entdeckungen, so groß sie auch immer jetzt scheinen mögen, sind dennoch bloße Kinder, die nun noch Erziehung erwarten. Was wird nicht aus mancher noch werden, wenn man bedenkt, daß die Kraft, die einst den ersten Preßbengel langsam anzog, jetzt das Vatikan beben macht, daß eine bestrichene Nadel getrennte Weltteile verbunden hat, und Salpeter und Schwefel, an dem man sich anfangs bloß die Finger verbrannte, verbundene Weltteile trennen könnte, wenn man wollte. O wenn doch jemand den Schlüssel zu dem heiligen Gewölbe fände, wo vermutlich noch Tausende solcher Dinge verborgen liegen! Wer will sagen, ob wir nicht unser Leben dereinst wieder auf halbe Jahrtausende ausdehnen; dem Walfisch Zaum und Gebiß ins Maul legen, und mit Sechsen von Pol zu Pol fahren, unter und über dem Wasser; die magnetischen Pole der Erde umkehren, oder zur bequemerern Findung der Meeres-Länge ein paar neue in Cayenne und Borneo anlegen, und mit einem Kaukasus aus weichem Eisen armieren; oder ob nicht ein Fermier general eine Salbe erfindet, die Bauern damit zu schmieren, daß sie Wolle geben, um sie im Junius zu scheren? Aber leider! leider! liegt alles in einem Labyrinth, wozu Baco den Faden gesucht aber nicht gefunden hat, und der Mensch muß noch jetzt, wie vor Jahrtausenden, die größten Dinge so erfinden, wie die Schweine die Salzquellen und Gesundbrunnen. Das ist sehr traurig. Und dann muß auch seine Entdeckung nicht allzugroß sein, sonst lauft er noch hier und da Gefahr, wo nicht wie das erfinderische Schwein zu Lüneburg für seinen Dienst geviertelt, doch so wie Lord Clives Pferd in einem Stall mit Gitterfenstern auf irgend einem Bergschloß totgefüttert zu werden, und das ist noch trauriger.

Ich kehre nun von dieser Ausschweifung etwas zurück, um nur noch ein paar Worte zu sagen, die ebenfalls nicht ganz hieher gehören, alsdann wollen wir größtenteils zwischen schärfer bestimmten Grenzen, und in gemeiner Meß-Prose weitergehen.

Montgolfiers Entdeckung ist allerdings sehr groß, und doch scheint sie jetzt so leicht. Man sollte denken sie hätte jedem bei einer Bäcker-Wolken-Säule oder einem brennenden Haus einfallen müssen, wo die alten Lumpen und Briefschaften auf Montgolfierschem Gas dem Himmel oft näher steigen, als Pilâtre de Rosier. Allein, daß sie so leicht scheint, macht sie nur noch größer. Milton kannte das alles sehr wohl. Wie Satan bei ihm das Schießpulver und die Kanonen erfindet, so weiß der große Dichter die Erfindung nicht größer zu schildern, als daß er von den übrigen gefallenen Engeln sagt:

Th' invention all admir'd, and each, how he
To be th' inventor miss'd; so easy'it seem'd
Once found, which yet unfound, most would have thought
Impossible.           Parad. lost Book VI. v. 498 Alle bewunderten die Erfindung, und keiner konnte begreifen wie er sie hatte verfehlen können. So leicht schien nach der Entdeckung, was vor derselben, die meisten für unmöglich würden gehalten haben.

Ich bin überzeugt, mancher junge Leser wird bei diesen Zeilen des Milton denken, was ein Teil der gefallenen Engel bei Satans Erfindung gedacht hat, und darin besteht eben ihre Schönheit. Solche kinderleichtscheinende Entdeckungen sind unendlich schwerer zu machen, als die sonoren, schwerscheinenden, aber kinderleichten Konstruktions-Verdrehungen, die bei uns so oft für Erhabenheit angestaunt werden.

Nachstehende Blätter enthalten Vorschläge und Winke, weder von gleichem Wert noch auch, wie man leicht sieht, von gleichem Ernst, die indessen vielleicht einige der vielen Köpfe, die sich jetzt mit dieser Erfindung beschäftigen, auf etwas Besseres leiten können.

Jetzt da die Spielmonate in dieser wichtigen Sache bald vorüber sein werden, so müssen sich die Physiker vorzüglich bemühen, den Bällen mit inflam. Luft eine größere Dauer zu verschaffen. Diese kann nur auf zweierlei Weise erhalten werden. Man muß entweder die jetzt gebräuchlichen Luftarten besser als bisher einschließen lernen, oder neue erfinden, die nicht oder doch nicht so leicht durch die Zeuge dringen, die man bisher gebraucht hat. Weil ich zu letzterm noch gar keinen Weg sehe, und es auch höchst wahrscheinlich ist, daß Geruch, Leichtigkeit und Flüchtigkeit dieser Luftarten in einer sehr genauen Verbindung mit einander stehen, und die leichter einzuschließenden auch in eben der Verhältnis wieder schwerer ausfallen möchten, so halte ich mich dabei nicht auf. Bei ersterem ein Bestes zu suchen, hat man mehr Mut, weil man da schon ein Gutes und ein Besseres kennt. Daß alle die bisher gebrauchten Firnisse nicht viel taugen, ist wohl ausgemacht, den gemeinen Federharz-Firnis, der überhaupt mehr zum Staat gebraucht worden zu sein scheint, selbst nicht ausgenommen. Von der Auflösung dieses Harzes in Vitrioläther rede ich hier nicht, weil diese ihrer großen Kostbarkeit wegen bei einer Sache nicht in Betracht kommen kann, die man gern gemeinnützig machen wollte. Einen Luftball aus Taft zu machen, der bis an die Wolken In einer Zeitung wurde gesagt, ein solcher Ball sei so hoch gestiegen, daß er nicht größer als ein Zoll geschienen habe. Wenn diese Zolle keine digiti solares waren, mit denen man die Sonnenfinsternissen ausmißt, und die sind es wohl nicht gewesen, so ist diese Sprache das abscheuligste Babel, das sich nur sprechen läßt. Die Redensart, das Thermometer stund auf 15 gehört ebenfalls dahin. L. steigt, und bald darauf von den Bauern zu Land aufgebracht wird, dazu braucht man kein Federharz. Indessen da diese vortreffliche Materie bisher größtenteils zu Spielerein gebraucht worden ist, so wäre es eine Frage ob sie nicht sehr brauchbar dadurch gemacht werden könnte, wenn man leichte aber dichte Zeuge gleich an Ort und Stelle mit der Milch des Baumes tränkte, trocknete und wieder tränkte, und auf diese Weise ein fast unvergängliches, vegetabilisches Leder verfertigte. Schon fertige Kugeln aus leichtem Zeuge könnten damit benetzt, aufgeblasen, und dann nach und nach bestrichen werden. Daß dieses alles in Westindien geschehen müßte, ist kein Einwurf. Kommen doch die Flaschen schon daher, und unser Zucker, und eine Menge schleichender Gifte, auf die wir uns tagtäglich zu Gaste bitten. Wenn der Gebrauch dieser Maschine in unzähliger Rücksicht wichtig wird, woran niemand mehr zweifelt, und Federharz wäre der wohlfeilste schickliche Körper dazu, so wird dieser Handel sich von selbst finden, ich habe mich hauptsächlich bemüht, die Versuche dieser Maschine im kleinen zu erleichtern und zu verbessern und manches gefunden, was auch im großen anwendbar sein mögte. Wovon ich jetzt eine kurze Nachricht geben will. Schon im Oktober vorigen Jahrs hatte ich den Gedanken, die Haut zu gebrauchen, worin die Tiere, hauptsächlich die Kälber, Füllen, Ziegen und Lämmer in Mutterleibe liegen. Es hielt aber anfangs schwer, sie von den Leuten zu erhalten. Gleich der erste Versuch fiel sehr gut aus, eine kleine Blase daraus verfertigt, erhielt sich ungefirnißt 16 Stunden an der Decke eines stark geheizten Zimmers. Es lassen sich daraus Kugeln von einem Fuß im Durchmesser und darüber aus zwei Stücken verfertigen, da die Franzosen die ihrigen aus Goldschlägerhaut mit einer Mühe zusammensetzen, der die Sache nicht wert ist. Das Verfahren ist kurz dieses. Man sucht von der ganzen Haut worin das Tier gewickelt war, solange noch alles frisch ist, die äußere (Chorion) abzuziehen, welches sehr leicht und geschwind geht, da denn die innere, das Schafhäutchen (Amnium) welches eigentlich hierbei gebraucht wird, übrig bleibt, diese wird auf der Seite, wo sie an dem Chorion angesessen, noch mit einem Falzbein von Schleim und gröbern Teilen, die daran etwa hängen geblieben sein mögten, gereinigt. Von diesem Amnium werden die großen Stücke, die sich vortrefflich dehnen lassen ohne zu zerreißen, sogleich über einen hemisphärischen mit trockner Seife bestrichnen Klotz gespannt und angezogen; wird die Kugel nicht viel über einen Fuß im Durchmesser, so kann jede Hemisphäre aus einem einzigen Stück gemacht werden, ohne die mindeste Falte. Will man sehr große Kugeln machen, so kann man sich zu den Formen großer Kessel bedienen und Stücke Amnium darauf kleben, wo eines aufhört wird ein anderes übergelegt, beim Trocknen leimen sie sich so vortrefflich durch ihren eignen Leim zusammen, daß man kaum eine Spur der Zusammensetzung sieht. Wenn alles trocken ist, so sieht der Klotz aus, als wäre nichts darüber gespannt, so dünne und durchsichtig ist diese Haut. Beim Losmachen vom Klotz ist nur unten beim Anfang einige Sorgfalt nötig. Ist der Rand einmal einen Fingerbreit los und aufgeschlagen, so zieht sich das übrige leicht wegen der Seife ab und eine Hemisphäre ist fertig. Sind nun beide auf diese Weise gemacht, so ist, um sie dauerhaft und in wenigen Minuten zusammen zu leimen, ein Griff nötig, den ich, weil er nicht jedermann gleich einfallen möchte, beschreiben will. Man macht das eine Hemisphärium so, daß wenn man beide in einander steckt, das innere noch um einen Finger breit am Äquator vorsteht, daher der Klotz auch so eingerichtet ist, daß der hemisphärische Teil wie bei manchen Haubenstöcken noch einen zylindrischen Fortsatz hat. Stecken sie nun so in einander, das größere inwendig, so stülpt man sie beide zusammen auf den Klotz, bestreicht den vorstehenden Ring mit einem feinen Kleister, Hausenblase etc. und schlägt ihn alsdenn über die obere Halbkugel auf, und reibt ihn mit der größten Bequemlichkeit an. Ist der Leim trocken, so nimmt man alles ab, und zieht die innere Halbkugel, wie das Futter in einer baumwollenen Mütze heraus, nachdem an den einen Pol ein Federkiel oder noch besser ein Ring von Kork eingesetzt worden ist, den man zupfropfen oder auch mit einem kleinen Stückchen aus dieser Haut zukleben kann.

Bekommt ein solcher Körper einen Riß, so läßt er sich in einem Augenblick dadurch verschließen, daß man ein Stückchen Amnium mit etwas Speichel benetzt daraufträgt. Vermittelst dieser Haut und etwas Addresse haben wir es in Verfertigung kleiner Kugeln den Franzosen zuvorgetan. Die kleinste Kugel, sagt Herr Faujas de St. Fond in seinem bekannten Werk, die man zu Paris hat machen können, hatte 6 Zoll im Durchmesser, und ich habe noch heute (den 18.Febr.) eine aus einem Ziegen-Amnio in meiner Stube aufsteigen sehen, und zwar mit großer Schnelligkeit, die kaum 4 Pariser Zoll im Durchmesser hatte, bei weitem nicht ganz angefüllt war und noch einen kleinen Ring von Kork mit einem Stöpselchen trug, und sich 16 bis 17 Minuten an der Decke des Zimmers hielt. Da nun die Durchmesser der hiesigen und der Pariser Kugeln sich wie 2:3 und die Kugeln wie 8:27 verhielten, so sieht man, daß die hiesige nur etwas über ein Drittel der Pariser war, ich sehe es also, der oben erwähnten Umstände wegen, nicht allein für möglich sondern auch noch für leicht an, Kugeln zu verfertigen die nur 3 Zoll und drunter im Durchmesser haben, das ist die nur ein Achtel und drunter von der gerühmten Pariser ausmachen. Machte man Kugeln aus diesen Häuten von 2, 3 Fußen im Durchmesser, daß man sie überfirnissen (gemeiner Leinöl-Firnis mit etwas venetianischen Terpentin abgekocht ist sehr gut dazu) und obendrein geschlagenes Silber oder Gold auftragen, oder gar die Haut selbst doppelt nehmen könnte, so dächte ich müßten sie die inflammable Luft Wochen, vielleicht Monate lang halten. Heben nun künftig die Hauswirte, diese vortrefflichen Häute, die sie bisher aus Aberglauben in die Mistgruben verscharrten, so sorgfältig auf, als die Kalbfelle und lernen sie selbst präparieren, so könnte man große Bälle aus Taft oder Linnen von beiden Seiten damit überziehen, obendrauf firnissen, und auf diese Weise Bälle von einer großen Dauerhaftigkeit erhalten. Ich habe mehrere Versuche angestellt, die meine Mutmaßung rechtfertigen, und bin jetzt mit mehrern beschäftigt, die ich künftig in diesem Magazin oder an einem andern Ort dem Publikum vorlegen will.

Wozu können nun diese Kugeln nützen? Diese Frage ist so oft an mich getan worden schriftlich und mündlich, daß ich hier nur kurz einiges berühren will, Ernst und Scherz, Versuche zum Nutzen und zum Vergnügen durcheinander. Viele Artikel erforderten eine umständliche Ausführung und mehr Sachkenntnis, als ich beim größten Teil unserer Leser voraussetzen kann, oder ohne ein ganzes Buch zu schreiben hier lehren könnte. Wir wollen hierbei fürs erste wenigstens keine größere Vollkommenheit in der Maschine voraussetzen, als sie bereits schon hat, das längere Ausdauern in der Luft ausgenommen; also keine Luftschiffe mit Segel und Steuer-Ruder, sondern bloße Bälle, die an einem Leitseil über die Wolken hinaus mit und ohne Menschen steigen, und aufgegebene Signale hin und her und auch herabgezogen werden können.

1) Wird man dadurch Riesen-Schritte in der Kenntnis unserer Atmosphäre tun, Abnahme ihrer Dichtigkeit, Wärme, Feuchtigkeit, Ab- oder Zunahme der Elektrizität der Luft, die Höhenmessungen durchs Barometer, die Lehre vom Schall und dessen Fortpflanzung, die von der Refraktion, von Bewegung der Körper in elastischen Mitteln. Kenntnis der Ebbe und Flut der Luft; Kenntnis der in großen Höhen zu vermutenden Passatwinden. Die Untersuchungen des Nordlichts, der Lichtstreifen, die durch keine Drachen erforscht werden können, der magnetischen Kraft, der Entstehung des Hagels, des Schnees etc. werden unendlich gewinnen.

2) Rechtfertiget der vortreffliche Versuch des Herrn de Romas zu Nérac, mit einem Drachen, die Mutmaßung, daß es nur bloß auf den Menschen ankomme, ob er künftig ein anrückendes Donnerwetter haben will oder nicht. Eine solche Kugel mit metallnen Spitzen oder Trotteln versehen und an einem schicklichen Leitseil zu rechter Zeit in die Höhe gelassen, wird das stärkste Donnerwetter zum Schweigen bringen. Blitze sind gewaltsame Durchbrüche einer angehäuften elektrischen Materie, so wie Überschwemmungen Durchbrüche von Deichen; diesen muß der Mensch entgegen arbeiten, die Zeiten sind ja ohnehin schon so ziemlich vorbei, da man das liebe Gewitter verehrt, wie die Egyptier die lieben Krokodile, von denen sie mit landesgottheitlicher Herablassung aufgefressen werden. Wohlverstanden, eine solche Kugel soll kein Blitzleiter werden, sondern das ganze Donnerwetter über dem Ort stille machen, wie Herrn de Romas Drache. Allein Drachen sind nicht immer anzuwenden. Die schwersten Donnerwetter kommen oft ohne Wind, und werden alsdann durch ihre Dauer so sehr gefährlich, und da steigt kein Drache; ja bei den meisten Gewittern, läßt der Wind mit dem sie sich nähern nach, wenn sie uns über dem Kopfstehen, die Drachen kommen also herab gerade zu der Zeit da sie in der Höhe am nötigsten sind, und endlich erfordert der Drache eine Behandlung, die den Leuten, die ihn steigen lassen, gefährlich werden kann. Vermutlich, ja fast gewiß, wird es auch zu hageln aufhören. Daß eine solche Kugel gut einzurichten viel kosten würde, ist kein Einwurf. Die Festungen kosten unendlich mehr, und ziehen meistens die Donnerwetter erst recht herbei die sie abhalten sollten.

3) Die Signal-Sprache wird dadurch zum Erstaunen erweitert, und dazu können schon Kugeln von 6, 8 Fußen dienen. Zur See wäre der Nutzen unermeßlich, auch bei Belagerungen, der Besatzung allerlei bekannt zu machen, wozu die Sprache durch Raketen nicht wortreich genug ist, auch könnte die Besatzung dem Land allerlei zu verstehen geben, und die belagernden Ingenieurs könnten sich indessen üben das Leitseil entzwei zu schießen.

4) Wird die Kugel so groß gemacht einen Menschen zu heben, so wird der Nutzen unabsehbar. Armeen zu rekognoszieren, Terrain aufzunehmen und für die Schlacht zu besehen. Dem Schiffskapitän, der Hunderte von Toisen über seinem Mast schweben kann, entfernte Insuln zu sehen, wodurch die Findung der Länge sehr erleichtert würde; den kürzesten Weg aus dem Eis zu finden, vielleicht endlich gar einmal dadurch in einem glücklichen Sommer eine nördliche Durchfahrt. Dem Physiker nachdem er eine Gegend durchwandert, dieselbe nun auf einmal mit dem Auge zu fassen. Die Bergketten zu übersehen, und in die Krater erloschner Vulkane hineinzuschauen wie in die Mondsflecken, und auf einmal Ähnlichkeiten zu entdecken, die jetzt dem Blick des Witzigsten entwischen. Mit einem Paar Pferden vor diesen Luftwagen, oder, nachdem der Wind geht, hinter denselben, oder beide einander zur Seite gespannt, könnte man in kurzer Zeit Länder durchreisen. Wie würde nicht eine solche Reise über Deutschland weg, von einem erfahrnen, vernünftigen Mann angestellt, aufgenommen werden! Der Himmel behüte uns nur vor solchen erdichteten Reisen über Deutschland, oder soll ja eine erscheinen, so gebe er, daß die Materie einem Mann in die Hände falle, gleich dem, der die Insel à la Montgolfier, ich meine Laputa, so meisterhaft durch die Luft steurete Swift. S. Gullivers dritte Reise..

5) Könnte man auf diese Weise leicht mit einem Pferd, das auf der Landstraße bliebe, ohne Räder in der Luft Luftreisen tun, wie ein Theater-Gott, und das Pferd selbst leiten, durch Wälder müßten freilich die Wege alsdann etwas breit gehauen werden, wenn etwa der Wind von der Seite käme, oder man befestigte den Phaeton vermittelst eines Flaschenzugs am Pferde, und zöge sich im Notfall so nahe an dasselbe an, als man wollte. Risse der Phaeton ab und finge an zu steigen, so täte vielleicht ein kleiner Anker gute Dienste, den man fallen ließe. Auch ist bei angebundenen Kugeln wohl der Gedanke nicht außer Acht zu lassen, daß man sich selbst durch den Wind nach der Erde treiben lassen kann, so wie der Drache durch denselben steigt Vermutlich war etwas davon Ursache daß Herr Pilâtre de Rosier, als er zum erstenmal am Gängelband hinauf wollte, anstatt zu steigen, in die Bäume geriet.. Die in diesem Paragraphen angegebne Anwendung ist so einleuchtend und leicht, daß ich, zumal, da sie mehr zum Vergnügen als zum Nutzen ist, gewiß hoffe noch solch Luftreisen in vergoldeten Luft-Schlitten und vielleicht in der Nähe zu erleben.

6) Können diese Kugeln schon ganz im Kleinen gebraucht werden, Höhen, zumal in eingeschlossenen Räumen zu messen, als z.B. die Höhe von Gewölben in Kirchen und alten Denkmälern die man oft nicht besteigen kann, mag oder darf; die Höhen von unterirdischen Höhlen, die man oft beim Licht vieler Fackeln nicht absehen kann. So wie man nämlich seit jeher einen Senkel hatte, so hat man jetzt einen Steiger. Unter dieser Gestalt könnten sie oft schon Handwerksleuten nützen, und der Diamant kostet den Glaser schon mehr, als eine solche Kugel, freilich kosten letztere immer bei der Anwendung wieder. Dieses wird aber mit der Zeit leidlicher werden. Nur Fleiß und Mut. Auch die Höhe der Wolken könnte in manchen Fällen so gemessen werden. 7) Der Montblanc und andere unersteigliche Klippen und Höhen könnten so erstiegen werden. Bei hundert Vorfällen könnte ein einziger alsdann durch angeknüpfte Strickleitern etc. den andern die Sache erleichtern.

8) Der Mensch hat bisher bloß deswegen nicht fliegen können, weil es ihm schwer fiel Flügel zu bewegen, die die Last seines Körpers tragen sollten. Jetzt, da er sich so leicht machen kann, als er will, und die Flügel nur braucht sich zu lenken und etwa ein paar Pfund zu heben, so wird er künftig auch mit einer Blase fliegen, wie die Fische mit einer Blase schwimmen. Den Luftschiffern wären solche Flieg-Blasen sehr zum Notfall zu empfehlen. So wie es auch nützlich sein könnte, sich mit Kork und kleinen Booten zu versehen.

Sie könnten ferner nützen 9) über das Wasser so leicht hinzugehen, als über Quecksilber. In der Tat dachte ich der Wassertreter, der sich vor einigen Monaten in Paris so glaubwürdig ankündigte, würde das dortige Publikum auf diese Weise zu hintergehen suchen.

10) Mit einer solchen Kugel übergeschnallt, Sprünge zu tun, die einen über Häuser wegführen, wogegen alle Wunder des Eislaufs Kleinigkeiten sein müßten.

11) Zu Fahrzeugen, in Pyrmont, Hofgeismar, Rehburg, Mayenberg und überall, an einem Morgen die Alpenluft zu genießen, eine Kur zu atmen, und zu trinken den reinen Strahl der Sonne, eine Stunde vor ihrem Aufgang.

12) Wichtige Papiere in der Nacht aus einer eingeschlossenen Festung wegzubringen, selbst wichtige Männer fortzuschaffen, Finke aus Maxenschen Käfigen, wenn es der Mühe und der inflammabeln Luft wert wäre.

13) Jetzt geschwind diese Bälle nach Ostindien, China, Japan etc. zu bringen, und sie Kaisern und Naboben aufzuhängen ehe sie gemein werden.

14) Vermittelst ihrer und einer guten Elektrisier-Maschine die Rolle eines Muhammed im 5ten Weltteile zu spielen, dem Donner zu gebieten und wo nicht wie Elias auf einem flammenden, doch wie Professor Charles auf einem inflammablen Wagen über die Wolken zu fahren. Doch empfehle ich diesen neuen Propheten ernstlich die Geschichte des Salzschweins zu Lüneburg.

15) Da man heutzutage ein so großes Verdienst darin sucht, die Wunder aus der Bibel weg zu erklären, so gebe ich zu bedenken, ob nicht das von der Himmelfahrt des Elias ebenfalls hierdurch wegerklärt werden könnte. Denn ein feuriger Wagen und ein inflammabler differieren nicht mehr als die Wörter flammans und inflammabilis, und beides könnte wohl im Hebräischen mit einem einzigen Worte ausgedruckt werden. Daß Elias seinen Mantel fallen ließ, setzt die Sache fast außer Zweifel. Professor Charles warf seine Überröcke auch herunter, um desto schneller zu steigen.

16) Um den Regenbogen als einen vollkommnen Zirkel zu sehen, und seine eigne werte Silhouette auf einer Regenwand mit einer bunten Glorie zu erblicken, dürfte man nur einen solchen Wagen zu gehöriger Zeit besteigen.

17) Montgolfiersche Maschinen könnten dienen ungeheure Lasten auf eine große Höhe zu heben, und dadurch gigantische Werke zu Stand zu bringen, wogegen alle die ägyptischen Kleinigkeiten sein müßten. Dieses und daß

18) Schiffe, die sich umgelegt haben, dadurch aufgerichtet werden könnten, ist schon vorgeschlagen worden.

19) Wie man im Krieg und Frieden seinem Nebenmenschen durch solche Maschinen großen Schaden zufügen, und wie man Licent und Zölle damit defraudieren könnte, sagt man nicht gerne, teils weil diese Gedanken selbst nicht recht zollfrei sind, und teils der lehrreichen Geschichte des Salzschweins zu Lüneburg wegen.

20) Zu den majestätischsten Feuerwerken und Illuminationen, die die Welt noch gesehen hat, und die man mit Elektrizität anzünden könnte; auf diese Weise ließen sich die Wolken illuminieren.

21) Zu einer neuen Art von Jagd. Man hat schon in Frankreich und an andern Orten nach freigelassenen Kugeln, wie nach Falken gejagt, und Prämien für den gesetzt, der sie zuerst erreicht wenn sie fallen. Diese Jagd ist noch nicht so halsbrechend, als eine die sonst in England Mode war, da man, wenn man keinen Fuchs fand, auf den ersten den besten Kirchturm in gerader Linie zujagte. Dieses hießen sie to hunt steeples, Kirchtürme jagen. Jetzt ist es unter dem Adel abgekommen, und man überläßt diese Jagd, wie billig, der Geistlichkeit, die auf eine minder halsbrechende Weise nach Kirchtürmen jagt.

22) Vielleicht können sie gebraucht werden Personen bei Feuersgefahr zu retten, oder dem Rohrmeister beim Löschen einen bequemen Standpunkt zu verschaffen.

23) Werden sie so groß gemacht, daß mehrere Menschen damit gehoben werden können, so können sie bei Belagerungen sehr wichtig werden. Mancher kleine, magere, leichte, aber tapfere junge Mann kann alsdann seinen Körper so gut auf Interesse auslegen, als jetzt der große, fette, ramassierte den seinigen, und bei Anwerbung des eigentlich fliegenden Korps, und der leichten Truppen im strengsten Verstand, wird man die Waage gebrauchen, und das Verdienst nicht mehr nach Zollen sondern nach Pfunden bestimmen.

24) Manche andere geheime Expedition könnte dadurch sehr begünstigt werden. Z.B. Entführungen, selbst aus dem Serail. Ja es wäre möglich, daß dereinst ein Korsar den Tempel zu Loreto, der sicherlich nicht durch die Luft dahin gekommen ist, einmal, größtenteils wenigstens, durch die Luft wegführte.

25) Um das Viertelhundert voll zu haben, mögte ich wohl fragen ob nicht ein solcher Wagen dem Dichter nützen könnte. Daß sich die Seele erhebt, wenn der Leib erhoben wird, ist demonstriert, so wie wenn der Leib stürzt, die Seele gemeiniglich auch nicht zurücke bleibt. Prof. Charles hat vielleicht nie gedichtet, wer aber den Brief liest, worin er seine Empfindungen beschreibt, wird eine dichterische Erhebung der Seele darin nicht verkennen. Man bedenke auch nur das Atmen der Alpenluft, das Baden, Plätschern und Schwimmen im Lichtmeer und in Gesellschaft der Morgensterne, während die Hälfte der Welt unter einem noch im Schlamm der Nacht ruht. Der Nutzen ist nicht zu verkennen.

Nachschrift

Während des Abdrucks vorstehender Blätter, wurde ein so kleiner Luftball als ich oben S. 68 angegeben habe, zu machen versucht. Aus einem Versehen wurde er aber kaum drittehalb Paris. Zoll im Durchmesser groß gemacht, da er drei hätte haben sollen. Er stieg also nicht, sank aber so langsam nieder, daß mir einfiel, ob er nicht auf einer etwas schweren Luft würde liegen bleiben. Zum Glück war eine große Flasche voll fixer Luft bei der Hand, die freilich schon etlichemal durchs Wasser gegangen war; diese wurde in ein weites gläsernes Gefäß gegossen, als ich nun den kleinen Luftball in dieses Gefäß warf, so schwebte er mitten in demselben, ohne die Seitenwände zu berühren. Der Versuch nahm sich vortrefflich aus, und frappierte auch Personen, die an die andere Erscheinung schon sehr gewöhnt waren, wieder als etwas Neues. Ich empfehle ihn daher vorzüglich den ambulierenden Dozenten der Physik. Er wird gewiß Beifall finden. Sie haben hier einen in Luft frei schwebenden Körper, der wieder steigt, wenn man ihn abwärts drückt, und wieder sinkt wenn man ihn hebt. Dem, was ich S. 68 von dem Minimo in Frankreich gesagt habe, scheinen einige durch politische Zeitungen und Journale verbreitete Nachrichten vom Aufsteigen von Pfirsichen etc. die doch wohl nicht 6 Zolle im Durchmesser werden gehabt haben, zu widersprechen. Die Sache ist allerdings möglich, und auf einem andern Weg, als die Franzosen bisher verfolgt haben, leicht, allein ich glaube es von dort aus nicht eher bis ich es von einem Physiker verkündigt lese, weil der Leute in Paris gar zu viele sind, die schon das größte Vergnügen darin finden, bloß einen solchen Einfall steigen zu lassen.


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