Autorenseite

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

VII.

Wie immer kleidete ich mich in Ruhe an. Kaum auf den Beinen, stellte ich mich vor den Spiegel. Ich sah frisch und munter aus. Nur unter den Augen lagen tiefe Schatten. Als Arzt stellte ich Betrachtungen über die letzten Stunden an. Die Starrsucht war lediglich die Folge einer plötzlichen Stockung des Blutkreislaufes, die mit einem ungeheuren Ruck das Leben scheinbar zum Stillstand brachte. Man konnte selbst bei der Arbeit davon befallen werden, erwachte wieder und fuhr ruhig in der Beschäftigung fort.

Ich hatte verschiedene derartige Kranke behandelt, und ich besann mich im Augenblick eines besonders hartnäckigen Falles, der mir – es war noch in meiner Junggesellenzeit – stark zu schaffen gemacht hatte. Ein junges Mädchen, das leicht zu Gemütsbewegungen neigte, hatte einen ganzen Tag daran zu leiden gehabt.

Stets hatte mich die Frage interessiert, ob Bewußtsein vorhanden gewesen sei oder nicht. Nur zweimal war es mir vorgekommen, daß die Kranken sich deutlich aller Vorgänge erinnert hatten. So auch bei diesem jungen Mädchen. Man hatte sie ins Bett gelegt, an ihr herumgepfuscht und sie dann schließlich für entseelt gehalten.

Bis ins einzelne konnte sie über alles berichten, was um sie herum geschah: über den Schmerz ihrer Eltern, über das ganze Heulen und Zähneklappen, das in der vielköpfigen Familie dieser kleinen Leute stattgefunden hatte. Kein besonders intelligentes Geschöpf, hatte sie mir ohne jede Erregung, mit dem trockenen Humor der Berliner Arbeiterinnen ihren Bericht erstattet.

Anders lag die Sache bei mir. Ich war gesund, kräftig, neigte niemals zu Erscheinungen, die meinen Zustand hätten erklärlich machen können. Mit dem Waschen zu Ende, musterte ich mich aufs neue, diesmal mit einem gewissen Wohlgefallen im Spiegel, das derjenige hat, der einer dunklen Gefahr entronnen ist und sich nun freut, keine Ursache zu einer zweiten Auflage zu finden.

Mein rundes Gesicht mit dem gesunden Ausdruck, der kräftig entwickelte Hals mit dem starken Nacken, die breiten Schultern, der fast brutale Ansatz der Armmuskeln, meine stämmige, gedrungene Figur – alles das gab das Bild eines normalen Mannes, der wahrlich mit Heiterkeit den Lebensjahren noch entgegengehen konnte.

Ich knöpfte mir den Umlegekragen an und blickte dabei zum Hofe hinaus. Lina, die am Fenster des Seitenflügels stand, zog erschreckt den Kopf zurück. Unten war der Kutscher noch immer bei seiner Arbeit. Als er die Nase erhob und mich ebenfalls erblickte, verschwand er eiligst im Stall. Sie mußten ihr Entsetzen noch nicht überwunden haben. Aber merkwürdig, während ich beide flüchtig erblickte, beschlich mich wieder das Gefühl von irgend etwas bereits Dagewesenem, was mir abhanden gekommen war und nun allmählich wieder zurückkehrte.

Ich wußte, daß beide nie gut miteinander gestanden hatten, nun aber wollte es mir nicht mehr aus dem Sinn: ich hätte sie sich erst vor kurzem über mich unterhalten gehört. Sie hatte freundlich von mir gesprochen und er in unverschämter Weise. Wo war das nur? Ich hatte die Empfindung, die einen zuweilen überkommt, wenn man sich in einer Gegend nicht zurecht finden kann, in der man vor vielen Jahren zu Hause war. Unklar wälzten sich diese Eindrücke auf mich, die ich nicht wieder los wurde.

Ich war nahe daran, an Halluzinationen zu glauben, als es klopfte und Sophie mich fragte, ob ich heute Kaffee oder Tee wünschte. Ich konnte mich nicht gleich entscheiden, und so blickte ich sie eine Weile an. Auch sie hatte heute etwas Zurückhaltendes, wenig Freundliches. Ich las Furcht in ihren Augen, als diese im Zimmer umherirrten, das Bett streiften und dann auf mir haften blieben, aber nicht so offen wie sonst, sondern mit angstvoller Scheu.

Teufel, freuten sich denn diese dienstbaren Geister gar nicht über mein Wohlsein?

Kaum war sie wieder unsichtbar geworden, so wurde eine neue Vorstellung in mir wach: ich hätte sie mit meiner Frau über Trauerkleider sprechen gehört, und dann wäre sie mit meinem Jungen in einen Streit um den Papagei geraten. Alles lag noch brütend in meinem Gehirn. Aber wie Inseln aus diesen wüsten Gedanken tauchten bestimmte Sätze auf, die mich zu beschäftigen begannen.

Eine laute Unterhaltung in der Küche erschien mir wie ein Wegweiser in diesem Nebel. »Gott, wenn man der Herr nicht alles gehört hat. Karl hat ja so'n dummes Zeug gequatscht,« sagte Lina.

Ohne zu wollen, war ich hinter die Gardinen getreten. Ich sah, wie sie den Hals reckte und in mein Zimmer zu blicken versuchte.

»Der Herr Doktor wird wohl schon vorn sein, er war bald fertig,« fiel Sophie ein. »Was hat denn Karl alles gesagt?«

»Ach, der Mensch ist ja zu dösig. Deshalb kann man es ihm nicht übel nehmen, er glaubte ja auch, es sei schon zu Ende, wie wir alle. Na, da wird ja 'mal 'n Wort zu viel geredet.«

»Ja, was hat er denn geredet? Mir können Sie es doch sagen, Lina.«

Noch nie war mir Sophie so lebhaft vorgekommen. Lina wollte nicht recht heraus mit der Sprache, aber immer aufs neue drang die andere in sie, bis die Köchin breitgeschlagen war. Nur Bruchstücke berührten mein Ohr, dann aber hörte ich Lina wieder deutlich sagen: »Er hat sehr schlecht gesprochen über unsern Herrn. Und auch Doktor Schopp hat er verdächtigt, woher der Mensch das bloß von der Versicherungspolice weiß. Die Herrschaften werden doch nicht mit ihm darüber gesprochen haben.«

Plötzlich wurden die Fenster geschlossen, so daß ich nichts mehr verstehen konnte. Ich hatte auch kein Verlangen mehr danach, denn mich bewegte nur noch der Gedanke, daß alle diese Dinge nicht bloß in meiner Einbildung lebten, wie oftmals ein einziges Wort dazu gehört, um zerrissenen Schriftzügen den Zusammenhang zu geben, so wurde mir die Erwähnung dieser Police zum Sesam, das mir das Tor der Vergessenheit erschloß. Die Nebelwand fiel, und allmählich wuchs, wie ein zartes Gebilde aus Licht, die Erinnerung daraus hervor und lockte mich, ihr zu folgen.

Ich hatte mich angekleidet und trat in die sogenannte Wohnstube, die leer war. Rechts davon lag mein Arbeitszimmer, zu dem man direkt vom Korridor gelangte, wie in der Regel bei Ärzten. Links ging man ins Speisezimmer, neben dem das Musikzimmer und der sogenannte Salon lagen, wohn- und Speisezimmer waren durch eine Tür getrennt, die Verbindungen der Gesellschaftsräume jedoch wären durch Doppelportieren verhängt.

Bevor ich ins Speisezimmer trat, in dem ich meine Frau und Doktor Schopp vermutete, sah ich mich einige Augenblicke im Wohnraum um, der eigentlich mehr Boudoir meiner Frau war, wie sie oft scherzhaft sagte, um den Ton der feinen Welt anzuschlagen.

Ihr Trauerhut lag auf dem Tisch gerade so, als wenn er jeden Augenblick benutzt werden sollte. Ich nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn lächelnd. Dabei dachte ich, daß sie das kleine Ding ganz nett gekleidet haben müsse. Und während ich seine Wölbung musterte, kam ich auf den Gedanken, daß die Form wohl geeignet dazu sei, sich einer bestimmten Frisur anzupassen, wie sie Irma heute zum ersten Male trug. »Wie doch die Frauen das Nebensächliche nicht vergessen,« dachte ich, ohne zu grollen.

Ein umgeworfener Stuhl lag zwischen Tür und Fenster, hatte denn keiner Zeit gehabt, ihn aufzuhaben? Es mußte wirklich aller drunter und drüber gegangen sein.

In diesem Augenblick trat Irma ein. »Da bist du ja, ich wollte eben sehen, wo du bleibst.«

»Wer hat denn den Stuhl umgeworfen?« fragte ich, ohne mir dabei etwas zu denken. Im Begriff, ihn aufzurichten, hielt ich inne, als er schon auf der Kippe stand, »warte 'mal,« fuhr ich sinnend fort, »mir ist's, als hätte ich ihn fallen hören.«

Sie sagte kein Wort, aber als ich sie an mich zog und einen Kuß auf ihre Lippen drückte, duldete sie das mit geschlossenen Augen. Sie erschien mir elender als zuvor, so daß ich bestürzt fragte, was ihr fehle.

»Nichts, nichts,« erwiderte sie leise. »Ich freue mich nur, dich wiederzuhaben,« dabei umklammerte sie meinen Hals und preßte mich wild an sich, mit einer Leidenschaft, wie ich sie seit langem nicht mehr bemerkt hatte.

Immer noch hielt sie die Augen geschlossen, so daß ich annahm, sie wollte das ganze Glück dieses Augenblicks nur verinnerlicht genießen. Gerührt davon küßte ich sie wiederholt, was sie ruhig geschehen ließ, plötzlich aber zog ich meinen Mund zurück, ohne den Genuß voll zu erschöpfen. Es war die alte, seltsame Anwandlung, die mich überkam, die jäh in meine Empfindungen platzte. Mir schwebte etwas von einem Kuß vor, um den ein anderer sie gebeten hatte. Ich glaubte die fremde Stimme wieder zu hören, dazwischen ihren widerstand, dann einen Schrei, einen Knall. Nur wußte ich im Augenblick nicht, ob das alles in meiner Nähe geschehen sei, oder in unbestimmter Ferne, vielleicht in einer fremden Welt!

»Was ist dir?« fragte sie wie erschlafft.

Ich hatte mich von ihr abgewendet und trat ans Fenster. Und während ich in das Gewühl der Straße blickte, das im lachenden Sonnenschein des Sommertages auf und ab wogte, dachte ich nur an diese merkwürdigen Erscheinungen in meinem Ideenkreis.

»Es ist doch sonderbar,« gab ich zurück, »mir ist jetzt wieder, als hättest du mit irgend jemand eine erregte Szene gehabt, während ich da drin lag. Und dabei wäre der Stuhl umgefallen.«

Ich wandte mich um, und sah sie dabei lachend an, als wäre mir dieser Einfall selbst nur scherzhaft. Sie stand regungslos vor mir, die Hände verschränkt über dem Schoß, noch immer dieselbe Blässe im Gesicht. Ihr Blick glitt wieder an mir vorüber, ins wesenlose, als wäre sie in tiefes Sinnen versunken über meine fixen Gedanken. Dann aber lächelte sie, trat wieder auf mich zu und sagte beruhigend: »was für wirres Zeug du geträumt hast.«

»Ja, ich muß wirklich schwer geträumt haben,« gab ich vergnügt zurück. Aber es geschah doch mehr zu ihrer Beruhigung als zu meiner.

»Nun mußt du dich auch damit nicht mehr quälen.«

»Nein, ich will es nicht mehr tun.«

Ich faßte sie unter und suchte mit ihr Doktor Schopp auf. Er hatte sich doch überreden lassen, ein Glas Sherry und etwas kalten Braten zu sich zu nehmen, was er sehr rasch verputzt haben mußte, denn er saß schon bei der Zigarre und stieß die Dampfwolken munter von sich.

»Na, haben Sie sich gut unterhalten während der Zeit?« begann ich und reichte ihm nochmals die Hand.

»Wie immer in so liebenswürdiger Gesellschaft,« gab er launig zurück und wies auf meine Frau.

Ich setzte mich ebenfalls, denn Sophie war dicht hinter uns mit meinem Tee gekommen, den sie mir nun etwas umständlich auftrug, woraus ich schloß, daß sie noch irgend etwas über das Ereignis aufschnappen wollte. Es tat ihr aber keiner den Gefallen, und so mußte sie so klug wie zuvor wieder abziehen.

»Ich habe inzwischen Ihrer verehrten Frau Gemahlin ein Privatissimum erteilen müssen,« fuhr Schopp in seiner Behaglichkeit fort. »Darüber nämlich, ob man im kataleptischen Zustande wirklich Dinge wahrnehmen könne, die um einen herum vorgehen.«

Sie hatte ebenfalls, und zwar mit gegenüber Platz genommen und saß nun zwischen uns beiden, die Hände wie eine Schülerin auf dem Tisch gefaltet. Unruhig rückte sie auf ihrem Stuhle. Ihre Augen hingen zu Schopp, aber nicht ermunternd, sondern unter zusammengezogenen Brauen, aus verhaltenen Arger deutend.

»Nun, das Resultat?« fragte ich.

Schopp lachte, »vorläufig ein negatives, so lange ich Sie darüber nicht gehört habe. Jetzt muß es doch schon wieder dämmern bei Ihnen.«

Ich blies meinen Tee, strich ein Hörnchen mit Butter und schüttelte mit dem Kopf. »Noch alles nebulös, Wahrheit und Dichtung, frei nach Goethe ins psychische übertragen,« sagte ich dann, ohne aufzublicken. »Ich glaube, ich werde ein schlechtes Objekt abgeben. Mir ist von alledem so dumm, als ging mir ein Mühlrad im Kopf herum, wie derselbe große Mann sagt.«

Die gefalteten Hände meiner Frau auf dem Tisch gingen hin und her. Ihre Augen wurden wieder klarer, der Vorwurf aus ihnen war verschwunden. Mit lebhafter Anteilnahme mischte sie sich ins Gespräch. »Da haben Sie's, Herr Doktor, und mein Mann muß doch wirklich kompetent sein in dieser Beziehung.«

Ich blickte fragend auf Schopp, der überlegen lächelte, dann sich aber an mich wandte. »Ich habe nämlich doch zugegeben, daß in manchen Fällen ein völliges Bewußtsein nicht ausgeschlossen ist. Falls die Patienten nicht gelogen haben sollten, oder sagen wir lieber zartfühlend: renommiert, was ja bei unseren lieben Quälgeistern nur zu oft vorkommt. In der Regel wollen die Patienten es immer besser wissen, als der Arzt, ist es nicht so?«

Ich nickte, kaute eine Weile schweigsam und erwiderte dann: »Auch noch eine terra incognita auf unserem Gebiet. Wer kann wissen, wo das Bewußtsein aufhört und der Traum anfängt, vielleicht ein Zustand zwischen beiden.«

»Sehen Sie! Auch Ihr Ärzte wißt manchmal nicht aus noch ein.« Ihre Wangen hatten wieder Farbe bekommen, Bewegung hatte sie wieder ergriffen, und sie lachte nun fröhlich mit, als Schopp sagte: »Das haben wir an dem kleinen Wichtigtuer gesehen, der hoffentlich das Hörrohr nächstens bei sich selbst ansetzt.«

»Wer hätte sich nicht schon 'mal geirrt,« sagte ich besänftigend. Ich wollte hinzufügen: »Meine Frau hatte den größten Fehler begangen, sie hätte sich mehr um mich bemühen sollen,« aber ich besann mich sofort, denn ich wollte ihr nicht wehe tun.

Im Augenblick war ich auf andere Gedanken gekommen, die überhaupt während dieser ganzen Unterhaltung sehr geteilt waren, war es der starke Tee, der meinem Gehirn scharfe Anregung gegeben hatte, oder waren sonstige unerklärliche Dinge in mir vorgegangen – plötzlich fiel mir das ganze Gespräch zwischen Lina und dem Kutscher ein, das sie an meinem Bette geführt hatten.

Während die beiden am Tisch ihren kleinen Streit fortsetzen, starrte ich vor mich hin, mächtig gepackt von diesem Eindruck, der mich tief erregte. Ich vergaß Essen und Trinken und ließ mit einem seltsamen Wohlgefühl die erwachte Erinnerung auf mich einwirken. Dann schlug ich mit der flachen Hand auf den Tisch, um für mich selbst diesen Einfall zu bestätigen.

»Nun, ist Ihnen doch ein Licht aufgegangen?« fragte Schopp.

Ich verneinte schweigend. Und während meine Augen zwischen den beiden hin und her gingen, bemerkte ich nur kurz, daß mir eine wichtige Angelegenheit eingefallen sei, die ich am andern Tage erledigen müßte. Fortwährend dachte ich daran, was der Kutscher über Schopp und meine Frau geschwatzt hatte. Ich wußte, daß dieser Junggeselle ein geschworener Ehefeind war, was er mit der Behauptung entschuldigte, daß er noch immer unter einer schlimmen Erfahrung aus seiner Studentenzeit leide. Trotzdem war er sehr verliebter Natur, aber seine Aufmerksamkeiten gegen Frauen waren jener harmlosen Art, die sich auch vernünftige Männer ruhig gefallen lassen können.

Als alter Korpsbruder, der seinen »Durchzieher« mit Ehren trug, hatte seine Süßholzraspelei etwas Burschikoses, was Frauen, die zum Ehebruch veranlagt sind, am wenigsten reizen kann. Er war mehr drollig als gefährlich, mehr »guter Onkel« als Salonschleicher.

Ein Einfall kam mir, der mich laut auflachen ließ. Beide blickten mich erwartungsvoll an.

»Sag' mal Kindchen, wärst du lange Witwe geblieben?« sprach ich zu meiner Frau.

»Wie grausam,« warf Schopp ein, während Irma mit einem »Wie kann man nur« auffuhr.

»Mich interessiert diese Frage,« fuhr ich fort, »es wäre doch für jeden Psychologen wichtig, einmal die Gefühle einer Frau – einer jungen und hübschen Frau – gleich nach dem Tode ihres Mannes festzustellen.«

»Sie sind ja mit einem ordentlichen Galgenhumor zu uns zurückgekehrt,« sagte Schopp wieder. »Nur gut, daß Sie die Bitternis gleich durch ein Kompliment versüßen, Sie verehrtes Rauhbein.« Er hob sein Glas und trank meiner Frau verbindlich zu, als wollte er das »jung und schön« bestätigen, zugleich aber meine Ungeschicklichkeit wieder gut machen.

Sie sprach kein Wort, steif wie Wachs saß sie da, ihre Augen waren groß auf mich gerichtet, während sie ihren Mund mehrmals verzog. Ich kannte diese Unart noch aus ihrer Mädchenzeit, wenn sie schmollte und sich gekränkt fühlte. Über etwas fehlte noch, und richtig, nun kam es: sie hob die Schultern, was aber jetzt, wo sie üppig geworden war, nicht mehr den naiven Eindruck machte, wie früher.

Es klopfte, und Sophie steckte den Kopf herein. Meine Frau wurde gewünscht. Sie erhob sich und fand nun erst die Worte: »Zur Strafe küßt du mir gleich die Hand.«

»So ist's recht,« rief Schopp aus. »Die Brutalität muß gesühnt werden.«

Und ich zog wirklich ihre Hand an die Lippen und fand im Augenblick alles sehr scherzhaft. Sie empfahl sich gleich von Schopp, entschuldigte sich mit Wirtschaftsdingen und ging hinaus, wobei das neue schwarze Kleid steif und widerspenstig rauschte.

»Lassen Sie sie doch nur die Trauer wieder ablegen,« sagte der Doktor hinter ihr her. »Mich hat das eigentlich fortwährend gestört. Die Komödie der Irrungen ist ja nun vorüber.«

»Ich habe gar nicht darauf geachtet,« fiel ich zerstreut ein. »Das ist ja auch alles äußerlich.«

Wir unterhielten uns noch eine weile, und dann ging Schopp ebenfalls.


 << zurück weiter >>