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Instruction für die astronomischen und physikalischen Arbeiten auf der Reise nach dem Nordpol, unter dem Commando des Herrn v. Kotzebue.

Bei der großen Seltenheit wissenschaftlicher Reisen nach entfernten Himmelsstrichen, ist es von ungemeiner Wichtigkeit, daß besonders bei den Expeditionen welche durch den Geist ihrer Ausrüstung und ihrer Führer einen besondern Gewinn für Geographie und allgemeine Naturkunde erwarten lassen, wenigstens von theoretischer Seite nichts versäumt werde, was dem mit noch andern Sorgen beschäftigten, durch mancherlei Schwierigkeiten gehinderten Seefahrer, sein Geschäft erleichtern und seine Thätigkeit auf die nützlichsten Arbeiten hinweisen kann. An sich hält es freilich schwer, die zahllose Menge der mannichfaltigen Formen, unter welchen die Natur ihre Kräfte in den Erscheinungen entwickelt, zum voraus mit einiger Vollständigkeit anzudeuten, und eine physikalische Instruction für den Seefahrer ließe sich weit bequemer in die einfache aber nicht genug zu empfehlende Vorschrift zusammen fassen: »Jede ungewöhnliche Erscheinung aufmerksam zu beobachten und umständlich zu beschreiben,« und besonders alles Meßbare zu messen. Dessen ungeachtet wird auch ein unvollkommner Versuch, die Arbeiten des Seefahrers in dieser Hinsicht einzuteilen und seine Anstrengungen auf die wichtigsten Gegenstände hinzuweisen, für das Gedeihen seiner Bemühungen nicht ohne Nutzen seyn.

*

Die Geschäfte des wissenschaftlichen Seefahrers zum Behufe der allgemeinen Physik, zerfallen in zwei Hauptabtheilungen: in astronomische Beobachtungen und in physikalische Versuche und Wahrnehmungen. Nicht nur unterscheiden sich solche Expeditionen von den gewöhnlichen Seereisen durch eine vollständigere und sorgfältigere astronomische Bestimmung der täglichen Länge und Breite des Schiffs nach den besten Methoden, sondern gerade nur auf diesen sind diejenigen Beobachtungen möglich, welche den Wissenschaften Nutzen bringen können. Unter den erstern sind nicht nur diejenigen Beobachtungen begriffen, durch welche die tägliche Stelle des Schiffs oder die Lage der Küsten bestimmt wird, sondern auch noch solche, die obgleich sie eigentlich noch in die Physik gehören, doch in der Astronomie eine besondere Anwendung finden; die letztern hingegen beziehen sich mehr auf die Naturgeschichte unsers Erdkörpers selbst und die auf seiner Oberfläche wahrzunehmenden Erscheinungen.

Astronomische Beobachtungen

1. Bestimmung der Länge und Breite.

Ueber die Bestimmung dieser wesentlichen Theile der Schifffahrt durch die Schiffsrechnung, wird in den allgemeinen Lehrbüchern der Navigation hinreichende Anleitung gegeben. Wir bemerken nur, daß gerade solche Reisen am besten geeignet wären, neue Vorschläge von Instrumenten zur Ersetzung der gewöhnlichen Logs in Prüfung zu nehmen. Die Einfachheit dieses allgemein gebrauchten Werkzeugs, wird ihm noch lange seine Stelle unter den ersten Instrumenten der Seefahrer sichern und seine etwanigen Mängel lassen sich durch ein häufigeres Auswerfen desselben, durch ein öfteres Nachmessen der Logleine unter gehöriger Anspannung, wodurch Anwendung von länger laufenden Sanduhren als die Halbminuten-Gläser sind, bedeutend vermindern. Die Sanduhren selbst müssen von Zeit zu Zeit mit einem guten Chronometer verglichen werden, besonders wenn es nicht solche sind, in welchen das Zuschmelzen der Gläser, den Sand vor dem Einfluß der Feuchtigkeit sichert. Die verschiedenen Methoden, die Breite aus astronomischen Beobachtungen abzuleiten, sind ebenfalls bekannt. Auf einer Reise nach dem Nordpol möchten auch besonders die Beobachtungen der größern Fixsterne und der Planeten in den langen Dämmerungen zu empfehlen seyn. Die Breitenbestimmung aus Mondshöhen, kann wegen Ungewißheit der Zeit der größten Höhe auch bei einer guten Beobachtung zuweilen um einige Minuten fehlerhaft werden, wenn der Mond nahe am Aequator, mithin seine Bewegung in der Abweichung sehr starck ist. Daß man übrigens auch außer dem Mittage sowohl zur Erkenntniß der Strömungen, als auch bei Küsten-Aufnahmen der Breitenbestimmungen nicht zu viele haben könne, bedarf keiner Erinnerung. Wenn man am Lande sich befindet, so ist es rathsam, die Sonnenhöhen zur Zeitbestimmung so wie für die Breite mit dem künstlichen Horizont zu nehmen, wozu man in verschiedenen Werken, z. B. in Bohnenbergers Anleitung zur geographischen Ortsbestimmung vollständige Anleitung findet. Die Bestimmung der Länge geschieht theils durch Chronometer theils durch Monddistanzen. In Absicht der Erstern lehrt die Erfahrung, daß auch die besten Instrumente dieser Art, wenn sie eine beträchtliche und anhaltende Temperaturänderung erleiden, ihren Gang allmählig ändern, und zwar scheint die Wirkung der Kälte und Wärme erst nach Verfluß einiger Tage an den Uhren merkbar zu werden, was wohl einer allmähligen Verdichtung oder größern Flüssigkeit des sehr geringen Antheils von Oel zuzuschreiben ist, dessen diese Maschinen, auch wenn die Reibungen durch seine Steine vermindert werden, doch noch bedürfen. Wenn man zwei oder mehrere gute Seeuhren hat, so ist eine tägliche Vergleichung derselben, sehr anzurathen, sowohl um die Länge nach jeder zu bestimmen, als auch besonders deswegen, weil man aus der Veränderung ihrer täglichen Unterschiede die Epoche erkennen kann, in welcher sie ihren Gang zu ändern anfingen. Nach und nach ist man auch im Stande bei jeder derselben die Richtung und einiger Maaßen auch das Quantum der Aenderung ihres täglichen Ganges für eine gewisse Zunahme oder Abnahme der Lufttemperatur anzugeben, und hieraus die wahrscheinlichste Verbesserung einer gefundenen Länge abzuleiten, das zuverlässigste Mittel zur Längenbestimmung, bleiben jedoch immer die Monddistanzen, nur müssen dieselben in bedeutender Anzahl und wo möglich mit stark vergrößernden Instrumenten gemacht werden. Man muß sich bemühen bei dieser schwierigen Beobachtung dem Körper eine möglich feste Lage zu geben. Man räth gewöhnlich an, bei den Distanzen von der Sonne den Mond directe anzusehen und die Sonne reflectiren zu lassen. Allein bei guten mit lichtstarken Fernröhren versehenen Sextanten, ist es vortheilhafter, hierin keine besondere Regel sondern nur die Bequemlichkeit der Lage des Körpers zu Rathe zu ziehen, und die Weisung des Indexfehlers am Sextanten nie zu verabsäumen. Besonders muß der Beobachter darauf sehen, daß er die Ränder der Sonne und des Mondes genau zur Berührung bringe, ohne weder einen Zwischenraum noch Eingriff zu gestatten, wozu besonders die starken Vergrößerungen sehr dienlich sind. Die Fehler der Dampfgläser muß man durch Umkehren derselben oder auch dadurch zu erforschen suchen, daß man den Monds-Durchmesser mit und ohne Dampfgläser mißt. Eine bedeutende Beihülfe für den Beobachter ist es auch, wenn die Sonnen- und Mondshöhen zugleich mit den Distanzen gemessen werden. Zur Berechnung sind Mendozas Tafeln allen andern Hülfsmitteln und Methoden vorzuziehen.

Zunächst nach der Bestimmung der Länge und Breite, beschäftigt den Seefahrer die Abweichung der Magnetnadel. Ohne über die Methoden zur Beobachtung und Berechnung des Azimuths uns einzulassen, bemerken wir nur, daß man den localen Einwirkungen der im Schiffe befindlichen größern oder kleinern Eisenmassen nur durch die Menge der Beobachtungen an verschiedenen Stellen des Schiffes entgehen könne; daß man von Zeit zu Zeit die Spitze des Stiftes welcher die Magnetnadel trägt, untersuchen und nachschärfen, zuweilen auch, um den Magnetismus der Nadel zu vermehren, dieselbe mit einem starken künstlichen Magnet von der Mitte nach den Enden hin bestreichen müsse, dergestalt nämlich daß man auf die nördliche Hälfte der Nadel das südliche Ende des Magneten setzt und umgekehrt. Flache und breite Nadeln scheinen den dünnen und leichten, und harte messingene Hütchen, den, die tragende Spitze leicht zerstörenden, agatenen vorzuziehen zu seyn.

2. Aufnahme von Küsten und Entwerfung derselben.

Ohne uns in eine vollständige Instruction über diesen wichtigen Gegenstand einzulassen, erlauben wir uns nur im allgemeinen diejenige Verfahrungsart hierbei anzugeben, welche sich uns als die kürzeste und hülfreichste bewiesen hat.

Das Ganze der Küsten-Aufnahme beruht auf der Bestimmung der Entfernungen der ausgezeichneten Punkte einer Küste, z. B. der Vorgebirge oder Bergspitzen und der äußersten Enden des zu sehenden Landes. Gewöhnlich begnügt man sich, die Richtung solcher Punkte, mit einer ungefähren Compaßpeilung zu bestimmen, und ihre Entfernung nach dem Augenmaaße anzugeben, allein diese Methode wird, wegen der sehr ungleichen Durchsichtigkeit der Luft immer etwas unsicher bleiben. Gleichwohl ist sie zuweilen das einzige Hülfsmittel, und es ist nicht zu läugnen, daß man durch Uebung eine ziemliche Fertigkeit in solchen Schätzungen, besonders für nähere Gegenstände, erlangen könne, allein immer verdient die Methode der Triangulirung, wo sie nur immer anzuwenden ist, den Vorzug. Als Basis der Dreiecke, dient der Weg des Schiffs längs der Küste. Man bestimme also erstlich, wo möglich durch gute astronomische Beobachtungen die Stelle des Schiffs für eine bestimmte Zeit. Sodann entwerfe man sogleich und schnell eine möglichst richtige Profilzeichnung der Küste ( NB. Eigentlich ist es besser diese Zeichnung etwas früher zu machen, damit sie auf dem Moment der astronomischen Ortsbestimmung schon fertig sey,) und bezeichne auf derselben die wichtigern und erhöheten Punkte mit den Buchstaben des Alphabets. Hierauf bestimme man mit einem oder zwei guten Compassen, durch wiederholte Peilungen die genaue Richtung eines ausgezeichneten Gegenstandes, den wir a nennen wollen, auf dem linken Ende der Zeichnung und eben so zur Bestätigung diejenige des äußersten Gegenstandes zur Rechten. Mit dem Octanten oder einem Dosensextanten messe man schnell nach einander die Winkel ab, ac, ad, etc. welche die folgenden bezeichneten Gegenstände b, c, d, und so ferner zur Rechten mit dem Punkte a machen, welche ein Gehülfe sogleich niederschreibt. ( NB. Es ist bequemer und vollkommen hinreichend, diese Beobachtungen mit dem bloßen Auge zu machen und die Winkel nur auf etliche Minuten genau abzulesen. Die Compaßpeilung muß in Graden und Theilen derselben gegeben werden). So wie dieß geschehen ist, nimmt man noch einmal mit dem Compaß die Richtung des ersten und des letzten Punktes der Küstenzeichnung. Das Mittel aus dieser und der frühern Bestimmung, gibt die Lage derselben für die Zeit der Winkelmessung. Alle diese Verrichtungen müssen wo möglich innerhalb einer Viertelstunde beendigt seyn.

Nach Verfluß einiger Zeit, z. B. einer oder zwei Stunden, je nach Maaßgabe der Schnelligkeit des Schiffes und der scheinbaren Ortsveränderung der Gegenstände, wird die nämliche Operation vollständig wiederholt, wobei jedoch, wenn die Küstenansicht sich nicht wesentlich geändert hat, noch das vorige Profil benutzt werden kann. Die Schnelligkeit mit welcher durch die Winkelmessung mit dem Sextanten, eine Menge der Punkte bestimmt wird, und die Genauigkeit mit welcher die Orientirung der Endpunkte, mithin auch die der zwischenliegenden, durch wiederholte Beobachtung festgesetzt werden kann, machen den wesentlichen Vorzug dieser Verfahrungsart aus, welcher noch folgende Bemerkungen zur Vervollständigung dienen können.

1. Da, zumal in der Nähe von Küsten, die Meeresströmungen oft bedeutend sind, so ist es von der größten Wichtigkeit, die Stelle des Schiffes soviel immer möglich, durch astronomische Beobachtungen festzusetzen, was bei hellem Wetter durch öftere Sonnenhöhen mit Hülfe der Chronometer, wenigstens in Absicht auf die Länge bewerkstelliget werden kann. Zuweilen kann man außer dem Mittage, entweder mit Zuziehung der nach Douwes benannten Methode für welche Mendozas Tafeln eine bequeme Berechnung darbieten oder durch eine Mondskulmination, oder in der Morgen- und Abenddämmerung mit Sternen, die Breite für irgend eine Zeit bestimmen, wodurch man ebenfalls in den Stand gesetzt wird, die Mängel der Schiffsrechnung zu verbessern.

2. Man achte sorgfältig auf die Veränderungen des äußern Ansehens der Küsten, und die relativen Verrückungen der merkwürdigern Gegenstände. Besonders versäume man ja nicht den Moment zu benutzen, wo etwa ein neues Vorgebirg hinter einem andern hervortritt, oder sich auch hinter eine andere Landecke zurückzieht. Indem dieß geschieht, muß man durch eine möglichst genaue Peilung mit dem Compaß, die Richtung beider Vorgebirge zu bestimmen suchen, wobei man nicht vergessen darf, die Zeit dieser Beobachtung ebenfalls zu notiren. Die Orientirungen haben den bedeutenden Vortheil, daß sie von allen Fehlern in der Ortsbestimmung des Schiffes ganz unabhängig sind.

3. Eben so wichtig ist es auch den Moment in Acht zu nehmen, wo einer zu der bestimmenden Gegenstände genau in einer der vier Weltgegenden Ost oder West, Süd oder Nord zu stehen kommt. Kann man im ersten Fall eine Breitenbestimmung mit dieser Wahrnehmung verbinden, so ist wenigstens die Breite dieses Punkts gesichert. Geht ein Gegenstand in wahrem Süd- oder Nordpunkt durch, so darf man bei hellem Wetter nicht unterlassen, Sonnenhöhen zu nehmen, um eine Länge durch die Chronometer zu bestimmen. Hierbei ist nicht zu vergessen, daß man bei der Bestimmung der Weltgegenden auf die Abweichung der Magnetnadel Rücksicht zu nehmen habe, auch ist es dienlich die Zeit der Uhr zu bemerken.

4. Man versäume es nicht, auch auf den spätern Stationen noch Winkel nach solchen Gegenständen zu messen, deren Lage durch frühere Durchschneidung der Winkel bereits festgesetzt ist. Nicht nur ist es dienlich, die Lage eines Punktes noch durch eine neue Durchschnittslinie zu bestätigen oder zu verbessern, sondern solche Winkel nach bereits bestimmten Gegenständen, leisten oft den wichtigen Dienst, daß sich aus denselben die Stelle des Schiffs selbst, bei der spätern Winkelmessung mit vieler Genauigkeit ableiten läßt. Dieser Vortheil ist vorzüglich dann von besonderm Werth, wenn man etwa nach einem unregelmäßigen Laviren oder Beilegen während der Nacht, des Morgens die Verbindung mit den gestrige Punkten wieder anknüpfen und die Stelle des oft durch Strömungen entführten Schiffes ausmitteln soll.

Das erste Geschäft bei der Entwerfung der gemachten Aufnahmen, ist die Einteilung des geographischen Netzes, in welches dieselben eingetragen werden sollen; dazu bedient man sich in allen Fällen am besten der Mercatorischen Projection, in welcher die Meridiane sowohl als die Parallelbreite des Aequators gerade und parallele Linien sind, die sich unter rechten Winkeln durchschneiden; der Maaßstab nach welchem der Entwurf gemacht werden soll, ist an sich willkührlich, und richtet sich zum Theil nach der Genauigkeit der Messungen und der Menge der einzutragenden Details; doch ist es in den meisten Fällen so anzunehmen, daß der Raum einer Gradminute auf dem Papier eine wohl bemerkbare Größe würde, wodurch ein Grad die Länge von etwa einem halben Fuß und drüber erhält, eine Ausdehnung die zumal bei Entwerfung von Buchten, Hafen u. dgl. noch vermehrt werden muß, aber beim Copiren der Karte leicht auf ein kleineres Maaß reducirt wird. Man mache sich also vorerst einen Maaßstab von der Größe eines Längengrades, und trage nach diesem die Eintheilung der Längengrade am horizontalen Rande des Planes auf. Die jedem Breitengrad zugehörige Ausdehnung, findet man in den Tafeln der wachsenden Breiten ( Mendozas Tables pag. 651 et seq. Meridional-Parts) in Längenminuten ausgedrückt, wo man die Größen der einzelnen oder auch der halben und viertel-Grade, durch eine leichte Subtraction erhält.

Nachdem auch die Breitengrade aufgetragen und eingetheilt worden sind, ist das Erste: den vollständigen Lauf des Schiffes auf der Karte zu verzeichnen, indem man diejenige Punkte, die durch astronomische Beobachtungen bestimmt sind, als Fundamentalpunkte festsetzt, und dann zwischen denselben den Weg des Schiffes nach dem Logbuch verzeichnet. Bei jedem Eckpunkt dieser gebrochenen Linie, wird die Zeit in welcher das Schiff in dieser Station sich befand, beigeschrieben.

Hierauf trägt man von der ersten Station aus, den in Graden gegebenen Rhumb des ersten Gegenstandes zur Linken auf, und von dieser Linie ab, vermittelst eines guten Transporteurs alle übrigen gemessenen Winkel. Jeder Visir-Linie setzt man den in der Küsten-Ansicht verzeichneten Buchstaben bei; nach diesem geht man zur zweiten Station über und verzeichnet von dort aus auf gleiche Weise die gemessenen Winkel. Die Durchschneidung gleichnamigter Gesichtslinien, gibt den Punkt an, wo jener Gegenstand sich befindet. Die Winkel auf der dritten Station, geben theils neue Bestimmungen theils Bestätigungen und Verbesserungen, der durch die beiden frühern Messungen festgesetzten Punkte an die Hand. Mittlerweile werden auch diejenigen Beobachtungen aufgetragen, wo sich ein Gegenstand im magnetischen oder auch im wahren Meridian des Schiffes oder im Ost- und Westpunkte desselben befand; was entweder zur Bestimmung des Punktes selbst, oder wenn seine Lage bereits ausgemacht wäre, zur Berichtigung der verzeichneten Schiffsrolite dienen kann. Eben dazu dienen auch die nach bekannten Gegenständen gemessenen Winkel, deren wenigstens zwei seyn müssen. Um sie für die Bestimmung der Stelle des Schiffs zu benutzen, trage man auf einem sehr durchsichtigen Papier, aus einem Punkt die drei Linien auf, welche jene Winkel einschließen und schiebe dieses Papier so lange auf dem Plane umher, bis die drei Gesichtslinien die betreffenden Punkte zugleich genau durchschneiden. Das Centrum dieser Winkel ist der Standpunkt des Schiffes. Statt zweier Winkel, können mit Vortheil noch mehrere auf eben diese Weise benutzt werden. Diese Methode ist desto genauer, je richtiger die Gegenstände bestimmt sind, nach denen die Winkel gemessen worden, und jemehr diese selbst einem rechten Winkel sich nähern.

Nachdem auf der Karte eine hinreichende Anzahl von Punkten bestimmt ist, wird der Umriß der Küste und die Richtung und Vertheilung der Gebirge nachdem Augenmaaß eingetragen, wobei denn die frühern erwähnten Profilzeichnungen, dem durch immer neue Gestaltungen des Landes zerstreuten Gedächtnisse sehr gut zu statten kommen. Es ist auch rathsam, noch vor der Verfertigung des Plans, die man oft wegen der schnellen Vermehrung der Aufnahmsarbeiten verschieben muß, noch im Angesichte des Landes, einen ungefähren stereographischen Entwurf von den Einbiegungen der Küste und den Verästungen der Gebirge nach Art der Ingenieure zu machen. Ueber die Darstellung und die charakteristische Bezeichnung einzelner Theile, als Bäume, Waldungen, Felsen, und über die beste Bergschraffirung geben mehrere Werke die vom Aufnehmen der Gegenden handeln, genügende Auskunft.

Um Verwirrung zu vermeiden, ist es bequemer, bei der ganzen Entwerfung, auf die Abweichung des Compasses keine Rücksicht zu nehmen, sondern alle Rhumben nach dem unverbesserten Compaß aufzutragen; erst nach Vollendung der Arbeit werden die Meridiane und Parallelkreise von dem Mittelpunkt der Karte aus, um so viel gedreht als der Winkel der jener Gegend zugehörigen magnetischen Variation beträgt.

Die Aufnahme von Bayen, Rheden und Hafen, ist von dem allgemeinen Geschäft der Küstenaufnahme nur darin verschieden, daß man mehr die Methoden der Feldmesser in Anwendung bringen, und zuweilen eine Standlinie am Ufer messen kann, von deren Enden aus die Winkel nach den wichtigsten Punkten ebenfalls mit dem Sextanten genommen werden.

Zuweilen kann auch die Entfernung des vor Anker liegenden Schiffes, von einem am Ufer befindlichen Gegenstand als Basis der Dreiecke angenommen werden, doch muß man dabei auf die Veränderungen Rücksicht nehmen, welche die Strömungen und Winde in der Stelle des Schiffs hervorbringen.

Die obenerwähnte Methode durch zwei oder mehrere Winkel nach Gegenständen von bekannter Lage, den Standpunkt des Beobachters zu bestimmen, findet besonders auch eine vortheilhafte Anwendung, wenn man Lothungen machen, oder die Umfänge der Sandbänke, die unter Wasser liegen, angeben soll.

Ein Gegenstand der die Aufmerksamkeit des Seefahrers verdient, ist die Messung merkwürdiger und hoher Berge. Nicht nur ist die Kenntniß ihrer Höhe für die physische Geographie wichtig, sondern sie kann auch spätern Seefahrern dazu dienen, aus dem gemessenen Höhenwinkel des Berges ihre Entfernung von demselben zu erfahren. Es gibt hauptsächlich zwei Methoden die Höhen der Berge zu bestimmen, die eine durch die Höhe des Quecksilbers im Barometer, die andere durch trigonometrische Berechnung des rechtwinklichten Dreieckes, in welchem die horizontale Entfernung des Beobachters vom Berge und der Höhenwinkel unter welchem er jenem erscheint, gegeben sind. Die barometrische Methode ist, wenn man auch die Mängel die in dem Instrumente selbst und den veränderlichen Elementen der Berechnung liegen, nicht in Anschlag bringen will, auf solchen Reisen deswegen nicht leicht anwendbar, weil in unbekannten, wenig bevölkerten, meist noch wilden Ländern, man kaum einen Fußsteig auf der Ebene findet, geschweige dann einen Weg der über Felsen und Wald auf den Gipfel eines noch nie besuchten hohen Berges führte. Es bleibt uns also nur die trigonometrische Methode übrig, und selbst diese nur in einem unvollkommenen Grade. Nicht nur ist die horizontale Entfernung nur einiger Maßen bekannt, sondern auch die Höhenwinkel lassen sich zur See nicht mit der höchsten Genauigkeit messen; doch ist auch eine ungefähre Bestimmung noch ein Gewinn für die Wissenschaft, welcher der Mühe des Reisenden werth ist. Die einfachste Betrachtung dieser Aufgabe, liegt in der Vorstellung eines geradlinichten rechtwinklichten Dreiecks, in welchem die horizontale Entfernung der Radius die senkrechte Höhe des Berges, die Tangente des gemessenen Höhenwinkels ist. Man suche also erstlich durch die obenerwähnten Mittel eine merkatorische Karte, von der einen Berg umgebenden Gegend zu machen, auf der die verschiedenen Stationen, in welchen die Höhenwinkel gemessen werden, genau bestimmt sind. Die Entfernungen dieser Stationen von dem Punkt wo die Spitze des Berges liegt, werden auf der zur Seite liegenden Skale der Breitengrade gemessen, und die gefundenen Minuten oder sogenannten italienischen Meilen mit der Zahl 951, C b multiplicirt, um sie in französische Toisen zu verwandeln. Den gemessenen Höhenwinkel verbessere man, wenn er auf dem Schiffe genommen wurde, für die Vertiefung des Meerhorizontes (Dip of the horizon) und ziehe unter allen Umständen noch den zwölften Theil der in Gradminuten gegebenen Entfernung von dem Höhenwinkel ab, als den Betrag der terrestrischen Faction. Man hat sodann, wenn die Entfernung nicht bedeutend und der Höhenwinkel ziemlich groß ist h = D x tang. e'; t+; wobei h die Höhe des Berges, D die gemessene Entfernung (beide in Toisen) und e' den durch Indexfehler, die Vertiefung des Horizontes und irdische Strahlenbrechung verbesserten Höhenwinkel bezeichnen. Ist aber die Entfernung vom Berge beträchtlich, so muß man noch auf die Krümmung der Erde Rücksicht nehmen, und die Formel der Höhenberechnung wird alsdann Formel wo c die gemessene Entfernung des Berges in Gradminuten und deren Zehntheilen bezeichnet. Ein Beispiel wird dieß genügend erläutern. Am ersten Juli 1805, wurde bei den kurilischen Inseln in 18º 6' N Breite und 206º 50' W Länge, von Greenwich die Höhe des Pics auf der Insel Matana gemessen. Der Höhenwinkel betrug nach Abzug des Indexfehlers und der Vertiefung des Seehorizontes 3º 26', die horizontale Entfernung des Schiffs von der Mitte des Berges = e fand sich auf der gemachten Karte = 12', 4 Minuten. Man hat also [1/12] c = 1. 0 Min. und daraus e' = (3º 26' - 1' 0) = 3º 25'; (e' + ½ c) = 3º 31', 2, und (e' + c') = 3º 37', 4; die Entfernung des Berges in Toisen = 951, 6 x 12, 4 = 11 800 Toisen = D. Die Rechnung ist also nach der ersten Formel

log. D = 4,07188
log. tg. e' = 8,77600
log. h = 2,84788
Also h = 704,5 Toisen

nach der zweiten Formel

log. D = 4,07188
log. sin. (c+r/s C) = 8,78815
__________________________
2,86003

log. cos. (e+c) =9,99913
__________________________
log. h' = 2,86090
Also h' = 725,9 oder 726 Toisen

so daß hier die Vernachläßigung der Krümmung der Erde die Höhe um 22 Toisen zu klein macht.

3. Astronomische Beobachtungen zur Bestimmung der horizontalen Strahlenbrechung.

Die Untersuchungen über die Strahlenbrechung, sind zwar eigentlich von der Beschaffenheit, daß sie genauere und feinere Beobachtungen vorauszusetzen scheinen, als man dem Seefahrer gewöhnlich zutraut. Gleichwohl treten hier zwei Vortheile zusammen, welche auch die Bemühungen des Seefahrers für dieses wichtige Element der praktischen Astronomie nutzbar machen können. Auf der einen Seite sind die Wirkungen der Refraction gerade in denjenigen Beobachtungen, für welche der Seefahrer die beste Gelegenheit hat, und einer so wenig umständlichen Vorrichtung bedarf, am stärksten, und auf der andern Seite ist sein Hauptwerkzeug der Spiegelsextant, sowohl durch die Vorzüge der theoretischen Einrichtung als durch die Vollkommenheit in welcher dasselbe heut zu Tage von guten Künstlern verfertigt wird, besonders geschickt, auch geringe Größen mit genügender Genauigkeit zu messen, wie dieses die Monddistanzen, und die Messungen des Sonnendiameters beweisen. Die Vermehrung der Refraction durch Kälte wird ein Bewegungsgrund mehr auf einer Reise nach dem Nordpol ihre Wirkungen zu untersuchen.

Die Beobachtungen welche der Seefahrer über die Wirkung der Strahlenbrechung anstellen kann, bestehen hauptsächlich in folgendem:

Man beobachte genau die wahre Zeit zu welcher der obere und der untere Sonnenrand beim Ausgang oder Untergang den Horizont berühren oder verlassen, und vergleiche dieselbe mit derjenigen, welche man aus der damaligen Länge und Breite des Schiffes berechnen kann, wobei man die Zeitbestimmung zu Hülfe nimmt, welche sich aus Sonnenhöhen, die über zehn Grade betragen, ergeben hat. Ebenso versäume man nicht, die Zeit des Chronometers zu bemerken, wann die Sonne die Höhe von 0º 30' von 1º, 1½ º, 2º erreicht, wobei man, wie bei den größern Sonnenhöhen, sich nicht mit einer einzigen Beobachtung genügt, sondern etwa von 5 zu 5 oder von 2 ½ zu 2½ Minuten, auf welche man zuvor die Alhidade einstellt, die Höhenbestimmung sich folgen läßt. Einer noch größern Genauigkeit ist die Beobachtung fähig, wenn man etwa am Lande sich befindet, und die wahre Zeit, durch die correspondirenden Höhen bestimmen kann.

Man messe ferner wenn die Sonne nahe am Horizonte ist, zu wiederholtenmalen ihren verticalen und horizontalen Durchmesser; bei jeder Messung notire man die Zeit der Uhr, und ein Gehülfe bestimme zugleich die Höhe der Sonne. Beim Monde sind diese Beobachtungen nur im Plenilunio möglich.

Alle diese Beobachtungen müssen mit den besten Sextanten und mit guten Chronometern gemacht, und die Winkel mit möglichster Schärfe abgelesen werden; bei der Zeitbestimmung ist noch auf Theile von Secunden Rücksicht zu nehmen. Zugleich ist es wesentlich, bei denselben den Stand des Barometers und eines freihängenden Thermometers genau zu bemerken.

Die Beobachtung des Auf- und Untergangs von Sonne und Mond, kann auch zur Prüfung einer in der nautischen Astronomie vorkommenden, selten angewandten Aufgabe dienen: aus der Dauer welche der Sonnen-Durchmesser braucht, um den Horizont auf- oder niederzusteigen, die Breite des Schiffs zu bestimmen. Die langsame Höhenbewegung der Gestirne in hohen Breiten, scheint diese Methode höchstens für jene Gegenden brauchbar zu machen.

Auch bemerke man endlich, wo sie sich etwa ereignen sollten, auf die Erscheinungen einer unregelmäßigen Strahlenbrechung z. B. die eines gedoppelten Horizontes, indem man den Abstand des Scheinbildes vom wahren Streif des Horizontes, die oft beide zugleich über einander sichtbar sind, zu bestimmen sucht. Gewöhnlich sind diese Phänomene mit einer ungleichen Temperatur der Lust in verschiedenen Höhen und der Oberfläche des Wassers verbunden, so daß man nicht vergessen darf, auch die Temperatur der Luft nahe am Wasser und in einer größern Höhe (etwa auf dem Mars) und hinwiederum auch die des Wassers zu untersuchen. Aehnliche Erscheinungen z. B. die sogenannte fata Morgana (Franz Mirage) ungewöhnliche Erhebung entfernter oder gar unter dem Horizont liegender Seeküsten, verdienen ebenfalls die Aufmerksamkeit des Seefahrers, welcher dieselben durch Zeichnungen aufzunehmen und nach Möglichkeit durch Messungen näher zu bestimmen hat.


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