August Kopisch
Allerlei Geister
August Kopisch

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Das lange Pferd

        Einst litten große Pein
An eines Stromes Wellen
Zehn durstige Gesellen:
O Strömlein, wärst du Wein!
      Dann wollten wir schlecken:
      Du solltest uns schmecken!

Das Wasser will nicht ein!
Wir stehen durstig hüben,
Das Wirtshaus aber drüben:
Wir müssen drüben sein!
      Trüg einer uns Huckhuck,
      Und wär es der Kuckuck!

Kaum ist der Wunsch getan,
Sehn sie auf grünem Rasen
Ein Pferd, ein schwarzes, grasen.
Da sprach Herr Flink: heran!
      Das trägt uns hinüber,
      Hinüber, hinüber!

Schon sitz ich, kommt heran!
Und trauet meinen Streichen,
Es soll für alle reichen;
Doch redet nichts sodann,
      Als: Einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Flink sitzt wie drauf gebaut.
Man hilft zu ihm den Zweiten:
Laps kann bequemlich reiten:
Da rufen alle laut:
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Der dritte kommt, Herr Schnauf,
Man hilft dem dicken Schlauche,
Mit seinem Bacchusbauche,
Mit großer Müh hinauf:
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Ein Krummer kommt nun her,
Das Wirtshaus sieht er blinken,
Zu gerne will er trinken:
Man setzt ihn überquer.
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Ein Fünfter zittert an,
Das Zipperlein im Beine;
Doch setzt man ihn so feine,
Daß er es leiden kann.
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Glühwürmchen ist genannt
Ob seiner Nasen Scheine
Der Sechst in dem Vereine:
Er sitzt wie angebannt.
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Dann kommt der lange Fritz,
Der ist nur Bein und Pelle,
Der braucht nur zwei drei Zölle
Zu seinem ganzen Sitz!
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Der Advokat Herr Matz
Ist vorn und hinten bucklich,
Nach allen Seiten schucklich,
Und findet dennoch Platz.
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Der Kapellan gemach
Erwählet sich die Kruppe,
Sitzt auf wie eine Puppe
Und keiner da was sprach,
      Als: Einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Nun muß sich dicht am Schwanz
Der schwarze Küster setzen,
Der will am Wein sich letzen:
Pritsch! gehet los der Tanz. –
      Es reiten die Prasser
      Zu Weine durch Wasser!

Als das ein Weilchen währt,
Sieht Laps nun lang zurücke
Und ruft zum Ungelücke:
Heh! welch ein langes Pferd! –
      Da geht es, o Tücke,
      In Pulver und Stücke!

Es zieht der Wassermann
Die armen Junggesellen
In seine kühlen Wellen
Und ruft: heran, heran!
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!

Ach Wasser, wärst du Wein!
Sie könnens nicht verschnaufen,
Sie müssen all ersaufen,
Sie zieht der Nix hinein:
      Nur einer ist keiner,
      Komm immer noch einer!


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