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Süddeutschlands Wärme

    Wenn man von Deutschlands Süden spricht,
Von seinen warmen, sonnigen Auen,
Streng ich mich an, doch kann ich nicht,
Was andre meinen, fühlen, schauen.

Wie eine Sage alter Zeit
Erscheint mir Deutschlands warmer Süden.
Kaum aus der Kindheit, fern mir, weit,
Weiß ich noch was von Märzenblüten.

Jetzt oft im Mai noch Frost und Schnee,
O fraget nur die armen Reben!
Sie klagen tränend euch ihr Weh,
Ihr sonnenloses Schattenleben.

Dreiviertel Jahre kalt und wüst,
Ein ew'ger Kampf von Licht und Schatten,
Ja! das schon lange Jahre ist,
Der traur'ge Himmel, den wir hatten.

Im Grame hab ich oft gedacht:
Erlösch' die Sonne voll auf immer,
Stieg' nur empor die nord'sche Nacht
Mit ihres Nordscheins Farbenschimmer,

Mit ihrem Mond, der silberhell,
Die Schneegefilde rings verkläret,
Wo man im Flug des Renntiers schnell
Durch tausend lichte Wunder fähret,

Zu Fackeln diamantnen Strahl
Aus burgeshohen Bergkristallen. –
Die Nacht, die würd' mir hundertmal
Mehr als des Südens Tag gefallen.

Verlebter Süden! schwach und alt,
Hat dich die Wassersucht ergriffen.
Da, wo dein Land war, wird einst kalt
Im Meer der Walfischjäger schiffen.


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