Jean Paul
Aphoristisches
Jean Paul

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2. Menschenschwächen gegen Menschen

a. Es ist eine lebensverwirrende Gewohnheit, daß der Mensch sich das fremde Hassen viel lebhafter und öfter in das Herz hineinmalt als das fremde Lieben, daher er das eine stärker erwidert als das andere; so werden auch die Engel meistens nur klein und halb als Köpfchen mit Flügelchen vorgemalt; aber selten wird ein halber Teufel gezeichnet, der Satan tritt immer ganz auf, dazu noch ausgesteuert mit Gliederaußenwerken oder Randglossen von Horn, Huf und Schwanz. Kein Wunder, daß ein armer Teufel lebhafter gehaßt wird, als das beste Engelkind geliebt.

b. Hast du mit einem Freunde rein gebrochen, so gib – nicht nur aus Menschenliebe, auch aus heiliger Scheu vor der Freundschaftsleiche – ihm kein Zeichen, kein Blatt und, ist es möglich, keinen Augenblick Gegenwart mehr von dir, 125 weil die Zeichen voriger Wärme als die Zeichen jetziger Kälte unnütz und hart den Schmerz des Bruches wiedergebären. Der Mann verträgt viel leichter die kalte Gegenwart einer jetzt feindlichen Geliebten als die eines jetzt feindlichen Freundes; denn eine Geliebte kann durch eine andere ersetzt werden, aber kein Freund durch einen anderen.

c. Der erste Gedanke eines Menschen, der etwas nicht findet, ist der, man habe es ihm gestohlen; und so häufig auch das bloße Verlieren und Verlegen gegen das seltene Bestehlen vorkommt, so glaubt er doch das nächste Mal wieder an einen Dieb.

 


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