Wilhelm von Humboldt
Briefe
Wilhelm von Humboldt

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An Schiller

Tegel, 11. Mai 1802

...Der König hat zwei diplomatische Posten in Italien; einen Residenten in Rom und einen Chargé d'affaires in Neapel. Der erstere wird jetzt rappelliert und hier angestellt, der letztere ist gestorben. Beide Stellen werden nun in meiner Person vereinigt, doch muß ich in Rom wohnen, weil die Geschäfte der Residentur (lauter geistliche für unre katholischen Provinzen) notwendiger und dringender sind als die bloße diplomatische Korrespondenz des letzteren. Auf dem wege soll ich den König von Etrurien von unserm König bekomplimentieren. Diese Stelle ist nichts weniger als glänzend; ich konnte auf eine eigentliche Gesandtenstelle Anspruch machen, und dies ist bloß eine Residentur. Indes vertauschte ich sie jetzt mit keiner andern ohne Ausnahme. Sie ist in einem Lande, nach dem ich mich an sich sehnte, das ich besonders gern jetzt mit Spanien vergleichen möchte, und das mir auch in Rücksicht des Sprachstudiums wichtig ist, weil ich darin die Kenntnis der südlichen Sprachen vollenden kann; dann bin ich verhältnismäßig und dafür, daß ich keine Repräsentation zu machen habe, nicht übel bezahlt. — Deutschland und wiederauf mehrere Jahre zu verlassen, ist freilich immer etwas Großes, besonders für mich. Ich bin einmal sehr deutsch, und werde es ewig bleiben. Aber ich bin auch vorzugsweise vor andern gestimmt, einigermaßen selbst dazu gemacht, mit dem vaterländischen Stoff das in der Fremde erworbene zu verbinden, und am Ende kehre ich doch gewiß nach Deutschland zurück. Sie, mein teurer, inniggeliebter Freund, she ich vor meiner Abreise noch gewiß, die abermalige Trennung von Ihnen und Goethe und Körner ist das, was mich eigentlich schmerzt. Aber wie wenig haben wir uns auch jetzt genossen, und wie wenig Aussicht war für die Zukunft! Ihnen würde ich nie, auch wenn sich günstige äußere Umstände ereigneten, raten können, in Berlin zu wohnen, und ich fand in sehr vielen Dingen unübersteigliche Hindernisse, mich in Weimar zu etablieren. Auf immer werde ich nicht in Rom sein. Es fehlt bei uns in der Karriere, in die ich komme, an brauchbaren Subjekten, und man wird mich bald wo anders hinschicken wollen. In den Zwischenzeiten komme ich natürlich hierher zurück, und wir sehn uns wieder. Vielleicht kämen auch Sie einmal nach Italien? Ihnen würde ich es mehr als Paris raten, und wir verlebten dann glückliche Monate in deutschem Gespräch unter italienischem Himmel!

Von Herzen Adieu!

H.

 


 


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