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II. Der Handkuss

Großhändler Enoch Unangenehme Erfahrungen bestimmen den Verfasser, hier ausdrücklich zu bemerken, was sich für den wohlwollenden Leser eigentlich von selbst versteht, und was auch für seine anderen Erzählungen gilt, daß die in dieser Geschichte genannten Namen willkürlich erfundene und ohne irgend einen Zusammenhang mit der wirklichen Begebenheit sind. Der Erzähler, der sich gezwungen sieht, seinen Menschen Namen zu geben, weil ohne solche Bezeichnung es unmöglich werden würde, deutlich und verständlich zu bleiben, verstößt oft wider Willen bei Familien, welche darin eine Absicht erblicken, die ihm fern lag. Ich protestire gegen jede ähnliche Deutung. Ist man doch kaum im Stande, Namen zu ersinnen, denen man nicht hier oder dort später im gewöhnlichen Leben begegnete. Und das läßt sich nun einmal bei größter Vorsicht durchaus nicht vermeiden. gab einen glänzenden Ball, den letzten vor Eintritt der Fastenzeit. In den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde noch getanzt, das heißt: man legte noch Werth auf anmuthige Haltung, edle Geberden, sittsames Benehmen und suchte die Freude an dieser geselligen Belustigung vielleicht mehr in einem eitlen zur Schau tragen seines für dergleichen Uebungen ausgebildeten Geschickes, als in der Bewegung selbst, welche allerdings auf graziöse, streng zu beobachtende, abgemessene Formen beschränkt blieb. Jedenfalls gewährte der Anblick solches Tanzfestes zu jener Zeit, und auch noch im ersten Zehntheil unseres neunzehnten Säkulums, ungleich größere Befriedigung als die heutzutage eingerissene wildstürmende, jedem guten Geschmacke, nicht selten jeder Wohlanständigkeit entfremdete Raserei, die aus einem Ballsaale den Schauplatz rücksichtslosen Taumels macht, und die unsere Vorfahren, könnten sie aus ihren Grüften steigen und Zuschauer werden, entsetzen müßte. Sie hätten nie für möglich erachtet, daß »gebildete« junge Herren einst wagen würden, in Stiefeln umherzustampfen, welche mit hohen Absätzen den parkettirten Boden dröhnen machen und sichtbare Spuren der Gewalt hinterlassen. Und ehe ein wohlerzogenes Mädchen den jetzt üblichen Wendungen, Berührungen, Umschlingungen überantwortet worden wäre, hätten es die Eltern hinter Schloß und Riegel verwahrt. Aber damals wie jetzt war der Tanz Erwecker, Beförderer, Vermittler zärtlicher Neigungen, und mancher Jüngling, manche von strenger Aufsicht umgebene erblühende Jungfrau, manche leichtsinnige, eroberungssüchtige Schöne sehnten sich nach dem Abend, wo mitten im Gewühle der großen Welt ein Blick, ein Wink, ein verstohlenes Zeichen sagen durften, was der Mund nicht zu sprechen wagte.

In diesem Punkte ähneln sich alle Zeiten, alle Jahrhunderte, mögen Trachten, Bräuche, Sitten und Unsitten sich noch so unähnlich sein. Auch der Ball beim Großhändler Enoch machte keine Ausnahme in öffentlichen und heimliche Liebesangelegenheiten, von denen letztere, wie sorgsam deren Träger und Pfleger sich immer verstecken, bisweilen öffentlicher behandelt, umständlicher besprochen und durchgehechelt werden, als die offen zur Schau getragenen.

So wußte Alt und Jung in der großen, wunderlich gemischten Gesellschaft, welche durch Herrn Enoch's Prachtgemächer wogte, daß die Tochter des Hauses, umgeben von Anbetern jeden Alters und Ranges, wie alle reichen und schönen Erbinnen, aus sämmtlichen nicht viel zu machen und deren nur zwei auszuzeichnen schien, zwischen denen ihre Wahl vielleicht noch schwankte. Der Eine gehörte zu den beim kaiserlichen Reichshofrath angestellten »ordentlichen Agenten«, was so viel sagen will als Anwalt, beeidigter Rechtsfreund bei diesem höchstpreislichen Körper und bei der Reichskanzlei. Er war ein junger, überaus hübscher, fast gar zu zierlicher Mann, welcher die für eine künftige Gattin dreifach wohlklingenden Namen Constantin Ritter von Liebfromm trug. – Der Andere, ein ebenfalls junger Hauptmann vom und von Genie, Isidor Baron Armoni, einziger Sohn des höchst einflußreichen, bei der Regierung wohl accreditirten, allgemein verehrten Reichshofrathes, – den wir, da hier der seltene Fall eintritt, daß die Beisitzer des hohen Collegiums ganz den nämlichen Titel führen, der dem Collegio selbst zugelegt wird, um Verwechslungen und Undeutlichkeiten zu vermeiden, uns erlauben wollen, bisweilen kurzweg »Hofrath« zu nennen.

Obgleich nun Ritter Liebfromm vom Vater, der ihn protegirt und für sein Amt examinirt hatte, fortdauernd begünstigt wurde, hielt sich der Sohn ziemlich fern von ihm. Ja, der Hauptmann und der Reichhofraths-Anwalt galten für entschiedene Feinde, was Jedermann auf ihre Nebenbuhlerschaft um Leonorens Gunst schob, und was der weltmännische, gewiegte, friedliebende Hofrath durchaus nicht schwer nahm. Mag mein Isidor, ließ er verlauten, nur zusehen, wie er mit dem lieben Mädchen sich stellt. Mir wird sie eine höchst willkommene Schwiegertochter sein, aber ich werde wahrlich die Verdienste meines fleißigen, unterrichteten, bescheidenen Liebfromm nicht weniger schätzen oder ihn gar anfeinden, wenn es ihm gelingen sollte, dem Hauptmann den Rang abzulaufen. Das sind keine Amtssachen; das muß solch' junges Völkchen unter sich abmachen.

So ließ Baron Armoni der Vater gern verlauten. Ob er es genau so meint? Ob er nicht, von Isidor's Vorzügen durchdrungen, ganz verschieden dachte? – Das wollen wir für jetzt nicht untersuchen. Wer aber wirklich so verständig und human dachte, das war Vater Enoch, dem ein schwerer Stein vom Herzen fiel, da er den Hofrath sich zum ersten Male in diesem Sinne expectoriren hörte. Denn es wäre dem in mancherlei Spekulationen mehr oder weniger von Armoni's vermittelnder Gefälligkeit abhängigen Großhändler höchst peinlich gewesen, mit seinen Rücksichten für solch' wichtigen Gönner und mit seinen Ansichten von den persönlichen Vorrechten einer heißgeliebten Tochter in Konflikte zu gerathen. Lange hatte ihn der Gedanke gequält, der Baron könne über kurz oder lang Leonorens Hand für Isidor fordern – und Leonore könne ihr Jawort verweigern. Diese Furcht verschwand vor des Gönners liberalen Aeußerungen, – zum Theil auch späterhin wohl vor allerlei Gegengefälligkeiten, die der Großhändler, der Geldmann, dem von der Gelehrtenbank auf die Herrenbank des Reichshofrathes promovirten, nur mit 4000 Gulden W. W. besoldeten Staatsmanne durch baare Darlehen gern erwies. Genug, beide Väter wiederholten zweistimmig: »das muß solch' junges Völkchen unter sich abmachen.«

Durften nun Isidor und Constantin für die nächsten und bevorzugten Bewerber um Leonore gelten, so fiel doch den Beobachtern ihres beiderseitigen Verfahrens die große Verschiedenheit auf, womit sie zu Werke gingen. Der Eine, dem sein Stand nur eine Feder als Waffe verliehen, drängte sich voll Selbstvertrauen vor, zeigte sich seiner Sache fast gewiß, sah über die Achsel jedweden an, der etwa der stolzen Dame sich zu nähern versuchte, lag jedoch vor ihr selbst tief-huldigend im Staube, schmeichelte ihren Launen, machte sich zum unterwürfigsten Sklaven. – Der Andere, an dessen Hüfte ein Säbel klirrte, hielt sich in ehrerbietiger Ferne, zog sich neben andern Bewunderern fast schüchtern zurück, bewahrte jedoch bei dem bisweilen hochfahrenden Wesen der Geliebten seine männliche Würde; gab ihren Ansprüchen, wofern dieselben ihm launenhaft oder unpassend dünkten, durchaus nicht nach und ertrug standhaft, daß sie wochenlang mit ihm schmollte, wie das verzogenen Kindern wohl eigen ist.

Es konnte folglich kaum ausbleiben, daß nach und nach in der Meinung des sogenannten Publikums, – welches allerdings wieder in eine unübersehbare Menge kleiner Unterabtheilungen zerfällt, mit ebenso vielen Schattirungen jener fälschlich benamseten »öffentlichen Meinung,« – daß in dieser nach und nach Constantin als der Begünstigte, Isidor als der Verschmähte bezeichnet ward. Die Welt urtheilt ja immer nach dem Scheine, und wie möchte sie anders! Ihr sind ihre Irrthümer nicht übel zu nehmen. Daß aber die beiden Personen, denen dieser Irrthum galt, ihn theilen, ihm in düstern Stunden wenigstens Gewalt einräumen mochten; daß Isidor sich häufig sagte: nein, Leonore fühlt Nichts für mich, sonst könnte sie nicht verlangen, ich solle mich so tief herabsetzen, mit einem Herrn von Liebfromm zu rivalisiren! – daß Leonore sich häufig sagte: nein, Isidor liebt mich nicht, sonst könnte er nicht so schroff, so unnachgiebig bleiben! – daß dieser Irrthum möglich wurde, beweiset eigentlich nur, wie tief Beiden die Liebe innewohnte, wie ernsthaft ihre gegenseitigen Anforderungen gemeint waren. Nur deshalb vermochten sie sich zu täuschen, einander zu verkennen. Konstantin dagegen täuschte sich gar nicht; der sah wohl, daß er für's Erste nur als Strohmann gebraucht worden, welchen Leonore vorschob, um hinter ihm wie hinter einem Schilde zu grollen. Doch diese Einsicht hielt ihn niemals ab, sich vorschieben zu lassen, sich stets bereit zu finden, wo und wie er gebraucht wurde. Bei solchen Gelegenheiten, meinte er, komm' ich ihr doch jedesmal näher, und ehe sie sich's versieht, wird sie entdecken, daß der vermeintliche Strohmann auch Fleisch und Blut besitzt. Dann wird es, ihn abzuschütteln, nicht mehr an der Zeit, und der stolze Nebenbuhler wird – wer weiß wo – sein! Er selbst ist noch nicht recht im Klaren, was er will und soll. Das macht ihn unsicher. Ich bin darüber klar, daß ich Leonorens Gatte, daß ich Enoch's Schwiegersohn, daß ich sein Erbe werden will. Ich werd' es durchsetzen, und müßt' ich. – – Wir sind nicht berechtiget, des falschen Menschen verborgenste Gedanken zu verrathen; wir haben abzuwarten, bis sie in Thaten übergehen.

Der Abend, mit welchem unsere Erzählung beginnt, schien ausersehen, das Verhältniß Isidor's zu Leonoren auf's Höchste zu spannen und es entweder zum Biegen oder zum Brechen zu bringen. Niemals noch hatte sich die bewunderte Tochter des Hauses anspruchsvoller und herausfordernder, niemals hatte sich Hauptmann Armoni zurückhaltender, man könnte sagen, unbeugsamer gezeigt; niemals noch hatte sich Herr von Liebfromm jedem Winke gehorsamer, jedem gnädigen Lächeln dankbarer, von bescheidensten Hoffnungen mehr beseligt erwiesen. Während er sich um Leonore drehte, wie ein Planet um seine Sonne, stand der Andere zur Seite, nur selten einen Blick hinüber schießend auf das ungleiche, dennoch so vertraulich verkehrende Paar. Hätte Isidor nicht schon einige Tage früher den dritten Walzer dieses Balles für sich erbeten gehabt, er würde wahrscheinlich, gar nicht tanzend, in seinem Schmollwinkel verblieben sein; denn Leonorens – wo nicht Eifersucht, doch verletzte Eitelkeit dadurch zu erregen, daß er sich Tänzerinnen zuwendete, die ihm von Herzen gleichgültig waren, und für diese ein verstelltes Interesse zur Schau zu tragen, – ein solches Hilfsmittel – dessen Wirksamkeit praktische Kenner des weiblichen Herzens wohl zu rühmen wissen – hielt er seiner edleren Gefühle für unwerth.

Wie nun die Reihe der Tanzordnung den dritten Walzer brachte, begab er sich festen Schrittes in Leonorens Nähe und mahnte sie mit gemessener Verbeugung an ihr Versprechen. Die wenigen Worte klangen so männlich und wohltönend zwischen Liebfromm's weichliches Geschwätz, daß alle Umstehenden dieser angenehmen Stimme lauschten, ob sie noch weiter sprechen würde. Aber das geschah nicht. Schweigend führte der Liebende seine Tänzerin zum langsamen Walzer, den wir seit zwei Generationen fast vergessen haben. Es war ein feierlicher Tanz, gewissermaßen das Symbol reiflich bedachter, auf gegenseitige Hochachtung gegründeter Verbindung, wenn die vorangegangene Menuet für eine Allegorie des sich Aufsuchens, Ausweichens, sich wieder Annäherns gelten durfte. Doch gaben beide in ihrer pedantischen Würde vielfältige Gelegenheit, sich als Tänzer auszuzeichnen oder die Reize weiblicher Anmuth zu entfalten. Graziöser, angemessener für sittsame Mädchen, minder nachtheilig für die Gesundheit waren sie jedenfalls, als das jetzige Wett-Wirbel-Drehen auf der Rennbahn der Lungenschwindsuchten.

Leonore mochte erwarten, daß Isidor sie durch irgend einen Vorwurf, einen Tadel ihres koketten Benehmens, ihrer eitlen Prätensionen veranlassen werde, in ein herzliches, leise geflüstertes Wort zusammenzufassen, was all' seine Rügen in Nichts auflösen und ihm neue Zuversicht geben sollte. Doch er war zu tief verstimmt, um solches Wort zu provociren, und sie hätte es ohne Anregung von seiner Seite nicht ausgesprochen, wäre ihr Leben davon abhängig gewesen. So drehten sie sich schweigend um und miteinander herum, ernsten Angesichtes, wie wenn es eine ihnen auferlegte schwere Buße gälte, die es denn genau betrachtet auch wirklich sein mochte. Zwei Liebende, die sich berechtigt glauben, einander zu zürnen, an einander zu zweifeln, und doch genöthigt sind, vor hundert aufmerksamen Zeugen sich zu umschlingen, Aug' in Auge, Wang' an Wange auszuhalten – sind sie nicht fast ebenso schlimm daran, wie ein paar Galeerensklaven, die sich hassen, und die ein grausames Geschick an eine Kette schmiedete? Schlimmer noch! Denn diese dürfen sich Luft machen, während jene der Konvenienz huldigen und sich verstellen müssen. Nur daß die Fessel, welche der Walzer schlang, früher abgestreift wird.

Isidor geleitete Leonore bis an die Niederlassung im angrenzenden Saale, wo er sie aus einem Kreise sogenannter Freundinnen vor zehn Minuten abgeholt, und bewegte schon seine Lippen, sie leise anzureden. Da sah er den unvermeidlichen Ritter von Liebfromm neben ihrem leergebliebenen Stuhle stehen, auf sie harrend – und verstummte. Sie reichte ihm – ein eclatanteres Zeichen von Begünstigung meinte ihr hochmüthiges Selbstgefühl nicht darbieten zu können – die Hand zum Kusse hin. Wenigstens müssen wir die Bewegung ihres wunderbar edel geformten Armes so deuten, denn die burschikosen Handschüttler oder Schüttelhände britischen Ursprungs waren dazumal bei deutschen Jungfrauen noch nicht gang und gebe. Isidor jedoch faßte diese Deutung nicht auf. Er zog sich nach pflichtschuldiger Verbeugung gerade emporgerichtet zurück, wie wenn er keine Ahnung davon hätte, daß heiße Lippen sich auf weißen Händen gut ausnehmen. Leonore hatte nämlich, was wohl besondere Erwähnung verdient, auf dem Gange aus dem Tanz- in den Abkühlungssaal eine ihrer Hände – und ob diese weiß waren! – von der duftig geschmeidigen feinen Lederhülle befreit. Aber wäre diese Hand ein gebratenes Täubchen und der Hauptmann ein rechtgläubiger Russe in strenger Fastenzeit gewesen, dieser würde sich vielleicht eher entschossen haben, seinen Mund damit in Berührung zu bringen, als jener.

Die Umstehenden blickten voll Verwunderung auf die befremdende Scene. Leonore blieb nur einen Moment unschlüssig. Mit erstaunlicher Geschicklichkeit wußte sie Arm und Hand so zu wenden, daß letztere nicht mehr dem trotzigen Officier, sondern dem schon lauernden Reichshofraths-Agenten dargeboten schien. Wie die Tigerkatze auf eine zarte Beute warf Herr von Liebfromm sich auf die Hand. Man konnte den Kuß hören, den er darauf preßte. – Als wenige Minuten nachher neue Gruppen sich da und dort bildeten, zischelte man sich zu: Kein Zweifel mehr, Liebfromm erobert das güldene Vließ; der Hauptmann läßt zum Rückzug blasen.

Unterdessen manövrirte der junge, unbeugsame Stratege keineswegs gleich Einem, der seine Retirade decken und sich, wie es in Gesellschaften heißt, drücken will, sondern er zeigte die entschiedenste Absicht, den Feind zu umgehen, ihn fest zu halten, ihn zum Treffen zu zwingen, – was für einen Anführer ohne Truppen viel Schwieriges hat, besonders wenn der Feind auszuweichen bestrebt ist. Constantin empfand nicht die geringste Lust, dem Officiere Rede zu stehen, dessen unheilverkündende Gesichtsblässe ihn durch alle Räume des großen Enoch'schen Festes scheuchte und verfolgte, wie ein drohendes Himmelszeichen. Es wurde eine förmliche Jagd; kaum entschlüpft, fand Herr von Liebfromm sich schon wieder den Weg verrannt. Endlich war er in einem Winkel »gestellt;« ausweichen ließ sich nicht mehr; es blieb nur noch übrig, allen Muth vorzuweisen, der etwa in ihm verborgen lag. Denn ganz muthlos ist kein Mensch, auch der Feigste nicht. Zorn, Eitelkeit, Schmerz, Neid, Verzweiflung, – bisweilen die Furcht selbst, – wecken das schlummernde versteckte Feuer und können wohl gar Helden erzeugen, die nach vollbrachten Thaten über sich selbst erstaunen. Constantin raffte sich zusammen und fragte keck: Was beliebt, Baron? – Einen unwürdigen Ritter zu züchtigen, beliebt mir, einem Ritter, der zu schlecht für einen Troßbuben wäre, seine Nasenweisheit zu vertreiben, indem ich ihm die Nase aus der unangenehm lächelnden Visage heraushaue. Ich lasse Ihnen die Wahl, ob Sie sich morgen mit mir schlagen wollen, oder ob ich –

Isidor wurde verhindert weiter zu drohen, Leonore stand zwischen ihnen. Ich habe gesehen, was vorging; ich bin Ihnen gefolgt, unter jeder Bedingung ein Duell zu verhindern, als dessen Ursache ich genannt werden würde. Sie Beide müssen einsehen, daß ich so Etwas nicht dulden kann. Sie Beide müssen, wollen Sie mich nicht unversöhnlich beleidigen, mir Ihr Ehrenwort geben, daß Sie sich nicht schlagen werden. – Ihnen darf ich nicht ungehorsam sein, rief Constantin; so schwer es mir fällt, ich gebe das verlangte Ehrenwort. – Schön! sagte der Hauptmann, wobei er Liebfromm's Nase so scharf betrachtete, daß dieser unwillkürlich darnach griff. Leonore gab ihm einen Wink, er möge sie mit Isidor allein lassen, und er gehorchte gern.

Abermals empfand die Jungfrau eine Neigung, ihrem Herzen nachzugeben; abermals fühlte sie sich durch des Geliebten kalten Ernst abgeschreckt, und sein Stolz erregte den ihrigen aufs Neue. Baron, hob sie an, ich bin es müde, für ein Spielwerk Ihrer Launen, meinen Freundinnen für einen Gegenstand des Spottes zu gelten. So unschicklich es auch gefunden werden mag, daß ich mit Ihnen in dieser Ecke ein Zwiegespräch pflege, – ich ziehe das den Kränkungen vor, welche unser halbes, unklares Verhältniß mir fortdauernd bereitet. Sie benehmen sich, als wenn Sie irgend ein Recht auf mich zu haben wähnten, und thun doch stets das Gegentheil von Allem, was ein solches Recht Ihnen erwerben oder – bewahren könnte. Sie behandeln mich achtungslos, Sie –. – Sie beleidigen mich, meine Dame! Ein Mann von Ehre und Bildung kann und wird Ihnen die Achtung nie versagen, die Ihnen gebührt. Ich fordere Sie heraus, mir den kleinsten Umstand zu bezeichnen, wodurch ich die Pflichten der guten Sitte verletzt haben könnte, die ich dem weiblichen Geschlechte überhaupt, die ich Ihnen insbesondere schuldig bin. – Sie fordern mich heraus? Nun ja, Sie sind einmal im Zuge. Ich stehe Rede. Wenn eine Dame, – nein, sagen wir: ein junges Mädchen, dem Sie unlängst noch lebhaft huldigten, Ihnen nach beendetem Tanze die Hand darbietet, und Sie es nicht der Mühe werth finden, Ihren Nacken ein wenig zu beugen und die dargebotene Hand zu küssen, – nennen Sie das einen Beweis von Achtung? – In meinem Sinne, ja! – Aber wissen Sie, das Ihr »in meinem Sinne« an Wahnsinn grenzt? Eine solche Kränkung vor Zeugen –

Eben weil die junge Dame vor Zeugen mir zumuthete, diesen banalen Akt bedeutungsloser Allerweltsartigkeit auszuüben, hielt ich es der Achtung, die ich für mich und für Sie hege, entsprechend, ihn zu verweigern. Das hier zu Lande beliebte, gebräuchliche Handküssen widert mich an. In kindlicher Ehrfurcht würd' ich die Hand meiner Mutter küssen, wenn ich so glücklich wäre, noch eine Mutter zu haben; in zärtlicher Unterwürfigkeit würd' ich die Hand der Geliebten küssen, wollte diese sie mir – ohne Zeugen – überlassen. Im Uebrigen kann ich nicht dienen. Ich gehöre nicht zu jener Schaar auf zwei Beinen hüpfender, zierlich geputzter, stutzerhafter Schooßhunde, die überall zu lecken und zu schlecken bereit sich einschmeicheln wollen. Es ekelt mich an, ihr ewiges Küss' die Hand zu vernehmen, wo der verständige Mann Guten Tag! Leben Sie wohl! – oder Ich danke! sagt. Die Hand, die, mir allein zum Kusse dargeboten, sich jeder Berührung anderer Lippen entzöge, die unentweihte Hand, welche einen Unterschied zu machen wüßte zwischen dem Munde, der jegliches Wort wiegt, und den Sprechwerkzeugen süßlicher, nichtssagender Schwätzer – ich wähnte einst sie gefunden zu haben! – Ich täuschte mich. Es ist eben auch eine gewöhnliche Hand! – Sie wird nie mehr die Ihrige berühren, Herr Baron, dessen seien Sie sicher. Auch im Tanze nicht. Ich bitte Sie, meines Vaters Haus zu meiden. Wir haben uns nie gekannt. –

Sie verließ ihn. Er fühlte, daß er zu weit gegangen; er ahnte, daß er ihr Unrecht gethan. Er wollte sie noch einholen, wieder einlenken – zu spät! Constantin empfing sie und führte sie zum Tanze. – So ist es denn aus! sprach Isidor und entfernte sich aus der Gesellschaft. Als er die Treppen hinabstieg, seufzte er: diese Stufen werd' ich nie mehr betreten.

*

Leonorens Mutter gehörte zu jenen vortrefflichen Frauen, die, aus stiller friedlicher Heimath an den Traualtar geführt und von dort plötzlich in das Geräusch der großen Welt geworfen, vollkommen bei Besinnung bleiben, sich selbst niemals untreu werden und die frommen heiligen Eindrücke ihrer Kinderzeit mitten im Strudel der Umgebungen fest halten. An ihres Mannes Wünsche, »ein großes Haus zu führen,« war sie freilich gebunden und konnte ihm nicht widersprechen, wenn er es nothwendig fand, die verschiedenartigen Persönlichkeiten, mit welchen oder durch welche er seine kolossalen Geldgeschäfte betrieb, gut zu bewirthen, ihnen, wie er es nannte, »zu essen zu geben, sie tanzen zu machen.« Traten solche Nothwendigkeiten ein, dann förderte sie mit allem Eifer einer umsichtigen und geschmackvollen Hausfrau die Anstalten dazu, und wie Küche und Keller berühmt waren, so mangelte auch gewiß niemals das Geringste an äußerlicher Ausstattung. Großhändler Enoch's Gastgebote durften mit allen übrigen der großen Stadt wetteifern, und Madame empfing bei solchen Gelegenheiten die Anerkennung der vornehmsten Leute in huldreich verbindlichen Danksagungen, die sie bescheiden hinnahm, ohne sich nur auf einen Augenblick aus ihrem Gleichgewichte bringen zu lassen. Mochte der Lärm im Hause noch so arg, mochte die Reihenfolge der »unvermeidlichen« Abfütterungen und »Assembléen« noch so rasch sein, – immer bewahrte sie den ungestörten Frieden ihres Zufluchtsortes, den sie sich am abgelegensten Ende des Flügelgebäudes nach dem kleinen Garten zu eingerichtet, welches ihr Gatte nur selten und außer ihrer Tochter sonst Niemand betreten durfte. Dort empfing sie keine Besuche; dort hielt sie sich den Zerstreuungen der Außenwelt unzugänglich; dort lebte sie nur sich, den Erinnerungen an ihre glückliche glanzlose Jugend, den Hoffnungen auf ihre Tochter, – wohl auch manchen Befürchtungen für deren Zukunft.

Was an Leonoren Eitelkeit, Uebermuth, Vergnügungssucht. Hang zu Nichtigem genannt werden mußte, das hatte sie vom Vater, der Ostentation und Ueberhebung fast eben so liebte wie sein Geschäft. Was edel, klug, sittsam, rein und redlich in ihr war, das hatte sie von der Mutter. Leonore übersah den Vater, tändelte mit ihm, lockte ihm durch Liebkosungen die Befriedigung jeder kindischer Laune ab, – doch zollte sie ihm nur denjenigen Grad von Achtung, den ein gutes Kind seinem Vater auch dann nicht versagt, wenn es die Schwächen desselben durchschaut. Ihre Mutter liebte sie mit jenem Gemisch von heiliger Scheu und unterwürfiger Hingebung, welches Furcht genannt werden könnte, lösete nicht unbedingtes Vertrauen seine Bande. Der Mutter öffnete sie willig ihr Herz, und mochte sie nun schon manche Thorheit zu gestehen haben, die ihr ernsten Tadel zuzog, immer wieder gewann sie zärtliche Verzeihung, tröstlichen Rath, mütterliche Theilnahme durch ihre Offenheit.

Am Morgen nach dem vorerwähnten Balle gab es denn viel zu berichten und zu erwägen. Zum ersten Male jedoch zeigte Leonore sich unbeugsam gegen Belehrungen und Ermahnungen der Mutter, wies die Anspielungen auf eine doch mögliche Versöhnung mit Isidor trotzig zurück, vermaß sich hoch und theuer, daß sie sich nimmermehr mit einem so hochmüthigen, unnachgiebigen Menschen, der sie unwürdig behandelt habe, versöhnen könne und wolle; daß jede Spur tieferer Empfindung, die sie sonst wohl für ihn gehegt, die sie der Mutter auch nicht verschwiegen habe, völlig vertilgt sei; daß sie ihn hassen würde, wenn ein so herzloser Egoist überhaupt noch verdiene, gehaßt zu werden, und sich nicht mit Gleichgiltigkeit auch abfinden lasse.

Dies Alles um eines versäumten Handkusses willen, sagte kopfschüttelnd Madame Enoch; ei, mein gutes Kind, wer macht sein Lebensglück und Geschick vernünftiger Weise von solcher Kleinigkeit abhängig? – Der versäumte Handkuß, Mutter, wäre vielleicht eine Kleinigkeit. Der konsequent verweigerte, der mit Hohn und kränkenden Worten zurückgewiesene, auch dann zurückgewiesen, nachdem ich schwach genug war, ihn zu verlangen – der ist eine absichtliche Beleidigung, er ist die Losung des Bruches zwischen mir und ihm. Und ich danke Gott dafür. Ich sehe jetzt erst ein, daß dieser herzlose Mann mich nie geliebt, daß nur Eigennutz und Habsucht ihn geleitet haben kann. Liebfromm bestätiget, wie derangirt sein Vater ist. Wahrscheinlich sollte meines Vaters Reichthum manchen Ausfall decken, und ich wäre dann im besten Falle eine annehmbare Zugabe. Nein, er hat mich nicht geliebt – und ich ihn auch nicht. Ich täuschte mich, war verblendet von eitlen Gedanken, den Sonderling zu reizen, der bisher für unempfindlich galt, war kindisch genug, mich eines eingebildeten Sieges über viele Mädchen unserer Bekanntschaft zu freuen. Ich habe ihn nicht geliebt, ich liebe ihn nicht, wir sind entschieden getrennt!

Wenn es so steht, mein Kind, kann ich Dir nur Glück wünschen zu Deinem klaren Blick, zu diesem festen Entschluß. – Sollte aber in einer Falte Deines Herzens wider Vermuthen noch Etwas versteckt geblieben sein, was unerwartet Dich einmal an frühere Empfindungen mahnte, – dann vergiß nicht, daß ich von Anbeginn dieser Bekanntschaft Isidor's warme Lobrednerin war, daß ich mir keinen besseren Schwiegersohn gewünscht hätte, daß ich auch heute nicht geringer von ihm denke, all' seinen Diatriben gegen das Handküssen zum Trotze! Was er Dir darüber geäußert, was Du mir wiederholt und bei Deiner gegenwärtigen Stimmung doch gewiß nicht embellirt hast, klingt gar nicht so übel und hat, wie Alles, was er spricht, Bedeutung. Vielleicht denkst Du nach einigen Wochen ruhiger über den gestrigen Abend. Vielleicht – – Niemals, liebe Mutter, niemals! rief Leonore mit leidenschaftlicher Lebhaftigkeit aus; und wenn Du mir nicht wehe thun willst, so berühre diese Saite nicht mehr, nenne seinen Namen nicht, gestatte mir desgleichen zu thun! Und ohne abzuwarten, was die Mutter etwa noch zu sagen hätte, entschlüpfte sie.

Nicht an demselben Morgen, wohl aber im Laufe der nächsten Tage, begab sich ein Auftritt im Arbeitszimmer des Kaiserlichen Hof-, eigentlich Reichsrathes Baron Armoni, der viel Aehnlichkeit hatte mit dem so eben Geschilderten. Isidor stellte sich ein, seinem Vater Bericht abzustatten über eine Privat-Audienz, welche der Monarch ihm gegönnt, und zugleich des väterlichen Freundes Beirath und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Sie wissen, theurer Vater, daß unser edler Herrscher kränkelt, daß seine sonst so kühne Zuversicht schwankend wird, daß er oft den Mißmuth nicht unterdrücken kann, den manche fehlgeschlagene Hoffnung, manch' übelwollendes Verkennen seiner besten, großartigsten, freilich oft zu übereilten Reformen in ihm erzeugt. Der aufrichtigste Freund der Menschen hat sich gerade durch das, was er für sie thun wollte, unzählige Feinde gemacht, die im Dunkeln wühlen. Er weiß das, und aus Mißmuth ist nach und nach Mißtrauen entstanden. Rasche, resolute Thatkraft ist in bedenkliches Prüfen umgeschlagen. Sein hoher Geist verfolgt zwar noch immer das herrlichste Ziel, aber leugnen läßt sich nicht, daß die sechs Jahre, die seit dem Tode seiner erhabenen Mutter verflossen sind, wie sie die gewaltigste Revolution, die jemals von einem Throne ausging, herbeiführten, auch den Staat in seinen Fugen erschüttert, und daß diese Erschütterungen auf den Körper des Mannes zurückgewirkt haben, der die Krone so herrlich trug. Was in seinem Busen milde Menschenliebe war und diese männliche Brust zum Altar der Freiheit und des Rechtes machte, das ist im Widerstreite verjährter Vorurtheile, im unvermeidlichen Kampfe des Ideales mit der Realität zur herben Strenge, mitunter zur Härte geworden, so daß man den erbitterten Gegner jeder Unterdrückung bisweilen einen Tyrannen nennen hört. Auch das ist ihm nicht unbekannt und bleibt nicht ohne Einfluß auf seine Entschließungen, die nicht mehr so entschieden eintreten, wie sonst. Diese kurze Andeutung glaubte ich voranschicken zu müssen, um einzuleiten, was ich Ihnen zu erzählen habe. Seit der noch kurz vor Maria Theresia's Tode angetretenen Reise nach Rußland, die eben nicht die geträumten Erfolge hatte, mögen jene Verbindungen und Pläne eine Zeit lang beseitigt worden sein. Neuerdings leben sie wieder auf. Es ist abermals von einer solchen weisen Fahrt zu politischen Weltzwecken die Rede, doch auch hier zeigt sich statt energischen Entschlusses unsicheres Schwanken. Vielleicht vertraut man denjenigen nicht unbedingt, welche an Ort und Stelle über diese wichtige Sache verhandeln sollen. Vielleicht wünscht man, daß ein zuverlässiger, dennoch unbekannter und im diplomatischen Verkehre völlig unbedeutender Mensch sich persönlich dort umthue und Nachrichten heimbringe, die, aus eigener Anschauung hervorgegangen, in ihrer naiven Unbefangenheit mehr sagen, als bogenlange amtliche Relationen. Kurz und gut – es ist mir ein nicht direkter Befehl, ein nicht ausgesprochener Auftrag, wohl aber ein verständlicher Vorschlag zu Theil geworden, mir den Hof der »nordischen Semiramis« ein Bischen anzusehen. Von einer Sendung darf natürlich die Rede nicht sein. Ich muß aus eigenem Antriebe die Lust, die unbezähmbare Leidenschaft kund geben, ein mir fremdes Stück Erdboden kennen zu lernen, muß umständlich und normalmäßig um einen Reiseurlaub einkommen und folglich auch die Kosten tragen, wie Einer, der seine Lust zu büßen hat. Und da Ihr Sohn, auf den eine so ehrenvolle Wahl aus Hunderten heraus doch lediglich um seines hochgeachteten und beim Monarchen beliebten Vaters willen gefallen ist, Ihnen keine Schande machen, sondern nur splendid reisen darf, so entsteht die Frage, ob Ihre Kasse kein veto einlegt?

Die Erwiederung aus diese Mittheilung erfolgte nicht sogleich. Es hatte fast den Anschein, als wäre der Angeredete, der dem Eingange gespannte Aufmerksamkeit, dem Verfolge freudige Ueberraschung widmete, durch die den Schluß so plötzlich bildende Frage unangenehm erschreckt worden. Doch er wußte sich gleich zu fassen und gewann die ihm eigenthümliche phlegmatische Wohlhäbigkeit wieder, ehe noch Isidor das Geringste bemerken konnte. War dieser ja doch so fest von des Vaters geregelten Vermögensumständen, wie von dessen stets bereitwilliger Freigebigkeit überzeugt, daß er jene Schlußfrage blos gestellt, um der Form zu genügen. Auch ging Baron Armoni für's Erste gar nicht darauf ein, sondern entgegnete: Es sollte mich wundern, mein Sohn, wenn sich nicht ein veto gegen diese etwas abenteuerliche Reise aus dir selbst erhöbe. Wie verträgt sich eine mehrmonatliche Trennung von hier mit Deinen Herzensangelegenheiten? Ist es klug, sich zu entfernen, bevor man des Sieges über gefährliche Mitbewerber sicher sein darf? Ein altes Sprichwort behauptet: Aus den Augen, aus dem Sinn! Oder seid Ihr schon im Reinen? Ist die Reise nur ein Umweg zum Ziele, um vielleicht mit einem Orden decorirt vor die Braut zu treten!

Wir sind völlig im Reinen, Vater. Ich habe Leonore aufgegeben, sie mich. Die Bewerber um ihre Hand haben für mich aufgehört, »Mitbewerber« zu sein, denn ich bin nicht mehr ihres Gleichen. Ich räume willig das Feld, und damit kein Zweifel obwalte über meinen unwiderruflichen Entschluß, ist es mir sehr willkommen, auf längere Zeit abwesend zu bleiben. Ich entgehe dadurch auch der Möglichkeit, einen Gewissen zu züchtigen, wozu ich mich, verweilte ich hier, doch vielleicht verleiten ließe. Lassen Sie mich ziehen! – Und wäre diese Ungeduld, diese Hast, andere Lüfte zu athmen, nicht etwa gar ein unwillkürliches Eingeständniß, daß Du doch nicht so ganz abgeschlossen mit Deinen Neigungen, Deinen Wünschen? Fliehest Du nicht etwa die Gefahr, die Befürchtung, der Anblick Leonorens werde mächtiger sein, als Dein Wille ihr zu entsagen? – Nehmen Sie doch jetzt auf einmal einen Antheil an dem Bruche zwischen mir und Mademoiselle Enoch, Vater, den Sie den ersten Regungen einer möglichen Verbindung nie gezeigt haben. Wie soll ich das deuten? Hat sich irgend Etwas, Leonorens Vater und Sie betreffend, zugetragen, was – ?

Nicht das Geringste, unterbrach ihn der Reichsrath schnell, nicht das Geringste! Enoch weiß, daß es mir lieb gewesen wäre, seine Tochter meines Sohnes Gemahlin werden zu sehen, und ich weiß, daß er auch Nichts dagegen gehabt hätte. Doch das ist Eure Angelegenheit, – Ihr seid frei, das versteht sich von selbst. Sprechen wir nicht weiter davon. Du willst reisen; Du erwartest Ehre und Dank, wenn Dir gelingt, ein allerhöchstes Vertrauen zu rechtfertigen. Dagegen läßt sich Nichts einwenden. Triff Deine Anstalten. Reise! – Du brauchst Geld, viel Geld, das seh' ich ein; ich werde die meinigen treffen. Durch mich darf kein Aufenthalt verursacht werden. Wir haben unsere Vorbereitungen zu beschleunigen, damit kein Anderer sich dazwischen dränge. Nach solchen Gelegenheiten, sich brauchbar und nützlich zu erweisen, hascht Alles, was in der Nähe eines Hofes athmet. Nimm diese wahr!

Isidor verließ seinen Vater, fest entschlossen, keine Stunde länger zu verweilen als nöthig, und ebenso fest überzeugt, es werde dem freigebigen Herrn sehr leicht fallen, ihn reichlich auszustatten, um so leichter, weil es am Ende doch der väterlichen Eitelkeit schmeichle, den einzigen Sohn bevorzugt zu sehen. Diese mir gegönnte ehrenvolle Auszeichnung, meinte er, wird den Papa trösten über den Fehlschlag seiner Absichten auf meine Verheirathung, so wie die Reise mit ihren Zerstreuungen mich – hoffentlich! – vergessen lehren wird, was jetzt leider noch unvergeßlich scheint! –

So täuschte sich der Sohn über sich selbst und über seinen Vater. Denn dieser blieb, nachdem Isidor ihn verlassen, rath- und trostlos allein. Der Leichtsinn, welcher ihm, einem doch schon bejahrten und sonst ernsten Geschäftsmanne, bisher stets zur Seite gestanden, wo es auf strenge Prüfung seiner zerrütteten Finanzen ankam, deren traurigen Verfall er geschickt zu verbergen gewußt, – dieser Leichtsinn wollte heute zum ersten Male von ihm weichen. Sehr begreiflich! Bei all' seinen unzählig oft wiederholten Versicherungen: man müsse die jungen Leute sich selbst und ihren Gefühlen überlassen! war ihm doch nie der leiseste Zweifel ausgestiegen, daß sein Sohn eine der reichsten Erbinnen heimführen, und daß diese Verbindung ihm aus allen Verlegenheiten helfen werde. Isidor's Erklärung hatte die letzte Hoffnung geraubt. Er kannte des jungen Mannes festen Willen genugsam. Wankelmuth, unentschlossene Schwäche, Unterwerfung, Aufgeben beleidigten Stolzes – das waren Dinge, die nicht in des Hauptmanns Wörterbuche standen. Dem Vater blieben nur zwei Auswege: Jenem einzugestehen, daß die Mittel fehlten, und so das Reiseprojekt zu zerstören, – oder schnell und ohne Aufsehen die fehlenden Mittel herbeizuschaffen. Wie der seelensgute Rath immer grübelte und sich abquälte – ein einziger Name leuchtete Hilfe verheißend in die Nacht seines Kummers, und das war der Name des Freundes, an den er sich jetzt gerade nicht mehr wenden durfte, da es zwischen dessen Tochter und seinem Sohne zum entschiedenen Bruche gekommen. Drohten doch die bereits gegen Enoch eingegangenen Verbindlichkeiten ohnedies jetzt, nach unvermeidlicher Trennung der beiden Häuser, einen feindseligen Charakter anzunehmen. Denn wer konnte so genau berechnen, ob des Großhändlers bisher bewiesenes Zartgefühl nicht aus rücksichtsvoller Schonung für den Vater des wahrscheinlichen Eidams mehr als aus Respekt für den Beisitzer kaiserlichen Reichshofrathes hervorgegangen sei? Je tiefer Baron Armoni in die Verworrenheit seiner Lage blickte, desto trostloser kam sie ihm vor, desto dringender fühlte er sich aber auch angeregt, sie dem Sohne zu verbergen. Isidor mußte, ohne Ahnung von der Wahrheit, abreisen können, reichlich ausgestattet, fest überzeugt, dieser Aufwand koste den alten Herrn kein Opfer. Das verlangten Vaterliebe – und Vaterstolz! Um jeden Preis! Um jeden! wiederholte er, heftig im Zimmer auf- und abschreitend.

Um jeden Preis! ist ein inhaltschwerer Ausruf, wenn er aus voller bedrängter Seele quillt. Er kann das Erhabenste bedeuten, kann die leuchtende Inschrift des Banners werden, welches hohen, ehrenhaften Thaten voranzieht. Er kann auch das Aushängeschild dunkler Pforten sein, in welche der Pfad zum Unglück, zur Schande, zum Verbrechen führt. Wer ihn ausstößt, weil er Geld herbeischaffen will, der denke bei Zeiten daran, die gefährliche Richtung zu vermeiden.

War es Zufall, war es schlaue Berechnung, daß Ritter von Liebfromm sich eben jetzt beim Hofrath anmelden ließ? Jedenfalls wußte der listige Spürer von des Sohnes Rücktritt bei Leonoren, sowie von dessen Reiseplänen genug, um letzteren, die ihn ja von dem einzigen gefährlichen Nebenbuhler erlöseten, förderlich werden zu wollen. Wahrscheinlich besaß er auch Kenntniß von des Hofrathes vor der ganzen übrigen Welt so vorsichtig verhehlten Geldnöthen, was durch seinen vertraulichen Verkehr mit Vater Enoch erklärlich wird. Kurz, er schlich sich ein, gewandt, geschmeidig, glatt – und kalt, dem leidenschaftlich Erhitzten folglich auf jede Weise überlegen und befähiget, aus zufälligen Wahrnehmungen Vortheil für seine eigennützigen Absichten zu ziehen.

Ein gewöhnlicher Intriguant hätte lauernd geschwiegen über den Hauptzweck des Besuches, hätte wenigstens eine geschäftliche Ursache vorangestellt und gewartet, bis geeignete Wendungen des Gespräches ihm den Uebergang erleichterten. Constantin verfuhr anders. Scheinbar treuherzig platzte er heraus, machte kein Geheimniß aus seiner Freude über Leonorens und Isidor's endlich deklarirte Trennung, die, setzte er hinzu, ihren völligen und unwiderruflichen Abschluß erhalte durch des Hauptmanns Vorsatz, eine große, langwierige Reise in entfernte, selten betretene Gegenden zu unternehmen.

Ihnen, hochverehrter Herr Baron, sagte er, den ich betrachte wie einen zweiten Vater, darf ich jetzt eingestehen, was ich unterdrücken mußte, so lange eine imponirende Persönlichkeit, wie die Ihres Herrn Sohnes, mich im Schach hielt. Er hat gefunden, daß Demoiselle Enoch für ihn keine passende Partie sei! Der Unbesiegbare hat aus eigenem Antriebe sich zurückgezogen; – ich bekenne, daß ich nun anfange, einige Hoffnung für mich zu schöpfen. Wem dürft' ich das freudiger anvertrauen als Ihnen, meinem großmüthigen Gönner? Sie wissen ja am besten, wie es mit einem »ordentlichen Agenten bei hochpreislichem Reichshofrathe« bestellt ist! Unsere Amtsinstruktion enthält zwar nicht, gleich jener der beim Reichskammergericht beschäftigten Advokaten, ein ausdrückliches Verbot, uns von unsern Domestiken oder anderen Personen den Titul »Excellenz« geben zu lassen; solches Verbot ist aber auch bei uns sehr unnöthig, denn unsere Einnahmen sind nicht darnach angethan, dergleichen Ueberhebung zu provociren. Das Register der »Geschäfte und Pflichten der ordentlichen Agenten« führt in zwei Abtheilungen, jegliche aus sechszehn Paragraphen bestehend, in Summa deren zweiunddreißig auf, während die »Rechte und Einkünfte selbiger« mit vier Punkten abgefertiget werden. Dieser schlagende Kontrast soll, denke ich, Denjenigen entschuldigen, welcher unter den Töchtern des Landes Eine zu erringen sich bemüht, die Schönheit und Reichthum vereiniget. Ich spreche zu Ihnen wie, ich wiederhole es, zu meinem Vater. Sie können mir sehr nützlich werden durch gelegentliche Hinweisung auf die Möglichkeit, daß Ihre Fürsprache und des Monarchen Gnade mich bei eintretender Vakanz mit einem Plätzchen in der Gelehrtenbank des Reichshofrathes beglücke. Durch ein glücklich angebrachtes Fürwort, welches aus Ihrem Munde doppelt wirken muß, eben weil Sie der Vater Desjenigen sind, der fast schon für Leonorens Bräutigam galt, der sich jetzt aber angetrieben fühlt, die Grenzen Asiens zu überschreiten. Ihre bereits anerkannte Großmuth wird noch heller in's Licht treten, wenn Sie Ihre Protektion auch in dieser wichtigen Lebensrichtung mir gönnen, obgleich Ihr Herr Sohn mein Widersacher war und ist.

Hätte Baron Armoni in Constantin und dessen ritterlichem Uebergewicht die Ursache von Isidor's gewaltsamen Entschlüssen suchen zu müssen geglaubt, er würde seine schon sprichwörtlich gewordene Bonhommie wohl bei Seite gesetzt und den Herrn Reichshofraths-Agenten trotz der vorangegangenen langgesponnenen Rede kurz abgefertiget haben. Weil er sich aber fest überzeugt hielt, daß sein Sohn keinem Nebenbuhler weiche, sondern nur von inneren Antrieben geleitet mit Leonoren breche; weil er ferner Liebfromm für geeignet hielt, ihm heimlicher Weise irgendwo Kredit zu verschaffen, so ging er auf dessen unterwürfige und versöhnliche Anerbietungen willig ein, versprach Fürworte und Protektionen nach allen Seiten und gab dabei zu verstehen, daß er für den Hauptmann ganz andere Heirathspläne hege, daß ihm die Auflösung dieses Verhältnisses deshalb willkommen sei; daß sie ihn nur in diesem Moment genire, wo Isidor Geld, viel Geld haben müsse, wo er selbst zufällig keinen baaren Vorrath besitze und den Papa Enoch, den er immer ein Bischen wie seinen Bankier behandelt habe, doch ohne Verletzung des Zartgefühls nicht in Anspruch nehmen dürfe. Deutlicher konnte der Mann in seiner Stellung nicht mit Liebfromm reden. Es war auch nicht nöthig, denn dieser verstand und begriff hinreichend, was bestätiget zu hören der Zweck seines Eindringens gewesen. Vielleicht, erwiederte der listige junge Mann, sei es ihm erlaubt, der momentanen Verlegenheit abzuhelfen, und wenn der gnädige Herr Reichshofrath ihn nicht zudringlich schelten wollten, so würde er versuchen – es käme nur darauf an, den Betrag der Summe zu wissen – ? – Armoni reichte dem Agenten die Hand: Sie würden mich recht verpflichten, Liebfromm. Wo möglich zweitausend Stück Dukaten, wenigstens eintausend. Ich gebe Wechsel oder, wenn es gewünscht wird, hypothekarische Sicherheit auf Isidor's – auf unsere Herrschaft. – Liebfromm verbeugte sich. Es ist keine Zeit zu verlieren, sprach er, der Herr Hauptmann hat Eile, und ich – Sie begreifen es, theurer Herr Baron, ich werde auch freier Athem holen, wenn er auf dem Wege nach Asien rollt. Somit empfehl' ich mich zu Gnaden!

Er ging. An der Thüre kehrte er wieder um, wie wenn ihm zufällig in den Sinn käme, was ihn eigentlich hergeführt. Ich wollte mir die Freiheit nehmen, den Herrn Reichshofrath dienstergebenst zu erinnern an jene beiden Gnadensachen, deren Betreibung mir zwar anvertraut ist, für welche ich aber leider Nichts, oder weniger als Nichts thun kann, sintemalen sie entschieden kaiserliche Reservate sind, welche zwar, nothwendig vorausgehender Cognition halber, durch hochpreislichen Reichshofrath zu laufen, endgültige Entscheidung aber doch nur aus allerhöchster Willensmeinung zu erwarten haben. Beide wurden Ihrer Huld, Herr Baron, gehorsamst empfohlen, und Sie ließen sich herab zu versprechen –

Höchst überrascht rief Armoni aus: Weiß Gott, daran hab' ich gar nicht mehr gedacht. Ja, ja, es sind dringende Bittgesuche an mich ergangen aus dem Reiche, und ich bekenne, sie nur rasch überflogen, dann unter andere Papiere vergraben und gar nicht mehr vorgenommen zu haben. Was sind es doch gleich für Fälle, bei denen mein bescheidener Einfluß im Reichshofrath vorarbeiten und im Kabinette nachhelfen sollte? Betraf es nicht die Legitimation eines unehelichen Sohnes, dem seine Mutter den Adel hinterlassen möchte, obwohl er fünf Jahre nach ihres Gemahls, des Grafen, Tode zur Welt gelangte?

Ja, Herr Hofrath, das wäre der eine Fall. Der zweite gilt dem sehnlichsten Wunsche veniam aetatis für den neunzehnjährigen Erben eines großen Fideikommisses zu erlangen, weil sonst –. – Besinne mich schon, besinne mich! Leider beides bedenkliche, scabiöse Sachen! Ich zweifle, daß meine Bemühungen durchgreifen werden. – Auf den Herrn Hofrath haben ich und meine Parteien unsere Haupthoffnungen gesetzt. An Dankbarkeit würde es nicht mangeln, und an Mitteln, sich dankbar zu erweisen, fehlt es meinen Parteien auch nicht. Wenn der Herr Baron sich die Mühe nehmen wollten, jene beiden Bittschreiben noch einmal aufmerksam zu betrachten, so würden Hochdieselben sich überzeugen –. – Gut, gut! Eine Hand wäscht die andere. Betreiben Sie meine Sache hier am Platze, beschleunigen Sie das Resultat. Ich werde Alles aufbieten, Ihren Parteien förderlich zu sein – und auch Ihnen. Adieu, Liebfromm, Adieu! Vertrauen für Vertrauen – und Diskretion!

Als Konstantin Ritter von Liebfromm im Freien war, lachte er höhnisch: Es thut mir leid, hochfahrender, aufgeblasener Vater eines übermüthigen, insolenten Sohnes, daß ich nicht die Ehre haben kann, deinen Geldmäkler zu machen! Bin eines hochpreislichen Reichshofraths Agent, nicht der deinige! Jetzt in aller Hast einen Spaziergang bei kühlem Märzwetter den Kanal entlang, damit wir ein mäßiges rheumatisches Erkältungsfieberchen erwischen, zu Bette kriechen müssen und eine solide Bescheinigung unserer Krankheit vom Arzte verlangen dürfen. Wer krank ist, kann keine Geschäfte betreiben und ist genügend entschuldiget. Unterdessen wird der Reisewüthige drängen – und wofern mich nicht Alles täuscht, werden gewisse Leute dann in ihrer Noth nach gewissen Beilagen greifen, die sie bis jetzt noch nicht in jenen Briefen entdeckt zu haben scheinen. Va bene! Va bene! Der Sohn muß mit dem Vater gedemüthigt werden, sonst bin ich nicht sicher vor ihm. Rußland ist zwar weit, doch es ist nicht aus der Welt; man kann plötzlich von dort zurückkehren. Wir wollen Sorge tragen, daß es für Herrn Isidor zu spät sei, mag er noch so früh wieder heimkommen!

*

Die Versicherung des Hofraths, daß er nähere Einsicht in jene ihm zugegangenen Briefe »aus dem Reiche« nicht nur nicht genommen, sondern dieselben, seitdem sie unter dicke Convolute von Akten gerathen waren, völlig vergessen habe, darf als keine Unwahrheit betrachtet werden Erst Liebfromm's Andeutung rief ihm diese Gegenstände wieder in's Gedächtniß, und des schlauen Agenten Hinweisungen auf »Dankbarkeit der Bittsteller« hatten seine Neugier erweckt, die begreiflicher Weise in seiner jetzigen Lage auf Alles gerichtet war, was unerwartete Zuschüsse darbieten mochte. Kaum befand er sich allein, so wühlte er aus verschiedenen Papierbergen die besprochenen Schriftstücke hervor und ging an deren Inhalt. Beide Briefe glichen sich auffallend in drei Punkten. Erstens zeigte ihre verständig abgefaßte Auseinandersetzung dessen, was die Absender zu erlangen wünschten, nicht nur eine gründliche Kenntniß der für und wider sie sprechenden Gesetze, Vorschriften und Herkömmlichkeiten, sondern eine ebenso genaue Bekanntschaft mit allen Zuständen und Persönlichkeiten des Reichshofraths. Zweitens war in beiden zwischen den Zeilen zu lesen, was nicht in den Zeilen geschrieben stand: daß man des einflußreichen Vermittlers Thätigkeit nicht umsonst in Anspruch nehme. – Drittens war jedem derselben eine auf ein großes Bankierhaus in Frankfurt am Main gestellte, von diesem bereits acceptirte und aus Baron Armoni girirte Anweisung von 1200 und resp. 1000 Stück Dukaten beigefügt, für, wie ausdrücklich bemerkt stand: »Vorauslagen, Douceurs, etwaige Taxen und unvorhergesehene Bedürfnisse.«

Diese verhängnißvollen Blätter hatte der Hofrath bei erstmaliger, eiliger Ueberblickung der Episteln gar nicht mit aus den Couverten gezogen. Sie fielen ihm jetzt desto bedeutsamer in's Auge. Er verglich die darin prangenden Ziffern und Lettern mit den unbestimmten, vieldeutigen Ausdrücken: »Douceurs, unvorhergesehene Bedürfnisse,« murmelte dann: wie gut, daß Liebfromm für mich thätig sein wird, daß ich nicht der Verlockung nachgeben darf, welche aus diesen Blättern spricht! Hierauf schob er Anweisungen und Briefe in ihre Hüllen zurück und verschloß sie in jenem Schube seines Sekretärs, in welchem er alle Privatsachen aufzubewahren pflegte, fest entschlossen, beiden Parteien seine Mitwirkung, insofern selbige außer den bestimmt ausgesprochenen Funktionen eines Reichshofraths liege, zu versagen und ihnen nächster Tage mit dieser Erklärung ihre Anweisungen zurückzustellen. Dann ging er an seine Amtsgeschäfte.

Mittlerweile gewannen Isidor's Reisevorbereitungen einen rapiden Fortgang. Seine Vorgesetzten ließen ihn, da er mit seinem Anliegen sich meldete, gar nicht zu Worte kommen; Jeder schien bereits unterrichtet zu sein, daß »der junge Mann wegen einer Herzensangelegenheit Zerstreuung außer Landes suche,« und schickte ihn gleich zu einer oberen Instanz, wo man ihn abermals schon erwartete. Der Corpschef sagte bloß: Alles in Ordnung; glückliche Reise; Sie können Ihre Jahresgage als Vorschuß erheben. – Das war nicht viel. Wahrscheinlich, meinte er, soll die Gratifikation erst von meinen Leistungen abhängig gemacht werden. Nun, was thut's! Hab' ich doch den Vater und brauche keine Schulden einzugehen, die ich verabscheue. Nur fort, nur fort aus dieser Stadt, daß ich nicht länger eine Luft athme – mit ihr!

Nach Verlauf einiger Tage konnte er demgemäß in seines Vaters Zimmer treten, mit Allem, was zur Abreise nothwendig ist, hinreichend ausgerüstet – nur nicht mit Geld. Er fand den Hofrath niedergeschlagen, verstört, kaum fähig, ihm Rede zu stehen. Als Veranlassung dieser nicht zu verbergenden Erschütterung wurde ihm ein im Collegio erlebter, heftiger Verdruß vorgespiegelt, doch in so zurückhaltender Weise, daß er für unpassend hielt, weiter zu forschen.

Du brauchst Geld, sagte der alte Herr, indem er sich gewaltsam aufraffte; Du hast es zu fordern. Legte ich Dir doch, seitdem Du volljährig bist, noch keine Rechnung ab über die Verwaltung Deines mütterlichen Vermögens, gab Dir immer nur kleine Beträge. Du bist ja so sparsam! Sei mir nur nicht böse, lieber Sohn, daß ich Dich noch um einen Tag verzögere. Erstens glaubte ich wirklich nicht, daß Du so geschwind flott würdest, und dann hab' ich den Kopf so voll gehabt von Amtsärgernissen! – Morgen, morgen zuverläßig! Auf zweitausend Dukaten darfst Du rechnen. Mache Dich bereit, bestelle Pferde; morgen Nachmittag kannst Du reisen. Jetzt hab' ich nothwendig zu thun. Morgen, morgen; auf Wiedersehn! –

Der Hauptmann hatte schon längst das Haus verlassen, da saß der Hofrath noch immer mit gesenktem Kopfe rathlos, schwerseufzend, unschlüssig an seinem Arbeitstische. Vor ihm lagen einige Blätter dünnen Papiers, die er, so lange der Sohn anwesend, mit andern Schriften bedeckt gehalten und jetzt wieder frei machte. Das eine war ein mit Bleistift gekritzeltes Billetchen, »Constantin Liebfromm« unterzeichnet, welches in unterwürfigsten Ausdrücken bejammerte, dem Glücke einer ihm huldreich übertragenen vertraulichen Hilfsleistung entsagen zu müssen, weil Schreiber laut angebogenem ärztlichem Zeugnisse für längere Dauer fest an's Bett gebunden sei. Das andere waren die bewußten Frankfurter Anweisungen. Daneben auf einem kleinen Aktentische waren allerlei ältere und neuere Fascikel aufgeschichtet, in denen der Hofrath ab und zu blätterte, wahrscheinlich ohne viel Tröstliches zu finden; denn er versank immer wieder in sein vorheriges Brüten und Sinnen.

Ich mag die Sachen beleuchten, wie ich will, nirgends finde ich begründete Aussicht, weder die übereilte Majoritäts-Erklärung, noch jene unstatthafte Legitimation glücklich durchzufechten. Meine Ueberzeugung verpflichtet mich, streng genommen, den betreffenden Müttern zu erklären, daß ich und weshalb ich keine Möglichkeit günstigen Erfolges sehe. Ich handle also unrechtlich, wenn ich über Summen disponire, die nur diesem Zwecke gewidmet sind. Selbst wenn ich mich tief genug erniedrige, mich bestechen lassen zu wollen, darf ich es hier nicht, weil ich im voraus übersehe, daß es mir sogar an Scheingründen mangeln wird für die Parteien, die mich erkauften, sei es in öffentlicher Sitzung, sei es in Privat-Audienzen. Und dennoch bleibt kein anderer Ausweg. Isidor darf nicht ahnen, wie es mit meinem, mit seinem Vermögen steht! Er muß diese Reise unternehmen können. Es ist eine Gnade Gottes, der ihm solche unerwartete Gelegenheit darbietet, sich zu heben, zu fördern, in Gunst zu setzen. Nur das kann uns retten; nur aus seiner glänzenden Zukunft kann mir die Hilfe kommen. Er darf jetzt nicht zeigen, daß er ohne baares Geld, daß sein Vater nicht mehr im Stande ist, ihn auszurüsten; es würde ein falsches Licht auch auf ihn werfen. Er muß reisen, er muß bei Kasse sein – um jeden Preis! Mit den Ausstellerinnen der Anweisungen werde ich mich späterhin ausgleichen, werde ihnen schreiben – lassen, durch Liebfromm vielleicht, – daß ich im ersten Eifer, ihnen dienstwillig zu sein, das Geld erhoben, auf zweckdienliche Ausgaben zur captatio benevolentiae hier und dort verzettelt, späterhin erst entdeckt habe, wie wenig auf Erfolg zu rechnen sei; daß ich sie terminweise entschädigen, daß ich günstigere Umstände abwarten will. – Ja, ich werde sie nach und nach bezahlen, werde ihnen zurückerstatten, was ich jetzt gezwungen von der Noth des Augenblicks wie eine erzwungene Anleihe erhebe! Es muß sein – um jeden Preis!

Bevor zwei Stunden verflossen, befanden sich beide Anweisungen im Portefeuille eines Bankiers, – Enoch war es natürlich nicht – und Armoni's Kasse barg zweitausend jener kleinen, verschiedenartig geprägter, rundgemünzter Stückchen Gold, um derentwillen schon so viel Unheil über die Menschheit gekommen ist, weil in ihrem Besitze so viele Menschen ihr Heil suchen.

Am nächsten Tage nahm der Hauptmann bei seinem Vater das Frühstück, welches zugleich ein Diner ersetzte, und Beide zeigten sich heiterer, als ihrer innern Stimmung angemessen war; Beide legten sich den Zwang auf, Einer den Andern zu täuschen, und Beiden gelang es. Gott sei Dank! rief Isidor, als er im Reisewagen saß, mein guter Vater wähnt, ich zöge mit leichtem, freiem Herzen in die Welt; ich hätte Leonore nicht nur aufgegeben, hätte sie auch schon vergessen! – Gott sei Dank! rief der Hofrath, sobald er sich ohne Zeugen sah, mein guter Isidor hegt nicht den geringsten Argwohn! Möge er seine Mission glücklich vollbringen, Zufriedenheit mit seinen Diensten, Anerkennung einernten – und es kann Alles noch gut werden!

Mit diesem unzählig oft wiederholten Stoßseufzer suchte der bekümmerte Mann sich die folgenden Wochen hindurch aufzurichten und wurde dabei auch noch durch Nachrichten Isidor's unterstützt, die, guten Muthes abgefaßt, aus rasch durchflogenen Städten einliefen. Künstlich ersonnene, freilich sehr auf Schrauben gestellte Sendschreiben erwarteten nur Liebfromm's Genesung, um nach verschiedenen durch diesen ertheilten Auskünften an seine vornehmen Clienten abzugehen und sie einstweilen zu vertrösten. Der Hofrath hielt sich von des Agenten Anhänglichkeit so fest überzeugt, daß er beinahe entschlossen war, ihm unter dem Siegel strengster Verschwiegenheit anzuvertrauen, was seit ihrem letzten Zwiegespräch geschehen sei. Ach, wie fern lag dem unglücklichen Manne der Gedanke, jede seiner leichtsinnigen Handlungen könne in dem boshaften Vertrauten einen aufmerksamen Späher gehabt und dieser vom fingirten Krankenlager aus bereits Anstalten getroffen haben, den Vater seines gefürchteten Feindes zu verderben!

Eine Denunciation ohne Namensunterschrift ist gewiß nicht geeignet, Vertrauen einzuflößen, am allerwenigsten wird sie von einem edlen, hochherzigen Herrscher anders als mit Verachtung aufgenommen werden. Wenn sie aber so präcise Nachweisungen enthält, wie jene, die über des Hofraths unredliches Verfahren in allerhöchste Hände gespielt wurde, so muß man ihr nothwendig Aufmerksamkeit gönnen, und sie muß rasche, das heißt den Verdächtigten überraschende Untersuchung veranlassen, damit Letzterem keine Zeit bleibe, schriftliche Zeugnisse seiner Schuld zu vernichten. Mitten in der Nacht stellten sich Kriminalbeamte ein, welche des Hofraths Papiere in Beschlag zu nehmen sich durch Specialbefehle bevollmächtigt erwiesen. Die Gesuche jener beiden Damen aus dem Reiche, sammt den umständlich ausgearbeiteten Entwürfen zu deren Beantwortung fielen ihnen sogleich in die Hände und galten ihnen aus den ersten Blick für so unwiderlegliche Beweise der Schuld, daß ohne weiteres zur Verhaftung geschritten wurde. Die zweite Hälfte dieser fürchterlichen Nacht verlebte Isidor's Vater bereits im Kerker, – und welch' ein Morgen war es, der dem Bedauernswürdigen dort aufging!

Die unerbittliche Strenge, mit welcher im Allgemeinen gegen Personen höherer Stellung bei solchen Gelegenheiten vorgegangen wurde, und welche eben, aus einer die geringeren Stände mit väterlicher Huld und Milde umfassenden Gerechtigkeitsliebe hervorbrechend, eine heilsame Abschreckungstheorie im Sinne hatte, mußte natürlich, wie jede Theorie, wo sie Praxis werden soll, in ihrer Konsequenz bisweilen zur grausamsten Härte umschlagen. Und das erfuhr der Gefangene an sich. Er hatte nicht allein seine Vergehungen zu büßen. Ihm ward auch noch zugerechnet, daß es sein Sohn sei, dem um des Vaters willen eine ehrenvolle Auszeichnung zu Theil geworden, dessen Namen er durch den Seinigen nun schände, dessen vielverheißende Laufbahn er mehr oder weniger zerstöre. Wie nur die ersten Steine aus dem bis dahin mühsam gestützten, innerlich morschen Gebäude von Wohlstand, Anerkennung, Wirksamkeit, Einfluß herausgebrochen waren, stürzte augenblicklich Alles in Trümmer, und der in wenigen Wochen zum Greise gewordene Ehrenmann saß auf den Ruinen seines von vielen beneideten Glückes als überwiesener Betrüger, als gemeiner Verbrecher.

Er wurde zu dreijährigem Schiffsziehen verurtheilt. Dieses Urtheil wurde, da die Aerzte ihn für körperlich unfähig erklärten, solche furchtbare Anstrengung zu ertragen, aus besonderem Erbarmen umgeändert, und er zum Gassenkehren begnadigt. Als man ihm dies bekannt machte, schluchzte er jammervoll: O diese Gnade ist Grausamkeit! Das Schiffsziehen hätte mich bald von solchem Dasein erlöset; beim Gassenkehren kann ich die Schmach vielleicht ein Jahr hindurch tragen, kann noch am Leben sein, wenn mein Sohn heimkehrt!

Alle, die das hörten, weinten mit dem Elenden. Doch Keiner sah eine Möglichkeit vor sich, die unbeugsame zornige Strenge eines in seinem huldvollsten Vertrauen schmählich getäuschten Herrschers zu besiegen. Des Verurtheilten Gläubiger konnten aus der Konkursmasse nur unvollkommen befriedigt werden, obgleich Isidor's Ansprüche mit hineingeworfen und aufgeopfert wurden, was gesetzlich unmöglich gewesen wäre, hätte nicht die verstorbene Mutter versäumt, durch Befolgung vorgeschriebener Formen ihren letzten Willen vor den Eingriffen des Wittwers sicher zu steilen.

Unter den Verwünschungen des Publikums trat der »muthwillige Bankerottierer,« der »vornehme Betrüger« die furchtbare Strafe an, und seine ehemaligen Kollegen eilten hastig vorüber, wenn sie zufällig Gruppen in der Gasse sich näherten, aus denen sein geschmähter Name erklang. Gott sei Dank, hörte man in allen geringeren Gasthäusern zwischen Wein und Bier ausrufen, daß es jetzt bei uns nicht mehr heißt: »die kleinen Diebe hängt man, und die großen läßt man laufen!«

*

Die allgemein ausgesprochene, von vielen Neidern mit sichtbarer Schadenfreude ausgebreitete Vermuthung, daß Großhändler Enoch die so lange zwischen ihm und Baron Armoni bestandene Intimität durch schwere Verluste büßen werde, zeigte sich sehr bald unbegründet. Jene schon erwähnte Unvollständigkeit des von Isidor's Mutter hinterlassenen, doch weder amtlich beglaubigten, noch irgendwo publicirten Testamentes hatte dem Vater möglich gemacht, die seinem Sohne ausschließlich zugedachte Herrschaft als Gemeingut zu behandeln und mit Schulden zu belasten. Enoch's Darlehen waren größtentheils auf dies werthvolle Besitzthum eingetragen, und der vorsichtige Kaufmann durch sichere Grundverschreibungen vollkommen gedeckt. Die geringeren Summen, die er in letzterer Zeit dem stets um baares Geld Verlegenen, wie er es nannte, »auf die Hand« gegeben, kamen weiter nicht in Betracht; sie waren durch hundert »kleine Gefälligkeiten« schon vorher ausgeglichen. Wenn von allen Seiten die Frage erklang: Wo um Gotteswillen hat der Verschwender sein und anderer Leute Geld hingethan? Er hat ja doch im Ganzen keinen übertriebenen Aufwand gemacht, sein Sohn noch weniger! Stand doch in schönem Gehalte, zog tüchtige Nebeneinnahmen, besaß eigenes Vermögen von der Frau her! Wo ist's geblieben? – Dann entgegnete Enoch: In Gertrautenhof! Das Landgut hat's verschlungen!

Und wurde dann weiter gefragt: dann ist die Wirthschaft also dort im vortrefflichsten Stande? so entgegnete der Großhändler abermals: Im erbärmlichsten! Weder auf den Zustand der Gebäude, die, das hübsche Schloß ausgenommen, durch die Bank nicht viel werth sind; noch auf Ackerkultur und Viehstand hat er geachtet. Das ging seinen Schlendrian unter einem bequemen Verwalter. Was die Herrschaft trug, und vielleicht noch einmal so viel darüber, das hat er wohl wieder hineingesteckt, aber dennoch vergeudet – in Zwiebeln. – In Zwiebeln? riefen die Hörer ungläubig lachend. – Ja, in Zwiebeln, deren eine Einzige oft so theuer gekauft werden mußte, daß ihrer zwölf die Ernte des Jahres verschlangen. Mein armer Freund war mit einem Wort ein Tulpennarr, ein Hyacinthen-Eroberer, ein Zwiebel-Anbeter, so närrisch, so toll, so wahnsinnig wie nur jemals Einer in Holland, woher er bekanntlich durch die Mutter stammte. Es war ihm eingeboren. Schon als jüngerer Mann kannte er keine größere Freude. Unser vor fünfzehn Jahren verstorbener van Swieten nannte ihn einen »verzwiebelten Maniacus.« Wenn ich bedenke, daß in seinem jetzigen Zustande eine ganz ordinäre Zwiebel, drei Stück um einen Kreuzer, ihm vielleicht köstlicher Leckerbissen auf das schwarze Kerkerbrod dünken wird, so ist mir wahrhaftig, als hätte ich selbst an Zwiebeln gerochen, und die Thränen schießen mir in's Auge. Und wenn ich an den Sohn denke –.« Kam Papa Enoch in seinen Erörterungen so weit, dann mußte er das Gespräch jedes Mal abbrechen, denn Thränen erstickten ihm wirklich die Stimme.

Noch tiefer, noch ausdauernder zeigte sich die Theilnahme seiner Gattin. Diese hatte ja niemals aufgehört, in Isidor den Geliebten ihrer Leonore zu erblicken, mochte Letztere noch so oft und entschieden versichern, daß sich kein wärmeres Gefühl mehr in ihrem Herzen rege für den hochmüthigen, unnachgiebigen jungen Mann. Eine verständige, zärtliche Mutter sieht scharf, sie läßt sich durch Worte nicht irre leiten. Leonorens Mutter bemerkte mit Schreck und Gram, daß die Schmach, welche gewissermaßen den Namen des Hauptmanns getroffen, von ihrer Tochter fast triumphirend begrüßt wurde, weil – äußerte die sonst so menschenfreundlich gesinnte, wohlthätige Jungfrau – der unerträgliche Stolz eines von seinen Verdiensten aufgeblasenen Herzlosen nun verdientermaßen gedemüthiget werden dürfte. Wie glühend, so klagte die trauernde Mutter, wie glühend muß ihre Leidenschaft für Isidor noch brennen, wie fest verwachsen muß er mit ihrem innersten Leben sein, wenn sie im Stande ist, sich zu Empfindungen der Rache zu erniedrigen, sie, deren großmüthige Seele von Kindheit auf nur die edelsten Regungen kund gab!

Bestärkt wurde Madame Enoch in dieser Ueberzeugung durch ein Ereigniß, welches von minder Einsichtigen, auch vom Vater, ganz entgegengesetzte Deutungen erfuhr. Leonore bestand nämlich darauf, das der Subhastation unterzogene Landgut der Armoni's solle auf ihren Namen angekauft und zu solchem Ankauf nöthigenfalls das ganze ihr von ihrer verstorbenen Großmutter zugefallene Erbtheil verwendet werden. Der Vater wehrte sich mit Händen und Füßen gegen die Erfüllung dieses Wunsches, den er einen »verrückten Einfall seines geliebten Lorel's« nannte; die Mutter jedoch, weil sie eine Hoffnung, wenn gleich eine noch sehr ferne, dunkle darin ahnete, schlug sich diesmal auf der Tochter Seite, was den Sieg natürlich beschleunigte. Sämmtliche Mitbewerber wurden überboten, und Gertrautenhof gehörte Leonoren Enoch.

Gott soll mein Kind vor der Zwiebel-Krankheit schützen! lautete nun des Großhändlers tägliches Gebet, so lange bis er sich überzeugt hatte, daß Glashäuser und Blumenbeete nicht den geringsten Einfluß auf diesen Ankauf gehabt haben könnten, weil weder seine Tochter, noch deren mütterliche Bundesgenossin mehr als oberflächliche Neugierde für den Katalog der überschwänglich theuer bezahlten Tulpen und Hyacinthen zeigten. –

Wenn's ihr nicht um dieses bunte Spielwerk zu thun war, äußerte er beruhigt, so kann's nur darauf hinzielen, daß sie ein ungestörtes Plätzchen für die Flitterwochen suchte. Gieb Achtung, Frau; unser Lorel nimmt den Liebfromm zum Gemahle! – Ich fürchte, sie zwingt sich zu solch' gewaltsamem Entschlusse, pflegte die Mutter betrübt zu erwiedern; ich fürchte, sie geht in ihr Unglück! – Dummheiten, Dummheiten, Alte. Ihr Unglück mit Ritter von Liebfromm, einem gelehrten, geschickten Juristen, allbeliebt, allgeachtet, feiner Mann, jung, angenehm, von Oben protegirt, einer großen Carriere gewiß! Wo sitzt das Unglück? Sie liebten sich lange schon. Nur der Hauptmann stand dazwischen mit dem Sarras! Hätte sie den vorgezogen, das wär' jetzt ein Unglück, ein fürchterliches! Mit Liebfromm geht sie in ihr Glück! –

Es schien beinahe so. Constantin hatte sich allgemach zum »Hahn im Korbe« bei Enoch's aufgeschwungen. Vom Vater ausgezeichnet, von der Mutter still geduldet, mit der Tochter im traulichsten Verkehr, galt er überall für den Erwählten, und es fiel keinem Bewerber weiter ein, sich fürder um Leonore zu bemühen. Auch herrschte in unterrichteten Kreisen kein Zweifel, der bisherige Agent beim Reichshofrathe werde sehr bald zu einer nicht unbedeutenden Stelle in kaiserlichen Diensten berufen werden, die ihm als Belohnung gebühre. – Als Belohnung? Wofür? Darüber waren die Meinungen getheilt. Verschiedene Stimmen bezeichneten verschiedene Ursachen. Einige flüsterten heimlich, er habe sich von einem sehr hohen Gegner Armoni's, welchem dieser unbequem gewesen, gebrauchen lassen, desselben Sturz herbeizuführen, und dafür sei ihm glorreiche Beförderung verheißen. An Gerüchten, mögen sie noch so falsch, noch so tückisch erfunden sein, ist immer Etwas wahr. Dies bestätigte sich auch hier. Und ebenso bestätigte sich auch jene alte, niederschlagende Erfahrung, daß dieselben Menschen, die dergleichen Gerüchte verbreiten, sich heuchlerisch verbeugen, wenn sie demjenigen in's Gesicht schauen, hinter dessen Rücken sie das Schlimmste sagten, – wofern dieser mächtige Gönner zählt. Liebfromm war niemals zuvorkommender behandelt worden, als seitdem man ihn für einen heimlichen Denuncianten hielt.

Bis in's Enoch'sche Haus drangen solche Verdächtigungen nicht. Dort blieb Konstantin, der um seines »väterlichen Freundes« herzzerreißendes Unglück tief trauernde, gemüthvolle, bescheidene, demüthig hoffende Anbeter, dessen Schmerz über Armoni's Schicksal nur durch die Freude über Isidor's Abwesenheit gemildert wurde. Gelegentlich ließ er dann einfließen, wie der Hauptmann, wahrscheinlich schon in Voraussicht einer drohenden Katastrophe, sich noch zu rechter Zeit entfernt habe. Später gab er zu verstehen, man raune in gewissen Regionen sich in's Ohr, der jüngere Armoni sei bereits bittend eingekommen, daß man ihm gestatten möge, einen andern Namen zu führen und einen Vater zu verleugnen, den er verachten müsse. Diese hingeworfenen Andeutungen erregten auf's Neue Leonorens Zorn gegen Isidor. Da zeigt sich, rief sie heftig aus, des Menschen kaltes, selbstsüchtiges Wesen. Seinen Vater verleugnen! Einen wenn auch schwachen, dennoch so zärtlichen Vater, der für ihn in's Verderben ging! Wenn er ein kindliches Herz in der Brust trüge, – aber das ist es eben, er hat gar kein Herz!

Dann legte Liebfromm die Hand auf das seinige, zum Zeichen, daß dort eins schlage, und mit den Augen sagte er, für wen. Und Leonore lächelte ihm zu: an Ihnen hab' ich nie gezweifelt! Dennoch aber ging's nicht weiter mit Beiden. Des Vaters Fragen, bis wann die Verlobung sei, überhörte sie. Die Mutter fragte nicht, grämte sich und schwieg; ihr blieb Constantin ein Gegenstand des Argwohns und Isidor der Sohn ihrer Wahl, unerachtet aller Schande, die sich an die Familie geheftet. Was mag dieser edle, tüchtige Mensch dulden? Wird er es überleben? – Das war der Gedanke, der die gute Frau nicht mehr verließ.

Heut zu Tage, wo die Verbindungen zwischen großen fernen Reichen so leicht geworden, klingt es unglaublich, dennoch ist es vollkommen wahr, und dem damaligen Zustande gegenseitiger Beförderungsmittel entsprechend, – Isidor wußte noch nicht das Geringste vom Unglück in der Heimath, als der Prozeß seines Vaters längst abgemacht und dieser bereits der grausam auferlegten Buße verfallen war. Briefe nach Rußland und aus Rußland abgesendet, wenn sie auf den Kursen der Post von Wien durch Galizien und umgekehrt von Petersburg nach Oesterreich gehen, sind immer noch tausend unberechenbaren Zufällen preisgegeben. Nun erst damals, wo das Postwesen, auch in Deutschland noch so weit zurück, seines Erlösers, des unvergeßlichen, lange noch nicht genug gewürdigten Nagler harrte!

Daß Hofrath Armoni eben so wenig die Gefälligkeit abgehender Kabinetskuriere hatte in Anspruch nehmen dürfen, als sein Sohn sich an die Gesandtschaft mit ähnlicher Bitte wenden konnte, lag in der unbestimmten, mehr auf halbverständliche Andeutungen als auf ausgesprochene Befehle erfolgten Sendung Isidor's. Sollte er nicht sehen und hören, ohne sich viel sehen und hören zu lassen? Sein Bestreben mußte dahin gerichtet sein, sich möglichst fern zu halten von jeder näheren Berührung, Alles zu vermeiden, was Aufmerksamkeit erregen könnte, sich in der großen Masse zu verlaufen und zu verlieren. Wie wenig ein solches »sich Absondern« geeignet sei, Geheimnisse, Intriguen, Kabalen aus obern Regionen zu erlauschen und etwas Brauchbares für einstige mündliche Rapporte zu erhaschen, das hatten weder die ihn entsendet, noch er selbst vorher genugsam erwogen. Jetzt sah er es ein und befand sich deshalb in niedergeschlagener Stimmung, welche noch vermehrt wurde durch das gänzliche Ausbleiben von Erwiederungen auf seine vielen, sehr behutsam abgefaßten Briefe an den Vater.

Eine Reise des Hofes nach Moskau und in südliche Distrikte des Riesenreiches brachte einige Erheiterung. Ein glücklicher Zufall hatte ihn davon erfahren lassen, ehe noch der allerhöchste Wille der absolutesten Herrscherin allgemein bekannt geworden, und er benützte das, schon vor dem Hofhalte aufzubrechen, voll Erwartung, ob es ihm gelingen werde, durch heimlich angeknüpfte Bekanntschaften mit etwelchen Günstlingen niedrigeren Schlages dort in mancherlei heimlich gesponnene Verwickelungen einzudringen, deren Gewebe ihm für seine Zwecke wichtig schien. Je tiefer in's Land hinein, desto weniger wagte er auf Nachrichten aus der Heimat zu rechnen, und er lernte sich endlich in Geduld fassen. Ja, er trieb die Resignation so weit, im Ausbleiben jeglicher Kunde für sein liebekrankes Gemüth Tröstung zu finden.

Was würde, sagte er sich, mir wohl zuvörderst gemeldet werden? Die Vermählung eines armseligen, verächtlichen Kriechers mit Leonoren, welche ich ja doch nie vergessen kann, welche mir ewig theuer bleiben wird mit all' ihren Fehlern. Ist es nicht besser, ich befinde mich in der Ungewißheit, die so viel Qualen, die dabei nicht minder ihre Reize hat? Ist es nicht besser, ich werde fortdauernd in Spannung erhalten durch den vielleicht albernen, darum doch süßen Traum, die Entfernung könne mir gewähren, was die Nähe versagte? Die Trennung könne mich ihr in hellerem Lichte zeigen und eine Sehnsucht erwecken, welche den eitlen Hochmuth schmilzt, der das herrliche Mädchen irre geleitet? Derlei täuschenden Bildern gab er sich hin, als er im kleinen Schlitten die unübersehbaren Schneegefilde durchflog.

Seine Erwartungen in Betreff politischer Durchstechereien wurden übrigens nicht getäuscht, und es gelang ihm hinter verschiedene Schliche zu kommen, deren Kenntniß von Bedeutung war. Ja, er fand unerwartet einen Vertrauten unter denjenigen, welche zu beobachten sein geheimnißvoller Auftrag gewesen. Beide handelten jetzt im Einverständniß, und die Ausbeute ihrer gemeinsamen Forschungen wuchs zusehens, so daß Isidor zu glauben begann, er werde seiner Mission Ehre machen und einflußreiche, dem Vaterlande nützliche Resultate heim bringen, ein Glaube, der ihn über das Zweideutige, das für einen offenen, freisinnigen Charakter in derlei Rollen liegt, siegreich erhob. Auch sah er sich nicht gezwungen zu lügen oder zu betrügen, – er beobachtete nur, ließ kein Wörtchen zur Erde fallen, bewahrte Aeußerungen wie Begebenheiten in seinem Tagebuch und kombinirte, was um ihn her sich zutrug, mit einem Geschick, welches natürlich in der Uebung täglich wuchs. Dies Gelingen ließ ihn die Sehnsucht nach der Heimath oft vergessen, machte ihn heiterer, ja beglückte ihn gewissermaßen, als sich nun der Zeitpunkt herannahte, wo er nach erfüllter Pflicht an die Heimkehr denken zu dürfen meinte. Ich trete nicht mit leeren Händen auf, sprach er; ich bringe ein ziemlich klares Bild hiesiger Zustände mit, kann manche versteckte Absicht enthüllen, weiß auch zu würdigen, wo man es wahrhaft ehrlich mit uns meint; meine Berichte werden Gewichte sein, die entscheidend in die Wagschale fallen. Ich bin nicht vergeblich hier gewesen, alles Uebrige wird sich finden!

Von solchen kräftigen Gedanken neu gestählt, begab er sich zu seinem jüngst gewonnenen Freunde und Landsmann, mit diesem noch Einiges zu berathen, fand aber einen befremdend abgemessenen Empfang, der die Mitte hielt zwischen absichtlicher Einsilbigkeit und verlegener Theilnahme. Im ersten Augenblicke wähnte er, diese Zurückhaltung beziehe sich auf Geschäfte, und es sei Etwas geschehen, wodurch sein Vertrauter amtlich kompromittirt zu werden fürchte. Doch bald zeigte sich, daß nicht Jenem, daß ihm selbst dies plötzlich veränderte Betragen gelte. Haben Sie Nachrichten, die mich betreffen? fragte er; ist meinem Vater ein Unglück zugestoßen? – Das größte, welches Ehrenmännern widerfahren kann; er ist des Betruges angeklagt, überwiesen, verurtheilt, seiner Würden und Aemter entsetzt –

Isidor hörte nicht weiter. Schon stürzte er fort, Pferde zu bestellen. Seine Anstalten waren bereits getroffen gewesen, der Postpaß gelöset. – Gegen Abend flog er, von drei flüchtigen Rennern gezogen, die Landstraße entlang, in die Stacht hinein. Ach und in welche Nacht!

*

Ein frühzeitiger, voreiliger Frühling war mit den ersten Märztagen über's Land gedrungen, saugte die letzten Schneestreifen von Feld und Wiese und lockte im jüngst angelegten Augarten tausend Veilchen aus jungem Grün. Herr Ritter von Liebfromm ließ sich angelegen sein, jedweden Vormittag ein duftig Sträußlein Leonoren zu bringen, welche bereits für seine Braut galt, nicht allein in der Meinung der ganzen Bekanntschaft, sondern auch in der Ueberzeugung des Herrn Enoch. Denn dieser umsichtige Mann, der als Großhändler en gros als Neuigkeitskrämer jedoch sehr en detail handelte, wußte zuversichtlich, daß Constantin sehr bald die, wenn auch gewinnreiche, keinesweges zu besonderen Ansprüchen berechtigende Existenz eines Reichshofraths-Agenten mit einem höheren Range vertauschen und seiner Auserwählten einen ehrenvollen Titel zur Morgengabe schenken dürfte. Der junge Mann, sagte er, weiß sich zu benehmen, weiß sich zu fügen, nöthigenfalls zu schmiegen; der junge Mann kann's weit bringen mit Gottes Hilfe – und wenn der Schwiegervater ein Bischen nachhilft mit Geld und guten Worten, wird's auch nicht schädlich sein!

Leonore verrieth eben keine entschiedene Neigung für Herrn von Liebfromm, aber sie that auch Nichts, ihn abzuschrecken; sie ließ die Dinge gehen, wie sie gingen, und schien bereit, auch über sich ergehen zu lassen, was kommen würde. Ihr Vater meinte: ganz umgewandelt hat die Liebe mein Kind; keine Spur mehr von ihrer sonstigen Sucht zu befehlen, zu herrschen, ihren Willen durchzusetzen; sie ist die Nachgiebigkeit selbst! – Die Mutter sah in dieser Nachgiebigkeit nichts Anderes als Geringschätzung alles dessen, was um ihre Tochter her geschah; sie leitete des sonst so spröden Mädchens auffällige Güte für Konstantin nicht wie der Vater aus zärtlicheren und erwiedernden Gefühlen, sondern lediglich aus jener Apathie her, welche sich nach dem übereilten Bruche mit Isidor der stolzen Jungfrau bemächtiget hatte, und es jetzt gleichgültig fand, wodurch die unausfüllbare Leere ihres Innern scheinbar verdeckt und übertüncht werden wollte. Die arme Frau befand sich in peinlicher Lage. Ihre Ueberzeugung, daß Leonore nur mit ihrem Leben aufhören könne, Isidor zu lieben, stand unveränderlich fest, und dennoch durfte sie weder warnen, rathen, noch trösten, denn seit Armoni's entsetzlichem Sturz sah sie kein Mittel mehr, gut zu machen, was der jungen Leute stolzer, unbeugsamer Eigensinn, was des alten, leichtsinnigen Hofraths schwere Schmach rettungslos verdorben hatte. Ihr edler Sinn, ihre reine Seele ahnten, Liebfromm sei Leonorens unwürdig; doch es fehlten ihr Beweise, und die Erinnerung an den Abwesenden, welche die sicherste Bundesgenossin wider ihres Gatten Verblendung, wider ihrer Tochter unbegreifliche Gleichgültigkeit gewesen wäre, durfte sie unter den vorwaltenden Verhältnissen nicht wach rufen, weil sie fürchten mußte, Leonorens Stolz neu zu erregen und die bittere Frage zu hören: Soll ich eines Gassenkehrers Schwiegertochter werden?

Auf diese Weise faßte der konsequente Bewerber mit jedem Tage festeren Fuß, und Leonore hatte sich, darüber war kein Zweifel mehr möglich, allgemach an den Gedanken gewöhnt, Frau von Liebfromm zu heißen, wenn auch zwischen ihr und Jenem, der diesen Namen ihr zu geben trachtete, noch immer kein eigentlich bindendes Wort gewechselt war.

Heute muß ich ihr Ja empfangen! rief Constantin, da er an einem sonnenhellen Tage früher als gewöhnlich, den vollsten frischesten Veilchenstrauß in der Hand, Enoch's Haus betrat und Leonore, die im offenen Fenster lag, freudig begrüßte. Sie steckte die Veilchen vor die Brust, was sie noch nie gethan, das belebte seine Zuversicht. Er nahm den Platz neben ihr. Beide Arme auf das schwellende Kissen gestützt, lehnte er sich ihr so nahe wie möglich hin, sein Arm berührte den ihrigen. Zum ersten Male trat die berechnende Schlauheit, welche jeden seiner Schritte bisher geleitet, sorglos in den Hintergrund, verdrängt von jugendlich-feurigen Wünschen, die ihn überwältigten. Die Natur verlangte endlich ihr Recht bei diesem der Unnatur des Eigennutzes, des Ehrgeizes, der Verstellung fröhnenden Heuchler. Er vergaß die Rolle des Tugendhelden, des strengen Anklägers menschlicher Sündhaftigkeit. Der überschwengliche Anbeter verwandelte sich in einen lüsternen Liebhaber und trug es offen zur Schau, insoweit seiner Nachbarin vornehme, Achtung gebietende Persönlichkeit dies gestatten wollte.

Die Umwandlung mißfiel Leonoren nicht. Was von jedem Andern, der sich ihr vorher schon als ehrliches Weltkind verrathen, ihr unverzeihliche Keckheit gedünkt hätte, reizte sie an Constantin, weil es eine unwiderstehliche Gewalt ihrer eigenen Reize bewies, welche den kalten schönen Ritter plötzlich so warm durchglühte, daß er sich gar an's ausgesprochene Beneiden der Seligkeit wagte, die seine Veilchen an ihrem Busen genössen! Und abermals waren es Hochmuth und Eitelkeit, von denen sie sich betrügen ließ. Constantin gefiel ihr wohl in diesem Augenblicke; sie überredete sich, sie könne ihn lieb haben, einzig und allein um der Zaubermacht willen, die von ihr ausging, die sogar die stahlgepanzerte Rüstung undurchdringlicher Vorsicht und Behutsamkeit weich und den demüthigsten, bescheidensten, nur in ätherischen Anbetungen schmachtenden Bewerber kühn machte, neben ihr zu verrathen, daß er ein junger Mann sei, daß er bereits gewisse Rechte zu haben vermeine. Ihrer kräftigen Persönlichkeit hatte ein sich fügender, gehorsamer Freund, wie bequem er immer sein mochte, doch niemals näher treten können. Wenn sie ihn geduldet, wenn sie die Möglichkeit nicht abgewiesen, ihm ihre Hand am Altare zu reichen, unterlag sie dem thörichten Wahne, sich dadurch an Isidor, dem Verhaßten, bitter zu rächen. Heute zum ersten Male trat ihr ein Bild vor die Seele, als könne Liebfromm, wenn er die Maske einmal abgelegt, die er täuschend wie ein wirkliches, lebendiges Antlitz getragen, männlichen Willen entwickeln, Selbstständigkeit zeigen, vielleicht aus dem submissen Diener ein entschiedener Herr werden. Denn das ist der ewige Widerspruch solcher weiblichen gebieterischen Naturen, daß sie befehlen und herrschen, siegreich walten wollen, während doch im Innersten ihres Herzens die heiße Sehnsucht brennt nach einem Gebieter, der sie besiegt, um ihnen zu befehlen, um sie zu beherrschen. Und finden sie diesen nicht, oder giebt er, eh' er ihren Stolz gebrochen, den Kampf voreilig auf, so sind sie verloren, und wer sich ihnen dann auf gutes Glück unterwarf, ist es mit ihnen. Wäre Moreto's classisches Lustspiel damals schon auf den deutschen Bühnen heimisch gewesen, – wir sind außer Stande zu sagen, ob die alte italienische Umwandlung desselben in eine »Dona filosofa« übertragen und aufgeführt worden – ich stehe nicht dafür, daß Leonore an Liebfromm's Seite sich die Partie der unerbittlichen Prinzessin zugetheilt und in Constantin einen zweiten Don Cesar erwartet haben dürfte.

So hoch aber vermochte Ritter von Liebfromm sich nicht zu schwingen. Edle Menschen von feinerem Stoffe, mögen sie aus eigennützigen Absichten irgend welchen Zwang sich auferlegt und eine ihrer unwürdige Hülle umgenommen haben, sie werden, wenn Gefühl und Leidenschaft die Bande durchbricht, also gleich mit ihrem besseren Ich vortreten, und ein edler Sinn wird sie erkennen. Wo aber gemeine Selbstsucht, niedrige Gesinnung sich gleißnerisch in sanftes tugendsames Gewand kleidete, da kann aus den Falten, die sich bei momentaner Nachläßigkeit verschieben, immer nur niedrige Gemeinheit schielen.

Solche Nachläßigkeit ließ Constantin sich zu Schulden kommen, verführt von Leonorens ihm völlig neuer, noch nie erlebter Koketterie, die ihrerseits wieder aus jener Täuschung entsprang, Isidor's Nebenbuhler und Nachfolger sei einiges Aufwandes von kleinen Kriegslisten vielleicht doch nicht unwerth, und es werde schon die Mühe lohnen, ihn aus seinem Verhau sorgfältig ausgewählter Floskeln und Sentenzen zu aufrichtigem Gespräche herauszulocken. Er ließ sich gehen und redete – dem volksthümlichen Ausdrucke gemäß – von der Leber weg. Da kam denn mancherlei zu Tage, was besser in der Nacht verborgen geblieben wäre, die es gezeugt. Er triumphirte, durch Leonorens Ermunterungen sicher gemacht, daß ihm durch Umsicht, Beharrlichkeit, Geduld nun endlich doch zu Theil werden solle, wonach er seit zwei Jahren getrachtet; und nicht zufrieden mit diesem Selbstlobe, gab er auch zu verstehen, er habe nicht immer so geduldig und müßig, wie es wohl den Anschein gehabt, den Ereignissen um ihn her zugesehen. Er habe sich nicht in devoter Resignation damit begnügt abzuwarten, welchen Verlauf die Geschicke gewisser Personen, die ihm lästig waren, aus eigenem Antriebe nehmen wollten. Er habe sich erlaubt, ein wenig nachzuhelfen, und hier und da einen kleinen coup de main, gegeben, wenn es zu langsam ging. Er habe darin nicht blos für sich gehandelt, sondern auch für das Beste seiner geliebten Leonore, die ihm zu ewigem Danke verpflichtet sei, daß er sie aus den Klauen eines schroffen, hochstehenden Tyrannen gerettet, sie für immerdar von Jenem befreit und endlich durch die letzte Katastrophe dahin gewirkt habe, daß jeder Versuch des Nebenbuhlers, etwa wieder anzubinden, von nun an schlechthin unmöglich sei.

In diesem Tone sprach Constantin, der sonst jegliche Silbe sorgfältig abzuwiegen gewohnt, viel und lange, nicht anders als im Rausche! Und es war auch ein Rausch, der ihm die Zunge lösete, ein Rausch, der mit den Dünsten aufgeregter Sinnlichkeit, eitler Bewunderung eigener Vorzüge, befriedigter Habsucht und gemeiner Schadenfreude den im ruhigen Zustande klaren Verstand umnebelte.

Leonore hörte aufmerksam zu. Ihr war, als ginge jetzt eine dumpfe Ahnung in Wirklichkeit über, eine Ahnung, die ihr seit Armoni's Sturz Herz und Seele zusammengeschnürt, die sie aber nicht zu deuten gewußt. Ein kalter Schauer durchrieselte sie, wie Constantin's Hand verstohlen die ihrige zu drücken wagte. Doch so heftig waltete ihr Wille vor, tiefer in seine Geheimnisse einzudringen, daß sie den Druck leise zu erwiedern vermochte, daß sie ihn fragend anblickte und den in ihr auflodernden Abscheu, die in ihrer Brust gährende Verzweiflung hinter ein Lächeln verbarg, dessen furchtbare Bedeutung der schlaue Beobachter nicht auffaßte. Sein von glühender Leidenschaft und niedriger Gesinnung getrübtes Auge las Beifall auf den zuckenden Lippen. Ja, flüsterte er. Du mußtest mein werden, und um Deinen Besitz hätte ich einen Mord nicht gescheut. Doch so schwer machten sie mir's nicht. Sie gingen willig in die Falle. Mit einem anonymen Briefchen, auf die richtige Stelle gelegt, war's abgemacht. Man hat seine Gönner in Vorzimmern, und über die Hintertreppe führt auch ein Weg zum Ziele.

Leonorens Hand zitterte heftig, fester drückte sie die seinige. Dann that sie einen langen tiefen Athemzug, als wolle sie erst Luft schöpfen für das, was sie zu sagen habe, und schon öffnete sie den Mund, da klirrten Ketten unter dem Fenster – einem Büttel, der sie leitete, folgten zehn bis zwölf gefesselte Sträflinge verschiedenen Alters, Kehrbesen tragend; ein zweiter Büttel wies sie mit erhobenem Stocke an, den Unrath auf der Straße in kleine Haufen zusammenzufegen. Jedem wurde sein Platz bezeichnet. Unmittelbar dem jungen schönen Paare gegenüber war ein alter gebeugter Mann beschäftigt, der die auferlegte Arbeit gehorsam, ohne Trotz, mit rührender Würde vollzog, und so emsig und genau, als ob er sein Lebenlang den Besen geführt. Nur einmal wendete er den Blick vom Staube und Koth der Gasse nach dem Fenster empor. Dann senkte er das Haupt noch tiefer, fegte wo möglich noch eifriger.

Leonore stand starr mit offenem Munde. Constantin, der ihre Hand noch immer hielt, glaubte Eis anzufühlen, so kalt war sie. Er bemühte sich, sie durch heiße Küsse zu erwärmen. Leonore ließ das geschehen. Sie verwendete kein Auge vom Gassenkehrer, der seine Aufgabe rasch förderte. Nun, mein Herr Baron, höhnte Liebfromm murmelnd hinab, wie gefällt es Ihnen, sich für mich bemühen zu müssen, damit ich meinen Weg mit reinen Schuhen gehe, Ihnen, der Sie unter der Maske herablassender Protektion mich so gern wie Ihren Schuhputzer behandelten und mich mit leutseligen Mienen bei jeder Gelegenheit empfinden ließen, welch' ein Abstand von Ihnen zu einem armen Agenten sei? Ich stehe jetzt hoch über Ihnen, sehe vom Fenster meiner Braut verächtlich aus Sie nieder, und sollte Ihr Herr Sohn jemals wieder kommen, so würde er, denk' ich, Ihnen aus dem Wege gehen, wie uns. Ha, ha, ha!

Leonore hatte sich von ihrem Nachbar losgemacht. Hoch aufgerichtet stand sie neben ihm. Als er sich nach ihr umsah, bebte er zurück. Sie erhob die geballte Hand. Niederträchtiger! flüsterte sie kaum hörbar und holte aus zu einem Schlage in sein Angesicht. Sein Rausch verflog bei diesem Worte, beim Anblick dieser Geberde. Er wankte zurück. Doch ehe die verdiente schmachvolle Züchtigung seine bleich gewordenen Wangen getroffen, hielt der geschwungene Arm inne, die Finger lösten sich aus der krampfhaften Biegung und deuteten vielsagend die Gasse entlang, die ihrem Hause gegenüber in die Quergasse mündet, welche sie bewohnte. Es war in diesem Augenblicke, als ob Leonore, der Gegenwart entrückt, nicht mehr wisse, was neben, was vor ihr geschehen. Dort – dort –! lispelte sie und schaute unverwandt einem fest Einherschreitenden entgegen. Constantin, der den vernichtenden Schlag schon empfangen zu haben wähnte, der durch diese unerwartete Wendung seines Schicksals aus dem Taumel leidenschaftlicher Unvorsichtigkeit zauberhaft rasch zur Besonnenheit des scharfsichtigen Ränkemachers übergegangen war, erkannte in ihren Zügen, daß sie seinen Feind erkannt habe, daß es Isidor sei, der herannahe, sich und seinen Vater zu rächen.

In anderer Stimmung würden Furcht und böses Gewissen den ursprünglich Feigen wahrscheinlich in die Flucht getrieben haben, jetzt hielt ihn wüthender Zorn aufrecht, verlieh ihm einige Festigkeit, und zugleich stachelte ihn boshafte Erwartung, welche demüthigende Wirkung es auf den stolzen Herrn Baron machen werde, seinem Vater hier und so zu begegnen. Ich freue mich auf diese Scene, rief er grinsend; der Logenplatz, den ich inne habe, ist mir nicht feil um Herrn Enoch's ganzen Reichthum! Seine Erwartung, Leonore dadurch zu kränken, schlug fehl. Sie hatte nicht auf ihn gehört. Er war für sie gar nicht mehr auf Erden. Sie sah nur, was sich auf der Straße begeben werde.

Isidor schritt erhobenen Hauptes, die Augen fest nach ihr hinauf gerichtet, die Gasse daher. Er trug Parade-Uniform; ohne Zweifel kam er von seinen Oberen, vielleicht gar von einer höchsten Audienz. So stattlich sah er aus, so männlich sicher hielt er sich, daß unwillkürlich alle Leute, an denen er vorüberging, stehen blieben und sich nach ihm umwendeten. Er bemerkte Niemand, er bemerkte auch Herrn von Liebfromm nicht, der noch immer neben Leonoren weilte; er schien nur diese zu sehen, und von ihren Augen, die ebenso fest auf ihn gerichtet blieben, gleichsam angezogen, schlug er die gerade Richtung nach ihrem Hause ein. Kaum noch zehn Schritte bis an die Thür hatte er zu thun, da setzten die Sträflinge, von ihren Bütteln angetrieben, sich in Bewegung. Die Ketten klirrten.

Isidor schrak zusammen. Dieser schreckliche Klang riß ihn aus dem Banne, den Leonorens Anblick über ihn verhängte. Er sah die Gassenkehrer – er sah in ihrer Mitte den guten schwachen Mann, der vor Ablauf einer Jahresfrist zum erbarmungswerthen Greise verwelkt war, den er doch erkannte, und mit einem furchtbaren Schrei: Vater, armer Vater! stürzte er auf ihn zu, umschlang ihn mit beiden Armen, badete die abgehärmten Wangen mit erquickenden Thränen, warf sich ihm zu Füßen und schluchzte heftig. Der alte Mann hob die von Eisen belasteten Arme zum Himmel auf und wiederholte laut: O Gott, o Gott, wie barmherzig bist Du! Meinen Sohn lässest Du mich wiedersehen, und mein Sohn verleugnet mich nicht! O Gott, wie gnädig bist Du! –

Ein Kreis von Gaffern hatte sich um sie her gesammelt. Bald weinten alle Umstehenden, die andern Sträflinge weinten mit, die Büttel wagten nicht das Paar zu trennen, sie weinten auch. –

Der Vater legte beide Hände auf des Sohnes Scheitel und flehte innig: Segne ihn, Gott, segne den treuen Sohn! Nimm Du die Schande von ihm, die ich über ihn gebracht! Laß ihn glücklich leben und ehrenvoll! – Und der Sohn richtete sich aus vom Boden und lehnte sein Angesicht zärtlich an das des Vaters, und der Vater streichelte ihm die Wangen und bat wie ein Kind: Verzeihung, Isidor, Verzeihung! Der Sohn aber beugte sich auf die vom Staube der Gasse schmutzige Hand und küßte sie ehrfurchtsvoll. Da brach sich eine herrliche Jungfrau, in Fülle blühender Schönheit prangend, durch's Gedränge Bahn und trat nahe hin zu den Beiden.

Isidor, sagte sie vernehmlich, wir trennten uns, weil meiner Eitelkeit ein Handkuß verweigert wurde. Ein Handkuß möge uns wieder verbinden. Mir, die ich schweres Unrecht abzubüßen habe, gebührt er nicht. Des Sohnes ist er würdig, der seinen Stolz behauptete vor der Geliebten, der ihn hinwarf vor dem unglücklichen Vater! – Und ehe er es verhindern konnte, hatte sie seine Hand ergriffen und, was sie gesprochen, mit ihren Lippen besiegelt.

Leonore? rief Isidor aus tiefster Brust, und aus dieser in ein einziges Wort gelegten Frage sprach zugleich ein beredtes Geständniß der unauslöschlichen Liebe, die er ihr im fernen Rußland bewahrt. – Auch ich! Auch ich! erwiederte sie. Denn sie hatte die Bedeutung seines Ausrufes verstanden. Und unbekümmert um die Schaar der Zeugen, die sie umgab, fielen sich die Liebenden in die Arme.

Segne sie, Gott! flehte abermals der Alte. Doch oben am Fenster, aus welchem noch kurz vorher Constantin hinabgeschielt, standen jetzt Leonorens Eltern. Was beginnt das Mädchen! seufzte Herr Enoch; sie macht sich zum Stadtgespräch; sie bringt uns in der Leute Mäuler! Die Mutter dagegen stimmte ein in des Gassenkehrers Flehen: Segne sie, Gott!

Schon war die Rührung der Zuschauer in neugieriges Staunen und Flüstern übergegangen, schon wurden schlechte Späße gemacht über die Verlobung in geschlossener Gesellschaft; schon ließen die Büttel ihr: »vorwärts, daß wir einmal weiterkommen!« vernehmen, – da brach Isidor's Vater, der Schmach, Elend und Ketten standhaft ertragen, zusammen unter der Last der Wonne, die seines Sohnes treue Liebe ihm beratet. Dieser und Leonore trugen den Ohnmächtigen in's Haus. Die Büttel ließen sie gewähren, denn, meinten sie: der läuft uns nicht mehr davon!

Er wurde sterbend hinauf gebracht. Dort lag er auf Leonorens Bette. So hatte sie's gewollt. Sie und die Mutter labten ihn mit Weine. Enoch's redliches Gemüth erweichte sich beim Anblick des ehemaligen Gönners, er sprach ihm freundlich zu und begrüßte den Heimgekehrten mit Wärme. – Fassen Sie Muth, mein Vater, sagte Isidor, es wird Alles gut. Ich habe geredet, man hat mich huldreich gehört; Ihre Begnadigung ist gewiß.

– Gewiß! Gewiß! stammelte der Alte. –

Enoch hatte nach Aerzten gesendet. Ein Herzkrampf, äußerten diese; sobald er zum dritten Male eintritt, löscht das schwache Flämmchen aus. – Gönnt mir den Tod, – weiter sprach er Nichts mehr. Und nach einer Stunde ging er zur Ruhe ein.

*

Eine Stunde gewaltigster Aufregung, in welcher Wohl und Wehe sich entscheiden soll, vermag wohl, und vorzüglich in so besonderen Verwickelungen und Familienverhältnissen, außerordentliche Schritte herbeizuführen. Schritte, welche ihre Entschuldigung nur im Gefühl finden, vor dem ruhigen Verstande aber kaum gerechtfertigt werden mögen, weil sie alle geselligen Formen umwerfen. Leonore sah zeitig genug ein, daß ihr Vater richtig geäußert: sie werden sich zum Gespräche der Stadt machen. Denn was kann einer großen Stadt, in der es ja stets von müßigen Schwätzern wimmelt, willkommener sein, als einen neuen Gegenstand zu haben, auf den sich hübsch mit Fingern zeigen und hinter ihm her klatschen – und lügen läßt! Gar erst, wenn besagter Gegenstand Nichts unterlassen, keine Gelegenheit versäumt hat, dem »süßen Pöbel« der eleganten Welt so viel Geringschätzung darzuthun, als sich mit der herkömmlichen Artigkeit nur immer vertrug.

Siehst Du, Väterchen, schmeichelte sie, siehst Du, wie weise ich gethan, als ich Dich quälte, Gertrautenhof für mich zu erstehen! Wo sollte ich jetzt bleiben vor den lästigen Blicken, Fragen, Glückwünschen, Beileidsbezeigungen, Besuchen und allem Unheil, wenn ich nicht mein stilles, abgelegenes Zufluchtsörtchen besäße? Wenn wir nicht dem theuern Isidor sein rechtmäßiges Erbtheil gerettet hätten? Dort will ich mit meiner lieben Mutter wohnen, dort die letzten Reste modischer Thorheit, eitler Ansprüche abstreifen, dort zur schlichten Hausfrau mich vorbereiten. Und dort wirst Du uns besuchen, so oft es Dein Comptoir Dir gestattet, wirst den Besitzer von Gertrautenhof mitbringen, daß er nachsehe, wie die Mutter und ich wirthschaften. Unterdessen bereitet er seinen Rücktritt in's Privatleben gehörig vor, und ist das Trauerjahr verflossen – willst Du, lieber Vater? – Muß ich nicht wollen, was Du willst?

Wir haben Nichts weiter zu erzählen. Lange bewohnte den Gertrautenhof, zurückgezogen in ländlich-häusliches Dasein, auf den Verkehr mit Büchern, Blumen, wenigen Freunden beschränkt, ein Ehepaar, dessen einzige überlebende Tochter vorstehende Begebenheit in vertraulichem Kreise mittheilte. Sie ist auch schon begraben.

Ueber Herrn von Liebfromm konnten wir Näheres nicht erfahren. Nur im Allgemeinen hieß es, er habe auf seine Weise prosperirt, sei zu Geld, Ansehen und Ehren gelangt. Warum nicht? –


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